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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 235. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. April 1976 Inhalt: Zur Geschäftsordnung Porzner SPD 16347 A Dr. Jenninger CDU/CSU 16347 C Erweiterung der Tagesordnung 16348 A, 16470 D Überweisung einer Vorlage an Ausschüsse Erklärung der Bundesregierung zur Europapolitik Schmidt, Bundeskanzler 16348 B Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Strauß CDU/CSU 16359 D Präsident Frau Renger 16364 B Brandt SPD 16371 D Hoppe FDP 16377 B Dr. Klepsch CDU/CSU 16381 B Genscher, Bundesminister AA 16386 A Dr. Aigner CDU/CSU 16413 A Dr. Ehrenberg SPD 16415 D Dr. Bangemann FDP 16419 A Blumenfeld CDU/CSU 16422 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 16424 D Schmidt (Wattenscheid) SPD 16428 B von Hassel CDU/CSU 16430 B Mischnick FDP 16433 B Dr. Narjes CDU/CSU 16436 A Wehner SPD 16438 D Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes — Drucksache 7/4962 —Willms, Senator der Freien Hansestadt Bremen 16406 D Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts — Drucksache 7/4992 — in Verbindung mit Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung beamtenversorgungsrechtlicher Vorschriften — Drucksache 7/4993 — Jahn (Marburg) SPD 16407 D Dr. Emmerlich SPD. 16409 A Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 16411 A Engelhard FDP 16412 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunzehnten Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Alters- II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. April 1976 gelder in der Altershilfe für Landwirte (Neunzehntes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 7/4722 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/4998 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und' Sozialordnung — Drucksache 7/4951 — Dr. Schellenberg SPD 16442 B Franke (Osnabrück) CDU/CSU 16443 A Sund SPD 16446 D Arendt, Bundesminister BMA 16450 C Müller (Remscheid) CDU/CSU 16453 D Geiger SPD 16456 B Schmidt (Kempten) FDP 16458 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Achtes Anpassungsgesetz — KOV —) — Drucksache 7/4653 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/4999 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/4960 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Geisenhofer, Maucher, Burger, Dr. Althammer, Müller (Remscheid), Höcherl, Ziegler, Franke (Osnabrück), Dr. Mikat, Dr. Jobst, Freiherr von Fircks, Braun, Dr. Fuchs, Krampe und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes — Drucksache 7/4585 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/4999 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/4960 — Burger CDU/CSU 16461 B Maucher CDU/CSU 16463 A, 16467 A Glombig SPD 16465 A, 16468 A Geisenhofer CDU/CSU 16469 A Jaschke SPD 16470 A Schmidt (Kempten) FDP 16470 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 GG) — Drucksache 7/4958 — 16470 D Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes — Drucksache 7/3730 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/4843 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/4841 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes — Drucksache 7/4206 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 3/4811 — Biermann SPD 16471 B Frau Tübler CDU/CSU 16474 A Hölscher FDP 16477 C Dr. Kraske CDU/CSU 16481 D Möllemann FDP 16483 A Lutz SPD 16486 A Beratung des Berichts und des Antrags des Verteidigungsausschusses zu dem Jahresbericht 1974 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages — Drucksachen 7/3228, 7/3762 — in Verbindung mit Beratung des Jahresberichts 1975 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages — Drucksache 7/4812 — Schlaga SPD 16487 B Ernesti CDU/CSU 16489 B Möllemann FDP 16491 D Glückwünsche zum Geburtstag des Wehrbeauftragten Berkhan 16487 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Personalstruktur des Bundesgrenzschutzes — Drucksache 7/3494 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/4539 —, Bericht und Antrag des Innenausschusses — Drucksache 7/4534 — Gerster (Mainz) CDU/CSU 16492 B Pensky SPD 16494 B, 16496 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 16495 B Dr. Wörner CDU/CSU 16496 B Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 16497 A Namentliche Abstimmung 16498 A Feststellung der Beschlußunfähigkeit 16498 D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. April 1976 III Fragestunde — Drucksache 7/4963 vom 2.4. 1976—Erhaltung und Fortentwicklung der deutschen Wochenschauen und Einbeziehung in die Filmförderung gemäß dem Beschluß des Bundestages vom 1. Dezember 1967 MdlAnfr A32 02.04.76 Drs 07/4963 Hoffie FDP MdlAnfr A33 02.04.76 Drs 07/4963 Hoffie FDP Antw StSekr Bölling BPA 16390 B, C, 16391 A, B, D, 16392 A, C, D, 16393 A, B, C, D, 16394 A ZusFr Hoffie FDP 16391 A, B, C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU .16392 A, B ZusFr Dr. Lohmar SPD 16392 C, D ZusFr Nagel SPD 16393 A, B ZusFr Kleinert FDP 16393 B, C ZusFr Reiser SPD 16393 D, 16394 A ZusFr Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU 16393 D Pressemeldungen über den Antrag von Kabinettsmitgliedern auf Gewährung eines Zuschusses an die Vereinigten Deutschen Studentenschaften (VDS) aus Bundesmitteln sowie neue Tatsachen zur Beurteilung der Förderungswürdigkeit der VDS MdlAnfr A10 02.04.76 Drs 07/4963 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU MdlAnfr A 02.04.76 Drs 07/4963 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Glotz BMBW 16394 B, C, D, 16395 A, C, D, 16396 A ZusFr Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU 16394 C, 16395 A, B ZusFr Kleinert FDP 16395 D ZusFr Seiters CDU/CSU 16396 A Beurteilung des Sonderprogramms der Bundesregierung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit sowie Übertragung von Mitteln an bisher unberücksichtigt gebliebene Arbeitsämter zur Förderung zusätzlicher Ausbildungsplätze MdlAnfr A12 02.04.76 Drs 07/4963 Dr. Unland CDU/CSU MdlAnfr A13 02.04.76 Drs 07/4963 Dr. Unland CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Glotz