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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 204. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. November 1975 Inhalt: Nachruf auf den früheren Abgeordneten und Bundesminister Storch 14133 A Erweiterung der Tagesordnung 14133 D Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 14134 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 14134 B Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP betr. Einsetzung eines Sonderausschusses — Drucksache 7/4333 14135 A Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, FDP betr. Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau — Drucksache 7/4334 — Waltemathe SPD 14135 B Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 14136 C Beratung des Ersten Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (Haushaltsstrukturgesetz) — Drucksache 7/4359 — Höcherl CDU/CSU 14138 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. April 1959 zur Errichtung der Interamerikanischen Entwicklungsbank — Drucksache 7/4315 — 14139 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes — Drucksache 7/4179 —, Bericht und Antrag des Innenausschusses — Drucksache 7/4347 — 14139 B Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Grundsätze der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Entwicklungspolitik der Bundesregierung — Drucksachen 7/3656, 7/3805, 7/3907 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 Beratung des Zweiten Berichts der Bundesregierung zur Entwicklungspolitik und der zweiten Fortschreibung der entwicklungspolitischen Konzeption — Drucksache 7/4293 — Wawrzik CDU/CSU . . . . . . . . . 14139 D Dr. Holtz SPD 14142 B Schleifenbaum FDP . . . . . . . . 14145 B Roser CDU/CSU 14150 B Stahl (Kempen) SPD 14153 B Werner CDU/CSU 14156 D Bahr, Bundesminister BMZ . . 14159 D, 14185 A Dr. Todenhöfer CDU/CSU . . . 14166 A, 14186 A Schluckebier SPD 14172 C Zywietz FDP 14174 D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . 14177 D Peiter SPD . . . . . . .. . . . . 14182 A Wehner SPD 14185 D Reddemann CDU/CSU 14186 B Präsident Frau Renger 14186 C Nächste Sitzung 14186 D Anlagen Anlage I Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 14187* A Anlage 2 Herkunft sogenannter Kohlezuschüsse und deren Rückstellung durch die Preussag MdlAnfr A63 21.11.75 Drs 07/4322 Westphal SPD MdlAnfr A64 21.11.75 Drs 07/4322 Westphal SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14187* D Anlage 3 Verlängerung der Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen ausländischer Arbeitnehmer in der deutschen Gastronomie MdlAnfr A75 21.11.75 Drs 07/4322 Rollmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 14188* B Anlage 4 Gutachten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft über die künftige Entwicklung der Arbeitsplätze in der Elektrotechnik, der Feinmechanik und der Schuh- und Textilindustrie SchrAnfr B30 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B31 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14188* C Anlage 5 Meldungen über finanzielle Stützungsmaßnahmen der Ruhr-Kohle AG sowie Bereitschaft der Bundesregierung zur Gewährung steuerlicher Erleichterungen auch für die übrige Wirtschaft SchrAnfr B33 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B34 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14189* B Anlage 6 Milderung der gesundheitlichen Auswirkungen des Zigarettenrauchens bei filterlosen Zigaretten SchrAnfr B59 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Blüm CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 14189'D Anlage 7 Konsequenzen aus den Untersuchungen über das Absinken der Sterblichkeit durch Herz- oder Kreislaufversagen bei Ansteigen des Wasserhärtegrades SchrAnfr B60 21.11.75 Drs 07/4322 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 14190* A Anlage 8 Thema, Auflage und Kosten der Publikation des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit als Beilage der „Münchener Post" SchrAnfr B61 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 14190* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 14133 204. Sitzung Bonn, den 28. November 1975 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Abelein 28. 11. Dr. Achenbach * 28. 11. Adams * 28. 11. Dr. Ahrens ** 28. 11. Dr. Aigner * 28. 11. Alber ** 28. 11. Amrehn 28. 11. Anbuhl 28. 11. Dr. Artzinger * 28. 11. Dr. Bayerl 28. 11. Dr. Becher (Pullach) 28. 11. Behrendt * 28. 11. Dr. von Bismarck 28. 11. Blumenfeld *** 28. 11. Prof. Dr. Burgbacher 28. 11. Dr. Corterier * 28. 11. Frau Däubler-Gmelin 28. 11. Dr. Dollinger 28. 11. Entrup 28. 11. Dr. Eppler 28. 11. Dr. Evers 12. 12. Fellermaier * 28. 11. Frehsee * 28. 11. Gewandt 12. 12. Gerlach (Emsland) 28. 11. Graaff 12. 12. Dr. Gradl 28. 11. Handlos 28. 11. Härzschel * 28. 11. Höcherl 28. 11. von Hassel 28. 11. Huonker 28. 11. Dr. Jahn (Braunschweig) * 28. 11. Dr. Kempfler 28. 11. Kiechle 28. 11. Dr. Klepsch *** 28. 11. Köster 28. 11. Freiherr v. Kühlmann-Stumm 28. 11. Krall * 28. 11. Dr. Lohmar 28. 11. Lücker * 28.11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 28. 11. Müller (Mülheim) * 28. 11. Orgaß 28. 11. Frau Dr. Orth 28. 11. Pawelczyk 28. 11. Rappe (Hildesheim) 28. 11. RiChter ** 28. 11. Schmidt (München) * 28. 11. von Schoeler 28. 11. Dr. Schröder (Düsseldorf) 28. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schwabe 28. 11. Dr. Schwörer * 28. 11. Seibert 28. 11. Seefeld * 28. 11. Simon 28. 11. Springorum * 28. 11. Dr. Starke (Franken) 28. 11. Tillmann 28. 11. Vahlberg 28. 11. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 12. 12. Walkhoff * 28. 11. Dr. Wallmann 28. 