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ID0724204700

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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 242. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Müller (Remscheid) 17033 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 17033 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und des Gesetzes über das Branntweinmonopol —Drucksache 7/4518—, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5096 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes — Drucksache 4428 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses —Drucksache 7/5149 — in Verbindung mit Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 —, Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 7/5038 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 7/5053 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 7/5057 — Dr. Becker (Mönchengladbach) CDU/CSU . 17034 B Dr. von Bülow SPD 17035 A Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 17043 B Kirst FDP 17050 C Dr. Apel, Bundesminister BMF . 17058 C, 17122 B Strauß CDU/CSU 17068 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 17080 D Dr. Häfele CDU/CSU 17092 A Frau Huber SPD 17099 A Frau Funcke FDP . . . . . . . . . 17105 A Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17107 D Bremer CDU/CSU 17109 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Dr. Böhme (Freiburg) SPD 17111 D Schinzel SPD 17113 C Wohlrabe CDU/CSU 17115 B Dr. Dübber SPD 17118 A Dr. von Bülow SPD . . . . . . . . 17118 D Pieroth CDU/CSU 17119 A Frau Renger, Präsident . . . . . . . 17076 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 7/5039 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1976 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1976) — Drucksache 7/4513 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 7/5135 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . . . 17123 C Dr. Ehrenberg SPD 17126 C Dr. von Bismarck CDU/CSU 17131 B Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17134 D, 17145 B Höcherl CDU/CSU . . . . . . . . . 17141 B Frau Dr. Glotz-Martiny SPD 17145 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 7/5042, 7/5085 — in Verbindung mit Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 7/5043 — Müller (Nordenham) SPD 17148 A Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU . 17150 C Ollesch FDP 17153 A Dr. Jobst CDU/CSU 17157 D Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 17161 C, 17179 B Lemmrich CDU/CSU . . . . . . . . 17168 C Wrede SPD 17170 B Dr. Dollinger CDU/CSU . . . . . . . 17172 C Wuttke SPD 17174 C Hoffie FDP 17176 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 7/5044 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 7/5055 — 17180 A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 7/5051 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann, Hoffie, Dr. Graf Lambsdorff, Frau Schuchardt, Kern, Wolfram (Recklinghausen), Flämig, Dr. Jens, Kaffka, Dr. Lohmar, Reuschenbach, Scheu, Schwedler, Stahl (Kempen) und der Fraktionen der SPD, FDP betr. rationelle und sparsame Energieverwendung und zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksachen 7/4600, 7/4607, 7/4948 — . . 17181 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 7/5052 — 17181 D Nächste Sitzung 17182 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17183* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 17033 242. Sitzung Bonn, den 13. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 240. Sitzung, Seite 16922 C, Zeile 24, ist statt „einer Gegenstimme" zu lesen: „zwei Gegenstimmen" ; 241. Sitzung, Seite 17026 C, Zeile 2, ist statt „3,3 Millionen DM" zu lesen: „3,3 Millionen Bürger". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Frau von Bothmer ** 13. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Corterier * 14. 5. Dr. Enders ** 13. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14. 5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Krall * 14. 5. von Kühlmann-Stumm 14. 5. Lange * 14.5. Lautenschlager * 14. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 14. 5. Lenzer ** 13. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Müller (München) ** 13. 5. Müller (Remscheid) 13. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Rosenthal 14. 5. Roser 21.5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14. 5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Suck * 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Wende 21.5. von Wrangel 13. 5. Zeyer 14. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein.



    Bundesminister Dr. Apel
    Meine Damen und Herren, hören wir uns doch einmal die Zitate der Opposition zum Thema Mehrwertsteuer genau an. Ich werde sie Ihnen jetzt vortragen. Dann werden wir sehen, welches Spiel hier gespielt wird. Herr Kollege Leicht sagte am 24. November 1975:
    Wir sind gegen Steuererhöhungen zu diesem Zeitpunkt.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Herr Kollege Althammer am 3. Dezember 1975:
    Die CDU/CSU-Fraktion lehnt Steuererhöhungen in der gegenwärtigen Situation ab.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU) Herr Kollege Höcherl am 26. Januar 1976:

    Auch für die CDU/CSU sind Steuererhöhungen kein Tabu. Aber nur als allerletzter Schritt kommen sie in Betracht, wenn weitere Einsparungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Na bitte!) — Einen Augenblick, ich sage dazu noch etwas.

    Herr Kollege Strauß sagte im Südwestfunk auf die Frage, was er als Finanzminister tun würde: Erstens Kassensturz, Bilanz, und dann kommt die Stunde der Konsequenz.

    (Lachen bei der SPD und der FDP — Stücklen [CDU/CSU] : Die Stunde der Wahrheit!)

    Am dankbarsten müßten wir eigentlich dem Kollegen Leicht sein, der am 7. Mai 1976, also vor wenigen Tagen, in der „Wirtschaftswoche" gesagt hat:
    Spätestens nach den Bundestagswahlen im Herbst wird daher dem Bürger gesagt werden müssen, wie die Finanzierungslücke letztlich geschlossen werden soll. Steuererhöhungen dürfen nur das letzte Mittel sein, um den Bundeshaushalt zu konsolidieren.
    Damit ist die Katze bei all diesen Zitaten aus dem Sack gelassen: Bis zum 3. Oktober werden Sie die Mehrwertsteuer ablehnen; anschließend werden Sie, unabhängig vom Wahlausgang, Mehrwertsteueranhebungen mit beschließen. Dies ist die Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Möller [Lübeck] [CDU/CSU] : Das ist doch nichts als eine Unterstellung!)

