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ID0724200700

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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 242. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Müller (Remscheid) 17033 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 17033 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und des Gesetzes über das Branntweinmonopol —Drucksache 7/4518—, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5096 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes — Drucksache 4428 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses —Drucksache 7/5149 — in Verbindung mit Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 —, Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 7/5038 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 7/5053 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 7/5057 — Dr. Becker (Mönchengladbach) CDU/CSU . 17034 B Dr. von Bülow SPD 17035 A Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 17043 B Kirst FDP 17050 C Dr. Apel, Bundesminister BMF . 17058 C, 17122 B Strauß CDU/CSU 17068 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 17080 D Dr. Häfele CDU/CSU 17092 A Frau Huber SPD 17099 A Frau Funcke FDP . . . . . . . . . 17105 A Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17107 D Bremer CDU/CSU 17109 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Dr. Böhme (Freiburg) SPD 17111 D Schinzel SPD 17113 C Wohlrabe CDU/CSU 17115 B Dr. Dübber SPD 17118 A Dr. von Bülow SPD . . . . . . . . 17118 D Pieroth CDU/CSU 17119 A Frau Renger, Präsident . . . . . . . 17076 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 7/5039 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1976 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1976) — Drucksache 7/4513 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 7/5135 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . . . 17123 C Dr. Ehrenberg SPD 17126 C Dr. von Bismarck CDU/CSU 17131 B Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17134 D, 17145 B Höcherl CDU/CSU . . . . . . . . . 17141 B Frau Dr. Glotz-Martiny SPD 17145 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 7/5042, 7/5085 — in Verbindung mit Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 7/5043 — Müller (Nordenham) SPD 17148 A Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU . 17150 C Ollesch FDP 17153 A Dr. Jobst CDU/CSU 17157 D Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 17161 C, 17179 B Lemmrich CDU/CSU . . . . . . . . 17168 C Wrede SPD 17170 B Dr. Dollinger CDU/CSU . . . . . . . 17172 C Wuttke SPD 17174 C Hoffie FDP 17176 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 7/5044 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 7/5055 — 17180 A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 7/5051 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann, Hoffie, Dr. Graf Lambsdorff, Frau Schuchardt, Kern, Wolfram (Recklinghausen), Flämig, Dr. Jens, Kaffka, Dr. Lohmar, Reuschenbach, Scheu, Schwedler, Stahl (Kempen) und der Fraktionen der SPD, FDP betr. rationelle und sparsame Energieverwendung und zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksachen 7/4600, 7/4607, 7/4948 — . . 17181 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 7/5052 — 17181 D Nächste Sitzung 17182 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17183* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 17033 242. Sitzung Bonn, den 13. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 240. Sitzung, Seite 16922 C, Zeile 24, ist statt „einer Gegenstimme" zu lesen: „zwei Gegenstimmen" ; 241. Sitzung, Seite 17026 C, Zeile 2, ist statt „3,3 Millionen DM" zu lesen: „3,3 Millionen Bürger". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Frau von Bothmer ** 13. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Corterier * 14. 5. Dr. Enders ** 13. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14. 5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Krall * 14. 5. von Kühlmann-Stumm 14. 5. Lange * 14.5. Lautenschlager * 14. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 14. 5. Lenzer ** 13. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Müller (München) ** 13. 5. Müller (Remscheid) 13. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Rosenthal 14. 5. Roser 21.5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14. 5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Suck * 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Wende 21.5. von Wrangel 13. 5. Zeyer 14. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Andreas von Bülow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Aber gern, bitte sehr.


Rede von Dr. Philipp von Bismarck
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege von Bülow, haben Sie dabei vergessen, daß Sie 600 000 Gastarbeiter in die Arbeitslosigkeit entlassen haben?

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    Rede von Dr. Andreas von Bülow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Dies ist sicher richtig. Das ist aber in anderen Ländern — z. B. in Frankreich — genauso der Fall und muß dort genauso in die Rechnung eingestellt werden wie bei uns.
    Man sollte bei dieser Gelegenheit auch nicht verschweigen, daß die Bundesrepublik ein Land ist, das stärker als andere Partnerländer um sie herum die Fahne der Marktwirtschaft auch in Krisenzeiten hochgehalten hat. Es hat eben keine Milliardenspritze für die Automobilindustrie unseres Landes gegeben, als sie in Schwierigkeiten kam. Die Strukturanpassung der Industrie ist in der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu den Partnern, mit denen wir Handel treiben, energischer vonangetrieben worden, so daß von daher auch für die Zukunft gute Chancen bestehen, im internationalen Konkurrenzkampf bestehen zu können.
    Meine Damen und Herren, Bundeskanzler Helmut Schmidt hat persönlich einen entscheidenden Einfluß darauf genommen, daß sich nahezu alle Industriestaaten der westlichen Welt zu einer aufeinander abgestimmten Konjunkturankurbelung verstanden haben. Die Konjunkturbelebungsmaßnahmen, die allein in der Bundesrepublik Deutschland einen Umfang von ungefähr 35 Milliarden DM zusätzlicher staatlicher Anreize hatten, haben zweifellos einen wesentlichen Anteil an der Wiederbelebung der Konjunktur. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß Sie noch vor wenigen Wochen auf die sogenannten Winterhilfsprogramme dieser Bundesregierung hingewiesen haben. Ich möchte Sie weiterhin darauf verweisen, daß nahezu alle Sachverständigen — bis hin zur Bundesbank — anerkennen, daß diese Konjunkturankurbelungsprogramme einschließlich der damit verbundenen hohen staatlichen Defizite dazu geführt haben, daß sich die Bundesrepublik auf dem Pfad der Besserung bewegt. Nach Monaten der Bedrückung können wir wieder einigermaßen optimistisch in die Zukunft sehen.
    Daß diese Krise gerade von der Bundesrepublik so gut überstanden worden ist, hängt mit vielen Faktoren zusammen. Dazu gehören — wie sollte es anders sein? — zunächst einmal eine gute Regie-



    Dr. von Bülow
    rung, ein Regierungschef, der in den Problemen der Wirtschaftswelt, aber auch der internationalen wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen zu Hause ist. Die Bundesrepublik Deutschland verfügt in Bundeskanzler Helmut Schmidt über diesen gerade in Zeiten der Not unentbehrlichen Fachmann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Selbstbeweihräucherung!)

