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ID0724112900

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    Vokabeln: 7
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    2. Das: 1
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    5. Herr: 1
    6. Bundesminister: 1
    7. Justiz.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 241. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1976 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 16929 A Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung des Titels IV und anderer Vorschriften der Gewerbeordnung — Drucksache 7/5142 — Kleinert FDP . . . . . . . . . . . 16929 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 —, Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 7/5036 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 7/5054 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 7/5056 — Liedtke SPD 16930 A Dr. Dregger CDU/CSU 16933 C Kleinert FDP 16945 B Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 16949 D, 16979 A Dr. Freiherr von Weizsäcker CDU/CSU . . 16959 D Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 16965 C Dr. Wendig FDP 16969 B Dr. Riedl (München) CDU/CSU . . . . 16974 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 7/5037 — Simon SPD 16983 A Dürr SPD 16984 B Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU . . . 16987 C Engelhard FDP . . . . . . . . . . 16993 B Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . 16997 C Schmidt, Bundeskanzler . . . 17002 C, 17018 C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1976 Dr. Wallmann CDU/CSU . . . . . . . 13011 D Spitzmüller FDP . . . . . . . . . . 17015 D Wehner SPD . . . . . . . . . . . 17016 C Dr. Freiherr von Weizsäcker CDU/CSU . . 17017 A Frau Funcke, Vizepräsident . . . . . . 17011 A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 7/5040 — Löffler SPD . . . . 17019 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 17019 C Peters (Poppenbüll) FDP . . . . . . 17022 A Ertl, Bundesminister BML . . . . . . 17023 A Dr. Ritz CDU/CSU . . . . . . . . 17026 D Gallus FDP 17029 B Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 7/5046 — 17029 C Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 7/5047-17029 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 7/5049 — 17029 D Nächste Sitzung 17029 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17031* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 241. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1976 16929 241. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Frau von Bothmer ** 13. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Christ 12. 5. Dr. Enders ** 13. 5. Dr. Eppler 12. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14. 5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments **für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. Krall * 14.5. Dr. Kreile 12. 5. von Kühlmann-Stumm 12. 5. Lange * 14. 5. Lautenschlager * 14. 5. Lenzer ** 13. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Müller (München) ** 13. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Pfeifer 12. 5. Rosenthal 14. 5. Seibert 21. 5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14. 5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Suck' 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Wende 21.5. Zeyer 14. 5.
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    Rede von Hans A. Engelhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ein gewisses zeitliches Zusammentreffen von Ereignissen ist mir sehr wohl bekannt. Sie hätten, wenn Sie sich, wie Sie meinen, Mißdeutungen nicht aussetzen wollten, dies in einem Nebensatz anfügen können. Dann hätten Sie sich nicht vorhalten lassen müssen — ich erhalte nach wie vor aufrecht, was ich in dieser Hinsicht gesagt habe , daß Ihnen Mißdeutungen nicht unangenehm sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Lassen Sie mich noch einiges zu Ihren weiteren Ausführungen sagen. Sie haben hier ausgeführt, der derzeit amtierende Bundesjustizminister Dr. Vogel habe sich gegenüber den Koalitionsfraktionen vielfach nicht durchsetzen können.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Das ist richtig!)

    Meistens lautet der Vorwurf ja umgekehrt. Den Koalitionsfraktionen wird meistens vorgeworfen, sie seien Vollstrecker willkürlicher Entscheidungen dieser Bundesregierung. Es ist interessant für mich, nun



