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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 155. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Ziegler . . 10731 A Erweiterung der Tagesordnung betr. Wahl und Vereidigung des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages . . . . . 10731 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 10731 B Erklärung der Bundesregierung zur inneren Sicherheit in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Schutze des Gemeinschaftsfriedens (Antrag der Fraktion der CDU/CSU) Drucksache 7/2772 -- Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Schutze des Gemeinschaftsfriedens (Antrag des Bundesrates) — Drucksache 7/2854 —Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Dreizehnten Straf rechtsänderungsgesetzes Drucksachen 7/3030, 7/3064 —Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Rechtspflege (Antrag der Abgeordneten Vogel (Ennepetal), Kunz (Berlin), Dr. Jaeger, Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Lenz (Bergstraße), Dr. Wittmann (München) und der Fraktion der CDU /CSU) -Drucksache V3116 — Erste Beratung in Verbindung mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterrichtung über Fragen der inneren Sicherheit — Drucksache 7/3259 — in Verbindung mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksache 7/3303 — Schmidt, Bundeskanzler . 10731 D, 10827 B Dr. Dregger (CDU/CSU) 10738 C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister (BMI) 10746 B Dr. Merk, Staatsminister des Landes Bayern 10751 B Genscher, Bundesminister (AA) 10757 B Brandt (SPD) . . . . . . . . 10760 D Dr. Kohl, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz . . . 10770 C Dr. Hirsch (FDP) 10783 C Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . 10788 B Dr. Filbinger, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg 10794 C Kühn, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen 10799 D Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . . 10800 B Dr. Waffenschmidt (CDU/CSU) . 10808 D Schütz, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 10813 A Theisen, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz . . 10816 B, 10837 C Strauß (CDU/CSU) 10817 B Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) 10832 A Wehner (SPD) 10837 D Dr. Jenninger (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) . . . 10842 D Kleinert (FDP) 10842 D Stücklen (CDU/CSU) 10846 B Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) 10846 C Gansel (SPD) (Bemerkung nach § 35 GO) . . . 10847 A von Hassel, Vizepräsident . . . . 10848 A Wahl des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages Frau Renger, Präsident . . . . . 10782 D Ergebnis 10783 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Börsengesetzes — Drucksache 7/101 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/3248 Zweite und dritte Beratung . . . . . 10848 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und des Vertrauensmänner-Wahlgesetzes — Drucksache 7/1968 —, Bericht und Antrag des Verteidigungsausschusses — Drucksache 7/3324 — Zweite und dritte Beratung . . . . . 10849 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 15. Juli 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen — Drucksache 7/3264 — Erste Beratung . . . . . . . . . 10849 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 28. November 1974 zur Änderung des Vertrages vom 27. Oktober 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg über die Schiffbarmachung der Mosel — Drucksache 7/3277 — Erste Beratung 10849 B Bericht und Antrag des Innenausschusses zu dem Bericht der Bundesregierung betr. NATO-Truppenstatut und Zusatzvereinbarungen, hier: Soltau-Lüneburg-Abkommen — Drucksachen 7/2443, 7/3300 — . . 10849 C Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 366/67/ EWG über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattung bei der Ausfuhr von Reis und über die Kriterien für die Festsetzung der Erstattungsbeträge — Drucksachen 7/2975, 7/3293 — . . . . 10849 D Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu den Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Aufstellung der Grundregeln für die Lieferung von Rindfleischkonserven an bestimmte internationale Organisationen und Entwicklungsländer im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe, für einen Beschluß des Rates zur Eröffnung von Verhandlungen mit dem Welternährungsprogramm über eine Nahrungsmittelhilfe in Form von Rindfleischkonserven, wie in der obigen Verordnung vorgesehen, sowie über die vorzeitige Durchführung des ausgehandelten Abkommens, für eine Entschließung des Rates über die Finanzierung der durch die Lieferung von Rindfleischkonserven im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe verursachten Ausgaben — Drucksachen 7/2651, 7/3292 — . 