BMBW 16396 A, C, D, 16397 A, B, C ZusFr Dr. Unland CDU/CSU 16396 B, C, 16397 B, C ZusFr Fiebig SPD 16396 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 16397 A Verhandlungen über deutschsprachige Schulen während des Aufenthalts von Bundesminister Rohde in Polen MdlAnfr A14 02.04.76 Drs 07/4963 Dr. Hupka CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Glotz BMBW 16397 D, 16398 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 16398 A, B Maßnahmen der Bundesregierung gegen die illegale Einschleusung indischer und pakistanischer Staatsbürger über die Bundesrepublik Deutschland nach Großbritannien MdlAnfr A15 02.04.76 Drs 07/4963 Schinzel SPD MdlAnfr A16 02.04.76 Drs 07/4963 Schinzel SPD Antw PStSekr Baum BMI 16398 C, 16399 B, C ZusFr Schinzel SPD 16399 A, B, C Höhe des Rückerstattungsbetrags der von Polen von Aussiedlern verlangten Gebühren für Ausreisepapiere in der Zeit von 1971 bis 1975 MdlAnfr A83 02.04.76 Drs 07/07/4963 Dr. Hupka CDU/CSU Antw PStSekr Baum BMI 16399 D, 16400 B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 16400 B Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Einfuhr von reinem Alkohol, hauptsächlich aus Frankreich, zu Dumpingpreisen und die Existenzgefährdung der deutschen Brennereien MdlAnfr A27 02.04.76 Drs 07/4963 von Alten-Nordheim CDU/CSU MdlAnfr A28 02.04.76 Drs 07/4963 von Alten-Nordheim CDU/CSU Antw PStSekr Haehser BMF 16400 D, 16401 A, B, C, D ZusFr von Alten-Nordheim CDU/CSU 16400 D, 16401 A, B, C, D Beurteilung der Preiserhöhungen in deutschen Automobilunternehmen unmittelbar nach Abschluß von Tarifverhandlungen MdlAnfr A31 02.04.76 Drs 07/4963 Dr. Jens SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 16402 A, C, D ZusFr Dr. Jens SPD 16402 B, C ZusFr Ey CDU/CSU 16402 D IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. April 1976 Schutz der deutschen Fanggebiete in der Nordsee gegen mögliche Übergriffe niederländischer Schiffe auf Grund der Fangbeschränkungen für Seezungen in den niederländischen Küstengewässern sowie Einsatz von Booten des Bundesgrenzschutzes MdlAnfr A41 02.04.76 Drs 07/4963 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU MdlAnfr A42 02.04.76 Drs 07/4963 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU Antw PStSekr Logemann BML 16403 B, C, D ZusFr Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU 16403 C, D Änderung der Rechtslage hinsichtlich der Gewährung von Haushaltshilfe nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte MdlAnfr A46 02.04.76 Drs 07/4963 Horstmeier CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA 16404 A, B ZusFr Horstmeier CDU/CSU 16404 B Anzahl der gemäß den Bestimmungen der ICAO, der IATA und den Auflagen des Bundesverkehrsministers in bezug auf die Beförderungstarife verfahrenden Fluggesellschaften in Deutschland sowie Verschärfung der Kontrollen und Erhöhung der Ordnungsstrafen bei Verstößen gegen diese Bestimmungen MdlAnfr A50 02.04.76 Drs 07/4963 Schmidt (Niederselters) SPD MdlAnfr A51 02.04.76 Drs 07/4963 Schmidt (Niederselters) SPD Antw PStSekr Jung BMV . 16404 C, D, 16405 A, B ZusFr Schmidt (Niederselters) SPD 16404, D 16405 A Verhinderung des Verkaufs von Superkraftstoff mit zu geringen Oktanwerten an Tankstellen, insbesondere an Autobahntankstellen MdlAnfr A63 02.04.76 Drs 07/4963 Immer (Altenkirchen) SPD Antw PStSekr Jung BMV 16405 C, D ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD 16405 C, D Restbestände und Vernichtung der ungültigen Briefmarken mit der Abbildung des ehemaligen Bundespräsidenten D. Dr. Dr. Heinemann MdlAnfr A68 02.04.76 Drs 07/4963 Dr. Dollinger CDU/CSU Antw PStSekr Jung BMP 16406 A, B, C ZusFr Dr. Dollinger CDU/CSU 16406 B Nächste Sitzung 16498 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . .16499* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. April 1976 16347 235. Sitzung Bonn, den 8. April 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 9. 4. Adams * 9. 4. Dr. Ahrens ** 9. 4. Dr. Aigner * 9. 4. Alber **** 9. 4. Amrehn **** 9. 4. Dr. Artzinger * 9. 4. Dr. Bangemann * 9. 4. Dr. Barzel 9. 4. Batz 9. 4. Dr. Bayerl * 9. 4. Dr. Becher (Pullach) 9. 4. Behrendt * 9. 4. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 9. 4. Blumenfeld * 9. 4. Frau von Bothmer **** 9. 4. Prof. Dr. Burgbacher * 9. 4. Christ 8. 4. Dr. Corterier * 9. 4. Eilers (Wilhelmshaven) 8. 4. Dr. Enders **** 9. 4. Entrup 9. 4. Erhard (Bad Schwalbach) 9. 4. Fellermaier * 9. 4. Flämig *** 9. 4. Frehsee * 9. 4. Dr. Früh * 9. 4. Dr. Fuchs 9. 4. Gerlach (Emsland) * 9. 4. Dr. Götz 9. 4. Haase (Fürth) **** 9. 4. Härzschel * 9. 4. Hauser (Krefeld) 8. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 9. 4. Dr. Klepsch * 9. 4. Krall * 9. 4. Dr. Kunz (Weiden) *** 9. 4. Lange * 9. 4. Lautenschlager * 9. 4. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Leicht * 9. 4. Lücker * 9. 4. Dr. Mende **** 9. 4. Memmel * 9. 4. Müller (Mülheim) * 9. 4. Dr. Müller (München) **** 9. 4. Mursch (Soltau-Harburg) * 9. 4. Niegel 9. 4. Frau Dr. Orth * 9. 4. Pieroth 9. 4. Rollmann 9. 4. Roser 9. 4. Richter** 9. 4. Russe 9. 4. Schmidt (München) * 9. 4. Dr. Schulz (Berlin) * 9. 4. Schwabe * 9. 4. Dr. Schwenke **** 9. 4. Dr. Schwörer * 9. 4. Seefeld * 9. 4. Seibert 9. 4. Sieglerschmidt **** 9. 4. Springorum * 9. 4. Dr. Starke (Franken) * 9. 4. Suck * 9. 4. Dr. Vohrer **** 9. 4. Volmer 8. 4. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 9. 4. Dr. Wallmann 9. 4. Frau Dr. Walz * 9. 4. Wende 9. 4. Dr. Wendig 9. 4. Zebisch 9. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union
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    Die Bürger, die Ihnen das abnehmen, gibt es in einer immer noch mündigen, offenen und freien Gesellschaft nicht mehr.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist selbstverständlich die Aufgabe des ersten Sprechers der Opposition, zu den Vorgängen Stellung zu nehmen, die mit dem Tagesordnungspunkt umrissen wurden. Sie zwingen uns durch Ihre vorgezogene Regierungserklärung — Sie befürchten offensichtlich, sie nach dem 3. Oktober nicht mehr abgeben zu können —

