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ID0718304200

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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 183. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. Juli 1975 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Josten 12797 B Erklärung der Bundesregierung betr. KSZE Genscher, Bundesminister AA . . . . . 12797 B Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Marx CDU/CSU . . . . . . . . 12803 C Brandt SPD 12812 B Hoppe FDP 12816 D Stücklen CDU/CSU . . . . . . . . 12819 D Schmidt, Bundeskanzler 12825 C Dr. Carstens (Fehmarn) CDU/CSU . . 12830 B Pawelczyk SPD 12834 B Dr. Bangemann FDP . . . . . . . . 12839 A Oxfort, Bürgermeister von Berlin . . . 12843 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 12845 B Mattick SPD 12850 A Dr. Schröder (Düsseldorf) CDU/CSU . . 12854 A Wehner SPD . . . . . . . . . . 12859 C Strauß CDU/CSU 12862 A Genscher, Bundesminister AA . . . . 12869 D Namentliche Abstimmungen . . . . . 12872 A Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 12875* A Anlage 2 Nichtanwendung des § 48 Absatz 2 BAföG durch einige Hochschulen SchrAnfr B 59 06.06.75 Drs 07/3737 Engholm SPD ErgSchrAntw StSekr Dr. Jochimsen BMBW 12875* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juli 1975 12797 183. Sitzung Bonn, den 25. Juli 1975 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 181. Sitzung, Seite 12684 D ist statt „Gerstl (Passau) (CDU/CSU) " zu lesen „Gerstl (Passau) (SPD) ". 181. Sitzung, Seite 12726 C: Die Zeile 22 mit den Worten „was nun die Rechtsgrundlage sein soll," ist zu streichen. Einzufügen sind die Worte ,;Rechte dort habe". Vier Zeilen weiter ist hinter dem Wort „soll" ein Komma zu setzen. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt für Alber 25. 7. Dr. Bayerl 25. 7. Dr. Böger 25. 7. von Bothmer 25. 7. Breidbach 25. 7. Prof. Dr. Burgbacher 25. 7. Burger 25. 7. Bühling 25. 7. Dürr 25. 7. Dr. Enders 25. 7. Geldner 25. 7. Gerster (Mainz) 25. 7. Gewandt 25. 7. Gierenstein 25. 7. Graaff 25. 7. Haase (Fürth) 25. 7. Dr. Häfele 25.7. Handlos 25. 7. Hölscher 25. 7. Horn 25. 7. Horstmeier 25. 7. Dr. Hupka 25. 7. Hussing 25. 7. Jaunich 25. 7. Kater 25. 7. Dr. Kiesinger 25. 7. Lange 25. 7. Dr. Klepsch 25. 7. Dr. Köhler 25. 7. Krampe 25. 7. Lattmann 25. 7. Leicht 25. 7. Lücker 25. 7. Dr. Luda 25. 7. Lüdemann 25. 7. Prof. Dr. Möller 25. 7. Opitz 25. 7. Pieroth 25. 7. Dr. Riede 25. 7. Rollmann 25. 7. Rommerskirchen 25. 7. Prinz zu Sayn-Wittgenstein 25. 7. Prof. Dr. Schäfer (Tübingen) 25. 7. Prof. Dr. Schellenberg 25. 7. Schmidt (Kempten) 25. 7. Dr. Starke 25. 7. Stommel 25. 7. Vogel (Ennepetal) 25. 7. Abgeordnete(r) beurlaubt für Volmer 25. 7. Walkhoff 25. 7. Dr. Walz 25. 7. Dr. Wex 25. 7. Wischnewski 25. 7. Dr. Wörner 25. 7. Prof. Dr. Zeitel 25. 7. Anlage 2 Ergänzende Antwort des Staatssekretärs Dr. Jochimsen auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engholm (SPD) (Drucksache 7/3737 Frage B 59, 178. Sitzung, Seite 12552*, Anlage 75) : Ihr Hinweis auf die ab 1. August 1975 geltende Neufassung des § 48 BAföG dürfte sich vermutlich nicht auf die Absätze 1 und 2, sondern auf Absatz 1, Nrn. 1 und 2 beziehen. Das Rundschreiben des Rektors der Universität Bonn an die Dekane der einzelnen Fakultäten befaßt sich, worauf Sie mit Recht hingewiesen haben, nur mit Absatz 1 Nr. 1. Insoweit gibt das Rundschreiben die in der ab 1. August 1975 geltenden Neufassung des Absatzes 1 Satz 1 enthaltenen beiden Möglichkeiten des Gesetzes zum Eignungsnachweis nicht erschöpfend wieder. Das ist auch die Auffassung des Ministers für Wissenschaft und Forchung des Landes Nordrhein-Westfalen als oberster Landesbehörde für Ausbildungsförderung. Aus der Tatsache, daß das Rundschreiben die neue Rechtslage nicht vollständig wiedergibt, wird man allerdings nicht auf eine beabsichtigte restriktive Handhabung der neuen Vorschriften durch die Universität Bonn und andere Hochschulen schließen können. Um jeden Zweifel auszuschließen, hat der Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen den Hochschulen des Landes in einem Runderlaß die dazu von der Bundesregierung nach vorausgegangenen eingehenden Beratungen mit den obersten Landesbehörden beschlossenen allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 48 Abs. 1 übermittelt und gebeten, beide Alternativen des § 48 Abs. 1 Satz 1 sowie insbesondere Tz 48.1.1 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu beachten. Die gesamte allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BAföG liegt zur Zeit dem Bundesrat vor, der darüber nach der Sommerpause beraten wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Schröder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte nähert sich ihrem Ende. Ich glaube, daß sie im großen und ganzen verlaufen ist, ohne die notwendige Kontroverse zwischen Regierung und Opposition unnötig zu verschärfen. Alle, die aus den Ferien hierhergekommen sind, werden sicherlich nachlesen, was gesagt worden ist. Wir haben, scheint mir, die große Aufgabe — diese haben wir alle zusammen, besonders die Opposition —, allen Deutschen klarzumachen; worum es hier wirklich geht.
    Die Frage, die mich heute am meisten bewegt, ist eine Doppelfrage. Erstens: Wie ist die jetzt bevorstehende Konferenz in Helsinki wirklich einzuschätzen? Zweitens: Wie bekommen wir es fertig, jedermann in unserem Lande Inhalt, Auswirkung, Einschätzung und politische Bewertung der Konferenz am besten nahezubringen?
    Ich beginne mit der ersten Frage. Dabei kommt mir der Spottvers des Horaz in den Sinn: Gewaltig kreißen die Berge, zur Welt kommt ein Mäuschen. Wir alle, meine Damen und Herren, kennen die Vorliebe der Kommunisten für überdimensional große, spektakuläre Veranstaltungen. Hier haben sie, wie ich glaube, schon jetzt eine echte Gipfelleistung vollbracht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] und Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Wenn Breschnew in diesen Tagen eine Zwischenbilanz aufmacht, kann er, wie mir scheint, in der Tat zufrieden sein.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Eine Konferenz, die von seinen Vorgängern schon seit der Mitte der 50er Jahre verlangt worden ist, hat er zustande gebracht. Und wenn Breschnew in diesen Tagen den Vorsitzenden der SPD, den früheren Bundeskanzler Brandt, in Moskau und in der Sowjetunion gefeiert hat, wie wir es alle gelesen und gesehen haben, dann weiß er genau, warum.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Brandt ist nicht nur für ihn, sondern auch für viele andere der Mann, ohne den es den Vertrag von Moskau im August 1970 nicht gegeben hätte. Brandt ist der Mann, ohne den es auch diese KSZE nicht gegeben hätte. Ich brauche nicht erst lange darzulegen, daß Breschnew das zu würdigen weiß. Und damit ich hier nicht mißverstanden werde, möchte ich betonen, daß ich das ohne Polemik sage, sondern nur als eine — allerdings sehr notwendige,
    geschichtlich notwendige — Feststellung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Brandt war so freundlich, mir das Stenogramm seiner Rede zukommen zu lassen. Deswegen stütze ich mich bei dem, was ich jetzt sage, auf dieses Stenogramm. Er hat gesagt:
    Ich will mich noch mit der Legende auseinandersetzen, die deutsche Politik hätte den Russen gewissermaßen die Sicherheitskonferenz geschenkt.
    Er kommt dann zur Erörterung dessen, was er im Jahre 1969 hier im Hohen Hause und an anderer Stelle gesagt hat.
    Brandt hat schon damals — wir wollen das ganz sachlich und absolut fair behandeln — ausgedrückt, daß er für eine solche Konferenz ein beträchtliches Wohlwollen hat.
    Festgelegt worden ist das schließlich 1970 in Punkt 10 des sogenannten Bahr-Papiers. In der amtlichen Fassung heißt dieses Papier „Bahr-Papier". Ich habe mich immer gefragt, warum es so heißt; aber es heißt nun einmal „Bahr-Papier".
    Damals hat man sich klipp und klar für diese Konferenz ausgesprochen. Die Kontroverse darüber wird irgendwann in der nächsten Zeit sicher noch sehr viel lebhafter werden. Wenn die Regierung der Großen Koalition mit dieser Konferenz sozusagen belastet wird, möchte ich sagen: Als ich zuletzt — damals als Verteidigungsminister — mit dem nachmaligen Bundeskanzler Brandt — damals Bundesaußenminister — in Washington auf der Jubiläumstagung der NATO war, habe ich schon große Sorge darüber gehabt, daß er für ein solches Projekt — Sie erinnern sich an Budapest und die verschiedenen Versionen, die uns vorgetragen worden sind — Vorliebe zeigte. Dagegen habe ich große Bedenken gehabt. Er hat dann das zitiert, was er im März 1969 im Bundestag gesagt hat. Ich will es jetzt nicht im einzelnen wiederholen.
    Aber das zeigt, daß er — und daran führt kein Weg vorbei — sicherlich schon eine positive Einschätzung der Sache gehabt hat, bevor er dann 1970 die Marksteine gesetzt hat, von denen ich gerade sprach.
    Erlauben Sie mir eine weitere Bemerkung zur Vorgeschichte der Konferenz. Es geht mir hier um die von sowjetischer Seite den USA und der Volksrepublik China zugedachten Rollen. Ich mache diese Anmerkung, weil die Sache oft falsch dargestellt wird. Der erste sowjetische Vorschlag wurde von Molotow am 10. Februar 1954 auf der Berliner Außenministerkonferenz gemacht. Der Vorschlag hatte den Abschluß eines „Vertrages über die kollektive Sicherheit in Europa" als Ziel. Damals wurde von der Sowjetunion vorgeschlagen, daß die USA und die Volksrepublik China als Beobachter teilnehmen sollten. Sieben Wochen später, am 31. März 1954, folgte eine Note der Sowjetunion an die Westmächte mit weiteren Vorschlägen zur Schaffung eines gesamteuropäischen kollektiven Sicherheitssystems. Unter anderem „erklärt sich die



