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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 155. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Ziegler . . 10731 A Erweiterung der Tagesordnung betr. Wahl und Vereidigung des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages . . . . . 10731 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 10731 B Erklärung der Bundesregierung zur inneren Sicherheit in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Schutze des Gemeinschaftsfriedens (Antrag der Fraktion der CDU/CSU) Drucksache 7/2772 -- Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Schutze des Gemeinschaftsfriedens (Antrag des Bundesrates) — Drucksache 7/2854 —Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Dreizehnten Straf rechtsänderungsgesetzes Drucksachen 7/3030, 7/3064 —Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Rechtspflege (Antrag der Abgeordneten Vogel (Ennepetal), Kunz (Berlin), Dr. Jaeger, Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Lenz (Bergstraße), Dr. Wittmann (München) und der Fraktion der CDU /CSU) -Drucksache V3116 — Erste Beratung in Verbindung mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterrichtung über Fragen der inneren Sicherheit — Drucksache 7/3259 — in Verbindung mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksache 7/3303 — Schmidt, Bundeskanzler . 10731 D, 10827 B Dr. Dregger (CDU/CSU) 10738 C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister (BMI) 10746 B Dr. Merk, Staatsminister des Landes Bayern 10751 B Genscher, Bundesminister (AA) 10757 B Brandt (SPD) . . . . . . . . 10760 D Dr. Kohl, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz . . . 10770 C Dr. Hirsch (FDP) 10783 C Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . 10788 B Dr. Filbinger, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg 10794 C Kühn, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen 10799 D Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . . 10800 B Dr. Waffenschmidt (CDU/CSU) . 10808 D Schütz, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 10813 A Theisen, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz . . 10816 B, 10837 C Strauß (CDU/CSU) 10817 B Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) 10832 A Wehner (SPD) 10837 D Dr. Jenninger (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) . . . 10842 D Kleinert (FDP) 10842 D Stücklen (CDU/CSU) 10846 B Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) 10846 C Gansel (SPD) (Bemerkung nach § 35 GO) . . . 10847 A von Hassel, Vizepräsident . . . . 10848 A Wahl des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages Frau Renger, Präsident . . . . . 10782 D Ergebnis 10783 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Börsengesetzes — Drucksache 7/101 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/3248 Zweite und dritte Beratung . . . . . 10848 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und des Vertrauensmänner-Wahlgesetzes — Drucksache 7/1968 —, Bericht und Antrag des Verteidigungsausschusses — Drucksache 7/3324 — Zweite und dritte Beratung . . . . . 10849 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 15. Juli 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen — Drucksache 7/3264 — Erste Beratung . . . . . . . . . 10849 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 28. November 1974 zur Änderung des Vertrages vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg über die Schiffbarmachung der Mosel — Drucksache 7/3277 — Erste Beratung 10849 B Bericht und Antrag des Innenausschusses zu dem Bericht der Bundesregierung betr. NATO-Truppenstatut und Zusatzvereinbarungen, hier: Soltau-Lüneburg-Abkommen — Drucksachen 7/2443, 7/3300 — . . 10849 C Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 366/67/ EWG über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattung bei der Ausfuhr von Reis und über die Kriterien für die Festsetzung der Erstattungsbeträge — Drucksachen 7/2975, 7/3293 — . . . . 10849 D Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu den Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Aufstellung der Grundregeln für die Lieferung von Rindfleischkonserven an bestimmte internationale Organisationen und Entwicklungsländer im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe, für einen Beschluß des Rates zur Eröffnung von Verhandlungen mit dem Welternährungsprogramm über eine Nahrungsmittelhilfe in Form von Rindfleischkonserven, wie in der obigen Verordnung vorgesehen, sowie über die vorzeitige Durchführung des ausgehandelten Abkommens, für eine Entschließung des Rates über die Finanzierung der durch die Lieferung von Rindfleischkonserven im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe verursachten Ausgaben — Drucksachen 7/2651, 7/3292 — . 10849 D Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2737/73 zur Festlegung der im Falle von Störungen auf dem Reismarkt anzuwen- denden Grundregeln — Drucksachen 7/2976, 7/3294 — 10850 A Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel — Drucksachen 7/277, 7/1517, 7/3295 — 10850 A Fragestunde — Drucksache 7/3335 vom 7.3.75- Frage A 111 Drucksache 7/3335 vom 7.3.75 — des Abg. Graf Stauffenberg (CDU/CSU) : Bezeichnung der kommunistischen Aufstandsbewegung in der Republik Vietnam als Staat durch die Bundesregierung Moersch, StMin (AA) . 10777 D, 10778 A, B Graf Stauffenberg (CDU/CSU) . . . 10778 A Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) 10778 A Frage A 112 — Drucksache 7/3335 vom 7.3.75 des Abg. Dr. Hupka (CDU/ CSU) : Bezeichnung des deutschen Geburtsortes auf polnisch; Ausübung von Zwang auf Deutsche durch das polnische Konsulat in Köln Moersch, StMin (AA) . . . 10778 B, C, D, 10779 A Dr. Hupka (CDU/CSU) . . . . 10778 C, D Sauer (Salzgitter) (CDU/CSU) . . . 10779 A Fragen A 113 und 114 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Czaja (CDU/CSU) : Geltungsbeginn der Stockholmer Fassung der Pariser Übereinkunft zum Schutz gewerblichen Eigentums und der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst sowie Geltungsbereich des Übereinkommens zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR; Schutz der Rechte der im Land Berlin lebenden Deutschen Moersch, StMin (AA) . . . 10779 B, C, D, 10780 A, B Dr. Czaja (CDU/CSU) 10779 C, D, 10780 A, B Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 10779 D Frage A 115 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Äußerung von Staatsminister Moersch zu den im Ostblock üblichen Beschimpfungen der Vertriebenenverbände und ihrer gewählten Vertreter Moersch, StMin (AA) . 10780 C, D, 10781 A Freiherr von Fircks (CDU/CSU) 10780 C, D Dr. Czaja (CDU/CSU) . . . . . . 10780 D Fragen A 116 und 117 — Drucksache 7/3335 vom 7.3.75 — des Abg. Jäger (Wangen) (CDU/CSU) : Behauptung von Staatsminister Moersch bezüglich der Haltung der polnischen Exilregierung „in wesentlichen Fragen des deutsch-polnischen Verhältnisses"; Beeinträchtigung deutscher Interessen durch die Erklärung der politischen Führung der polnischen Emigration zur gemeinsamen Aufgabe der Deutschen und Polen Moersch, StMin (AA) . . 10781 A, B, C, D, 10782 A, B, C, D Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . .10781 C, D, 10782 A Dr. Czaja (CDU/CSU) 10782 B Sauer (Salzgitter) (CDU/CSU) . . 10782 C Nächste Sitzung 10850 C Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 10851 *A Anlage 2 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Fragen A 41 und 42 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Wolfram (Recklinghausen) (SPD) : Fehlen von Ausführungsbestimmungen für die im Dritten Verstromungsgesetz beschlossene Ausgleichsabgabe; Ankündigung einer Erhöhung der Ausgleichsabgabe durch einen Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums . . 10851* C Anlage 3 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage A 54 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Niegel (CDU/ CSU) : Bereitschaft zur Beseitigung unzumutbarer Härten bei der Abgrenzung der Fördergebiete beim EG-Bergbauernprogramm 10852* B IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Anlage 4 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Fragen A 55 und 56 — Drucksache 7/3335 vom 7 3. 75 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Art der Beratung des neuen Kommissionsmitglieds Dr. Guido Brunner in Sachen Agrarpolitik durch die Bundesregierung; Stellungnahme zu seinen agrarpolitischen Ausführungen vor der Bonner Presse; Höhe der Bestände an Füllweizen in der EG; Maßnahmen zum kostengünstigen Abbau von Überschüssen; Wiedereinführung der „Denaturierungsprämie" . 10852* C Anlage 5 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 57 und 58 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Zeyer (CDU/CSU) : Vierteljährliche nachträgliche Zahlung französischer Renten an Empfänger im Bundesgebiet; Maßnahmen zur Verbesserung dieser Zahlungsweise; Mißverhältnis dieser Zahlungsweise zu der ab 1. Juni 1975 in der Knappschaftsversicherung geltenden Regelung . . . 10853* A Anlage 6 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 59 und 60 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Ziegler (CDU/CSU) : Auflage und Gesamtkosten der Zeitungsbeilage „Klarer Kurs — Ausbau des sozialen Rechtsstaates" des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung; Zeitungen, denen diese Schrift beigelegt wurde oder wird; Erscheinungsdaten 10853* C Anlage 7 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage A 61 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Erkenntnisse aus der Inanspruchnahme von Kur- und Krankenhausaufenthalten der landwirtschaftlichen Bevölkerung, die auf besondere Gefährdungen aus dem Bereich der Landtechnik schließen lassen 10853* D Anlage 8 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage A 62 — Drucksache 7/3335 vorn 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Blüm (CDU/ CSU) : Reformbedürftigkeit der bei den meisten Berufsgenossenschaften bei 48 000 DM liegenden Höchstgrenze des Jahresarbeitsverdienstes angesichts weiterer Preissteigerungen . . . . . . . 10854 * A Anlage 9 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 63 und 64 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Immer (SPD) : Auffassung der Arbeitsverwaltung über die Versagung einer Förderung der Ausbildung oder Umschulung zur Hauswirtschaftsmeisterin bei beabsichtigter Praktizierung dieses Berufs im eigenen Haushalt; Förderung der Umschulung von Frauen oder der Weiterbildung für den Wiedereintritt in die Berufstätigkeit auch dann, wenn vorläufig nur eine Teilzeitarbeit angestrebt werden kann 10854* B Anlage 10 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Fragen A 90 und 91 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Seefeld (SPD) : Zeitpunkt für die Verabschiedung der Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zur Einführung eines Europäischen Führerscheins; Hindernisse bei der Verabschiedung . . . 10854* D Anlage 11 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 92 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — der Abg. Frau Verhülsdonk (CDU/CSU) : Berücksichtigung der Erkenntnisse hinsichtlich der Sicherheit in Fahrgastzellen durch die Deutsche Bundesbahn . . 10855* A Anlage 12 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 93 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Forderung des Bundesverbandes öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger nach amtlicher Prüfung von Autoreifen 10855* B Anlage 13 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 94 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Conradi (SPD) : Meldung der „Zeit" über Zunahme der Zahl der Verkehrstoten auf den Autobahnen nach der Aufhebung des Tempolimits um mehr als 100 % 10855* B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 V Anlage 14 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 95 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Konrad (SPD) : Entwicklung eines Katalysatortyps zur gleichzeitigen Entfernung von Kohlenmonoxyd, Kohlenwasserstoff und Stickoxyden aus dem Abgas, dessen Einsatz im Vergleich zu anderen Typen mit einer beträchtlichen Treibstoffersparnis verbunden ist 10855* C Anlage 15 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Fragen A 96 und 97 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Hoffie (FDP) : Entwicklung der Zahl der Unfälle mit Personen- und Sachschaden sowie der Zahl der Verkehrstoten auf allen Straßen sowie ausschließlich auf den Bundesautobahnen in den Jahren 1970 bis 1974 unter Ausklammerung des Zeitraumes vom 25. November 1973 bis 15. März 1974 10855* D Anlage 16 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 98 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Fellermaier (SPD) : Erhebung von Parkgebühren ohne Übernahme der Bewachung und des Versicherungsschutzes durch Betriebsgesellschaften an deutschen Flughäfen 10856* B Anlage 17 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 99 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Haenschke (SPD) : Möglichkeit zur Feststellung des Herstellungsdatums eines neuen Kraftfahrzeuges durch den Käufer 10856* C Anlage 18 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Fragen A 100 und 101 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) : Konsequenzen aus der Kritik des Bundeskanzlers an den Plänen der Deutschen Bundesbahn für den Neubau von Strecken; Finanzierungspläne für die Bundesbahnneubaustrecke HannoverGmünden 10856* C Anlage 19 Antwort des PStSekr Haar (BMP) auf die Frage A 102 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Thürk (CDU/CSU) : Bewußte Beschränkung der Ausbildungskapazität der Deutschen Bundespost auf den eigenen Bedarf . . . . 10857A Anlage 20 Antwort des PStSekr Haar (BMP) auf die Fragen A 103 und 104 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Gefahr der Kontrolle oder Monopolisierung des deutschen Rechenleistungsmarktes auf Grund des Verkaufs von 90 % der Anteile der DATEL GmbH ins Ausland; Geschäftstätigkeit der DATEL GmbH in Deutschland nach deutschem Recht . . . . . . . . 1085* B Anlage 21 Antwort des BMin Matthöfer (BMFT) auf die Frage A 105 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Haenschke (SPD) : Auftrag der Energiebehörde der USA für ein 500-MW-Sonnenkraftwerk . . 1085* D Anlage 22 Antwort des BMin Matthöfer (BMFT) auf die Fragen A 106 und 107 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU) : Weltraumprogramm der Bundesregierung für die Jahre 1975 bis 1978; Konzept ihrer Weltraumpolitik 10858* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 10731 155. Sitzung Bonn, den 13. März 1975 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 15.3. Adams * 15.3. Dr. Ahrens ** 15.3. Dr. Aigner * 15.3. von Alten-Nordheim 21.3. Dr. Artzinger * 15.3. Dr. Bangemann * 15.3. Dr. Bayerl * 23.3. Behrendt * 15.3. Blumenfeld * 14.3. Büchner (Speyer) ** 14. 3. Dr. Burgbacher * 15. 3. Dr. Corterier * 15.3. Dreyer 21.3. Erhard (Bad Schwalbach) 21.3. Fellermaier * 23.3. Flämig * 15.3. Frehsee * 15.3. Dr. Früh * 15.3. Gerlach (Emsland) ' 15.3. Dr. Gölter 21.3. Haase (Kassel) 15.3. Härzschel * 15.3. Handlos 14. 3. Dr. Holtz ** 15. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 15.3. Kater 31.5. Dr. h. c. Kiesinger 14. 3. Dr. Klepsch * 15. 3. Krall * 15.3. Lange * . 15.3. Dr. Lauritzen 2.4. Lautenschlager * 15.3. Lemmrich ** 15.3. Lücker ' 15.3. Memmel * 15.3. Müller (Mülheim) * 15.3. Dr. Müller (München) ** 15.3. Mursch (Soltau-Harburg) * 15.3. Frau Dr. Orth * 15.3. Dr. Penner 17. 3. Ronneburger 18. 3. Schirmer 21.3. Schmidt (Kempten) ** 15.3. Schmidt (München) * 15.3. Dr. Schulz (Berlin) * 15.3. Schwabe * 15.3. Dr. Schwörer * 15.3. Seefeld * 15.3. Spranger 20.3. Springorum * 15.3. Dr. Starke (Franken) * 15.3. Suck * 15.3. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Todenhöfer 22.3. Dr. Vohrer ** 15.3. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 22.3. Walkhoff * 15.3. Frau Dr. Walz * 15.3. Dr. Wittmann (München) 14. 3. Frau Dr. Wolf ** 15. 3. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) (SPD) (Drucksache 7/3335 Fragen A 41 und 42) : Ist die Kritik der Vereinigung Industrielle Kraftwirtschaft (VIK) berechtigt, daß es für die im Dritten Verstromungsgesetz beschlossene Ausgleichsabgabe noch keine Ausführungsbestimmungen gibt und daß deshalb vor allem bei den Großabnehmern noch Unklarheiten bestehen? Trifft es zu, daß ein Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums in einer Diskussionsveranstaltung in Essen mit Vertretern der VIK eine baldige Lösung der mit der Ausgleichsabgabe des Dritten Verstromungsgesetzes zusammenhängenden Probleme und in diesem Zusammenhang auch eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe angekündigt hat? Zu Frage A 41: Die Vereinigung Industrielle Kraftwirtschaft (VIK) hat weder mir noch meinen Mitarbeitern gegenüber kritisiert, daß es noch keine Ausführungsbestimmungen für die Erhebung der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz gebe. Eine Rückfrage bei dem Geschäftsführer des Verbandes hat ergeben, daß eine derartige Kritik auch gegenüber Dritten von VIK nicht geäußert worden ist. Das Verfahren zur Ermittlung des Wertes der von industriellen Eigenerzeugern selbst erzeugten und verbrauchten Elektrizität und damit zur Berechnung der Ausgleichsabgabe ist durch eine Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 4 des Dritten Verstromungsgesetzes festgelegt worden. Diese sogenannte Eigenverbrauchsverordnung vom 18. Dezember 1974 ist mit VIK und den übrigen beteiligten Verbänden ausführlich erörtert und bereits einige Tage nach Inkrafttreten des Dritten Verstromungsgesetzes im Bundesgesetzblatt verkündet worden (Bundesgesetzblatt I S. 3701). Drittes Verstromungsgesetz und Eigenverbrauchsverordnung enthalten eine abschliesende rechtliche Regelung für die Erhebung der Ausgleichsabgabe. Ihre Höhe ist durch die Abgabeschuldner im Wege der Selbstveranlagung zu ermitteln. Der Erlaß weiterer Durchführungsbestimmungen ist nicht geplant und durch das Dritte Verstromungsgesetz auch nicht vorgesehen. Um jedoch den Abgabeschuldnern die Berechnung der Abgabeschuld zu erleichtern, stellt das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft einen Erhebungsbogen zur Verfügung. Dieser Erhebungsbogen, der mit den beteiligten Verbänden auf deren Wunsch abgestimmt werden soll, liegt z. Z. noch nicht in endgültiger Form vor. Die Abstimmung mit den Ver- 10852* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 bänden, darunter auch VIK, soll noch vor Ostern erfolgen. Unmittelbar im Anschluß daran wird der Bogen den Abgabeschuldnern zugeleitet. Für die beiden ersten Zahlungstermine (16. Februar und 16. März) hat das Bundesamt daher den Abgabeschuldnern zunächst einen vorläufigen Erhebungsbogen zur Verfügung gestellt. Zusammen mit dem endgültigen Erhebungsbogen soll darüber hinaus ein Merkblatt verteilt werden, in dem auch auf die bei der bisherigen praktischen Anwendung von Gesetz und Verordnung aufgetretenen Zweifelsfragen eingegangen wird. Zu Frage A 42: Am 12. Februar 1975 fand eine Informationsveranstaltung der VIK zu Fragen des Dritten Verstromungsgesetzes statt, an der Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft teilgenommen haben. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde von den vertretenen Unternehmen eine Reihe von Einzelfragen aufgeworfen. Der Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft hat dabei lediglich angekündigt, daß ohne nähere Prüfung nicht zu beantwortende Fragen, soweit sie von allgemeinem Interesse für die Ausgleichsabgabeschuldner sind, in dem angekündigten Merkblatt zum Erhebungsbogen behandelt werden sollen. Von einer Erhöhung der Ausgleichsabgabe war nicht die Rede. Für eine derartige Erhöhung besteht auch kein Anlaß, da es z. Z. keine Anzeichen dafür gibt, daß zur Erreichung des mit dem Verstromungsgesetz verfolgten Zieles der Einsatz höherer Mittel aus dem Ausgleichsfonds erforderlich sein wird. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 54) : Ist die Bundesregierung bereit, bei der Abgrenzung der Fördergebiete beim EG-Bergbauernprogramm unzumutbare Härten zu beseitigen, insbesondere bei der Abgrenzung nach Landkreisen, bei der großzügigen Auslegung der Kriterien an den Randgebieten, bei den „Benachteiligten Agrarzonen mit verbesserter Investitionsförderung" und der Vermeidung von Schlechterstellungen von Altgemeinden, die die Kriterien für die Förderung erfüllen, sich aber im Zuge der Gemeindegebietsreform in eine andere Gemeinde mit besseren Verhältnissen eingemeinden ließen, so daß die Gesamtgemeinde die Förderungskriterien nicht erfüllt? Die Durchführung des EG-Bergbauernprogramms erfolgt im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes". Daher ist auch die Abgrenzung der Fördergebiete in enger Abstimmung zwischen Bund und Ländern durchgeführt worden. Da diese Arbeiten wegen des Anmeldetermins in Brüssel (1. August 1974) und der Absicht, das Programm national vorzuziehen, unter starkem Zeitdruck standen, ist es zwangsläufig zu Härten gekommen, obwohl die Abgrenzung bereits auf der Basis von Gemeinden und Gemeindeteilen und nicht auf Kreisebene erfolgte. Die Bundesregierung hat in Absprache mit den Ländern eine Feinabstimmung beschlossen, die die gravierendsten Härten beseitigen wird. Gewisse Härten, wie sie bei jeder Abgrenzung zwangsläufig eintreten, wrerden sich auch dann nicht vermeiden lassen. Diese Feinabstimmung soll bis zum 1. April 1975 abgeschlossen sein. Eine Schlechterstellung von Altgemeinden durch die Gebietsreform wird dadurch vermieden, daß die Abgrenzung auch Gemeindeteile berücksichtigt. Anlage 4 Antwort des Parl. Statssekretärs Logemann auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 55 und 56) : Auf welche Weise berät die Bundesregierung das neue Kommissionsmitglied Dr. Guido Brunner in Sachen Agrarpolitik, und wie steht die Bundesregierung zu den agrarpolitischen Ausführungen, die Herr Dr. Brunner vor der Bonner Presse gemacht hat? Wie hoch sind die Bestände an Füllweizen" in der EG, und was hat die Bundesregierung im Ministerrat unternommen, die Weltmarktlage bis Dezember 1974 zu nutzen, um kostengünstig Überschüsse abzubauen, und ist eventuell an die Wiedereinführung der „Denaturierungsprämie" gedacht? Zu Frage A 55: Zum ersten Teil der Frage: In den EG-Vertragsbestimmungen ist festgelegt, daß die Mitglieder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften bei der Erfüllung ihrer Pflichten keine Anweisungen einer Regierung oder einer anderen Stelle anfordern oder entgegennehmen dürfen. Die Bundesregierung hält es daher mit den Vertragsbestimmungen für nicht vereinbar, würde sie versuchen, Kommissionsmitgliedern Anweisungen oder auch nur Ratschläge zu erteilen. Aus diesem Grund berät sie Herrn Kommissar Dr. Brunner weder in agrarpolitischen noch in anderen Fragen. Zum zweiten Teil der Frage: Herr Kommissar Dr. Brunner hat am 27. Februar 1975 vor Journalisten in Bonn Ausführungen über die EG-Agrarpolitik gemacht. Er hat hierbei im wesentlichen nur die Vorschläge wiederholt, welche die EG-Kommission in ihrer Bilanz der EG-Agrarpolitik macht. Diese Bilanz ist am 4. März 1975 dem EG-Agrarministerrat vorgelegt worden. Der Ministerrat hat eine erste Aussprache darüber geführt und die Bilanz dem Sonderausschuß Landwirtschaft zur weiteren Behandlung überwiesen. Die Vorschläge sind bisher noch nicht geprüft worden. Eine Stellungnahme ist daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Zu Frage A 56: In der Gemeinschaft sind aus der Ernte 1974 noch rund 1,5 Millionen t Weizen überschüssig, die in diesem Wirtschaftsjahr voraussichtlich nicht ausgeführt werden. Diese Menge wird für spätere Ex- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 10853* porte auf Lager genommen oder zur Intervention gebracht werden. Ursprünglich war der Weizen zur Verfütterung bereitgehalten, weil mit einer erheblich niedrigeren Maiseinfuhr aus den USA gerechnet werden mußte. Bis Dezember 1974 erwarteten offizielle Stellen in den USA, daß 1974/75 wegen der niedrigeren Ernte 2 Millionen t Mais weniger als im Vorjahr in die Gemeinschaft ausgeführt werden könnten. Inzwischen wird in den USA die Lage wesentlich anders eingeschätzt. Es stehen höhere Mengen Mais zum Export zur Verfügung. Die Bundesregierung hat sich in Brüssel dafür eingesetzt, die hohen Weltmarktpreise für Weizenexporte zu nutzen. Von den für die Ausfuhr vorgesehenen 7 Millionen t Weichweizen in der Gemeinschaft im Wirtschaftsjahr 1974/75 werden auch 4,6 Millionen t ohne Ausfuhrerstattung oder mit Ausfuhrabschöpfung exportiert. Die Bundesregierung tritt nicht für die Wiedereinführung der Denaturierungsprämie ein, solange in einigen Ländern der Welt noch akute Hungersnot herrscht. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretär Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Zeyer (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 57 und 58) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die französischen Renten an Empfänger im Bundesgebiet vierteljährlich nachträglich gezahlt werden, und was hat sie getan, um eine Verbesserung dieser Zahlungsweise zu erreichen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Bereich der Knappschaftsversicherung ab 1. Juni 1975 die Rentenzahlungen vom jeweiligen Versicherungsträger direkt an die Empfänger im anderen Land erfolgt und dann der für deutsche Rentenempfänger unbefriedigende Zustand eintritt, daß die französischen Empfänger deutscher Knappschaftsrenten ihre Renten monatlich im voraus erhalten, während die französischen Renten an Empfänger im Bundesgebiet weiterhin vierteljährlich nachträglich gezahlt werden, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dieser Benachteiligung deutscher Rentner entgegenzuwirken? Das innerstaatliche französische Recht sieht vor, daß die aus der sozialen Sicherheit zu gewährenden Renten vierteljährlich nachträglich gezahlt werden. An diese innerstaatliche Regelung halten sich die französischen Versicherungsträger auch bei der Überweisung von Renten an Berechtigte in Gebieten außerhalb Frankreichs. Eine Benachteiligung der deutschen Rentenbezieher gegenüber französischen Staatsangehörigen ist damit nicht verbunden. Wegen der, der deutschen Versicherung fremden, Fälligkeitsregelung hat sich Minister Arendt seit 1971 in mehreren Schreiben an seinen französischen Kollegen gewandt und gebeten, das Zahlungsverfahren abzuändern. In seinem letzten Schreiben vom 27. September 1974 hat der französische Arbeitsminister mitgeteilt, daß die Frage der monatlichen Rentenzahlung weiterhin geprüft werde. Seitens der französischen Regierung sei jedoch beschlossen worden, Anfang 1975 einen zeitlich, örtlich und dem Umfange nach beschränkten Versuch einer monatlichen Zahlung zu unternehmen. Eine weitere Ausdehnung dieser Neuerung werde unter Berücksichtigung der Reaktionen des betreffenden Personenkreises von den Ergebnissen dieses Versuchs abhängig gemacht. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes vermerken: Die Bundesknappschaft zahlt — ebenso wie alle anderen deutschen Träger der Rentenversicherung — ihre Renten an Berechtigte in Frankreich und in den übrigen Mitgliedstaaten der EWG in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Regelung unmittelbar und monatlich im voraus. Es handelt sich hier in der Tat um verschiedene Rentenzahlungsverfahren in Frankreich und in der Bundesrepublik. Wir werden uns weiterhin bemühen, die französischen Stellen zu einer Änderung ihres Verfahrens zu bewegen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Ziegler (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 59 und 60) : Wie hoch sind Auflage und Gesamtkosten der Zeitungsbeilage „Klarer Kurs — Ausbau des sozialen Rechtsstaates" des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung? Welchen Zeitungen wurde oder wird die Schrift „Klarer Kurs — Ausbau des sozialen Rechtsstaates" an welchen Erscheinungsdaten beigelegt? Die Gesamtauflaufe der Beilage ist mit 14,2 Millionen Exemplaren vorgesehen. Die Gesamtkosten werden sich auf 1 980 000 DM belaufen. Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich, daß die Beilage allen regionalen Tageszeitungen einschließlich der sogenannten Heimatzeitungen beigelegt wurde bzw. wird. Als Einschalttermin wurde für die Nielsen-Gebiete I, II, III a und V, das entspricht den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Saarland, der Zeitraum vom 17. bis 22. Februar 1975 gewählt. Für die Nielsen-Gebiete III b und IV, das entspricht den Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern, ist die Einschaltung für April vorgesehen. Anmerkung: (Nielsen-Gebiete ist eine für die Anzeigenwerbung geltende regionale Aufteilung des Bundesgebietes.) Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 61) : Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse aus der Inanspruchnahme von Kur- und Krankenhausaufenthalten der landwirtschaftlichen Bevölkerung vor, die auf besondere Gefährdungen aus dem Bereich der Landtechnik schließen lassen? Bei den landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträgern liegen Erkenntnisse über besondere gesundheitliche Gefährdungen aus dem Bereich der Landtechnik nicht vor. Allerdings ist der Anteil der Kuraufenthalte der landwirtschaftlichen Bevölkerung, die wegen Skelettschäden erforderlich sind, überdurchschnittlich hoch. Dies wird zurückgeführt auf die relativ starke körperliche Belastung durch die landwirtschaftlichen Arbeiten im allgemeinen, die Schwingungsbelastungen durch die Arbeit mit Schleppern und selbstfahrenden Landmaschinen, aber auch auf eine starke Übergewichtigkeit. Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften haben deswegen in ihren Unfallverhütungsvorschriften seit dem 1. Januar 1970 die Ausrüstung aller Ackerschlepper und selbstfahrenden Landmaschinen mit schwingungsgedämpften, gefederten Fahrersitzen vorgeschrieben. Die Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung prüfen zur Zeit die Möglichkeiten weiterer vorbeugender Maßnahmen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Blüm (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 62) : Hält die Bundesregierung die Höchstgrenze des Jahresarbeitsverdienstes, die bei den meisten Berufsgenossenschaften 48 000 DM beträgt, angesichts der nach wie vor vorhandenen Preissteigerungen für reformbedürftig, etwa in Form einer Dynamisierung? Die Berufsgenossenschaften haben schon nach geltendem Recht die Möglichkeit, den Höchstbetrag des Jahresarbeitsverdienstes in ihren Satzungen höher als auf 48 000,— DM festzusetzen. Nach dem augenblicklichen Stand haben 14 Berufsgenossenschaften 48 000, DM, 19 Berufsgenossenschaften 60 000, DM und 2 Berufsgenossenschaften 72 000,— DM als Höchstgrenze festgesetzt. Unter diesen Umständen halte ich zur Zeit eine Änderung des Gesetzes, das der Selbstverwaltung einen weiten Spielraum läßt, nicht für erforderlich. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/3335 Fragen A 63 und 64) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Arbeitsverwaltung, daß die Ausbildung oder Umschulung zur Hauswirtschaftsmeisterin dann nicht gefördert werden soll, wenn dieser Beruf und die daraus abgeleitete Berechtigung zur Ausbildung von Hauswirtschaftslehrlingen im eigenen Haushalt praktiziert werden soll, obwohl gerade in diesem Bereich sehr viele Ausbildungsplätze fehlen? Inwieweit ist die Bundesiegierung in der Lage und bereit, bei der Arbeitsverwaltung darauf hinzuwirken, daß die Umschulung von Frauen oder die Weiterbildung für den Wiedereintritt in die Berufstätigkeit auch dann gefördert wird, wenn die Frauen aus familiären Gründen vorläufig nur eine Teilzeitbeschäftigung anstreben können? Grundsätzlich kann eine Fortbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin nach dem Arbeitsförderungsgesetz gefördert werden, wenn die Antragstellerin — abgesehen von anderen gesetzlichen Voraussetzungen - demnächst eine abhängige Beschäftigung aufnehmen will. Sofern aber die Antragstellerin die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten lediglich im eigenen Haushalt oder Betrieb anwenden will, steht das eigenbetriebliche Interesse im Vordergrund. Eine Förderung ist in diesem Falle nach § 43 Abs. 2 AFG nur zulässig, wenn hierfür ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht. Diese Voraussetzung ist nach der von der Bundesanstalt für Arbeit erlassenen „Anordnung über die individuelle Fortbildung und Umschuldung" unter anderem dann erfüllt, wenn die Förderung notwendig ist, um Ausbildungsplätze zu sichern oder zu besetzen. Nach den vorliegenden Erfahrungen hat es bislang auf dem Gebiete der Hauswirtschaft keinen Mangel an Ausbildungsplätzen gegeben. Erst in letzter Zeit zeigt sich, daß in einzelnen, vor allem ländlichen Bereichen die Nachfrage nach Ausbildungsstellen über das Angebot hinausgeht. Wo diese Entwicklung klar erkennbar wird, kann die Fortbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin auch dann gefördert werden, wenn die zukünftige Hauswirtschaftsmeisterin nur im eigenen Haushalt tätig sein will. Voraussetzung ist allerdings, daß nach den Umständen erkennbar ist, daß die Ausbildung von Hauswirtschaftsgehilfinnen ernsthaft angestrebt wird. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken: Fortbildung und Umschulung können nach dem AFG grundsätzlich auch gefördert werden, wenn der Antragsteller künftig lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausüben will. Eine Förderung scheidet aber dann aus, wenn im Hinblick auf die vom Antragsteller angestrebte Arbeitszeit auf dem Arbeitsmarkt keine Vermittlungsmöglichkeit gegeben ist. Eine Fortbildungsförderung ist auch dann nicht möglich, wenn der Antragsteller noch keine Beiträge zur Bundesanstalt geleistet hat und auch die nach der Maßnahme angestrebte Tätigkeit beitragsfrei ist; dies trifft u. a. auf eine Tätigkeit mit einer Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden wöchentlich zu. Die Einschränkungen der grundsätzlich gegebenen Förderungsmöglichkeit sind gesetzlich vorgeschrieben und sachlich geboten. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Seefeld (SPD) (Drucksache 7/3335 Fragen A 90 und 91) : Wann ist mit der Verabschiedung der Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zur Einführung eines Europäischen Führerscheines im EG-Ministerrat zu rechnen? Welche Kindernisse stehen der Verabschiedung bislang Br Wege? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 10855* Die Frage, wann die betreffende Richtlinie im EG-Ministerrat verabschiedet wird, läßt sich z. Zt. noch nicht beantworten. Zu einer Verabschiedung ist es bis jetzt noch nicht gekommen, weil die EG-Kommission auf Grund des Echos auf den Richtlinienentwurf, insbesondere auf Grund der Stellungnahme des Europäischen Parlaments, angekündigt hat, sie werde ihren Vorschlag überarbeiten und geändert vorlegen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Verhülsdonk (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 92) : Ist die Bundesregierung der Meinung, daß die Inneneinrichtungen von Personenwagen der Deutschen Bundesbahn insbesondere auch hinsichtlich des Einbaus von Glas und der Anbringung von Spiegeln so beschaffen sind, daß sie den heute gegebenen Erkenntnissen hinsichtlich der aktiven und passiven Sicherheit in Fahrgastzellen Rechnung tragen? Die Bundesregierung hat derzeit keinen Anlaß zu der Annahme, daß die Innenausstattung der Reisezugwagen der Deutschen Bundesbahn, insbesondere was die Verwendung von Glasbauteilen angeht, nicht den gesetzlichen Auflagen und internationalen Empfehlungen entspricht. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 93) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung des Bundesverbandes öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, daß neue Autoreifen vor dem Verkauf amtlich geprüft werden sollen? Für die Produktion der Reifen übernimmt der Hersteller die Kontrolle, wobei die Kennzeichnung der Reifen bestimmten Normen unterliegt. Der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr wacht bei der Typ-Prüfung und bei den amtlichen Untersuchungen nach § 29 StVZO über die ordnungsgemäße Ausrüstung der Fahrzeuge mit den entsprechenden Reifen. Dieses Verfahren hat sich bewährt; eine zwingende Veranlassung, hiervon abzuweichen und eine amtliche Prüfung einzuführen, besteht nicht. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Conradi (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 94) : Trelfen die von Ferdunand Ranlt in der .,Zeit" vote 28. Februar 1975 genannten Zahlen, nech denen die Zahl der Verkehrstoten auf den Autobahnen ins Bundesgebiet nach der Aufhebung des Tempolimits im März 1974 bis zum Oktober 1974 um mehr als 100 °/0 zugenommen hat, zu, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus diesen Zahlen? 1. Der Autor des Artikels in der „Zeit" vom 28. 2. 1975 stellt fest, „daß im Vergleich zum letzten Monat mit Tempolimit, dem Februar 1974, die Zahl der Toten auf Autobahnen im April 1974 um über 100 % gestiegen war". Diese Feststellung trifft zu: Februar 1974 = 35, April 1974 = 74 Getötete auf Autobahnen. 2. Bei einem Vergleich des vom Anfragenden genannten Zeitraums März 74 bis Oktober 74 im Verhältnis zu dem entsprechenden Zeitraum des Jahres 1973 ergibt sich dagegen eine Abnahme der Verkehrstoten auf Autobahnen um 28,1 %. 3. Die Bundesregierung wird vor einer Entscheidung über die Frage einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen erst die Ergebnisse der bis 1977 laufenden Versuche über die „Auswirkung einer Richtgeschwindigkeit im Vergleich zu einer Höchstgeschwindigkeit auf Bundesautobahnen" abwarten. Anlage 14 Antwort des Parl Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Konrad (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 95) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Firma Degussa einen neuen Katalysatortyp entwickelt hat, der es ermöglicht, Kohlenmonoxyd, Kohlenwasserstoff und Stickoxyde gleichzeitig aus dem Abgas zu entfernen und dessen Einsatz im Vergleich zu anderen Typen mit einer beträchtlichen Treibstoffersparnis verbunden ist, und wann beabsichtigt die Bundesregierung, den serienmäßigen Einbau von Katalysatoren zur Abgasentgiftung vorzuschreiben? In Verfolg des Umweltprogramms der Bundesregierung und in Übereinstimmung mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz werden Grenzwerte für die noch zulässigen Mengen an unerwünschten Bestandteilen im Abgas festgelegt. Dieses bewährte Verfahren fördert zwangsläufig die technisch und wirtschaftlich optimalen Lösungen. Es ist somit nicht notwendig, alle Entwicklungsarbeiten laufend zu verfolgen, und nicht vertretbar, eine bestimmte technische Lösung, wie den Einbau von Katalysatoren, vorzuschreiben. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 7/3335 Fragen A 96 und 97) : Wie ist der monatliche Verlauf der Zahl der Unfälle mit Personen- und Sachschaden sowie der Zahl der Verkehrstoten auf allen Straßen der Bundesrepublik Deutschland sowie ausschließlich auf den Bundesautobahnen in den Jahren 1970 bis 1974? 10856* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Wie stellt sich der Vergleich dieser Unfallzahlen dar, wenn der Zeitraum vom 25. November 1973 bis zum 15. März 1974 (Fahrverbote und Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Grund der Ölkrise) nicht berücksichtigt wird? Zu Frage A 96: Die typischen Jahresganglinien im Unfallgeschehen sind durch vergleichsweise niedrige Unfallzahlen in den ersten vier Monaten und einem Höhepunkt in den letzten drei Monaten gekennzeichnet. Auf den Autobahnen liegt die Spitze abweichend hiervon im Juli und August. Dies gilt sowohl für die Zahl der Unfälle als auch für die Zahl der getöteten Menschen. Diese Entwicklung zeigte sich auch in den Jahren 1970 bis 1974, wobei sich das Niveau, auf dem sich diese Saisonlinien bewegt haben, ab Herbst 1972 unter dem Einfluß der bekannten Maßnahmen und Ereignisse zeitweise stark vermindert hat. In der Zeit von November 1973 bis März 1974, in der sich die Sonntagsfahrverbote, die verschärften Geschwindigkeitslimitierungen und eine allgemeine Verminderung der Fahrleistungen nachhaltig auf die Unfallentwicklung ausgewirkt haben, ist die Zahl der Verkehrstoten insgesamt um 27 % gesunken. Auf den Autobahnen nahm sie sogar um 39 % ab. Ab April 1974 sind die Unfallzahlen wieder gestiegen, ohne allerdings die Vorjahreswerte auch nur annähernd zu erreichen. Zu Frage A 97: Zu diesem Vergleich stellt man am zweckmäßigsten den Zeitraum von April bis Oktober 1974 dem entsprechenden Vorjahresabschnitt gegenüber. Die Zahlen zeigen auch hier eine deutliche Abwärtsentwicklung. So sind von April bis Oktober 1974 insgesamt 1 500 Menschen weniger zu Tode gekommen als im entprechenden Zeitraum des Vorjahres. In Prozenten bedeutet das einen Rückgang um 15 %. Besonders deutlich zeigte sich die Verminderung des Unfallgeschehens auf den Autobahnen, wo die Zahl der Verkehrstoten sogar um 29 % zurückging. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Fellermaier (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 98) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß an deutschen Flughäfen, wie z. B. in Stuttgart, die Betriebsgesellschaften des jeweils einzigen dort erreichbaren und zugelassenen Parkplatzes zwar eine Parkgebühr erheben, die Bewachung und damit auch den Versicherungsschutz aber ablehnen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Umgehung der Vorschriften in der „Verordnung über das Bewachungsgewerbe" und der Rechtsprechung zur Versicherungspflicht auf bewachten Parkplätzen? Die Bundesregierung hat keinen Einfluß darauf, ob öffentliche Parkplätze bewacht werden oder nicht. Dies gilt auch für die Parkplätze an den Verkehrsflughäfen. Ihr ist jedoch bekannt, daß die hier erhobenen Entgelte in vielen Fällen lediglich eine reine Platzmiete darstellen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Haenschke (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 99) : Wie kann der Verbraucher beim Kauf eines neuen Kraftfahrzeugs dessen Herstellungsdatum feststellen, und wie kann er beurteilen, ob das angebotene Neufahrzeug noch den neuesten Bauvorschriften und dem neuesten Stand der Technik entspricht? Der Verbraucher kann das Herstellungsdatum eines neuen Kraftfahrzeugs in der Regel nicht feststellen. Ich verweise hierzu auch auf meine schriftliche Antwort auf Ihre Frage in der Fragestunde am 6./7. November 1974. Eine solche Handhabung ist für den Käufer im Hinblick auf die Sicherheit im Straßenverkehr jedoch nicht nachteilig, da Kraftfahrzeuge am Tage ihrer erstmaligen Zulassung zum Verkehr den an diesem Tage geltenden Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen müssen. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 100 und 101): Welche Konsequenzen sind bisher aus der Kritik gezogen worden, die der Bundeskanzler im Jahrbuch des Deutschen Eisenbahnwesens 1974 an den Plänen der Deutschen Bundesbahn für den Neubau von Strecken geübt hat? Welche konkreten Finanzierungspläne bestehen für die mit Planungsstand vom 1. Januar 1974 berechneten 7,22 Milliarden DM (bis 1985) veranschlagten Kosten der Bundesbahnneubaustrecke Hannover—Gemünden? Zu Frage A 100: Der Herr Bundeskanzler hat im Jahrbuch des Eisenbahnwesens 1974 in einem Artikel über die Bundesbahn und den Bundeshaushalt klargestellt, daß es zur Steigerung der Produktivität u. U. auch zusätzlicher Investitionen bedarf. Die Bundesregierung hat daher außer der gesamtwirtschaftlichen Korridoruntersuchung bei gleichzeitiger Aktualisierung der Daten einschließlich der Baukosten inzwischen eine betriebswirtschaftliche Zusatzuntersuchung erstellt. Diese hat das Ergebnis der Korridoruntersuchung bestätigt, wonach die Strecken Mannheim—Stuttgart und Hannover—Würzburg zur Verbesserung des Wirtschaftsergebnisses der Deutschen Bundesbahn vorrangig zu bauen sind. Für die Strecke Köln—Groß-Gerau wurde volkswirtschaftlich keine hohe Rendite festgestellt. Daher werden für diese Neubaustrecke weitere Alternativen untersucht. Zu Frage A 101: Im Regierungsentwurf zum Haushalt 1975 ist von einem Gesamtbetrag von 60 Millionen DM ein Teilbetrag für die Neubaustrecke Hannover—Gemünden vorgesehen. Für die folgenden Jahre sind die Über- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 10857* legungen der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Fortschreibung der mehrjährigen Finanzplanung noch nicht abgeschlossen. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Thürk (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 102) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei der Deutschen Bundespost von rund 7 000 vorhandenen Ausbildungsplätzen für das Jahr 1975 nach zur Zeit vorliegenden Zahlen lediglich 2 180 Ausbildungsplätze besetzt sein werden, daß dies auf einer bewußten Beschränkung der Ausbildungskapazität auf den eigenen Bedarf beruhen soll, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung unter Berücksichtigung des derzeit bestehenden großen Mangels an Ausbildungsplätzen zur Behebung eines derartigen Mißstandes im staatlichen Bereich? Die Frage der Einstellungsquoten für die Berufsausbildung im Fernmeldehandwerk der Deutschen Bundespost und die Nutzung der freiwerdenden Ausbildungskapazitäten ist in letzter Zeit wiederholt Gegenstand von Anfragen gewesen. Ich darf auf die Antworten zu den Anfragen der Herren Kollegen Kroll-Schlüter (Drucksache 7/3258 Frage Nr. B 60) und Pfeifer (Drucksache 7/3258 Fragen Nr. B 63 und B 64) sowie auf die Frage Nr. 78 des Herrn Kollegen Jaunich in der mündlichen Fragestunde am 27. Februar 1975 hinweisen. Danach wird zusammenfassend festgestellt, daß für 1975 aus der Unternehmenssicht kein akuter Bedarf an Neueinstellungen von Auszubildenden im Fernmeldehandwerk besteht. Unter Berücksichtigung unternehmerisch noch vertretbarer Belastungen wird die Deutsche Bundespost 1975 dennoch etwa 1 800 Neueinstellungen vornehmen. Diese Einstellungsquote ist über das ganze Bundesgebiet verteilt worden, mit dem Ziel, dadurch fast alle Ausbildungsstätten im Bereich der Deutschen Bundespost zu erhalten. Im übrigen ist die Deutsche Bundespost bereit, freiwerdende Ausbildungskapazitäten anderen Ausbildungsträgern gegen Kostenerstattung zum Beispiel für Zwecke der überbetrieblichen Ausbildung zur Verfügung zu stellen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 103 und 104) : Sind der Bundesregierung die Einzelheiten des Verkaufs von 90 % der Anteile der DATEL GmbH ins Ausland vor Abschluß der entsprechenden Verträge bekannt gewesen, und teilt die Bundesregierung die von einem Großteil der EDV-Anwender und der wirtschaftspolitisch interessierten Öffentlichkeit erhobenen Bedenken, daß diese ausländische Majorität einen erheblichen Teil des Rechenleistungsmarktes in der Bundesrepublik Deutschland kontrollieren und möglicherweise eines Tages monopolisieren könnte? Ist nach Ansicht der Bundesregierung und gegebenenfalls wie gewährleistet, daß die künftige Geschäftstätigkeit der DATEL GmbH sich in Deutschland insgesamt nach deutschem Recht richtet, und welche Kontrollen sind dafür gegeben bzw. welche Kontrollen hält die Bundesregierung in diesem Zusammenhang für geboten? Zu Frage A 103: Die Bundesregierung ist in allen Phasen über Stand und Fortgang der Verkaufsverhandlungen unterrichtet gewesen. Sie ist nicht der Meinung, daß durch den Verkauf der Datel GmbH der deutsche Markt für „Datenverarbeitung außer Haus" verstärkt in ausländische Abhängigkeit gerät. Der Gesamtmarkt wird von einer relativ großen Zahl von Anbietern dieser Dienstleistungen gebildet, an dem der Geschäftsumfang der Datel GmbH nur wenige Prozentpunkte ausmacht. Ein beherrschender Einfluß ist daher nicht gegeben. Zu Frage A 104: Die Datel GmbH ist nach wie vor im deutschen Handelsregister eingetragen und unterliegt dem deutschen GmbH-Gesetz. Die noch beteiligten Altgesellschafter Siemens bzw. Deutsche Bundespost haben Minderheitsrechte entsprechend dem deutschen Aktienrecht. Sie nehmen diese Rechte auch wahr. Die Datel GmbH unterliegt den gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie alle anderen vergleichbaren Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, für dieses Unternehmen aufgrund der Beteiligung ausländischer Kapitalgeber über die bestehenden gesetzlichen Regelungen hinaus weitere Kontrollen vorzusehen. Anlage 21 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Haenschke (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 105) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Energiebehörde der USA ein 500-MW-Sonnenkraftwerk in Auftrag gegeben hat, und ist die Bundesregierung bereit, in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls solche Entwicklungen einzuleiten? Der Bundesregierung sind Pressemeldungen bekannt, wonach die amerikanische Energieagentur ERDA für das Jahr 1985 ein irdisches Sonnenzellenkraftwerk mit 500 MW-Leistung planen soll. Die Zusammenarbeit mit den USA auf dem Gebiet der Sonnenenergieforschung ist sehr eng. In allen bisherigen offiziellen Kontakten auf bilateraler und multilateraler Ebene wie im Rahmen der Internationalen Energieagentur Paris wurden jedoch keine Pläne über irdische Großkraftwerke diskutiert oder vorgestellt. Eine erneute Rückfrage bei der amerikanischen Energieagentur ERDA hat ergeben, daß dort zur Zeit keine derartigen Absichten bestehen. 10858* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Die Bundesregierung hat ebenfalls keine Planungen für Sonnenzellengroßprojekte im 100 MW-Bereich in Auftrag gegeben. Sie ist der Meinung, daß Projekte dieser Größenordnung mit heutiger Technologie nicht sinnvoll durchgeführt werden können. Dies gilt besonders für die geographischen und klimatischen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland. Anlage 22 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 106 und 107): Aus welchen Gründen wird das Weltraumprogramm der Bundesregierung für die Jahre 1975 bis 1978 trotz mehrmaliger Ankündigungen von seiten des Bundesforschungsministers nicht vorgelegt, und trifft es zu, daß der Bundesfinanzminister den vorliegenden Entwurf des Weltraumprogramms für nicht finanzierbar hält? Was beabsichtigt die Bundesregierung zu unternehmen, um der interessierten Fachwelt ihre Vorstellung in der Weltraumpolitik zu erläutern, damit in Anbetracht eines fehlenden Weltraumprogramms zumindestens in Grundrissen eine Art von Konzept der Weltraumpolitik erkennbar wird? Zu Frage A 106: Es trifft nicht zu, daß der Bundesminister der Finanzen den vorliegenden Entwurf des Weltraumprogramms für nicht finanzierbar hält. Da gegenwärtig der Bundeshaushalt 1976 aufgestellt wird, ist zwischen dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister für Forschung und Technologie vereinbart worden, mit der Veröffentlichung des Weltraumprogramms bis zur Verabschiedung des Haushaltsentwurfs 1976 und des fortgeschriebenen Finanzplans durch das Bundeskabinett zu warten. Darüber hinaus erscheint es zweckmäßig, die bevorstehende Gründung der einheitlichen europäischen Weltraumorganisation ESA abzuwarten. Zu Frage A 107: Die Bundesregierung hat im Dezember 1974 dem Bundestag das „Basisprogramm für die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie 1974-1978" mit einer Gesamtdarstellung der Planungen im Luft- und Raumfahrtbereich zugeleitet (Bundestagsdrucksache 7/2986). Dieses Programm enthält im Kapitel „Weltraumprogramm" eine Darlegung der Ausgangslage, der Förderungsziele und der Förderung durch den Bund sowie eine umfassende Übersicht über einzelne Vorhaben. Im übrigen ist die interessierte Fachwelt auf verschiedene Weise, z. B. auf Fachtagungen, über die Ziele und Projekte der Bundesregierung auf dem Gebiet der Weltraumforschung und -technik informiert worden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn im Namen der Opposition dem Herrn Bundeskanzler unseren Glückwunsch zu seiner Gesundung nach schwerer Krankheit sagen. Wir hoffen, Herr Bundeskanzler, daß Ihnen die Kräfte zur Verfügung stehen, die Sie für Ihr schweres Amt in den kommenden Monaten benötigen.