    Engelhard
    einmal den umgekehrten Vorwurf zu hören. Sollte es tatsächlich so gewesen sein, daß die Bundesregierung die Koalitionsfraktionen nicht mit jedem kleinen Wink sofort zum Springen gebracht hat — was sie übrigens nie beabsichtigt hat —, so wäre uns dies gar nicht so unangenehm, weil wir als Parlamentarier auch unser Selbstverständnis haben und doch unsere Rolle als Koalitionsfraktionen durchaus ernst nehmen. Gleichzeitig kommt uns im Konzert des Parlaments eine selbständige Rolle zu.
    Nun haben Sie noch einige Ausführungen zur Verteidigerüberwachung gemacht. Wir haben uns hier ja über Terroristenbekämpfung und Bekämpfung von Verfassungsfeinden im öffentlichen Dienst oft unterhalten. Ich möchte diese beiden Dinge gern getrennt wissen. Zum zweiten Punkt möchte ich hier nichts zum Etat des Innenministeriums sagen, weil er soeben Gegenstand der Aussprache war und mein Kollege Dr. Wendig dazu Ausführungen gemacht hat.
    Aber lassen Sie mich doch noch etwas zur Bekämpfung der Terroristen sagen. Es ist unsere Aufgabe, in einer Situation, je schwieriger sie ist und je mehr emotionalisiert sie ist, mit großer Ruhe und großer Vernunft abzuwägen, was das Richtige ist, und dann das Notwendige zu tun.
    Wenn Sie gesagt haben, Gesetzentwürfe Ihrer Fraktion seien eineinhalb Jahre verzögert worden, dann darf ich daran erinnern, daß es im wesentlichen Anregungen waren, tätig zu werden. Es ist immer leicht, zu sagen, die Bundesregierung möge etwas vorlegen. Aber es ist dann Aufgabe der Bundesregierung, darüber nachzudenken, was das Richtige ist.
    Herr Kollege, wir haben ja jetzt ein breites Spektrum von Entwürfen. Es läßt sich kaum noch eine Synopse mit den verschiedenen Formulierungen herstellen. Aus allen Richtungen schlagen die Entwürfe über uns zusammen. Je mehr das so ist, desto mehr ist es unsere Aufgabe nachzudenken.
    Ich glaube, daß sich gerade das, was an von uns geschaffenem Recht schon zur Anwendung gekommen ist — etwa der Ausschluß des Verteidigers aus dem Strafprozeß —, bisher bewährt und zu guten Ergebnissen geführt hat. Wir werden uns hier, Herr Kollege, ganz sicher in der Sache nicht einig werden, auch nicht bei dieser Aussprache. Aber ich will hier mit allem Nachdruck für meine politischen Freunde der Auffassung entgegentreten, als sei hier etwas verabsäumt worden, als habe man hier leichtfertig oder lässig gehandelt
    Wir sehen — Sie haben das dem Bundesinnenminister Professor Dr. Maihofer in den Mund gelegt Sicherheit und Freiheit auch nicht als Gegensätze an, sondern wir sehen immer nur, daß Sicherheit und Freiheit Kanten haben, die sich aneinander reiben können,

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das wissen auch wir!)

    und daß bei vielen Punkten die Sache dahin entschieden werden muß, zugunsten wessen der Akzent gesetzt werden soll.
    Da habe ich in anderem Zusammenhang einmal Thomas Dehler zitiert. Wir sind mit ihm allerdings der Meinung, daß der beste Weg zur Freiheit immer wieder die Freiheit ist. Daran werden wir uns auch in Zukunft orientieren. Aber das heißt doch nicht, daß wir die Gesichtspunkte der Sicherheit in irgendeiner Weise geringachten würden. Nur halten wir hier weniger von einem großen verbalen Aufgalopp und einer großen Herumrederei, sondern wir tun besonnen und ruhig das, was notwendig ist. Wir halten wenig von großen Brandreden draußen in der Öffentlichkeit, die nur dazu dienen sollen, die Bevölkerung aufzuputschen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Kollege, Sie haben hier Ausführungen zur Mitbestimmung gemacht. Wissen Sie, bei dem allgemeien Tohuwabohu, das in Ihrer Fraktion gerade zu dieser Frage geherrscht hat, und nachdem Ihre Fraktion im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit ganzen drei Sprechern vertreten war, die die verschiedenen Flügel repräsentiert haben, würde ich mich hier etwas zurückhaltender geben.
    Ich meine, eines steht doch fest: daß die Existenz dieser Koalition in ihrer Gesamtarbeit nach einer sicherlich harten, aber gewissenhaften Überlegung dieses Ergebnis erzielt hat, dem Sie Ihre Zustimmung schließlich nicht versagen konnten.
    Dann haben Sie Ausführungen über Ehe und Familie gemacht, Herr Kollege Dr. Lenz. Wie ich vorher in Ihrem veröffentlichten Text gesehen habe, machen Sie Ausführungen dazu, daß die Strafbestimmungen zum Schutz von Ehe und Familie von dieser Regierungskoalition eingeschränkt worden seien. Sie geben auch ein Beispiel. Aber ich will Sie zunächst fragen: meinen Sie etwa den Ehebruch? Denn dann wären wir wieder bei dem Punkt, daß Sie die Wirkung des Rechts eben etwas anders sehen als wir und dabei die Schattenseiten bestehender oder ehemaliger Bestimmungen nicht so ganz zu erkennen vermögen und nicht sehen, daß Sie mit dem Straftatbestand des Ehebruchs der legalisierten Erpressung im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens Tür und Tor geöffnet haben und sonst nichts.
    Über die Pornographie haben wir uns ja sehr eingehend bei den Debatten unterhalten. Haben Sie denn nicht erkannt und nicht verfolgt, daß unter ein und demselben geltenden Recht im Laufe der Jahre Gerichte, die über jeden Zweifel erhaben waren — von ihrer personellen Besetzung her, wo man nicht sagen konnte: da sind mittlerweile die falschen Leute hereingekommen —, die Dinge schon vor der Reform völlig anders beurteilt haben. Das war doch auch der Anlaß für uns, hier das Problem der Pornographie anzupacken und die Vorschrift zu ändern und einen Schwerpunkt zu setzen. Daran halten wir fest, und das halten wir nach wie vor für richtig und notwendig, nämlich den Schwerpunkt beim Schutz der Jugend vor Pornographie zu setzen,