    Damit wird klar, daß es nicht um die Frage geht: für oder gegen die Mehrwertsteuererhöhung. Es geht um die Ehrlichkeit vor den Wahlen bzw. um den Versuch, die Wähler für dumm zu verkaufen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, unsere Wähler wissen,

    (Möller [Lübeck] [CDU/CSU] : . .. wie sehr sie betrogen worden sind!)

    daß wir nach der Überwindung der Rezession die hohen Haushaltsdefizite abbauen müssen. Wir wollen und werden dabei als sozialliberale Koalition die innere und die äußere Sicherheit nicht aufs Spiel setzen. Wir wollen nicht unsere soziale Sicherheit aufs Spiel setzen und zur sozialen Demontage greifen. Jede Steuererhöhung ist natürlich unpopulär. Sie darf nur letztes Mittel sein. Deswegen werden wir auch 1977 eisern sparen. Aber Sparen hat eben auch seine Grenzen.
    Die Mehrwertsteueranhebung ist maßvoll. Sie verteilt die Last auf alle und ist nicht einseitig auf die Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen orientiert. Sie bringt monatlich 25 DM Belastung für die normale Arbeitnehmerfamilie. Damit bleiben die Vorteile der Steuerreform weitgehend erhalten.
    Interessant ist, meine Damen und Herren, daß die CDU die Worte vom Finanzchaos in den letzten Monaten ad acta gelegt hat. Diese Worte waren und sind falsch.
    Wir haben die Schulden, die der Bund machen mußte, in den letzten 16 Monaten kontinuierlich finanziert. Mit Befriedigung konnten wir feststellen, daß wir am Ende des Haushaltsjahres 1975 mit gut 9 Milliarden DM ein Polster zur Finanzierung des Haushalts 1976 übernehmen konnten. Heute haben wir 55 % des Bundeshaushalts 1976 finanziert, obwohl wir uns in den letzten vier Wochen am Kapitalmarkt bewußt zurückgehalten haben, um die Tendenz der Stabilisierung der Zinsen auf niedrigem Niveau nicht zu stören.
    Wir haben durch unsere flexible und den Marktgegebenheiten angepaßte Schuldenpolitik den Kapitalmarkt nicht überstrapaziert. Wir haben die Zinsen senken können und die Konditionen verbessert.

    (Dr. Becker [Mönchengladbach] [CDU/CSU] : Die Sparzinsen sind niedriger als die Preiserhöhungen!)

    Von hier gehen keine Preissteigerungstendenzen aus. Wir finanzieren unseren Haushalt solide.
    Herr Kollege Becker, Sie haben mir ein Stichwort gegeben. Wir haben auch in den zurückliegenden Jahren eine sehr wirksame Politik zugunsten der Sparer gemacht.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — Vielleicht hören Sie hier zu, ehe Sie lachen. — Wir haben durch eine wirkungsvolle Zusammenarbeit der Verbände, hier insbesondere mit dem Verband der privaten Banken, eine Einlagensicherung geschaffen, die in der Welt einmalig ist. In unserem Land kann sich ein Fall Herstatt nicht wiederholen. Bei uns sind die Spareinlagen sicher.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie dürfen die Helaba nicht vergessen! — Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/CSU)

    Diese Einlagensicherung hat ihren ersten Bewährungsbeweis hinter sich gebracht. Im Fall der Pfalzkreditbank haben die Privatbanken 150 Millionen DM bereitgestellt, um die privaten Sparer zu entschädigen. Hier ist niemand zu Schaden gekommen.

    (Möller [Lübeck] [CDU/CSU] : Wie war es mit der Hessischen Landesbank?)

    Damit hat es einen Beweis gegeben, daß wir in der
    Lage gewesen sind, endlich etwas zu erreichen, was
    Sie in über 20 Jahren Ihrer Regierungstätigkeit nicht



    Bundesminister Dr. Apel
    erreicht haben: Spareinlagen in unserem Lande sicher zu machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Über 2 Milliarden Verlust bei der Helaba! Die Bankrottpolitik Ihres Herrn Osswald! Der größte Bankenskandal der Bundesrepublik! Davon erzählen Sie mal etwas! — Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/CSU)

    Nun sagen Sie, meine Damen und Herren, es gebe in unserem Land ein Problem

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Osswald ist das Problem!)

    der Entwertung der Sparvermögen. Lassen Sie mich dazu in aller Ruhe und in aller Sachlichkeit einige Bemerkungen machen.
    Seit vielen Jahren — dies kann nicht bestritten werden — haben die Zinssätze für Spareinlagen mit täglicher Kündigung, also für das normale Sparbuch, immer wieder unter den Preissteigerungsraten gelegen. Das ist nichts Anomales. Aber auf diesen Sparbüchern mit täglicher Kündigung wird ja normalerweise auch nur kurzfristig angespart; kurzfristiges Liquiditätsvorhalten. Bei all den anderen vielfältigen Sparformen — wir haben ja eine Vielfalt von Sparformen entwickelt, von Bundesschatzbriefen über die Sparkassenbriefe bis zu den Kommunalobligationen —, bei all diesen Anlageformen, die teilweise nur ein, zwei Jahre feste Bindung verlangen, ist nach Abzug der Preissteigerungsrate stets — und so auch heute — eine beachtliche positive Rendite für die Sparer eingetreten. Dies gilt auch nach der Zinssenkung, die im übrigen — 1967 haben wir das gemeinsam in der Großen Koalition beschlossen — nicht von Amts wegen verordnet, sondern von den Verbänden und den Sparkassen, den Banken und Genossenschaften selbst gemacht wird.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Bringen Sie mal ein paar Beispiele!)

