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ID0721818900

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    Vokabeln: 6
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    2. Wort: 1
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    4. Herr: 1
    5. Abgeordneter: 1
    6. Mischnick.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 218. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1976 Inhalt: Nachruf auf den früheren Abg. und Vizepräsidenten Schoettle . . . . . . . 15081 A Erklärung der Bundesregierung Schmidt, Bundeskanzler 15081 D Beratung des Antrags des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Materialien zum Bericht zur Lage der Nation 1974 — Drucksachen 7/2423, 7/4158 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung — Drucksache 7/4616 — in Verbindung mit Beratung der Empfehlungen und Entschließungen der Nordatlantischen Versammlung bei ihrer 21. Jahrestagung vom 21. bis 26. September 1975 in Kopenhagen — Drucksache 7/4241 — Dr. Carstens (Fehmarn) CDU/CSU . . . 15094 A Wehner SPD 15103 D Hoppe FDP 15109 B Genscher, Bundesminister AA . . . . 15129 B Dr. Marx CDU/CSU 15135 C, 15213 C Mattick SPD 15145 C Dr. Bangemann FDP 15151 A Dr. Abelein CDU/CSU . . . . . . . 15157 B Höhmann SPD . . . . . . . . . . 15163 A Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . . . 15168 A Franke, Bundesminister BMB . . . . 15171 C Baron von Wrangel CDU/CSU . . . . 15178 D Mischnick FDP . . . . . . . . . . 15181 B Barche SPD .. . . . 15186 C Dr. Gradl CDU/CSU 15189 B Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . . . 15192 D Wohlrabe CDU/CSU . . . . . . . . 15195 C Grimming SPD . . . . . . . . . . 15199 A Kunz (Berlin) CDU/CSU . . . . . . 15202 C Böhm (Melsungen) CDU/CSU 15205 D Jäger (Wangen) CDU/CSU 15208 D Dr. Arndt (Hamburg) SPD . . . . . . 15211 C lI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 218. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1976 Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kreutzmann, Barche, Büchler (Hof), Zebisch, Niegel, Böhm (Melsungen), Hösl, Dr. Warnke, Wolfgramm (Göttingen) und Genossen betr. Förderung des Zonenrandgebietes — Drucksachen 7/4117, 7/4422 —in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung über den erweiterten Verkehrswegeplan für das Zonenrandgebiet hier: Bericht des Bundesministers für Verkehr 1974 über den Fortgang der Verkehrserschließung des Zonenrandgebietes — Drucksachen 7/2992, 7/4471 — 15215 A Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament betr. allgemeine unmittelbare Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments Drucksachen 7/3366, 7/3768 — Dr. Kempfler CDU/CSU . . . . . . . 15215 C Fragestunde — Drucksache 7/4632 vom 23. 1. 1976 — Verhalten des Staatsministers Moersch in der Fragestunde des Deutschen Bundestages MdlAnfr A93 23.01.76 Drs 07/4632 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw PStSekr Frau Schlei BKA 15115 D, 15116A, B, C, D, 15117 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 15116 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 15116 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 15116 C ZusFr Freiherr von Fircks CDU/CSU . . 15116 C ZusFr Niegel CDU/CSU 15116 D ZusFr Seiters CDU/CSU 15117 A Lieferung von Schützenpanzern durch die Firma Rheinstahl über ihre belgische Zweigniederlassung an Saudi-Arabien sowie Genehmigung der Ausfuhr MdlAnfr A96 23.01.76 Drs 07/4632 Hansen SPD MdlAnfr A97 23.01.76 Drs 07/4632 Hansen SPD Antw StMin Moersch AA . . . . 15117 B, C, D, 15118A, B, C, D, 15119 B ZusFr Hansen SPD . . . . 15117 C, D, 15118 B ZusFr Ey CDU/CSU . . . . . . . . . 15118 B ZusFr Haase (Kassel) CDU/CSU . . . 15118 C, D ZusFr Dr. Kliesing CDU/CSU 15119 A Einstellung der Bundesregierung zu den Empfehlungen der deutsch-polnischen Schulbuchkonferenz MdlAnfr A99 23.01.76 Drs 07/4632 Dr. Hupka CDU/CSU MdlAnfr A100 23.01.76 Drs 07/4632 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Moersch AA . . . . 15119 B, C, D, 15120 A, B, C, D, 15121 C, D, 15122 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . 15119 C, D, 15120 D, 15121 B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 15119 D, 15122 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU . . 15120 A, 15121 D ZusFr Freiherr von Fircks CDU/CSU . . . 15120 B Höhe der aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und den Konjunkturprogrammen nach Ostfriesland seit 1970 vergebenen Mittel MdlAnfr A46 23.01.76 Drs 07/4632 Tietjen SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . 15122 C, 15123 B ZusFr Tietjen SPD . . . . . . . . 15123 A, B Umfang der Exporte von wirtschaftlichen Gütern in osteuropäische Länder seit 1970 MdlAnfr A47 23.01.76 Drs 07/4632 Tietjen SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . 15123 C, 15124 A, B ZusFr Tietjen SPD . . . . . . . . . 15123 D ZusFr Ey CDU/CSU . . . . . . . . . 15124 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 15124 A ZusFr Stahl (Kempen) SPD 15124 B Zweckmäßigkeit nur eines Werkstattyps für Behinderte sowie Untersuchung des Zusammenbringens von geistig Behinderten und geistig nicht Behinderten MdlAnfr A51 23.01.76 Drs 07/4632 Burger CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA . 15124 C, 15125 A ZusFr Burger CDU/CSU . . . . 15124 D, 15125 A Wegfall von Waisenrente, Krankenversicherung und Kindergeld für Abiturienten ohne Studien- oder Ausbildungsplatz MdlAnfr A55 23.01.76 Drs 07/4632 Rollmann CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA 15125 B, D, 15126 A ZusFr Rollmann CDU/CSU . . . . . . 15125 D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 218. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1976 III Einsetzung für die Anerkennung der witterungsbedingten Arbeitsausfälle an den als deutsches Hoheitsgebiet geltenden Baustellen der Staustufe Iffezheim auf französischem Boden MdlAnfr A56 23.01.76 Drs 07/4632 Dr. Hauser (Sasbach) CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA . . . . . 15126 A Anerkennung von nicht über die vorgeschriebene Mindestzahl von Plätzen verfügende Werkstätten für Behinderte, damit die hier tätigen Behinderten in den Genuß des Gesetzes über die Sozialversicherung Behinderter kommen MdlAnfr A57 23.01.76 Drs 07/4632 Geisenhofer CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA . 15126 C, 15127 A ZusFr Geisenhofer CDU/CSU . . . . . . 15127 A Darstellung der Zwangskollektivierung der Bauern in der DDR im Kalender „Blick in die DDR" MdlAnfr A69 23.01.76 Drs 07/4632 Eigen CDU/CSU Antw PStSekr Herold BMB 15127 B, D, 15128 A, B, C ZusFr Eigen CDU/CSU . . . . . . . . 15127 D ZusFr Frau Berger (Berlin) CDU/CSU . . 15128 A ZusFr Stahl (Kempen) SPD 15128 B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 15128 B ZusFr Dr. Marx CDU/CSU . . . . . . 15128 C Verweigerung der Aufnahme illegal Polen verlassender Deutscher in der DDR MdlAnfr A83 23.01.76 Drs 07/4632 Freiherr von Fircks CDU/CSU MdlAnfr A84 23.01.76 Drs 07/4632 Freiherr von Fircks CDU/CSU Antw PStSekr Herold BMB . 15128 D, 15129 A, B ZusFr Freiherr von Fircks CDU/CSU . . . 15129 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 15216 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 15217* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 218. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1976 15081 218. Sitzung Bonn, den 29. Januar 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 216. Sitzung, Seite 14998 D, Zeile 9 von unten ist zu lesen: „Das nehmen Sie . . ."; Seite 14999 D, Zeile 9 von unten ist statt „abzulenken" zu lesen: „abzulehnen" ; Seite 15000 B, Zeile 12 ist statt „zukunftweisend" zu lesen: „zukunftsweisend" ; Seite 15001 B, Zeile 17 ist statt „Teufelskeis" zu lesen: "Teufelskreis". Anlage Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Liste der entschuldigten Abgeordneten Adams * 30. 1. Ahlers 30. 1. Dr. Achenbach * 30. 1. Dr. Ahrens ** 30. 1. Dr. Aigner * 30. 1. Alber ** 30. 1. Dr. Artzinger * 30. 1. Amrehn ** 30. 1. Dr. Bayerl * 29. 1. Behrendt * 30. 1. Blumenfeld * 29. 1. Frau von Bothmer ** 30. 1. Brandt 30. 1. Breidbach 30. 1. Büchner (Speyer) ** 30. 1. Christ 29. 1. Dr. Dollinger 13. 2. Dr. Enders ** 30. 1. Entrup 13. 2. Prof. Dr. Erhard 30. 1. Fellermaier * 30. 1. Dr. Früh 30. 1. Flämig * 30. 1. Gerlach (Emsland) * 30. 1. Dr. Geßner ** 30. 1. Dr. Gölter ** 30. 1. Haase (Fürth) ** 30. 1. Dr. Holtz ** 30. 1. Hussing 30. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) * 30. 1. Kater 30. 1. Dr. Kempfler " 30. 1. Dr. Klepsch ** 30. 1. Dr. Kreile 30. 1. Kroll-Schlüter 30. 1. Lagershausen ** 3,0. 1. Lange * 30. 1. Lautenschlager * 30. 1. Lemmrich ** 30. 1. Lenzer ** 30. 1. Liedtke 30. 1. Lücker * 30. 1. Marquardt ** 30. 1. Mattick ** 30. 1. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Memmel * 30. 1. Dr. Mende ** 30. 1. Dr. Müller (München) ** 30. 1. Mursch * 30. 1. Frau Dr. Orth 30. 1. Pawelczyk ** 30. 1. Pieroth 30. 1. Richter ** 30. 1. Dr. Schäuble ** 30. 1. Prof. Dr. Schellenberg 30. 1. Schmidt (Kempten) ** 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schonhofen 21.2. Dr. Schröder (Düsseldorf) 30. 1. Dr. Schwencke ** 30. 1. Dr. Schwörer * 30. 1. Dr. Schulz (Berlin) * 30. 1. Seibert 30. 1. Sieglerschmidt '* 30. 1. Springorum * 30. 1. Dr. Starke (Franken) * 30. 1. Stücklen 30. 1. Strauß 30. 1. Suck * 30. 1. Tönjes 30. 1. Dr. Vohrer ** 30. 1. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 2. Walkhoff * 30. 1. Walther ** 30. 1. Frau Dr. Walz * 30. 1. Weber (Heidelberg) 30. 1. Wende ** 30. 1. Dr. Wörner 30. 1. Frau Dr. Wolf ** 30. 1. Wolf 30.1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Die schriftlichen Antworten auf die in der Fragestunde nicht mündlich beantworteten Fragen werden als Anlagen zu den Stenographischen Berichten über die 219. bzw. die 220. Sitzung abgedruckt.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Es wundert mich doch, daß wir bei vielen Diskussionen, die wir in diesem Hohen Hause geführt haben, von Ihnen immer wieder hören, wir sähen das Positive nicht, wenn es um den Reiseverkehr geht. Offenbar hören Sie nicht zu. Wir sagen dies immer wieder, und der Kollege Jäger hat es in seinem Zwischenruf auch wieder gesagt. Was wir kritisieren, ist die Tatsache, daß die Leistung und die Gegenleistung überhaupt in keinem Verhältnis zueinander stehen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr gut, so ist es!)