10849 D Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2737/73 zur Festlegung der im Falle von Störungen auf dem Reismarkt anzuwen- denden Grundregeln — Drucksachen 7/2976, 7/3294 — 10850 A Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel — Drucksachen 7/277, 7/1517, 7/3295 — 10850 A Fragestunde — Drucksache 7/3335 vom 7.3.75- Frage A 111 Drucksache 7/3335 vom 7.3.75 — des Abg. Graf Stauffenberg (CDU/CSU) : Bezeichnung der kommunistischen Aufstandsbewegung in der Republik Vietnam als Staat durch die Bundesregierung Moersch, StMin (AA) . 10777 D, 10778 A, B Graf Stauffenberg (CDU/CSU) . . . 10778 A Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) 10778 A Frage A 112 — Drucksache 7/3335 vom 7.3.75 des Abg. Dr. Hupka (CDU/ CSU) : Bezeichnung des deutschen Geburtsortes auf polnisch; Ausübung von Zwang auf Deutsche durch das polnische Konsulat in Köln Moersch, StMin (AA) . . . 10778 B, C, D, 10779 A Dr. Hupka (CDU/CSU) . . . . 10778 C, D Sauer (Salzgitter) (CDU/CSU) . . . 10779 A Fragen A 113 und 114 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Czaja (CDU/CSU) : Geltungsbeginn der Stockholmer Fassung der Pariser Übereinkunft zum Schutz gewerblichen Eigentums und der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst sowie Geltungsbereich des Übereinkommens zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR; Schutz der Rechte der im Land Berlin lebenden Deutschen Moersch, StMin (AA) . . . 10779 B, C, D, 10780 A, B Dr. Czaja (CDU/CSU) 10779 C, D, 10780 A, B Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 10779 D Frage A 115 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Äußerung von Staatsminister Moersch zu den im Ostblock üblichen Beschimpfungen der Vertriebenenverbände und ihrer gewählten Vertreter Moersch, StMin (AA) . 10780 C, D, 10781 A Freiherr von Fircks (CDU/CSU) 10780 C, D Dr. Czaja (CDU/CSU) . . . . . . 10780 D Fragen A 116 und 117 — Drucksache 7/3335 vom 7.3.75 — des Abg. Jäger (Wangen) (CDU/CSU) : Behauptung von Staatsminister Moersch bezüglich der Haltung der polnischen Exilregierung „in wesentlichen Fragen des deutsch-polnischen Verhältnisses"; Beeinträchtigung deutscher Interessen durch die Erklärung der politischen Führung der polnischen Emigration zur gemeinsamen Aufgabe der Deutschen und Polen Moersch, StMin (AA) . . 10781 A, B, C, D, 10782 A, B, C, D Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . .10781 C, D, 10782 A Dr. Czaja (CDU/CSU) 10782 B Sauer (Salzgitter) (CDU/CSU) . . 10782 C Nächste Sitzung 10850 C Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 10851 *A Anlage 2 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Fragen A 41 und 42 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Wolfram (Recklinghausen) (SPD) : Fehlen von Ausführungsbestimmungen für die im Dritten Verstromungsgesetz beschlossene Ausgleichsabgabe; Ankündigung einer Erhöhung der Ausgleichsabgabe durch einen Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums . . 10851* C Anlage 3 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage A 54 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Niegel (CDU/ CSU) : Bereitschaft zur Beseitigung unzumutbarer Härten bei der Abgrenzung der Fördergebiete beim EG-Bergbauernprogramm 10852* B IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Anlage 4 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Fragen A 55 und 56 — Drucksache 7/3335 vom 7 3. 75 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Art der Beratung des neuen Kommissionsmitglieds Dr. Guido Brunner in Sachen Agrarpolitik durch die Bundesregierung; Stellungnahme zu seinen agrarpolitischen Ausführungen vor der Bonner Presse; Höhe der Bestände an Füllweizen in der EG; Maßnahmen zum kostengünstigen Abbau von Überschüssen; Wiedereinführung der „Denaturierungsprämie" . 10852* C Anlage 5 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 57 und 58 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Zeyer (CDU/CSU) : Vierteljährliche nachträgliche Zahlung französischer Renten an Empfänger im Bundesgebiet; Maßnahmen zur Verbesserung dieser Zahlungsweise; Mißverhältnis dieser Zahlungsweise zu der ab 1. Juni 1975 in der Knappschaftsversicherung geltenden Regelung . . . 