    Engelhard
    aber ansonsten dem erwachsenen, dem mündigen Bürger hier volle Dispositionsfreiheit einzuräumen.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Darum haben Sie auch nicht gewollt, daß Treue ins Gesetz käme?!)

    — Herr Kollege, Sie leiten zu dem über, was ich abschließend sagen wollte. Das betrifft das Thema des Ehe- und Familienrechts. Hier hat der Herr Kollege Dr. Lenz noch einmal einen großen Anlauf genommen. Er meinte, wenn das Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung in Kraft getreten wäre, hätte dies eine Erschütterung der Rechtsgrundlage — so hieß es wohl — für den Bereich Ehe und Familie mit sich gebracht. Herr Kollege, hätten Sie doch die Position, auf die Sie schließlich zurückzugehen bereit waren, uns früher geschildert! Die Beratungen hätten zügiger stattfinden können.

    (Zuruf des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU])

    Wir hätten uns über die „Volksfeindlichkeit" und über vieles andere nicht zu unterhalten brauchen, sondern wir wären uns sehr schnell einig gewesen. Herr Kollege Dr. Lenz, ich kann Ihnen hier den Vorwurf nicht ersparen, daß Sie als ein Mann von besonderer Zurückhaltung und auch einer besonderen Form von Höflichkeit unter dem Eindruck dieses Raumes — ich kann es nicht glauben, daß es vielleicht der Genius loci ist — am 11. Dezember Ausführungen gemacht haben, die bei uns nur auf Kopfschütteln gestoßen sind, mit den heute mehrfach zitierten Begriffen männerfeindlich, frauenfeindlich, kinderfeindlich und volksfeindlich. Was war denn das anderes als die Proklamation des Volkskrieges, zugegebenermaßen mit legalen Mitteln, aber in der ganzen Breite der Bevölkerung gegen ein Gesetz, das von der Mehrheit einer großen Minderheit im Volke „aufgezwungen" wird.
    Dann die Verhandlungen im Vermittlungsausschuß! Ich kann es Ihnen nicht ersparen, zu wiederholen, was ich damals bei der Verabschiedung des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses nur angedeutet habe. Sie sind doch auf Positionen zurückgegangen, von denen wir uns kaum hätten etwas träumen lassen. Da war erst von der Kalenderscheidung die Rede, von der Verstoßung nach islamitischen Vorstellungen und was immer. Dann haben Sie die Widerlegbarkeit fallenlassen wie eine heiße Kartoffel. Das muß in diesem Zusammenhang einmal festgehalten werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Härteklausel!)

    Derjenige, der sich heute an dem Erfolg der Sache den größten Beitrag beizumessen sucht, wie Sie es eben versucht haben, der wird sich sagen lassen müssen, daß dieser Beitrag ein bescheidener war. Wir haben gerade in diesem Bereich im wesentlichen das durchgesetzt, was wir gewünscht haben und was die große Mehrheit der Bevölkerung auch für das Richtige hält.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beginne mit einem Dank in zwei Richtungen. Zunächst ein Wort des Dankes an die Berichterstatter und an alle, die an der Vorberatung des Haushalts des Justizministeriums mitgewirkt haben. Ein besonderes Wort des Dankes richte ich an den Kollegen Simon, der jahrelang das Amt des Berichterstatters ausgeübt hat und heute in dieser Funktion zum letztenmal tätig war.