    Das nächste. Herr Bundesminister Franke, Sie haben sich mehrfach auf die Beratungen im Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen bezogen. Ich muß Ihnen erklären, wir haben dort in einer nicht vertraulichen Sitzung mehrfach die Frage nach der Zweckbindung in Ziffer 18 Abs. 1 des Transitabkommens gestellt. Sie haben keine Antwort gegeben.

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Sie können auch keine geben!)

    Sie haben nur gesagt, die Zweckbindung konnte nicht erreicht werden. — Ja, meine Damen und Herren, was für einen Sinn haben denn Texte noch, wenn Sie die Erwartungen, die in den Texten stehen, noch nicht einmal erfüllen können?

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr gut! So ist es!)

    Und weiter: Haben Sie denn nicht von uns — ich will es jetzt einmal aus meiner Sicht wiederholen
    gehört, daß wir, wenn man von Zahlungen an die DDR spricht, die Zweckbindung und die Zahlungsmodalität kritisieren? Man könnte sich doch bei einer Maßnahme zugunsten der Menschen überlegen: das erste Drittel, wenn's beginnt, das zweite Drittel, wenn's fertig ist, und das letzte Drittel, wenn's ein paar Jahre funktioniert. Das wäre eine Politik Zug um Zug, aber nicht die Politik der permanenten Vorschüsse, die Sie betreiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn hier schon von der SPD von „Glaubenskrieg" gesprochen wird, so möchte ich fragen, meine Damen und Herren: Wer war es denn, der seine Deutschlandpolitik ständig mit irrationalen Glaubenssätzen meinte begleiten zu müssen? Das waren doch Willy Brandt und Egon Bahr

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    mit ihrer falschen Einschätzung der Vertragspolitik und der Möglichkeiten, die es in der Ost- und Deutschlandpolitik gibt.
    Dann sagen Sie wieder einmal, wir würden doch den Grundlagenvertrag als geltendes Gesetz akzeptieren. Dies ist richtig; es ist eine bare Selbstverständlichkeit. Aber Ihre Verwunderung kann ich überhaupt nicht mehr verstehen. Wir akzeptieren ihn als geltendes Recht, aber die Interpretation muß doch auf der Grundlage der Entschließung vom 17. Mai 1972 erfolgen, und wir werden ihn so interpretieren, wie es uns das Verfassungsgericht auferlegt, und niemals anders. Darin liegt doch der Unter-. schied zwischen uns und Ihnen.
    Meine Damen und Herren, gerade durch solche Beiträge wird der Bericht zur Lage der Nation, der ja nun nicht mehr „im geteilten Deutschland" heißt,

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Wir bleiben dabei!)

    zu einer Pflichtübung degradiert, und genau dies wollen wir nicht. Wir haben gesagt, daß die Anlage Ihrer Ost- und Deutschlandpolitik falsch ist. Weil sie falsch ist, hat sich doch in das gesamtdeutsche Bewußtsein, in das Freiheitsbewußtsein eine Art Degeneration eingeschlichen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Das ist die Gefahr! — Wehner [SPD] : Sieht man Ihnen an!)