    Dr. Schröder (Düsseldorf)

    Sowjetregierung bereit, gemeinsam mit den interessierten Regierungen die Frage der Beteiligung der Sowjetunion am Nordatlantikpakt zu erörtern".
    Meine Damen und Herren, Sie werden glauben, daß Sie sich getäuscht haben; aber es ist wirklich so gewesen. Sie haben richtig gehört.
    Vier Monate später, am 24. Juli 1954, kommen neue Vorschläge der Sowjetunion: eine Konferenz sämtlicher europäischer Staaten und der USA; dazu die Volksrepublik China wiederum als Beobachter. Es folgen weitere Erklärungen der Sowjetunion. Schließlich, am 13. November 1954, folgt eine Note der Sowjetunion an damals 23 europäische Staaten und die USA mit dem Vorschlag der Einberufung einer gesamteuropäischen Konferenz zum 29. November 1954. Meine Damen und Herren, wenn man das nachliest, wenn man diese Daten in sich aufnimmt, dann kann man nur sagen: Welche Beharrlichkeit, welche Zähigkeit der Sowjetunion!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nun, meine Damen und Herren, die Gipfelkonferenz von Helsinki mit 35 Staaten als Teilnehmern — wir können auch getrost von „Breschnews Gipfel" sprechen — ist eine Veranstaltung von gewaltiger propagandistischer Wirkung, jedenfalls in den Augen der Sowjetunion und der ihr nahestehenden Mächte. Nun, der große Propagandaerfolg der Sowjetunion ist für sie sehr viel wert, da er einerseits Verwirrung stiften, andererseits Bewunderung erregen wird. Ich habe mich immer ein bißchen darüber gewundert, wenn die Beobachter und Beschreiber der Genfer Diplomatenkonferenz oft betont haben, daß ja keineswegs, wie offenbar mancher erwartet habe, die Sowjets dort in Genf die Szene beherrschten oder zu beherrschen schienen. Meine Damen und Herren, welch eine trügerische, ich möchte sagen, verblendete Auffassung von dem, was wirklich vor sich ging! Für die Sowjetunion war entscheidend, daß diese Konferenz stattfand,

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] und Dr. Marx [CDU/CSU]: So ist es!)

    selbst wenn das Programm inhaltlich nur mager sein würde. Und, ich sagte es schon, ich möchte keineswegs geringachten, was die Zusammenarbeit von Diplomaten auf westlicher Seite im Verbunde der Europäischen Gemeinschaft, im Verbunde der NATO an westlicher Abstimmung im Ringen um einzelne Formeln erbracht hat. Sicher hat die deutsche Diplomatie hier eine wichtige. Leistung gezeigt. Das sollte man rückhaltlos anerkennen, wie das heute hier geschehen ist.

