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ID0724204000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 242. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Müller (Remscheid) 17033 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 17033 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und des Gesetzes über das Branntweinmonopol —Drucksache 7/4518—, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5096 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes — Drucksache 4428 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses —Drucksache 7/5149 — in Verbindung mit Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 —, Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 7/5038 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 7/5053 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 7/5057 — Dr. Becker (Mönchengladbach) CDU/CSU . 17034 B Dr. von Bülow SPD 17035 A Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 17043 B Kirst FDP 17050 C Dr. Apel, Bundesminister BMF . 17058 C, 17122 B Strauß CDU/CSU 17068 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 17080 D Dr. Häfele CDU/CSU 17092 A Frau Huber SPD 17099 A Frau Funcke FDP . . . . . . . . . 17105 A Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17107 D Bremer CDU/CSU 17109 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Dr. Böhme (Freiburg) SPD 17111 D Schinzel SPD 17113 C Wohlrabe CDU/CSU 17115 B Dr. Dübber SPD 17118 A Dr. von Bülow SPD . . . . . . . . 17118 D Pieroth CDU/CSU 17119 A Frau Renger, Präsident . . . . . . . 17076 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 7/5039 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1976 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1976) — Drucksache 7/4513 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 7/5135 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . . . 17123 C Dr. Ehrenberg SPD 17126 C Dr. von Bismarck CDU/CSU 17131 B Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17134 D, 17145 B Höcherl CDU/CSU . . . . . . . . . 17141 B Frau Dr. Glotz-Martiny SPD 17145 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 7/5042, 7/5085 — in Verbindung mit Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 7/5043 — Müller (Nordenham) SPD 17148 A Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU . 17150 C Ollesch FDP 17153 A Dr. Jobst CDU/CSU 17157 D Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 17161 C, 17179 B Lemmrich CDU/CSU . . . . . . . . 17168 C Wrede SPD 17170 B Dr. Dollinger CDU/CSU . . . . . . . 17172 C Wuttke SPD 17174 C Hoffie FDP 17176 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 7/5044 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 7/5055 — 17180 A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 7/5051 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann, Hoffie, Dr. Graf Lambsdorff, Frau Schuchardt, Kern, Wolfram (Recklinghausen), Flämig, Dr. Jens, Kaffka, Dr. Lohmar, Reuschenbach, Scheu, Schwedler, Stahl (Kempen) und der Fraktionen der SPD, FDP betr. rationelle und sparsame Energieverwendung und zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksachen 7/4600, 7/4607, 7/4948 — . . 17181 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 7/5052 — 17181 D Nächste Sitzung 17182 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17183* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 17033 242. Sitzung Bonn, den 13. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 240. Sitzung, Seite 16922 C, Zeile 24, ist statt „einer Gegenstimme" zu lesen: „zwei Gegenstimmen" ; 241. Sitzung, Seite 17026 C, Zeile 2, ist statt „3,3 Millionen DM" zu lesen: „3,3 Millionen Bürger". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Frau von Bothmer ** 13. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Corterier * 14. 5. Dr. Enders ** 13. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14. 5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Krall * 14. 5. von Kühlmann-Stumm 14. 5. Lange * 14.5. Lautenschlager * 14. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 14. 5. Lenzer ** 13. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Müller (München) ** 13. 5. Müller (Remscheid) 13. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Rosenthal 14. 5. Roser 21.5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14. 5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Suck * 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Wende 21.5. von Wrangel 13. 5. Zeyer 14. 5.
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    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute den letzten Haushaltsplan vor den Bundestagswahlen. Dieser Haushaltsplan ist, wie jeder Haushaltsplan, ein Dokument unserer politischen Absichten in diesem Jahre. Über den Finanzplan machen wir auch die sozialliberale Perspektive unserer Politik in den nächsten Jahren sichtbar.
    Gleichzeitig ist dieser Haushaltsplan auch der letzte Baustein der Finanzpolitik nicht nur dieser Legislaturperiode, sondern der Finanzpolitik der sozialliberalen Koalition seit 1970. Wenn wir uns diese Periode seit 1970 anschauen, dann stellen wir fest, daß die Finanzpolitik in diesen sechs Jahren in einer Weise vor Herausforderungen gestellt worden ist, die es vorher noch nie gegeben hat.
    In der ersten Phase ging es darum, die weltweit ausgebrochene Inflation so gut es ging von unserem Land fernzuhalten. In einer zweiten Phase ging es darum, die Weltrezession zu bekämpfen und mit unseren Partnern zu überwinden. In einer dritten Phase geht es schließlich darum, nun die Haushaltsdefizite abzubauen. Uns wird national wie international bescheinigt, daß die Finanzpolitik und die mit ihr verbundene Währungspolitik diese vielfäftigen Herausforderungen an unser Land, an unsere Politik bestanden hat;

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    denn noch niemals haben wir in dieser Breite und in dieser Konsequenz unser finanzpolitisches, unser währungspolitisches Instrumentarium eingesetzt, haben es in enger Koordination mit den Maßnahmen der deutschen Bundesbank wirksam gemacht und haben uns an den gesamtwirtschaftlichen Zielen orientiert.
    Lassen Sie mich mit der Phase eins, mit der Bekämpfung der Weltinflation beginnen. Hier muß, glaube ich, mit einer Legende aufgeräumt werden — Herr Kollege Dr. von Bülow hat das bereits getan —, als hätten wir nämlich im Jahre 1969 von Ihnen ein heiles währungspolitisches Modell übernommen. Tatsache ist doch — das ist eben auch von Herrn Kirst angesprochen worden —, daß Sie sich aus Dogmatik, Unverstand, Uneinsichtigkeit dagegen gesperrt haben, rechtzeitig Währungsrelationen zu verändern, die das Überschwappen der weltweiten Inflation in unser Land verhindert hätten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Hier tragen Sie ein hohes Maß an Schuld für spätere Probleme. Das Modell, das Sie uns, wie Herr Barzel meinte, störungsfrei und heil übergeben haben, war eben durch die Uneinsichtigkeit des Kanzlers Kiesinger und des Finanzministers Strauß schwer beschädigt.