    Im übrigen — und dies ist das Interessante — sind unsere Sparer viel renditebewußter geworden. Der Anteil dieser mittelfristigen Anlageformen — Bundesschatzbriefe, Sparkassenobligationen, Bankobligationen, Kommunalobligationen — hat sich in wenigen Jahren vervielfacht.
    Hinzu kommt — das wird in der Debatte immer wieder vergessen — die Sparförderung. Die Sparförderung ist für die normalen Einkommensbezieher eine zusätzliche Rendite auf eingezahltes Sparkapital. 1970 haben wir 4,2 Milliarden DM Haushaltsbelastung für die Sparförderung gehabt, 1975 waren es 8,8 Milliarden DM. Ich bekenne mich zu dieser Sparförderung. In diesem Punkte unterscheide ich mich von Herrn Strauß und der Opposition.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wer im übrigen auf der einen Seite mangelnde
    Rendite bei den Sparern beklagt und auf der anderen Seite die Sparförderung in Frage stellt, sollte
    mal mit seiner eigenen ökonomischen und politischen Logik zu Rate gehen.

    (Zustimmung bei der SPD — Leicht [CDU/ CSU] : Haben Sie schon vom Haushaltssicherungsgesetz gehört?)

    Im übrigen haben wir — dies ist ein weiterer wichtiger Punkt in der Debatte — durch die Steuerreform die Zinserträge zu einem guten Teil steuerfrei gestellt.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Ledige Sparer haben heute Zinsen in Höhe von 400 DM steuerfrei und Verheiratete in Höhe von 800 DM. Das heißt, für den verheirateten Sparer ist der Zinsertrag von rund 20 000 DM Guthaben steuerfrei. Ist er Arbeitnehmer, kommen noch weitere Freibeträge hinzu, denn er hat 800 DM Nebeneinkommen steuerfrei; wenn er keine Nebeneinnahmen hat, kann er diesen Betrag wiederum für seine Zinseinnahmen verwenden, so daß ein Verheirateter normalerweise bis zu einer Größenordnung von 40 000 DM Guthaben keine Steuern auf seine Zinseinnahmen zahlt.
    Gucken wir uns die Lage des Sparers international an! Gehen wir davon aus, daß der Sparer renditebewußter geworden ist, von dem täglich kündbaren Sparkonto weggegangen ist. Dann können wir feststellen, daß es nur noch in der Schweiz einen positiven, einen realen Zinssatz nach Abzug der Preissteigerungen gibt. Dies zeigt erneut die Leistungsfähigkeit dieses Landes, den Erfolg bei der Inflationsbekämpfung,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Der Schweiz!)

    und es ist auch ein Grund und eine Erklärung dafür, weswegen in unserem Lande trotz Ihrer Unkenrufe, trotz Ihrer Verunsicherungen in diesem hohen Maße gespart wird, weil man in unsere Währung Vertrauen hat und Vertrauen haben kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich zusammenfassen: Unsere Währungspolitik ist im internationalen Verbund mit unseren Partnern erfolgreich gewesen. Unsere Währungspolitik hat wesentlich zum weltweiten Aufschwung beigetragen. Unsere Steuerreform war und ist ein bedeutender Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit. Sie hat im übrigen den konjunkturellen Aufschwung wesentlich beflügelt. Unsere Finanzpolitik hat sich in allen Phasen der konjunkturellen Entwicklung bewährt, in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank. Sie hat wesentlich mitgeholfen, daß es uns so viel besser geht als unseren Nachbarn, und daß wir im weltweiten Aufschwung den anderen voraus sind. Unsere Sparerschutzpolitik hat die Risiken für die Spareinlagen endlich ausgeräumt, und sie sichert unseren Sparern mit etwas Anlage- und Renditebewußtsein reale Zinsen, den vollen Erhalt des Wertes des Ersparten. Auch das sucht seinesgleichen bei fast allen unseren Nachbarn.



    Bundesminister Dr. Apel
    Die Opposition hat dieser weltweit anerkannten Leistung nur Demagogie, Verleumdung, Panikmache entgegenzusetzen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das sind Ihre Eigenschaften! Das hat sich eben wieder gezeigt!)

    Doch das beeindruckt nicht. Mit Phrasen wird keine Politik gemacht und werden keine Wahlen entschieden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Möller [Lübeck] [CDU/CSU] : Das war nicht sehr niveauvoll!)

    In den Debatten der letzten Monate ist weder personell noch sachlich eine Alternative der Opposition sichtbar geworden. Wir werden auch in den nächsten Jahren die Finanz- und Währungspolitik der ruhigen Hand, die Ehrlichkeit auch vor Wahltagen,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie haben einen Handschuß! — Möller [Lübeck] [CDU/ CSU] : Vergessen Sie den 3. Oktober nicht!)

    der Aktivität und der Sicherung eines hohen Beschäftigungsstandes fortsetzen.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Als nächster hat der Herr Abgeordnete Strauß das Wort. Für ihn ist eine Redezeit von 60 Minuten angemeldet worden. Nach dieser Rede werden wir in die Mittagspause eintreten.
Bitte, Herr Abgeordneter.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Rede des Herrn Bundesfinanzministers mußte man sich fragen, ob das Maß seiner Unkenntnis an Tatsachen, Zahlen und Zusammenhängen, die Gabe der Irreführung der Öffentlichkeit oder die Fähigkeit der Selbsttäuschung größer ist. Zusammen genommen liegt hier jedenfalls ein erschütterndes Defizit an Beurteilungsfähigkeit, an Objektivität und an Kenntnis der Zusammenhänge vor.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das muß ausgerechnet Herr Strauß sagen!)