    Zum Überstehen einer derartigen Krise gehört verantwortungsbewußtes Handeln aller am wirtschaftlichen Leben beteiligten Gruppen. Auch dies ist in einem bemerkenswerten Maße zu verzeichnen. Trotz des Fehlens eines der letzten Tarifabschlüsse in der Tarifrunde 1976 muß den Gewerkschaften ein hohes Maß an Verantwortungsbewußtsein bescheinigt werden. Wir gehen davon aus, daß dies auch bei den noch ausstehenden Tarifabschlüssen zum Tragen kommen wird, und können nur dringend hoffen, daß in dem Bereich, der durch einseitige Entscheidungen der Unternehmen geregelt wird, nämlich im Bereich der Preise, ein ähnlich hohes Maß an Verantwortung im Laufe des Jahres festzustellen sein wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wichtigster Faktor beim Überstehen derartiger Wirtschaftskrisen ist die Dichte des sozialen Netzes. Dieses soziale Netz, das den einzelnen gegen die Folgen von Konjunktureinbrüchen schützt, ist seit 1969 enger geknüpft worden. Ich erinnere an die Höhe des Arbeitslosengeldes, die Erhöhung der Zahlungen für Kurzarbeiter, die Sicherung des Lohnes gegen Konkursausfall, die Unverfallbarkeit der Betriebsrenten, die Dynamisierung der Kriegsopferrenten, die Einbeziehung der Landwirtschaft in das ganze Sozialsystem dieses Staates, den besseren Mieterschutz und anderes mehr. Auf all dies ist im Verlauf der Debatte bereits eingegangen worden.
    Aber nehmen Sie nur ein weiteres Beispiel: die Vermögensbildung. Während 1969 noch das 312-DMGesetz galt, lag die Zahl der Arbeitnehmer, die Geld nach diesem Gesetz sparten, bei 5,7 Millionen. 1974 waren es bereits 16,3 Millionen Menschen bzw. 80 °/o aller Arbeitnehmer in der Bundesrepublik. Sie erhalten zur Zeit Leistungen nach dem heutigen 624-DM-Gesetz. Das heißt, seit 1970 ist geradezu ein Durchbruch mit dieser Form der Vermögensbildung geschaffen worden. Auch dies bedeutet mehr Sicherheit für die Menschen in der Bundesrepublik.
    Diese Sicherheit sollte man nicht mit dem Stichwort der Gratifikation abtun. Gratifikation ist ein Almosen und kann zurückgenommen werden. Für uns ist wesentlich, daß dieser Staat zu diesen Leistungen steht und sie aufrechterhält.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Für wen ist es das nicht?!)

    — Bitte, dann müßte das Wort von der Gratifikation zurückgenommen werden, wenn diese Ihre
    Meinung die gemeinsame Meinung aller Parteien in diesem Hause ist. Das wäre wünschenswert. Aber dann müßte das Wort der Gratifikation im sozialen Bereich zurückgenommen werden. Davon habe ich bisher nichts gehört.
    Meine Damen und Herren, die Opposition sieht in dieser Haushaltsdebatte die Möglichkeit einer letzten großen parlamentarischen Generalabrechnung. Wenn die Opposition behauptet, wie sie es in den beiden vergangenen Tagen getan hat, die Freiheit sei in den letzten sieben Jahren, seit Bestehen der sozialliberalen Koalition, entscheidend beeinträchtigt worden,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

    so möge sie in dieser Haushaltsdebatte bitte den Beweis antreten. Es hat keinen einzigen Beweis gegeben. Es hat kein einziges Feld gegeben, auf dem sie angetreten wäre, um zu behaupten, daß Freiheit von dieser Regierung in irgendeiner Form eingeschnitten worden wäre.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn Sie die Jusos nicht hätten, würden Sie ganzen Debattenrunden nicht bestreiten können. Sie haben den Beweis für den Einschnitt der Freiheit nicht angetreten.
    Alle Maßnahmen, die ich vorhin aufgeführt habe, dienten der Sicherheit des einzelnen gegen die Wechselfälle des Lebens und damit seiner Freiheit von wirtschaftlicher Not. Schritt für Schritt wurde diese Freiheit des Bürgers ausgebaut. Sie hätten Gelegenheit, in dieser Generalabrechnung zu sagen, wo Ihnen diese Politik zu weit gegangen ist und wo Sie die angebliche Unfreiheit zu beseitigen gedenken. Bis zum heutigen Tag haben Sie kein Feld gefunden, wo Sie diesen Beweis hätten antreten können.
    Bevor ich auf die eigentlichen Finanzfragen zu sprechen komme, möchte ich noch einige wenige Punkte der Leistungsbilanz dieser Bundesregierung hervorkehren. Ich meine, es verdient Erwähnung, daß in diesem Land z. B. von 1969 bis zum heutigen Tag mehr als 2 300 km Autobahn erstellt worden sind. Wenn Sie ab 1967 rechnen, so dürften es 3 000 km sein. Zum Vergleich: In der Zeit von 1950 bis 1966 waren es — allerdings in einer anderen wirtschaftlichen Situation — 1 400 gegenüber diesen 3 000 km.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist eine gemeinsame Leistung von Bund und Ländern!)

    — Da würde ich vorsichtig sein; denn der Bund finanziert das Autobahnnetz. Wenn er sagt, daß er dafür kein Geld ausgibt, dann entsteht eben kein Kilometer Autobahn.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Mertes, natürlich wird die Autobahn von den Autobahnämtern der Länder geplant. Aber das Geld kommt vom Bund; er hat es zur Verfügung gestellt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das Geld kommt vom ganzen Volk!)




    Dr. von Bülow
    — Diese Republik hat dieses Geld - natürlich vom
    Steuerzahler — zur Verfügung gestellt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Vom ganzen Volk, nicht von der Bundesregierung!)