    (Blank [SPD] : Das mußte einmal gesagt werden! — Dr. Becker [Mönchengladbach] [CDU/CSU] : Sie waren doch Teil der damaligen Koalition!)

    In den folgenden Jahren haben wir durch die Anstrengung sozialdemokratischer Finanzminister immer wieder versucht, die Inflation, die in unser



    Bundesminister Dr. Apel
    Land hineinschwappen wollte, über Wechselkurskorrekturen von uns fernzuhalten. Wir haben immer wieder versucht zu vermeiden, daß es zu einem Auseinanderbrechen des Bretton-Woods-Systems, des Systems fester Wechselkurse, kommt. Aber am Ende, im März 1973, standen wir vor der Notwendigkeit, die Wechselkurse freizugeben. Seit dieser Zeit haben wir die nationale Bewegungsfreiheit, um die Inflation in unserem Lande erfolgreich zu bekämpfen.
    Lassen Sie mich an dieser Stelle eine Fußnote machen. Diese Freigabe der Wechselkurse im März 1973 ist Gott sei Dank durch die Beschlüsse von Kingston auf der Insel Jamaika zu Beginn dieses Jahres insoweit korrigiert worden, als es dank der Arbeit der Finanzminister der wichtigsten Industrienationen, aber auch dank der Mithilfe der Regierungschefs bei der Konferenz in Rambouillet, möglich gewesen ist, zu einer neuen Weltwährungsordnung zu kommen.
    Wir haben dann im Jahre 1973 mit all unserer Kraft die Inflationstendenzen, die in unser Land hineingeschwemmt waren, bekämpft und, soweit es ging, reduziert. Wir haben eine erfolgreiche Inflationsbekämpfung in der Marktwirtschaft praktiziert. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur an die Maßnahmen erinnern: an den Schuldendeckel, den wir Bund, Ländern und Gemeinden aufoktroyiert haben, an die Einführung einer Investitionssteuer, einer Stabilitätsabgabe, an die Aussetzung der degressiven Abschreibung und des § 7 b, die begleitende Aktion der Deutschen Bundesbank, die Stilllegung einer Stabilitätsanleihe und die Stillegung der Mittel der Rentenversicherung. Der Bund hat diese Aktionen im engeren Bereich der Fiskalpolitik, der Haushaltspolitik durch Stillegung von Steuereinnahmen begleitet. Bund und Länder haben bis 1973 11 Milliarden DM stillgelegt. Wir haben uns dieses Polster zugelegt, das uns gut angestanden hat, um dann die Konjunkturprogramme in den Jahren 1974 und 1975 zu finanzieren.
    Aber ich möchte gerne diese ersten vier Jahre sozialliberaler Finanzpolitik auch noch einmal unter einem anderen Gesichtspunkt anleuchten, nämlich unter dem Gesichtspunkt, ob wir denn, wie uns immer aus Kreisen der Opposition entgegenklingt, über unsere Verhältnisse gelebt haben. Herr Kirsti hat soeben deutlich gemacht, daß wir unsere Ausgaben nur zu 2 °/o über Neuverschuldung in diesen vier Jahren gedeckt haben. In Zahlen sieht das so aus: Unsere Nettokreditaufnahme in vier Jahren betrug 9 Milliarden DM. Wir haben 6,1 Milliarden DM stillgelegt. Das heißt, in vier Jahren betrug unsere Neuverschuldung ganze 3 Milliarden DM.
    Auch hier stimmt das Bild von der „heilen Welt", die nach den Worten von Herrn Barzel 1969 geherrscht haben soll, nicht. Ich will Ihnen die Zahlen vortragen, damit Sie, meine Damen und Herren, sift, selbst ein Bild machen können. Die Bundesschulden betrugen, gemessen am Bruttosozialprodukt — das ist ja wohl der richtige Maßstab —, im Jahre 1967 zur Zeit des Finanzministers Strauß 8,2 °/o, 1968 8,5 %, 1969 7,5 %, 1970 7,0 °/o, 1971 und 1972 jeweils 6,5 °/o und 1973 6,2 °/o. Das heißt, in diesen
    ersten vier Jahren solider Finanzpolitik der sozialliberalen Koalition hat diese sozialliberale Koalition die Schulden, die unter einem Finanzminister Strauß gemacht werden mußten — ich werfe es ihm gar nicht vor; das war zur Bekämpfung der damaligen Rezession notwendig —, abgebaut. Dies ist die Wahrheit, und dies ist die „heile Welt", nicht die, welche Sie darstellen wollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Zahlen machen aber noch ein Weiteres deutlich, nämlich daß das Gerede, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt, die Reformpolitik der Sozialliberalen sei über die Ufer geschwappt, weil man die finanziellen Möglichkeiten nicht gesehen habe, falsch ist. Tatsache ist, daß wir in dieser Zeit alles, was wir beschlossen haben — das meiste doch mit Ihrer Zustimmung —, haben finanzieren können, ohne in den Kredit ausweichen zu müssen.
    Nun kommt allerdings die Phase zwei der Finanzpolitik, und das ist die Phase, die durch den Ölpreisschock, durch massive Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft, dadurch, daß viele Länder in Schwierigkeiten kamen, ihre Ölrechnung zu bezahlen, daß die Weltwirtschaft, im Jahre 1974 beginnend, aber insbesondere im Jahre 1975, in eine Rezession hineinlief, ausgelöst wurde. Hier habe ich in der Debatte Töne gehört, dieses sei national gemacht, diese Rezession sei eine hausgemachte. Ich werde Sie jetzt mit den Aussagen der Fachleute konfrontieren.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Die Bundesbank sagt in ihrem Jahresbericht 1975:
    Den Ausschlag für die schwache Absatzentwicklung gab, daß die Nachfrage des Auslands nach deutschen Produkten im Zuge der weltweiten Wirtschaftsflaute stark zurückging.
    Die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute am 16. Oktober 1975:
    Den Ausschlag für die Stärke des Abschwungs hatte der dramatische Rückgang der Auslandsnachfrage im Winterhalbjahr 1974/75 gegeben.
    Ich habe hier eine ganze Reihe weiterer Zitate. Diese beiden Zitate beweisen bereits, woher auch im Bereich der Finanzpolitik die Probleme kommen.
    Die Bundesregierung handelt sofort. 1974 werden drei öffentliche Investitionsprogramme mit einem Volumen von 4 Milliarden DM öffentliche Aufträge, dazu die Investitionszulage, die im Gegensatz zur Meinung der Opposition sehr wirksam war, in die Wege geleitet. Damit stellen wir uns gegen den aus der Weltrezession plötzlich über die deutsche Volkswirtschaft hereinbrechenden Abschwung.
    Die eigentliche Bewährung kommt dann für den Haushalt 1975, denn das Defizit des Haushalts 1974 mit 9,5 Milliarden DM zeigt zwar bereits an, wie die Weltrezession in unsere Finanzpolitik hineinwirkt, aber das eigentliche Problem, die eigentliche Bewährungsprobe kommt im Haushalt 1975. Dieser Haushaltsplan, den wir inzwischen abgerechnet haben, der inzwischen zur Begutachtung