11. Walther 5. 12. Frau Dr. Walz * 28. 11. Dr. Warnke 28. 11. Dr. von Weizsäcker 4. 12. Dr. Wex 28. 11. Dr. Wittmann (München) 5. 12. Frau Dr. Wolf ** 28. 11. von Wrangel 28. 11. Wurbs 28. 11. Wuttke 28. 11. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Westphal (SPD) (Drucksache 7/4322 Fragen A 63 und 64) : Welche „Kohlezuschüsse" sind gemeint, wenn die Preussag in ihrem Bericht von der Hauptversammlung 1975 schreibt: „Von den vereinnahmten Kohlezuschüssen von 60 Millionen DM haben wir 58,5 Millionen DM für den Ausgleich zukünftiger Kohleverluste zunächst in einen Sonderposten mit Rücklageanteil eingestellt, um den Selbstbehalt der Preussag, der von den Zuschußgebern ausbedungen worden ist, bereits im Jahr 1974 zu realisieren." (Preussag-Zeitschrift Nr. 53/1975, Seite 9)? Ist es mit der Bundeshaushaltsordnung und einschlägigen Richtlinien für die in diesem Fall betroffenen „Kohlezuschüsse" vereinbar, daß die Preussag beträchtliche öffentliche Mittel nicht im Jahr der Bewilligung verausgabt, sondern diese in einen Sonderposten mit Rücklageanteil einstellt, so daß ihr dadurch Zinsgewinne zuwachsen, die dem öffentlichen Zuwendungsgeber entgehen? Zu Frage A 63: Um den Weiterbetrieb der Steinkohlenbergwerke Ibbenbüren zu ermöglichen, hat die Bundesregierung der Preussag AG im Oktober 1974 einen bedingt rückzahlbaren Zuschuß von 60 Millionen DM gewährt, von denen 1974 40 Millionen DM ausgezahlt wurden. Das Land Nordrhein-Westfalen gewährte einen Zuschuß von weiteren 30 Millionen DM und zahlte hiervon 1974 20 Millionen DM aus. Diese Zuschüsse sind zum teilweisen Ausgleich der Verluste bestimmt, die der Preussag AG in den Jahren 1974-1977 durch den Weiterbetrieb der Steinkohlenbergwerke Ibbenbüren, insbesondere infolge der für diesen Weiterbetrieb notwendigen erheblichen Investitionen, entstehen. Die über die Zuschüsse hinausgehenden Verluste hat die Preussag AG selbst zu tragen; mindestens jedoch 48,9 Millionen DM. Eine endgültige Abrechnung erfolgt nach Ablauf des Jahres 1977. 14188* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 Zu Frage A 64: Die von der Preussag AG gewählte bilanztechnische Verbuchung der 1974 gezahlten Zuschüsse der öffentlichen Hand ändert nichts daran, daß im Jahre 1974 in Ibbenbüren beträchtliche Verluste entstanden sind und in Zukunft entstehen werden. Die in der Zeit bis 1977 insgesamt zu erwartenden Verluste werden im übrigen sogar noch weitaus höher sein, als bei der Zuschußgewährung angenommen. Die Bilanzierung als solche sagt noch nichts darüber aus, inwieweit der Preussag AG im Zusammenhang mit der Gewährung der Zuschüsse Zinsvorteile zuwachsen. Zinsvorteile können nur dann entstehen, wenn der in einem Kalenderjahr ausgezahlte Zuschuß höher ist als die in diesem Jahr eingetretenen Verluste in Ibbenbüren. Da derartige Zinsvorteile bei der Bemessung der Höhe des Gesamtzuschusses berücksichtigt worden sind, steht die Zuschußgewährung mit den Bestimmungen der Bundeshaushaltsordnung in Einklang. Die Zuschüsse sind nicht aufgrund eines allgemeinen Förderprogrammms im Rahmen von Richtlinien, sondern als Einzelmaßnahme aufgrund eines gesonderten Haushaltstitels zugesagt worden. Zweckbestimmung und Erläuterungen dieses Titels wurden beim Erlaß des Zuwendungsbescheides voll eingehalten. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Frage A 75) : Ist es richtig, daß selbst dann die Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen von ausländischen Arbeitnehmern in der deutschen Gastronomie wegen der herrschenden Arbeitslosigkeit nicht verlängert werden, wenn die Gastronomen zur Verlängerung der Arbeitsverträge für diese ausländischen Arbeitnehmer bereit sind und nach wie vor kaum deutsche Arbeitskräfte für das gastronomische Gewerbe bekommen können? Nach § 19 des Arbeitsförderungsgesetzes bedürfen Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung im Bundesgebiet grundsätzlich einer Arbeitserlaubnis. Diese wird nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt. Arbeitserlaubnisfrei sind Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften. Ausländischen Arbeitnehmern, die ununterbrochen fünf Jahre lang eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Bundesgebiet ausgeübt haben oder mit einem Deutschen verheiratet sind, wird die Arbeitserlaubnis unabhängig von der Arbeitsmarktlage erteilt. Bei der Verlängerung einer Arbeitserlaubnis haben die Arbeitsämter nach den Weisungen des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit die Verhältnisse des einzelnen Falles verstärkt zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ohne Unterbrechung des bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses fortsetzen will. Nach Auskunft des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit wird die Arbeitserlaubnis verlängert, wenn die Versagung zu einem ungedeckten Arbeitskräftebedarf führen würde. Dies gilt auch für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Sollten Ihnen konkrete Einzelfälle aus dem Gaststättengewerbe bekannt sein, in denen abweichend von dieser Praxis entschieden worden ist, bin ich gern bereit, der Angelegenheit nachzugehen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Fragen B 30 und 31) : Teilt die Bundesregierung die Ansicht eines Gutachtens des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, das im Auftrag des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit erstellt worden ist, daß noch bis zu 600 000 Arbeitsplätze in der Elektrotechnik, der Feinmechanik, der Schuh- und Textilindustrie verlorengehen sollen, wobei man in der Textilindustrie mit dem Verlust eines Drittels der Arbeitsplätze rechnet? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, wenn diese Angaben zutreffen, um dieses gefährliche Ergebnis einer liberalen Außenhandelspolitik zu vermeiden oder wenigstens zu verlangsamen, und ist die Bundesregierung bereit, die Umstrukturierung vor allem durch Verbesserung der Investitionsmöglichkeiten und der Forschung zu unterstützen, besonders dann, wenn diese Gebiete nicht bereits in regionalen Förderungsprogrammen enthalten sind? Das im Auftrag des BMZ vom Institut für Weltwirtschaft, Kiel, erstellte Gutachten „Die Auswirkungen vermehrter Einfuhren aus Entwicklungsländern auf ausgewählte Branchen in der Bundesrepublik Deutschland" prognostiziert bis zum Jahre 1985 eine Einbuße von 300 000 bis maximal 600 000 Arbeitsplätzen für den gesamten Bereich der Verarbeitenden Industrie, nicht allein schon für die vier in Ihrer Anfrage aufgeführten Branchen (vgl. a. a. O. S. 109 Tabelle 8). Dem stellen die Verfassser die Erwartung gegenüber, daß aufgrund vermehrter Ausfuhren von Industriegütern 200 000 Arbeitsplätze zusätzlich entstehen werden. Als erheblich von den prognostizierten Freisetzungen betroffen nennt das Gutachten die lederverarbeitende und die Schuhindustrie sowie die Bekleidungs- und einzelne Fertigungen aus der Textilindustrie. Die wirtschaftswissenschaftlichen Instituten erteilte Genehmigung zur Veröffentlichung von Auftragsgutachten bedeutet nicht, daß die Bundesregierung die in solchen Gutachten geäußerten Ansichten teilt oder sich ihre Ergebnisse zu eigen macht. Grundsätzlich können wirtschaftswissenschaftliche Gutachten Anhaltspunkte zur Beurteilung möglicher struktureller Entwicklungen liefern. Die Prognosen dieses Gutachtens unterliegen allerdings zahlreichen methodischen Vorbehalten und Prämissen, auf die die Verfasser zum Teil selbst hinweisen (a. a. O. Tz. 143 ff.). Dies gilt z. B. für die Annahme, die Einfuhren aus den Entwicklungsländern würden sich bis 1985 mit derselben Zuwachsrate entwickeln wie in der Vergangenheit. Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, daß sie nicht zuletzt aufgrund der großen Außenhandels- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 14189* abhängigkeit der Bundesrepublik weiterhin eine liberale Außenhandelspolitik verfolgen wird. Hierbei darf jedoch nicht vergessen werden, daß Entscheidungen darüber nur noch gemeinsam mit den EG-Partnern getroffen werden können, deren Vorstellungen zum Teil erheblich von der liberalen Haltung der Bundesrepublik abweichen. Die Bundesregierung hat in ihrer Außenhandelspolitik stets darauf geachtet, bruchartige Rückwirkungen auf die Binnenwirtschaft zu vermeiden. So konnten große Liberalisierungsfortschritte in den fünfziger, sechziger und frühen siebziger Jahren ohne schwerwiegende Beschäftigungseinbrüche erreicht werden. Darauf wird die Politik der Bundesregierung auch künftig ausgerichtet sein. Was die Bekleidungs- und Textilindustrie im besonderen angeht, so hat die Bundesregierung bereits in ihrer Antwort vom 6. November 1975 auf eine Anfrage des Abgeordneten Gerlach (Obernau) — BT-Drucksache 7/4242 — darauf hingewiesen, daß die Europäische Gemeinschaft durch Selbstbeschränkungsabkommen, die sie im Rahmen des Welttextilabkommens mit wichtigen Ausfuhrländern abgeschlossen hat bzw. abschließen wird, das Wachstum von Einfuhren in diesem Bereich abbremsen wird. Im übrigen hat die Bundesregierung bereits mehrfach ihre Ansicht zum Ausdruck gebracht, daß sich die deutsche Wirtschaft entsprechend den Entwicklungen in der Weltwirtschaft einem laufenden Strukturwandel stellen und in einigen Bereichen Anpassungsprozesse durchlaufen muß. Zur Erleichterung solcher Anpassungsprozesse hat die Bundesregierung bereits seit langem ein breit gefächertes Instrumentarium zur Verfügung gestellt, dessen Einzelheiten in der Antwort vom 25. September 1975 auf Ihre Anfrage — BT-Drucksache 7/4024 — dargestellt worden sind. Dort sind auch die Möglichkeiten für besondere regionalpolitische Fördermaßnahmen genannt. Die Mehrzahl der in dem Kieler Gutachten genannten Regionen, in denen die erwarteten Freisetzungen besonders starke Auswirkungen haben sollen, zählen zu den Fördergebieten im Sinne der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretars Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Fragen B 33 und 34) : Treffen Meldungen zu, daß die Bundesregierung zur Zeit umfangreiche finanzielle Stützungsmaßnahmen der Ruhrkohle AG vorbereitet, um diesem Unternehmen die Schwierigkeiten zu erleichtern, die sich aus der konjunkturell bedingten Absatzkrise ergeben? Ist die Bundesregierung bereit, zur Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung auch für die übrige Wirtschaft endlich Steuererleichterungen zuzulassen, die eine Überwindung der Krise, besonders im mittelständischen Bereich, ermöglichen soll, dies besonders durch Reduzierung und Abzugsfähigkeit der Vermögensteuer, durch Änderung der Abschreibungsbedingungen und durch den Verlustrücktrag, alles Maßnahmen, die für die Erhaltung von Millionen Arbeitsplätzen notwendig sind? Zu Frage B 33: Die Bundesregierung hat am 26. November 1975 beschlossen, die in der ersten Fortschreibung des Energieprogramms ab 1977 vorgesehene Steinkohlenreserve vorzuziehen und bereits ab 1976 anzulegen. An dem Aufbau dieser Reserve werden alle Unternehmen des deutschen Steinkohlenbergbaus und nicht nur die Ruhrkohle AG beteiligt. Die Steinkohlenreserve dient der Sicherung unserer Energieversorgung; die Kohle soll im Bedarfsfalle insbesondere zur Subvention von Öl herangezogen werden, wie dies auch während der Energiekrise 1973/74 geschehen ist. Es ist sinnvoll, die Steinkohlenreserve schon jetzt zu bilden, weil die Haldenbestände der Bergbauunternehmen stark angewachsen sind. Zu Frage B 34: Der vorgezogene Aufbau der Steinkohlenreserve bringt im gegenwärtigen Zeitpunkt eine gewisse Entlastung für die Bergbauunternehmen. Die Bildung der Steinkohlenreserve zur Sicherung unserer Energieversorgung kann jedoch mit Steuererleichterungen für die Wirtschaft — zu der auch die Unternehmen des Steinkohlenbergbaus gehören — nicht verglichen werden. Anläßlich der Beschlußfassung über Maßnahmen zur Verbesserung der Haushaltsstruktur hat die Bundesregierung bereits am 10. September 1975 die gesetzgebenden Körperschaften gebeten, am fristgerechten Inkrafttreten der Körperschaftsteuerreform zum 1. Januar 1977 festzuhalten. Die Frage eventueller weiterer steuerlicher Maßnahmen zur mittelfristigen Stützung der Investitionstätigkeit der Wirtschaft wird von der Bundesregierung zur Zeit eingehend geprüft. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Blüm (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Frage B 59) : Welche Möglichkeiten werden von der Bundesregierung genutzt, um die gesundheitlichen Auswirkungen des Zigarettenrauchens bei filterlosen Zigaretten zu mildern? Nach Auffassung der Bundesregierung ist Rauchen generell gesundheitsschädlich. Sie hat diese Auffassung in den Antworten auf zwei Kleine Anfragen aus dem Deutschen Bundestag — Bundestagsdrucksachen 7/2070 und 7/3597 — im einzelnen belegt. Der von ihr vertretenen Auffassung ist auch aus Fachkreisen nicht widersprochen worden. Bei dieser Grundauffassung wäre es schwer vertretbar, im Rahmen der gesundheitlichen Aufklärung die lediglich graduellen Unterschiede der Gefährlichkeit einzelner Tabakerzeugnisse zum Anlaß zu nehmen, für einzelne Gruppen besondere Aufklärungsmaßnahmen einzuleiten. Obwohl nicht zu verkennen ist, daß filterlose Zigaretten, die teil- 14190* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 weise gegenüber Filterzigaretten Tabake mit hohen Nikotin- und Kondensatwerten enthalten, das größere gesundheitliche Risiko darstellen, ist das Rauchen von Filterzigaretten jedoch keineswegs gesundheitlich unbedenklich und kann sogar zur Änderung der Rauchgewohnheit, d. h. zur Konsumerhöhung verführen. Ziel der gesundheitlichen Aufklärung ist es, der Bevölkerung bewußt zu machen, daß jede Art von Rauchen gesundheitsschädlich ist und daß zum Rauchen die gesundheitsgerechte Alternative nur das Nichtrauchen darstellen kann. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Frage B 60) : Sind dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit Untersuchungen in mehreren Staaten bekannt, die laut Angaben des Bundesverbands der Innungskrankenkasse bewiesen haben, daß bei einem Ansteigen des Wasserhärtegrades die Sterblichkeit durch Herz- oder Kreislaufversagen sinkt, und gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls Konsequenzen daraus zu ziehen? Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit verfolgt seit Jahren die Veröffentlichungen in der internationalen wissenschaftlichen Literatur über einen möglichen Zusammenhang zwischen Wasserhärte und bestimmten Herz-Kreislaufkrankheiten. Das Bundesgesundheitsamt ist beauftragt worden, in einer institutsübergreifenden Arbeitsgruppe die vorhandenen Unterlagen auszuwerten. Ferner wurde der Bundesgesundheitsrat gebeten, die Frage zu beantworten, ob angesichts der vorhandenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen eine Enthärtung unseres Trinkwassers zu verantworten sei. Sein Votum liegt noch nicht vor. Angesichts der Schwierigkeiten der Materie muß jedoch mit einer längeren Beratungsdauer gerechnet werden. Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat die Bevölkerung im Juli 1975 durch eine Presseveröffentlichung auf diese Fragen hingewiesen und Zurückhaltung bei der Nachbehandlung des von der öffentlichen Wasserversorgung gelieferten Trinkwassers empfohlen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Frage B 61) : Welche Publikation des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit hat der Zeitung „Münchner Post", Ausgabe November 1975, Nr. 37, in welcher Auflage und zu welchen Kosten tatsächlich beigelegen? Der „Münchner Post", Ausgabe November 1975, Nr. 37, lag eine sechsseitige Information des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit zu verschiedenen gesundheitspolitischen Fragen und Themen der Gesundheitserziehung in einer Auflage von 250 000 Exemplaren bei. Die Kosten für Gestaltung, Druck und Vertrieb der Beilage betrugen 53 526,42 DM.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Egon Bahr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Bei dem verständlichen Wunsch, daß noch mehr noch besser wäre, sollten wir uns nicht in eine Diskussion verlieren, die uns im Augenblick unserer größten Leistung kleiner macht, als wir sind. Das gilt auch für die Qualität unserer Hilfe.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Alle Regierungen haben versucht, Konsequenzen aus der veränderten internationalen Lage zu ziehen. Die Bundesregierung hat dies getan und damit international Anerkennung gefunden. Besonders begrüßt wurde die nach der Sondersitzung des Kabinetts in den Thesen von Gymnich, die in dem entwicklungspolitischen Bericht, in der fortgeschriebenen Konzeption, niedergelegte Absicht, die Hilfe stärker auf die ärmsten Entwicklungsländer, auf die ärmsten Bevölkerungskreise zu konzentrieren und zu diesem Zweck zunehmend die Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung zu fördern.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Das m a c h e n Sie bloß nicht!)

    Interesse fanden die neuen Formen unserer Nahrungsmittelhilfe. — Wir erreichen in diesem Jahr, Herr Zwischenrufer, daß jede zweite Mark, die wir bilateral zusagen, in die am meisten betroffenen Länder fließt, daß jede dritte Mark der Entwicklung
    der Landwirtschaft zugute kommt, und wir werden diese Konzentration auch fortsetzen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Die Gruppe dieser Länder wird aber immer größer! Das ist doch der Trick, mit dem Sie arbeiten!)

    Vom 1. Januar kommenden Jahres an wird die Gruppe der am meisten betroffenen Länder unsere Kapitalhilfe zu günstigeren Bedingungen erhalten, während Länder, die in einer besseren Position sind, Kapitalhilfe nur zu härteren Konditionen bekommen. Wir werden damit der eingetretenen Veränderung gerecht; wir befinden uns hier in Übereinstimmung mit der Politik der Weltbank, den Empfehlungen der OECD und dem Wunsch der Vereinten Nationen.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Und der Opposition übrigens!)

    — Na, um so besser!
    Die Frage, ob wir bei diesen vielen Änderungen unsere entwicklungspolitische Konzeption nicht neu fassen müßten, wurde geprüft. Das Ergebnis kennen Sie. Unsere entwicklungspolitische Konzeption erwies sich als elastisch genug, um zum zweitenmal fortgeschrieben zu werden.

    (Werner [CDU/CSU] : Das kann man sagen!)

    Dies ist ein nachträgliches Kompliment für meinen Vorgänger im Amt und Freund Erhard Eppler, dessen Leistung draußen größere Anerkennung gefunden hat als zu Hause. Auch das verbindet ihn mit manchen anderen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Todenhöfer [CDU/CSU]: Als Ihre!)

    Wer die Sprecher der Opposition heute über Erhard Eppler reden hört, der merkt, daß Sozialdemokraten um so akzeptabler werden, je weniger sie noch im Amt sind.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Man merkt den Unterschied zwischen Ihnen und Herrn Eppler, Herr Bahr!)

    Zu den Möglichkeiten, der neuen Lage gerecht zu werden, gehört auch unser Angebot, in einer Dreieckskooperation das technische Wissen der Industrieländer mit den finanziellen Möglichkeiten der Ölproduzenten zugunsten dritter Länder zu verwenden. Diese Idee entsprang der Logik und der Erfahrung, daß Entwicklung drei Faktoren bedingt. Der erste und wichtigste ist die Bereitschaft und die Fähigkeit eines Landes, sich zu entwickeln. Der zweite liegt in der Übertragung von Wissen oder Technik, und der dritte liegt in der Finanzierung. Wir können heute drei Feststellungen treffen.
    Erstens. Die Ölländer, deren Aufnahmefähigkeit für Entwicklung schneller gewachsen ist, als allgemein angenommen wurde, haben sich auch sehr schnell ihrer gewachsenen Verantwortung gerecht gezeigt und haben insgesamt nicht weniger Geld



    Bundesminister Bahr
    für Entwicklungshilfe zugesagt, als die Industrieländer zur Verfügung gestellt haben.

    (Dr. Narjes [CDU/CSU] : Und was haben sie tasächlich gezahlt? — Dr. Todenhöfer [CDU/ CSU]: Das ist ein Unterschied: zahlen und zusagen!)

    Ich muß allerdings zugeben,

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Geben Sie es zu!)

    daß die ölproduzierenden Länder in ihrer Auszahlungsgeschwindigkeit genauso langsam sind wie die Industrieländer.
    Zweitens, Sie haben natürlich etwas mehr Zeit gebraucht und brauchen sie noch immer, um sich die Instrumente zu schaffen, mit denen Entwicklungshilfe geleistet werden kann.
    Drittens. Die Idee der Dreieckskooperation ist international akzeptiert. Sie hat ihre größten Erfolge über die Weltbank als ein international anerkanntes multinationales, politisch neutrales Instrument. Alle großen Industrieländer sind in der Verhandlung über entsprechende Projekte.
    Wie positiv diese Idee gesehen wird, hat die CDU auf ihrem entwicklungspolitischen Kongreß gehört, als Raul Prebisch, Maurice Williams und der Schah-Berater Reza Fallah darüber sprachen.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Das ist nicht wahr, Herr Bahr! Das ist schlicht und einfach nicht wahr!)

    Auch wir sind in Verhandlungen mit dem Arab Fund, dem Saudi Arab Development Fund, dem Abu Dhabi Fund, dem Kuwait Fund und mit dem Iran. Dabei geht es um Projekte von vielen hundert Millionen DM, bei denen wir zum Zeichen unseres Engagements z. B. bereit sind, Kosten für die Projektvorbereitungen zu tragen. Es muß unterstrichen werden, daß die Dreieckskooperation nicht dazu dienen soll, die finanziellen Aufwendungen der Bundesrepublik zu ersetzen, sondern dazu, Drittländern zusätzlich unsere technischen Kapazitäten über das hinaus, was für uns finanzierbar ist, zur Verfügung zu stellen. Nach weniger als einem Jahr konkreter Bemühungen, also einer Zeit, in der normale bilaterale Projekte nur in seltenen Fällen unterschriftsreif sind, kann noch keine große Projektliste vorgelegt werden. Aber ich kann heute meine Erwartung ausdrücken, daß sowohl die Projekte als auch die Volumina, die im Laufe des nächsten Jahres zu erwarten sind, beträchtlichen Umfang haben werden.
    Wir haben das Kapital der DEG bedeutend erhöht, um besonders mittleren Unternehmen Investitionen und Beteiligungen in Entwicklungsländern zu erleichtern. Die Europäische Gemeinschaft- hat mit dem Abkommen von Lomé einen großen Sprung geschafft. Das dortige Modell der Erlösstabilisierung hat international auch zur Entkrampfung der Fronten in New York beigetragen. Ich will dieses Thema nicht weiter vertiefen, da es den Deutschen Bundestag gesondert beschäftigen wird.
    Aber ich darf nicht mein Bedauern unterdrücken, daß es der Gemeinschaft bisher nicht gelungen ist, zwei andere Beschlüsse zu verwirklichen, die im Sommer vergangenen Jahres gleichzeitig gefaßt wurden, nämlich die Koordinierung und Harmonisierung der Entwicklungspolitik der Partner und die gemeinschaftliche Organisation der weltweiten Hilfe. Hier hat die Bundesregierung den Standpunkt eingenommen, daß das eine nicht ohne das andere geht, daß der letzte große Fonds der Gemeinschaft nicht eingerichtet werden kann, ohne daß die Gemeinschaft die selber gesetzten politischen Ziele erreicht, wobei ich das stufenweise Erreichen nicht ausschließe.
    Die Gespräche mit meinem britischen Kollegen Anfang dieser Woche in London haben ergeben, daß die britische Regierung beide Ziele bejaht. Die Bundesregierung wird dazu Initiativen ergreifen, um nach Abstimmung mit unseren anderen Partnern in der Europäischen Gemeinschaft einen Entwicklungsrat im kommenden Frühjahr vorzubereiten, der sich mit diesen beiden Punkten befassen soll.

    (Beifall bei der SPD — Roser [CDU/CSU] : Warum ist das nicht schon längst geschehen?!)

    Hier geht es nicht um Geld, denn wir hätten das Geld, das wir auf eine europäische Verantwortung in dem Maße übertragen könnten, in dem unsere bilaterale Aufgabe geringer wird. Es handelt sich um eine Komplettierung der Europäischen Gemeinschaft, die im Prinzip beschlossen ist und auf deren Verwirklichung wir drängen werden.
    Wir haben uns bemüht, auch unsere Instrumentarien zu verbessern. Das Ministerium bewältigt bei international anerkannter Qualität seiner Arbeit nun schon im zweiten Jahr ein beträchtlich wachsendes Volumen mit der gleichen Zahl von Mitarbeitern. Hierin liegt ein Rationalisierungsfaktor, der von den Mitarbeitern ein Engagement verlangt, das außergewöhnlich ist und Anerkennung verdient. Wir haben in der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit ein Instrument zur Durchführung unserer gesamten technischen Hilfe geschaffen, das privatrechtlich organisiert und inzwischen voll arbeitsfähig ist. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die unsere Kapitalhilfe abwickelt, hat ebenfalls Rationalisierungen vorgenommen, die zum Teil sehr lange Prüfungszeiten abkürzen.
    Wir geben uns mit alledem nicht zufrieden und haben Anfang November mit der Überprüfung der gesamten Arbeitsorganisation des Ministeriums begonnen. Wir wollen uns die neuesten Erkenntnisse moderner Verwaltungs- und Unternehmensführung zunutze machen. Wir haben den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung vorangebracht und werden in der Lage sein, einem oft geäußerten Wunsch entsprechend, den Fachausschuß dieses Hauses vom kommenden April an über alle nach dem 1. Januar 1976 neu abgeschlossenen Projekte regelmäßig zu informieren. Wir sind noch nicht ganz in der Lage, das auch für alle in der Vergangenheit liegenden Projekte zu tun. Aber das ist inzwischen zu einer Frage weniger Wochen geworden.



    Bundesminister Bahr
    „In der Entwicklungspolitik geht es darum, nicht das Populäre zu tun, sondern das Richtige populär zu machen." Das ist ein Satz aus einer entwicklungspolitischen Debatte vor 15 Jahren, den der heutige Bundespräsident formuliert hat. Damals haben ihm alle zugestimmt; ich hoffe, daß das so bleibt, wenn wir uns, auch einer Empfehlung der OECD folgend, gemeinsam — gemeinsam! — um eine verbesserte Information bemühen.
    Ich habe die Freude, Ihnen heute mitteilen zu können, daß der Herr Bundespräsident meiner Anregung zugestimmt hat, einen „Journalisten-Preis Entwicklungspolitik" zu schaffen. Wir werden Journalisten auszeichnen, die mit der außergewöhnlichen Qualität ihrer Berichterstattung das Bewußtsein der deutschen Öffentlichkeit für die Notwendigkeit partnerschaftlicher Zusammenarbeit schärfen.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Bundespräsident wird den mit insgesamt 20 000 DM dotierten Preis zum erstenmal im kommenden Frühjahr überreichen.
    Der Export in die Entwicklungsländer hat sich in den letzten beiden Jahren verdoppelt. Unsere Kapitalhilfe wird — darin sind wir vorbildlich — insgesamt ohne Lieferbindung gegeben. Ich bin auch der deutschen Wirtschaft dafür dankbar, daß sie sich dem internationalen Konkurrenzdruck stellt, der darin liegt, daß die Entwicklungsländer mit der von uns für bestimmte Projekte vereinbarten Kapitalhilfe dort kaufen können, wo sie am besten, am schnellsten und am billigsten bedient werden. 80 % unserer Kapitalhilfe fließt in Form von Aufträgen an unsere Wirtschaft zu uns zurück. Bei der technischen Hilfe sind es sogar 90 °/o. Aus dem Weltbankbereich bekommen wir mehr als doppelt so viele Aufträge, wie wir als Anteil einzahlen. Übrigens, Herr Kollege Roser: aus dem Fonds der Europäischen Gemeinschaft weniger als ein Drittel von dem, was wir einzahlen.
    Entwicklungshilfe sichert heute Arbeitsplätze, und zwar jeden siebten, der mit dem Export zusammenhängt.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: So ist es!)

    Export in die Entwicklungsländer ist für den Gesamtexport genauso wichtig geworden wie die Automobilindustrie für unsere Gesamtwirtschaft.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir definieren Interessen, wir treten den Entwicklungsländern als Partner gegenüber, die ihre Interessen definieren. Wir versuchen, soweit es geht, die Hilfe durch Zusammenarbeit zu ersetzen, weil es auf die Dauer eines ganz ungewöhnlichen Stolzes bedarf, wenn der eine immer nur danke sagen soll. Wir sind überzeugt, daß diese Länder zudem das Entscheidende selbst tun müssen, weil nur sie unter dem aus allen angebotenen technischen Modellen auswählen können, was sie aus ihrer Tradition, aus ihrem Willen, aus ihrer Fähigkeit, aus ihrer Möglichkeit tun und welchen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Weg sie gehen wollen. Die Verantwortung für diese Entscheidung kann ihnen niemand abnehmen. Das Recht auf Fehler haben auch junge Staaten.
    Nachdem es gelungen ist — und solange es weiterhin gelingt —, den Prozeß der Entspannung in Europa zu entwickeln, kann sich die Bundesrepublik Deutschland freier und mit größerer Energie den Entwicklungsländern zuwenden. Auch die Entwicklungsländer profitieren von der Entspannung zwischen Ost und West.

    (Dr. Wulff [CDU/CSU]: Wie Angola!)

    Wenn der Verdacht geäußert worden ist — das ist übrigens auch heute wieder geschehen —, ich würde die Entwicklungspolitik in den Dienst der Ostpolitik stellen oder umgekehrt Ostpolitik in die Entwicklungspolitik übertragen, so kann ich nur sagen: die Politik der Friedenssicherung und die Politik der Entspannung gilt für die Bundesregierung nach allen Himmelsrichtungen. Das Prinzip des Gewaltverzichts ist nach unserer Auffassung ein Prinzip auch für das Zusammenleben der Entwicklungsländer und mit Entwicklungsländern. Im übrigen hat die Opposition den gleichen ostpolitischen Gewinn wie die Regierungskoalition für unsere Entwicklungspolitik. Wir alle sind frei geworden von der Hallstein-Doktrin. Ich habe dem oft angekündigten und dann auch erschienenen Entwurf für entwicklungspolitische Leitsätze der CDU entnehmen können, daß dies der einzige Punkt ist, in dem man unsere Ostpolitik wirklich akzeptiert hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Jedenfalls sehnt sich die Union in der Entwicklungspolitik auch nicht mehr nach der Hallstein-Doktrin zurück.

    (Wehner [SPD]: Das weiß man nicht! — Lachen bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Schattenboxen! Rotkäppchen!)

    Bei der Komplexität der weltpolitischen Probleme geht es um Fragen, für die in den letzten Jahren zunehmend auch die Regierungschefs, die Außenminister, die Wirtschaftsminister, die Landwirtschaftsminister und die Familienminister Interesse gewonnen haben. Ich begrüße das, weil die Sache der Entwicklungsländer damit Verbündete gewinnt. Entwicklungspolitik war schon immer mehr als Hilfe für die Armen. Heute gibt es darüber weder international noch zu Hause Streit. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, daß außer allem Neuen die alten Probleme geblieben sind, der Hunger und die Armut größer geworden sind. Mit dem schneller werdenden Wachstum der Menschheit sind auch die Probleme schneller gewachsen, als wir sie lösen können. Die Herausforderung an unsere Gewissen ist nicht kleiner geworden. Wir können wohl alle froh sein, daß auch die Bereitschaft der Menschen in unserem Lande zu spenden nicht geringer geworden ist. Wir haben beiden Kirchen herzlich für das zu danken, was sie an Aufklärung und tätiger Hilfe mit den Menschen und für die Menschen in aller Welt tun.

    (Allgemeiner Beifall)




    Bundesminister Bahr
    Ich stimme dem Kollegen Roser zu, der heute vormittag die Frage gestellt hat, ob wir auf diesem Gebiet der Entwicklungspolitik nicht viel gemeinsam tun können. Warum denn nicht? Aber die Opposition muß sich dann überlegen, ob sie dem Stil des Vorsitzenden Kohl oder dem Stil des Vorsitzenden Strauß folgen will.

    (Roser [CDU/CSU]: Was soll das jetzt? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Alle Parteien geben der Entwicklungspolitik einen großen Rang. Alle Parteien denken dabei in die gleiche Richtung. Es gibt das Verständnis, daß es sich hier um Aufgaben handelt, die zu groß sind, urn sie im Rahmen unserer üblichen Zeitvorstellung lösen zu können. Diejenigen, die dennoch Tag für Tag daran arbeiten, bitten um Ihrer aller Unterstützung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Todenhöfer.

(Stahl [Kempen] [SPD] : Aha!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Jürgen Todenhöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

    (Wehner [SPD] : Wer ist Vorsitzender? — Lachen bei der SPD)