    (Beifall)

    Ein zweites Wort des Dankes gilt zu Beginn meiner Ausführungen all denen, die in dieser Legislaturperiode, in welcher Eigenschaft und in welcher Funktion auch immer, an der Fortentwicklung und an der Anwendung unserer Rechtsordnung in unserem Volke beteiligt waren.
    Dies ist seit Gründung der Bundesrepublik die zweite Justizdebatte anläßlich einer Haushaltsberatung. Die erste Justizdebatte dieser Art hat 1951 stattgefunden. Manche der damals erörterten Fragen sind erst von der sozialliberalen Koalition nach 1969 gelöst bzw. in Angriff genommen worden. Ich nenne nur das Stichwort Strafvollzugsgesetz, das Stichwort Strafrechtsreform oder die Schaffung eines Europäischen Patentamts. Schon diese Tatsache, Herr Kollege Lenz, daß Dinge, die damals, 1951, auf die Tagesordnung der Rechtspolitik gesetzt wurden, erst nach 1969 gelöst werden konnten, erlauben Zweifel an Ihrer Behauptung, die Rechtspolitik der CDU/CSU-Regierungen habe vor 1969 alle Probleme gelöst und sozusagen eine tabula rasa hinterlassen.

    (Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Sie reden gegen eine Behauptung, die ich überhaupt nicht aufgestellt habe!)

    — Ich freue mich, daß ich Ihnen dadurch Gelegenheit geboten habe, das ausdrücklich herauszustellen. Aus Ihrer Rede war das nicht zu entnehmen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Die Bilanz der Rechtspolitik seit 1969 ist positiv. Sie ist positiv auf Grund der Arbeiten und Vorarbeiten — das möchte ich ausdrücklich unterstreichen —, die während der Amtszeit meiner Vorgänger, insbesondere auch während der Amtszeit meines unmittelbaren Amtsvorgängers, des Kollegen Jahn, geleistet worden sind.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Bilanz ist auch positiv für die jetzt zu Ende gehende Legislaturperiode. Die Kritik der Opposition vermag daran nichts zu ändern.
    Herr Kollege Lenz, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, es ist immer wieder ein faszinierendes und beeindruckendes Schauspiel, wie sich Kollegen der CDU/CSU, die in den Ausschüssen konkret und engagiert mitarbeiten, vor dem Plenum in das Konfrontationskonzept einordnen und das bekämpfen, was sie selbst mit auf den Weg gebracht haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Bundesminister Dr. Vogel
    Geradezu widersinnig sind auf diesem Hintergrund die Vorwürfe, die Gesetzgebung liefere das Recht einer bestimmten Ideologie aus, oder Verfassung und Staat, ja sogar die Freiheit, seien auf Grund dieser Gesetzgebung in Gefahr. Wenn das so ist: Warum haben Sie dann allen großen Reformwerken auf dem Gebiet der Rechtspolitik mit einer einzigen Ausnahme Ihre Zustimmung gegeben? Dabei kann es doch gar nicht entscheidend darauf ankommen, daß die Zustimmung in der dritten Lesung des Bundestages oder nach dem Vermittlungsvorschlag gegeben worden ist.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Das ist der Unterschied!)

    Sie glauben doch selber nicht, daß die von Ihnen erwirkten Detailänderungen die Vorlagen der Bundesregierung jeweils umgestülpt, aus schwarz weiß und aus einer angeblichen Gefahr für die Freiheit eine Garantie für die Freiheit gemacht haben.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Nein, aber sie haben vieles annehmbar gemacht! — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Die Gesetze sind ein bißchen besser geworden!)