10853* A Anlage 6 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 59 und 60 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Ziegler (CDU/CSU) : Auflage und Gesamtkosten der Zeitungsbeilage „Klarer Kurs — Ausbau des sozialen Rechtsstaates" des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung; Zeitungen, denen diese Schrift beigelegt wurde oder wird; Erscheinungsdaten 10853* C Anlage 7 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage A 61 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Erkenntnisse aus der Inanspruchnahme von Kur- und Krankenhausaufenthalten der landwirtschaftlichen Bevölkerung, die auf besondere Gefährdungen aus dem Bereich der Landtechnik schließen lassen 10853* D Anlage 8 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage A 62 — Drucksache 7/3335 vorn 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Blüm (CDU/ CSU) : Reformbedürftigkeit der bei den meisten Berufsgenossenschaften bei 48 000 DM liegenden Höchstgrenze des Jahresarbeitsverdienstes angesichts weiterer Preissteigerungen . . . . . . . 10854 * A Anlage 9 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 63 und 64 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Immer (SPD) : Auffassung der Arbeitsverwaltung über die Versagung einer Förderung der Ausbildung oder Umschulung zur Hauswirtschaftsmeisterin bei beabsichtigter Praktizierung dieses Berufs im eigenen Haushalt; Förderung der Umschulung von Frauen oder der Weiterbildung für den Wiedereintritt in die Berufstätigkeit auch dann, wenn vorläufig nur eine Teilzeitarbeit angestrebt werden kann 10854* B Anlage 10 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Fragen A 90 und 91 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Seefeld (SPD) : Zeitpunkt für die Verabschiedung der Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zur Einführung eines Europäischen Führerscheins; Hindernisse bei der Verabschiedung . . . 10854* D Anlage 11 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 92 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — der Abg. Frau Verhülsdonk (CDU/CSU) : Berücksichtigung der Erkenntnisse hinsichtlich der Sicherheit in Fahrgastzellen durch die Deutsche Bundesbahn . . 10855* A Anlage 12 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 93 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Forderung des Bundesverbandes öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger nach amtlicher Prüfung von Autoreifen 10855* B Anlage 13 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 94 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Conradi (SPD) : Meldung der „Zeit" über Zunahme der Zahl der Verkehrstoten auf den Autobahnen nach der Aufhebung des Tempolimits um mehr als 100 % 10855* B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 V Anlage 14 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 95 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Konrad (SPD) : Entwicklung eines Katalysatortyps zur gleichzeitigen Entfernung von Kohlenmonoxyd, Kohlenwasserstoff und Stickoxyden aus dem Abgas, dessen Einsatz im Vergleich zu anderen Typen mit einer beträchtlichen Treibstoffersparnis verbunden ist 10855* C Anlage 15 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Fragen A 96 und 97 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Hoffie (FDP) : Entwicklung der Zahl der Unfälle mit Personen- und Sachschaden sowie der Zahl der Verkehrstoten auf allen Straßen sowie ausschließlich auf den Bundesautobahnen in den Jahren 1970 bis 1974 unter Ausklammerung des Zeitraumes vom 25. November 1973 bis 15. März 1974 10855* D Anlage 16 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 98 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Fellermaier (SPD) : Erhebung von Parkgebühren ohne Übernahme der Bewachung und des Versicherungsschutzes durch Betriebsgesellschaften an deutschen Flughäfen 10856* B Anlage 17 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage A 99 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Haenschke (SPD) : Möglichkeit zur Feststellung des Herstellungsdatums eines neuen Kraftfahrzeuges durch den Käufer 10856* C Anlage 18 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Fragen A 100 und 101 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) : Konsequenzen aus der Kritik des Bundeskanzlers an den Plänen der Deutschen Bundesbahn für den Neubau von Strecken; Finanzierungspläne für die Bundesbahnneubaustrecke HannoverGmünden 10856* C Anlage 19 Antwort des PStSekr Haar (BMP) auf die Frage A 102 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Thürk (CDU/CSU) : Bewußte Beschränkung der Ausbildungskapazität der Deutschen Bundespost auf den eigenen Bedarf . . . . 10857A Anlage 20 Antwort des PStSekr Haar (BMP) auf die Fragen A 103 und 104 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Gefahr der Kontrolle oder Monopolisierung des deutschen Rechenleistungsmarktes auf Grund des Verkaufs von 90 % der Anteile der DATEL GmbH ins Ausland; Geschäftstätigkeit der DATEL GmbH in Deutschland nach deutschem Recht . . . . . . . . 1085* B Anlage 21 Antwort des BMin Matthöfer (BMFT) auf die Frage A 105 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — des Abg. Dr. Haenschke (SPD) : Auftrag der Energiebehörde der USA für ein 500-MW-Sonnenkraftwerk . . 