    Ein degeneriertes Deutschlandbewußtsein hat doch gerade in letzter Zeit in fataler Weise, wenn es um den internationalen Protest ging, die deutsch-deutschen Beziehungen erschwert. Was wir in dieser Debatte heute vermissen, sind Zukunftsperspektiven; Sie vermögen uns keine zu nennen.
    Ich möchte auf einen Punkt besonders eingehen, der von Ihnen nicht erwähnt worden ist. Ich empfinde es auch in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des innerdeutschen Ausschusses als besonders bedrückend, daß aus Gründen der Opportunität der spezifisch innerdeutsche Aspekt der deutsch-deutschen Beziehungen von Ihnen immer mehr ins Zwielicht gerückt wird. Sie, Herr Kollege Franke, der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen, haben formal die Gesamtkoordinierung der Vertragsverhandlungen mit der DDR. Dem Ausschuß wird aber eine korrespondierende Zuständigkeit von der Mehrheit dieses Hauses nicht zugestanden.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

    Meine Damen und Herren, wer käme denn sonst in Frage? Dieser Ausschuß ist doch der Sachverwalter des Parlaments in innerdeutschen Fragen. Oder nicht, Herr Bundesminister?

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sie sind doch der nächste, der abgeschafft wird, Herr Franke!)

    Sie sollten daran ein Interesse haben, es sei denn, Sie sagen hier, Sie wollten den innerdeutschen Vorbehalt preisgeben.



    Baron von Wrangel
    Meine Damen und Herren, ich will auf Einzelheiten dessen, was wir zu diesem speziellen Thema gesagt haben, jetzt nicht mehr eingehen. Ich will mich mit der Frage der nationalen, der demokratischen und der moralischen Vertretungspflicht, die die Bundesrepublik Deutschland hat, beschäftigen. Ich will Ihnen auch sagen, daß Sie uns — auf die Absichtserklärung und die Anhänge des Grundlagenvertrages gehe ich hier nicht ein — doch in der Debatte über die heute schon mehrfach erwähnte Schlußakte von Helsinki im Sommer 1975 immer wieder erklärt haben, dies werde sich sehr fruchtbar für die innerdeutschen Beziehungen auswirken.
    Unsere Skepsis, Herr Kollege Carstens, wurde wie immer als Schwarzmalerei, Hysterie usw. angeprangert. Sie, Herr Bundesminister Franke, erklärten z. B., die Bedeutung der KSZE — ich zitiere — bestehe darin, daß die von der KSZE aufgestellten Entspannungskriterien als Minimalwerte für die Erfüllung der Verpflichtungen heranzuziehen sind, welche die beiden deutschen Staaten im Grundlagenvertrag eingegangen sind.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Heilige Einfalt!)

    Ist es nicht unsere Pflicht, heute zu fragen: Wo bleibt denn die Erfüllung dieser Verpflichtungen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Kollege Mattick meinte damals, nach der Unterschrift in Helsinki müßte sich im innerdeutschen Verhältnis noch einiges verändern. Gerade im Hinblick auf die schon von meinen Kollegen benannten Belastungen im innerdeutschen Bereich haben wir doch positive Veränderungen nicht gespürt. Der Bundeskanzler sagte — ich zitiere jetzt wieder wörtlich —: „Alle Beteiligten stehen, auch was den Korb 3 anbelangt, unter einem gewissen Erfolgszwang." Was wir erleben — und das finde ich gerade im Hinblick auf die deutsche Verhandlungspolitik schlecht —, sind doch immer wieder frisierte Erfolgsmeldungen. Genau dies können wir in der Deutschlandpolitik nicht gebrauchen, wenn wir unsere Verhandlungsposition halten wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Man hat uns einige Monate lang in diesem Hohen Hause und im Ausschuß gesagt, man sei noch nicht soweit. Ich habe immer wieder die Frage gestellt — sie ist heute von dem Herrn Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der CDU/CSU auch gestellt worden —: Wo bleibt denn eine geschlossene Konzeption dieser Regierung, die sich an die Schlußakte von Helsinki anlehnt? Sie ist leider nicht da, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Leider wahr! — Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Jetzt will ich einmal Punkt für Punkt fragen. Wie steht es mit der Ausreiseerlaubnis zur Pflege regelmäßiger Begegnungen auf der Grundlage familiärer Beziehungen?