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    wenigstens mit einigen Worten auf das einzugehen, was Sie hier in der bei Ihnen üblichen Weise gesagt haben.

    (Wehner [SPD]: Sehr originell! — Zuruf von der CDU/CSU: Üblen Weise!)

    Zunächst einmal zu der Aufzählung der großen Ruhmestaten, der großen heroischen Erfolge dieser Regierung.

    (Wehner [SPD]: „Gratifikationen", würden Sie sagen! — Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

    Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Wenn es so ist, wie es uns die SPD im Jahre 1965/66 hier vorgespielt hat, daß die Regierung an allem schuld ist, dann hat sie auch das Recht, den Erfolg für sich zu beanspruchen. Wir waren damals bescheidenerer Meinung, wir waren der Meinung, daß ein fleißiges, tüchtiges, leistungsfähiges, in seinem Lebenswillen nicht gebrochenes Volk dank einer vernünftigen politischen Führung das zustande gebracht hat, was man in übertriebener Weise in der Welt als „deutsches Wunder" bezeichnet hat, nämlich die Tatsache, daß aus dem größten Trümmerhaufen der Weltgeschichte die stärkste Wirtschaftsmacht Europas, die stärkste Sozialorganisation aller Industriestaaten und die zweitgrößte Außenhandelsnation der gesamten Welt wurde.
    Wir haben das nie für uns beansprucht, sondern wir haben gesagt: Das beruht auf dem Zusammenwirken des ganzen Volkes in Verbindung mit einer vernünftigen Politik. Heute erleben wir ein merkwürdiges Paradoxon, nämlich daß alles, was in diesem Lande an wirtschaftlichen Fehlerscheinungen, an sozialen oder sozioökonomischen Verwerfungen — um in der Sprache des Herrn Bundeskanzlers zu sprechen — auftritt, die Schuld entweder der Opposition oder der Unternehmer oder der Presse oder des Auslandes ist; aber es ist auf keinen Fall die Schuld der Regierung. Es gibt einen einzigen Faktor, eine einzige Verfassungsinstitution, die an allem unschuldig ist, das ist die Bundesregierung. Sie kann für nichts.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie kann nichts für die Entwertung der Sparguthaben, sie kann nichts für 1,3 Millionen Arbeitslose und für 500 000 Kurzarbeiter.

    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    Der Bundeskanzler sprach vom beträchtlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit: um 140 000. Waren Sie es denn nicht, der noch vor kurzem gesagt hat: Schon 500 000 Arbeitslose bedeuten eine soziale Katastrophe, eine grobe Verwerfung und Verformung unserer gesellschaftlichen Struktur. Und jetzt sind 1,15 Millionen Arbeitslose eine große Leistung der Regierung!

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Immer Schnauze, mal so, mal so!)

    Herr Bundeskanzler, was in diesem Lande gesund ist, das ist trotz aller Propagandaversuche und aller Manipulationskünste der Sinn unserer Bürger, die sich einen Instinkt für Echtheit bzw. einen Instinkt für kosmetische Fälschungen bewahrt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wer echte oder vermeintliche Erfolge für sich in Anspruch nimmt, muß auch die Verantwortung für das übernehmen, was sich in diesem Lande seit dem Jahre 1969 wirtschaftlich und finanziell geändert hat. Dieses Spiel mit gezinkten Karten, diese doppelte Buchführung, diese Unehrlichkeit in der Zumessung von Verdiensten und von Schuld sind unerträglich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sind auch nicht gewillt, das hinzunehmen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Die Wähler sagen es doch deutlich genug!)

    Der Bundeskanzler sprach davon — und er hat die „Stuttgarter Zeitung" zitiert —, daß es in unserem Lande sozialen Frieden gebe, weil das System des Kapitalismus durch die Betonung des Faktors Arbeit sinnvoll ergänzt worden sei.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Wollen Sie das bestreiten?)