    Das braucht einen auch nicht zu wundern.
    Ich bin dem Herrn Bundeskanzler dankbar, daß er wenigstens jetzt gekommen ist. Es war auch nicht nötig, früher zu kommen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Nach dem, was ich gestern gehört habe, muß ich allerdings sagen: Wie der Chef, so der Knecht, wie der Herr, so's Gescherr.

    (Erneute Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    So billig wie heute sollte es sich ein Bundesfinanzminister nicht machen:

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    diese üble Mischung von Demagogik, Polemik,

    (Leicht [CDU/CSU] : Unwahrheit!)

    Verdrehung der Tatsachen, Halbwahrheiten, Unwahrheiten und Einseitigkeiten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und Lügen!)

    In der von ihm zitierten Rede, die ich als einer der Redner im Laufe der Jahre vor dem Institut Finanzen und Steuern gehalten habe — vor dem auch andere Bundesfinanzminister, u. a. auch Kollege Apel, gesprochen haben —, habe ich in diesem Zusammenhang unter der Überschrift „Im Sozialbereich ist eine Konsolidierung unabweisbar" folgende Sätze gesagt:
    Es besteht kein Zweifel, daß die Leistungen auf dem Gebiet der gesellschaftlichen Infrastruktur in Form eines gut ausgebauten Netzes der sozialen Sicherungen, d. h. der Altersvorsorge, der Absicherung gegen Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sind.

    (Möller [Lübeck] [CDU/CSU]: Hört! Hört! — Bundesminister Dr. Apel: Weiterlesen!)

    — Selbstverständlich, das andere haben ja Sie gesagt. — Ich habe dann weiter gesagt:
    Die explosionsartige Kostenentwicklung in diesem Bereich wirft jedoch die Frage auf, ob die Belastbarkeitsgrenze unserer Volkswirtschaft mit kollektiven Soziallasten nicht bereits erreicht, wenn nicht gar überschritten ist.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Aha! Genau das ist es! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Die Stunde der Wahrheit wird, wenn Sie an der Regierung bleiben, auch für Sie kommen. Wir sagen es nur heute, vor den Wahlen, weil wir ehrlicher sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD und der FDP — Dr. Ehrenberg [SPD] : Der ehrliche Strauß!)

    Ich meine, es ist fast eine Zumutung,

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Die neue Alternative aus Passau!)

    sich mit jemandem auseinandersetzen zu müssen

    (Zuruf von der SPD: Der nicht Ihrer Meinung ist! — Heiterkeit bei der SPD)

    — hier unterschätzen Sie mich, da ich kein Marxist bin, ganz gewaltig —,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    der die Warnungen aller Forschungsinstitute, aller Sachverständigen, der Bundesbank,

    (Engholm [SPD]: Von Herrn Strauß!)

    aller einschlägigen Experten und dazu auch die Warnungen des Bundesverbandes der Rentenversicherungsträger einfach als Polemik, Demagogie, dummes Geschwätz, gehässige Angriffe gegen die



    Strauß
    Bundesregierung, in dieser Mischung von Dummheit und Überheblichkeit, vom Tisch wischen will.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich hätte, wenn man sich schon darüber unterhält und wenn schon der Bundeskanzler lange Reden, zum Teil mit theologischer Würze, hält und der Herr Bundesfinanzminister sich selbst innerhalb von zehn Minuten siebzehnmal auf die Schulter klopft, wenigstens erwartet, daß er zu den Problemen der Konsolidierung der Staatsfinanzen im Grundsätzlichen, in der Struktur der Haushalte und ihrer Entwicklungen, und zwar auch der Länder-und Gemeindehaushalte, Stellung nehmen würde; denn die öffentlichen Haushalte bilden im Verbund eine Gesamtproblematik.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Man kann doch hier nicht einen finanzpolitischen Separatismus betreiben, wie Sie, Herr Apel, es getan haben, und sagen, die Reform der Kfz-Steuer mit der Möglichkeit der Einsparung von 3 000 bis 4 000 Beamten entlaste den Bund nicht, weil sie nur die Länder entlaste. So etwas an Engstirnigkeit und Borniertheit hat es bisher bei einem Finanzminister noch nicht gegeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Sie ringen doch dauernd, Herr Apel, mit den Ländern um den Ausgleich. Sie ringen um die Verteilung der Gemeinschaftssteuern. Auf dem Gebiet der Einkommensteuer liegt sie ja fest. Aber ich denke gerade an das Gebiet der Umsatzsteuer. Ich verstehe Ihre Sorgen. Ich habe die gleichen gehabt, als wir zum erstenmal den Anteil des Bundes und den Anteil der Länder festlegen mußten. Diese Sorge wird jeden Finanzminister begleiten. Es ist gut, daß wir Gemeinschaftssteuern haben, weil sie eine gemeinsame Verantwortung begründen, auch wenn es große Reibungsflächen und Schwierigkeiten gibt. Aber es ist doch völlig klar: Wenn der Bund den Ländern hilft, beträchtliche Einsparungen vorzunehmen, dann hat er auch mehr Legitimation und mehr Autorität, von den Ländern Entgegenkommen bei der Verteilung der Gemeinschaftssteuern oder bei der Verteilung der Dotationsauflagen zu verlangen.
    Eines sagten Sie heute zum zweitenmal. Ich habe das letzte Mal schon den Kopf geschüttelt; heute sage ich etwas dazu. Wie können Sie denn als verantwortlicher, federführender Bundesfinanzminister, der Sie die Gesetzgebungskompetenz auch für die Kraftfahrzeugsteuer haben, sagen: Ich warte. bis sich die Länder geeinigt haben? Darauf können Sie unter Umständen sehr lange warten. Ich sage nicht, welche Länder schuld sind; ich weiß es auch gar nicht. Ich weiß nur eines: daß der Bundesminister der Finanzen und eine verantwortliche Bundesregierung die verdammte Pflicht und Schuldigkeit haben, bei der Reform dieser Steuer von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie tun so, als ob wir hier einen Staatenbund und
    und nicht einen Bundesstaat hätten, als ob der
    Bundesfinanzminister nur ein Amtmann sei, der die Beschlüse der Länder zu protokollieren habe.