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Herr Honecker hat neben Herrn Schmidt gesessen, als das unterzeichnet wurde!)

    Das ist, Herr Kollege Marx, ein besonders trostloses Kapitel. Wie steht es mit einer umfassenden Familienzusammenführung im, wie es dort heißt, positiven und humanitären Sinne? Mir werden Sie, Herr Bundesminister Franke, nicht vorwerfen können, daß ich den Versuch mache, den Teil, den Sie angesprochen haben, über die Freilassung von Menschen an die Öffentlichkeit zu zerren. Wie steht es mit den geregelten Heiratsmöglichkeiten? Auch dies ist doch ein wichtiger Punkt. Oder wie steht es mit den umfassenden Reisemöglichkeiten? Herr Bundesminister, wir können doch nicht, solange sich dies auf einer Einbahnstraße vollzieht, von Freizügigkeit reden! Dies ist doch eine fatale Verwirrung der Begriffe, die wir nicht vornehmen sollten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Und wie steht es mit dem umfangreichen Jugendaustausch? Oder bleiben solche Begegnungen, wie es mein Kollege Graf Stauffenberg bereits angedeutet hat, Jungsozialisten vorbehalten, die zum Nachteil der deutschen Position im trauten Miteinander mit Kommunisten ihren Volksfrontträumereien nachhängen?

    (Zuruf von der SPD)

    — Wollen Sie die Jungsozialisten in Schutz nehmen? Das finde ich interessant, was Sie sagen.
    Wie steht es denn mit dem Informationsaustausch, der sich doch auf alle Medien erstrecken soll, oder mit dem Kulturaustausch?
    Meine Damen und Herren, dies alles sind Dinge, die sich an die Schlußakte von Helsinki anlehnen. Bis zum heutigen Tage wird hier ein bißchen und dort ein bißchen verhandelt. Aber ein geschlossenes, in sich logisches, dynamisches Verhandlungskonzept gibt es nicht. Ich glaube, es ist notwendig, daß die Bundesregierung — und wir werden die Bundesregierung nicht aus ihrer Verpflichtung entlassen — diesem Hohen Hause im Interesse aller Deutschen endlich ein solches Konzept vorlegt.
    Meine Damen und Herren, dies kann doch nicht durch irgendwelche internen Richtlinien geschehen. Dies alles muß doch gleichzeitig mit großer Intensität in allen internationalen Gremien erfolgen: In den Vereinten Nationen natürlich — eine Genscher-Rede macht ja noch keinen gesamtdeutschen Sommer — in den dort vorhandenen Kommissionen, in der Europäischen Gemeinschaft, im Europarat, insbesondere vor der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen.
    Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat dafür gesorgt, daß die DDR international hoffähig gemacht worden ist. Sie hat diesen für die deutsche Einheit katastrophalen Tatbestand politisch zu verantworten. Sie muß sich ungeachtet von Verträgen zu dieser nationalen Vertretungspflicht bekennen, die uns niemand, kein Vertrag, abnehmen kann. Wir alle, meine Damen und Herren, haben diese Bürde vor allem auch als Demokraten zu tragen.
    Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen nur noch eines sagen: Wer heute nicht deutlich macht, daß er die Vertretungspflicht für ganz Deutschland