    Bundesminister Dr. Apel
    vorliegt, hatte vier schwere und teilweise widersprüchliche Aufgaben zu bewältigen. Er mußte die Expansion fördern, er mußte die Finanzierung des Erhalts des sozialen Netzes möglich machen, er mußte die internationale Solidarität der Bundesrepublik mit ihren Nachbarn möglich machen, und er mußte schließlich die Konsolidierung der Staatsfinanzen einleiten.
    Lassen Sie mich mit den expansiven Maßnahmen beginnen. Zu diesen expansiven Maßnahmen gehört zweifelsohne die Steuerreform. Der große Erfolg der Steuerreform ist heute allgemein anerkannt. Das heißt nicht, meine Damen und Herren, daß nicht trotz der Tatsache, daß alle politisch relevanten Kräfte in diesem Hause der Steuerreform zugestimmt haben, in dieser Steuerreform Unebenheiten sind. Aber der politische Erfolg, der große Erfolg, das, was sich die Sozialliberalen vorgenommen hatten, hat sich durchgesetzt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn die typische Arbeitnehmerfamilie mit zwei Kindern bis zum Ende des Monats April, zum Ende des letzten Monats also, 1 700 DM mehr in der Tasche gehabt hat, 1 700 DM weniger an Steuern gezahlt hat oder mehr vom Staat zurückbekommen hat, dann ist dies ein Wort, dies ist nämlich ein Nettomonatslohn, der auf diese Art und Weise zurückgegeben wurde.

    (Beifall bei der SPD)

    Im übrigen — und darüber ist genügend gesprochen worden — erklärt sich natürlich auch aus dieser Steuerreform, daß in der Tat die Steuerlastquote heute auf einem Niveau liegt — das haben Sie bereits gesagt, Herr Kollege von Bülow —, das dem des Jahres 1952 entspricht.
    Ich möchte bei diesem Punkt die Debatte über die Staatsquote nicht allzusehr ausweiten. Hier ist von dem Kollegen Kirst und von dem Kollegen von Bülow fast alles gesagt worden. Eines muß ich aber hinzufügen: Der Steueranteil, insbesondere der Anteil des Bundes am Gesamtsteueraufkommen, war konstant. Wenn die Staatsquote gestiegen ist, dann liegt der Grund dafür im Bereich der Sozialaufwendungen. Hier muß ich dann die Frage stellen, wenn wir das kritisch debattieren wollen, ob es eigentlich so intelligent wäre ich bin der Meinung: nein —, den Bürgern einzureden, man könne die Krankenversicherungskosten wesentlich reduzieren, ohne den Bürgern zu sagen, daß dann für sie die Gefahr besteht, daß die Krankenversicherung schlechter wird, daß die Leistungen geringer werden und daß ihre Sicherung abnimmt. Auch dies gehört also zu dem Bild.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das bedeutet nicht, daß hierüber nicht neu nachgedacht werden muß. Dazu wird sicher in der Debatte über andere Etats etwas gesagt werden. Hierher gehört diese Diskussion nur bedingt.
    Eine weitere Bemerkung. Der Herr Kollege Althammer hat sich über das Absinken der Investitionsquote beklagt. Es stimmt: Die Investitionsquote beim Bund geht zurück. Sie bleibt in diesem Jahr konstant, und zwar auf Grund der Konjunkturprogramme, die mitzählen und mitwirken; und sie wird in den nächsten Jahren rückläufig sein. Der Herr Kollege von Bülow hat dargelegt, wie dies zu erklären ist und daß der, der Hochschulen baut, auch die dazu gehörenden Hochschullehrer wollen muß. Ich möchte Sie auf einen ganz anderen Aspekt aufmerksam machen. Beim Bund ist von 1974 auf 1976, wie sich die Zahlen heute darstellen, die Investitionsquote von 16,0 °/o Anteil der Investitionen an den Bundesausgaben auf 13,7 zurückgegangen. Das ist ein Rückgang um 2,3 Prozentpunkte. Bei den Ländern ist es ein Rückgang von 22,8 auf 21,0, also um 1,8 Prozentpunkte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was soll das?)