    (Möller [Lübeck] [CDU/CSU] : In diesem Fall stimmt es!)

    Aber manchmal spielen Sie auch die Rolle, wie Sie heute hier wieder bewiesen haben.
    Wenn ich — ich scheue den Text nicht — in der von Herrn Apel hier in demagogischer Weise falsch interpretierten Rede Zahlen über den Anstieg der gesamten Sozialleistungen genannt habe, dann heißt das nicht, daß wir diesen Anstieg etwa bedauerten oder bereuten oder daß wir die damit verbundenen Leistungen in ihrem Grundsatz, in ihrer Substanz und in ihrer weiteren Entwicklung abschaffen wollten. Es heißt aber, daß diese Leistungen heute auf Sand gebaut sind, wenn nicht unsere Wirtschaft wieder in Ordnung kommt und unsere öffentlichen Finanzen wieder konsolidiert werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es geht auf die Dauer nicht an, daß diese Leistungen überproportional gegenüber anderen unentbehrlichen und unerläßlichen öffentlichen Ausgaben steigen. Ich werde Ihnen heute in meiner Rede auch noch sagen, warum, weil nämlich ein überproportionaler Anstieg in einem Sektor der öffentlichen Haushalte und der öffentlichen Finanzen zu einer Vernachlässigung anderer Gebiete führt. Wenn die anderen Gebiete die Investitionsfähigkeit der Wirtschaft und die öffentlichen Investitionen sind, die beide im Verbund miteinander stehen, werden Sie bald die traurige Bilanz ziehen müssen, daß die von Ihnen und von uns geschaffenen Sozialleistungen, die wir in den Grundsätzen, in der Substanz und im Wachstum erhalten wollen, nicht mehr beibehalten werden können. Das war der Sinn meiner Aussage, nichts anderes.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe in dem Zusammenhang für ein zum Teil sachkundiges, aber mit den Einzelheiten nicht in jedem Falle vertrautes Auditorium — es sitzen manche in unseren Reihen, die die Rede mit angehört haben; es waren auch Vertreter, hohe Beamte, der Bundesregierung da all die Gesetze beinahe alphabetisch aufgezählt, die insgesamt die Kostenbelastung verursachen. Daß es bei diesen Gesetzen auch Wildwuchs gibt, Herr Apel, haben Sie doch selbst gesagt, daß bei diesen Gesetzen da und dort Möglichkeiten der mißbräuchlichen Ausnutzung bestehen, wird doch von niemandem bestritten. Daß heute die Arbeitnehmer, die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen angesichts der Ausdehnung der kollektiven Sozialleistungen mit ihren ständig wachsenden Beiträgen die Leistungen auch für Bezieher höherer Einkommen finanzieren, also die Armen die Reichen finanzieren, kann ich nicht mehr sozial nennen. Wenn Sie das noch sozial nennen, ich nenne es höchstens sozialistisch.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich bitte Sie, diesen Stil doch abzulegen. Er steht einem Bundesfinanzminister ganz schlecht an. Bisher haben alle Vertreter dieses Amtes, die von allen



    Strauß
    Parteien gestellt worden sind und da schließe ich
    selbstverständlich die Kollegen Möller, Schiller und Helmut Schmidt ein , nicht in dieser hemmungslosen und diffamierenden und lügnerischen Weise von diesem Platz aus gesprochen, wie Sie es getan haben.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD: Ordnungsruf! Weitere Zurufe von der SPD)

    Herr Apel, Sie haben heute gesagt, es gebe eine Reihe von Ursachen. Das ist, wie immer, halb richtig und halb falsch. Der Verfall des Weltwährungssystems — stimmt —, die Ölpreisprobleme — stimmt —, dann die weltweite Rezession — bei allen dreien müßte man sagen, warum sie entstanden sind, aber dafür fehlt hier die Zeit — seien die einzigen Ursachen für die Schwierigkeiten, mit denen Sie armes verfolgtes Opfer zu kämpfen gehabt hätten, von der Opposition beschimpft, von der Öffentlichkeit nicht gebührend gewürdigt, von den eigenen Freunden nicht genug unterstützt, also kurzum ein Held ohne Fehl und Makel. Sie haben ausdrücklich verneint, daß das Wort, man habe über die eigenen Verhältnisse gelebt, berechtigt sei. Ihr Amtsvorgänger Möller war der Meinung, daß man über die Verhältnisse lebe. Ihr Amtsvorgänger Schiller war der Meinung, daß man über die Verhältnisse lebe. Ihr Amtsvorgänger Helmut Schmidt hat mehrmals in der bekannten liebenswürdigen Weise auch innerhalb der eigenen Reihen zum Ausdruck gebracht, daß man über die Verhältnisse lebe. Der Herr Bundeswirtschaftsminister, der heute nachmittag, weil die Probleme zusammenhängen, zu diesem Problem wird sprechen müssen, wird doch gar nicht umhin können zu sagen, daß national und international, intra muros et extra muros, die Überforderung der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaften durch private Nachfrage und durch Staatskonsum für die von uns bedauerten, aber durchaus vermeidbaren Erscheinungen die Hauptursache gewesen ist und den Hauptbeitrag geleistet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehrenberg [SPD]: Das beweist unsere Devisenbilanz!)