    Nehmen Sie z. B. das Eherecht und das Scheidungsrecht. Gut, es sei eingeräumt, Sie haben eine sachliche Erweiterung und eine zeitliche Erstrekkung der Härteklausel und die Abdingbarkeit des Versorgungsausgleichs durchgesetzt. Das sind sicherlich Änderungen von sachlichem Gewicht, wobei es übrigens eine Menge Leute gibt, die darin eher Änderungen zum Schlechteren als zum Besseren sehen.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber niemand kann doch behaupten — Sie, Herr Kollege Lenz, haben noch nicht einmal den Versuch dazu unternommen —, daß durch diese Änderungen die Richtung oder der Wesensgehalt der Ehe- und Familienrechtsreform geändert worden sei.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Mir bleibt unerfindlich, wie Sie, Herr Kollege Lenz, wegen dieser Änderungen von dem Urteil „volksfeindlich" zu dem Urteil „volksfreundlich" gelangen können.
    Wenn Sie mir nicht glauben, meine Herren von der Opposition, dann verweise ich auf einen unverdächtigen Zeugen, daß es so ist, wie ich es sage. Das bestätigt Ihnen übrigens das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken, dessen Kritik gegenüber der Gesetz gewordenen, von Ihnen mitgetragenen Fassung um keine Spur milder ist als gegenüber der vom Bundestag in der dritten Lesung verabschiedeten Fassung.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das Problem Ihres Bruders!)

    Meine sehr verehrten Herren, was Sie hier betreiben, ist eine Doppelstrategie eigener Art. Durch Mitarbeit und Zustimmung wollen Sie der überwiegenden Mehrheit unseres Volkes Rechnung tragen, die mit guten Gründen auf Reformen, d. h. aber auf eine schrittweise Erneuerung der Gesellschaftsordnung, wartet, und durch ihre verbale Polemik hier im Plenum und durch Geisterbeschwörungen draußen in Versammlungen wollen Sie es dann auch noch der Minderheit recht machen, die jede Entwicklung und Erneuerung der Rechtsordnung ablehnt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Emmerlich [SPD] : Sehr wahr!)

    Das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, ist intellektuell nicht redlich. Das ist ein Doppelvorgehen, das die Bürger bald durchschauen und an dem sich ernsthafte Rechtspolitiker nicht oder nur vorübergehend beteiligen sollten. Das gefährdet den Konsens, den Sie in Ihren Reden immer wieder angesprochen haben.
    Im übrigen ist es bei der Reform des § 218 im Grunde genau das gleiche. Sie tun so, als ob die Grenze zwischen dem Schutz und der Schutzlosigkeit des werdenden Lebens genau entlang der Grenze zwischen Ihrem letzten Entwurf und der Gesetz gewordenen Fassung verliefe. Das stimmt doch gar nicht. Im materiellen Recht haben sich die beiden Entwürfe bis auf, ich möchte sagen, Millimeter einander angenähert. Was geblieben ist, das ist im Verfahrensrecht ein Streit über die notwendige Qualifikation des Arztes und über die Zuständigkeit für die Beratung. Sie können doch nicht diejenigen, die dieses befürworten, zu Schützern des werdenden Lebens, und diejenigen, die dies ablehnen, pauschal zu Gegnern des werdenden Lebens stempeln.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Was im übrigen das Karlsruher Urteil angeht, so trete ich als Bundesjustizminister dafür ein und habe das bei jeder Gelegenheit getan, daß Urteile des Bundesverfassungsgerichts respektiert werden. Wir sind verpflichtet, sie für verbindlich zu halten. Wir sind nicht verpflichtet, sie in allen Argumenten und Ausführungen für richtig zu halten.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist doch nicht wahr, daß erstmals seit 1969 Gesetze vom Bundesverfassungsgericht korrigiert worden sind. Während der Regierungszeit der CDU/CSU hat Karlsruhe in 100 Fällen von Ihnen vorgelegte Normen beanstandet,

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Hört! Hört!)

    in 85 Fällen förmliche Gesetze. Ich bitte Sie, Herr Kollege Lenz: lesen Sie einmal die deftigen Kritiken nach, die beispielsweise dem Urteil zum ersten Versuch, ein zweites deutsches Fernsehen auf die Beine zu bringen, seinerzeit aus dem Munde Ihrer Repräsentanten gefolgt sind.
    Übrigens, damit keine Legende entsteht: Es gibt selbstverständlich kein Gutachten in meinem Hause über die Verfassungswidrigkeit des ursprünglichen Mitbestimmungsentwurfes, und auch bei Scholz und bei Reiser steht das, was Sie behauptet haben, nicht.
    Die Wahrheit ist: Wir haben unsere Rechtsordnung in dieser Legislaturperiode genau wie in den drei Jahren vorher in wichtigen Abschnitten erneuert, weil das Grundgesetz uns das aufgetragen hat oder weil neue Herausforderungen neue Antworten erforderten. Das Grundgesetz ist für uns