    — Das bestreitet niemand. Die Frage ist nur, worauf Prioritäten gesetzt werden.
    Man sollte sich in Erinnerung rufen, daß U-Bahn-und S-Bahn-Netze entstanden sind. Als Beispiel erinnere ich nur an das vorzügliche Netz des öffentlichen Personennahverkehrs in München, das mit Milliardengeldern des Bundes ausgebaut worden ist, auch des Landes Bayern.
    Seit Inkrafttreten des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ist die Zahl der Krankenbetten wesentlich erweitert, vor allem aber sind sie erneuert worden.
    Wir haben in den vergangenen Jahren seit Inkrafttreten der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau jährlich etwa drei Universitäten mit Bundes- und Ländermitteln fertigstellen können.
    In der regionalen Wirtschaftsförderung sind Hunderttausende neuer Arbeitsplätze entstanden und vorhandene abgesichert worden.
    Berlin — auch das müßte in dieser Debatte einmal angeschnitten werden — hat eine uneingeschränkte und, wie ich meine, großzügige Förderung durch den Bund erfahren.
    Das Zonenrandgebiet ist in erheblichem Umfang mit Infrastrukturmaßnahmen in seiner Lebensqualitat verbessert worden.
    Die innere Sicherheit ist durch den Ausbau des Bundeskriminalamtes entscheidend vorangebracht worden.
    Die äußere Sicherheit ist, wenigstens was die Bundesrepublik angeht, nicht vernachlässigt worden. Im Gegenteil, sie stand im Mittelpunkt auch der Politik dieser Bundesregierung.
    Noch nie hat es in Deutschland, insgesamt gesehen, eine so gute Infrastruktur an öffentlichen Leistungen und Einrichtungen gegeben.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Nun behauptet die Opposition in einem vielfältigen Chor, die Bundesrepublik habe sich mit ihrem Sozialsystem übernommen. Dies ist sicher nicht der Fall. Allerdings ist auf der anderen Seite auch gar nicht zu bezweifeln, daß wir vor Problemen stehen. Die zweijährige Weltwirtschaftskrise mit einer Stagnation, teilweise sogar Schrumpfung des Bruttosozialprodukts hat unmittelbare Folgen für das Finanzsystem, aber auch das Sozialsystem. In einer Wirtschaftskrise gehen die Steuereinnahmen zurück, der Umsatz sinkt, Überstunden fallen weg, es steigen die Ausgaben, weil z. B. die Rücklagen der Bundesanstalt für Arbeit für derartige Einbrüche in der Beschäftigung nicht voll ausreichen. Dies allein hat im vergangenen Jahr für den Bund Ausgaben in Höhe von 7,3 Milliarden DM notwendig gemacht. Hier sind auch die Konjunkturprogramme zu erwähnen, soweit sie nicht durch die Rücklagen bei der Bundesbank finanziert wurden. Wenn Sie immer von der
    Finanzkrise sprechen, die diese Regierung verursacht habe, dann muß ich in Erinnerung rufen, daß wir bis zum Jahre 1973 Einnahmen auf die hohe Kante bei der Bundesbank gelegt haben, aus denen dann in den folgenden Jahren die Konjunkturprogramme finanziert werden können. Aber natürlich müssen die Investitionszulagen, die in den Jahren 1976 und 1977 anfallen, finanziert werden.
    Nicht zu vergessen bei dieser Gesamtsituation ist die Steuerreform, die mit 10 Milliarden DM beim Bund Steuerausfall bzw. Mehrausgaben über das Kindergeld verursacht hat. Sie hat insgesamt eine Belastung der öffentlichen Finanzen in Höhe von 15 Milliarden DM bewirkt.
    Nun behauptet die Opposition landauf, landab, es sei die sozialdemokratische Finanzpolitik, die zu einer derart hohen Kreditaufnahme im Jahre 1975/76 geführt habe. Da aber die Weltwirtschaftskrise der vergangenen zwei Jahre alle Länder betroffen hat, lohnt es sich, dort Umschau zu halten. Schauen Sie sich z. B. die Vereinigten Staaten von Nordamerika an! Dort erreicht das Haushaltsdefizit des Haushaltsjahres 1976/77 eine Größenordnung von 200 Milliarden DM. In Holland und Frankreich ebenso wie in Großbritannien liegen die Verhältnisse um keinen Deut anders. Meine Damen und Herren von der Opposition, es gibt ja einen weiteren Partner in der Runde der Staaten, die sich mit den Folgen der Rezession herumzuschlagen haben: selbst der Vatikanstaat steht vor den Schwierigkeiten, die Rezession überwinden zu müssen.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Warum auch nicht?)

    — Sehen Sie, diese Gelassenheit „Warum auch nicht?" hätte ich mir in der Debatte über die öffentlichen Finanzen gewünscht.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Unsinn!)


    (Vorsitz : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

    Denn dann wäre ja völlig klar, daß wir gemeinsam mit der ganzen westlichen Staatenwelt vor dieser Aufgabe einer Konsolidierung der Staatsfinanzen nach überwundener Krise stehen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das haben wir nie geleugnet!)

    — Haben Sie nie geleugnet? Gut, dann bin ich gespannt auf das, was Ihre Sprecher heute noch sagen werden.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wir sprechen ja über hausgemachte Sachen!)

    Die Regierung Schmidt hat mit großem Mut, wie ich meine, und Verantwortungsbewußtsein Kredite gerade in dieser Krise aufgenommen, um die Krise durchstehen zu können und Hunderttausende von Menschen in Lohn und Arbeit zu halten. Es blieb der Opposition vorbehalten, diese Konjunkturprogramme als Winterhilfswerke lächerlich zu machen. Heute wissen wir, daß sie wirken, und die Deutsche Bundesbank bestätigt dies in ihren letzten Berichten.