    Strauß
    Nein, das will ich nicht bestreiten, sondern sagen, daß das die soziale Marktwirtschaft war, die Sie ursprünglich verhindern wollten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich gehörte seit dem Jahr 1948 dem Wirtschaftsrat in Frankfurt an, ich gehöre seit dem September 1949 diesem Hohen Hause an. Sie wollen doch nicht im Ernst bestreiten, daß wir uns in tage- und oft nächtelangen Redeschlachten über das wirtschaftliche Ordnungssystem unterhalten haben. Haben nicht Sie versucht — oder Ihre Vorgänger —, das zu verhindern, und haben nicht wir es damals mit unseren Koalitionspartnern durchgesetzt?
    Ich habe immer — ich sage das auch hier — die Auffassung vertreten, daß der Kapitalismus der Vergangenheit angehört und der Sozialismus keine Zukunft hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich vertrete leidenschaftlich die Auffassung, daß der Weg der sozialen Marktwirtschaft der dritte Weg ist,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    der das eine überwunden und das andere verhindert hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Man soll doch nicht so tun

    (Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

    — ach, Herr Wehner, Sie haben am allerwenigsten eine Legitimation, darüber zu reden —,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    als ob soziale Marktwirtschaft Unternehmerwirtschaft sei. Soziale Marktwirtschaft ist ein wirtschaftliches Ordnungssystem, dessen Nutznießer alle Bevölkerungsschichten sind, vornehmlich die Arbeitnehmer. Nirgendwo in der Welt und niemals in der Geschichte haben sozialistische Wirtschaftsformen dem Arbeitnehmer das gleiche Maß an Freiheit, an Recht und an Wohlstand gebracht wie die soziale Marktwirtschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Daß Sie sich zur sozialen Marktwirtschaft, wenn auch mit einigen Verdauungsbeschwerden und mit zahlreichen Einschränkungen, bekannt haben, ist doch die Folge des Zwanges, den der Erfolg dieses wirtschaftlichen Ordnungssystems auf Sie ausgeübt hat, und nicht das Ergebnis Ihrer eigenen Einsicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Bundeskanzler spricht auch davon — und ich wende mich gegen diese Art der Geschichtsfälschung —, durch seine Regierung sei die Mitbestimmung in den Großbetrieben eingeführt worden. Die Mitbestimmung ist von der ersten Regierung der Bundesrepublik Deutschland eingeführt worden,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU - Wehner [SPD] : Da mußte sogar die Abstimmung wiederholt werden, weil Ihre Mehrheit damals versagte! -- Weiterer Zuruf von der SPD: Deswegen waren Sie jetzt dagegen?)

    und zwar sowohl die Betriebsverfassung wie die Mitbestimmung.

    (Weitere Zurufe von der SPD)

    — Auch wenn Sie glauben, mich durch Ihre Zwischenrufe irremachen zu können, werden Sie mich nicht daran hindern, das zu sagen, was ich in diesem Zusammenhang sagen will.

    (Zuruf von der SPD: Nachlesen im Protokoll!)

    Warum haben Sie denn Ihren ersten Entwurf fallengelassen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie eine heiße Kartoffel!)

    der von SPD und FDP sowohl im Kabinett wie in Koalitionsgesprächen einstimmig angenommen worden war? Warum haben Sie ihn denn fallengelassen? Weil Sie sich unter unserem Druck davon überzeugen lassen mußten, daß dieser Entwurf in schwerwiegendem Gegensatz zu wesentlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen stand.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist einfach eine Geschichtsfälschung, zu behaupten, die Mitbestimmung sei durch die Regierung Schmidt/Genscher eingeführt worden. Die Mitbestimmung mit einem Drittel der Arbeitnehmer in den Aufsichtsgremien ist durch die Regierung Konrad Adenauer und durch ihre parlamentarische Mehrheit in der ersten Legislaturperiode eingeführt worden!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Und daß mit dieser Mitbestimmung der soziale Friede in unserem Lande gestärkt und erhalten und ausgebaut worden ist, haben wir immer betont; das haben wir gewünscht, das haben wir so gewollt. Aber wir haben auch gewollt, daß unsere Wirtschaft funktionsfähig bleibt, daß das Eigentumsrecht — auch das Recht auf Privateigentum an Produktionsmitteln — in unserem Lande nicht nur dem Buchstaben nach, sondern auch dem Sinn nach erhalten bleibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie sollten sich — aber das können Sie nicht — mit denjenigen in Ihren Reihen auseinandersetzen, die in immer neuen Programmen — und es sind nicht nur die berühmten Jusos, es sind auch ihre mit Patina behafteten bärtigen Vorgänger,

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Moos, nicht Patina!)

    Stichwort: München, und zwar mit zunehmendem Einfluß, siehe die Aufstellung Ihrer Landeslisten für die kommende Bundestagswahl — dafür eintreten, zunächst Investitionsplanung, Investitionslenkung, Investitionskontrolle durch die Gesellschaft einzuführen, und die dafür eintreten, das nach Ihrer Meinung einzige wirkliche große Übel der Gesellschaft, das Privateigentum an Produktionsmitteln, abzuschaffen. Das ist der entscheidende Kern der Auseinandersetzung, und Sie sollten darüber reden, wie Sie mit dem Problem in Ihren Reihen fertig werden, statt falsche Erfolge aufzuweisen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Strauß
    statt hier Erfolge aufzuweisen, die nicht von Ihnen erarbeitet sind, und statt Vorwürfe zu erheben, die Sie an die eigene Adresse richten müßten, aber nicht an die Adresse der Opposition.

    (Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Statt den Dreck vor der Tür der FDP abzuladen! — Zuruf von der SPD: Ist das Ihre Sache?)

    — Ja, das ist wahrlich Ihre Sache; davon bin ich fest überzeugt. Stimmt ganz genau!

    (Weitere Zurufe)

    Der Bundeskanzler hat ferner — an die Adresse der Arbeitgeber, an die Adresse der Unternehmer — von der Notwendigkeit der Preisdisziplin gesprochen. Nun, es gibt ein in den letzten Jahren mancherlei Schwankungen unterworfenes industrielles Großunternehmen,. das nicht nur volle Mitbestimmung hat, sondern durch Beamte und Funktionäre übermitbestimmt ist; das ist das Volkswagenwerk.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Meinen Sie Leisler Kiep damit?)