    Baron von Wrangel
    offensiv wahrzunehmen gedenkt, wird morgen - ich
    halte es für sehr wichtig, daß wir dies jetzt schon sagen — eine gefährliche Identitätskrise der deutschen Nation im Ganzen herbeiführen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Wer aber, wie Egon Bahr und andere es tun, Koexistenz auf deutsch buchstabieren will, und ungeachtet der Grausamkeiten im anderen Teil Deutschlands — man höre! — immer noch von gutnachbarlichen Beziehungen spricht, der, meine Damen und Herren, ist doch im internationalen Bereich gar nicht in der Lage, der notwendigen nationalen, demokratischen und moralischen Vertretungspflicht nachzukommen. Ich bedauere es, daß durch die Debattenbeiträge der Bundesregierung und der Koalition diese deutschlandpolitische Debatte immer wieder auf Nebengleise geschoben worden ist. Für uns, die CDU/CSU, ist der deutschlandpolitische Vorbehalt ein Eckpfeiler unserer gesamten Politik.
    Herr Bundesminister Franke, Sie werden weiter damit rechnen müssen, daß wir Sie ungeachtet Ihres Rückzuges an die Verantwortung erinnern, die die Bundesrepublik Deutschland für alle Deutschen zu tragen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Mischnick.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Überall war es zu lesen und auch im Rundfunk war es zu hören, daß heute die große Abrechnung mit der Regierung über die Deutschlandpolitik, die Außenpolitik und über ihr Verhalten insgesamt stattfindet. Ich habe bis zu dieser Minute auf Neues gewartet und kann jetzt nur feststellen: Außer der Wiederholung der Thesen, die wir schon immer gehört haben, war nichts Neues zu vernehmen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das einzige Neue war, daß wir im Gegensatz zu anderen Debatten dieser Art hier heute wiederum neue Abkommen, die in der Zwischenzeit abgeschlossen worden sind, präsentieren konnten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Regierung ist weitergekommen, die Opposition ist bei Klagerufen stehengeblieben, ohne zu sagen, wie es anders weitergehen könnte. Nichts Neues! Das war nicht anders zu erwarten.
    Wir haben deutlich gemacht, daß wir nicht mit Scheuklappen an diese Politik herangehen, sondern daß wir im Gegenteil die Schwierigkeiten, die Sorgen und Nöte realistisch betrachten, die uns in der Deutschlandpolitik bedrücken. Aber wir sind nie auf die Idee gekommen, den Fehler zu machen, um der Sorgen und der Nöte willen zu vergessen, daß man handeln muß, wenn man weiterkommen will, und daß man hier über die Dinge nicht nur reden darf.
    Es ist vom Kollegen von Wrangel davon gesprochen worden, daß die Debatte auf Nebengleise abgeschoben wurde. Ich werde mich mit ein paar Punkten von diesen Nebengleisen auseinandersetzen. Aber es sind nicht Nebengleise, die wir eingeführt haben, sondern solche, die von Ihren Kollegen, insbesondere von Ihrem Fraktionsvorsitzenden, hier eingeführt worden sind.
    Sie sagen, man sollte doch nicht behaupten, die Opposition erkenne das Positive nicht an.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das tun wir doch die ganze Zeit!)

    Wir sind gern bereit, das aufzunehmen; aber Sie begehen dabei einen Denkfehler. Das, was Sie bereit sind als positiv anzuerkennen, wäre gar nicht möglich gewesen, wenn die Vertragspolitik, die wir gemacht haben, nicht vorausgegangen wäre.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das ist doch der entscheidende Punkt; dies müssen Sie ganz nüchtern sehen.
    Ein weiteres! Sie haben wieder einmal versucht — wie auch andere Kollegen aus Ihrer Fraktion —, die Mittel, die wir für den Ausbau, den Umbau und die Erweiterung der Autobahn nach Berlin bereitstellen — und nur sie sind vergleichbar mit den Aufwendungen für die Saalebrücke im Jahre 1965 — mit der Transitpauschale in einen Topf zu werfen. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie an die Saalebrücke denken, müssen Sie sich daran erinnern, daß damals — von uns nicht kritisiert und gemeinsam akzeptiert — auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland die Baustelle mit einem hohen Zaun abgeriegelt wurde und daß die Vopo auf diesem Teil Wache halten und notfalls auch schießen durfte. Wenn wir auf die Idee gekommen wären, bei einem dieser Punkte so etwas auch nur andeutungsweise zu tun — ich hätte dieses Geschrei hören mögen!

    (Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Sehr wahr!)

    Ich wiederhole: Wir haben es damals um des Baus der Brücke willen gemeinsam akzeptiert, sowohl diejenigen, die in der Regierung waren, als auch diejenigen, die in der Opposition waren. Wenn so viel nüchterne Betrachtung heute bei anderen Fragen Platz griffe, könnten wir manche Dinge besser und leichter lösen. Vielleicht denken Sie auch darüber einmal nach.

    (Hösl [CDU/CSU] : Kein Vergleich! — Beifall bei der FDP und der SPD)

    — Sie sagen jetzt „kein Vergleich". Das ist nicht richtig. Es ist doch ein Vergleich.
    Wenn Herr Kollege von Wrangel davon sprach, die ganze Reisetätigkeit sei nur eine Einbahnstraße,

    (Baron von Wrangel [CDU/CSU] : Das stimmt sogar!)

    dann muß ich dem folgendes entgegenhalten. Was die Einbahnstraße angeht, so haben Sie insofern recht, als die Vielzahl der Reisenden von 3 Millionen Menschen von der Bundesrepublik in die DDR und von 3 Millionen von West-Berlin nach Ost-Berlin und in die DDR nicht in gleicher Weise beur-