    Ich möchte nicht lange zitieren, nur wenige Sätze, Frau Präsidentin. Im letzten Sachverständigenbericht, Drucksache 7/4326, vom November letzten Jahres ist von Fehlentwicklungen die Rede:

    (Diese Fehlentwicklungen) haben ihre Wurzeln in Fehlern und Versäumnissen der Vergangenheit — in überzogenen Ansprüchen und inflatorischem Handeln, aber auch in allzu langer Duldung von beidem —, ablesbar am beschleunigten Geldwertverfall in den vergangenen Jahren. Die Rückgewinnung von mehr Stabilität mußte zu Produktionseinschränkungen und zu Beschäftigungseinbußen führen, soweit und solange die in die Zukunft gerichteten Dispositionen auf einen Fortgang der Inflation gebaut waren.


    (Zuruf von der CDU/CSU: So war es!)

    Gilt denn das alles nicht? Ich bin nicht der Meinung, daß jede Zeile eines Sachverständigengutachtens eine Art biblischer Weisheit und Wahrheit darstellt. Aber das ist ja nur eine Stimme unter unzähligen
    gleichlautenden Stimmen. Die Forschungsinstitute, zahlreiche einzelne Wirtschaftswissenschaftler, die Deutsche Bundesbank, Ihre sämtlichen Amtsvorgänger waren — wenn auch mit unterschiedlichen Nuancen — dieser Meinung.
    Und hier tritt der Herr Bundesfinanzminister auf
    — beinahe hätte ich gesagt: kabarettreif — und sagt, er sei das Opfer finsterer Mächte, fremder Einflüsse, unheimlicher, nicht kontrollierbarer Gewalten geworden.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Und der Pferde!)

    Aber von der eigentlichen Ursache, von der das ganze Übel ausgeht, spricht er nicht. Schon der Verfall des Weltwährungssystems ist doch nicht unvermeidbar gewesen. Ich bin nach wie vor ein Anhänger fester Wechselkurse, weil damit manches leichter wäre. Aber das geht unter diesen Umständen nicht; das sehe auch ich ein. Woher kommt denn der Verfall des Weltwährungssystems von Bretton Woods? Er kommt von der jahrelang betriebenen Schlamperei, Nachlässigkeit und Verletzung gegenüber den Geboten der Zahlungsbilanzdisziplin.

    (Bundeskanzler Schmidt: Aber doch nicht bei uns!)

    — Der Weltwährungsverfall nicht, Herr Bundeskanzler!

    (Zurufe von der SPD)

    — Menschenskind, Sie sollen doch nicht den Chor von Oberammergau darstellen! — Ich sage nur: Die jahrelang betriebene Sorglosigkeit, Schlamperei, Verletzung gegenüber den Geboten einer strengen Zahlungsbilanzdisziplin in fast allen Ländern — —

    (Zurufe von der SPD: Bei wem denn? — Auch in der Bundesrepublik?)

    — Ich habe ja gesagt: National und international. Die Überforderung der Leistungsfähigkeit ist auch in der Bundesrepublik erfolgt!

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Wo denn?)

    — Sonst hätten wir doch nicht die Inflation in diesem Ausmaß bekommen! —
    Die Zahlungsbilanzdisziplin brauchte in der Bundesrepublik angesichts unserer Exportstärke kein Problem zu sein. Aber Sie werden doch nicht behaupten, daß die Qualität unseres Exports von dem Palais Schaumburg bestimmt wird. Sie kommt von der Qualität unserer Arbeitnehmer und unserer Unternehmer, die der Welt ein hervorragendes Beispiel gezeigt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe diesen Satz aus der Feder des Herrn Bundeskanzlers gelesen:
    Falls Herr Strauß im Oktober an die Regierung käme, was er gern möchte
    — bei der Erbschaft ist das ein dubioses Unternehmen! —
    und was ich verhindern will, — das ist Ihr gutes Recht! —



    Strauß
    dann würde er ein Land in vollstem ökonomischen Aufschwung übernehmen, den er nicht bewirkt hat, in einem Aufschwung, wie wir ihn in der Welt selten erleben in diesem Ausmaß.

    (Gelächter bei der CDU/CSU — Dr. Becker [Mönchengladbach] [CDU/CSU] : Nach der Pleite!)

    Herr Bundeskanzler, Sie wissen, daß in der Pariser Presse jetzt über diesen Ihren Stil,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ein Skandal!)

    den Sie gegenüber dem Ausland und im Inland anwenden, und zu Ihren Beiträgen über die Entwicklung der europäischen Innenpolitik und ihrer gepflegten Behandlung einige liebenswürdige Kommentare erschienen sind.

    (Dr. Becker [Mönchengladbach] [CDU/CSU] : Die Franzosen haben noch Zeitungen!)