    Dr. von Bülow
    Nach durchgestandener Krise stellt sich nun der Finanzpolitik der folgenden Jahre die Aufgabe, die Auswirkungen dieser Krise auf das Einnahmesystem unseres Staates bruchlos zu überwinden und die Kreditaufnahme wieder auf eine angemessene Größenordnung zurückzuführen. Dies bedeutet für die nächsten Jahre — darüber darf überhaupt kein Zweifel herrschen — sparsamste Haushaltsführung. Die Bundesregierung selbst hat bereits entscheidende Schritte getan, um dieses Ziel zu erreichen, dieses Ziel, das für 1979 oder in den folgenden Jahren darin besteht, die Kreditaufnahme unter die Grenze des von Art. 115 GG gesetzten Limits zu drücken.
    Drei Maßnahmen sind es gewesen, die von der Bundesregierung beschlossen und zum großen Teil auch durchgesetzt worden sind.
    Sie hat zunächst eine drastische Kürzung in der mittelfristigen Finanzplanung vorgenommen, die 1976 zu Einsparungen von 5,1 Milliarden, 1977 zu Einsparungen von 6,6 Milliarden und 1978 von 11,4 Milliarden DM führen werden. Für die Bürger heißt das, daß viele Staatsleistungen nicht in dem an sich wünschenswerten Umfang werden steigen können. Das muß dem Bürger klar vor Augen gehalten werden.
    Die Bundesregierung hat das Haushaltsstrukturgesetz vorgelegt, das vom Bundestag bereits verabschiedet worden ist. Auch das wird zu weiteren Einsparungen in der Größenordnung von 8 Milliarden DM 1976, 12,2 Milliarden DM 1977 und 11,5 Milliarden DM 1978 führen. Damit werden die Ausgabenzuwächse des Staates in den nächsten Jahren weit unter denen des Wachstums des nominalen Bruttosozialprodukts liegen. Es sind dies Jahre der Konsolidierung, die es nicht möglich machen, große Ausgabensteigerungen durchzusetzen.
    Hinzu kommt, daß der Haushaltsausschuß im Laufe der Beratungen noch weitere Maßnahmen in bezug auf den vorliegenden Haushalt 1976 vorgenommen hat. Die Kreditaufnahme konnte von den ursprünglich vorgesehenen 38 Milliarden DM auf 32,8 Milliarden DM zurückgenommen werden. Das war auf Grund von Steuermehreinnahmen von 1,4 Milliarden DM und Ausgabekürzungen von 4 Milliarden DM möglich. Ich bin dankbar, daß ein so wesentlicher Beitrag zur Herabsetzung der Nettokreditaufnahme gelungen ist, muß jedoch darauf hinweisen, daß das nur durch Herabsetzung von Schätzansätzen, etwa bei der Bundesanstalt für Arbeit, und Heraufsetzung einer globalen Minderausgabe möglich war.
    All das zusammen genommen reicht jedoch nicht aus. Hinzu kommen muß eine maßvolle Anhebung der Tabak- und Branntweinsteuer sowie der Mehrwertsteuer. Wir können die strukturelle Finanzierungslücke von etwa 10 Milliarden DM nicht in die nächsten Jahre fortschleppen; keine Regierung wird das tun können, es sei denn, sie verstößt gegen Art. 115 des Grundgesetzes.
    Wir müssen auch sehen, daß gesamtwirtschaftlich eine Deckung des Finanzierungsbedarfs über Kredite der öffentlichen Hand am Kapitalmarkt unter Berücksichtigung dessen, was von den Privaten und von der Industrie auf uns zukommt, nicht möglich sein wird. Auch finanzwirtschaftlich ist es völlig klar, daß Kreditaufnahmen in der Größenordnung von 30 Milliarden DM in den nächsten Jahren nicht fortgeführt werden können, weil nach einer derartigen Kreditaufnahme selbstverständlich jedes Jahr Zins und Tilgung in der Größenordnung von etwa 10 bis 11 % zu Buche schlagen, und Zuwächse bei den Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 3 Milliarden DM jährlich können wir uns nicht leisten.
    Es ist auch darauf hinzuweisen, daß diese Steuererhöhungen ein Beitrag zur Sanierung der Länderhaushalte sein werden. Dort ist ja dieselbe Situation anzutreffen.
    Es kann nicht verschwiegen werden, daß diese Steuererhöhung die breite Masse der Bevölkerung trifft; gar kein Zweifel. Das kann aber auch nicht anders sein. Wenn Finanzierungsdefizite von derartigen Größenordnungen gedeckt werden müssen, kann man das nicht über die Erhöhung irgendwelcher Spitzensteuersätze erreichen. Wenn man das auf einzelne Privathaushalte umrechnet, so bedeutet diese Steuererhöhung, die zur Debatte steht, für einen Zwei-Personen-Rentnerhaushalt, daß zusätzlich 0,97 °/o seines verfügbaren Einkommens als Steuer abgezogen werden; bei einem Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalt wird es ungefähr 1 % ausmachen. Das ist bitter, aber wir glauben, das dem Bürger zumuten zu müssen.
    Zu dieser von der Bundesregierung eingeleiteten Politik der Konsolidierung der Staatsfinanzen gibt es keine Alternative. Eine Alternative ergäbe sich nur dann, wenn man bereit und willens wäre, wesentliche Leistungen der sozialen Absicherung rückgängig zu machen, d. h., man müßte in der Größenordnung von etwa 10 Milliarden DM Einsparungen vornehmen, etwa bei den Zuschüssen zur Rentenversicherung, oder man müßte die Einbeziehung der Landwirtschaft in das Sozialsystem rückgängig machen wollen, obwohl das allein überhaupt nicht ausreichen könnte, oder man müßte die Kriegsopferversorgung wieder entdynamisieren. Die sozialliberale Koalition will das gerade nicht. Sie sagt den Bürgern dann aber auch noch vor der Wahl klipp und klar, daß Leistungen ihren Preis haben und auch entsprechend finanziert werden müssen.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie lehnen es bis zur Stunde ab, Ihre Konzeption zu enthüllen. Dabei waren Ihre Ankündigungen so vielversprechend. Damals, als die Regierung das Haushaltsstrukturgesetz einbrachte, haben Sie mannhafte Erklärungen abgegeben.
    Herr Katzer hat z. B. angekündigt, daß die Union bei den bevorstehenden Beratungen über Sparmaßnahmen — das war noch beim Haushaltsstrukturgesetz zur Gesundung der öffentlichen Finanzen — selbst ein konkretes Sparprogramm in Milliardenhöhe vorlegen werde. Daß sie dabei vor unpopulären Maßnahmen nicht zurückschrecke, zeige die Streichung der von ihr selbst vorgeschlagenen Einführung eines Erziehungsgeldes in Höhe von 1,5 Milliarden DM sowie von Zuschüssen für die Land-