1085* D Anlage 22 Antwort des BMin Matthöfer (BMFT) auf die Fragen A 106 und 107 — Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 — der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU) : Weltraumprogramm der Bundesregierung für die Jahre 1975 bis 1978; Konzept ihrer Weltraumpolitik 10858* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 10731 155. Sitzung Bonn, den 13. März 1975 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 15.3. Adams * 15.3. Dr. Ahrens ** 15.3. Dr. Aigner * 15.3. von Alten-Nordheim 21.3. Dr. Artzinger * 15.3. Dr. Bangemann * 15.3. Dr. Bayerl * 23.3. Behrendt * 15.3. Blumenfeld * 14.3. Büchner (Speyer) ** 14. 3. Dr. Burgbacher * 15. 3. Dr. Corterier * 15.3. Dreyer 21.3. Erhard (Bad Schwalbach) 21.3. Fellermaier * 23.3. Flämig * 15.3. Frehsee * 15.3. Dr. Früh * 15.3. Gerlach (Emsland) ' 15.3. Dr. Gölter 21.3. Haase (Kassel) 15.3. Härzschel * 15.3. Handlos 14. 3. Dr. Holtz ** 15. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 15.3. Kater 31.5. Dr. h. c. Kiesinger 14. 3. Dr. Klepsch * 15. 3. Krall * 15.3. Lange * . 15.3. Dr. Lauritzen 2.4. Lautenschlager * 15.3. Lemmrich ** 15.3. Lücker ' 15.3. Memmel * 15.3. Müller (Mülheim) * 15.3. Dr. Müller (München) ** 15.3. Mursch (Soltau-Harburg) * 15.3. Frau Dr. Orth * 15.3. Dr. Penner 17. 3. Ronneburger 18. 3. Schirmer 21.3. Schmidt (Kempten) ** 15.3. Schmidt (München) * 15.3. Dr. Schulz (Berlin) * 15.3. Schwabe * 15.3. Dr. Schwörer * 15.3. Seefeld * 15.3. Spranger 20.3. Springorum * 15.3. Dr. Starke (Franken) * 15.3. Suck * 15.3. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Todenhöfer 22.3. Dr. Vohrer ** 15.3. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 22.3. Walkhoff * 15.3. Frau Dr. Walz * 15.3. Dr. Wittmann (München) 14. 3. Frau Dr. Wolf ** 15. 3. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) (SPD) (Drucksache 7/3335 Fragen A 41 und 42) : Ist die Kritik der Vereinigung Industrielle Kraftwirtschaft (VIK) berechtigt, daß es für die im Dritten Verstromungsgesetz beschlossene Ausgleichsabgabe noch keine Ausführungsbestimmungen gibt und daß deshalb vor allem bei den Großabnehmern noch Unklarheiten bestehen? Trifft es zu, daß ein Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums in einer Diskussionsveranstaltung in Essen mit Vertretern der VIK eine baldige Lösung der mit der Ausgleichsabgabe des Dritten Verstromungsgesetzes zusammenhängenden Probleme und in diesem Zusammenhang auch eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe angekündigt hat? Zu Frage A 41: Die Vereinigung Industrielle Kraftwirtschaft (VIK) hat weder mir noch meinen Mitarbeitern gegenüber kritisiert, daß es noch keine Ausführungsbestimmungen für die Erhebung der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz gebe. Eine Rückfrage bei dem Geschäftsführer des Verbandes hat ergeben, daß eine derartige Kritik auch gegenüber Dritten von VIK nicht geäußert worden ist. Das Verfahren zur Ermittlung des Wertes der von industriellen Eigenerzeugern selbst erzeugten und verbrauchten Elektrizität und damit zur Berechnung der Ausgleichsabgabe ist durch eine Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 4 des Dritten Verstromungsgesetzes festgelegt worden. Diese sogenannte Eigenverbrauchsverordnung vom 18. Dezember 1974 ist mit VIK und den übrigen beteiligten Verbänden ausführlich erörtert und bereits einige Tage nach Inkrafttreten des Dritten Verstromungsgesetzes im Bundesgesetzblatt verkündet worden (Bundesgesetzblatt I S. 3701). Drittes Verstromungsgesetz und Eigenverbrauchsverordnung enthalten eine abschliesende rechtliche Regelung für die Erhebung der Ausgleichsabgabe. Ihre Höhe ist durch die Abgabeschuldner im Wege der Selbstveranlagung zu ermitteln. Der Erlaß weiterer Durchführungsbestimmungen ist nicht geplant und durch das Dritte Verstromungsgesetz auch nicht vorgesehen. Um jedoch den Abgabeschuldnern die Berechnung der Abgabeschuld zu erleichtern, stellt das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft einen Erhebungsbogen zur Verfügung. Dieser Erhebungsbogen, der mit den beteiligten Verbänden auf deren Wunsch abgestimmt werden soll, liegt z. Z. noch nicht in endgültiger Form vor. Die Abstimmung mit den Ver- 10852* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 bänden, darunter auch VIK, soll noch vor Ostern erfolgen. Unmittelbar im Anschluß daran wird der Bogen den Abgabeschuldnern zugeleitet. Für die beiden ersten Zahlungstermine (16. Februar und 16. März) hat das Bundesamt daher den Abgabeschuldnern zunächst einen vorläufigen Erhebungsbogen zur Verfügung gestellt. Zusammen mit dem endgültigen Erhebungsbogen soll darüber hinaus ein Merkblatt verteilt werden, in dem auch auf die bei der bisherigen praktischen Anwendung von Gesetz und Verordnung aufgetretenen Zweifelsfragen eingegangen wird. Zu Frage A 42: Am 12. Februar 1975 fand eine Informationsveranstaltung der VIK zu Fragen des Dritten Verstromungsgesetzes statt, an der Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft teilgenommen haben. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde von den vertretenen Unternehmen eine Reihe von Einzelfragen aufgeworfen. Der Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft hat dabei lediglich angekündigt, daß ohne nähere Prüfung nicht zu beantwortende Fragen, soweit sie von allgemeinem Interesse für die Ausgleichsabgabeschuldner sind, in dem angekündigten Merkblatt zum Erhebungsbogen behandelt werden sollen. Von einer Erhöhung der Ausgleichsabgabe war nicht die Rede. Für eine derartige Erhöhung besteht auch kein Anlaß, da es z. Z. keine Anzeichen dafür gibt, daß zur Erreichung des mit dem Verstromungsgesetz verfolgten Zieles der Einsatz höherer Mittel aus dem Ausgleichsfonds erforderlich sein wird. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 54) : Ist die Bundesregierung bereit, bei der Abgrenzung der Fördergebiete beim EG-Bergbauernprogramm unzumutbare Härten zu beseitigen, insbesondere bei der Abgrenzung nach Landkreisen, bei der großzügigen Auslegung der Kriterien an den Randgebieten, bei den „Benachteiligten Agrarzonen mit verbesserter Investitionsförderung" und der Vermeidung von Schlechterstellungen von Altgemeinden, die die Kriterien für die Förderung erfüllen, sich aber im Zuge der Gemeindegebietsreform in eine andere Gemeinde mit besseren Verhältnissen eingemeinden ließen, so daß die Gesamtgemeinde die Förderungskriterien nicht erfüllt? Die Durchführung des EG-Bergbauernprogramms erfolgt im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes". Daher ist auch die Abgrenzung der Fördergebiete in enger Abstimmung zwischen Bund und Ländern durchgeführt worden. Da diese Arbeiten wegen des Anmeldetermins in Brüssel (1. August 1974) und der Absicht, das Programm national vorzuziehen, unter starkem Zeitdruck standen, ist es zwangsläufig zu Härten gekommen, obwohl die Abgrenzung bereits auf der Basis von Gemeinden und Gemeindeteilen und nicht auf Kreisebene erfolgte. Die Bundesregierung hat in Absprache mit den Ländern eine Feinabstimmung beschlossen, die die gravierendsten Härten beseitigen wird. Gewisse Härten, wie sie bei jeder Abgrenzung zwangsläufig eintreten, wrerden sich auch dann nicht vermeiden lassen. Diese Feinabstimmung soll bis zum 1. April 1975 abgeschlossen sein. Eine Schlechterstellung von Altgemeinden durch die Gebietsreform wird dadurch vermieden, daß die Abgrenzung auch Gemeindeteile berücksichtigt. Anlage 4 Antwort des Parl. Statssekretärs Logemann auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 55 und 56) : Auf welche Weise berät die Bundesregierung das neue Kommissionsmitglied Dr. Guido Brunner in Sachen Agrarpolitik, und wie steht die Bundesregierung zu den agrarpolitischen Ausführungen, die Herr Dr. Brunner vor der Bonner Presse gemacht hat? Wie hoch sind die Bestände an Füllweizen" in der EG, und was hat die Bundesregierung im Ministerrat unternommen, die Weltmarktlage bis Dezember 1974 zu nutzen, um kostengünstig Überschüsse abzubauen, und ist eventuell an die Wiedereinführung der „Denaturierungsprämie" gedacht? Zu Frage A 55: Zum ersten Teil der Frage: In den EG-Vertragsbestimmungen ist festgelegt, daß die Mitglieder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften bei der Erfüllung ihrer Pflichten keine Anweisungen einer Regierung oder einer anderen Stelle anfordern oder entgegennehmen dürfen. Die Bundesregierung hält es daher mit den Vertragsbestimmungen für nicht vereinbar, würde sie versuchen, Kommissionsmitgliedern Anweisungen oder auch nur Ratschläge zu erteilen. Aus diesem Grund berät sie Herrn Kommissar Dr. Brunner weder in agrarpolitischen noch in anderen Fragen. Zum zweiten Teil der Frage: Herr Kommissar Dr. Brunner hat am 27. Februar 1975 vor Journalisten in Bonn Ausführungen über die EG-Agrarpolitik gemacht. Er hat hierbei im wesentlichen nur die Vorschläge wiederholt, welche die EG-Kommission in ihrer Bilanz der EG-Agrarpolitik macht. Diese Bilanz ist am 4. März 1975 dem EG-Agrarministerrat vorgelegt worden. Der Ministerrat hat eine erste Aussprache darüber geführt und die Bilanz dem Sonderausschuß Landwirtschaft zur weiteren Behandlung überwiesen. Die Vorschläge sind bisher noch nicht geprüft worden. Eine Stellungnahme ist daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Zu Frage A 56: In der Gemeinschaft sind aus der Ernte 1974 noch rund 1,5 Millionen t Weizen überschüssig, die in diesem Wirtschaftsjahr