    Bundesminister Dr. Vogel
    — hier, glaube ich, kann ich genauso für die Sozialdemokraten wie für die Freien Demokraten sprechen — nicht die Festschreibung, nicht die Versteinerung eines vorgefundenen Zustandes, sondern ein ständiger, ein immerwährender Handlungsauftrag.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Natürlich stellt sich dabei das Problem der Freiheit. Was der Kollege von Weizsäcker heute zum Problem der Freiheit gesagt hat, ist in vielen Punkten ernsthaft zu bedenken, und der Gesetzgeber wäre ein schlechter Gesetzgeber, der nicht bei jeder neuen Vorlage, bei jeder neuen Norm, die er setzt, dieses Problem der Freiheit bedenkt. Nur, die Argumente, die Herr von Weizsäcker heute morgen in diesem Hause vorgetragen hat, ähneln eben in ihrem inhaltlichen Kern in verzweifelter Weise den Argumenten, mit denen man vor vier Generationen der Schaffung der Sozialversicherung, vor drei Generationen der Einführung der 48-Stunden-Woche und der Koalitionsfreiheit und zu unseren Lebzeiten fast jedem Stück sozialem Fortschritt entgegengetreten ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich gebe zu, in einer sehr geistreichen, in einer philosophisch untermauerten Art und Weise wurde dies dargeboten, aber auf den Inhalt zurückgeführt sind es fast genau dieselben Argumente.

    (Zuruf des Abg. Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU])

    Übrigens sollten bei der paritätischen Mitbestimmung die Gegner einmal nachlesen, was noch im Oktober 1918 im Preußischen Herrenhaus an Argumenten gegen die Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts vorgebracht wurde.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Es ist eine auffallende Übereinstimmung.
    Herr Kollege von Weizsäcker, es ist, ob Sie wollen oder nicht, ein Bogen, eine Kontinuität von der Kieler Rede Eugen Gerstenmaiers vor elf Jahren zu der Rede, die Sie heute vormittag in diesem Hause gehalten haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich darf Ihnen dazu noch ein Zitat geben, das Sie vielleicht in Ihre Sammlung der für diese Zwecke verwendbaren Zitate aufnehmen sollten. Mit Erlaubnis des Präsidenten verlese ich dieses Zitat:
    Die heutzutage stets verwickelter werdenden Verhältnisse zwingen die staatliche Autorität, häufiger in soziale, wirtschaftliche und kulturelle Angelegenheiten einzugreifen. Sie will damit geeignetere Voraussetzungen schaffen, daß die Staatsbürger und gesellschaftlichen Gruppen wirksamer in Freiheit das Wohl der Menschen in jeder Hinsicht verwirklichen können. In vielen Bereichen des heutigen Lebens muß darum nicht selten die Freiheit einzelner eingeschränkt werden, um die Freiheit vieler zu sichern. Jede Zurückweisung des heutigen Sozialstaats zugunsten übertriebener individueller Freiheit übersieht den langen und
    schwierigen geschichtlichen Weg, den wir zur Überwindung staatlicher Passivität in Abkehr von den utopischen Harmonieerwartungen des Laisser-faire, Laisser-aller gegangen sind.

    (Dr. von Weizsäcker [CDU/CSU] : Bloß hat das mit meinem Referat gar nichts zu tun!)

    Dieses Zitat, Herr Kollege von Weizsäcker, hat überdies für Ihre Zwecke noch den weiteren Vorteil, daß es nicht von Sozialdemokraten, von demokratischen Sozialisten, sondern von der Konferenz der deutschen Bischöfe aus dem Jahre 1969 stammt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU] — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sonst machen Sie die Bischöfe verächtlich und hören nicht auf sie!)

    — Da machen Sie es sich mit diesem Zwischenruf etwas zu einfach. Ich bitte nachzuweisen und vorzutragen, wo Sozialdemokraten das Wort der Bischöfe nicht ernsthaft erwogen haben.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Ablehnung in den Konsequenzen ist keine Mißachtung, sonst wäre jede Abstimmung hier, bei der Sie gegen unsere Vorlagen stimmen, eine Mißachtung. Kein vernünftiger Mensch behauptet das.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Reddemann [CDU/CSU] : Lesen Sie nur, was in Ihrem Regierungsprogramm zum 218 steht, dann wissen Sie es genau! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Nein, Herr von Weizsäcker, auf diesem geschichtlichen Weg, von dem im Zitat die Rede ist, sind die Sozialdemokraten stets vorausgegangen. Sie und diejenigen, in deren Tradition Sie stehen, haben in aller Regel vor dem jeweils nächsten Schritt gewarnt, sich dann nach einiger Zeit zögernd diesem Schritt angeschlossen und schließlich das Ergebnis für sich in Anspruch genommen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was ich über den Auftrag des Grundgesetzes sage, galt für das soziale Mietrecht. Nach 75 Jahren haben wir endlich auf diesem Gebiet eine Kette von Zeitgesetzen durch ein soziales Dauerrecht abgelöst. Wir haben ein Stück sozialen Friedens auf einem Lebensgebiet geschaffen, das jeden Menschen in diesem Volk als Mieter oder Vermieter angeht:

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Mehr Freiheit für die Mieter ohne unzumutbare Einschränkung für die Vermieter, wobei wir nie vergessen sollten, daß es genügend Vermieter gibt, die gleichzeitig auch Mieter sind, und umgekehrt.
    Das gilt für das Strafvollzugsgesetz. Nach 100 Jahren wurde endlich eine Lösung gefunden, die aus den ungenügenden Ergebnissen des Strafvollzugs Konsequenzen zieht; eine Lösung, die doch auf der gemeinsamen Erkenntnis beruht, daß eine Rück-



    Bundesminister Dr. Vogel
    fallquote von fast 80 % ein deutliches Urteil über
    die herkömmliche Art des Strafvollzugs ausspricht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das gilt die Ehe- und Scheidungsrechtsreform. Wir haben endlich ein lebensnahes menschliches Recht. Das war übrigens auch, meine Damen und Herren von der Opposition, eine Korrektur der Fehlentscheidung des Jahres 1961, nämlich der Verschärfung des § 48 Abs. 2, die Sie als Fraktion speziell zu verantworten haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Diese Reform bringt mehr Gleichberechtigung. Es ist doch nicht wahr, daß sie die Institution schwächt. Für mich wird eine Institution gestärkt, die nicht auf dem Papier zum Hohn und Gespött aufrechterhalten wird, wenn sie in der Wahrheit des Lebens schon längst gescheitert ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Was wir gemeinsam mit Ihrem Beitrag geleistet haben, ist, daß wir nicht den Eindruck erwecken, Ehen könnten nicht scheitern, sondern daß wir für diese Lebenskrise staatliche Konfliktregelungen zur Verfügung stellen, die ein anständiges, faires und gerechtes Auseinandergehen ermöglichen, wobei ich übrigens der Wahrheit die Ehre gebend, sage, daß dies ein ausgezeichnetes Zitat unseres Kollegen Mikat ist.
    Das gilt auch für die Reform des § 218. Wir haben im Ernst nie über das Ob des Lebensschutzes gestritten, sondern über das Wie. Warum wollen wir denn zerreden, daß wir uns bei den Debatten in diesem Hause dabei nähergekommen sind? Am Schluß gab es vielleicht noch eine Nuance Streit, ob eher die Rigorosität oder eher die Effektivität des Lebensschutzes im Vordergrund steht.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das wird sich zeigen, wie das mit der Effektivität ist!)

    Das gilt übrigens auch für das europäische Patentrecht und das Europäische Patentamt. Wir beklagen ein Stagnieren des Zusammenwachsens Europas. Um so höher ist der Erfolg zu veranschlagen, daß hier Spezialisten und Fachleute, daß die auf diesem Gebiet Engagierten ein europäisches Recht über die Europäische Gemeinschaft hinaus für 16 Länder Europas mit über 300 Millionen Einwohnern zustande gebracht haben. Ich behaupte: Das ist ein Markstein auf dem Weg zur Einigung Europas.
    Das gilt für viele andere Maßnahmen: Adoptionsreform, Herabsetzung des Volljährigkeitsalters, Opferentschädigung, Zeugnisverweigerungsrecht, Revisionsrecht — auch hier wurde eine Kette von Zeitgesetzen durch Dauerrecht abgelöst —, Entlastungsgesetz, Vereinfachungsnovelle usw. Zu fast allen Gesetzen — mit einer Ausnahme, nämlich bei § 218 — haben wir doch einen breiten Konsens erreicht, einen Konsens, den ich ausdrücklich bejahe und zu dem ich mich stets bekannt habe und auch hier bekenne. Daß dabei auf dem Weg zur Konsensbildung die Koalition ihre Mehrheit im Bundestag und die Opposition ihre Mehreit im Bundesrat zum
    Tragen gebracht hat, steht doch nicht im Widerspruch zum Grundgesetz. Das ist doch einfach eine politische Realität.