    (Vereinzelter Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Kreml aber, meine Damen und Herren, konnte das mit größter Gelassenheit verfolgen. Sicher war dort im Kreml von vornherein klar, daß alles, was die Sowjetunion bisher in zweiseitigen Zusammenkünften und Abmachungen gesagt hatte, von der Konferenz nicht etwa unterdrückt werden könnte. Natürlich würde sich die Sowjetunion im Prinzipien-Teil auf die Formulierungen einlassen, wie sie z. B. im deutsch-sowjetischen Vertrag und darum herum gebraucht worden waren; natürlich würde sie sich auch auf alle anderen Vereinbarungen, z. B. die Viermächtevereinbarung über Berlin, festlegen lassen. Ich unterstreiche aber noch einmal: Dies alles war für sie nicht entscheidend, dies alles waren für sie nicht etwa Konzessionen, sondern das Zustandekommen der großen Propagandaschau selbst war immer ihr Ziel gewesen, und dieses Ziel würde jetzt über Genf zu einer Gipfelkonferenz führen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, um nun die Szenerie, die sich uns heute darbietet, richtig auszuleuchten, erlauben Sie mir ein einziges Breschnew-Zitat vom 15. Juli, also ein Zitat, das erst wenige Tage alt ist. Er hat in einem Telegramm gesagt:
    Die Tatsache, daß trotz positiver Veränderungen in ,der internationalen Situation materielle Kriegsvorbereitungen und Rüstungsaufbau weitergehen, ist eine Angelegenheit, die ernste Besorgnis hervorruft.
    Nach dem Text von TASS habe ich das zitiert, damit nicht irgendwelche Irrtümer aufkommen können. Meine Damen und Herren, hier kann man nur sagen: Welch eiserne Stirn gegenüber der Wahrheit!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Und nun die Stimme der DDR. Eine Äußerung des Chefs der politischen Hauptverwaltung der DDR-Streitkräfte, Verner, stammt fast vom gleichen Tage. Er sagt:
    Der Frieden wird in dem Maße stabiler, wie sich auch das militärische Kräfteverhältnis weiter zugunsten des Sozialismus verändert.

    (Hört! Hört! und Lachen bei der CDU/CSU)

    Man muß beide Stimmen auf sich wirken lassen, um zu verstehen, welcher Strategie wir uns gegenübersehen.
    Nun, glaube ich, müssen wir die Frage stellen: Was haben die Sowjets für den Erwerb dieses Propagandainstruments gegeben? Meine Antwort lautet: Sie haben dafür nichts zu tun und zu geben brauchen als vage, jederzeit zurücknehmbare, einengbare Versprechungen zur wohlwollenden Prüfung von Anträgen, wie sie im Kapitel 3 beschrieben werden, Anträge, die sich auf die Zusammenführung von Familien, auf Heiratserlaubnisse, auf Reisebewegungen, auf Tourismus überhaupt und auf freiere Beweglichkeit von Journalisten usw. beziehen.
    Dies überzubewerten wäre ein schlimmer Fehler. Dies etwa, wie das auf Regierungsseite und von anderen Stellen geschieht, als eine Kompensation in der Sache hinzustellen erscheint mir sehr kurzsichtig. Natürlich, man sollte nicht erst sagen müssen, daß wir selbst, die Kritiker dieser Abmachungen, nur zu gerne die Hoffnungen aller jener teilen möchten, die sich von Kapitel 3 eine große humanitäre Entwicklung versprechen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : So ist es!)




    Dr. Schröder (Düsseldorf)

    Wir glauben aber, daß nach allem, was wir in den vergangenen Jahren erlebt haben, wenig Anlaß dazu besteht, besonders hoffnungsvoll zu sein.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Leider wahr!)

    Wir glauben im Gegenteil, daß hier Hoffnungen erweckt werden, denen bittere Enttäuschungen folgen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deswegen sind wir der Meinung, daß diese Teile der Vereinbarungen oder, sagen wir es richtiger, der Absichtserklärungen sicherlich nachdrücklich verwirklicht werden sollten, daß aber eine skeptische Voraussage eher gerechtfertigt ist als eine optimistische.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Leider richtig!)

    Für die praktische Anwendung der in den Augen der Sowjets sicherlich vor allem wichtigen Prinzipien in Teil 1 gibt es gerade aus diesen Tagen ein schönes Beispiel, das uns den weiteren Fortgang in der diplomatischen und politischen Welt ablesen läßt: Der britische Außenminister Callaghan hat einen Besuch in Warschau gemacht, über den u. a. in der Neuen Zürcher Zeitung vom 17. Juli 1975 berichtet wird. In einer feierlichen Deklaration, die er dort unterschrieben hat, steht folgendes: Die beiden Parteien haben die Absicht, ihre künftigen Beziehungen gemäß den Prinzipienerklärungen in der KSZE-Schlußakte zu gestalten. Ich will mich nicht lange damit beschäftigen, daß es natürlich völlig ungewöhnlich ist, wenn auf eine Vereinbarung Bezug genommen wird, die einstweilen noch gar nicht unterschrieben ist. Aber dieser kleine Vorgang bestätigt, was seit längerer Zeit und ganz sicher seit dem Abschluß des Moskauer Vertrags zu verspüren ist: das Eindringen der östlichen Vertragssprache, beinahe unbemerkt. Ich habe das auch bei der Lektüre der Reden empfunden, die anläßlich des Besuchs des österreichischen Staatspräsidenten Kirchschläger in Warschau gehalten worden sind. Man ist erstaunt, zu lesen, wie sehr — ich sage es noch einmal —, geradezu als ganz selbstverständlich, die östliche Gedankenführung und Terminologie . in die Texte einfließt. Das sehen Sie bitte nicht als eine literarische Absonderlichkeit an. Die Schlußfolgerung lautet vielmehr, daß derjenige, der die Vertragssprache durch die bei ihm gängige Ideologie und Phraseologie weitgehend beeinflußt, damit die Machtstellung demonstriert, die er erworben hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für mich und meine Freunde gibt es keinen Zweifel daran, daß sich der Einfluß der Sowjetunion auf die europäische Szenerie im ganzen seit dem Moskauer Vertrag vom August 1970 ganz erheblich verstärkt hat.
    Nun, die Mammutveranstaltung in Helsinki, vor den Toren der Sowjetunion, wird in wenigen Tagen stattfinden. Die Sowjets werden dieses Fest feiern, und sie werden sicher nichts unterlassen, was in der Zeit, die vor uns liegt, die propagandistische Ausbeutung angeht.
    Ich sage noch einmal: Hier kommt es nicht auf die interessanten Nuancen dieser oder jener Formulierung an, sondern auf die Schlußakte und den Schlußakt.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: So ist es!)