    Mischnick
    teilt werden kann, weil es eben noch die Bestimmungen über das Rentenalter gibt. Auf dieser Einbahnstraße hat aber doch schon ein wenig Gegenverkehr eingesetzt. Wir haben tatsächlich mehr als 60 000 Fälle von Reisenden, die unter dem Rentenalter liegen und die vor der vertraglichen Vereinbarung nicht gekommen wären, jetzt aber kommen konnten. Insofern sind wir auch in diesem Punkte ein Stückchen weitergekommen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Dies muß man doch sehen. Wenn man Positives anerkennt, sollte man dies nicht verschweigen.
    Nun gestatten Sie mir ein paar Bemerkungen zu den Ausführungen des Kollegen Carstens. Ich habe Verständnis dafür, wenn er möglicherweise im Augenblick etwas anderes tun muß. Warum ich erst jetzt dazu komme, ihm zu antworten, habe ich vorhin schon festgestellt. Ich hatte immer noch gehofft, daß ganz neue Erkenntnisse vorgebracht werden würden.
    Der Kollege Carstens sprach davon — und er war es, der von der Tagesordnung abgewichen ist; das sage ich, weil Sie das kritisiert haben, Herr Kollege Abelein —, wir würden entschuldigend stets von weltweiter Rezession reden, dabei aber eine bewußte Inflationspolitik getrieben haben. Er hat weiter davon gesprochen, daß die Grundlagen der Sozialversicherung erschüttert würden, und noch andere Behauptungen dieser Art aufgestellt, die nun wahrlich mit dem Bericht unmittelbar nichts zu tun haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Der Bundeskanzler hat doch davon angefangen!)

    Ich wäre dankbar, wenn die Kollegen der Union einmal in aller Ruhe darüber nachdächten, wie sie sich verhalten haben, als von uns bei der Behandlung des Rentenberichts auf drohende Entwicklungen hingewiesen wurde, die ja schon im Jahre 1963 erkennbar waren. Als wir Sie damals mahnten, bei all diesen Fragen sorgfältig und langfristig zu operieren, antwortete der Kollege Blank auf meine Mahnungen: Diese Schwarzmalerei mit 18 °/o Beiträgen, das ist nur eine Verunglimpfung unserer Reform; mit Klauen und Zähnen werden wir daran festhalten! — Wir haben längst die 18 °/oigen Beiträge. Vielleicht denken Sie einmal selbst darüber nach, was Sie damals an Fehlern gemacht haben, die Sie heute anderen in die Schuhe schieben wollen.
    Nun hat der Herr Kollege Carstens in einem Exkurs — Herr Hoppe ist darauf schon eingegangen — Persönlichkeiten der Geschichte dargestellt. Ich habe den Eindruck, daß er zu diesem Zweck sehr eifrig Veröffentlichungen der Friedrich-Naumann-Stiftung nachgelesen hat.

    (Beifall bei der FDP)

    Das ist sehr begrüßenswert; wir freuen uns über jeden, der sich mit liberaler Politik und liberaler Tradition auseinandersetzt.
    Zum Schluß hat er dann auch Thomas Dehler genannt. Als der Name Thomas Dehler fiel, erinnerte ich mich daran, daß ich als parlamentarischer Geschäftsführer im Jahre 1960, bevor Thomas
    Dehler Vizepräsident werden sollte, mit einem Ihrer Kollegen, der leider nicht mehr unter uns weilt, tagelange Gespräche führen mußte, um das an sich unbestrittene Recht einer Fraktion, denjenigen zum Vizepräsidenten vorzuschlagen, den die Fraktion angibt, bei der CDU/CSU durchzusetzen;

    (Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

    man wollte ihn nicht wählen. Heute wollen Sie Thomas Dehler für Ihre Argumentation in Anspruch nehmen.

    (Frau Pack [CDU/CSU] : Was machen Sie denn mit Adenauer!)

    Oh, wie habt ihr euch verändert! Nur haben wir eben nicht vergessen, wie es damals war.
    Als es um die Frage der Koalition und um das Gerede von der Blockpartei ging, war schon von Ihrer Doppelstrategie die Rede. Dabei ist auf die Rede des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Filbinger hingewiesen worden. Auch in Baden-Württemberg wird von der CDU versucht, die alten Liberalen in Anspruch zu nehmen. Ich möchte hier für etwas mehr Klarheit sorgen, denn ich habe den Eindruck: Tote Liberale scheinen immer gute Liberale zu sein, den lebenden allerdings will man die Liberalität absprechen.

    (Dr. Hupka [CDU/CSU] : Die haben ein anderes Konzept!)

    Ich darf deshalb hier mit Genehmigung des Präsidenten aus dem Brief eines lebenden Liberalen aus Baden-Württemberg, des früheren Finanzministers Dr. Hermann Müller, an den Ministerpräsidenten Filbinger vom 19. Januar 1976 zitieren. Mir scheint es gut zu sein, daß das im Protokoll steht. Vielleicht erleben wir in zwölf oder fünfzehn Jahren wieder eine solche Inanspruchnahme. Dann kann man darauf verweisen. Er schreibt:
    Zwar sind Ausführungen wie diejenigen, daß die CDU die einzige liberale und soziale Volkspartei sei, daß die Freiheit des menschlichen Individuums allein durch die CDU garantiert werde und ähnliche Behauptungen absolut unwahr, und Sie stecken sich damit ein falsches Etikett an, weil Sie und Ihre Partei noch nie liberal gewesen sind, sondern Liberalismus allein durch die FDP verkörpert wird.