    — Leisler Kiep hat doch bis jetzt nur wenige Tage an dem ganzen Konto mitgewirkt. Ich weiß, daß der Begriff „Niedersachsen" für Sie einen Alptraum bedeutet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber hier gilt die Regel, daß man im Hause des Gehenkten nicht vom Strick reden soll.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Als vor wenigen Tagen das Volkswagenwerk die Preise für VW, Audi und NSU nicht unbeträchtlich erhöhte, sprach Ihr Parteifreund, der Vorsitzende der IG Metall, Loderer, seine tiefe Sorge hinsichtlich dieser Preiserhöhungen aus und zwar im Interesse der Arbeitnehmer. Ich habe mich nur gefragt: Ist das derselbe Vorsitzende, derselbe Loderer, der als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Volkswagenwerks diese Preiserhöhungen selbst mitbeschlossen hat?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Sie kennen noch nicht einmal die Aufgaben eines Aufsichtsrats!)

    Herr Bundeskanzler, wenn Sie davon sprechen, das soziale Netz sei ausgeweitet und verdichtet statt eingeschränkt worden,

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Gespaltene Zunge!)

    dann ist das wieder genau dieselbe Methode der unterschwelligen Diffamierung, wie Sie sie früher uns gegenüber in bezug auf die Arbeitslosigkeit angewandt haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Ich, gehöre zu denjenigen in diesem Hause, die gemeinsam mit anderen aus den Reihen der Opposition in vielen Reden davor gewarnt haben, daß durch Verletzung der Gebote der Stabilität, durch Unterlassung notwendiger Maßnahmen zur gegebenen Zeit Arbeitslosigkeit eintritt. Sie, Herr Bundeskanzler, waren es, der das volkswirtschaftlich unendlich dumme Wort gesagt hat: lieber 5 % Inflation als 5 % Arbeitslosigkeit. Sie waren der erste Kanzler, der beides erreicht und übertroffen hat.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben damals vor Übertreibungen gewarnt. Ich habe im Herbst 1969 davor gewarnt,

    (Zuruf von der SPD: Aufzuwerten!)

    die Kaufkraft unnötig zu erhöhen. Ich habe davor gewarnt, den Staatsverbrauch so unsinnig auszudehnen bis zu Zuwachsraten von jährlich 15 % bei starker inflationärer Erhitzung des Klimas. Damals tönte uns mit derselben demagogischen Hemmungslosigkeit entgegen: Sie wollen ja nicht Stabilität, Sie wollen Arbeitslosigkeit. Hätte man damals unsere Ratschläge beachtet, wäre es heute nicht notwendig, 9 bis 10 Milliarden DM Unterstützung zu zahlen und auf 6 Milliarden DM Steuern und Gebühren zu verzichten und damit eine gespenstische Verschwendung von Produktionsfaktoren in unserem Lande herbeizuführen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mit derselben hemmungslosen Demagogie behauptet man heute, daß wir die Absicht hätten, eine soziale Demontage herbeizuführen. Die soziale Demontage ist durch Sie längst eingeleitet worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Natürlich weiß ich, daß Arbeitslosigkeit heute nicht mehr dasselbe bedeutet wie am Ende der Weimarer Republik, wo der Verlust des Arbeitsplatzes ein sofortiger tiefer Einschnitt in die persönlichen Lebensverhältnisse war. Das ist heute gottlob nicht mehr der Fall. Warum? — Weil in 20 fleißigen Jahren ein Fundament gelegt worden ist, das auch die durch Ihre Fehler und Versäumnisse bis jetzt hervorgerufenen Erschütterungen noch überstanden hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Waren es denn nicht Sie, Herr Bundeskanzler, und Sie, Herr Wehner, die vor zehn Jahren gesagt haben, die Schuldigen an den relativ harmlosen wirtschaftlichen Schwankungen von damals gehörten ins Gefängnis? Waren es nicht Sie, der diesen Stil angewandt hat? Wir sagen nicht das, was Sie gesagt haben; wir sagen nur: Sie gehören weg, damit es bei uns wieder aufwärtsgeht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Gansel [SPD] : Das ist doch die Rede von Passau!)

    Natürlich konnte dieses Netz sozialer Sicherung ausgebaut werden. Es ist aufgebaut worden in den 20 Jahren, in denen nach kurzer Übergangsfrist — Flüchtlinge, Vertriebene, Zerstörung der Produktionsstätten, Abschneiden von den Weltmärkten — wieder Vollbeschäftigung erreicht war. Dieses Netz sozialer Sicherung konnte aufgebaut werden, weil wir über 20 Jahre hinweg jährlich, wenn auch mit gewissen Schwankungen, immer einen hohen Zuwachs des realen Bruttosozialprodukts hatten. Dieses Netz sozialer Sicherung konnte aufgebaut werden, weil die Politik der gesicherten Vollbeschäftigung mit ihren Überschüssen die Gewähr dafür bot, den wenigen Arbeitslosen, die es naturgemäß immer gibt und die unvermeidlich sind — Vollbeschäfti-