    Dr. von Bülow
    wirtschaft. Wir haben gestern erlebt, daß genau das Gegenteil der Fall ist. Herr Müller-Hermann ist am 22. Oktober 1975 auch noch auf dieser optimistischen Welle geritten, indem er hoffte, die Opposition werde sich zu einem konkreten Alternativprogramm durchringen können. Er hat verkündet:
    Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion geht davon aus, daß die Sicherung der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, die Bewältigung des Problems der strukturellen Haushaltsdefizite maßvolle Tarifabschlüsse sowie steuerliche Investitionsanreize für ein umfassendes Wachstumskonzept unerläßlich ist. Insofern ist das von der Fraktion verabschiedete Steuerprogramm der Bestandteil eines größeren Gesamtkonzeptes. Im Zuge der Haushaltsberatungen wird die CDU/CSU-Bundestagsfraktion deutlich machen, wie ein solches Gesamtkonzept haushaltspolitisch abgesichert werden kann.
    Wir haben bis heute noch nicht gehört, wie die Steuererhöhungen, die Ausgabenwünsche, die Verweigerung der Einsparungen, die dringend geboten sind, und die Mehrbelastungen zu einem Gesamtkonzept zusammengefügt werden können. Nach einer Meldung des „Kölner Stadt-Anzeigers" haben Herr Müller-Hermann, Herr Häfele und Herr Althammer ebenfalls Sparvorschläge in der Größenordnung von 6 bis 7 Milliarden DM angekündigt.
    Dabei wollen Sie doch gleichzeitig den Verteidigungsetat erhöhen; so jedenfalls der „Schattenverteidigungsminister" Wörner in seinem ersten Auftritt vor der Presse. Sie haben den Antrag gestellt, den Landwirtschaftsetat zu erhöhen. Sie versprechen Steuerermäßigungen in der Größenordnung von insgesamt 32 Milliarden DM, davon allein über 7 Milliarden DM auf Grund der Fraktionsbeschlüsse vom Oktober 1975. Sie geben aber überhaupt keinen Hinweis darauf, in welcher Größenordnung Sie Kredite in diesem und in kommenden Jahren für vertretbar halten. Es gibt keine Äußerung dazu, was von Ihnen eigentlich als Ziel angesteuert wird. Alles bleibt im Nebel.
    Dies alles, obwohl Sie aus der Beteiligung an Regierungen in den Ländern, etwa im Saarland oder in Bayern oder in Niedersachsen, genau wissen, wie es um die Finanzen dieser Länder steht. Wenn man sich anschaut, vor welcher Situation etwa der Finanzminister in Niedersachsen oder der im Saarland steht, kann man sich genau ausrechnen, wann er spätestens umfallen wird. Das wird nach dem 3. Oktober der Fall sein.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich gehe davon aus: wie auch immer die künftige Regierung zusammengesetzt sein wird, sie wird im Januar des nächsten .Jahres ein entsprechendes Programm zur Steuererhöhung vorlegen. Viele von Ihnen, die etwas Nachdenklicheren, haben sich bei dieser Sachlage ein Schlupfloch offengehalten. Sie haben wie damals bei den Ostverträgen gesagt: „Jetzt nicht", oder: „So nicht". Aber wir werden ja sehen, wie sich die Länderfinanzminister verhalten werden, wenn im Dezember dieses Jahres oder im
    Januar des nächsten Jahres entsprechende Maßnahmen anstehen.

    (Eilers [Wilhelmshaven] [CDU/CSU] : Was hat Herr Apel alles versprochen!)

    Die Koalition jedenfalls sagt ihren Wählern, was auf sie wartet. Die Opposition will dies erst nach der Bundestagswahl tun. Wir halten dies für einen unredlichen Umgang mit dem Wähler.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, es gibt auch keine Hoffnung auf Wunderwaffen. Auch das Argument mit den anziehenden Steuereinnahmen auf Grund einer wiedererwachenden Konjunktur, das Bild der wieder sprudelnden Quellen, zieht nicht. Die Bundesregierung hat für dieses und das nächste Jahr ein mittelfristiges Wachstum des nominalen Bruttosozialprodukts von 9,5 bis 10 °/o eingeplant und ihrer Einnahmeschätzung zugrunde gelegt. Erinnern Sie sich: noch vor wenigen Wochen haben Sie das für völlig unrealistisch gehalten, für weit überhöht erachtet. Dies alles ist Geschichte. Sie können immer nur darauf spekulieren, daß Vergessen beim Wähler einzieht. Selbst wenn das Jahr 1976 ein nominales Wachstum von über 10 °/o brächte, so würde dies erstens nicht zu entscheidenden Steuermehreinnahmen führen, um die Deckungslücke von 10 Milliarden DM zu schließen, und zweitens würde dies ein vorgezogenes Wachstum sein, das durch ein Abflachen der Kurve in den Jahren 1977/78 einen Ausgleich finden müßte.
    Meine Damen und Herren, die Opposition, vor allen Dingen gestern Herr Dregger, malt das Schreckgebilde eines Staatsmolochs, der alle freien Aktivitäten und letzten Reserven auffrißt, an die Wand, und das sei von dieser Koalition zu verantworten. Es wird darauf hingewiesen — so ist die listige und demagogische Argumentation von Herrn Dregger , daß die Gebietskörperschaften — wohlgemerkt: nicht der Bund — ihr Personal in den letzten Jahren unglaublich vermehrt hätten und daß dies letztlich zu einer völligen Unbeweglichkeit des Staates ohne jeden finanziellen Spielraum führen werde. Auch dieser Staatsmoloch ist nichts anderes als ein Propagandainstrument in der Hand der Opposition.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das behaupten Sie!)

    Ich möchte die Bürger einmal einladen, einen Besuch auf Polizeistationen zu machen, bei Einrichtungen der Bundespost, in die Landratsämter hineinzuschauen, in die Finanzämter hineinzuschauen und sich zu fragen, ob ihnen da ein Staatsmoloch entgegentritt, ob da Größenordnungen von 30, 40 oder 50 °/o mehr Personal entgegentreten und die Freiheit des Bürgers am Ersticken ist.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sie karikieren ja Herrn Dregger!)

    Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall. Der Bund hat in den letzten Jahren eine außerordentlich sparsame Personalpolitik getrieben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wie bitte? Können Sie das wiederholen?)




    Dr. von Bülow
    — Er hat eine außerordentlich sparsame Personalpolitik getrieben,

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU)

    ganz im Gegensatz etwa zum Land Rheinland-Pfalz, wo die Staatskanzlei zu einer der entscheidenden Parteizentralen in diesem Lande gemacht wurde.

    (Lachen bei der CDU/CSU Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Herr Kollege: „Wer im Glashaus sitzt ..." !)

    Wir haben in den Jahren 1969 bis 1976 zwar in einigen Bereichen mehr Personal im Haushalt ausgebracht, und, Herr Dregger, gerade in dem gestern von Ihnen bearbeiteten Etat der inneren Sicherheit ist dies zu 100 °/o mit der Zustimmung der Opposition geschehen. Wir haben etwa das Bundeskriminalamt personell aufgestockt. Eine Rückfrage bei Herrn Riedl, dem zuständigen Berichterstatter Ihrer Fraktion im Haushaltsausschuß, der das weiß, hätte dazu geführt, daß er Ihnen gesagt hätte: Jawohl, die 1300 Stellen des Bundeskriminalamtes haben wir mitbeschlossen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Was wollen Sie damit sagen?)

    — Damit will ich sagen, daß Sie sich beteiligt haben an der Schaffung dieses „Staatsmolochs", wenn Sie es überhaupt so nennen wollen, an der Ausweitung an den Stellen, wo wir sie für sinnvoll und richtig gehalten haben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Ich wußte gar nicht, daß Sie Karikaturist sind!)

    - Ich bin aber mit einem verwandt.
    Das beim Bund beschäftigte Personal wird 1976 in etwa dem Personalstand des Jahres 1972 entsprechen und wird deshalb, auf die Jahre 1969 bis 1976 bezogen, um insgesamt 5 % gestiegen sein, und dies trotz einer Arbeitszeitverkürzung, die in vielen Länderhaushalten und vielen Gemeindehaushalten zu einer Ausweitung des Personalkörpers geführt hat. Trotz der geringfügigen Steigerung sind wichtige Aufgabenbereiche gleichzeitig verstärkt und ausgebaut worden. Ich sagte schon, das Bundeskriminalamt mit 1 300 Beschäftigten ist zur entscheidenden zentralen Kriminalitätsbekämpfungsorganisation der Bundesrepublik gemacht worden. Es ist nicht so, daß da nur ein bißchen Geld und ein bißchen Personal bewilligt worden wäre, sondern die Erfolge gerade in der Terrorbekämpfung, in der Kriminalitätsbekämpfung der letzten Monate und Jahre sind entscheidend auf dieses Koordinierungsinstrument Bundeskriminalamt und die personelle Verstärkung dieses Amtes zurückzuführen. Der Bundesgrenzschutz, einer der ganz dicken Brocken insgesamt ist das Bundespersonal um 8 000 Mann verstärkt worden —, ist um 2 300 Mann verstärkt worden, auch dies mit Zustimmung der Opposition. Für das Umweltbundesamt wurden 360 Beamte, Angestellte und Arbeiter bewilligt. Das heißt, der Bund hat bei neuen Aufgaben Personal zur Verfügung gestellt, er hat bei den alten traditionellen Aufgaben mit einer erheblichen Stelleneinsparung geantwortet. Allein in diesem und im kommenden Jahr werden
    2 500 Stellen, deren Amtsinhaber ausscheiden, nicht neu besetzt werden.
    Sie wollen uns mit dem Hinweis auf die Länder und Gemeinden schlagen und verschweigen die Situation beim Bund. Die entscheidende Ausweitung des Personals der sogenannten Gebietskörperschaften ist vor allem bei den Ländern zu verzeichnen gewesen, und zwar nicht — wie Herr Dregger meinte — in Bereichen, in denen die Bundesregierung und dieser Gesetzgeber durch eine zu komplizierte Gesetzgebung etwa mehr Beamte notwendig gemacht hätten. Sie ist vielmehr schlicht und einfach allein zu zwei Dritteln im Bildungsbereich geschehen. Da sind mehr Lehrer und mehr Hochschullehrer eingestellt worden. Zum Teil ist auch die Polizei verstärkt und das Personal für den Umweltschutz vermehrt worden. In den ganzen traditionellen Bereichen der Verwaltung, von denen nach Ihrer Ansicht der Bürger ständig sekkiert und geärgert wird, ist überhaupt keine Verstärkung durchgeführt worden. Angesichts dieser Schwerpunkte — Lehrer, Umweltschutz, Polizei — führt sich das Argument vom Moloch Staat selber ad absurdum. Das ist und bleibt ein billiges Propagandainstrument.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ein weiterer Vorwurf, der hier gestern eine große Rolle gespielt hat, gilt der sogenannten Ausweitung des Staatsanteils. 1970, so wird gesagt, habe der Staatsanteil an der ganzen Wertschöpfung der Wirtschaft 37,3 °/o betragen; 1976 werde er bei 47 % — einige sprechen von 48 %, andere von 49 °/o —liegen. Auch die Diskussion über den Staatsanteil eignet sich natürlich vorzüglich zur Propaganda.
    Dazu möchte ich Sie darauf hinweisen, daß der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium gerade davor warnt, die Staatsquote als Argument für oder gegen irgendeine Aktivität einzusetzen. Zunächst einmal unterliegt die Staatsquote konjunkturellen Schwankungen. Es ist doch völlig klar, daß in Zeiten einer Krise, wo die Konjunktur und die Staatseinnahmen nach unten gehen und das Wirtschaftswachstum gegen Null strebt oder sogar negativ wird, die durchgehaltene staatliche Aktivität prozentual einen höheren Umfang haben muß als in Zeiten der Hochkonjunktur. Das heißt: In Zeiten einer Krise steigt der sogenannte Staatsanteil; in Zeiten einer Hochkonjunktur fällt er. Wir sind fest davon überzeugt, daß man eine Krise nicht bewältigen kann, wenn man den Staatsanteil in der Krise nicht durchhält oder ihn nicht sogar prozentual verstärkt, und daß es deshalb richtig war, Kredite aufzunehmen, um diesen Staatsanteil voll durchzuhalten.

    (von Bockelberg den Konsum zu schieben?!)

    Der Staatsanteil wird mit sich verstärkender Konjunktur wieder von dieser Höhe herunterkommen. — Konsum bedeutet auch Aufträge, verehrter Herr Kollege. Die Wirtschaft ginge schrecklichen Zeiten entgegen, wenn etwa keine Arbeitslosengelder ausgezahlt würden und diese Gelder nicht in den Wirtschaftskreislauf flössen. Dann läge die ganze Kon-



    Dr. von Bülow
    sumgüterbranche darnieder. Das würde die Krise enorm verstärken.
    Wenn man vom Staatsanteil redet, muß man auf der einen Seite die Steuern, die eigentlichen Abgaben, die der Bürger an den Staat leistet, und auf der anderen Seite die sogenannten Sozialabgaben sehen. Der eigentliche Anteil, den der Staat zur Finanzierung seiner Aufgaben bekommt, beträgt im Jahr 1976 rund 23 %. Er liegt damit — darauf hat der Bundeskanzler gestern zu Recht hingewiesen exakt bei der Steuerquote des Jahres 1952. Das heißt: Was dem Bürger für die eigentliche Staatstätigkeit abgenommen wird, liegt, prozentual auf das Einkommen des Volkes bezogen, genau auf demselben Niveau wie im Jahr 1952.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und das Haushaltsdefizit?)

    Hier hat sich also keine wesentliche Veränderung abgespielt. Im Gegenteil, durch die Steuerreform haben wir eine Verminderung des Abgabenanteils von 24 0/o im Jahr 1969, als die sozialliberale Koalition die Regierung übernahm, auf 23 % im Jahre 1976 erreicht.
    Schließlich muß man auch sehen, was mit diesem eigentlichen Staatsanteil geschieht. Wenn von den Steuereinnahmen des Bundes in Höhe von rund 125 Milliarden DM pro Jahr zum Beispiel 22 Milliarden DM wie in diesem Jahr an die Rentenversicherung gezahlt werden — im Jahr 1979 werden es etwa 30 Milliarden DM sein , damit diese Rentenversicherung den sogenannten Rentnerberg bewältigen kann, dann fließen 22 Milliarden DM des Bundes in Rentnerhaushalte hinein. Das heißt, bei dem einzelnen Rentner, der sich auf dem Markt ein Pfund Tomaten kauft, der Benzin an der Tankstelle tankt, um eine Besuchsfahrt zu seinen Enkeln zu machen, der seine Miete zahlt oder seine Ferienreise bucht, bei all dem sind Staatsgelder im Spiel.
    ln der Öffentlichkeit kann man mit den statistischen Zahlen, z. B. mit der Staatsquote, den Eindruck erwecken, als wären die Gelder, die dieser Rentner mit unser aller Billigung ausgibt, Ausgaben des Staates selbst. In Wirklichkeit sind es Transferleistungen, sind es Übertragungen von einkommensstärkeren Schichten an einkommensschwächere Schichten.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: z. B. Facharbeiter!)

    Das gleiche Spiel kann man natürlich mit der Kriegsopferversorgung machen.
    Der andere Teil der Staatsausgaben sind die sogenannten Sozialabgaben, die in der Tat beträchtlich gestiegen sind. Bei den Sozialabgaben ist es sicher nicht am Platze, irgendeiner Verharmlosung das Wort zu reden. Aber man sollte nicht verschweigen, daß die Leistungen gerade im sozialen Bereich in den letzten Jahren stark gestiegen sind. Sie müssen hier erst einmal antreten und sagen, wo Aufwendungen und Leistungen nicht im Gleichgewicht seien.
    Eine Begrenzung der Kosten muß sicherlich im Bereich der Krankenversorgung angestrebt werden. Rezepte, die von heute auf morgen wirken, gibt es nicht. Da ist das Thema der Krankenhauskosten anzusprechen, ist die Frage nach der Verweildauer zu stellen, stellt sich die Frage nach den Kosten für pharmazeutische Produkte. Darüber hinaus ist die Frage nach den Arzthonoraren und danach, wieweit hier eine natürliche Kostenbegrenzung einbezogen werden kann, anzusprechen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Die Fragen müssen nicht nur angesprochen werden, sie müssen gelöst werden!)

    — lhr verehrter Herr Geissler, Sozialminister des Landes Rheinland-Pfalz, hat ja nur das dramatische Gemälde dargelegt. Das dramatische Gemälde kann jeder von uns malen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sie regieren doch, Herr von Bülow!)

    Die Frage ist: Was geschieht? Was hat zu geschehen, ohne einen riesigen bürokratischen Aufwand aufzuziehen?

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Dazu hat Herr Geissler sehr viel und sehr Präzises gesagt! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/ CSU] : Das wollen wir von der Regierung wissen!)

    Sie wollen den Bürger nur verrückt machen, Sie wollen ihn ja nur verunsichern, damit er kein Vertrauen mehr in seine Zukunft hat. Das ist das Ziel, das Sie haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Dr. Jenninger [CDU/CSU])

    Wir sind gemeinsam aufgerufen, Konzeptionen vorzulegen, Alternativen vorzulegen. Ich sage nur, daß dies im Bereich der Gesundheitsvorsorge außerordentlich kompliziert und schwierig ist.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie regieren doch! Sie müssen doch die Antwort geben!)

    - Herr Haase, lassen Sie uns das vielleicht an anderer Stelle privat diskutieren, oder stellen Sie Zwischenfragen.
    Es ist auch die Frage der Spezialisierung in der Medizin zur Diskussion zu stellen, ebenso wie die Frage, wo der technische Fortschritt in der Medizin an eine wie auch immer geartete, meist als inhuman empfundene Grenze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stößt. Alle Parteien in diesem Parlament denken über Möglichkeiten einer Lösung nach. Es werden Einzelvorschläge angeboten; das umfassende Konzept fehlt. Es wird die Aufgabe der kommenden Jahre sein, hier Abhilfe zu schaffen. Ansätze dafür, Herr Haase, finden Sie bereits im Krankenhausfinanzierungsbericht. Dort ist eine Fülle von Einzeluntersuchungen in die Wege geleitet, die es uns ermöglichen werden, in den nächsten Jahren hier weitere Schritte zu unternehmen.
    Meine Damen und Herren, schließlich sollte man sich auch internationale Vergleiche gerade im sozialen Bereich anschauen. Es steht fest, daß die Bundesrepublik unter fast allen etwa auf gleichem Niveau stehenden Staaten mit Abstand die umfassendste Absicherung ihrer Bevölkerung gegen die



    Dr. von Bülow
    Wechselfälle des Lebens hat. Das heißt, es ist ein sehr hohes Leistungsniveau vorgegeben. Bei einem solchen Leistungsniveau müssen aber auch die entsprechenden Ausgaben hierfür bereitgestellt werden. Ich verkenne hierbei nicht, daß es Grenzen gibt. Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, daß es in den nächsten Jahren darum gehen muß, den bisherigen Stand der sozialen Leistungen zu halten. Gleichzeitig wird es keine wesentlichen Sprünge in der Erweiterung dieser sozialen Leistungen mehr geben.
    Ein weiteres Schlagwort, das in der Diskussion um die öffentlichen Finanzen eine große Rolle spielt, ist die Unterscheidung der Staatsausgaben in Investitionen und in sogenannten Konsum. Auch das hat ja gestern in der Debatte wieder eine große Rolle gespielt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wieso sagen Sie „sogenannten" Konsum?)

    Unter Investitionen versteht man die Errichtung von Gebäuden, den Bau von Straßen, den Bau von Hochschulen, die Errichtung von Klärwerken. Unter Konsum zählt man die Ausgaben für Personal, für Geschäftsbedarf, für die Erhaltung der Bausubstanz und dergleichen Dinge mehr.
    Was das Phänomen der sogenannten fallenden Investitionsausgaben angeht, so beklagen Sie hier Jahr für Jahr erneut, daß die Quote der Investitionsausgaben fällt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Mit Recht! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sie hat ja das Gegenteil versprochen!)

    Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß diese Quote bereits seit 1961 kontinuierlich Jahr für Jahr fällt. Das heißt, die Zusammensetzung der Staatsausgaben verschiebt sich seit 1961 Jahr um Jahr von den Investitionen in Richtung auf den sogenannten Konsum.

    (Leicht [CDU/CSU] : Das stimmt nicht ganz, von 1966 bis 1969 war es nicht so!)

    — Richtig. Es gab lediglich eine kurze Unterbrechung durch die Konjunkturprogramme; darüber besteht gar kein Zweifel. Aber das Phänomen dieser Umschichtung von den Investitionsausgaben in die, wie ich sagen würde, Folgelasten ist seit 1961 zu betrachten.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Aber in den letzten Jahren besonders rapide!)

    Nach der mittelfristigen Finanzplanung dieser Bundesregierung werden die Investitionen 1976 22,5 Milliarden DM betragen und 1979 bei 23 Milliarden DM liegen, d. h., sie werden in etwa den Stand von 1976 behalten.
    Nun gibt es einige kuriose Dinge bei der Begriffsbestimmung, was unter Investitionen fällt. Zum Beispiel zählen Investitionen im militärischen Bereich, die in diesem Jahr allein 12,1 Milliarden DM ausmachen, nicht zu den Investitionen im Sinne der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Wir können also Kasernen für die Bundeswehr bauen, sie werden auf der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung als Konsumausgaben gebucht. Geben wir Geld für die gleichen Kasernen im Bereich der Bereitschaftspolizei oder des Bundesgrenzschutzes aus, so sind es Investitionen.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Das war immer so!)

    Das heißt, ein großer Teil der im Bundeshaushalt ausgewiesenen Investitionen werden nicht als solche gezählt. Herr Häfele, da die Verteidigungsausgaben neben der sozialen Absicherung eine der wesentlichen Ausgaben und Aufgaben des Bundes ausmachen, ist es bei der Beurteilung des Haushalts des Bundes natürlich von entscheidender Bedeutung, daß dieser Anteil an den Investitionen überhaupt nicht zählt.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU] : Das war aber immer so!)

    Aber von diesen Ungereimtheiten abgesehen sollte jeder, der sich intensiv mit den Dingen beschäftigt über eine meines Erachtens unumkehrbare Entwicklung nachdenken. Wir haben in den letzten 25 Jahren mehr als 12 Millionen Menschen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland angesiedelt, die dort nicht geboren waren. Für diese Menschen sind Wohnungen und Kindergärten erstellt, Schulen unc Universitäten errichtet worden. Außerdem wurde der Nachholbedarf auf weiten Teilen der Infrastruktur, der durch die beiden Weltkriege nicht ausreichend gedeckt worden ist, ausgeglichen. Das Ergebnis ist, daß wir in den letzten Jahren die Infrastruktur durch öffentliche Investitionen wesentlich verbessert haben, daß aber jetzt in vielen Gemeinden in zahlreichen Ländern und letztlich auch im Bund die Jahre der Folgelasten kommen werden.
    Wenn man ein neues Bundeskriminalamt baut — dies baut man nicht alle drei Jahre — und mit neuen Einrichtungen versieht, so zählt das zu den Investitionen. Wenn man dann aber die 1 300 Beamte anstellt, die dieses Bundeskriminalamt mit Leben erfüllen, zählt dies zum Konsum. Wenn man jährlich drei Hochschulen in der Größenordnung dei Bonner Universität baut, dann bedeutet dies Investitionen; wenn aber die Hochschullehrer, die Assistenten, die Bücher und die praktischen Lehrgeräte angeschafft werden, um diese Universität mit Leber zu erfüllen, zählt dies zum Konsum.