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Sehr schön, daß Sie das sagen! Das wollen wir festhalten! — Erhard [Bad Schwalbach]: Da sind wir sehr dankbar! — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sagen Sie das auch mal Ihren Kollegen!)

    Freuen Sie sich nicht zu früh. Gegenstand der Debatte war ja nicht die Frage, ob etwas verfassungsrechtlich beanstandbar ist oder nicht. Die Debatte war — das verkennen Sie eine verfassungspolitische Debatte.

    (Dr. Emmerlich [SPD]: Sehr richtig!)

    Es ist und bleibt die Frage erlaubt, ob verfassungspolitisch der Bundesrat seine Kompetenzen nicht überzieht, wenn er aus der Zustimmungsbedürftigkeit eines Nebenparagraphen das Recht zur politischen Einflußnahme auf das gesamte Gesetz herleitet.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Im übrigen stammt diese verfassungspolitische Kritik gar nicht von uns. Lesen Sie doch, welche Kritik etwa Konrad Adenauer an die Adresse des Bundesrats unter verfassungspolitischen Gesichtspunkten mit dieser Begründung gerichtet hat.

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Da herrschte aber eine ganz andere Qualität des Regierens!)

    Im übrigen, Herr Kollege Lenz, wenn Sie die Mehrheit der Koalitionen in diesem Hause als „Mini-Mehrheit" bezeichnen — wie ich wohl richtig gehört habe —, als was würden Sie dann die Ein-Stimmen-Mehrheit bezeichnen, die im Bundesrat über Jahre hin die politischen Entscheidungen dieses Landes wesentlich geprägt hat?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Also dieses „Mini" sollten wir uns nicht vorhalten.
    Noch ein Wort zur Abwehr terroristischer Aktivitäten, die ebenfalls in den Bereich des Justizministeriums gehört. Was soll eigentlich der von einigen immer wieder grobschlächtig offen ausgesprochene und von anderen etwas vornehmer angedeutete Verdacht, die Bundesregierung habe auf diesem Gebiet ihre Pflicht versäumt? Ich stelle hier ausdrücklich fest: Die Bundesregierung und das Bundesjustizministerium haben getan, was notwendig war, was zweckmäßig war und was nach der Verfassung eines freiheitlichen Rechtsstaats zulässig war.

    (Zuruf des Abg. Dr. Eyrich [CDU/CSU])

    Was haben Sie denn an Tatsachen vorzubringen? Heute morgen ist, wenn ich nicht irre, im Beitrag eines Oppositionssprechers auf die Ereignisse in Frankfurt abgehoben worden. Der Polizeipräsident der Stadt Frankfurt hat mir heute noch ausdrücklich bestätigt, daß der Ablauf der Gewalttätigkeiten vorgestern in Frankfurt um kein Haar anders gewesen wäre, wenn ein Demonstrationsrecht Ihrer Fassung gegolten hätte. Die Gewalttaten in Frankfurt sind



    Bundesminister Dr. Vogel
    doch nicht eine Folge des Fehlens von Strafbestimmungen. Außerdem wehre ich mich dagegen, diese Vorgänge in Frankfurt überhaupt als Demonstration zu bezeichnen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie sind es rechtlich nicht, weil sie verboten waren,

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Das ist ja hochinteressant, was wir hier plötzlich hören!)

    und sie sind es tatsächlich nicht. Es handelt sich hier — lassen Sie mich das ganz derb sagen — um Aufruhr und schweren Landfriedensbruch, bei dem schwere und schwerste Verbrechen begangen worden sind.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Was war das denn früher?)

    Das mit Demonstration in Zusammenhang zu bringen, ist fast eine Verniedlichung.
    Auf solche Vorgänge -- ich hoffe, wenigstens hier sind wir uns einig — gibt es nur eine einzige Antwort: Wer zu solchen Mitteln greift, muß in dieser Republik durch die volle Härte des bestehenden Gesetzes getroffen werden. Das jedenfalls ist die Auffassung dieser Bundesregierung, die ich hier vertrete.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Erhard (Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Warum haben Sie das Demonstrationsrecht so geändert? — Zuruf des Abg. Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU])