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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 204. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. November 1975 Inhalt: Nachruf auf den früheren Abgeordneten und Bundesminister Storch 14133 A Erweiterung der Tagesordnung 14133 D Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 14134 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 14134 B Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP betr. Einsetzung eines Sonderausschusses — Drucksache 7/4333 14135 A Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, FDP betr. Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau — Drucksache 7/4334 — Waltemathe SPD 14135 B Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 14136 C Beratung des Ersten Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (Haushaltsstrukturgesetz) — Drucksache 7/4359 — Höcherl CDU/CSU 14138 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. April 1959 zur Errichtung der Interamerikanischen Entwicklungsbank — Drucksache 7/4315 — 14139 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes — Drucksache 7/4179 —, Bericht und Antrag des Innenausschusses — Drucksache 7/4347 — 14139 B Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Grundsätze der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Entwicklungspolitik der Bundesregierung — Drucksachen 7/3656, 7/3805, 7/3907 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 Beratung des Zweiten Berichts der Bundesregierung zur Entwicklungspolitik und der zweiten Fortschreibung der entwicklungspolitischen Konzeption — Drucksache 7/4293 — Wawrzik CDU/CSU . . . . . . . . . 14139 D Dr. Holtz SPD 14142 B Schleifenbaum FDP . . . . . . . . 14145 B Roser CDU/CSU 14150 B Stahl (Kempen) SPD 14153 B Werner CDU/CSU 14156 D Bahr, Bundesminister BMZ . . 14159 D, 14185 A Dr. Todenhöfer CDU/CSU . . . 14166 A, 14186 A Schluckebier SPD 14172 C Zywietz FDP 14174 D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . 14177 D Peiter SPD . . . . . . .. . . . . 14182 A Wehner SPD 14185 D Reddemann CDU/CSU 14186 B Präsident Frau Renger 14186 C Nächste Sitzung 14186 D Anlagen Anlage I Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 14187* A Anlage 2 Herkunft sogenannter Kohlezuschüsse und deren Rückstellung durch die Preussag MdlAnfr A63 21.11.75 Drs 07/4322 Westphal SPD MdlAnfr A64 21.11.75 Drs 07/4322 Westphal SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14187* D Anlage 3 Verlängerung der Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen ausländischer Arbeitnehmer in der deutschen Gastronomie MdlAnfr A75 21.11.75 Drs 07/4322 Rollmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 14188* B Anlage 4 Gutachten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft über die künftige Entwicklung der Arbeitsplätze in der Elektrotechnik, der Feinmechanik und der Schuh- und Textilindustrie SchrAnfr B30 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B31 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14188* C Anlage 5 Meldungen über finanzielle Stützungsmaßnahmen der Ruhr-Kohle AG sowie Bereitschaft der Bundesregierung zur Gewährung steuerlicher Erleichterungen auch für die übrige Wirtschaft SchrAnfr B33 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B34 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14189* B Anlage 6 Milderung der gesundheitlichen Auswirkungen des Zigarettenrauchens bei filterlosen Zigaretten SchrAnfr B59 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Blüm CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 14189'D Anlage 7 Konsequenzen aus den Untersuchungen über das Absinken der Sterblichkeit durch Herz- oder Kreislaufversagen bei Ansteigen des Wasserhärtegrades SchrAnfr B60 21.11.75 Drs 07/4322 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 14190* A Anlage 8 Thema, Auflage und Kosten der Publikation des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit als Beilage der „Münchener Post" SchrAnfr B61 21.11.75 Drs 07/4322 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 14190* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 14133 204. Sitzung Bonn, den 28. November 1975 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Abelein 28. 11. Dr. Achenbach * 28. 11. Adams * 28. 11. Dr. Ahrens ** 28. 11. Dr. Aigner * 28. 11. Alber ** 28. 11. Amrehn 28. 11. Anbuhl 28. 11. Dr. Artzinger * 28. 11. Dr. Bayerl 28. 11. Dr. Becher (Pullach) 28. 11. Behrendt * 28. 11. Dr. von Bismarck 28. 11. Blumenfeld *** 28. 11. Prof. Dr. Burgbacher 28. 11. Dr. Corterier * 28. 11. Frau Däubler-Gmelin 28. 11. Dr. Dollinger 28. 11. Entrup 28. 11. Dr. Eppler 28. 11. Dr. Evers 12. 12. Fellermaier * 28. 11. Frehsee * 28. 11. Gewandt 12. 12. Gerlach (Emsland) 28. 11. Graaff 12. 12. Dr. Gradl 28. 11. Handlos 28. 11. Härzschel * 28. 11. Höcherl 28. 11. von Hassel 28. 11. Huonker 28. 11. Dr. Jahn (Braunschweig) * 28. 11. Dr. Kempfler 28. 11. Kiechle 28. 11. Dr. Klepsch *** 28. 11. Köster 28. 11. Freiherr v. Kühlmann-Stumm 28. 11. Krall * 28. 11. Dr. Lohmar 28. 11. Lücker * 28.11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 28. 11. Müller (Mülheim) * 28. 11. Orgaß 28. 11. Frau Dr. Orth 28. 11. Pawelczyk 28. 11. Rappe (Hildesheim) 28. 11. RiChter ** 28. 11. Schmidt (München) * 28. 11. von Schoeler 28. 11. Dr. Schröder (Düsseldorf) 28. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schwabe 28. 11. Dr. Schwörer * 28. 11. Seibert 28. 11. Seefeld * 28. 11. Simon 28. 11. Springorum * 28. 11. Dr. Starke (Franken) 28. 11. Tillmann 28. 11. Vahlberg 28. 11. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 12. 12. Walkhoff * 28. 11. Dr. Wallmann 28. 11. Walther 5. 12. Frau Dr. Walz * 28. 11. Dr. Warnke 28. 11. Dr. von Weizsäcker 4. 12. Dr. Wex 28. 11. Dr. Wittmann (München) 5. 12. Frau Dr. Wolf ** 28. 11. von Wrangel 28. 11. Wurbs 28. 11. Wuttke 28. 11. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Westphal (SPD) (Drucksache 7/4322 Fragen A 63 und 64) : Welche „Kohlezuschüsse" sind gemeint, wenn die Preussag in ihrem Bericht von der Hauptversammlung 1975 schreibt: „Von den vereinnahmten Kohlezuschüssen von 60 Millionen DM haben wir 58,5 Millionen DM für den Ausgleich zukünftiger Kohleverluste zunächst in einen Sonderposten mit Rücklageanteil eingestellt, um den Selbstbehalt der Preussag, der von den Zuschußgebern ausbedungen worden ist, bereits im Jahr 1974 zu realisieren." (Preussag-Zeitschrift Nr. 53/1975, Seite 9)? Ist es mit der Bundeshaushaltsordnung und einschlägigen Richtlinien für die in diesem Fall betroffenen „Kohlezuschüsse" vereinbar, daß die Preussag beträchtliche öffentliche Mittel nicht im Jahr der Bewilligung verausgabt, sondern diese in einen Sonderposten mit Rücklageanteil einstellt, so daß ihr dadurch Zinsgewinne zuwachsen, die dem öffentlichen Zuwendungsgeber entgehen? Zu Frage A 63: Um den Weiterbetrieb der Steinkohlenbergwerke Ibbenbüren zu ermöglichen, hat die Bundesregierung der Preussag AG im Oktober 1974 einen bedingt rückzahlbaren Zuschuß von 60 Millionen DM gewährt, von denen 1974 40 Millionen DM ausgezahlt wurden. Das Land Nordrhein-Westfalen gewährte einen Zuschuß von weiteren 30 Millionen DM und zahlte hiervon 1974 20 Millionen DM aus. Diese Zuschüsse sind zum teilweisen Ausgleich der Verluste bestimmt, die der Preussag AG in den Jahren 1974-1977 durch den Weiterbetrieb der Steinkohlenbergwerke Ibbenbüren, insbesondere infolge der für diesen Weiterbetrieb notwendigen erheblichen Investitionen, entstehen. Die über die Zuschüsse hinausgehenden Verluste hat die Preussag AG selbst zu tragen; mindestens jedoch 48,9 Millionen DM. Eine endgültige Abrechnung erfolgt nach Ablauf des Jahres 1977. 14188* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 Zu Frage A 64: Die von der Preussag AG gewählte bilanztechnische Verbuchung der 1974 gezahlten Zuschüsse der öffentlichen Hand ändert nichts daran, daß im Jahre 1974 in Ibbenbüren beträchtliche Verluste entstanden sind und in Zukunft entstehen werden. Die in der Zeit bis 1977 insgesamt zu erwartenden Verluste werden im übrigen sogar noch weitaus höher sein, als bei der Zuschußgewährung angenommen. Die Bilanzierung als solche sagt noch nichts darüber aus, inwieweit der Preussag AG im Zusammenhang mit der Gewährung der Zuschüsse Zinsvorteile zuwachsen. Zinsvorteile können nur dann entstehen, wenn der in einem Kalenderjahr ausgezahlte Zuschuß höher ist als die in diesem Jahr eingetretenen Verluste in Ibbenbüren. Da derartige Zinsvorteile bei der Bemessung der Höhe des Gesamtzuschusses berücksichtigt worden sind, steht die Zuschußgewährung mit den Bestimmungen der Bundeshaushaltsordnung in Einklang. Die Zuschüsse sind nicht aufgrund eines allgemeinen Förderprogrammms im Rahmen von Richtlinien, sondern als Einzelmaßnahme aufgrund eines gesonderten Haushaltstitels zugesagt worden. Zweckbestimmung und Erläuterungen dieses Titels wurden beim Erlaß des Zuwendungsbescheides voll eingehalten. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Frage A 75) : Ist es richtig, daß selbst dann die Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen von ausländischen Arbeitnehmern in der deutschen Gastronomie wegen der herrschenden Arbeitslosigkeit nicht verlängert werden, wenn die Gastronomen zur Verlängerung der Arbeitsverträge für diese ausländischen Arbeitnehmer bereit sind und nach wie vor kaum deutsche Arbeitskräfte für das gastronomische Gewerbe bekommen können? Nach § 19 des Arbeitsförderungsgesetzes bedürfen Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung im Bundesgebiet grundsätzlich einer Arbeitserlaubnis. Diese wird nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt. Arbeitserlaubnisfrei sind Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften. Ausländischen Arbeitnehmern, die ununterbrochen fünf Jahre lang eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Bundesgebiet ausgeübt haben oder mit einem Deutschen verheiratet sind, wird die Arbeitserlaubnis unabhängig von der Arbeitsmarktlage erteilt. Bei der Verlängerung einer Arbeitserlaubnis haben die Arbeitsämter nach den Weisungen des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit die Verhältnisse des einzelnen Falles verstärkt zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ohne Unterbrechung des bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses fortsetzen will. Nach Auskunft des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit wird die Arbeitserlaubnis verlängert, wenn die Versagung zu einem ungedeckten Arbeitskräftebedarf führen würde. Dies gilt auch für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Sollten Ihnen konkrete Einzelfälle aus dem Gaststättengewerbe bekannt sein, in denen abweichend von dieser Praxis entschieden worden ist, bin ich gern bereit, der Angelegenheit nachzugehen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Fragen B 30 und 31) : Teilt die Bundesregierung die Ansicht eines Gutachtens des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, das im Auftrag des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit erstellt worden ist, daß noch bis zu 600 000 Arbeitsplätze in der Elektrotechnik, der Feinmechanik, der Schuh- und Textilindustrie verlorengehen sollen, wobei man in der Textilindustrie mit dem Verlust eines Drittels der Arbeitsplätze rechnet? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, wenn diese Angaben zutreffen, um dieses gefährliche Ergebnis einer liberalen Außenhandelspolitik zu vermeiden oder wenigstens zu verlangsamen, und ist die Bundesregierung bereit, die Umstrukturierung vor allem durch Verbesserung der Investitionsmöglichkeiten und der Forschung zu unterstützen, besonders dann, wenn diese Gebiete nicht bereits in regionalen Förderungsprogrammen enthalten sind? Das im Auftrag des BMZ vom Institut für Weltwirtschaft, Kiel, erstellte Gutachten „Die Auswirkungen vermehrter Einfuhren aus Entwicklungsländern auf ausgewählte Branchen in der Bundesrepublik Deutschland" prognostiziert bis zum Jahre 1985 eine Einbuße von 300 000 bis maximal 600 000 Arbeitsplätzen für den gesamten Bereich der Verarbeitenden Industrie, nicht allein schon für die vier in Ihrer Anfrage aufgeführten Branchen (vgl. a. a. O. S. 109 Tabelle 8). Dem stellen die Verfassser die Erwartung gegenüber, daß aufgrund vermehrter Ausfuhren von Industriegütern 200 000 Arbeitsplätze zusätzlich entstehen werden. Als erheblich von den prognostizierten Freisetzungen betroffen nennt das Gutachten die lederverarbeitende und die Schuhindustrie sowie die Bekleidungs- und einzelne Fertigungen aus der Textilindustrie. Die wirtschaftswissenschaftlichen Instituten erteilte Genehmigung zur Veröffentlichung von Auftragsgutachten bedeutet nicht, daß die Bundesregierung die in solchen Gutachten geäußerten Ansichten teilt oder sich ihre Ergebnisse zu eigen macht. Grundsätzlich können wirtschaftswissenschaftliche Gutachten Anhaltspunkte zur Beurteilung möglicher struktureller Entwicklungen liefern. Die Prognosen dieses Gutachtens unterliegen allerdings zahlreichen methodischen Vorbehalten und Prämissen, auf die die Verfasser zum Teil selbst hinweisen (a. a. O. Tz. 143 ff.). Dies gilt z. B. für die Annahme, die Einfuhren aus den Entwicklungsländern würden sich bis 1985 mit derselben Zuwachsrate entwickeln wie in der Vergangenheit. Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, daß sie nicht zuletzt aufgrund der großen Außenhandels- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 14189* abhängigkeit der Bundesrepublik weiterhin eine liberale Außenhandelspolitik verfolgen wird. Hierbei darf jedoch nicht vergessen werden, daß Entscheidungen darüber nur noch gemeinsam mit den EG-Partnern getroffen werden können, deren Vorstellungen zum Teil erheblich von der liberalen Haltung der Bundesrepublik abweichen. Die Bundesregierung hat in ihrer Außenhandelspolitik stets darauf geachtet, bruchartige Rückwirkungen auf die Binnenwirtschaft zu vermeiden. So konnten große Liberalisierungsfortschritte in den fünfziger, sechziger und frühen siebziger Jahren ohne schwerwiegende Beschäftigungseinbrüche erreicht werden. Darauf wird die Politik der Bundesregierung auch künftig ausgerichtet sein. Was die Bekleidungs- und Textilindustrie im besonderen angeht, so hat die Bundesregierung bereits in ihrer Antwort vom 6. November 1975 auf eine Anfrage des Abgeordneten Gerlach (Obernau) — BT-Drucksache 7/4242 — darauf hingewiesen, daß die Europäische Gemeinschaft durch Selbstbeschränkungsabkommen, die sie im Rahmen des Welttextilabkommens mit wichtigen Ausfuhrländern abgeschlossen hat bzw. abschließen wird, das Wachstum von Einfuhren in diesem Bereich abbremsen wird. Im übrigen hat die Bundesregierung bereits mehrfach ihre Ansicht zum Ausdruck gebracht, daß sich die deutsche Wirtschaft entsprechend den Entwicklungen in der Weltwirtschaft einem laufenden Strukturwandel stellen und in einigen Bereichen Anpassungsprozesse durchlaufen muß. Zur Erleichterung solcher Anpassungsprozesse hat die Bundesregierung bereits seit langem ein breit gefächertes Instrumentarium zur Verfügung gestellt, dessen Einzelheiten in der Antwort vom 25. September 1975 auf Ihre Anfrage — BT-Drucksache 7/4024 — dargestellt worden sind. Dort sind auch die Möglichkeiten für besondere regionalpolitische Fördermaßnahmen genannt. Die Mehrzahl der in dem Kieler Gutachten genannten Regionen, in denen die erwarteten Freisetzungen besonders starke Auswirkungen haben sollen, zählen zu den Fördergebieten im Sinne der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretars Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Fragen B 33 und 34) : Treffen Meldungen zu, daß die Bundesregierung zur Zeit umfangreiche finanzielle Stützungsmaßnahmen der Ruhrkohle AG vorbereitet, um diesem Unternehmen die Schwierigkeiten zu erleichtern, die sich aus der konjunkturell bedingten Absatzkrise ergeben? Ist die Bundesregierung bereit, zur Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung auch für die übrige Wirtschaft endlich Steuererleichterungen zuzulassen, die eine Überwindung der Krise, besonders im mittelständischen Bereich, ermöglichen soll, dies besonders durch Reduzierung und Abzugsfähigkeit der Vermögensteuer, durch Änderung der Abschreibungsbedingungen und durch den Verlustrücktrag, alles Maßnahmen, die für die Erhaltung von Millionen Arbeitsplätzen notwendig sind? Zu Frage B 33: Die Bundesregierung hat am 26. November 1975 beschlossen, die in der ersten Fortschreibung des Energieprogramms ab 1977 vorgesehene Steinkohlenreserve vorzuziehen und bereits ab 1976 anzulegen. An dem Aufbau dieser Reserve werden alle Unternehmen des deutschen Steinkohlenbergbaus und nicht nur die Ruhrkohle AG beteiligt. Die Steinkohlenreserve dient der Sicherung unserer Energieversorgung; die Kohle soll im Bedarfsfalle insbesondere zur Subvention von Öl herangezogen werden, wie dies auch während der Energiekrise 1973/74 geschehen ist. Es ist sinnvoll, die Steinkohlenreserve schon jetzt zu bilden, weil die Haldenbestände der Bergbauunternehmen stark angewachsen sind. Zu Frage B 34: Der vorgezogene Aufbau der Steinkohlenreserve bringt im gegenwärtigen Zeitpunkt eine gewisse Entlastung für die Bergbauunternehmen. Die Bildung der Steinkohlenreserve zur Sicherung unserer Energieversorgung kann jedoch mit Steuererleichterungen für die Wirtschaft — zu der auch die Unternehmen des Steinkohlenbergbaus gehören — nicht verglichen werden. Anläßlich der Beschlußfassung über Maßnahmen zur Verbesserung der Haushaltsstruktur hat die Bundesregierung bereits am 10. September 1975 die gesetzgebenden Körperschaften gebeten, am fristgerechten Inkrafttreten der Körperschaftsteuerreform zum 1. Januar 1977 festzuhalten. Die Frage eventueller weiterer steuerlicher Maßnahmen zur mittelfristigen Stützung der Investitionstätigkeit der Wirtschaft wird von der Bundesregierung zur Zeit eingehend geprüft. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Blüm (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Frage B 59) : Welche Möglichkeiten werden von der Bundesregierung genutzt, um die gesundheitlichen Auswirkungen des Zigarettenrauchens bei filterlosen Zigaretten zu mildern? Nach Auffassung der Bundesregierung ist Rauchen generell gesundheitsschädlich. Sie hat diese Auffassung in den Antworten auf zwei Kleine Anfragen aus dem Deutschen Bundestag — Bundestagsdrucksachen 7/2070 und 7/3597 — im einzelnen belegt. Der von ihr vertretenen Auffassung ist auch aus Fachkreisen nicht widersprochen worden. Bei dieser Grundauffassung wäre es schwer vertretbar, im Rahmen der gesundheitlichen Aufklärung die lediglich graduellen Unterschiede der Gefährlichkeit einzelner Tabakerzeugnisse zum Anlaß zu nehmen, für einzelne Gruppen besondere Aufklärungsmaßnahmen einzuleiten. Obwohl nicht zu verkennen ist, daß filterlose Zigaretten, die teil- 14190* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. November 1975 weise gegenüber Filterzigaretten Tabake mit hohen Nikotin- und Kondensatwerten enthalten, das größere gesundheitliche Risiko darstellen, ist das Rauchen von Filterzigaretten jedoch keineswegs gesundheitlich unbedenklich und kann sogar zur Änderung der Rauchgewohnheit, d. h. zur Konsumerhöhung verführen. Ziel der gesundheitlichen Aufklärung ist es, der Bevölkerung bewußt zu machen, daß jede Art von Rauchen gesundheitsschädlich ist und daß zum Rauchen die gesundheitsgerechte Alternative nur das Nichtrauchen darstellen kann. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Frage B 60) : Sind dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit Untersuchungen in mehreren Staaten bekannt, die laut Angaben des Bundesverbands der Innungskrankenkasse bewiesen haben, daß bei einem Ansteigen des Wasserhärtegrades die Sterblichkeit durch Herz- oder Kreislaufversagen sinkt, und gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls Konsequenzen daraus zu ziehen? Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit verfolgt seit Jahren die Veröffentlichungen in der internationalen wissenschaftlichen Literatur über einen möglichen Zusammenhang zwischen Wasserhärte und bestimmten Herz-Kreislaufkrankheiten. Das Bundesgesundheitsamt ist beauftragt worden, in einer institutsübergreifenden Arbeitsgruppe die vorhandenen Unterlagen auszuwerten. Ferner wurde der Bundesgesundheitsrat gebeten, die Frage zu beantworten, ob angesichts der vorhandenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen eine Enthärtung unseres Trinkwassers zu verantworten sei. Sein Votum liegt noch nicht vor. Angesichts der Schwierigkeiten der Materie muß jedoch mit einer längeren Beratungsdauer gerechnet werden. Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat die Bevölkerung im Juli 1975 durch eine Presseveröffentlichung auf diese Fragen hingewiesen und Zurückhaltung bei der Nachbehandlung des von der öffentlichen Wasserversorgung gelieferten Trinkwassers empfohlen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4322 Frage B 61) : Welche Publikation des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit hat der Zeitung „Münchner Post", Ausgabe November 1975, Nr. 37, in welcher Auflage und zu welchen Kosten tatsächlich beigelegen? Der „Münchner Post", Ausgabe November 1975, Nr. 37, lag eine sechsseitige Information des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit zu verschiedenen gesundheitspolitischen Fragen und Themen der Gesundheitserziehung in einer Auflage von 250 000 Exemplaren bei. Die Kosten für Gestaltung, Druck und Vertrieb der Beilage betrugen 53 526,42 DM.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Uwe Holtz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer heute verantwortlich Entwicklungspolitik machen will, muß sich sechs Herausforderungen stellen:
    1. Im historischen Augenblick des Heranreifens einer neuen Weltordnung sieht sich die Bundesrepublik vor die Wahl gestellt, die alte Weltordnung mit allen Mitteln — koste es, was es wolle — zu verteidigen oder an der Fortentwicklung zu einer gerechteren Ordnung mitzuwirken. Die Bundesregierung hat sich in ihrer Politik und auch in der entwicklungspolitischen Konzeption für die zweite Lösung entschieden.
    2. Die weltweite Rezession hat für viele Staaten die Verlockung größer werden lassen, nur noch eine nationale Interessenpolitik zu verfolgen und sich gegen die drohende Konkurrenz von außen abzuschirmen.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU]: Die neue Weltordnung der Jungsozialisten!)