    (Beifall)

    Lassen Sie mich Ihrer Regierungserklärung zwei Zitate anfügen, die nicht aus dubiosen Quellen, nicht aus nicht autorisierten Niederschriften, sondern aus einem gezeichneten Namensartikel und aus einer verabschiedeten Resolution stammen. Das erste Zitat stammt vom Landesvorsitzenden Ihrer Partei in Schleswig-Holstein. Es stammt aus der Zeit des Januar 1975 und lautet wie folgt:
    Bei den Anarchisten ist nur eines völlig klar. Das ist ihre sympathische Zielvorstellung.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

    Ich wiederhole für diejejnigen, die es noch nicht gelesen oder gehört haben:
    Bei den Anarchisten ist nur eines völlig klar. Das ist ihre sympathische Zielvorstellung. Sie wollen eine auf Recht und Freiheit gegründete Gesellschaft ohne Gewalt.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Unglaublich! — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wer hat das gesagt? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU: Unerhört!)

    Das zweite Zitat stammt nicht von einem Landesvorsitzenden der SPD, sondern von den Deutschen Jungdemokraten, die, Herr Kollege Genscher, selbständig sind, aber Ihrer Partei nahestehen, ihre



    Dr. Dregger
    Nachwuchsorganisation darstellen. In einer Resolution, die vor fünf Tagen gefaßt worden ist, haben sie unter anderem folgendes ausgeführt — ich zitiere —:
    Auf den Wellen der gezielten Aufputschungen schwimmt der sinnlose Vandalismus der Ordnungskräfte in Berlin,
    — gemeint ist damit unsere Polizei —
    die die Einrichtungen von Wohnheimen zerstören, wahllos in Wohnungen eindringen und ein Anwaltsbüro widerrechtlich durchsuchen.
    So diese wirklich Liberalen in all ihrer Differenziertheit.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, wenn Sie diese beiden Aussagen — ich könnte hier weitere hundert vortragen; ich habe diese beiden nur deshalb ausgewählt, weil sie so aktuell sind — zusammenfassen, dann sagt das über die Sicherheitsproblematik dieses Landes mehr aus als Ihre ganze Regierungserklärung.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Nach dieser Beurteilung begehen die Anarchisten bedauerlicherweise von Zeit zu Zeit einen Mord oder eine Geiselentführung oder andere Verbrechen, aber ihre Ziele sind doch wenigstens sympathisch, während die Polizei und die anderen Sicherheitskräfte, die gegen sie eingesetzt werden, sich — so wird es ganz pauschal gesagt eines sinnlosen Vandalismus schuldig machen.
    Herr Bundeskanzler, Sie können Regierungserklärungen abgeben, die auf Ihre Partei so wirken, als ob Sie der CDU angehörten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich hatte heute morgen im Hause diesen Eindruck, und Ihre Juso-Chefin hat Sie ja ausdrücklich in Ihrer Erscheinung als Sozialdemokrat in Frage gestellt, meines Erachtens zu Unrecht. Herr Bundeskanzler, Sie können in noch so wohlformulierten Regierungserklärungen aussagen, erklären und mitteilen, was Sie wollen, — wenn es Ihnen und Ihrem Kollegen Genscher nicht gelingt, in dieser entscheidenden Frage wieder für einen klaren Kurs in Ihren Parteien zu sorgen, dann nützen Ihre Regierungserklärungen ganz und gar nichts, weil sie unglaubwürdig sind und deshalb nicht wirken. Das ist die Lage.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Innere Sicherheit, das ist nicht nur eine Frage der Macht und ihres Einsatzes; innere Sicherheit hat vor allem auch eine geistige, eine moralische und eine politische Dimension.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Sie verlangt geistige und politische Führung. Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, diese Aufgabe nicht wahrnehmen, dann können auch Polizei, Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Justiz ihre Aufgaben nicht wirksam erfüllen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Justiz und Sicherheitsorgane müssen getragen sein von der Solidarität der Demokraten — hier ist das Wort wirklich einmal am Platz —

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    und von der Autorität des demokratischen Staates. Ich bin froh, daß auch Sie das Wort „Autorität" heute morgen in Ihre Regierungserklärung aufgenommen haben.
    Ein Zweites muß ich Ihrer Regierungserklärung entgegenhalten: Sie kommt spät, in manchem zu spät.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Und geht in die falsche Richtung!)

    Ohne die Entführung von Peter Lorenz wäre sie nicht abgegeben worden, obwohl sie zu einer Lage Stellung nimmt, die schon vor dieser Entführung seit langem bestand.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Weiter: Der einzige gesetzgeberische Beitrag, den Regierung und Koalition zu dieser Debatte leisten, ist der Entwurf eines Dreizehnten Strafrechtsänderungsgesetzes. Dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung greift einen Teil des Gesetzentwurfes auf, den die Bayerische Staatsregierung schon im Juni vorigen Jahres in die Gesetzgebung eingebracht hatte, einen Gesetzentwurf, der auf Ihren Widerstand stieß. Sie griffen ihn dann später, viel später nach der Ermordung des Herrn von Drenkmann auf. Dieser Entwurf, der heute in erster Lesung im Bundestag behandelt wird, wurde damals als Eilt-Vorlage dem Bundesrat zugeleitet. Auch das war also, wie die heutige Regierungserklärung, eine nur kurzatmige Antwort auf die Zuspitzung einer Lage, die seit langem andauert.
    Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler, fehlt es leider an Voraussicht und daher auch an Vorsicht. Sie beugen der Gefahr nicht vor, Sie laufen ihr nach; Sie haben das Gesetz des Handelns verloren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Opposition hat demgegenüber die Sicherheitslage seit Jahren anders und — wie heute nicht mehr bestreitbar ist — zutreffender beurteilt. Wir haben nicht nur kritisiert, sondern auch Vorschläge gemacht. Diese Debatte ist von uns seit langem gefordert. Mit Ausnahme des zuvor genannten Regierungsentwurfs stammen alle Gesetzentwürfe und alle Anträge von uns. Wir haben sie lange vor der Entführung von Peter Lorenz beschlossen und dem Bundestag vorgelegt. Sie werden daher verstehen, Herr Bundeskanzler, daß meine Fraktion diese Anträge und nicht Ihre verspätete Regierungserklärung zum Hauptgegenstand der Debatte machen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bevor ich mich dem aktuellen und leider nicht einmal in Umrissen gelösten Problem politisch motivierter Bandenkriminalität zuwende, möchte ich einige Bemerkungen zur allgemeinen Kriminalität machen. Ihr hat sich unser Staat prinzipiell gewachsen gezeigt. Unsere Polizei ist pflichttreu, demokratisch gesonnen, leistungsbereit und leistungs-
    10740 Deutscher Bundestag --- 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975
    Dr. Dregger
    fähig. Ausstattung und Ausbildung sind befriedigend, wenn auch nicht in allen Punkten optimal.
    Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern ist im großen und ganzen gut; Sie haben das soeben bestätigt, Herr Bundeskanzler. Die Innenministerkonferenz funktioniert. Die zwischen Bund und Ländern geteilten Kompetenzen bringen natürlich Probleme mit sich, aber wenn die Bundesrepublik kein Bundesstaat, sondern ein Einheitsstaat wäre, gäbe es andere Probleme, die ebenfalls gelöst werden müßten. Darüber besteht Übereinstimmung; ich brauche das nicht zu vertiefen. Ich möchte nur warnen, in der jetzt anhebenden Debatte organisatorische Fragen in den Vordergrund zu stellen; denn sie sind nicht die entscheidenden.
    Diese prinzipiell positive Bewertung unseres Sicherheitskonzepts zur Bekämpfung der allgemeinen Kriminalität bedeutet aber nicht, daß wir mit den bisherigen Erfolgen zufrieden sein könnten. Die erstmalige Unterbrechung des Wachstums der Kriminalatät und der Rückgang der Aufklärungsquote, wie es aus dem Bericht des Bundesministers des Innern für das Jahr 1973 hervorzugehen schien, haben sich soweit das heute übersehbar ist — im Jahre 1974 leider nicht fortgesetzt. Die vorliegenden Berichte der Innenminister von Nordrhein-Westfalen und Bayern für das Jahr 1974 zeigen, daß in beiden Ländern die Zahl der Mord- und Totschlagsdelikte beträchtlich gestiegen ist: um 8,9 % bzw. 10,1 %. Auch die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen nahm zu. Gleichzeitig sank die Aufklärungsquote ab, in Nordrhein-Westfalen von 46,5 % auf 44,1 %, in Bayern von 57,4 % auf 57,2 %, was der bayerischen Polizei allerdings wieder ein Spitzenergebnis bringen dürfte. Zu Euphorie besteht also auch im Bereich der allgemeinen Kriminalität kein Anlaß.
    Beunruhigender, meine Damen und Herren, als die allgemeine Kriminalität ist das Auftreten organisierter Politgangster, nicht nur deshalb, weil es sich hier um ein für die Bundesrepublik Deutschland neues Phänomen handelt, sondern mehr noch, weil diese Politkriminalität in der Tat gefährlicher als die allgemeine ist und die Regierung ein überzeugendes und wirksames Sicherheitskonzept gegen sie bis heute nicht gefunden hat.
    Die Politkriminalität organisierter Banden unterscheidet sich von der allgemeinen Kriminalität durch folgende Umstände.
    Erstens. Den Politgangstern geht es um die Durchsetzung eines zwar pervertierten, aber doch politischen Ziels. Die sich gegen den einzelnen richtenden Verbrechen sind nicht Selbstzweck, sie werden vielmehr in den Dienst eines verbrecherischen Gesamtziels gestellt. Sie wollen den Staat als hilflos und den Bürger als schutzlos erscheinen lassen. Das soll zur Auflösung der rechtlichen Ordnung führen und einem totalitären Gewaltsystem die Machtübernahme ermöglichen.
    Zweitens. Die Politgangster sind hervorragend organisiert, verfügen über internationale Verbindungen und verstehen sich selbst als Kriegführende, als Kriegführende allerdings, die sich weder an die
    Regeln des Kriegs- noch an die Regeln des Friedensrechts halten wollen.
    Drittens. Den Politgangstern sind Erfolge zugewachsen, die sie selbst sicherlich als einen Triumph über den Rechtsstaat feiern werden. Wir haben den Mord an dem Berliner Kammergerichtspräsidenten von Drenkmann weder verhindern noch aufklären können. Das Leben von Peter Lorenz konnte gerettet werden, und allen, die daran mitgewirkt haben, möchten auch wir dafür nochmals danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben aber nicht verhindern können, daß eine Handvoll von Terroristen tagelang das öffentliche Leben dieser Republik beherrschte, daß Bundeskanzler, Minister, Polizeichefs, Parteivorsitzende und sogar die Alliierten in Berlin zu einer Dienstleistungsmaschinerie wurden, die sich den Befehlen der Politgangster strikt zu unterwerfen hatte.
    Die damit erwiesene Erpreßbarkeit des Staates erhält dadurch zusätzliches Gewicht, daß sie von einem Gangsterkomitee ausging, das keineswegs zusammen mit den Geiseln das Weite suchte, sondern sich so stark fühlte, daß es im Lande bleiben konnte, um von hier aus weitere Verbrechen vorzubereiten.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Neben der legitimen öffentlichen Gewalt gibt es in unserem Lande jetzt nach dem Eindruck der Bürger eine illegitime, die zumindest teilweise die legitime Staatsgewalt in ihren Dienst stellen kann, eine illegitime Gewalt, die unter voller Fernsehöffentlichkeit zum Vertragspartner der Staatsgewalt wurde. Mit weiteren Entführungs- und Erpressungsversuchen ist daher zu rechnen.
    Viertens. Die Erfolgschancen der Politgangster erscheinen derzeit als groß, ihr persönliches Risiko als denkbar gering. Das Schlimmste, was ihnen droht, ist eine komfortable Untersuchungshaft, die sie selbst als Isolationsfolter bezeichnen, obwohl sie dort höfliche Briefe ehemaliger Präsidenten, Besuche berühmter Philosophen empfangen, obwohl sie dort Interviews, z. B. dem „Spiegel", geben

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Gegen Honorar!)

    und obwohl sie von dort aus mit Hilfe ihrer Anwälte ein engmaschiges Nachrichten- und Befehlsnetz aufrechterhalten, das die Verbindung untereinander und mit ihren Komplizen draußen im Lande herstellt.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Grotesk!)

    An diese komfortable „Isolationsfolter" — sprich: Untersuchungshaft könnte sich dann nach Jahren wahrscheinlich immer wieder verschleppter Prozesse eine Strafhaft anschließen, wobei es, jedenfalls nach der jetzigen Lage, nicht als allzu schwer erscheinen muß, sie durch Geiselnahme und Erpressung des Staates oder in anderer Weise vorzeitig zu beenden.
    All das, was ich in meiner nüchternen Analyse bisher vorgetragen habe, ist unschön und paßt ganz



    Dr. Dregger
    und gar nicht in das Weltbild derer, die zwar nicht an Gott und an die Natur des Menschen, dafür aber an die alleinseligmachende Kraft der Gesellschaft und ihren ewigen Fortschritt glauben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie entspricht aber leider der Wirklichkeit. Es kommt nun darauf an, ein Sicherheitskonzept zu finden, das dieser Wirklichkeit gerecht wird.
    Wie soll dieses Sicherheitskonzept aussehen? Ich zitiere: „Lieber ein hilfloser Staat als ein herzloser Staat." So stand es im Kommentar einer angesehenen Wochenzeitung. Das ist leider kein brauchbares Sicherheitskonzept und im übrigen eine Scheinalternative, weil ein hilfloser Staat auch ein herzloser Staat ist, herzlos jedenfalls gegenüber denen, die er schützen soll, seine friedlichen Bürger.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Schutz kann nur ein starker Staat geben. Es ist daher für die deutsche Demokratie die schlechteste Vergangenheitsbewältigung, die überhaupt denkbar ist, die Vergötzung des Staates in den Jahren des Unheils nun zu ersetzen durch eine Aushöhlung und Schwächung des demokratischen Staates.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nur ein starker Staat kann das berechtigte Schutzverlangen der Bürger mit voller Rechtsstaatlichkeit und mit jener Liberalität verbinden, die sich ausdrückt in Großzügigkeit, in der Bereitschaft, zu vertrauen, und in der Abneigung, Staatsmacht allzusehr in Erscheinung treten zu lassen — einer Liberalität, zu der wir uns in unserem Entschließungsantrag ausdrücklich bekannt haben. Dabei ist klar — jedenfalls uns klar —, daß jeder auf Rechtsstaatlichkeit Anspruch hat, auf Liberalität aber nur derjenige, der diesen liberalen Rechtsstaat akzeptiert und mitträgt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei der Suche nach diesem Sicherheitskonzept können wir meines Erachtens nichts ohne Prüfung verwerfen, was rechtsstaatlich denkbar ist. Rechtsstaatlich undenkbar ist allein, daß wir der rechtlich ungebundenen illegitimen Gewalt eine ebenfalls rechtlich ungebundene Staatsgewalt gegenüberstellen, weil diese dann selbst illegitim würde.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, bevor ich unsere Überlegungen zum Sicherheitskonzept vortrage, lassen Sie mich vorweg zu zwei Fragen Stellung nehmen, die in den letzten Tagen diskutiert wurden, zur Frage des Vorausverzichts auf Gefangenenaustausch und zur Todesstrafe.
    Der vorher — ich betone gerade im Hinblick auf Peter Lorenz das Wort „vorher" — festgelegte Vorausverzicht auf Austausch von Geiseln gegen Häftlinge wäre aus zwei Gründen von nur begrenzter Wirkung:
    Erstens. Das würde allenfalls den Austausch von Geiseln gegen Häftlinge ausschließen, nicht aber den politischen Terror. Den Politbanden geht es nicht in erster Linie darum, ihre Komplizen zu befreien, sondern darum, den Staat als hilflos und die Bürger als schutzlos darzustellen. Das könnten sie auch in der Weise demonstrieren, daß sie z. B. eine größere Zahl von prominenten Politikern entführten, im In-oder Ausland festsetzten und sofort oder später ermordeten.
    Zweitens. Wahrscheinlich würde nicht einmal der Austausch von Häftlingen gegen Geiseln auf diese Weise verhindert. Selbst wenn alle sogenannten Prominenten zu einem solchen Vorausverzicht bereit wären, so würden sich die Gangster eben andere Geiseln holen, was unseren Staat vor den gleichen Konflikt stellen würde, wie wir ihn im Falle Peter Lorenz erlebt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Trotz dieser Einwände, meine ich, sollte diese Erwägung keineswegs vorschnell verworfen werden. Sie wirft in der Tat weitergehende Fragen auf, nämlich die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Leben eines einzelnen und dem Leben der Rechtsgemeinschaft, die das Leben der vielen schützt, und die Frage, welche Entscheidungsautorität der Staat in dieser Frage hat.
    Die Todesstrafe wird von meiner Fraktion nach wie vor abgelehnt. Das ist eine Position, die auch ich bisher nicht aufgegeben habe. Einige Zeitungen haben das sogar zutreffend berichtet, die anderen haben dafür um so längere Kommentare geschrieben; ich habe dafür ein gewisses Verständnis, meine Damen und Herren. Ich habe allerdings auf die Frage eines Journalisten hin erklärt, ich lehnte es nicht von vornherein ab, über eine solche Möglichkeit nachzudenken

    (Zuruf von der SPD)

    — Nachdenken ist immer gut; ich würde Ihnen empfehlen, auch einmal nachzudenken, meine Damen und Herren von SPD und FDP,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    solange ein wirksames Konzept gegen die neue Politkriminalität nicht gefunden und durchgesetzt sei. Dabei bleibe ich selbstverständlich.
    Meine Damen und Herren, nur noch eine Zusatzbemerkung. Ich halte die Politgangster nicht für abartige Hang- und Triebtäter, gegen die in der Tat eine gesetzliche Todesdrohung wirkungslos wäre. Ich halte sie auch nicht alle für Anarchisten alter Art. Ich glaube, wir müssen sie ernst nehmen als eine Bande eiskalt entschlossener, nüchtern kalkulierender Leute, die den Willen haben, ihre Vorstellung von Staat und Gesellschaft mit Gewalt und den Mitteln psychologischer Kriegführung den anderen aufzuzwingen. Der ganze Hungerstreik war ein Stück psychologischer Kriegführung. Aber wie gesagt, meine Fraktion lehnt die Todesstrafe nach wie vor ab. Ich selbst habe diesen Standpunkt nicht aufgegeben, und ich bin ziemlich sicher, daß wir auch ohne einen solchen oder einen anderen spektakulären Schritt in der Lage sind, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen, wenn wir nur im übrigen entschlossen und wirksam handeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Bürger fragen uns natürlich: Was kann denn sonst eigentlich Wirk-



    Dr. Dregger
    sames geschehen? Oder stimmt etwa das, was auch in der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers anklang: Das gibt es auch im Ausland, und weil es das auch im Ausland gibt, muß es das auch bei uns geben? Das ist so ähnlich wie mit der Erklärung der Inflation, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der CDU/CSU) Ich finde das aber nicht ganz befriedigend.

    Zu den Vergleichen mit dem Ausland lassen Sie mich bitte folgendes sagen. Erstens. In unserem Lande gibt es keine politische Unfreiheit, auch keine soziale Unsicherheit, wie wir sie aus anderen Ländern kennen. Es gibt bei uns keine nationalen, rassischen oder religiösen Minderheiten, die verfolgt würden. Unser Land ist eines der freiheitlichsten und sozial ausgeglichensten der Welt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Demonstrativer Beifall bei der SPD)

    — Ich nehme ja an, daß nicht ausgerechnet Sie sich das Verdienst daran allein zurechnen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich meine, dieser Tatbestand schließt jeden Vergleich mit der Politkriminalität im Ausland aus.
    Zweitens. Unsere Politgangster sind nicht die Vertreter der Enterbten und Entrechteten. Sie sind nicht die Vertreter der Arbeiter und Bauern, die nichts mit ihnen zu tun haben wollen. Unsere Politgangster sind nicht die Opfer der Not, sondern des Wohlstandes, den sie langweilig finden. Ihr Ausgangspunkt ist nicht die Arbeitswelt, die die meisten von ihnen gar nicht kennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ausgangspunkt sind nicht Werkshallen, sondern Hörsäle und Politzirkel. Die Käseglocke, unter der sie gediehen, setzte sich zusammen aus bürgerlicher Harmlosigkeit, snobistischem Sympathisantentum, regierungsamtlicher Verniedlichung,

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    staatlich gedulteter oder gar verordneter Schmähung unseres Systems in Schulen und Hochschulen,

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    nachlassender Abwehrbereitschaft demokratischer Parteien gegen linksextreme Einflüsse

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und hier und da festzustellender Verunsicherung der Sicherheitsorgane und der Justiz.
    Meine Damen und Herren, die Regierung hat wahrscheinlich recht, wenn sie sagt, die Zahl der zur Gewalttat entschlossenen Anarchisten sei klein. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß sie sich auf eine nicht geringe Zahl von Sympathisanten stützen können, auf Sympathisanten, die an wichtigen Schalthebeln in Staat und Gesellschaft sitzen und über großen Einfluß verfügen.

    (Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller [SPD] : Wo sitzen sie?)

    Isoliert sind sie allenfalls in ihrer Bereitschaft zur
    Gewaltanwendung; isoliert sind sie aber nicht in der
    Verachtung unseres Staates und seines freiheitlichen Systems.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Leider wahr!)

    Ihre Beschreibung der Lage in unserem Lande hat zwar mit der Wirklichkeit nichts gemein, aber das, was sie denken und sagen, ist Ausdruck der psychosozialen Vergiftung, die schon seit vielen Jahren von manchen Universitäten und Lehrerakademien ausgeht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hier werden ganze Kader ideologisch fixierter Systemüberwinder und radikaler Neomarxisten herangezogen. Einzelne Universitätsbereiche — nicht zuletzt in Berlin — sind zu Brutstätten des Anarchismus geworden.

    (Zurufe von der CDU/CSU: So ist es!)

    Und das, was dort begonnen wurde, setzt sich nun an unseren Schulen fort, staatlich geduldet, teilweise sogar noch staatlich gefördert durch dazu passende Rahmenrichtlinien.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Leider wahr!)

    Spätestens an dieser Stelle, meine Damen und Herren, beginnt die Verantwortlichkeit der Lehrer, der Wissenschaftler, der Publizisten und der Politiker. Seien wir uns klar darüber: Wer Staat und Gesetz, wer Recht und Moral in Frage stellen läßt, wer es staatlichen Lehrern an staatlichen Schulen erlaubt, unser freiheitliches System zu diskreditieren, der muß damit rechnen, daß aus dem, was er selber vielleicht nur als intellektuelle Spielerei betrachtet hat, einmal blutiger Ernst wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb tragen nicht nur diejenigen Verantwortung, die die Waffe führen, sondern auch diejenigen, die ihnen geistig und politisch den Weg bereiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Nun unsere Schlußfolgerungen:

    Wir brauchen ein politisches Gesamtkonzept zur offensiven Bekämpfung der Terroristen und ihres geistigen Hintergrundes.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Dazu gehören erstens die richtig verstandene Solidarität der Demokraten auf der Grundlage der Verfassung, zweitens die geistige Mobilisierung der Bürger, drittens ein von den besten Sicherheitsexperten erstelltes Programm zur Zerschlagung der Politbanden.
    Beginnen wir mit uns selbst, mit der richtig verstandenen Solidarität der Demokraten, die ja nur bedeuten kann: Solidarität auf der Grundlage der Verfassung. Solidarität in diesem Sinne heißt nicht, die Regierung der Kritik zu entziehen und die Opposition funktionsunfähig zu machen. Meine Damen und Herren, wer auch immer die Opposition in diesem Lande stellt, unser System braucht die Opposition so notwendig wie die Regierung. Das



    Dr. Dregger
    Vorhandensein einer legitimen Opposition unterscheidet uns von den sozialistischen und den faschistischen Staaten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Opposition ist die unentbehrliche Voraussetzung für die Kontrolle, die Machtbegrenzung und den Leistungsantrieb der Regierung. Das gilt in allen Bereichen der Politik, selbstverständlich auch für den Bereich der inneren Sicherheit. Wir werden unsere Verantwortung dementsprechend wahrzunehmen wissen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Solidarität der Demokraten auf der Grundlage der Verfassung heißt vielmehr, den anderen nicht vom Prinzip her in Frage zu stellen, weder als legitime Regierung von heute noch als legitime Regierung von morgen; das sind nämlich wir als Opposition, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie, meine Damen und Herren von SPD und FDP, können uns für unfähig halten. Sie können uns kritisieren, wie Sie wollen, aber drei Dinge können Sie nicht machen: Sie können nicht behaupten, die Opposition sei keine Alternative. Wo leben wir eigentlich? Doch nicht in einer Volksdemokratie, sondern in einer Demokratie!

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller [SPD] : Eine schlechte Alternative! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Drücken Sie sich nicht mißverständlich aus, Herr Möller! In einer Demokratie ist die Opposition die Alternative.

    (Zurufe von der SPD)

    Und die Frage, welche Alternative die bessere ist, die jetzige oder die künftige Regierung, entscheiden bei uns allein die Wähler, und dabei muß es bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie können ebenfalls nicht sagen, Herr Ministerpräsident Kühn und Herr Kollege Brandt — Sie haben sich dem leider angeschlossen —, dieses Land werde unregierbar, wenn die Wähler nicht Sie, sondern die Opposition wählten.

    (Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, in einem demokratischen Land steht bei demokratischen Wahlen nicht zur Diskussion, ob das Land regierbar ist — dieses Land ist regierbar —, sondern zur Diskussion steht allein, ob die Regierung regieren kann. Daran sind nach allem, was in Bonn und Düsseldorf geschehen ist, allerdings Zweifel erlaubt.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Stellen wir uns also nicht prinzipiell in Frage. Regieren Sie! Wir opponieren, und wir werden sehen, wie die Wähler uns in den nächsten Wahlen bewerten.
    Der zweite Punkt: Auf der Grundlage dieser richtig verstandenen Solidarität brauchen wir die geistige Mobilisierung der Bürger. Das erfordert die volle Information der Offentlichkeit über das Ausmaß der Gefahr, über Strategien und Methoden des Kampfes, den kriminelle Vereinigungen und andere Verfassungsfeinde gegen unseren Rechtsstaat führen. Ohne ein zutreffendes Bild der Lage und ohne frühzeitige und ausreichende Unterrichtung der Öffentlichkeit kann in einer offenen Gesellschaft die Regierung weder Behörden noch Bürger motivieren und zu gemeinsamer Anstrengung zur Verteidigung unserer bedrohten Ordnung zusammenführen. Regierung und Koalition haben leider in den hinter uns liegenden Monaten und Jahren das Gegenteil getan. Sie haben die von den Politgangstern ausgehende Gefahr verharmlost — Zitat Steffen zu Beginn, aber nicht nur Steffen — und dafür die Opposition der Angst- und Panikmache bezichtigt; dazu aus einer großen Reihe nur zwei Zitate.
    Der Parteivorsitzende der SPD, Herr Kollege Brandt, schreibt noch in der Februar-Ausgabe ausgerechnet in einer Jugendzeitschrift der Polizeigewerkschaft folgendes:
    Hier wird Angstpropaganda betrieben, die das
    kriminelle Verhalten einer kleinen Gruppe zur
    ernsten Bedrohung für den Staat hochstilisiert.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    Ich meine: solche kalkulierte Hysterie kann für
    unser Land folgenschwerer sein als die zeitweiligen Umtriebe einiger politischer Nihilisten.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Das heißt doch im Grunde: Die Opposition ist eigentlich gefährlicher als die Baader-Meinhof-Bande.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist damit ganz klar gesagt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Und das Zitat unseres Kollegen Gansel und der schleswig-holsteinischen Jungsozialisten: „Politiker wie Dregger, Carstens, Strauß, Stoltenberg und Löwenthal sind für diese Demokratie gefährlicher als die Terroristen der Baader-Meinhof-Bande

    (Zurufe von der CDU/CSU: Unerhört!)

    ist ja im Grunde in anderen Formulierungen dasselbe, was der Parteivorsitzende Brandt ausgeführt hat.

    (Lebhafte Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Ich muß Herrn Gansel und die ganze SPD fragen, ob Sie nicht auch der Meinung sind, daß das geradezu eine Aufforderung zum terroristischen Anschlag gegen die hier diffamierten Politiker ist. Sind Sie sich eigentlich der Verantwortung bewußt, die Sie mit solchen Aussagen übernehmen?

    (Lebhafter Beifall und Zurufe von der CDU/CSU)

    Der Herr Bundeskanzler hat sich erfreulicherweise für seine Entgleisung im Berliner Wahlkampf gegenüber Herrn Lorenz entschuldigt und davon distanziert. Wir begrüßen das, Herr Bundeskanzler. Wir erinnern uns, daß Sie einige Wochen vorher die Opposition als eine „Bande von Zwischenrufern" bezeichnet haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)




    Dr. Dregger
    Wir bedauern es, daß ein Mann in der Stellung des Regierungschefs so unkontrolliert daherredet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie aus diesen Fehlern lernten und sich in Zukunft der Verantwortung Ihres Amtes voll bewußt sein würden.
    Das nächste: Es muß Schluß sein mit der Verharmlosung der Gewalt, der Gewalttäter, ihrer Ziele und ihrer Praktiken. In einem freiheitlichen Rechtsstaat mit seiner Koalitionsfreiheit, seiner Parteienfreiheit, seiner Meinungsfreiheit, seiner Pressefreiheit, seiner Religionsfreiheit, seiner rechtsstaatlichen und sozialstaatlichen Sicherungen gibt es keine Rechtfertigung für Gewalt. Wer Gewalt anwendet, disqualifiziert sich schon allein dadurch, gleichgültig, welche Ziele er verfolgt. Das darf nicht nur hier, sondern das muß auch an den Universitäten und an den Schulen gesagt werden.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Schließlich brauchen wir ein eindeutiges Bekenntnis aller Demokraten zu diesem Staat und seiner freiheitlichen Verfassung. Unter diesem Aspekt ist es eine schlimme Sache, wenn auf dem letzten Bundeskongreß der Jusos, der wichtigsten und größten Arbeitsgemeinschaft der SPD, die Anhänger der Stamokap-Theorien nur unter Anwendung aller Raffinessen der Sitzungsleitung knapp unterliegen. Wer mit den Stamokap-Anhängern in unserem Staat nichts anderes sieht als — ich zitiere „eine kapitalistische Maschine", der kann diesen Staat nicht als seinen Staat betrachten und ist schon deshalb nicht in der Lage, die Zukunft unseres freiheitlichen Systems zu sichern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Statt die Opposition zu beschimpfen, Herr Kollege Brandt, sollten Sie sich mehr um Ihre Parteijugend kümmern

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und dafür sorgen, daß die gesamte SPD wieder einen Kurs verfolgt, den sie zur Zeit Kurt Schumachers hatte.
    Die Freiheit des öffentlichen Dienstes von Kommunisten und anderen Staatsfeinden war unter der Parteiführerschaft von Kurt Schumacher für sozialdemokratische Landesregierungen überhaupt kein Problem; sie war eine schlichte Selbstverständlichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich frage Sie: Was hat Sie eigentlich veranlaßt, in dieser für die Aktionsfähigkeit unseres Staates so entscheidenden Frage eine nahezu vollständige Kehrtwendung zu vollziehen? Sind denn die Extremisten heute weniger gefährlich als zur Zeit Kurt Schumachers? Das Gegenteil ist doch der Fall.

    (Wehner [SPD] : Sind die Sozialdemokraten schlechter als zur Zeit Schumachers, wollen Sie sagen! — Gegenrufe von der CDU/CSU: Ja! — Dr. Marx [CDU/CSU] : Da ist einiges dran! — Zuruf von der CDU/CSU: Betrachtet euch die Führung!)

    — Herr Wehner, Sie können ruhig aufstoßen, aber es wäre gut, wenn Sie zuhörten.

    (Wehner [SPD] : Ich bin einer der wenigen, die zuhören!)

    Sie sollten doch überlegen, daß die innere Sicherheit unseres Staates heute gefährdeter ist als damals. Damals verfolgten alle Flügel der Jusos einen klaren sozialdemokratischen Kurs, und die Extremisten waren im Bildungswesen, an Hochschulen und Schulen, so gut wie nicht anwesend.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Wir können Sie daher nur auffordern: Legen Sie den Systemveränderern in den von Ihnen beherrschten Kultusministerien endlich das Handwerk!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Beenden Sie die psychosoziale Vergiftung, die von einem Teil unserer Hochschulen und Schulen ausgeht! Sorgen Sie dafür, daß nicht Konflikttheorien, Haß und Klassenkampfparolen, sondern Toleranz, Rechtsbewußtsein und Staatsgesinnung die Erziehung unserer Jugend ausmachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der dritte Punkt: Wir brauchen ein von den besten Sicherheitsexperten erstelltes Programm zur Zerschlagung der Politbanden. Wir Politiker können dazu nur den geistigen Hintergrund geben und den finanziellen Rahmen setzen. Wichtiger noch, als die Zahl der Beamten zu erhöhen und mehr Geld aufzuwenden, ist es, der Justiz und der Polizei, dem Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst, Herr Ehmke, volle moralische Unterstützung zu geben.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Es gehört zur Strategie der Feinde unseres Gemeinwesens, Polizei und Justiz zu isolieren, ihre Angehörigen unter Druck zu setzen, sie zu bedrohen und zu gefährden. Darauf müssen wir Politiker unser Verhalten ausrichten. Es darf gar keine Frage sein, daß wir alle uns mit Polizei und Justiz solidarisieren und nicht mit denen, gegen die sie eingesetzt werden müssen,

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    was Untersuchungen eines Fehlverhaltens im Einzelfall selbstverständlich nicht ausschließt, aber doch darauf hinweist, daß wir nicht so pauschal die Polizei diskriminieren lassen können, wie es von seiten der Deutschen Jungdemokraten vor fünf Tagen im Hinblick auf Berlin geschehen ist.

    (Schmidt [Hamburg] [SPD] : Oder von Herrn Strauß in seinen sonntäglichen Schriften in der Springer /Strauß-Presse!)

    — Herr Strauß ist ein Anhänger und Verteidiger unseres freiheitlichen und rechtsstaatlichen Systems, Herr Kollege Schmidt.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Lautes Lachen bei der SPD — Zurufe von der SPD: Sonthofen! — Weitere Zurufe von der SPD)




    Dr. Dregger
    Meine Damen und Herren! Wir haben die Aufgabe, der Justiz und der Polizei Gesetze zur Verfügung zu stellen, die es ihnen erlauben, mit rechtsstaatlichen Mitteln der Gefahr Herr zu werden und das Recht gegenüber jedermann durchzusetzen. Dabei haben wir nicht nur an diejenigen zu denken, die ihren Freiheitsraum ohne Rücksicht auf andere ausdehnen wollen, sondern auch an den Schutz ihrer Mitbürger und nicht zuletzt an den Schutz der Polizeibeamten, die häufig bedroht und gefährdet werden.
    Zu den von uns vorgelegten Gesetzentwürfen lassen Sie mich nur einge Bemerkungen machen: Neuordnung des Demonstrations-Strafrechts und des Versammlungsrechts auf Grund gemachter Erfahrungen. Keine Bestimmung unseres Gesetzentwurfs beeinträchtigt die politische Aktivität von Personen oder Gruppen, die sich friedlich verhalten und im weitgespannten Rahmen unserer Verfassungsordnung operieren. Daher verstößt keine Bestimmung unseres Gesetzentwurfs gegen liberale Grundsätze. Dieser Gesetzentwurf ermöglicht aber — wenn er Wirklichkeit wird — der Polizei im Gegensatz zum geltenden Recht, ihre Schutzaufgabe wirksam zu erfüllen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Es verstößt auch nicht gegen die Meinungs- und Pressefreiheit, wenn das Propagieren von Gewalt, die Anleitung zum Mord, zum Herstellen von Bomben in Zukunft unter Strafe gestellt wird. Was auf diesem Felde — sei es aus gewissenloser Profitgier oder in bestimmter politkrimineller Absicht — auf dem deutschen Markt erscheint, ist gemeingefährlich und muß unter Strafe gestellt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch gewisse Einschränkungen für Anwälte, die gröblichst ihre Standespflichten verletzen — ich freue mich, Herr Bundeskanzler, daß Sie unseren Standpunkt in dieser Hinsicht inzwischen übernommen zu haben scheinen —, erscheinen uns zwar wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten bedauerlich, aber nach Lage der Dinge unvermeidbar. Es gehört zur Tradition der deutschen Anwälte, sich mit aller Energie für ihre Mandanten einzusetzen,

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Jawohl!)

    aber ohne zu ihren Komplizen zu werden und ohne in anderer Weise das Recht zu verletzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auf diesem Vertrauen beruhen die außerordentlichen Rechte, die ihnen in unserem Justizverfahren zugestanden werden. Wir möchten sie erhalten wissen.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Wenn aber neuerdings Anwälte auftreten, von denen einer nach Pressemeldungen gesagt hat ich zitiere —:
    Der Kampf gegen eine ungerechte Gesellschaftsordnung darf auch mit illegalen Mitteln geführt werden, wenn die Anwendung legaler Mittel
    nicht zum Ziele führt. Wenn man Revolutionäre verteidigt, dann muß man auch die Revolution verteidigen.
    sind Konsequenzen leider wir bedauern das —
    unvermeidbar, zumal die Erfahrung gezeigt hat, daß der Aufbau eines lückenlosen Nachrichten- und Befehlsnetzes der Baader-Meinhof-Bande von innen nach außen und umgekehrt ohne die Mithilfe von Anwälten nicht möglich gewesen wäre.
    Die vierte Aufgabe: Wir müssen die Verbrecher jagen. Wir müssen das Gesetz des Handelns für den Staat zurückgewinnen. Wir müssen ihre Infrastruktur zerbrechen, die sie in der Zeit der Fehleinschätzung seit 1972 aufgebaut haben. Es ist doch ein schlimmer Zustand, daß nach der Entführung von Peter Lorenz das Sympathisantenfeld so breit und wirksam ist, daß die Entführer untertauchen und im Lande bleiben können. Wir müssen in diesen Sympathisantenkreis eindringen; der Herr Bundeskanzler hat es mit Recht gesagt.

    (Zurufe von der SPD)

    Wir müssen von Zeit zu Zeit auch Großfahndungen unternehmen, nicht nur verdeckte, sondern offene Großfahndungen. Das Beispiel des Jahres 1972 hat gezeigt, daß solche Großfahndungen mit Hilfe der Bürger durchaus Erfolg haben können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir bedauern, daß sie in der Zwischenzeit nicht unternommen wurden, was den Gangstern erlaubt hat, diese Infrastruktur aufzubauen, deren wir im Augenblick nicht Herr werden können.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Aber in Mainz kann man das wohl?)

    Wir leben in der zweiten deutschen Republik. Schon die erste besaß eine der freiheitlichen Verfassungen der Welt. Sie räumte diese Freiheiten auch denen ein, die sie dann zerstört haben. Daß wir nach der Machtergreifung Hitlers noch einmal die Chance erhielten, eine freiheitliche Republik aufzubauen, wurde mit ungeheuren Opfern für die Welt, insbesondere für unser eigenes Volk und seine nationale Substanz, erkauft. Die Väter des Grundgesetzes haben daraus die richtigen Konsequenzen gezogen, übrigens in Übereinstimmung aller demokratischen Parteien. Die zweite deutsche Republik sollte nicht weniger freiheitlich sein als die erste. Aber sie sollte auch die Mittel haben, sich gegen diejenigen zu verteidigen, die sie abschaffen wollen. Daran müssen wir festhalten.
    In seinem „Plädoyer für eine liberale Zukunft" hat Karl Steinbuch zur Jahreswende geschrieben — ich zitiere mit Genehmigung der Frau Präsidentin —:
    Staat, Recht und Autorität sind keine sinnlosen Konstruktionen einer Hinterwelt, sondern notwendige Voraussetzungen menschlichen Zusammenlebens. Wo Machtausübung nicht das alleinige Recht des von einem frei gewählten Parlament kontrollierten Staates ist, sondern Teilgruppen der Gesellschaft ihre Ziele gewaltsam oder rechtswidrig durchsetzen, gibt es



    Dr. Dregger
    keine Humanität und keine Liberalität mehr, sondern wächst und herrscht der Terror.
    Aus dieser richtig formulierten Einsicht ziehen wir folgende Konsequenzen:
    Erstens. In der Auseinandersetzung mit den Anarchisten und ihrem geistigen Hintergrund muß der Staat auf der Grundlage eines offensiven Gesamtkonzepts das Gesetz des Handelns zurückgewinnen.
    Zweitens. Die Gefahren, die der Freiheit auch heute wieder drohen, dürfen nicht verniedlicht, sie müssen deutlich dargestellt werden.
    Drittens. Rechtspflege und Polizei dürfen nicht als „Klassenjustiz" und als „Bullen" abgewertet, ihnen muß auch moralisch der Rücken gestärkt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Viertens. Der Bundestag muß wirksamere Gesetze beschließen. Wir haben unsere Vorschläge auf den Tisch gelegt.
    Fünftens. Kommunisten und andere Verfassungsfeinde gehören nicht in den öffentlichen Dienst.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Anwälte, die ihre Verteidigerrechte mißbrauchen, um mit den Terroristen gemeinsame Sache zu machen, müssen daran unter allen Umständen gehindert werden.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

    Sechstens. Recht und Ordnung sind unentbehrliche Grundlagen des Friedens, zu denen wir uns bekennen müssen. Nicht Haß und Klassenkampfparolen, sondern Toleranz, Rechtsbewußtsein und Staatsgesinnung müssen die Erziehung unserer Jugend bestimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wenn das alles in die Tat umgesetzt wird, wenn wir also nicht nur hier darüber reden, sondern es auch in unserem Lande praktizieren, werden wir die jetzige Lage wieder in den Griff bekommen. Nicht Verbrechen und Krieg, sondern Recht und Frieden müssen sich durchsetzen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Bundesminister Maihofer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Werner Maihofer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor eben 14 Tagen, kurz nach 9 Uhr, erreichte mich hier in diesem Hause die Nachricht von der soeben geschehenen Entführung von Peter Lorenz. Es fällt schwer, heute über alles, was danach geschehen ist, schon aus dem unpersönlichen Abstand als über eine „hinter uns liegende Sache" zu sprechen. Zu bitter mischen sich noch Abscheu über dieses schändliche Verbrechen und Freude über die gelungene Befreiung. Zu frisch noch sind die Narben, die alle für die Entscheidung in Bund und Ländern Verantwortlichen tragen, für die Rettung des Lebens von Peter Lorenz fünf Häftlinge in Freiheit zu setzen. Unsere Bevölkerung hat diese schwere Entscheidung entgegen anfänglichen Befürchtungen in erstaunlicher Mehrheit mit getragen. Sie hat sich angesichts einer solchen äußersten Herausforderung unseres Rechtsstaates einsichtiger und vernünftiger verhalten, als selbst manche Politiker sie halten. Sie hat sehr wohl verstanden, daß in einem freiheitlichen Rechtsstaat wie ,dem unseren, in dem, wie es im Herrenchiemseer Entwurf zu Art 1. unseres Grundgesetzes heißt, der Mensch nicht um des Staates, sondern „der Staat um des Menschen willen da" ist, in der Güterabwägung zwischen Leben hier und Staatsräson dort der Rettung des Lebens eines einzelnen der Vorrang eingeräumt wurde. Und doch hat auch der, für den die Wertentscheidung durch unser Grundgesetz vorgezeichnet war, die damit unvermeidliche Folge, die Freisetzung von Gefangenen, von Komplicen also eben dieser selben Entführer, nur mit äußerstem Ingrimm vollzogen. Ertragbar letztlich nur aus der nüchternen Einsicht: ein vernichtetes Leben ist auch durch gemeinsame Anstrengungen nicht wieder reparabel; eine verletzte Staatsräson dagegen ist durch gemeinsame Anstrengungen reparabel. Um diese gemeinsame Anstrengung aller Verantwortlichen in Bund und Ländern, die in zähem Ringen am Ende zur glücklichen Rettung von Peter Lorenz geführt hat, geht es nun auch bei der Fahndung nach den Entführern und ihresgleichen.
    Wir könnten den sicher auch diese Debatte des Parlaments aufmerksam verfolgenden noch in Freiheit befindlichen Terroristen und ihren Sympathisanten wohl keine größere Freude machen als wenn wir die in gemeinsamem Handeln über alle Parteigrenzen hinweg bewährte Solidarität der Demokraten nun nachträglich zerredeten. Das verbietet, um es ganz deutlich zu sagen, jedes schwarze, rote oder auch gelbe Peter-Spiel hin und her zwischen Bund und Ländern in dieser Parlamentsdebatte über innere Sicherheit.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich werde mich jedenfalls daran nicht beteiligen. Gerade, wer einen gesunden Sinn hat für die Nützlichkeit und Förderlichkeit der Kontroversen der Parteipolitik, in Bereichen wie der Gesellschaftspolitik im edlen und gelegentlich auch unedlen Wettstreit um größte mögliche Wohlfahrt und Gerechtigkeit für alle Bürger in unserem sich erst entfaltenden freiheitlichen Sozialstaat, wird auf dem Felde der Staatspolitik, auf dem es um die gemeinsame Bewahrung und Verteidigung der kostbaren Errungenschaften unseres freiheitlichen Rechtsstaates geht, also um größte mögliche Freiheit und Sicherheit aller Bürger, Parteipolitik weder für nützlich noch für förderlich halten. Hier sind alle Demokraten im Gegenteil aufgerufen, das sie gemeinsam Verbindende über alles andere zu stellen, allseits so nach dem Konsens zu suchen, aus dem allein konstruktive Kooperation und nicht sterile Konfrontation auf diesem Felde der inneren Verteidigung des freiheitlichen Rechtsstaates gegen Kriminalität, gegen Extremismus, gegen Terrorismus hervorgehen kann. Ich stehe hier nicht an, zu erklären, daß die von Herrn Dregger zitierte Erklärung der Jungdemokraten in bezug auf den, wie es dort heißt, „sinnlosen Vandalismus der Ordnungskräfte in



    Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
    Berlin" nicht nur für mich selbst, sondern auch in meiner Freien Demokratischen Partei die allerschärfste Ablehnung findet.

    (Beifall)

    Solche Klarstellungen hin und her, die ich für unerläßlich halte,

    (Katzer [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    schließen selbstverständlich das Ringen zwischen Regierung und Opposition um die besseren Mittel und Wege, das gemeinsame Ziel, das auch Sie, Herr Dregger — was anzuerkennen ist —, unterstrichen haben: die Freiheit und Sicherheit der Bürger zu wahren und zu mehren, nicht aus, sondern im Gegenteil ein.

    (Katzer [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Daß eine Opposition unbeirrbar von sich behauptet, daß sie besser regierte als die Regierung, mit den jeweiligen Schwierigkeiten — das haben Sie ja reichlich getan, Herr Dregger — besser fertig würde als diese, gehört zur Rollenverteilung in einer parlamentarischen Demokratie.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Direkt sympathisch!)

    So verstehe ich auch die vorangehende Kritik des Sprechers der Opposition an der Politik der Bundesregierung. Aber nicht, ob die Opposition eine politische Alternative hat — schon das ist natürlich gelegentlich fraglich —, ist hier die Frage. Entscheidend ist vielmehr, ob sie die bessere politische Alternative hat.

    (Katzer [CDU/CSU] : Das entscheidet der Wähler!)

    Für mich ist nicht die Frage, ob die Opposition dieses Land zu regieren vermöchte. Wir haben uns aber sehr wohl von beiden Seiten des Hauses zu fragen, ob sie es besser zu regieren vermöchte.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Katzer [CDU/CSU] : Das entscheidet der Wähler! — Reddemann [CDU/CSU] : Gleich schimpft Herr Kühn! Er meint das Gegenteil!)

    Die Kritik der Opposition an der Politik dieser Regierung lautet, vereinfachend dargestellt — ich verkürze das, was Sie gesagt haben, Herr Dregger, jetzt einmal —: Die Regierung und die sie tragende Koalition habe zwar materiell und personell durchaus Beachtliches auf dem Felde der inneren Sicherheit getan

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Länder!)

    — darauf komme ich gleich ausführlich zu sprechen, Herr Vogel —, doch fehle es ihr konzeptionell und ideell am richtigen Geist zu solcher Verteidigung unseres freiheitlichen Rechtsstaates gegen seine Gegner und Feinde. „Die Kraft eines Geistes" — um es einmal mit Hegel zu sagen — „ist so groß wie die seiner Äußerung."
    Blicken wir auf die Äußerungen dieses Geistes — den Sie vermissen —, aus dem die sozialliberalen Koalitionen seit 1969 die Fragen der inneren Sicherheit angepackt haben, dann stellen wir einen stärkeren nicht nur quantitativen, sondern auch qualitativen Ausbau der Sicherheitsorgane des Bundes in diesen wenigen Jahren als in den ganzen davorliegenden Jahrzehnten seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland fest.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich spreche hier zunächst allein von der Ebene des Bundes. Dies gilt für das Bundeskriminalamt, den Bundesgrenzschutz wie für das Bundesamt für Verfasungsschutz.

    (Reddemann [CDU/CSU] : Für Nollau!)

    Sie wurden sämtlich nicht nur auf verbesserte und erweiterte rechtliche Grundlagen gestellt, sondern auch mit Milliardeninvestitionen auf einen zuvor nie gekannten Leistungsstand gebracht.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Bei Nollau haben wir das gesehen!)

    An dieser gewaltigen Anstrengung — Herr Reddemann, das können Sie hier nicht zerreden —

    (Reddemann [CDU/CSU] : Ich rede nur über Herrn Nollau und über sonst nichts!)

    hat mein Vorgänger Hans-Dietrich Genscher gegenüber allem, was davorlag, auch persönlich ein gar nicht hoch genug einzuschätzendes Verdienst.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Von welchem festen Willen zum weiteren Ausbau dieser drei Sicherheitsorgane des Bundes auch diese Bundesregierung beseelt ist, zeigt ein Blick in ihre Regierungserklärung. Die einzige Stelle, an der in ihr — wohlbedacht! — von Geld die Rede ist — Sie können es nachlesen —, betrifft die innere Sicherheit. Wir haben danach gehandelt.
    Sicherlich sind diese gesetzgeberischen und haushaltsmäßigen Anstrengungen nur die eine Seite der Sache — das ist zuzugeben —; aber sie sind doch zugleich der äußere Ausdruck der inneren Einstellung, mit der die Innenminister dieser sozialliberalen Regierungen ihre Energie auf die Sache der inneren Verteidigung unseres freiheitlichen Rechtsstaates konzentriert haben.

    (Zustimmung bei der FDP und der SPD)

    Das gilt nun auch für einen Mann — und wenn Sie das nur widerwillig zugestehen —, der wie ich schon zwei Jahrzehnte lang zuvor sich wissenschaftlich mit Passion für Fragen der Strafrechtstheorie und Kriminalpolitik engagiert hat.

    (V o r s i t z : Vizepräsident von Hassel)

    Wir haben heute — ich will nur einiges in knappen Strichen hervorheben — ein Bundeskriminalamt als Informationszentrale unserer Polizei in Bund und Ländern, das sich unter der Leitung seines Präsidenten Dr. Herold zu einer der höchstangesehenen Einrichtungen dieser Art in der Welt überhaupt entwickelt hat.

    (Beifall bei der FDP und SPD)




    Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
    Erreicht worden ist das mit einem Mittelaufwand von 130 Millionen D-Mark im Jahre 1975 gegenüber 22 Millionen 1969 und einem Personalbestand von 2 400 Mitarbeitern im Jahre 1975 gegenüber 993 noch 1969, der nach den mittelfristigen Planungen auch in der nächsten Ausbaustufe 1976 vor allem in seiner personellen Kapazität für die Ermittlung und Auswertung noch erheblich erweitert werden soll.
    Wir haben heute einen Bundesgrenzschutz als eine Polizei des Bundes in der Stärke von mehr als 21 000 Mann, die inzwischen über die ursprünglichen Grenzsicherungsaufgaben hinaus eine Fülle von weiteren Sicherungsaufgaben auch zur Unterstützung der Polizeien der Länder wahrnimmt; im Schutz unserer Verfassungsorgane, in der Sicherung unseres Luftverkehrs, in der Kontrolle unserer Grenzen, die, mit modernsten Datensichtgeräten im Verbund des EDV-Systems des Bundeskriminalamtes arbeitend, allein im vergangenen Jahr zu über 40 000 Fahndungsaufgriffen von gesuchten oder verdächtigten Personen entlang der Grenzen unseres Bundesgebietes — 40 % mehr als vor Einführung der EDV — geführt hat.
    Dieser im gemeinsamen Sicherheitsprogramm von Bund und Ländern 1972 festgeschriebene Beitrag des Bundes zur inneren Sicherheit im Zusammenwirken von Bund und Ländern hat zusammen mit den vereinten Anstrengungen aller Bundesländer zu einer erheblichen Verstärkung des Kampfes gegen die Kriminalität in unserem Lande geführt. Ich ergreife die Gelegenheit in dieser Sicherheitsdebatte unseres Bundestages, um auch als Bundesinnenminister allen bei der Erfüllung dieses Sicherheitsprogramms in Kriminalpolizei und Schutzpolizei, in Bund und Ländern Tätigen ausdrücklichen Dank für ihre große Leistung zum Schutze unserer Bürger zu sagen.

    (Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die Kriminalitätsentwicklung hat im Jahre 1973 erstmals fast stagniert. Sie zeigt für das Jahr 1974 nach der polizeilichen Kriminalstatistik, die ich Ihnen in den nächsten Wochen nach Festliegen der endgültigen Länderzahlen vorlegen werde, zwar wiederum einen vor allem durch die Diebstahlsdelikte bedingten Anstieg der Gesamtkriminalität um etwa 7 % — mit Steigerungen bis zu 10,8 % in Baden-Württemberg einerseits, von nur 4,7 bzw. gar nur 3,5 % in Hessen und Hamburg andererseits, also mit ganz unterschiedlichen Steigerungsraten bei der letztjährigen Kriminalitätsentwicklung. Das Bedeutende dabei aber ist, daß auch im Jahre 1974 — und das möchte ich Ihnen, Herr Dr. Dregger, hier ausdrücklich entgegenhalten — der Anteil der Gewaltkriminalität unterdurchschnittlich steigt oder stagniert: Mord und Totschlag insgesamt plus 1,2 %, Raubdelikte plus 3,8 %, Notzucht plus 0,2 %, Brandstiftung minus 9,5 %. Dem steht, bei aller Vorsicht, die bei solchen internationalen Vergleichen der Kriminalitätsentwicklung von unterschiedlich gefaßten Straftatbeständen und Tatbestandsgruppen geboten ist, eine Steigerung der Kriminalitätsrate für dasselbe Jahr 1974, um nur einen einzigen Vergleich hier herauszuheben, in den Vereinigten Staaten von 16 % gegenüber, aus der selbst aus dem Bereich der Gewaltkriminalität Steigerungsraten von 9 % bei Vergewaltigungen und von 8 % bei Raub und schwerer Körperverletzung herausragen.
    Viel entscheidender jedoch als diese gerade im Bereich der Kapitaldelikte vergleichsweise geringfügige Steigerungsrate der Gewaltkriminalität bei uns, einschließlich der unter das gemeine Strafrecht fallenden politisch motivierten Gewaltverbrechen — denn sie zählen ja mit, und zwar die von Inländern wie von Ausländern — ist nach wie vor die hohe Aufklärungsquote gerade in diesem Bereich der Gewaltkriminalität von weit über 90 % aller Fälle — das ist für die Abschreckungswirkung der Strafdrohungen, wie Sie sicher wissen, wichtiger als die Strafhöhe — gegenüber einer Gesamtaufklärungsquote von allgemein 45,6 %, zu zwei Dritteln durch die besonders schwierige Ermittlungsarbeit im Diebstahlsbereich bestimmt, wie alle Fachleute wissen.
    Nun, hier gibt es bei den für die Verbrechensbekämpfung in Bund und Ländern Verantwortlichen sicher keinen Anlaß zu selbstgefälliger Zufriedenheit, wie Sie gesagt haben, zu Euphorie. Das ist klar zuzugeben. Es gibt aber doch für alle in der Kriminalpolizei und Schutzpolizei Tätigen, die alltäglich unbemerkt ihre Pflicht tun und mehr als ihre Pflicht tun, Anlaß zu der Genugtuung, daß wir offenbar mit den strukturellen Problemen der heutigen Wohlstandskriminalität auf der einen Seite und der Großstadtkriminalität auf der anderen Seite nicht schlechter, sondern eher besser fertig werden als vergleichsweise andere Länder, und das ist schon sehr viel.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Diese vergleichsweisen Erfolge werden sich mit dem geplanten entschlossenen Ausbau der polizeilichen Instrumente der sogenannten repressiven Verbrechensbekämpfung in den kommenden Jahren noch weiter steigern lassen, sowohl durch Verstärkung des fahndungsdienstlichen Apparates, wo es noch eine Fülle von Nachholbereichen gibt, als auch durch Verbesserung der erkennungsdienstlichen Technik.
    Entscheidende Bedeutung wird in nächster Zukunft jedoch nach dem Urteil aller Fachleute dem Ausbau der präventiven Verbrechensbekämpfung zukommen, die bei einer kriminologischen Diagnose der sozialen und ökonomischen Ursachen der Kriminalität ansetzt und von da zu einer auf gesicherten Erkenntnissen beruhenden kriminalpolitischen Therapie kommt. Mit der umfassenden Straftaten- und Straftäterdatei, die das Bundeskriminalamt seit dem vergangenen Jahr auf Beschluß der Innenministerkonferenz aufbaut, werden wir zum erstenmal ein solches kriminalpolitisches Instrument zur präventiven Verbrechensbekämpfung zur Verfügung haben, von dem sich alle Fachleute entscheidende Auswirkungen nicht nur auf die polizeiliche Vorbeugung, sondern auch auf künftige legislative Arbeit erhoffen. Für diese damit aufgeschagene neue Seite der Verbrechensbekämpfung gilt heute mehr denn je der Satz des großen Vorkämpfers der



    Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
    modernen Schule der Strafrechtspflege, Franz von Liszt, der lautet: „Die Kriminalpolitik ist die Ultima ratio" — also das letzte Mittel — „der Sozialpolitik", und nichts sonst.
    Nicht weniger — damit komme ich zum zweiten Teil meiner Ausführungen , eher mehr gilt dieser Satz umgewandelt auch in dem Sinne: Die Kriminalpolitik ist die Ultima ratio der Politik für den Kampf gegen die politisch motivierte Gewaltkriminalität, deren terroristische Aktionen heute die ganze Welt in Atem halten; ob der verbrecherische Anschlag während der Olympischen Spiele damals 1972 in München oder die Gewalttat palästinensischer Terroristen in Tel Aviv vor noch nicht einer Woche; ob die so tragisch geendete gewaltsame Entführung des deutschen Botschafters Graf Spreti durch guatemaltekische Terroristen oder die mit der glücklichen Freilassung beendete gewaltsame Entführung des Botschafters von Holleben durch brasilianische Terroristen, um nur einige ganz wenige bezeichnende Beispiele herauszuheben.
    Wir stehen bei diesem modernen Terrorismus — und ich glaube, da stimmen wir überein; das hat ja gerade auch der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung ausdrücklich herausgehoben — ganz offenkundig vor einem internationalen Problem nicht nur in Hinsicht auf die zunehmende Internationalisierung dieser terroristischen Organisationen, sondern auch in Hinsicht auf ihre aus Guerillakampf und Partisaneneinsatz entwickelte terroristische Strategie, vor allem der südamerikanischen Stadtguerilla, nach deren Rezept und Ritual ja auch die Entführer von Peter Lorenz, wie Sie feststellen konnten, bis in die Einzelheiten der Regieanweisungen hinein verfahren sind. Schon in einer 1971 erschienenen Anleitung unter dem Titel „Konzept der Stadtguerilla" heißt es dazu bezeichnend:
    Stadtguerilla zielt darauf, den staatlichen Herrschaftsapparat an einzelnen Punkten zu destruieren, stellenweise außer Kraft zu setzen, den Mythos von der Allgegenwart des Systems und seiner Unverletzlichkeit zu zerstören.
    Dabei soll das reformerische Potential in einer Gesellschaft, das diese terroristische Strategie als seinen eigenen Widersacher sieht — Sie brauchen sich nur einmal die bevorzugten Opfer auch in unserem Lande anzusehen — zwischen den Fronten zerrieben und so der Anschein einer „Reformunfähigkeit der Gesellschaft" geschaffen werden, um daraus den Anstoß für einen revolutionären Umsturz der Gesellschaft zu gewinnen. Diese aus einer ganz anderen Welt importierte Strategie spekuliert auf das latente Potential vor allem unter den nachwachsenden Generationen, denen friedliche Veränderungen der Gesellschaft in einer hochtechnisierten Industriegesellschaft als ein zu „langer Weg" auf dem „Marsch durch die Institutionen" erscheinen, um an einen früheren Slogan anzuknüpfen.
    Kein Zufall — und das ist nun wirklich des Nachdenkens wert —, daß ein nicht geringer Teil dieser aktiven Terroristen auch in unserem Lande nicht etwa aus Proletariermilieu, sondern aus der Schicht der Bürgersöhne und -töchter, jener in der gesamten westlichen Welt 1968 in die Revolte getretenen ungeduldigen Jugend stammt, die sich vor der alltäglichen Mühsal realer Politik als einem „geduldigen Bohren von harten Brettern" in eine pseudorevolutionäre Situation hineingeträumt und damit endgültig den Boden der Wirklichkeit unter den Füßen verloren hat. Am Ende dieser Verirrung stehen mit der erschreckenden Unterscheidung von Menschen und Schweinen die pure Ahumanität und die nackte Kriminalität von Raub und Mord, von Entführung und Erpressung.
    So große Toleranz unser freiheitlicher Rechtstsaat nach den Artikeln 9, 18 und 21 unseres Grundgesetzes selbst gegenüber extremistischen Organisationen, Parteien und Vereinigungen übt, die nicht mehr auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, weil er auf die durch unsere bisherige Erfahrung, selbst bei der NPD, bestätigte Chance setzt, sogar einen solchen Extremisten in der geistigen Auseinandersetzung wieder auf den Boden unserer rechtsstaatlichen Verfassung zurückzuführen, mit um so entschiedener Intoleranz begegnet er allen solchen terroristischen Aktivitäten, die Gewalt als Mittel der Politik einsetzen. Hier ist eine klare, unverwischbare und unverrückbare Grenze zwischen Toleranz und Intoleranz gezogen.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und Abgeordneten der CDU/CSU)

    Hier tritt für die streitbare Demokratie unseres Grundgesetzes an die Stelle der politischen Auseinandersetzung die innere Verteidigung unserer freiheitlichen Ordnung mit allen rechtsstaatlichen Mitteln.
    Aus diesem Geiste haben Bund und Länder seit 1971 den Kampf gegen das damals in der Zeit der Großen Koalition auch in unserem Lande aufkommende politische Gewaltverbrechen aufgenommen, für das noch heute die Namen Baader und Meinhof stehen. Durch eine Vielzahl von Beschlüssen der Innenministerkonferenz haben wir ein juristisches Instrumentarium für die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder geschaffen, das sich als Grundlage für die Bekämpfung politisch motivierter Gewalttaten bewährt hat. Die dabei im Mai 1972 beschlossene Form der Zusammenarbeit des Bundeskriminalamtes mit den Polizeien der Länder ist weiter ausgebaut und verfeinert worden. Hiernach stellt der Bund vor allem Dienstleistungen für die kriminalpolizeiliche Arbeit vor Ort durch zentrale Sammlung, Auswertung und Weitergabe der Informationen sowie durch erkennungsdienstliche und kriminaltechnische Expertisen zur Verfügung.
    Diese gemeinsamen Anstrengungen der Sicherheitsorgane von Bund und Ländern haben vor 21/2 Jahren nicht nur zur Zerschlagung des harten Kerns der kriminellen Vereinigung Baader-Meinhof geführt. Sie können die weitere gemeinsame Erfolgsbilanz der Jahre danach, und zwar 1973 und 1974, in der Regierungserklärung nachlesen, die ich am 13. November 1974 in diesem Hause abgegeben habe. Danach wurden allein in dieser Zeit über 70 weitere kriminelle Terroristen gefaßt. Dem schlie-



    Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
    ßen sich ebensolche Erfolge bis in die jüngste Vergangenheit an; ich möchte davon nur zwei herausgreifen. Am 21. Januar 1975 wurde der Verlagsberater Borvin Wulf aus Norderstedt festgenommen, in dessen konspirativer Wohnung Waffen, Material für Sprengstoffsätze sowie der Entwurf eines Rechtfertigungsschreibens für die Sprengstoffattentate auf den Hamburger Justizsenator Professor Klug und auf den Hamburger Gefängnisarzt Dr. Mairose gefunden wurden. Am 26. Februar 1975 wurden die mit Haftbefehl gesuchten Anarchisten Rainer und Ingar Hochstein festgenommen, in deren Hamburger Wohnung ebenfalls umfangreiches Material sichergestellt werden konnte, das weitere Fahndungsansätze bietet.
    Alle diese offenen und verdeckten Fahndungsmaßnahmen, die heute von der Öffentlichkeit unbemerkt laufen und die zu den hier genannten weiteren Fahndungserfolgen geführt haben, sind von Bund und Ländern einvernehmlich in der Innenministerkonferenz beschlossen worden. Das gilt auch für die von Herrn Dr. Dregger soeben berufenen Großfahndungen, die auf einvernehmliche Beschlüsse ,der Innenministerkonferenz stattfanden oder nicht stattfanden. Es ist darum, Herr Dr. Dregger, einfach nicht wahr — um es Ihnen klar zu sagen —, daß Regierung und Opposition in Bund Ländern die Sicherheitslage unterschiedlich beurteilt hätten. Alle diese Maßnahmen waren jeweils von einer ebenso einvernehmlich getroffenen Beurteilung der Sicherheitslage getragen, bis hin zu der nach der Ermordung des Kammergerichtspräsidenten von Drenkmann beschlossenen Aktion „Winterreise", deren nachfolgende Ermittlungen noch voll im Gange sind. Um es noch deutlicher zu sagen: Hier wurde jeder Schritt des Erkennens und des Handeins — das kann in einem kooperativen Förderalismus auch gar nicht anders sein — gemeinsam getan, nach ehrlicher Austragung unterschiedlicher Auffassungen, die es natürlich immer wieder gegeben hat, sowohl in der Amtszeit meines Vorgängers als auch in der meinen während der letzten zehn Monate.
    Es macht die in der Natur der Sache liegende Schwierkeit jeder öffentlichen Erörterung von Fragen der inneren Sicherheit aus, daß über das eigentlich Entscheidende: über die operative Strategie der Polizei in Bund und Ländern, aus begreiflichen Gründen nicht berichtet werden kann. Es läßt sich jedoch nach allen den in enger Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern derzeit laufenden polizeilichen Maßnahmen der verdeckten wie der offenen Fahndung nach den noch gesuchten etwa 30 terroristischen Gewalttätern sagen, daß damit gemeinsame Anstrengungen in fairer Kooperation aller Beteiligten auf den Weg gebracht worden sind, die selbst über den damaligen Fahndungseinsatz im Jahre 1972 gegen den harten Kern der kriminellen Vereinigung Baader-Meinhof hinausgehen. Ich weiß, was ich hiermit sage.
    Ich sehe keinen Anlaß, diese erreichte Aktionseinheit von Bund und Ländern in der Bekämpfung der terroristischen Gewaltverbrechen durch Kompetenzquerelen über gesetzliche Zuständigkeiten oder Nichtzuständigkeiten zu stören. Darüber mag man in ruhigeren Zeiten nach gründlicher Auswertung aller Erfahrungen in leidenschaftlicher Sachlichkeit sprechen. Hier bin ich nicht nur als Verfassungsminister — das will ich klar bekennen — prinzipieller Föderalist, sondern ich gehe darüber hinaus mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes von einer Organisation der Polizei nach dem Prinzip „zentrale Information und dezentrale Aktion" aus, von dem wir eine größere Leistungsfähigkeit der Polizeiorganisation durch die hier allein mögliche Koordination der Initiativen von unten und von oben in unserem verfassungsmäßig vorgegebenen föderativen System erwarten.
    Jetzt ist die Zeit zum Handeln und nicht zum Reden. Auch der Bürger hätte für Wortgefechte über Zukunftslösungen ebensowenig Verständnis wie dafür, daß die in der glücklichen Befreiung von Peter Lorenz bewährte Solidarität der Demrokraten von diesen selbst just in dem Augenblick nachträglich zerredet werden würde, in dem es auf nichts anderes wirklich ankommt, als die Entführer und alle noch in Freiheit befindlichen Ihresgleichen hinter Gitter zu bringen. Darauf hoffen unsere Bürger nicht nur, sondern darauf vertrauen sie auch. Dies bestätigt sich jetzt auch — wie ich meine — eindrucksvoll in einer repräsentativen Blitzumfrage des Marplan-Instituts, die nach der Entführung und Freilassung von Peter Lorenz durchgeführt worden ist. Auf die dort gestellte Frage, ob sich die Bürger durch politische Terroristen persönlich bedroht fühlten, antworteten 78 % der Befragten, daß sie sich kaum (25 °/o) oder gar nicht (53 °/o) bedroht fühlten. Auf die Frage, ob es in der westlichen Welt Staaten gebe, in denen die Bürger besser gegen Terroristen als in der Bundesrepublik Deutschland geschützt seien, antworteten 79 % klar mit Nein; selbst 74 °/o der CDU/CSU-Anhänger haben dieses Vertrauen in unseren Staat. Das ist, wie ich meine, eine bernerkenswerte Tatsache.
    Der Bürger weiß dagegen sehr wohl, daß Politiker durch Terroristen bedroht sind. Von den Befragten antworteten 86 %, Spitzenpolitiker seien grundsätzlich gefährdet. In der Tat ist hier — das darf ich schonungslos öffentlich sagen — auch mit den äußersten denkbaren Vorkehrungen immer nur relative und nicht absolute Sicherheit zu schaffen. Da können Sie den persönlichen Begleitschutz — wie wir es im Bund getan haben — verstärken, wie immer Sie wollen, da können Sie den Objektschutz ausbauen, wie immer Sie wollen; daran ändern Sie grundsätzlich nichts. Dem müssen wir klar ins Auge sehen.
    Die Bemühungen der Verantwortlichen in Bund und Ländern um die Rettung des Lebens von Peter Lorenz hält die Bevölkerung — auch das geht aus dieser Umfrage hervor — für richtig. Nicht weniger als 86 % der Befragten erklärten, die Sicherheitsbehörden hätten im Fall Lorenz das Menschenmögliche getan.
    Ich komme zum Schluß. Der Kampf gegen Gewalt kann in einem freiheitlichen Rechtsstaat nicht allein durch die Sicherheitsorgane geführt werden. Voraussetzung für eine nachhaltige Bekämpfung der Kriminalität und des Terrorismus sind hier finde ich durchaus gewisse Berührungen mit Ausführun-



    Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
    gen meines Vorredners — die geistige Auseinandersetzung mit den Ursachen dieser Erscheiungen und das bewußte Eintreten jedes Bürgers für seinen Staat. Das ist ja die, glaube ich, alle Parteien hier verbindende Vorstellung vom Aktivbürger in einer freiheitlichen Demokratie. Die Bundesregierung wird diese Voraussetzung solcher geistiger Auseinandersetzung durch planmäßige Aufklärungsarbeit weiter stärken, wie sie das schon bisher in ihren Berichten und Dokumentationen getan hat.
    Gestatten Sie mir hier noch ein besonderes Wort. Was den Verfassungsschutzbericht anlangt, auf den wir im weiteren Gang der Parlamentsdebatte sicher noch kommen, so wird es dabei nicht genügen, rein quantitative Zählungen anzustellen, wie sie in unserem wie in dem von Ihnen vorgelegten Bericht stehen. Hier müssen wir darüber hinaus zu einer geistigen Durchdringung der Erscheinungsformen des politischen Extremismus gelangen — dazu haben wir im Bereich des Bundesinnenministeriums eine großangelegte empirische Untersuchung eingeleitet —, müssen wir nach den politischen Motivationen forschen, die eigentlich dahin führen, daß ein junger Mensch heute dieser oder jener extremistischen Organisation beitritt oder in ihr .verbleibt. Diese Frage ist zumindest ebenso wichtig wie die Frage danach, wie diese Organisationen hier oder dort zahlenmäßig zu- oder abnehmen. Auch darüber will ich — und hier möchte ich über das hinausgehen, was Sie selber in Ihrer Entschließung fordern — in Zukunft regelmäßig das Plenum und nicht nur den Innenausschuß des Bundestages unterrichten.
    Diese innere und äußere Bereitschaft jedes Bürgers zur Mitverantwortung und zur Mitwirkung an dieser geistigen Auseinandersetzung, ja, selbst an den rechtsstaatlichen Maßnahmen der inneren Verteidigung unserer freiheitlichen Gesellschaft macht die eigentliche Stärke des Rechtsstaats selbst gegenüber jedem Polizeistaat aus.
    Ebenso kann der Bürger aber auch der inneren und äußeren Bereitschaft aller Verantwortlichen sicher sein, daß dieser gegenwärtigen Herausforderung unseres freiheitlichen Rechtsstaats aus der — ich bemühe dieses Wort absichtlich noch ein letztes Mal — Solidarität aller Demokraten in Bund und Ländern in äußerster vereinter Anstrengung mit Entschlossenheit, aber auch Besonnenheit begegnet wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)