    Wie aber ist der Vorgang nun einzuschätzen? Ein amerikanischer Diplomat, so nachzulesen in der „International Herald Tribune" vom 2. Juli, hat, nach meiner Meinung zutreffend, bemerkt, der Moskauer Vertrag trage nur die Unterschrift Brandts. Jetzt aber werde ein Nachfolgedokument u. a. vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika unterschrieben. Ich will nicht länger ausmalen, was das im einzelnen bedeutet, ob sich die nichtkommunistischen Teilnehmer nicht doch im Grunde darüber klar sind — diese Frage möchte ich gar nicht erst stellen —, was vor sich geht. Sie suchen — vielleicht — ihren Trost darin, daß ja wirklich nichts mit vertraglicher, völkerrechtlicher Wirkung neu festgelegt werde, daß es sich vielmehr um die Wiederholung und die Deklamation weitgehend geltender völkerrechtlicher Prinzipien handelt und daß — vielleicht, vielleicht — in humanitärer Beziehung ein Fortschritt erreicht werden könnte.
    Es ist gesagt worden, nur bei uns finde eine parlamentarische Behandlung. der Konferenz statt. Das führe möglicherweise dazu, im Ringen zwischen Regierung und Opposition, die Schlußakte von Helsinki bedeutender, bindender und zwingender erscheinen zu lassen. Ich teile diese Sorge nicht, um das klipp und klar zu sagen.
    Ich bin angegriffen worden wegen meiner Meinung, daß die Schlußakte eine Überhöhung bestimmter sowjetischer Positionen bringe.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sie Nahen völlig recht!)

    Es sei doch so, daß völkerrechtliche Neuigkeiten oder völkerrechtliche Bindungen — hinausgehend über das Bisherige — nicht beschlossen worden seien. Nun, worin ich die Überhöhung sehe, habe ich schon klargemacht. Die öffentliche Klarstellung hier ist aber sicherlich nützlich.
    Die Meinung, daß nur bei uns eine parlamentarische Auseinandersetzung über die Schlußakte erfolge, trifft im übrigen nicht zu. Ohne allzuviel internationale Beachtung hat das britische Unterhaus in einer Fragestunde vor wenigen Tagen über dasselbe Thema gesprochen. Dabei ist bemerkt worden, daß nichts in diesem Propagandainstrument stecke, was auch nur die Entlassung eines einzigen Soldaten auf der NATO-Seite rechtfertige. Es wurde hervorgehoben, daß ein einziger Fortschritt auf der etwas in den Windschatten geratenen Wiener Konferenz über ausgewogene Truppenverminderungen — MBFR — wichtiger gewesen wäre als alle Papiere von Helsinki. Genauso liegt es.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der entscheidende Fehler, dessen sich die Bundesregierung schuldig gemacht hat, ist gerade der, nicht der Wiener Konferenz den Vorrang erkämpft zu haben, den sie als eine Konferenz über militärische Sicherheit tatsächlich hätte beanspruchen können.
    Entscheidenden Wert lege ich aber auf das Vorstadium vor Genf. Für dieses Vorstadium gilt: Wenn



    Dr. Schröder (Düsseldorf)

    man den Vorrang der MBFR-Konferenz nicht etablieren konnte, mußte man eben auf das Projekt der KSZE verzichten,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und zwar bis zu dem Tag, an dem es, hoffentlich nach geglückter MBFR-Konferenz, sinnvoll — vielleicht — durchführbar geworden wäre. Durchführbar aber konnte es nur dann sein, wenn hinsichtlich der MBFR konkrete Fortschritte erreicht wären. Das Ergebnis, das wir jetzt vor uns sehen, ist aber dies: Man gibt sich mit einem großen klingenden Spiel zufrieden, nachdem man eine in westlichen Augen vorrangige Sache nicht durchsetzen konnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, nun will ich eine Frage aufnehmen, die uns gestellt ist und gestellt werden wird. Wir werden danach gefragt, warum wir gegen eine Veranstaltung seien, an der sich unsere Freunde und Bundesgenossen doch auch beteiligten. Lassen wir ganz offen, welches die wirklichen Gedanken von vielen der Unterzeichner in der nächsten Woche sein werden. Ein bekannter deutscher Publizist, dessen Namen ich nicht nennen möchte, um keine unnötige Propaganda zu machen, hat vor wenigen Tagen in einer Fernsehdiskussion über die KSZE gesagt, für die Amerikaner stelle die KSZE sozusagen die Abteilung „Sport und Spiele" dar, während ihnen an den zweiseitigen Absprachen mit der Sowjetunion, insbesondere über die Begrenzung strategischer Waffen, in erster Linie gelegen sei. Diese Charakterisierung mag vielleicht etwas frivol klingen; dennoch ist sie richtig. Diejenigen von Ihnen, die Gelegenheit haben, mit amerikanischen Politikern darüber zu sprechen und vielleicht auch den Präsidenten am Sonntag danach fragen können, sollten das ruhig tun. Die Amerikaner machen etwas ganz Richtiges, indem sie SALT zweiseitig vorantreiben und den KSZE-Komplex — ich gebrauche jetzt auch diesen frivolen Ausdruck — als „Sport und Spiele" behandeln.
    Uns wird nun die Gefahr vorgehalten, daß wir isoliert seien und in die Neinsagerecke gestellt werden könnten. Wir wollen über einen Punkt hier jedenfalls miteinander volle Klarheit haben. Von den in Helsinki teilnehmenden Ländern ist nur unser Land — das ist heute hier zweimal gesagt worden — durch die Bundesrepublik Deutschland und die DDR vertreten. In Helsinki tritt also ein geteiltes Deutschland auf. Dieser Tatbestand kennzeichnet die wirkliche Einzigartigkeit der deutschen Situation. Wir brauchen von niemandem isoliert zu werden; unsere Lage ist ganz exzeptionell, ganz außergewöhnlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn wir unsere Stimme gegen diese Veranstaltung erheben, so geschieht das, weil wir meinen, daß das Schicksal des geteilten Landes es von uns gebieterisch verlangt, in diesem Augenblick unsere Stimme zu erheben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, uns ist es aufgegeben,
    an der Überwindung der Teilung unseres Landes zu
    arbeiten. Dazu gehört, daß wir uns mit aller Leidenschaft gegen jede Erschwerung dieser Arbeit wehren. Niemandem ist das in ähnlicher Weise aufgegeben, nur den Deutschen selbst. Wir dürfen unter gar keinen Umständen die Hand dazu reichen, daß dieser Tatbestand der Teilung auch nur von Ferne als verharmlost angesehen werden oder erscheinen könnte, weil eben beide Teile Deutschlands an dieser Mammutveranstaltung beteiligt sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte noch einmal unterstreichen, daß hier keine in der Sache neuen Vereinbarungen getroffen werden. Es ist aber, um es vereinfacht auszudrücken, so, daß mindestens für die Welt der Anschein erweckt wird, daß zweiseitige Abreden von gestern heute durch Multilateralisierung erhöht oder überhöht werden. Jeder, der einen Sinn für die psychologischen Auswirkungen dieses Tatbestands hat, wird dem zustimmen.
    Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir noch zwei, drei Worte zum Bundeskanzler zu sagen, der leider nicht mehr da ist.