    (Dr. Hupka [CDU/CSU] : Der Wahlkampf läßt grüßen!)

    Außerdem sind alle drei demokratischen Parteien Verteidiger des demokratischen Rechtsstaates. Aber das sind immerhin noch Ausführungen, die man an Verunglimpfungen im Rahmen eines Wahlkampfes verkraften können muß und die man im Wahlkampf widerlegen kann.

    (Frau Pack [CDU/CSU] : Was hat das mit der Lage der Nation zu tun?)

    Daß Sie aber die heutige Regierung und die Koalition aus SPD und FDP in einer Weise verteufelt haben, daß Sie von einem Sozialistenblock, der die demokratische Grundlage unseres Staates in Gefahr gebracht hat, sprechen,



    Mischnick
    ist nicht mehr zu vertreten, sondern stellt eine Diffamierung demokratischer Parteien dar, die sich bis jetzt in diesem Land noch niemand geleistet hat. Zu dieser Verteufelung gehören auch die Behauptungen,
    — jetzt wird Herr Filbinger wörtlich zitiert —„es gehe bei der Wahl um den demokratischen Staat oder die sozialistische Gesellschaft" bzw. „den Marsch in den Sozialismus kann und will die FDP nicht aufhalten" oder „es geht darum, ob in diesem Land auch in Zukunft Solidarität und Partnerschaft mehr gelten als Volksverhetzung und Klassenkampf". Es wären noch mehr Entgleisungen dieser Art zu erwähnen.
    Als Landesvorsitzender der CDU haben Sie damit die Fairneß und den Anstand, den Parteien und Parteiführer auch in einem Wahlkampf gegegenüber anderen demokratischen Parteien zu üben haben, verlassen.

    (Wehner [SPD]: Sehr wahr! — Hösl [CDU/ CSU] : Da sagt der Wehner: Sehr wahr!)

    Als Ministerpräsident aber haben Sie das Dekorum dieses hohen Amtes gröblichst verletzt.

    (Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

    Sie haben sich als solcher praktisch disqualifiziert, und alle guten Demokraten unseres Landes müssen sich schämen, daß an der Spitze unseres Staates ein Ministerpräsident steht, der sich derart vergißt. Und das ohne Not. Nirgends in unserem Lande oder auch im Bund ist irgendwo vom Verlassen der Demokratie oder der Einführung des Sozialismus oder einer sozialistischen Gesellschaft die Rede. Das war nicht der Fall in den drei Jahren, in denen Herr Kiesinger als Bundeskanzler mit der SPD im Bund regiert hat, und das war auch nicht der Fall, als Sie von 1966 bis 1972 im Land Baden-Württemberg mit der SPD regiert haben. Genausowenig ist es der Fall in den Bundesländern, in denen heute die SPD mit der FDP regiert, und Sie haben überhaupt keinen Anhaltspunkt für solche Behauptungen, wenn Sie die Regierung Helmut Schmidt/Hans-Dietrich Genscher in Bonn betrachten. Mit Ihren unqualifizierten Äußerungen haben Sie zudem die Männer, die mit Ihnen lange Jahre in einer Regierung gesessen sind

    (Dr. Hupka [CDU/CSU]: Langer Brief!)

    und die Ihnen auch danach in kollegialer Weise mit der nötigen Achtung begegnet sind, schwer beleidigt. Im Grunde genommen muß es eigentlich mit Ihrem CDU-Wahlkampfprogramm und mit dem Vorweisen Ihrer Regierungstätigkeit seit 1972 schlecht bestellt sein, wenn Sie zu solchen Wahlkampfmethoden greifen müssen.
    Was aber das Übelste dabei ist, ist die Tatsache,
    daß Sie der gewachsenen Demokratie in diesem
    Lande einen schweren Schlag versetzt haben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Hupka [CDU/CSU] : Das Protokoll bedankt sich!)

    Ich habe bewußt diesen Brief zitiert, um dies in das Protokoll des Deutschen Bundestages zu bringen.

    (Frau Pack [CDU/CSU] : Das haben wir uns gedacht! — Dr. Hupka [CDU/CSU]: Da wird es eingesargt! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Da gehört Privatpost hin!)

    — Da gehört es hin, nachdem Sie und Ihr Fraktionsvorsitzender hier in diesem Parlament so getan haben, als könnten Sie liberale Politiker der jüngsten und längeren Vergangenheit für sich in Anspruch nehmen. Sie haben kein Recht dazu, denn Sie sind keine liberale Partei.

    (Dr. Hupka [CDU/CSU] : Sie bestimmt nicht!)