    Strauß
    gung bedeutete früher 4 %, später 3, dann 2, dann 1 % der in der gewerblichen Wirtschaft Tätigen —, einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen. Bei den hohen Überschüssen, den hohen Zuwachsraten, den jährlich stark steigenden Steuereinnahmen und Einnahmen aus den Sozialversicherungen konnte man es sich leisten, den Arbeitslosen ein Einkommen zu bieten, das auch ihnen — das haben wir ja gewollt und herbeigeführt — ein menschenwürdiges, sogar — das darf ich wohl sagen — ein kulturwürdiges Dasein, ein zivilisationsgemäßes Dasein in unserer heutigen Umwelt ermöglicht hat.
    Aber sind denn die Fundamente des sozialen Sicherungssystems nicht durch Sie und die Politik Ihrens Vorgängers erschüttert worden und heute gefährdet? Und sie werden nicht aufrechterhalten bleiben, wenn Sie nicht auf diesem Wege einhalten und umkehren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es sind doch nicht wir, es ist doch der Verband der Rentenversicherungsträger, der in einer Denkschrift vor wenigen Tagen erklärt hat,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    daß schon ab 1. Januar 1976 die angeblich höchste Beitragshöhe von 18 % nicht mehr ausreicht, daß man 19,6 % haben müßte, um die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserven zu behalten. Wer hat denn diesem Lande in falschen Sozialbudgets eine falsche wirtschaftliche und soziale Zukunftsentwicklung vorgetäuscht? Das sind doch diejenigen, die immer von falschen Zukunftsannahmen ausgingen und darauf das Gebäude ihrer Phantasien aufgebaut haben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Wer hat denn dafür gesorgt, daß heute ein Beitragssatz von 11 % bei weitem nicht mehr ausreicht, um den finanziellen Verfall unserer öffentlichen Krankenkassen aufzuhalten? Wer hat denn den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung wieder auf 3 % erhöhen müssen? Ist das IFO-Institut vielleicht eine Organisation der Opposition, das vor wenigen Tagen festgestellt hat, daß in diesem Jahr von jeder zusätzlich verdienten Mark, die bei Tarifabschlüssen erzielt wird, nur mehr 41 Pfennig im Durchschnitt in die Taschen der Arbeitnehmer kommen und 59 Pfennig vom Staat mit Steuern, Gebühren, Beiträgen und Abgaben vorweg abgezweigt werden?

    (Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU] Haben wir, die Opposition, oder hat die Regierung es zu verantworten, daß in diesem Jahr das, was bei Lohnerhöhungen unter dem Strich übrigbleibt, nicht mehr ausreicht, um auch nur 6 % Kaufkraftentwertung zu decken? Darüber sollten Sie reden, Herr Bundeskanzler, statt sich mit fremden Federn zu schmücken. Sie müssen ja wirklich von allen guten Geistern verlassen gewesen sein, als Sie heute die Schuldenaufnahme der Regierungen der CDU/CSU als ein abschreckendes Beispiel gegenüber Ihrer vorbildlichen, spartanischen, an Cato senior erinnernden Sparsamkeit hervorgehoben haben. Ist Ihnen denn nicht bekannt, Herr Bundeskanzler, daß in 20 Jahren — das reicht von dem ersten Tag der Regierung Adenauers bis zum letzten Tag der Regierung Kiesingers, das reicht vom Finanzminister Schäffer bis zu meinem letzten Amtstag im Herbst 1969 insgesamt 14,5 Milliarden DM Nettokredit aufgenommen worden sind? Insgesamt! Dabei nehme ich an, daß wir uns wenigstens in der Terminologie einig sind, daß Nettokredit heißt: Schuldenaufnahme minus Tilgung im gleichen Zeitraum. Nachdem Sie hinsichtlich Ihres Vorgängers der Meinung waren und sind, daß er nicht wisse, wieviel Nullen hinter der 1 stehen, damit eine Milliarde herauskommt, wollte ich wenigstens diese begriffliche Klarheit hier schaffen. In 20 Jahren der CDU/CSU-Regierungen sind wir oft von Ihnen bedrängt worden. Ich habe die Debatten noch sehr gut in Erinnerung, als Sie sagten, höhere Verschuldung täte gut; warum sollte die jetzige Generation alles zahlen? Verschulden wir doch lieber die kommende Generation! — Das waren doch jahrzehntelange Auseinandersetzungen. Wir waren der Meinung, wir sollten uns ein hohes Verschuldungspotential erhalten, damit wir von diesem Spielraum — den wir nie ausgenutzt haben, der nur einmal, im Jahre 1967, geringfügig in Anspruch genommen wurde — in der Stunde der Rückschläge, weltwirtschaftlicher Fehleinwirkungen, im Interesse der Vollbeschäftigung und der Erhaltung des Wachstums Gebrauch machen können. Ich weiß, daß hier oft falsche Zahlen genannt werden, daß man ein paar Milliarden mehr daraufpackt. Auch das wäre noch gleichgültig; nur darf ich vorsichthalber sagen: hier handelt es sich um die sogenannten Umstellungsschulden aus der Währungsreform, die nicht von den Regierungen ab September 1969 zu verantworten sind. Wenn man diese Umstellungsschulden abzieht, dann bleiben 14,5 Milliarden DM für 20 Jahre. Jetzt sagen Sie, daß eine Schuldenaufnahme von 36 Milliarden DM gegenüber den ursprünglich geplanten 39 Milliarden DM eine Einsparung von 3 Milliarden DM bedeute. (Stücklen [CDU/CSU] : Kassenüberschuß von 3 Milliarden!)


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    (Heiterkeit und Zurufe von der CDU/CSU)


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


    (Lachen bei der CDU/CSU) Das ist eine völlig neue Rechnung.

    Ihnen geht es so, wie man von einer europäischen Macht im zweiten Weltkrieg erzählt, der der Bundesgenosse sagte, sie solle ihre Divisionen suchen. So müßte man Herrn Apel sagen, er solle seine Milliarden suchen. Wir hören einmal, 39 Milliarden DM Schuldenaufnahme sei unvermeidlich. Zum anderen heißt es wieder: Große Erfolgsmeldung aus dem Hauptquartier, wir kommen mit 36 Milliarden DM aus. In Ihrem Manuskript heute heißt es, 17 Milliarden DM seien in diesem Jahr schon aufgenommen worden. Aber hier haben Sie es nicht wiederholt, entweder weil Sie sich der Zahl nicht sicher waren oder weil Sie von der Negativwirkung der



    Strauß
    17 Milliarden DM überzeugt waren. Das würde nämlich heißen, daß Sie in den ersten drei Monaten dieses Jahres schon mehr Schulden aufgenommen haben als wir in 20 Jahren zusammen.