    In der größten französischen Massenzeitung, dem „France Soir", erschien am Dienstag ein auf das Doppelte der normalen Breite aufgeblähter Leitartikel auf Seite 1 mit der finsterste Erinnerungen auslösenden Überschrift „Le Feldwebel".

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wilhelm war sein Name!)

    Darin finden sich
    — so schreibt die „Badische Zeitung" —
    Sätze, die noch kein Kanzler von Adenauer bis Brandt über sich hat ergehen lassen müssen. Er ist merkwürdig genug, eine Verurteilung des Gaullismus in Ausdrücken und mit einem Nachdruck zu hören, die einem Dr. Goebbels in seinem Walhalla heikel erschienen wären.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    — Ja, so steht es halt drin, ob Sie den Kopf schütteln oder nicht. Mit Kopfschütteln bringen Sie das nicht weg, Herr Bundeskanzler!

    (Beifall bei der CDU/CSU) Dann geht es weiter:

    Herr Schmidt spricht, indem er uns verhöhnt, als Neureicher.

    (Zuruf von der SPD: Aufhören!)

    — Ah, wir sollen keine demokratischen ausländischen Zeitungen zitieren dürfen. Wollen Sie sogar diese Zensur einführen, damit die Wahrheit nicht wenigstens vom Ausland hereinkommen darf, wenn sie im Inland schon nicht mehr gern gehört wird?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte das, was in seltenem Gleichklang die kommunistische Zeitung „Humanité zum gleichen Thema geschrieben hat, nicht bringen, weil ich solche Quellen grundsätzlich nicht gegen demokratische Politiker zitiere.

    (Zuruf von der SPD: Ganz toll!)

    — Na, das ist mein Grundsatz! Ich wollte, Sie wären genauso.
    Wir haben gestern eine Kostprobe davon bekommen, wie der Bundeskanzler so als Moralprediger, politischer Feldherr der Nation, Abkanzler, Zensor, Nachhilfelehrer in Sachen Wirtschaft — etwas vulgär dargestellt — sich hier empfohlen hat. Da die Bibel schon so sehr strapaziert worden ist, darf ich vielleicht auch sagen, welch eine Rolle mir bei der Beobachtung am Fernsehschirm einfiel — aber das Ganze natürlich als Karikatur dargestellt —: vox praedicantis in deserto, die Stimme des Predigers in der Wüste. Er empfiehlt allen, Buße zu tun, teilt den staunenden Zuhörern mit, daß er seit 27 Jahren mit Herrn Wehner ein Herz und eine Seele sei.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Das ist großartig. Ich gratuliere Ihnen, Herr Wehner, dazu; das war ein echter Sieg von Ihnen!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es war aber doch schonungsvoll von ihm, daß er es an einem Tag sagte, als keine Zeitungen erschienen und das Fernsehen nicht übertrug.
    Merken Sie denn nicht, Herr Bundeskanzler, daß Sie auch nicht den geringsten Anspruch und nicht die leiseste Legitimation haben, moralische Zensuren zu erteilen, daß die Predigerrolle ebenso lächerlich wie peinlich ist? Es gibt auch keine Wüste, in der Sie predigen können, höchstens den Irrgarten der von Ihnen zunächst mit- und dann voll verschuldeten Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte zu den ökonomischen Problemen zurückkehren. Man hat im Frühjahrsgutachten der wirtschaftswissenschaftlichen Institute einiges gelesen, was — in der Auswahl verwendet — zu großen Siegesmeldungen geführt hat. Ich glaube, niemand von uns — ich habe das von dieser Stelle aus mehrmals gesagt — hat bestritten und kann bestreiten, daß sich eine Konjunkturentwicklung auch bei Verschlechterung der Gesamtlage immer noch in Zyklen vollzieht, in einem Auf und Ab. Nur: Die Basisdaten sind schlechter geworden, die Rahmenverfassung ist schlechter geworden, die Trendlinie ist schlechter geworden. Auf dieser Trendlinie selbst gibt es noch ein Auf und Ab.
    Man sollte bei all diesen Sondermeldungen nicht übersehen, daß auch aus dem Frühjahrsgutachten der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute folgende Punkte — wenn man das Gutachten nicht selektiv liest — mit voller Klarheit hervorgehen:
    Der dauerhafte Aufschwung ist noch keineswegs sicher.
    Die jüngsten Zahlen aus der Export- wie aus der Automobilindustrie sind jedenfalls ambivalent deutbar.
    Die hohe Arbeitslosigkeit bleibt bestehen.
    Die Investitionsneigung und -fähigkeit bleibt weiterhin viel zu schwach, obwohl die Reallöhne rückläufig sind.
    Die Krise der Staatsfinanzen bleibt.
    Die Geldpolitik steht noch vor ihrer eigentlichen stabilitätspolitischen Bewährungsprobe.



    Strauß
    Danach stehen Sie vor der Aufgabe, frühere wirtschaftspolitische oder finanzpolitische Fehler —wenn man es zusammenfaßt: wirtschafts- und finanzpolitische Fehler — endlich einzusehen; denn wer sie nicht einsehen will, kann sie in Zukunft nicht vermeiden. Darüber hinaus sind die Prognosen für das Wachstum 1976 noch unsicher.
    Das geht doch — in Kurzfassung gesagt — aus dem Gutachten der wirtschaftswissenschaftlichen Institute hervor, von dem einzelne Teile über Gebühr Aufmerksamkeit gefunden haben, während die skeptischen Bemerkungen, wie ich sie eben in Kurzfassung geboten habe, so in der allgemeinen Halleluja-Stimmung und den entsprechenden Siegesmeldungen, die aus dem Bundespresseamt verbreitet worden sind, vorerst unter den Rost gefallen sind. Das kann man aber nur eine Zeitlang machen, denn man kann Zahlen nicht manipulieren.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Sie können das!)