    Die Bundesregierung hält eine solche Politik für unser Land für kurzsichtig und gefährlich. Die entwicklungspolitische Konzeption trägt dieser Auffassung Rechnung, indem sie eine Politik der internationalen Solidarität gegenüber der Dritten Welt empfiehlt.
    3. Erdölkrise, höhere Preise für die aus den Industriestaaten ausgeführten Produkte und Schwierigkeiten bei der Nahrungsmittelversorgung haben viele Entwicklungsländer in noch größere Kalamitäten gestürzt. Der vor uns liegende entwicklungspolitische Bericht liefert anschauliches Material für die Not- und Katastrophensituation in vielen Teilen der Dritten Welt. Die Konsequenz für die Bundesregierung lautet Konzentration auf die ärmsten Entwicklungsländer, in die rund die Hälfte aller Mittel fließen soll.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht wahr!)

    4. Die für die Entwicklungspolitik zur Verfügung stehenden Gelder werden zunächst leider knapper. Deshalb wird die Verwendungskontrolle verschärft. Die technische Hilfe kann nach der Gründung der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit bürokratiesparend und noch effizienter eingesetzt werden. Eine Planung über längere Zeiträume hinweg soll den Mitteleinsatz so wirksam wie möglich gestalten.
    5. Wer die Arbeitslosenheere, die Hungernden und die Hungertoten sowie die unzureichenden Fortschritte in der Industrialisierung in erschreckend vielen Gegenden der Dritten Welt sieht, weiß, daß die Entwicklungspolitik der Bundesregierung hier ansetzen muß;

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU]: Das müssen Sie Herrn Bahr sagen!)

    und sie tut dies auch.
    6. Deutlicher als zuvor wird, dem Geist der Kooperation und einer wachsenden Partnerschaft folgend, die Erwartung ausgesprochen, daß die Entwicklungsländer ihre Eigenanstrengungen verstärken müssen und daß die Bundesrepublik bei ihren Leistungen auch ein Entgegenkommen der Entwicklungsländer erwartet, z. B. den gesicherten Bezug mit Rohstoffen zu angemessenen Preisen.
    An sich müßte ich noch „siebtens" sagen, aber eine Herausforderung durch die Opposition gibt es hier leider nicht.
    Die sozialliberale Koalitionsregierung trägt mit ihrer entwicklungspolitischen Konzeption voll der veränderten Weltlage Rechnung. Kurz, trocken, aber treffend haben Sie Ihre gebührende Antwort erhalten.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Na, na, na! Das ist unter Ihrem Niveau! -Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Diese Antwort war eine Unverschämtheit! — Dr. Marx [CDU/CSU] : So würden Sie sich doch als Parlamentarier nicht behandeln lassen!)

    Die Bundesregierung hat mit ihrer Politik, mit der
    Konzeption auch ein für die Entwicklungsländer ver-



    Dr. Holtz
    trauensbildendes Element der notwendigen Zusammenarbeit geschaffen. Daran rütteln Sie auch nichts.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Das nennen Sie Parlamentskontrolle dieser Regierung? Sie sollten sich genieren!)

    Dennoch wird Entwicklungshilfe von vielen Menschen in diesem Land als überflüssig betrachtet, weil der Zusammenhang auch mit eigenen Interessen nicht klar ist.

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    Viele Bürger fragen sich trotz Energiekrise, warum wir uns überhaupt mit den Entwicklungsländern beschäftigen, und sagen, schließlich gebe es ja genügend Probleme im eigenen Land. Ich halte diese Sicht für verkürzt.
    Uns gehen die Entwicklungsländer sehr viel an. Warum? ln der Bundesrepublik arbeiten mehr als eine Million Menschen für den Export in die Entwicklungsländer. Die Hälfte aller importierten Rohstoffe beziehen wir aus diesen Ländern. Auch bei der Lieferung von Fertig- und Halbfertigwaren sind wir auf die Dritte Welt angewiesen. Die deutsche Industrie tätigt knapp ein Drittel aller Auslandsinvestitionen in diesen Ländern. Zahlreiche Probleme können ohne eine Zusammenarbeit mit der Dritten Welt nicht mehr gelöst werden. Ich denke etwa an die Lösung von Umwelt- und Bevölkerungsproblemen, an die Ausbeutung des Meeres und seines Bodens, an die Bewältigung des internationalen Terrorismus, an die Kontrolle der multinationalen Konzerne oder an die Erhaltung des Weltfriedens. Wir sind heute mehr denn je auf die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern angewiesen. Ihnen verdanken wir schon heute einen Teil unseres Wohlstandes.
    Bei schrumpfendem Handel mit den westlichen Industriestaaten stellen wir fest, daß die Exporte in die Entwicklungsländer — übrigens: ebenfalls in den Ostblock — steigen. Dadurch werden bei uns Arbeitsplätze stabilisiert. Sicherlich, die eigenen Arbeitslosen liegen uns am nächsten. Nur, die Verbesserung der Massenkaufkraft in den Entwicklungsländern entscheidet mit darüber, ob die Schornsteine bei uns wieder stärker rauchen.
    Heute geht es uns in der Bundesrepublik rund zwanzigmal besser als dem Durchschnittsbewohner eines Entwicklungslandes. Diesen Zustand konservieren zu wollen kann zur Katastrophe führen. „Entwicklungsländer haben Anspruch auf die Solidarität der anderen Völker und nicht nur auf großherziges Teilhabendürfen an dem, was erübrigt wird"
    so Herbert Weimer vor der Seliger-Gemeinde am 2. November dieses Jahres. Entwicklungspolitik, die einen gewichtigen Part in der Politik mit der Dritten Welt spielt, will eine Brücke schlagen zwischen den entwickelten und unterentwickelten Staaten. Sie gewährt vielen Entwicklungsländern Leistungen, ohne direkte Gegenleistungen zu fordern oder zu erwarten.
    Die Entwicklungspolitik dient aber auch dem Interessenausgleich. Durch die Verbesserung der Lebensbedingungen, durch die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts können z. B. Voraussetzungen für den erweiterten Austausch von Gütern und Dienstleistungen im beiderseitigen Interesse geschaffen werden. Entwicklungspolitik vergrößert langfristig auch die Chancen der Friedenssicherung. Frieden läßt sich dabei nicht nur als Abwesenheit von direkter Gewalt bestimmen, sondern auch positiv als Schaffung von weltweiter sozialer Gerechtigkeit. Friedenspolitik ist auch eine Politik des Verzichts auf die Anwendung von struktureller Gewalt, die etwa über das Welthandelssystem ausgeübt werden kann, das die Dritte Welt in manchen Bereichen benachteiligt.
    Gerade in einer Phase der Entspannung erhält dabei eine sozial akzentuierte Entwicklungspolitik einen hohen Rang, der meines Erachtens auf längere Sicht die gleiche Bedeutung wie militärische Sicherheitspolitik gewinnen kann. Nicht nur Panzer bedeuten die Sicherung des Friedens.
    Die Sozialdemokraten haben auf ihrem Parteitag in Mannheim aus den qualitativen Veränderungen in den internationalen Beziehungen erste Konsequenzen gezogen, indem sie in ihrer Entschließung zur Außen- und Sicherheitspolitik die Entwicklungspolitik an die erste Stelle setzten.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Reine Propaganda!)

    Um diese Erkenntnis in die breite Öffentlichkeit zu bringen und um sie durchzusetzen, bedarf es noch vieler zusätzlicher Anstrengungen, auch und gerade seitens der Politiker.

    (Dr Todenhöfer [CDU/CSU]: Vor allem finanzieller Art!)

    Wir sind dabei auf die kritische Unterstützung der Medien, der Schulbuchverfasser, der Kirchen, der Entwicklungshelfer, der Dritte-Welt-Gruppen, der Gewerkschaften angewiesen.

    (Roser [CDU/CSU]: Vor allem der Finanzminister!)

    Ich möchte diesen Gruppen an dieser Stelle für die bereits erfolgte Unterstützung in Fragen der Dritten Welt danken.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Erschwert wird die Zustimmung zur Entwicklungspolitik für viele Bürger in unserem Lande dadurch, daß sich in manchen Entwicklungsländern die Wohlhabenden auf Kosten der Armen ständig bereichern. Deshalb halten wir den Abbau von krassen Einkommensunterschieden und die Veränderung entwicklungshemmender sozialer Strukturen in Entwicklungsländern für so wichtig.
    Entwicklungspolitik wird zwischen Kuala Lumpur und Quito unter den unterschiedlichsten klimatischen, politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen und Systemen betrieben und eben nicht zwischen Konstanz und Kiel.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Sehr richtig!)

    Wenn ich dann die verschwindend geringe Quote gescheiterter Entwicklungsprojekte sehe, die sich allerdings häufig großer Publizität erfreuen, braucht die Entwicklungspolitik meiner Meinung nach kei-



    Dr. Holtz
    nen Vergleich mit der Politik einer größeren Stadt in unserem Lande zu scheuen.
    Lassen Sie mich noch auf drei Bereiche eingehen, in denen wir uns von den Auffassungen einiger Oppositionspolitiker unterscheiden, ja, in denen die Opposition auch eine für die Bundesrepublik nachteilige Politik gegenüber der Dritten Welt empfiehlt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Waren Sie auf dem entwicklungspolitischen Kongreß der CDU?)

    Heute gibt es bei Ihnen politische Kräfte, die gerne, wenn es nach ihnen ginge, die Entwicklungspolitik besonders für Rohstoff-, Export- und ordnungspolitische Interessen einsetzen wollen. „Deutsche Entwicklungshilfe ist in erster Linie nationale Politik und keine internationalistische Weltinnenpolitik", meinte der Oppositionssprecher.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Das ist doch gar nicht wahr! — Dr. Marx [CDU/CSU] : Erzählen Sie doch nicht solche Märchen!)

    Der katholische Arbeitskreis „Entwicklung und Frieden" hat ihm die adäquate Antwort gegeben: die Entwicklungspolitik der Bundesregierung wird unglaubwürdig, wenn das nationale Eigeninteresse in den Mittelpunkt der Zielüberlegungen gestellt wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Liegt es etwa im nationalen Interesse, den Ruf nach einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung als für unser Wirtschaftssystem gefährlich und systemsprengend zu diffamieren? Liegt es im nationalen Interesse, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU, eine Zusammenarbeit mit dem quasi-faschistischen Chile zu empfehlen? Liegt es im nationalen Interesse, eine Spalterstrategie gegenüber der Dritten Welt anzuraten? — Nichts von alledem liegt in unserem Interesse.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Mir scheint diese Gegenüberstellung von nationalem Interesse und „internationalistischer Weltinnenpolitik" nur dazu zu dienen, den Status quo festzuschreiben. Sie wirkt auch sehr provinziell; denn — um mit Erhard Eppler zu sprechen — „Entwicklungspolitik kann nicht nur der humanitäre Zuckerguß auf dem Kuchen nationalistischer Interessenpolitik sein".
    Zweitens. Der Kanzleraspirant Helmut Kohl verkündete auf dem entwicklungspolitischen Kongreß der CDU, was er unter Entwicklungspolitik versteht, nämlich die Außenpolitik freiheitlich-politischer Ordnungen habe den Auftrag, sich für die Verbreitung dieser Ordnung in der Welt einzusetzen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Dies ist das missionarische „Gehet hin in alle Welt" der CDU/CSU, das wir für uns zurückweisen.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Für uns steht im Vordergrund der Auftrag: Entwicklungspolitik muß den Menschen, dem wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt dienen. Regierungen, die dem entsprechen, sollten von uns vor allem unterstützt werden. Abenteuerlich und undenkbar wäre doch die Konsequenz der Vorstellung, daß jemand die Verantwortung für die Bundesregierung tragen könnte, der ausziehen wollte, die Welt nach dem Bilde womöglich von Rheinland-Pfalz zu prägen. Ich glaube, die Rheinland-Pfälzer würden dies selbst nicht wollen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ein provinzieller Bezug auf das nackte nationale Interesse würde uns in der Dritten Welt ebenso in die Sackgasse und Isolation führen, wie dies anläßlich der KSZE-Beratungen für Europa der Fall gewesen wäre, wenn die Bundesregierung Ihnen gefolgt wäre.
    Drittens. Das stark veränderte und ergänzte Kapitel „Handels- und Währungspolitik" in der entwicklungspolitischen Konzeption macht deutlich, daß Entwicklungspolitik eben mehr ist als nur die bloße Bereitstellung von nationalen Haushaltsmitteln. So unser Bundesfinanzminister. Der Hinweis der Opposition auf die selbstheilenden Kräfte des Marktmechanismus wirkt doch manchmal sehr zynisch, weil wir alle wissen, daß der Marktmechanismus allzu häufig ein Instrument der Mächtigen zur Verarmung der Dritten Welt darstellt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das sagt aber auch Wirtschaftsminister Friderichs!)

    Abgestandene Formeln von einer sogenannten freien Weltwirtschaft, von der alle Fachkenner wissen, daß sie heute nicht funktioniert, taugen nichts und führen nur dazu, den bislang ungerechten Zustand zwischen armen und reichen Nationen aufrechtzuerhalten. Eine solche Politik würde den Frieden bedrohen. Wer hier der Opposition folgen würde, würde ein großes Risiko für die Zukunft in Kauf nehmen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Noch ein Risiko!)

    Das ist genau das, was Willy Brandt mit „Sicherheitsrisiko in der Außenpolitik" umschrieben hat.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Das mußte ja kommen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir sind der Auffassung, daß die neue Weltwirtschaftsordnung, wenn sie marktwirtschaftlich geordnet sein soll, der sozialen Korrektur bedarf. Um diese soziale Korrektur war man in New York bemüht. Wir haben in der Bundesrepublik ein starkes soziales Netz geschaffen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sie? Haben Sie das gemacht? Das ist ja zum Lachen!)

    Wir sind in der Europäischen Gemeinschaft dabei. Wer dies den Entwicklungsländern verweigert, ist unsozial, meine Damen und Herren von der Opposition.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Dr. Holtz
    Wer Kompromissen grundsätzlich eine Absage erteilt und etwa bei dem erstmalig praktizierten Exporterlösstabilisierungsmodell

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Erzählen Sie doch mal von Bahr! Sie haben bisher immer nur Brandt und Eppler zitiert!)

    in der Konvention von Lomé von einem kapitalen Fehler spricht, muß im internationalen Bereich auf Politik verzichten. Er katapultiert sich selbst aus der Verantwortung in internationalen Beziehungen heraus. Wir sind der Auffassung: mit der 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen hat der entwicklungs- und weltwirtschaftspolitische Dialog eine begrüßenswerte Richtung gewonnen. In der Beurteilung dieser Situation durch die Koalitionsfraktionen gibt es keinerlei Unterschiede.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Roser, Sie können ruhig mitklatschen, wenn ich Sie zitiere.
    Der zweite Bericht an den Club of Rome hat in dramatischer Weise beschrieben, daß sich die Menschheit an einem Wendepunkt befindet. Tun wir das Notwendige in dieser revolutionären Weltlage! Machen wir uns klar, daß es bei der Zusammenarbeit mit der Dritten Welt auch um unsere Zukunft geht!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Das war eine verspätete Rede für Mannheim!)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Schleifenbaum.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eckhard Schleifenbaum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion sieht in der Vorlage des Zweiten Berichts der Bundesregierung zur Entwicklungspolitik und der zweiten Fortschreibung der entwicklungspolitischen Konzeption der Bundesrepublik Deutschland einen willkommenen Anlaß, die erfolgreichen Bemühungen der Bundesregierung zur Versachlichung des Dialogs zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern zu würdigen.
    Stationen dieses Erfolges in jüngster Zeit sind: die Entschließung der 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen zur Entwicklung und internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit vom 16. September, die Rede des Bundesaußenministers Genscher vor der 30. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York am 24. September, das Treffen der sechs Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Japans, der USA und der Bundesrepublik Deutschland auf Schloß Rambouillet in Frankreich und die dortige Erklärung vom 17. November sowie die Konsultationen des Bundesaußenministers Genscher in Südamerika, insbesondere seine Rede vor der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer Sao Paulo am 19. November. — Herr Dr. Marx,
    Sie werden noch aufmerken; ich werde auch noch für Sie Pfeffer bringen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Pfeffer, sagten Sie? Fangen Sie erst mal mit etwas Salz an; dann können Sie zu anderen Gewürzen übergehen!)

    — Das kommt noch. Warten Sie ab!
    Wir können beobachten, daß die Position der Bundesrepublik Deutschland in bilateralen und multilateralen Gesprächen und auf internationalen Konferenzen zunehmende Bedeutung gewinnt. Die Politik der Bundesregierung hat wesentlich dazu beigetragen, den Dialog zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern aus einer Phase der Konfrontation, die noch 1974 zu beobachten war, in eine Phase der Kooperation überzuleiten.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: War das jetzt Pfeffer? Das war Baldrian!)

    Die Politik der Bundesregierung fördert eine einheitliche Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft und die Harmonisierung der Entwicklungspolitik der übrigen hockentwickelten westlichen Industrienationen. Die Politik der Bundesregierung bekennt sich offen zu den außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Interessen, die es zu wahren gilt. Sie erkennt aber auch, daß diese Interessen langfristig nur zu wahren sind, wenn den berechtigten Interessen der weniger entwickelten Länder entgegengekommen wird.
    Entwicklungspolitik in weiterem Sinne betrifft nicht nur die pragmatische Ausgestaltung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der Dritten Welt, sie muß auch unter binnen- und außenwirtschaftlichen Gesichtspunkten und unter den Aspekten der Europapolitik, der Sicherheitspolitik, der Friedenspolitik gesehen werden, also im umfassenden Rahmen der Außenpolitik.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das hat die CDU schon immer gesagt!)

    Deshalb nimmt die FDP-Fraktion mit Befriedigung zur Kenntnis, daß innerhalb der Bundesregierung Consensus über die entwicklungspolitische Konzeption der Bundesrepublik Deutschland besteht.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Ist das wirklich so? Dr. Marx [CDU/CSU] : Potztausend!)

    — Das paßt Ihnen natürlich nicht, meine Damen und Herren von der Opposition.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Wir wären froh, wenn es so wäre!)

    Aber niemand kann leugnen, daß das Bundeskabinett am 9. Juni dieses Jahres 25 Thesen zur Politik der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern einmütig beschlossen hat und daß die Bundesregierung am 6. November 1975 ohne Dissens die entwicklungspolitische Konzeption der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt hat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Es ist sehr viel Mehrdeutiges in den Formulierungen!)




    Schleifenbaum
    Auch sogenannte enthüllende Dokumente ändern am nahtlosen Consensus der Ressortchefs nichts. Auch der Opposition — ich beziehe mich auf vergangene Presseerklärungen — wird es nicht gelingen, das Ungeheuer von Loch Ness zu materialisieren. Das haben schon andere versucht. Es wird ihr auch nicht gelingen, die Bundesregierung oder die Koalitionsfraktionen in der Frage der Entwicklungspolitik auseinanderzudividieren.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das besorgen die selber!)

    Es ist bedauerlich, daß durch die Große Anfrage der Opposition, durch die Fragen der Opposition in der Fragestunde am 16. Oktober durch die Presseverlautbarungen der Opposition zu den Antworten der Bundesregierung auf diese Fragen und durch den heutigen Diskussionsbeitrag bzw. die noch zu erwartenden Diskussionsbeiträge der Opposition

    (Roser [CDU/CSU] : Wissen Sie, was wir sagen?)

    — Ihre Strategie kenne ich — in den Augen der Weltöffentlichkeit der innenpolitische Consensus der Bundesrepublik Deutschland in den Fragen der Entwicklungspolitik in Zweifel gezogen wird. Dies ist der deutschen Position in dem hochkomplizierten Annäherungsprozeß von Industrie- und Entwicklungsländern nicht sehr dienlich.

    (Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

    Die plakative Kritik der Opposition entbehrt des konstruktiven Beitrags.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU] : Das ist geradezu lächerlich!)

    Sonthofen findet auch in der Entwicklungspolitik statt.

    (Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU]: Das müssen Sie gerade sagen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Entschuldigen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe mir soeben erlaubt, die „Frankfurter Rundschau" vom 8 November zu zitieren.

    (Roser [CDU/CSU] : Gehüpft wie gesprungen! Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Ihr Leibund Magenblatt als Liberaler geworden!)

    - Aber wenn Sie es gern hören wollen: Ich identifiziere mich natürlich mit dieser Aussage.
    Wenn der entwicklungspolitische Sprecher der Opposition das Schreckgespenst einer sozialistischen, planwirtschaftlichen Weltwirtschaftsordnung an die Wand malt, ist dies doch nichts anderes als die Anwendung der Sonthofener Strategie seines heimlichen Chefs Franz Josef Strauß.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Hammans [CDU/CSU] : Was ist das überhaupt, die Sonthofener Strategie? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Weder ist uns bisher aus dem sozialistischen Lager
    ein derartiges Kompliment gemacht worden, noch
    wurde uns seitens unserer westlichen Verbündeten bisher ein solcher Vorwurf gemacht.
    Die deutsche Öffentlichkeit wird erneut Zeuge der Isolation der Opposition in allen Angelegenheiten der auswärtigen Beziehungen. Davon haben wir ja erst am Mittwoch ein anderes Beispiel zu spüren bekommen. Das Geschick der Opposition scheint schier unerschöpflich zu sein, sich ins Abseits zu manövrieren.

    (Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

    Die Haltung der Opposition droht ein Risiko für die auswärtigen Interessen der Bundesrepublik Deutschland zu werden.

    (Zustimmung bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

    - Ich beziehe mich immer auf die Aussagen des entwicklungspolitischen Sprechers. Wenn Sie dieses Risiko nicht wollen, meine Damen und Herren von der Opposition, dann pfeifen Sie doch Ihren entwicklungspolitischen Sprecher zurück!

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sie sind ein Spaßmacher! Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/ CSU] : Die FDP macht gemeinsame Sache mit Willy Brandt! Das wollen wir uns merken!)

    Sie haben doch Frauen und Männer, welche die Problematik differenzierter sehen.
    Meine Damen und Herren, es kann gar keine Rede davon sein, daß die auch von der Bundesrepublik Deutschland angenommene Entschließung der 7. Sondergeneralversammlung in New York die Mitglieder der Vereinten Nationen darauf festlegt, die Weltwirtschaft in eine Planwirtschaft umzufunktionieren. Es ist lediglich darüber Übereinstimmung erzielt worden, daß auf der 4. Tagung der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD IV) „Beschlüsse über die Verbesserung der Marktstrukturen im Bereich der Roh-und Grundstoffe, an deren Ausfuhr die Entwicklungsländer interessiert sind, einschließlich Beschlüsse bezüglich eines integrierten Programms und der Anwendbarkeit von Teilen dieses Programms zu fassen" sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gut gelesen!)

    Aber für uns kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Probleme der Entwicklungsländer, die auch unsere Probleme sind, nicht durch eine Weltwirtschaftsordnung des Status quo zu lösen sind.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wer sagt denn das?)

    Schon im Ansatz ist die Argumentation falsch, die freie Weltwirtschaftsordnung sei gefährdet. Wenn man unter „frei" „marktwirtschaftlich" versteht, so muß man einfach feststellen, daß die derzeitige Weltwirtschaftsordnung weder hüben noch drüben in jeder Beziehung marktwirtschaftlich organisiert ist.

    (Wehner [SPD] : Das ist leider wahr! Roser [CDU/CSU] : Fragen Sie mal Ihren Wirtschaftsminister!)




    Schleifenbaum
    Auch die Industrieländer haben in mancher Beziehung die Marktmechanismen durch Macht- und Kartellmißbrauch außer Kraft gesetzt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Herr Wehner hat gesagt „Das ist leider wahr!" Es ist sehr gut, daß er das gesagt hat!)

    Wenn man unter frei „laisser faire, laisser aller" versteht, so entspricht dies nicht dem liberalen Verständnis einer internationalen sozialen marktwirtschaftlichen Ordnung. Die Probleme der Dritten Welt, die ich wiederhole das — auch unsere Probleme sind, sind nur durch eine Weltwirtschaftsordnung zu lösen, die auch eine soziale Komponente enthält.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Aber das ist doch selbstverständlich! — Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Wie neu!)

    Wer wollte sich den Fakten — ich nenne davon die wichtigsten verschließen! 80 °/o der Exporterlöse der Entwicklungsländer entfallen — ausgenommen. Erdöl - auf 12 Rohstoffe.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : All gemein bekannt!)

    Sie erhalten dafür 30 Milliarden Dollar.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Allgemein bekannt!)

    - Mein lieber Herr Spezialist,

    (Heiterkeit)

    es sind hier heute angesichts dieses Themas, welches in der Öffentlichkeit einen höheren Stellenwert haben sollte, so wenige Abgeordnete vertreten,

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sie treiben die letzten hinaus, wenn Sie so weitermachen!)

    daß es selbstverständlich ist, daß von dieser Stelle in diesem Flohen Hause auch Erklärungen gegenüber der Öffentlichkeit abgegeben werden, der diese Fakten nicht bekannt sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Im übrigen könnte es zwar Ihnen bekannt sein, aber einigen Ihrer Fraktionskollegen nicht, die sich nämlich diesen Gedanken, die ich hier vortrage, verschließen, was ich an den Bemerkungen hier sehe, —Die Entwicklungsländer erhalten also 30 Milliarden Dollar für ihre Rohstoffe. Die Verbraucher müssen dafür aber 200 Milliarden Dollar bezahlen. Nur 4 % der zwischen 1970 und 1974 neu geschaffenen Liquidität von insgesamt 102 Milliarden Dollar entfielen
    auf die Entwicklungsländer. Die anwachsende Devisenkrise der Entwicklungsländer hat die 2 Milliarden Menschen in den ärmsten Ländern in ihren Bemühungen um Anhebung ihres minimalen Lebensstandards zurückgeworfen. Das Außenhandelsdefizit der nichtölexportierenden Entwicklungsländer wird in diesem Jahr voraussichtlich — — Können Sie mir, Herr Spezialist, sagen, wie hoch das Außenhandelsdefizit der nichtölexportierenden Entwicklungsländer in diesem Jahr voraussichtlich sein wird?

    (Heiterkeit)

    Ich sage es Ihnen: Es sind 33 Milliarden Dollar gegenüber 26,1 Milliarden Dollar im Vorjahr.

    (Dr. Wulff [CDU/CSU]: Schönen Dank, Herr Spezialist!)

    Fast 25 °/o der zufließenden Entwicklungshilfe wird zur Tilgung der Schulden benötigt. 70 °/o des Welteinkommens entfallen auf 30 °/o der Weltbevölkerung. Nach Angaben der Weltbank wird das Pro-Kopf-Einkommen 1970 bis 1980 in den ärmsten Entwicklungsländern real nur um 3 Dollar steigen, in den hochentwickelten Ländern aber um 900 Dollar. Der Anteil der Entwicklungsländer an der Industrieproduktion in der Welt beträgt nur 7 °/o bis 8 °/o.
    Diese Fakten hatten die Entwicklungsländer zunächst in eine Konfrontationsstellung zu den Industrieländern getrieben, was im letzten Jahr in überzogenen Forderungen der durch sie vertretenen Mehrheit in der UNO gipfelte. Inzwischen hat sich aber bei der Mehrheit der Entwicklungsländer die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Probleme der Dritten Welt nicht ohne die wachsende Wirtschaftskraft der Industrienationen gelöst werden können. Allerdings haben sie an der Forderung festgehalten, daß es zu einem realen, stark anwachsenden RessourcenTransfer kommen muß, und dieser Forderung können wir uns nicht verschließen. Dieser Ressourcen-Transfer wird aber nicht zustande kommen, wenn die Industrienationen an ihren Macht- und Kartellpositionen festhalten. Auch in einer Weltwirtschaftsordnung des „laisser faire, laisser aller" würden sich die Einkommensdisparitäten zwischen Industrie- und Entwicklungsländern weiter vergrößern. Andererseits kann es nicht im Interesse der Industrienationen liegen, die rohstoffreichen Entwicklungsländer dazu zu zwingen, als Antwort auf Unnachgiebigkeit der Industrienationen den Rohstoffpreis als Waffe zu gebrauchen.
    Der Nord-Süd-Konflikt ist implizit auch ein sozialer Konflikt. Wie wir hinreichend aus der Geschichte gelernt haben sollten, ist es zur Vermeidung von Explosionen notwendig, daß die „Haves" eventuell auf Kosten ihres eigenen Standards ihren Beitrag dazu leisten müssen, die Lebensbedingungen der „Non-Haves"

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Wir nennen das: Habenichtse!)

    menschenwürdig und erträglich zu gestalten. So verstanden liegt ein Entgegenkommen gegenüber den Forderungen der Entwicklungsländer im wohlverstandenen Interesse der Industrienationen. Nicht zuletzt die Ölkrise hat gezeigt, wie anfällig und labil die Voraussetzungen fur den Lebensstandard der Menschen in den hochentwickelten Ländern sind.
    Ich kann es mir deshalb ersparen, im nationalen Denken verhaftete Materialisten mit dem Hinweis auf den humanitären Aspekt der Entwicklungshilfe zu provozieren. Dennoch möchte ich die Anmerkung nicht aussparen, daß im liberalen Selbstverständnis unser Beitrag zur Entwicklungshilfe insbesondere auch ein Beitrag zur Verbesserung der Lebensumstände jedes einzelnen in den weniger entwickelten Ländern ist. Insofern ist bei einer Input-OutputAnalyse der Effizienz der Entwicklungshilfe weniger



    Schleifenbaum
    vom statistischen Durchschnitt des wirtschaftlichen Fortschritts als vom Erfolg für den einzelnen auszugehen.
    Meine Damen und Herren, für uns kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Bundesregierung für die Durchsetzung des marktwirtschaftlichen Prinzips in der fortzuentwickelnden Wirtschaftsordnung eingetreten ist und in Zukunft weiterhin eintreten wird. Sie findet hierfür die nachhaltige Unterstützung der FDP-Fraktion.
    Wie am Beispiel nationaler Volkswirtschaften zu demonstrieren ist, ist die Marktwirtschaft an Leistungsfähigkeit von keiner anderen Wirtschaftsordnung zu übertreffen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    — Die haben wir mitgetragen und mitentwickelt, und Sie haben, als Sie den Minister stellten, die Anleihe bei den Liberalen gemacht.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das mußte ja kommen!)

    Keine andere Wirtschaftsordnung ist in der Lage, die Talente des Menschen derart zu mobilisieren und die Kapitalströme einer produktiveren Verwendung zuzuführen.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Sie kennen die Rede von Herrn Holtz noch nicht!)

    Allein die Durchsetzung des marktwirtschaftlichen Prinzips in allen multilateralen Wirtschaftsbeziehungen führt zu der internationalen Arbeitsteilung, die sowohl den Entwicklungsländern wie auch den Industrieländern die Chance eröffnet, die gemeinsamen Probleme erfolgreich zu bewältigen.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU]: Herr Holtz hat genau das Gegenteil gesagt!)

    Wir dürfen es aber nicht zulassen, daß diejenigen Entwicklungsländer, die in einer hoffnungslosen Startposition sind—und jetzt komme ich nämlich auf das, was Herr Holtz gesagt hat —, ungeschützt den Kräften des Marktes ausgesetzt sind

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und selbst bei aller Anstrengung keine Chance haben, in diesem Wettbewerb zu bestehen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das sagen wir ständig! — Gegenruf von der SPD: Aber nur als Lippenbekenntnis!)

    Hier ist besonders an die am wenigsten entwickelten Länder und an die durch die Rohstoff- und Ölkrise am meisten betroffenen Länder zu denken, also an die sogenannten „least developed countries" und die „most seriously affected countries". Der Tripolarität der Welt in Beziehung auf ihre wirtschaftliche Entwicklung und ihre Entwicklungschancen muß durch eine graduelle Differenzierung im Rahmen der Weltwirtschaftsordnung Rechnung getragen werden.
    Die Bundesregierung und die Europäische Gemeinschaft sind hier auf dem richtigen Wege. Das am 28. Februar zwischen der Europäischen Gemeinschaft
    und 46 Staaten aus Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum in Lomé unterzeichnete Abkommen bedeutet eine Weiterentwicklung der handelspolitischen Rahmenbedingungen ohne die Aufgabe der marktwirtschaftlichen Grundprinzipien. Vereinbart wurden u. a. der präferenzielle Zugang der AKPStaaten zum EG-Markt, eine langfristige vertragliche Festlegung der Mittel für die finanzielle und technische Zusammenarbeit und ein Verfahren der Mitwirkung bei der Planung der finanziellen und technischen Zusammenarbeit. Die FDP-Fraktion wird sich dafür einsetzen, daß dieses Abkommen möglichst bald ratifiziert wird.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist sehr gut von der FDP!)

    Meine Damen und Herren, die Opposition hat in Zweifel gezogen, ob die Zustimmung der Bundesregierung zum sogenannten 0,7 °/o-Ziel von den Entwicklungsländern ernst genommen werden kann. In der Entschließung zur 7. Sondergeneralversammlung heißt es — ich zitiere wörtlich —:
    Die entwickelten Länder bestätigen ihre fortdauernde Verpflichtung bezüglich der Ziele für den Transfer von Ressourcen, insbesondere das Ziel von 0,7 % des Bruttosozialprodukts für die öffentliche Entwicklungshilfe.
    Weiter heißt es:
    Die entwickelten Länder, die sich noch nicht an diese Ziele gebunden haben, verpflichten sich, sie noch innerhalb dieses Jahrzehnts nach besten Kräften anzustreben.
    Die FDP-Fraktion sieht keinen Anlaß, die Zustimmung Bundesaußenministers Genscher zu diesen Passagen zu kritisieren. Wie aus dem Wortlaut des Textes deutlich zu ersehen ist, hat sich die Bundesrepublik Deutschland nicht etwa verpflichtet, bis 1980 0,7 °/o des Bruttosozialprodukts für die öffentliche Entwicklungshilfe aufzuwenden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau so hat es aber der Finanzminister im Kabinett verstanden!)