    (Zurufe von der SPD)

    Aber die Kontroverse wird ja weitergehen. Der Bundeskanzler ist so freundlich gewesen, mir die Niederschrift aus dem Stenogramm seiner Rede zur Verfügung zu stellen.

    (Zuruf von der SPD: Auf Ihre Bitte!)

    — Ja, natürlich auf meine Bitte. Von sich aus würde er das kaum getan haben. Oder hätten Sie das erwartet?
    Der Bundeskanzler hat ein Bild gebraucht, das andere auch gebraucht haben, das Bild von dem Riesen und dem Zwerg. Nun, meine Damen und Herren, ich habe das Bild nie für gut gehalten, egal, wer es gebraucht hat — der Kollege Strauß ist hier, ob es in seinem Buch steht, weiß ich nicht. Wir wollen jetzt einmal offen lassen, ob das Bild zu irgendeiner Zeit richtig gewesen ist: die Bundesrepublik Deutschland wirtschaftlich ein Riese und politisch ein Zwerg. Nun, meine Damen und Herren, was den Riesen angeht, so ist allerdings dafür, wie die deutsche Wirtschaft jetzt aussieht, zu einem großen Teil diese Regierung verantwortlich zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber nun zu dem politischen Zwerg: Welche Politik hat dazu geführt, diesen Zwerg wachsen zu lassen? Kompromisse? Die sind in sekundären Fragen sicher möglich. Der Bundeskanzler hat gesagt, ohne Kompromisse könne man überhaupt keine auswärtige Politik machen. Nun, das bedeutet, der auswärtigen Politik zuviel Ehre anzutun. Man kann ohne Kompromisse überhaupt keine Politik machen. Aber seien wir uns darüber einig, in sekundären Fragen geht das, in Lebensfragen geht das unter gar keinen Umständen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Siehe Otto Wels!)

    Ich frage nun, meine Damen und Herren: Wie also
    ist der Zwerg gewachsen? Durch Verzichte, die er



    Dr. Schröder (Düsseldorf)

    ausgesprochen hat? Durch Liquidation, die er vorgenommen hätte? Durch Kapitulation gar? Durch eine Politik des Mitschwimmens? Sie mögen unter diesen Formeln wählen, welche Sie für die richtige halten, ich lasse das im Augenblick einmal offen. Aber glauben Sie denn wirklich, daß die Position des Zwergs ohne Substanzdreingabe hätte erhöht werden können? Nun, ich frage: Welche Substanz ist dreingegeben worden? Ich habe das angedeutet. Ich frage aber nun: Welche Substanz haben Sie, Herr Bundeskanzler, und Ihre Vorgängerregierung denn gemehrt, um aus dem Zwerg etwas Größeres werden zu lassen? Die Antwort darauf werden Sie sicher bekommen, und die Kontroverse wird weitergehen.
    Meine Damen und Herren, die Opposition würde ihrer Aufgabe und ihrer Verpflichtung nicht gerecht, wenn sie sich von Opportunismus verleiten ließe, ihre ernsten und schwerwiegenden Vorbehalte gegen eine außenpolitische Entwicklung zu unterdrükken. Niemand darf und niemand sollte uns die Zumutung stellen, für die Interessen unseres geteilten Landes und für alle Deutschen anders als nach unserem besten Wissen und Gewissen einzutreten. Die Opposition nimmt dieses Recht in gleicher Weise in Anspruch, wie das die Regierung tut. Unsere Einschätzung der KSZE verdient den gleichen Respekt wie die anderslautende der Bundesregierung. Diese sollte aber nicht der Versuchung unterliegen, für sich und ihren Standpunkt sozusagen ein höheres Maß an Einsicht und Erkenntnis zu reklamieren.
    Meine Damen und Herren, dies ließe sich aus den Resultaten der seit Herbst 1969 betriebenen Ost- und Deutschlandpolitik bestimmt nicht begründen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wie ich glaube, läßt sich leichter das Gegenteil begründen, denn die Entwicklungen und Erfahrungen in den vergangenen Jahren rechtfertigen gewiß keinerlei Optimismus auf beiden Seiten des hohen Hauses.
    Der Bundesminister des Auswärtigen, der glücklicherweise noch hier ist, hat kürzlich zur KSZE folgendes festgestellt.

    (Zuruf von der SPD: Schon den halben Tag sitzt der Kanzler hier!)

    — Herr Bundeskanzler, ich bitte um Entschuldigung, daß Sie mitten im Publikum sitzen.

    (Heiterkeit — Franke [Osnabrück] [CDU/ CSU] : Er ist gerade erst gekommen!)

    Das Hohe Haus bitte ich um Entschuldigung, wenn sich jemand bei dem Ausdruck „Publikum" getroffen fühlen sollte. Zu dem Publikum gehören wir alle, mal mehr, mal weniger.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    — Ich spreche von dem Bundesminister des Auswärtigen. Er hat in seiner Stellungnahme zur KSZE kürzlich festgestellt — ich zitiere nur einen Satz —: „Die östliche Seite wird ihre Ziele nur unter anderen Bedingungen verfolgen." Er hat dabei sicher etwas sehr Richtiges gesagt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Hier hat der Außenminister recht!)

    Ich möchte diese Ausführung von ihm unterstreichen; so ist es in der Tat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Manchmal hat er recht!)