    — Was das soll, Herr Kollege? Ich will deutlich machen: wenn wir uns in diesem Kreise strittig und kritisch darüber unterhalten, ob die Investitionsquote nicht höher sein müßte — es sind Anmerkungen gemacht worden, warum dies nur bedingt möglich ist —, sollten wir nicht so tun, als sei das von Ihnen kritisierte Absinken der Investitionsquote ein Problem des Bundes. Es ist ein Problem aller Gebietskörperschaften und in einem sehr viel stärkeren Maß ein Problem der Länder und der Gemeinden als des Bundes. Denn bei den Ländern und Gemeinden treten genau die gleichen Probleme auf: eine gewisse Sättigung des Investitionsbedarfs,

    (Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

    eine gewisse Notwendigkeit, die Nachfolgekosten über Personalausgaben und konsumtive Ausgaben nun erst einmal zu verdauen, und natürlich auch bei den Ländern unübersehbare finanzielle Schwierigkeiten.
    Wir haben im übrigen nicht nur über die Steuerreform, sondern über ein neues Konjunkturprogramm in Höhe von 5 Milliarden DM im August 1975 die Konjunktur angeschoben. Wir können heute feststellen, daß die expansiven Maßnahmen der Bundesregierung über fünf Konjunkturprogramme und über die Steuerreform mehrere 10 Milliarden DM — ich schätze: rund 35 Milliarden DM — in Bewegung gesetzt haben und eine wesentliche Voraussetzung für den Aufschwung waren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Zweitens. Wir haben mit Zuweisungen an die Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von 7,3 Milliarden DM allein im Jahre 1975 den Erhalt des sozialen Netzes möglich gemacht.
    Drittens. Wir haben über die Europaanleihe, die die Bundesrepublik bis zu 44 % mitverbürgt, über Währungsbeistände, die die Bundesbank gibt über die Ölfazilität des Währungsfonds, die die Bundesbank zu einem hohen Maß aus deutschen Devisenreserven mitfinanziert, und über das Sicherhertsnetz der Organisation der europäischen westlichen Industrienationen — OECD genannt — einen wesentlichen Beitrag geleistet, um auch internetional die Konjunkturpolitik zu damit unserem Export Chancen zu gel-



    Bundesminister Dr. Apel
    Viertens. Schließlich haben wir 1975 die Konsolidierung der Staatsfinanzen über das Haushaltsstrukturgesetz eingeleitet. Diese Operation war übrigens sehr schwierig. Denn Sie von der Opposition sind ja nur sehr begrenzt und erst nach großen Schwierigkeiten bereit gewesen, bei dieser Operation mitzumachen.
    Ich möchte abschließend zu diesem Jahr 1975 einige Urteile von unabhängigen Sachverständigen über diese Konjunkturpolitik hier vortragen, damit deutlich wird, daß wir uns in unserem positiven Urteil über die Finanzpolitik des letzten Jahres auf einen breiten Konsensus der Experten abstützen können.
    Der Sachverständigenrat meinte im August 1975:
    Die Finanzpolitik war von vornherein darauf gerichtet, die Wirtschaft auf breiter Front zu stützen. Allein die Steuerreform zum 1. Januar 1975 entlastet die Privaten in diesem Jahr um mindestens 16 Milliarden DM. Um die in den Haushalten angelegten expansiven Impulse zu verstärken, beschloß die Bundesregierung noch vor Jahreswende ein zusätzliches Expansionsprogramm. Zudem waren Bund und Länder bestrebt, ihre Investitionsvorhaben für 1975 in die erste Jahreshälfte vorzuziehen. Angesichts der Größe des unvorhergesehenen und von außen bestimmten Nachfrageausfalls muß sogar gefragt werden,
    — dies ist eine kritische Frage an unsere Adresse —
    ob nicht frühzeitiger eine Aufstockung der staatlichen Ausgabenprogramme angezeigt gewesen wäre. Man muß jedoch sehen: Voll kompensieren kann und darf auch eine flexible Finanzpolitik die große Nachfragelücke nicht.
    Die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute schrieben am 16. Oktober 1975:
    Mit den bisherigen Entscheidungen in der Finanzpolitik sind der konjunkturellen Entwicklung für 1976 Impulse gegeben worden, vor allem durch die Investitionszulage und das Konjunkturprogramm im August.
    Schließlich ein letztes Zitat vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung — dies ist ein Zitat für 1976 —:
    Die Finanzpolitik sollte ihre Bemühungen um den Abbau der Finanzierungsdefizite mit dem konjunkturellen Erholungsprozeß abstimmen. Der Staat muß also auf eine zu rasche Verringerung dieser Defizite verzichten, die den Aufschwung gefährden würde.
    Meine Damen und Herren, hohes Lob spendet unserer Politik der Jahresbericht der unabhängigen Bundesbank. Die Bundesbank sagt in ihrem Jahresbericht auf Seite 22:
    Dieser enorme expansive Swing im Bundeshaushalt hat sicherlich wesentlich dazu beigetragen, den Konjunkturabschwung zu bremsen und gegen die Mitte des Jahres 1975 die konjunkturelle Wende herbeizuführen.
    Ein zweites Zitat:
    Die Ausweitung des Staatsdefizits im Jahre 1975 entsprach der konjunkturellen Lage. Jedenfalls hätte eine geringere Erhöhung des Defizits die wirtschaftliche Erholung verzögert.
    Ein letztes Zitat:
    Die Entscheidung der Finanzpolitik, auf dem Tiefpunkt des Zyklus ein mittelfristiges finanzpolitisches Sanierungsprogramm mit Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen zu verkünden, war zwingend notwendig.
    Was sagt zu all diesem, zu dieser Politik, zu dieser Anerkennung der Sachverständigen, der Forschungsinstitute, der Deutschen Bundesbank, die Opposition? Der CDU-Pressedienst sagte dazu am 22. Oktober 1975: „Steuergelder wurden ohne wesentlichen volkswirtschaftlichen Effekt verpulvert."