    Funktionäre kann man vielleicht manipulieren, aber Zahlen kann man nicht manipulieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dem Bürger ist klargeworden, daß die neue Politik, die beinahe wie eine neue Heilslehre damals verkündet worden ist, auf allen Gebieten mehr oder minder versagt hat. Dem Bürger ist doch klargeworden, daß die Regierungen ab Herbst 1969 in allen wesentlichen Bereichen politisch gescheitert sind. Das Bewußtsein ihres Scheiterns war allerdings durch erhöhte Propagandaleistungen unter Ambulanzfunktion eines Teils der Massenmedien zeitweise noch nicht soweit fortgeschritten, wie es der Wirklichkeit entsprach. Bei uns war der umgekehrte Prozeß festzustellen.
    Sie haben gemäß Ihrer eigenen Beteuerung die Schwerpunkte Ihrer Regierungstätigkeit doch folgendermaßen gesetzt: Bildungspolitik — darüber ist heute nicht zu reden —, Stabilitätspolitik, Vollbeschäftigungspolitik, Finanzpolitik, Europapolitik und sogenannte Entspannungspolitik. Zu diesen Bereichen, soweit sie den Einzelplan 08 betreffen, nun einige Bemerkungen.
    Dabei gehen Sie bei Ihren steuerpolitischen Ausführungen, bei denen Sie Argumente so vertreten, wie andere sich die Füße vertreten, mit Zahlen so um- -

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Dr. Ehrenberg [SPD]: Er hat aber keine Plattfüße!)

    — Das hat damit nichts zu tun. Ich sage nur: er geht mit Zahlen so um, wie andere sich die Füße vertreten. Ich habe nicht gewußt, daß man zum Vertreten der Füße Plattfüße braucht.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Das steht ihm gut!)

    Zu den einschlägigen Themen der Steuerpolitik wird mein Kollege Häfele heute im Laufe der Debatte noch einige Ihrer eklatanten Halb- oder Unwahrheiten hier richtigstellen.
    Lassen Sie mich zu der Frage der Inflation wenige Worte sagen; denn ursprünglich sollte an der Spitze
    der politischen Ziele die Preisstabilität stehen. Sie war das Hauptwahlkampfthema des Jahres 1969, gerade auch und vor allem von seiten der SPD. Im Jahre 1969 stiegen die Preise um 1,9 %, wie im Durchschnitt der Jahre von 1949 bis 1969, den 20 Jahren, in denen wir für diese Bereiche verantwortlich waren. In der Regierungserklärung vom 27. Oktober 1969 versprach der erste SPD-Bundeskanzler Willy Brandt, die Preisentwicklung zu dämpfen. Es muß wie ein Witz klingen, wenn er bei einer Preisentwicklung von 1,9 % — das letzte Quartal lag schon darüber, der Jahresdurchschnitt ergab 1,9 % — in den Mittelpunkt stellt, er verspreche der deutschen Öffentlichkeit, die Preisentwicklung zu dämpfen! Bis zum Herbst 1973 gibt es überhaupt keine Ausrede: weder das Weltwährungssystem noch eine Ölkrise noch etwa eine weltweite Rezession. Das ist der hausgemachte Teil der Inflation, den ein ehrlicherer Amtsvorgänger, nämlich Herr Schiller, immer als den Home-made-Teil der Inflation bezeichnet hat. Genauso äußerten sich Bundesbankpräsident Klasen und unzählige andere. Es ist doch ein Witz, wenn man heute liest: „Wir werden die Preisentwicklung dämpfen", und in der gleichen Regierungszeit bei 7 "/o angekommen ist.
    Er erweckte den Eindruck, auf die Dauer eine noch geringere Inflationsrate als die 1,9 % der Vorjahre herbeizuführen. Tatsächlich aber setzten die Regierungen Brandt und Schmidt zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele auch das Mittel der Inflation ein oder nahmen es als unvermeidbar in Kauf. Sonst hätten sie nicht jahrelang unsere ständigen Mahnungen, Warnungen und Vorschläge mit einer Überheblichkeit und Rücksichtslosigkeit ohnegleichen zurückgewiesen. Es ist allmählich zu einem Stil der vollendeten Demagogie und der vollendeten Irreführung geworden, daß man der Öffentlichkeit gegenüber durch ständiges Wiederholen der Unwahrheit, durch ständige Wiederholung der Behauptung, die Opposition habe niemals gewarnt, niemals Vorschläge gemacht, niemals Alternativen geboten, diesen Eindruck erwecken will.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Haben Sie ja auch nicht!)

    — Herr Dr. Ehrenberg, wenn Sie das hier wiederholen, beweisen Sie, falls Sie ein Fachmann sein wollen, daß Sie lügen!!

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Tun Sie es bitte!)

    Heute hat der Kollege Dr. Althammer hier und wir haben in unzähligen Reden und Programmen gesagt, worauf es ankommt. Aber bei Ihnen habe ich mich längst damit abgefunden, daß der alte Satz von Curt Goetz gilt: Allen ist das Denken erlaubte aber manchen bleibt es erspart, und dazu gehören Sie!

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)