    Aber wir haben allen Anlaß zu der Befürchtung, daß diese Bedingungen für die Sowjetunion nach Helsinki günstiger sein werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : In UNO-Fragen zum Beispiel!)

    Wir sehen — meine Damen und Herren, tadeln Sie uns dafür bitte nicht — die Risiken sehr viel stärker als die Bundesregierung, für die die Chancen, die sie zu sehen glaubt, im Vordergrund stehen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist der Unterschied!)

    Wer aber sollte auf die Risiken, deren Vorhandensein niemand bestreiten kann, hinweisen, wer sollte warnend die Stimme erheben, wenn nicht die Opposition? Sie muß zum Ausdruck bringen, was im Interesse unseres Landes an Einwendungen, Vorbehalten und Warnungen vorgebracht werden muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Opposition tut das im Bewußtsein, daß die Lage der Bundesrepublik Deutschland von der aller anderen Länder, die an der Konferenz beteiligt sind, durch die Teilung Deutschlands und die Existenz West-Berlins grundsätzlich verschieden ist.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Diese spezielle deutsche Situation und die sich daraus ergebenden besonderen deutschen Interessen finden jedoch im Ergebnis der KSZE, wie wir meinen, nicht die Berücksichtigung, die wir für notwendig gehalten hätten.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Sie werden vielmehr schon durch die Veranstaltung als solche beeinträchtigt. Das ist unsere Meinung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Daher ist unser Einwand, meine Damen und Herren, prinzipieller Natur, unbeschadet der berechtigten Kritik an den Einzelheiten der Dokumente. Unser Nein gründet sich auf unsere Bewertung der deutschen Situation in ihrer Besonderheit und der deutschen Interessen, wie ich eben sagte. Unser Nein ist keine Ablehnung der guten Absichten, wie sie insbesondere in den Kapiteln 2 und 3 der KSZE-Dokumente niedergelegt sind. Die Opposition tritt für Verständigung, friedliche Zusammenarbeit und möglichst vielfältige, intensive Kontakte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Staaten Osteuropas einschließlich der Sowjetunion ein. Wirtschaft und Handel, aber auch Wissenschaft und For-



    Dr. Schröder (Düsseldorf)

    schung, Kultur und Sport bieten zahlreiche Möglichkeiten zu Kooperation und Austausch, die nachdrücklich genutzt werden sollten. Dies wäre zum Vorteil aller Beteiligten, würde aber auch das gegenseitige Verständnis fördern und damit dem Frieden dienen.
    Meine Damen und Herren, ich sagte eingangs, es sei der zweite Teil der mich am meisten bewegenden Frage, wie wir jedermann die wirkliche Lage richtig darstellen könnten. Nach meiner Meinung kann das in sieben Punkten zusammengefaßt werden.
    Erstens. Wirkliche Entspannung kann nur dadurch herbeigeführt werden, daß die Ursachen der Spannung gemildert, abgebaut und beseitigt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zur Erreichung dieses Ziels sind die Verbesserung der politischen Atmosphäre und die Schaffung von Vertrauen nützlich, hilfreich und förderlich.
    Zweitens. Die Schlußakte der KSZE beseitigt keine einzige der Spannungsursachen. Wir dürfen uns nichts vormachen, und wir dürfen uns auch nichts vormachen lassen.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

    Drittens. Der Wille zur Entspannung kann durch konkrete Maßnahmen gezeigt werden. Solche Maßnahmen hat der Westen bei den Verhandlungen über die MBFR in Wien vorgeschlagen.
    Viertens. Daher hätte man erst konkrete Fortschritte auf dem Abrüstungsgebiet in Wien herbeiführen sollen, bevor man sich auf das sowjetische Konzept der KSZE einließ.
    Fünftens. Der sowjetische Erfolg liegt im Zustandekommen der KSZE einschließlich des Gipfels in Helsinki. Damit wird ein Eindruck erzeugt, der mit der Wirklichkeit von Mauer, Todeszaun und Minenfeld quer durch Deutschland in schroffem Gegensatz steht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sechstens. In der sowjetischen Sicht liegt der Schwerpunkt der KSZE-Ergebnisse auf dem Prinzipienkatalog. Er bringt der Sowjetunion eine moralisch-politische Überhöhung der Erfolge, die sie in den Moskauer Abmachungen mit der Bundesrepublik Deutschland bereits erreicht hat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Herr Schröder hat recht!)

    Siebentens. Hoffnungen auf Fortschritte für die Menschen möchten wir gerne teilen. Es wäre aber falsch, sich Illusionen zu machen. Die bisherigen Erfahrungen erlauben keinen Optimismus, sondern zwingen zu äußerster — ich wollte sagen: Skepsis, ich sage lieber: Sachlichkeit und Vorsicht.

    (Zuruf von der SPD: Schwarzmalerei!)

    Wir sind für eine wirkliche Entspannung. Meine Damen und Herren, ich bin sicher, niemand hier in diesem Hause wünscht eine Pseudoentspannung bis zur endgültigen Einführung des Kommunismus.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wehner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zeit ist weit fortgeschritten, und wenn man auch dazu verführt sein könnte, ein Resümee dieses Für und Wider zu ziehen, so wird man sich dessen auch nach diesem letzten Versuch des Herrn Dr. Schröder, noch einmal zu punktieren, was wirkliche Entspannung sei, wohl enthalten.
    Die Opposition ist hier angetreten mit dem Satz „Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Schlußdokumente der KSZE nicht zu unterzeichnen" — Punkt, und dann folgt eine seitenlange Begründung.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Eine Seite!)

    Das ist also Ihr Satz, und über den soll heute hier abgestimmt werden. Es ist klar, daß wir den in aller Eindeutigkeit ablehnen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Heute morgen ist hier schon mit großer Deutlichkeit und überzeugend dargelegt worden, wohin es führt, wenn man Ihrer Doppelrolle versuchen wollte zu folgen, die darin besteht, daß Sie einerseits als „Warner" auftreten auch gegenüber dem ganzen Westen, weil Sie sagen: „Wir sind ja die einzigen, die wissen, was ein Volk schon leiden muß",

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    und andereseits als der eigentliche „Wahrer" des Westens. Sie sind der Wahrer des Westens und haben den Stein des Weisen.

    (Weitere anhaltende Zurufe)

    Sie müssen sich über Ihre eigene Lage noch selber klarwerden. Da können wir Ihnen nicht helfen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sie verfälschen die Aussage Ihrer Kollegen!)

    Es ist Ihre Sache, sich untereinander durch ein System, wenn nicht anders, von kommunizierenden Röhren allmählich abzuklären.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Heute morgen ist hier gesagt worden, was das eigentlich für eine Unverfrorenheit in unseren kritischen Augen bedeutet, daß unter den Punkten, die als Kennzeichnung der maßgeblichen Inhalte des Schlußdokuments der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa aufgestellt wurden, auch jener tolle Satz steht, jene Wertung, „daß diese Dokumente einer weltweiten Täuschung über die wahre Sicherheitslage in der Welt dienen."

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Dazu ist alles Erforderliche gesagt worden. Nun sage ich Ihnen nur noch etwas umgekehrt. Sie täuschen sich selber. Sie täuschen sich selber auch über Ihre Lage und über Ihre Möglichkeiten. Da haben Sie rundherum Täuschungen; Täuschungen, die Sie denen vorwerfen, die unterzeichnen werden. Hier hat der Bundeskanzler mit Recht gesagt, wer die alles sind. Dagegen sind doch die noch so wortreichen Zeitungszitate — einige der besonders defti-



    Wehner
    gen, aus dem Bayernkurier nämlich, haben Sie, Herr Stücklen, aus angeborener Bescheidenheit gar nicht erst vorgelegt — Tinnef, verglichen mit dem, daß dort die Vertreter der Regierungen antreten und etwas unterschreiben, weil das ein Schritt nach vorn ist.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Was zu beweisen wäre!)

    — Das wird durch die Ereignisse bewiesen, verehrter Herr, und Sie werden Kommentator der Ereignisse bleiben. Glauben Sie mir das! Sie werden sie nicht gestalten. Sie, der nichts anderes kann als Fragen zu stellen.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Nur möchte ich Ihnen folgendes sagen. Was immer Sie von dem halten, das sich 1969 mit der Bildung der Regierung Brandt/Scheel auf dem Gebiet, über das wir hier im wesentlichen reden, vollzogen hat: das Wesentliche war, daß damals ein Schritt getan worden ist, um die Beiträge der Bundesrepublik Deutschland — und zwar reale Beiträge der Bundesrepublik Deutschland — zu einer Politik der Friedenssicherung zu leisten statt der Friedensdeklamationen und -deklarationen, an denen es nie gefehlt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, ich nehme das Ihnen völlig ab. Sie glauben das wirklich. Sie sind so, Sie schillern so. Heute sagen Sie: „Hätte man doch die Sache mit der Wiener Konferenz für Truppenherabsetzung und Rüstungsbegrenzung" und so weiter und so weiter.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Ausgewogene!)

    — Natürlich. Der Beckmesser soll zu seinem Recht kommen. Etwas anderes sind Sie ja nicht als ein Beckmesser. Hans Sachs hätte Sie in seine Mannschaft aufgenommen.

    (Heiterkeit bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Besser als Herbert Wehner und seine Mannschaft!)

    Sie sagen, wie wichtig das wäre, wie wichtig überhaupt Abrüstung wäre. Aber Sie haben ja in den nächsten Wochen Zeit, genauso wie wir Zeit haben. Gucken Sie mal nach — Sie haben in so vielen Protokollen herumgeschnüffelt —; gucken Sie mal nach, wie negativ Sie, als Sie in der Regierungsführung waren, jeden konstruktiven Anspruch und Versuch der Sozialdemokraten, bundesrepublikanisch-deutsche Abrüstungskonferenzinitiativen einzuleiten, abgelehnt haben. Das ist eine ganze Serie. Sie hatten damals dafür ideologische Begründungen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das stimmt ja gar nicht!)

    Wenn ich sie wirklich ernstnehmen dürfte, dann würde sich herausstellen, daß Sie sich auch über Ihre eigene Lage in der Vergangenheit fortgesetzt getäuscht haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wie sieht das denn in Wirklichkeit aus? Sie haben in den 50er Jahren jede Aufforderung der Sozialdemokratischen Partei in diesem Hause zu gewissen Initiativen in den Fragen, die man später sehr geschäftsmäßig Deutschlandpolitik genannt hat, nämlich Schritte zu tun, die die weitere Trennung und Teilung Deutschlands hätten verringern können, soweit es in unseren und in den Kräften derer lag, die die Verantwortung für Deutschland als Ganzes haben und damals schon hatten, kalt, hochmütig, höhnisch zurückgewiesen und erklärt, daß das gar nicht in Frage komme. Sie haben deutlich gemacht, worauf es ankomme, sei die „Integration Westeuropas"; damals ging es um die Sechs.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben doch eine Zeit gehabt, in der von diesem Platze aus gesagt worden ist, warum man einen Vorschlag zu Friedensvertragsverhandlungen im Jahre 1952 nicht einmal zum Gegenstand von Verhandlungen machen lassen werde,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    nämlich weil das nur Betrug sein könne und weil, wenn die Russen damals schon einen solchen Vorschlag gemacht hätten, sie in ein paar Jahren einen noch viel besseren machen würden. Die Geschichte dieser Jahrzehnte ist eine Geschichte auch Ihrer eigenen Irrtümer.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn es etwas Versöhnliches gibt, meine Damen und Herren, ist es doch nicht das, daß man sich hinterher noch die eine oder andere Rosine aus diesem Geschichtskuchen herausholt.
    Es ist heute mit Recht, wenn auch nur von unserer Seite und leider nie von Ihrer Seite, an die dreißig Jahre seit dem zweiten Weltkrieg erinnert worden. Wir alle stehen in dem Bann, daß Deutschland als Folge dieses Krieges und der Kontroversen zwischen den Siegermächten aufgetrennt und geteilt worden ist. Wenn wir aber über die Etappen reden, müssen wir alle in uns gehen, meine Damen und Herren.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn Sie glauben, es reichte, daß Sie dann irgend etwas herausholten, möchte ich Ihnen entgegnen: Der erste Vorschlag 1952, überhaupt einmal in Friedensvertragsverhandlungen einzutreten, ist von Ihnen als nicht einmal erwägungswürdig und nicht reif für den Verhandlungstisch zurückgewiesen worden.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)

    So fing es an!
    Sie haben doch, meine Damen und Herren, westeuropäische Integration falsch verstanden. Sie meinten, mit einer Addition von Stärken könnte man die andere Seite schließlich nötigen, in das, was Sie die Lösung der deutschen Frage nennen, nämlich die Wiedervereinigung, friedlich und freiheitlich, einzuwilligen. Auch das war ein Irrtum von Ihnen.



    Wehner
    In den 60er Jahren, meine Damen und Herren — um das nächste Jahrzehnt zu nehmen —, wollten Sie nicht einmal die unbestreitbar notwendigen Änderungen in dem vornehmen, was sich in den 50er Jahren entwickelt und fehlentwickelt hatte. Sie lehnten damals höhnisch und hochmütig unseren Vorschlag ab, den ich vor 15 Jahren in diesem Hause vortrug, eine Bestandsaufnahme zu machen, in uns zu gehen und zu prüfen, wie wir erreichen könnten, daß die Lage im geteilten Deutschland nicht durch einseitige Veränderungen verhängnisvoll verschlimmert werden könnte.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Das war ein Jahr, einen Monat und eine Woche vor der Errichtung der Mauer, meine Damen und Herren. Damals haben Sie darüber gefeixt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Zu Beginn der 70er Jahre, im darauffolgenden Jahrzehnt, haben wir um die Verträge gerungen.

    (Zurufe von der CDU)

    Ich weiß nicht, ob ich Herrn Dr. Schröder falsch verstanden habe — das kann auch einmal vorkommen, obwohl man sich lange genug kennt —: Er hat hier erwähnt, daß in den Augen Breschnews Willy Brandt der Mann sei, ohne den es nicht zu den Verträgen gekommen wäre, von denen dann die Rede ist. Das kann ja wohl kein Vorwurf sein.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Eine Feststellung! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ach! Ja, dann richten Sie bitte den Vorwurf gegen den Europäischen Rat, in dessen Erklärung über die KSZE steht:
    Die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Staaten in Europa, die vor allem durch den Abschluß des Viermächteabkommens über Berlin und des Vertrags zwischen den beiden deutschen Staaten gefördert worden ist, hat die Einberufung der Konferenz ermöglicht.
    Das heißt, hier werden das Viermächteabkommen über Berlin und die Verträge zwischen den beiden deutschen Staaten sowie die weiteren Verträge, die dann noch an einer anderen Stelle genannt werden, deutlich gemacht als Voraussetzung für diese Konferenz, die von dem Rat der Neun ja nicht nur gebilligt, sondern gewollt wird und gewollt worden ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn dann dort steht, daß dieser selbe Europäische Rat der Ansicht ist, „daß der Inhalt der Schlußakte einen Schritt auf dem Weg der Entspannung darstellt, dessen wirkliche Bedeutung aber erst beurteilt werden kann, wenn erkennbar wird, wie alle erneut bekräftigten Grundsätze und vereinbarten Maßnahmen durch die einzelnen Teilnehmerstaaten in die Tat umgesetzt werden", so ist das ja, sowohl was die Voraussetzungen betrifft als was die Folgerungen betrifft, rundherum eindeutig. Und so kann man doch nicht mit etwas süffisantem Unterton sagen: Na ja, der Herr Breschnew, für den ist der Herr Brandt der wichtige Mann, weil es ohne den die Verträge nicht gegeben hätte! — Das sagen Sie
    bitte auch denen, die hier als Europäischer Rat der Neun diese Feststellung über die historische Rolle unserer Verträge niedergeschrieben haben!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nun noch eine Bemerkung zu Ihrer eigenen Vortrefflichkeit, meine Damen und Herren. Da ist hier wiederholt gesagt worden, daß Sie in der Zeit unter CDU-Regierungsführung nie Verträge abgeschlossen hätten mit jener Seite, die die Ursache in sich gehabt hätten — —

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Die mehrdeutig waren!)

    — ja, die mehrdeutig waren — Sie helfen mir glücklicherweise —, Verträge, die keinerlei Auslegungsschwierigkeiten zur Folge gehabt hätten. Nun, hier sitzt und eben hat gesprochen der seinerzeitige Außenminister Schröder. Wie war das mit dem Schiffahrts- und Konsularabkommen, als hier der Kollege Birrenbach als Berichterstatter des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten erklärte
    — nachzulesen im Plenarprotokoll —, daß uns versichert worden ist, auf Drängen vor allen Dingen der damaligen Opposition im Auswärtigen Ausschuß, daß alle Dinge, Berlin und die Berliner betreffend, geklärt seien und daß es da keine Schwierigkeiten gebe. Kurz darauf stellte sich heraus, daß das alles nicht stimmte? Das, was als Voraussetzung für die Ratifikation und den dazugehörigen Beschluß unseres Deutschen Bundestages zum Schiffahrts- und Konsularabkommen uns dargestellt worden war, amtlich, regierungsamtlich, das war falsch. Ich nehme zur Entlastung der Regierung an, es war ihr — — Schütteln Sie doch nicht Ihr Haupt! Es war vielleicht ein Irrtum.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Das stimmt doch alles nicht, was Sie sagen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Das ist doch nachweisbar. Das ist genauso nachweisbar wie ,die Beteiligung mancher Dienste an manchen unsauberen Geschäften.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    Das ist ein sehr einfacher Fall. Ich habe viele Monate von dem damaligen Staatssekretär Lahr verlangt, er solle sich dafür entschuldigen, daß er damals lapidar gesagt hat, es sei doch wohl nicht zuviel verlangt von den Berlinern, daß sie einen Zettel in ihren Ausweis legen lassen. Damit war die Sache abgetan für die damaligen Herren unter Herrn Schröder und für seine Staatssekretäre. Wir konnten und damit nicht zufriedengeben.
    Es gibt doch eine ganze Reihe solcher Fälle, meine Damen und Herren. Nur, hat das denn Sinn, hier darüber herumzureden, indem Sie so tun, als hätten Sie alles immer auf trefflichste und unter Inanspruchnahme aller Fähigkeiten prüfend zustande gebracht? Sie sind vielseitig. Sie sind auf der einen Seite diejenigen, die den in sein Unheil marschierenden Westen glauben warnen zu müssen, von hoher Warte aus. Sie sind zugleich auch der Westen in seiner besten Inkarnation.

    (Maucher [CDU/CSU]: Sie sind mehrseitig!)




    Wehner
    — Ja, ja, das sind Sie auch: in Ihrem eigenen Denken.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Herr Wehner, mäßigen Sie sich etwas!)

    Heute morgen ist ein Zitat gebracht worden, das nicht untergehen, sondern am Schluß noch einmal hervorgehoben werden sollte, wenn auch nicht so pompös, wie es sich wohl eigentlich gehörte. In einem ,der Wochenblätter, die Ihnen zuzuschreiben sind, war von der „Unzuverlässigkeit von Jalta bis Helsinki" die Rede. So schillern Sie.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Und was steht im „Vorwärts" ?)

    — Im „Vorwärts" steht manches Komische. (Demonstrativer Beifall bei der CDU/CSU) Aber so etwas Stumpfsinniges steht selbst dort nicht.

    (Heiterkeit — Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe und ironischer Beifall bei der CDU/CSU)