    (Möller [Lübeck] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Herr Strauß nannte diese antizyklische Haushaltspolitik des Jahres 1975 am 5. November 1975 „hinausgeworfenes Geld". Herr Althammer nannte am 9. April 1976 diese Politik eine „Bilanz des Versagens". Herr Kohl darf in diesem Konzert auch nicht fehlen; er sprach von „unerträglicher Verschuldenspolitik".
    Diese Ihre Feststellungen, meine Damen und Herren von der Opposition, stehen in krassem Gegensatz zur Meinung aller Experten in unserem Lande, vor allem in krassem Gegensatz zum eingetretenen Erfolg. Dies wollen wir einmal festhalten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Insofern bleibt doch richtig, was der Bundeskanzler am ersten Tag dieser Debatte sagte. Er hat nämlich gesagt, er sei davon überzeugt, daß Sie sich in der Nähe einer Deflationspolitik bewegten, die nach Brüningschem Vorbild Arbeitslosigkeit eher erhöhhen als abbauen würde.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Möller [Lübeck] [CDU/CSU]: Jetzt tritt ihn wieder das Pferd!)

    Es kann aber auch sein, meine Damen und Herren, daß hier nichts weiter als Unwissenheit am Werke ist. Denn Sie sollten wissen — darauf hat Herr Kollege von Bülow aufmerksam gemacht —, daß alle unsere Nachbarn eine entsprechende antizyklische Haushaltspolitik im Jahre 1975 zur Überwindung der weltweiten Rezession gemacht haben. Wollen Sie dieses eigentlich verkennen? Oder wollen Sie verkennen, daß dem Defizit des Bundes, im Jahre 1973 2,9 Milliarden DM, 1975 29 Milliarden DM, bei den Ländern entsprechend gestiegene Defizite gegenüberstehen, daß Ihre christdemokratisch regierten Bundesländer in gleichem Maße Haushaltsdefizite hinnehmen mußten und, wie ich hinzufüge, Gott sei Dank hingenommen haben?
    Ich kann zu diesem Abschnitt nur sagen: Ihnen fehlt die Konzeption, Sie ersetzen diese Konzeption in Ermangelung einer Alternative durch destruktive Demagogik.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Bundesminister Dr. Apel
    Mich verwundert im übrigen diese Haltung; denn wenn ich mir die Beschlußfassungen in diesem Hause zu den einzelnen Konjunkturprogrammen, zur Steuerreform, wesentliche Elemente der Ausgabenpolitik des Bundes, angucke, so ist festzustellen, daß Sie, wenn auch nach langem Wenn und Aber und Zögern, am Ende zugestimmt haben. Warum wollen Sie sich denn nicht dazu bekennen, daß wir diese Politik gemeinsam beschlossen und mit Erfolg durchgesetzt haben?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist diese Doppelzüngigkeit!)

    Wir sind jetzt in der dritten Phase unserer Finanzpolitik. Ich möchte dazu eine Vorbemerkung machen und das Defizit des Haushalts 1976, wie es sich jetzt nach den Beschlüssen des Haushaltsausschusses abzeichnet, analysieren. Dieses Defizit wird nach dem Vorschlag des Haushaltsausschusses 32,7 Milliarden DM betragen. In diesem Defizit sind enthalten: 17,5 Milliarden DM konjunkturbedingte Mindereinnahmen des Bundes auf Grund einer 18monatigen Weltrezession, 4,5 Milliarden DM Zahlungen an die Bundesanstalt für Arbeit und eine unzureichende Beteiligung der Länder an den Konsequenzen der Steuerreform in einer Größenordnung von mindestens 2,5 Milliarden DM. Das heißt, der Bund hätte ohne diese Entwicklung ein fiktives Defizit von 8 Milliarden DM.
    Gerade wenn ich von 17,5 Milliarden DM konjunkturbedingter Mindereinnahmen spreche, könnte das den Schluß nahelegen, daß Einnahmeverbesserungen nicht notwendig sind; denn mit Anspringen der Konjunktur müßte sich dieses wieder ausgleichen. Ich muß vor diesem Fehlschuß warnen. Die Steuerschätzer haben uns auf Grund der Verbesserung der konjunkturellen Lage in diesem Jahr beim Bund 1,4 Milliarden DM mehr prognostiziert. Diesen Steuermehreinnahmen stehen allein für 1976 Mehrausgaben gegenüber: beim Personal rund 500 Millionen DM, für die Europäische Gemeinschaft einige hundert Millionen DM, noch nicht genau abschätzbar, für das Sofortprogramm Jugendarbeitslosigkeit 300 Millionen DM, für den von uns beschlossenen Verlustrücktrag 300 Millionen DM und für die Bekämpfung der Sturmflutschäden rund 200 Millionen DM. Wenn Sie diese Zahlen addieren, wird Ihnen deutlich, daß auf Grund des Aufschwungs eine Entlastung für den Bundeshaushalt 1977 nicht kommt.
    Das Haushaltsdefizit ist nicht Konsequenz — dies habe ich dargestellt — eines Über-die-VerhältnisseLebens, das Haushaltsdefizit ist diese Konsequenz von 18 Monaten Weltrezession, und wir müssen dieses beim Bund, bei den Ländern und den Gemeinden abbauen.
    Nun hat die Opposition sehr großspurig in den letzten Monaten vom Sparen geredet. Die Opposition hat uns vorgetragen, sie würde dafür sorgen, daß durch Kürzungen bei den Einnahmen das, was im Etat fehlt, auch ohne Mehrwertsteueranhebung hereinkommt.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Durch Ausgabenkürzungen. Lassen Sie mich dazu einiges an Zitaten vortragen.
    Der Vorsitzende der christdemokratischen Fraktion am 17. September 1975 im Deutschen Bundestag:
    Wir
    — das ist die Fraktion der CDU/CSU
    haben jetzt den Beschluß gefaßt, sämtliche von uns eingebrachten finanzwirksamen Gesetzesinitiativen zurückzuziehen.
    Beschluß der CDU/CSU-Fraktion am 21. Oktober 1975, also einen Monat später: Vorlage eines Sofortprogramms zur Reduzierung der Steuerlast für die Unternehmen; hier neben dem Verlustrücktrag, den wir gemacht haben, Verbesserung der degressiven Abschreibung und eine zeitlich begrenzte Wiedereinführung der Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als Sonderausgaben. Ich rede jetzt nicht von Ihrem mittelfristigen Programm. Herr Müller-Hermann sagte am 21. Oktober 1975, dies würde 2 Milliarden DM kosten; nach unseren Rechnungen kostet es mindestens 3 Milliarden DM.
    Herr Jenninger sagte am 6. Dezember 1975:
    Die Opposition ist vor die Frage gestellt, wie sie mittelfristig eine Sanierung der Staatsfinanzen bewirken will. Hierzu werden wir im nächsten Jahr konkrete Vorschläge machen, wenn wir uns dem Wähler stellen.
    Und schließlich sagte Herr Wörner - dieses
    Zitat ist bereits hier eingeführt worden — am 12. Januar im Südwestfunk:
    Der Sicherheitspolitik muß ein höherer Rang zugemessen werden, und daher haben wir uns zu der Aussage durchgerungen, daß die Verteidigungsausgaben jährlich eine reale, d. h. über die Preissteigerungsraten hinausgehende Steigegerung haben müssen.
    Meine Damen und Herren, diesen sehr großspurigen Ankündigungen, im Laufe der Haushaltsdebatte — heute und in den nächsten Tagen ist ja die Stunde der Wahrheit — würden Sie Sparvorschäge in der Größenordnung von Milliarden machen, um Ihren Beitrag zur Debatte über die Konsolidierung der Staatsfinanzen zu leisten, sind leider keine Taten gefolgt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie wollen die globale Minderausgabe, die sowieso ein sehr zweifelhaftes Instrument ist, noch einmal wesentlich erhöhen. Das bedeutet doch mit anderen Worten folgendes: Sie sagen „Reduzierung der Ausgaben", und die Regierung möge dann sagen, wo gespart werden soll. Sie können dann anschließend eben diese Regierung anprangern wegen ihrer Sparpolitik. Das ist keine solide Politik, das ist Ausweichen aus der Verantwortung, die Sie in diesem Hause mittragen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das ist doch Ihre Methode bei Vorschlägen der Opposition!)

    Sie haben ferner vorgeschlagen, die Subventionen um 5 % zu kürzen. Herr Kirst hat dazu Bemerkungen gemacht. Ich erinnere mich noch sehr genau daran, daß, als es um die Kürzung der Subventionen



    Bundesminister Dr. Apel
    in einem Wirtschaftsbereich ging, Sie es waren, die sich beim Haushaltsstrukturgesetz so lange quergelegt haben, bis eine Einsparung in Höhe von 1 Milliarde DM verhindert war.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Das war der falsche Wirtschaftszweig!)

    - Sie haben anscheinend nur falsche Wirtschaftszweige. Das ist das Problem.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal wo, damit man es erfährt!)

    Eines kann ich nicht stehenlassen: die Behauptung, die Bundesregierung habe für den Abbau der Subventionen nichts getan. Von 1973 bis 1975 — dies können Sie im Subventionsbericht nachlesen — haben wir Subventionen, sowohl steuerliche Subventionen wie direkte Zuweisungen, um 3,5 Milliarden DM abgebaut. Von 1976 bis 1979 wird es einen weiteren Abbau, nicht zuletzt auf Grund des Haushaltsstrukturgesetzes, um 2,6 Milliarden DM geben. Die Zuwachsrate der Subventionen wird also stark abgeflacht und deutlich unter dem allgemeinen Haushaltszuwachs liegen.
    Dann haben Sie — dies wurde ja auch von Herrn Althammer hier vorgetragen — einige Propagandaanträge zu Kürzungen gestellt, Kleinkram, über den zu reden sich eigentlich nicht lohnt, oder aber, was ich noch bedenklicher finde, Sie haben Anträge gestellt, die dem Bund überhaupt kein Geld bringen. Wenn Sie sich nämlich für eine andere Organisation der Kfz-Steuererfassung aussprechen — dafür bin ich sehr zu haben; auch mir mißfällt das gegenwärtige System; ich hoffe, daß sich die Bundesseite demnächst mit den Landesfinanzministern einigt —, wenn Sie dies als Kürzung anbringen, dann sollten Sie wissen, daß die Personalersparnis, die hier eintritt, bei den Landesfinanzverwaltungen und nicht beim Bund eintritt. Dies mag auch gut sein, aber kann nicht als Sanierungsvorschlag für den Bundeshaushalt hier vorgetragen werden. Es stimmt einfach nicht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Schließlich wollen Sie Schätzansätze kürzen. Nun, dies kann man beliebig tun. Man kann beschließen, wir schätzen einmal 3 Milliarden DM weniger Ausgaben für das Kindergeld. Dann sieht das im Bundeshaushalt optisch zwar hervorragend aus, nur ist es reine Augenwischerei.

    (Zuruf des Abg. Dr. Althammer [CDU/CSU])

    Wir haben die Sätze jetzt so angesetzt, daß sie stimmen

    (Lachen bei der CDU/CSU — Möller [Lübeck] [CDU/CSU]: Das glauben Sie jedes Jahr neu! — Dr. Althammer [CDU/CSU]: Da wäre ich vorsichtiger!)

    und daß das, was ausgegeben werden muß, auch tatsächlich im Haushalt steht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Schätzansätze zu kürzen, hochverehrter Herr Althammer,

    (Möller [Lübeck] [CDU/CSU] : Die Ansätze waren doch alle zu hoch angesetzt!)

    ist keine Politik, weil am Ende des Jahres geleistet werden muß.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber, meine Damen und Herren, selbst wenn man dies alles gemacht hätte — Propagandaanträge, dies, das und jenes —, dann hätten wir — wir haben das einmal genau durchgerechnet — 100, 200, vielleicht 300 Millionen DM gespart. Und mit diesen geborenen Mäuslein, mit denen der CDU-Berg nun seit Monaten kreißt, wollen Sie einen Beitrag zur Spardebatte in unserem Lande leisten! Dies ist mehr als lachhaft.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, es mag sein, daß der Herr Kollege Strauß diese Lücke gespürt hat. Deswegen hat er ja auch auf der Tagung des Instituts Finanzen und Steuern am 7. April 1974 sehr breit über die Haushaltssanierung gesprochen. Ich habe mir diese Rede sehr genau angeschaut,

    (Strauß [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    weil ich dachte, ich könnte vielleicht

    (Möller [Lübeck] [CDU/CSU]: Etwas lernen!) aus dieser Rede Gewinn ziehen.


    (Strauß [CDU/CSU] : Das setzt Verstand voraus!)

    Aber, meine Damen und Herren, ich bin sehr enttäuscht worden.

    (Blank [SPD]: Das kann man verstehen!)

    Denn: Was steht denn drin? Gucken wir uns das einmal chronologisch an und ziehen wir dann am Ende eine Schlußfolgerung! Für die Bundesbahn, so Herr Kollege Strauß, sollten jährlich 3 bis 4 Milliarden DM mehr etatisiert werden. Die Umsatzsteuererhöhung ist zu verhindern. In einem Sofortprogramm — dies habe ich bereits dargestellt — sollen rund 3 Milliarden DM an Steuererleichterungen für die deutschen Unternehmen gegeben werden. Wenn ich dies zusammenrechne, dann sind es 14 Milliarden DM, die in einem ersten Ansatz von Herrn Strauß weggegeben werden sollen, die also eine Finanzierungslücke des Bundeshaushaltes aufreißen würden.
    Und nun kommt Herr Strauß zu der Frage, wie er denn nun eigentlich das sowieso zu hohe Defizit — nach seiner Meinung zu hohe Defizit, und es ist hoch — und diese 14 Milliarden DM, die er nun noch zusätzlich weggeben will, decken will. Wenn man nun diese Rede weiterliest, dann stellt man fest, daß Herr Strauß zuerst an den öffentlichen Dienst denkt. Den öffentlichen Dienst will er abschmelzen. In dem öffentlichen Dienst — davon hat ja auch Herr Althammer geredet — soll weiter gekürzt werden.
    Nun muß ich eine Vorbemerkung machen. Selbst, Herr Kollege Althammer, wenn Sie alle offenen Stellen, die in der Bundesverwaltung wegen Anpassung und Übergängen zwangsläufig vorhanden
    17064 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, cien 13. Mai 1976
    Bundesminister Dr. Apel
    sind, herausstreichen würden, würden Sie null Mark sparen, weil nämlich auf diesen offenen Stellen niemand sitzt, der Geld erhält.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Aber unabhängig davon muß ich mich nun als Finanzminister vor die öffentlich Bediensteten in diesem Lande stellen und es zurückweisen,

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    daß die Opposition den öffentlichen Dienst immer wieder zum Prügelknaben der Finanznot machen will.

    (Seiters [CDU/CSU] : Nicht zu glauben! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Denn Sie konzentrieren diese Debatte ununterbrochen auf diesen Punkt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Im übrigen haben meine Kollegen Vorredner von der Koalition deutlich gemacht, daß der Bund an den Zuwachsraten der Personalentwicklung so gut wie überhaupt nicht beteiligt ist. Dies ist Ländersache. 75 °/o des Mehr an Personal sind Lehrer, Beamte im Gesundheitswesen und bei der Polizei. Und hier müssen Sie, wenn Sie über den öffentlichen Dienst lamentieren, an Ihre Länder und deren Bürger die Frage stellen, ob nicht dies im Interesse unserer Bürger geradezu notwendig ist. Sie können sich nicht — wie der Herr Dregger — an einem Tage hinstellen und über mangelnde innere Sicherheit lamentieren und am nächsten Tage genau diese mangelnde innere Sicherheit herstellen wollen, indem Sie Personalabbau in diesen Bereichen mitfordern.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch unwahr! — Stücklen [CDU/CSU] : Eine glatte Unterstellung!)

    Herr Strauß kommt dann zu einem zweiten Punkt. Er sagt, er wolle die Gesetzgebung vereinfachen, um damit Geld zu sparen. Nun, meine Damen und Herren, dies ist ein hehres Ziel, uns allen aufgegeben. Nur, es bringt im Haushaltsjahr 1977 sicherlich kaum eine einzige Mark.

    (Richtig! bei der SPD)

    Schließlich — das ist der dritte Punkt, und der ist ja nicht uninteressant — fragt Herr Strauß, ob nach der Steuerreform und nach dem Haushaltsstrukturgesetz die Sparförderung noch zeitgemäß sei,

    (Strauß [CDU/CSU]: In diesem Ausmaß!)

    — in diesem Ausmaß zeitgemäß sei. Gut, ich nehme dies gern zur Kenntnis. Nur, Herr Kollege Strauß, nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Selbst dann, wenn wir die Sparförderung heute auf Null schrieben — dies wollen Sie nicht; das nehme ich zur Kenntnis —, selbst wenn Sie sie reduzierten und —wie Sie eben durch einen Zwischenruf deutlich gemacht haben — nicht in diesem Ausmaß beibehalten wollten, würden Sie im Etatjahr 1977 wiederum nichts sparen. Sie als früherer Finanzminister sollten wissen, daß die Sparprämien erst am Ende des Sparzeitraums, also nach fünf oder sechs Jahren, ausgezahlt werden und erst dann den Etat belasten, so daß dies eine Maßnahme wäre — die ich dazu auch gesellschaftspolitisch für falsch halte —, die 1977 überhaupt keine Entlastung bringt. Dies sollten Sie und Herr Stoltenberg eigentlich wissen, und Sie sollten deswegen nicht solche Vorschläge machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Und dann kommen Sie, Herr Kollege Strauß, zum Sozialbereich. Herr Kollege Althammer hat gesagt, man solle doch nun endlich einmal zur Kenntnis nehmen, was der Herr Strauß wirklich gesagt hat. Ich habe das getan; hier sind die Seiten 20 bis 21 Ihrer Rede im Institut Finanzen und Steuern. Herr Kollege Althammer hat nur die erste Hälfte des Absatzes zitiert, weil die zweite Hälfte etwas peinlicher ist. Da steht nämlich:
    Die explosionsartige Kostenentwicklung in diesem Bereich wirft jedoch die Frage auf,
    — wirft die Frage auf! —ob die Belastbarkeitsgrenze unserer Volkswirtschaft mit kollektiven Soziallasten
    — mit kollektiven Soziallasten! —nicht bereits erreicht, wenn nicht gar überschritten ist.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Warum ist die Frage peinlich? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Die Frage stellen Sie doch auch!)

    — Augenblick! Das heißt, Sie stellen das Netz der sozialen Sicherheit in Frage,

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU, CSU)

    und der Herr Kollege Strauß stellt dann ja auch

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Warum ist das Nachdenken darüber peinlich? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Was soll das?)

    die Bereiche zur Debatte, in denen die kollektiven Soziallasten — die kollektiven, meine Damen und Herren! — bereits das erträgliche Maß überschritten haben. Und woran denkt er da?

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Ist das Nachdenken schon Sünde?)

    Er denkt an die flexible Altersgrenze bei der Rentenversicherung,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    er denkt — das alles können Sie in dieser Rede nachlesen — an die Öffnung der Rentenversicherung für Selbständige,

    (Aha! bei der SPD)

    er denkt an das Lohnfortzahlungsgesetz,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    er denkt an das Gesetz über die Krankenversicherung für Landwirte,

    (Hört! Hört! bei der SPD)




    Bundesminister Dr. Apel
    er denkt an das Gesetz über die Unfallversicherung für Schüler und Studenten,

    (Zuruf von der SPD: Das werden wir zur Kenntnis nehmen!)

    er denkt an das Bundesausbildungsförderungsgesetz,

    (Stücklen [CDU/CSU] : Er denkt an alles, was?)

    er denkt an das Dritte Vermögensbildungsgesetz

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Er denkt mehr als Sie nach, Gott sei Dank!)

    und schließlich an die Erweiterung der Förderungsmaßnahmen in der beruflichen Bildung.

    (Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, dies ist Ihr Ansatz!

    (Beifall bei der SPD — Dr. Jenninger [CDU/ CSU] : Das war alles in dem Papier von Herrn Börner!)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Luda?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Manfred Luda


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Minister Apel, woran denken Sie, wenn Sie in diesem Zusammenhang von „Wildwuchs" sprechen?