    (Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann ist es einfach eine Irreführung der Öffentlichkeit — und da Sie den Text genau kennen, Herr Bundeskanzler, muß ich hier sagen, es ist eine Lüge —, wenn Sie sagen, ich hätte Fiskus, Kirchen und Sozialversicherungen angegriffen.
    Ich habe in einer Rede, deren Text gestern in vollem Wortlaut, so wie die Rede gehalten worden ist, veröffentlicht wurde, Fiskus und Kirchen angesprochen. Das heißt, ich habe von der Kirchensteuer gesprochen. Man muß sie ja erwähnen, wenn sie acht oder zehn Prozent der Einkommensteuer ausmacht. Das sage ich auch als Mitglied einer Kirche und als Bekenner einer christlichen Konfession. Ich greife auch den Fiskus nicht an. Wenn der Fiskus sorgsam verwalten würde, wenn er mit dem Geld der Steuerzahler nicht in so liederlicher Weise umginge, wie es seit dem Jahre 1969 geschehen ist, wenn der Bettelmann aufs Roß kommt und wenn mit dem Geld fremder Leute in schlampiger Weise umgegangen worden ist - —

    (Wehner [SPD] : Das ist eine Lüge! Nachdem Sie „Lüge" gesagt haben, darf man das jetzt hier sagen! Eine „Lüge" wiegt wohl die andere auf! — Zuruf von der CDU/CSU: Der Bettelmann regt sich auf!)

    — Herr Wehner, bei Ihnen regt mich nichts auf.

    (Wehner [SPD] : Mich auch nicht bei Ihnen! Das war etwas ganz anderes, was mich aufregt!)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter Strauß, ich wollte Sie erst zu Ende reden lassen. Das Wort „Lüge" habe ich hier zu rügen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Entschuldigen Sie, ich will mich — —. Ich bedanke mich sehr, Frau Präsidentin!
    Ich habe in dieser Rede vom Fiskus gesprochen. Das können Sie ja nachlesen. Aber bei Fiskus kann man nicht die Kirchensteuer einbeziehen. Darum habe ich, schon damit mir nicht eine Unterlassung vorgeworfen wird, gesagt, daß Fiskus, Kirche und Sozialversicherungen zusammen in diesem Jahr vom Sozialprodukt einen Anteil von etwa 47 % — andere sagen sogar 48 % — in Anspruch nehmen.
    Was heißt hier: angegriffen? Das Eigenartige ist: Wenn man der Regierung nur die Wahrheit sagt, wenn man ihre eigenen Berichte in der Öffentlichkeit verwendet, dann heißt das, man habe gehetzt. Ich kann Ihnen ein anderes Beispiel bringen, das hierzu paßt: Als der bayerische Finanzminister vor einigen Tagen in einer Rede in München davon sprach, daß im Jahre 1978 7,5 % der gesamten Ausgaben des Bundes allein für Zinszahlungen verwendet werden müssen, hat Ihr Finanzminister gesagt, das sei Wahlkampfgerede. Wissen Sie, daß diese
    Zahl aus einer amtlichen Veröffentlichung des Bundesfinanzministerium stammt?

    (Heiterkeit und Zurufe voni ?der CDU/CSU)

    Als der Bundesfinanzminister darauf hingewiesen wurde, daß Herr Huber aus einem Bericht des Bundesfinanzministeriums zitiert habe, mußte Herr Apel zugeben, daß er diesen Bericht nicht kenne. Aber so wird in diesem Lande mit gezinkten Karten gespielt, und das nehmen wir nicht mehr hin!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe — und ich verteidige mich nicht, weil ich es in diesem Zusammenhang nicht notwendig habe — nicht den Fiskus, der unvermeidlich und notwendig ist, angegriffen. Man mag sagen, er ist ein notwendiges Übel, aber er dient der Erfüllung der staatlichen und auch der gesellschaftlichen Aufgaben. Auch die Rolle der Kirchen haben wir immer anders beurteilt als Sie. Sie sollten sich nicht hier der Kirchen annehmen, denn hier sind sie nicht angegriffen worden, sondern sollten die kirchlichen Anliegen auf anderen Gebieten ernster nehmen, als Sie es tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe nicht Fiskus, Kirchen und Sozialversicherung angegriffen, sondern habe darauf hingewiesen und benutze gern die Gelegenheit, die Sie mir bieten, darauf hinzuweisen, daß auf diesem Wege der ständigen Ausdehnung der Staatsquote, daß durch Steuern, Abgaben, Gebühren und Beiträge 50 % der Mark und in diesem Jahre von jeder neu verdienten Mark schon fast 60 % in Anspruch genommen werden, nicht fortgefahren werden darf.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist es, wenn wir davon reden, daß die Entscheidung auch auf wirtschaftspolitischem Gebiet zwischen der freiheitlichen Gesellschaft und einer gegängelten bevormundeten, von Beamten, Apparatschiks und Funktionären von der Wiege bis zur Bahre total betreuten und entmündigten Gesellschaft fällt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD])

    Wenn Sie sagen, die Opposition dürfe nach der Studentenkrise nicht auch noch eine Schülerkrise riskieren, so ist das auch wieder so ein Beitrag der bekannten Art. Was heißt „Schülerkrise riskieren"? Wer hat denn dieses sinnlose Gerede von der Bildungskatastrophe in die Welt gesetzt? Wer hat denn durch eine verfehlte Planung gigantische Fehlausgaben verursacht? Die Herren Friedeburg und Oertzen sitzen doch nicht in unseren Reihen. Sie sind in Ihren Reihen, und mit denen müssen Sie sich auseinandersetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)


    (V o r s i t z : Vizepräsident Frau Funcke)

    Wir waren nie der törichten Meinung, daß das Glück oder der Wohlstand der Nation von der maximalen Zahl der Abiturienten abhänge. Wir sind deshalb auch der Meinung, daß man nicht den gesellschaftlichen Bedarf planen kann, weil man nämlich sonst für die Inhaber überflüssiger Diplome neue



    Strauß
    Planstellen schaffen wird, eines Tages gesellschaftliche Bedarfsplanungsräte einführen wird.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Und Oberräte!)

