Vielleicht gibt es unter den Zwischenrufern jemanden, den ich mit meiner Bitte erreichen kann, einmal zu lesen, was ich, ausdrücklich im Namen meines Freundes Herbert Wehner mitsprechend, am Grabe unseres Kollegen von Guttenberg zum Thema Feind und zum Thema Gegner gesagt habe. Mir liegt daran, daß wir voneinander verstehen, daß wir zwar Gegner, aber eben doch keine Feinde sind,
und daß wir voneinander nicht in jenem Tone oder in jener Diktion sprechen, die einer benutzt hat, als er sagte, seine Partei werde das deutsche Volk von dieser Regierung befreien, als spräche er von einem vom Feinde besetzten Lande.
Wer so spricht — es war der Herr Abgeordnete Strauß —, muß sich nicht wundern, wenn er niemanden findet, der mit ihm koalieren kann.
Und ich nehme jetzt den Zwischenruf von vorhin hinsichtlich des Sicherheitsrisikos auf. Da nutzt dann auch das vermeintliche Alibi vom Sicherheitsrisiko nicht mehr und reicht nicht mehr aus. Denn es sind unterschiedliche Qualitäten, ob man den politischen Gegner zu einer besseren Politik herausfordert oder
ob man ihn zum Feind stempelt, von dem das eigene Volk befreit werden müsse.
Es war dies eine direkte Anknüpfung an die Ausdrucksweise jener berüchtigten Sonthofener Rede.
Aber nicht nur der Abgeordnete Strauß, sondern viele Ihrer Sprecher, meine Damen und Herren von der Christlich-Demokratischen, Christlich-Sozialen Union, setzen darauf, daß es Angst gebe in Deutschland, nein, schlimmer noch: sie bemühen sich, Ängste und Sorgen zu schüren, die gar nicht vorhanden sind.
Und da darf ich Ihnen sagen — jedenfalls denjenigen, die das mit dem hohen „C" im Absender Ihrer Plakate und Schriften ernst meinen : Es ist nicht Aufgabe des Christen, Angst zu machen, es ist seine Aufgabe, Hoffnung zu machen.
Wenn ich das Wort „Hoffnung" hier ins Politische,
in den politischen Sprachgebrauch übersetzen darf,
dann ist es unsere Aufgabe, Vertrauen zu schaffen und Vertrauen zu erhalten. Daß uns, den Freien Demokraten und den Sozialdemokraten, das Vertrauen erhalten bleibt und erneut gegeben wird, dessen bin ich nach dieser Debatte allerdings ziemlich gewiß.