    Sie, Herr Bundeskanzler, haben vor kurzem in so überzeugender Weise, wie Sie es jeweils vor kompetentem Publikum tun, von der großen Zukunft des Automobils gesprochen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Stücklen [CDU/CSU]: Da war der Vogel nicht dabei!)

    Anscheinend ist die Zeit vorbei, wo aktive und ehemalige Mitglieder Ihres Kabinetts mit der Trambahn ins Büro fuhren und den Acht-Zylinder-Mercedes nachkommen ließen, um auf diese Weise das Nahverkehrsproblem besser zu lösen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Die Zeit ist anscheinend vorbei, als ein ehemaliges Mitglied Ihres Kabinetts das Modell Peking als studienwertes Objekt für die Lösung des Massenverkehrs dargestellt hat.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Hätte man den gesellschaftlichen Bedarf an Automobilen vor zweieinhalb Jahren geplant, hätte man die Kapazität auf 50 °/o herabgesetzt. Damit hätten wir heute drei- bis vierjährige Wartefristen, einen grauen Markt, einen schwarzen Markt und noch höher gestiegene Preise. Das sind doch alles Ideen, die in Ihrem Bereich vorkommen, doch nicht bei uns. Während sich die von Ihnen verführte junge Generation auf die Schienen setzt, um den Nulltarif zu erzwingen, stellt Herr Gscheidle die Züge ein, die auf den Schienen fahren sollen.

    (Große Heiterkeit und anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)

    Haben denn nicht wir, meine Damen und Herren, — —

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Primitiver geht es nicht mehr!)

    — Wenn Sie den Bundeskanzler meinen, möchte ich Ihnen ausnahmsweise zustimmen. Ich versuche mich der Argumentation anzupassen, mit der er hier versucht hat, auf dem Wege über eine Parlamentsdebatte, im Fernsehen übertragen, die Öffentlichkeit über die Pleite seiner Politik hinwegzutäuschen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Wäre denn von uns jemals jemand auf die Idee gekommen, im Telefonverkehr einen Vierminutentakt als Kostenschwelle einzuführen? Ist das die höhere Lebensqualität? Wieviel Hunderttausende, wieviel Millionen von Menschen, ältere Menschen, kranke Menschen, einsame Menschen brauchen das Telefon, um mit der Umwelt in Verbindung zu bleiben? Das ist doch alles im Schoße dieser Regierung ausgeheckt worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU]: Sozialisten sind das!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren!

    (Wehner [SPD] : Hört! Hört! — Heiterkeit bei der SPD)

    — Ja, das dürfte so ziemlich das sein, was Ihrem geistigen Niveau entspricht, Herr Wehner.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Bundeskanzler hat ferner sozusagen am Rande seiner heutigen Ausführungen auch einige Worte über Europapolitik gesagt.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Sagen Sie jetzt etwas über Spinola?)

    — Ich habe nicht zu denen gehört, die Herrn Spinola als den großen Helden, den Retter des Vaterlandes und Einführer der Demokratie verehrt haben, wie es anderswo der Fall war.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Corterier [SPD] : Sie haben Salazar verehrt! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Aber wenn eine Figur der Zeitgeschichte — und das muß ja nicht immer Herr Breschnew

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    oder Herr Tito sein, Herr Wehner; Sie haben ja hier einschlägige Erfahrungen —,

    (Wehner [SPD] : Große Ehre!)

    die ihre historische Chance versäumt hat, was ich ihm gesagt habe

    (Wehner [SPD] : Mit dem Monokel! — Heiterkeit bei der SPD)

    — ach, Sie haben ihn doch vor zwei Jahren bewundert und verehrt, ausgerechnet Sie —,

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : So war es doch!)

    mich um eine Unterredung bittet, habe ich keinen Grund, diese Unterredung zu verweigern.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Was wollte er denn von Ihnen? — Gegenrufe von der CDU/CSU)

    — Ich bin gerne bereit, im Rahmen einer Pressekonferenz darüber Auskunft zu geben. Bloß haben' wir hier keine Nachhilfestunde für Sie.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Über Europa!)

    Aber wenn Sie schon hier etwas abseits vom Thema — angesichts der Bandbreite des Bundeskanzlers muß man sich ja auf vieles gefaßt machen;

    (Wehner [SPD] : Ja!)

    darum habe ich mich in meinen Unterlagen auf manches eingerichtet —

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

    das Thema Portugal anschneiden: ja, ich war bei einer öffentlichen Veranstaltung, wo hundert Journalisten aus ganz Europa sowie Rundfunk und Fernsehen beisammen waren, bei dem ersten offiziellen Parteitag der CDS — das ist die Christlich-Demokratische Partei Portugals — in Portugal, und dort habe ich gemeinsam mit Vertretern der Democrazia



    Strauß
    Cristiana, christlich-demokratischen Vertretern aus Holland, einem Vertreter der Konservativen Großbritanniens und anderen — —

    (Wehner [SPD] : Einen „historischen Kompromiß" gemacht!)

    — Vorsicht, Herr Wehner, Sie werden jetzt „rasiert" !

    (Lachen bei der SPD)

    Vorsicht, Herr Wehner!

    (Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

    Ich habe dort etwas gesagt, was ich hier gern wiederhole, nämlich daß bis jetzt die Wiederherstellung der Demokratie in Portugal nach der Änderung des Systems im April 1974 nicht durch die Militärs und nicht durch die Politiker erfolgt ist, sondern durch den Mut des Volkes, das einen marxistischen Putsch verhindert hat..

    (Beifall bei der CDU/CSU)