voraussichtlich nicht ausgeführt werden. Diese Menge wird für spätere Ex- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 10853* porte auf Lager genommen oder zur Intervention gebracht werden. Ursprünglich war der Weizen zur Verfütterung bereitgehalten, weil mit einer erheblich niedrigeren Maiseinfuhr aus den USA gerechnet werden mußte. Bis Dezember 1974 erwarteten offizielle Stellen in den USA, daß 1974/75 wegen der niedrigeren Ernte 2 Millionen t Mais weniger als im Vorjahr in die Gemeinschaft ausgeführt werden könnten. Inzwischen wird in den USA die Lage wesentlich anders eingeschätzt. Es stehen höhere Mengen Mais zum Export zur Verfügung. Die Bundesregierung hat sich in Brüssel dafür eingesetzt, die hohen Weltmarktpreise für Weizenexporte zu nutzen. Von den für die Ausfuhr vorgesehenen 7 Millionen t Weichweizen in der Gemeinschaft im Wirtschaftsjahr 1974/75 werden auch 4,6 Millionen t ohne Ausfuhrerstattung oder mit Ausfuhrabschöpfung exportiert. Die Bundesregierung tritt nicht für die Wiedereinführung der Denaturierungsprämie ein, solange in einigen Ländern der Welt noch akute Hungersnot herrscht. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretär Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Zeyer (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 57 und 58) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die französischen Renten an Empfänger im Bundesgebiet vierteljährlich nachträglich gezahlt werden, und was hat sie getan, um eine Verbesserung dieser Zahlungsweise zu erreichen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Bereich der Knappschaftsversicherung ab 1. Juni 1975 die Rentenzahlungen vom jeweiligen Versicherungsträger direkt an die Empfänger im anderen Land erfolgt und dann der für deutsche Rentenempfänger unbefriedigende Zustand eintritt, daß die französischen Empfänger deutscher Knappschaftsrenten ihre Renten monatlich im voraus erhalten, während die französischen Renten an Empfänger im Bundesgebiet weiterhin vierteljährlich nachträglich gezahlt werden, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dieser Benachteiligung deutscher Rentner entgegenzuwirken? Das innerstaatliche französische Recht sieht vor, daß die aus der sozialen Sicherheit zu gewährenden Renten vierteljährlich nachträglich gezahlt werden. An diese innerstaatliche Regelung halten sich die französischen Versicherungsträger auch bei der Überweisung von Renten an Berechtigte in Gebieten außerhalb Frankreichs. Eine Benachteiligung der deutschen Rentenbezieher gegenüber französischen Staatsangehörigen ist damit nicht verbunden. Wegen der, der deutschen Versicherung fremden, Fälligkeitsregelung hat sich Minister Arendt seit 1971 in mehreren Schreiben an seinen französischen Kollegen gewandt und gebeten, das Zahlungsverfahren abzuändern. In seinem letzten Schreiben vom 27. September 1974 hat der französische Arbeitsminister mitgeteilt, daß die Frage der monatlichen Rentenzahlung weiterhin geprüft werde. Seitens der französischen Regierung sei jedoch beschlossen worden, Anfang 1975 einen zeitlich, örtlich und dem Umfange nach beschränkten Versuch einer monatlichen Zahlung zu unternehmen. Eine weitere Ausdehnung dieser Neuerung werde unter Berücksichtigung der Reaktionen des betreffenden Personenkreises von den Ergebnissen dieses Versuchs abhängig gemacht. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes vermerken: Die Bundesknappschaft zahlt — ebenso wie alle anderen deutschen Träger der Rentenversicherung — ihre Renten an Berechtigte in Frankreich und in den übrigen Mitgliedstaaten der EWG in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Regelung unmittelbar und monatlich im voraus. Es handelt sich hier in der Tat um verschiedene Rentenzahlungsverfahren in Frankreich und in der Bundesrepublik. Wir werden uns weiterhin bemühen, die französischen Stellen zu einer Änderung ihres Verfahrens zu bewegen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Ziegler (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 59 und 60) : Wie hoch sind Auflage und Gesamtkosten der Zeitungsbeilage „Klarer Kurs — Ausbau des sozialen Rechtsstaates" des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung? Welchen Zeitungen wurde oder wird die Schrift „Klarer Kurs — Ausbau des sozialen Rechtsstaates" an welchen Erscheinungsdaten beigelegt? Die Gesamtauflaufe der Beilage ist mit 14,2 Millionen Exemplaren vorgesehen. Die Gesamtkosten werden sich auf 1 980 000 DM belaufen. Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich, daß die Beilage allen regionalen Tageszeitungen einschließlich der sogenannten Heimatzeitungen beigelegt wurde bzw. wird. Als Einschalttermin wurde für die Nielsen-Gebiete I, II, III a und V, das entspricht den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Saarland, der Zeitraum vom 17. bis 22. Februar 1975 gewählt. Für die Nielsen-Gebiete III b und IV, das entspricht den Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern, ist die Einschaltung für April vorgesehen. Anmerkung: (Nielsen-Gebiete ist eine für die Anzeigenwerbung geltende regionale Aufteilung des Bundesgebietes.) Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 61) : Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse aus der Inanspruchnahme von Kur- und Krankenhausaufenthalten der landwirtschaftlichen Bevölkerung vor, die auf besondere Gefährdungen aus dem Bereich der Landtechnik schließen lassen? Bei den landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträgern liegen Erkenntnisse über besondere gesundheitliche Gefährdungen aus dem Bereich der Landtechnik nicht vor. Allerdings ist der Anteil der Kuraufenthalte der landwirtschaftlichen Bevölkerung, die wegen Skelettschäden erforderlich sind, überdurchschnittlich hoch. Dies wird zurückgeführt auf die relativ starke körperliche Belastung durch die landwirtschaftlichen Arbeiten im allgemeinen, die Schwingungsbelastungen durch die Arbeit mit Schleppern und selbstfahrenden Landmaschinen, aber auch auf eine starke Übergewichtigkeit. Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften haben deswegen in ihren Unfallverhütungsvorschriften seit dem 1. Januar 1970 die Ausrüstung aller Ackerschlepper und selbstfahrenden Landmaschinen mit schwingungsgedämpften, gefederten Fahrersitzen vorgeschrieben. Die Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung prüfen zur Zeit die Möglichkeiten weiterer vorbeugender Maßnahmen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Blüm (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 62) : Hält die Bundesregierung die Höchstgrenze des Jahresarbeitsverdienstes, die bei den meisten Berufsgenossenschaften 48 000 DM beträgt, angesichts der nach wie vor vorhandenen Preissteigerungen für reformbedürftig, etwa in Form einer Dynamisierung? Die Berufsgenossenschaften haben schon nach geltendem Recht die Möglichkeit, den Höchstbetrag des Jahresarbeitsverdienstes in ihren Satzungen höher als auf 48 000,— DM festzusetzen. Nach dem augenblicklichen Stand haben 14 Berufsgenossenschaften 48 000, DM, 19 Berufsgenossenschaften 60 000, DM und 2 Berufsgenossenschaften 72 000,— DM als Höchstgrenze festgesetzt. Unter diesen Umständen halte ich zur Zeit eine Änderung des Gesetzes, das der Selbstverwaltung einen weiten Spielraum läßt, nicht für erforderlich. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/3335 Fragen A 63 und 64) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Arbeitsverwaltung, daß die Ausbildung oder Umschulung zur Hauswirtschaftsmeisterin dann nicht gefördert werden soll, wenn dieser Beruf und die daraus abgeleitete Berechtigung zur Ausbildung von Hauswirtschaftslehrlingen im eigenen Haushalt praktiziert werden soll, obwohl gerade in diesem Bereich sehr viele Ausbildungsplätze fehlen? Inwieweit ist die Bundesiegierung in der Lage und bereit, bei der Arbeitsverwaltung darauf hinzuwirken, daß die Umschulung von Frauen oder die Weiterbildung für den Wiedereintritt in die Berufstätigkeit auch dann gefördert wird, wenn die Frauen aus familiären Gründen vorläufig nur eine Teilzeitbeschäftigung anstreben können? Grundsätzlich kann eine Fortbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin nach dem Arbeitsförderungsgesetz gefördert werden, wenn die Antragstellerin — abgesehen von anderen gesetzlichen Voraussetzungen - demnächst eine abhängige Beschäftigung aufnehmen will. Sofern aber die Antragstellerin die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten lediglich im eigenen Haushalt oder Betrieb anwenden will, steht das eigenbetriebliche Interesse im Vordergrund. Eine Förderung ist in diesem Falle nach § 43 Abs. 2 AFG nur zulässig, wenn hierfür ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht. Diese Voraussetzung ist nach der von der Bundesanstalt für Arbeit erlassenen „Anordnung über die individuelle Fortbildung und Umschuldung" unter anderem dann erfüllt, wenn die Förderung notwendig ist, um Ausbildungsplätze zu sichern oder zu besetzen. Nach den vorliegenden Erfahrungen hat es bislang auf dem Gebiete der Hauswirtschaft keinen Mangel an Ausbildungsplätzen gegeben. Erst in letzter Zeit zeigt sich, daß in einzelnen, vor allem ländlichen Bereichen die Nachfrage nach Ausbildungsstellen über das Angebot hinausgeht. Wo diese Entwicklung klar erkennbar wird, kann die Fortbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin auch dann gefördert werden, wenn die zukünftige Hauswirtschaftsmeisterin nur im eigenen Haushalt tätig sein will. Voraussetzung ist allerdings, daß nach den Umständen erkennbar ist, daß die Ausbildung von Hauswirtschaftsgehilfinnen ernsthaft angestrebt wird. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken: Fortbildung und Umschulung können nach dem AFG grundsätzlich auch gefördert werden, wenn der Antragsteller künftig lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausüben will. Eine Förderung scheidet aber dann aus, wenn im Hinblick auf die vom Antragsteller angestrebte Arbeitszeit auf dem Arbeitsmarkt keine Vermittlungsmöglichkeit gegeben ist. Eine Fortbildungsförderung ist auch dann nicht möglich, wenn der Antragsteller noch keine Beiträge zur Bundesanstalt geleistet hat und auch die nach der Maßnahme angestrebte Tätigkeit beitragsfrei ist; dies trifft u. a. auf eine Tätigkeit mit einer Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden wöchentlich zu. Die Einschränkungen der grundsätzlich gegebenen Förderungsmöglichkeit sind gesetzlich vorgeschrieben und sachlich geboten. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Seefeld (SPD) (Drucksache 7/3335 Fragen A 90 und 91) : Wann ist mit der Verabschiedung der Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zur Einführung eines Europäischen Führerscheines im EG-Ministerrat zu rechnen? Welche Kindernisse stehen der Verabschiedung bislang Br Wege? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 10855* Die Frage, wann die betreffende Richtlinie im EG-Ministerrat verabschiedet wird, läßt sich z. Zt. noch nicht beantworten. Zu einer Verabschiedung ist es bis jetzt noch nicht gekommen, weil die EG-Kommission auf Grund des Echos auf den Richtlinienentwurf, insbesondere auf Grund der Stellungnahme des Europäischen Parlaments, angekündigt hat, sie werde ihren Vorschlag überarbeiten und geändert vorlegen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Verhülsdonk (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 92) : Ist die Bundesregierung der Meinung, daß die Inneneinrichtungen von Personenwagen der Deutschen Bundesbahn insbesondere auch hinsichtlich des Einbaus von Glas und der Anbringung von Spiegeln so beschaffen sind, daß sie den heute gegebenen Erkenntnissen hinsichtlich der aktiven und passiven Sicherheit in Fahrgastzellen Rechnung tragen? Die Bundesregierung hat derzeit keinen Anlaß zu der Annahme, daß die Innenausstattung der Reisezugwagen der Deutschen Bundesbahn, insbesondere was die Verwendung von Glasbauteilen angeht, nicht den gesetzlichen Auflagen und internationalen Empfehlungen entspricht. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 93) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung des Bundesverbandes öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, daß neue Autoreifen vor dem Verkauf amtlich geprüft werden sollen? Für die Produktion der Reifen übernimmt der Hersteller die Kontrolle, wobei die Kennzeichnung der Reifen bestimmten Normen unterliegt. Der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr wacht bei der Typ-Prüfung und bei den amtlichen Untersuchungen nach § 29 StVZO über die ordnungsgemäße Ausrüstung der Fahrzeuge mit den entsprechenden Reifen. Dieses Verfahren hat sich bewährt; eine zwingende Veranlassung, hiervon abzuweichen und eine amtliche Prüfung einzuführen, besteht nicht. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Conradi (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 94) : Trelfen die von Ferdunand Ranlt in der .,Zeit" vote 28. Februar 1975 genannten Zahlen, nech denen die Zahl der Verkehrstoten auf den Autobahnen ins Bundesgebiet nach der Aufhebung des Tempolimits im März 1974 bis zum Oktober 1974 um mehr als 100 °/0 zugenommen hat, zu, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus diesen Zahlen? 1. Der Autor des Artikels in der „Zeit" vom 28. 2. 1975 stellt fest, „daß im Vergleich zum letzten Monat mit Tempolimit, dem Februar 1974, die Zahl der Toten auf Autobahnen im April 1974 um über 100 % gestiegen war". Diese Feststellung trifft zu: Februar 1974 = 35, April 1974 = 74 Getötete auf Autobahnen. 2. Bei einem Vergleich des vom Anfragenden genannten Zeitraums März 74 bis Oktober 74 im Verhältnis zu dem entsprechenden Zeitraum des Jahres 1973 ergibt sich dagegen eine Abnahme der Verkehrstoten auf Autobahnen um 28,1 %. 3. Die Bundesregierung wird vor einer Entscheidung über die Frage einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen erst die Ergebnisse der bis 1977 laufenden Versuche über die „Auswirkung einer Richtgeschwindigkeit im Vergleich zu einer Höchstgeschwindigkeit auf Bundesautobahnen" abwarten. Anlage 14 Antwort des Parl Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Konrad (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 95) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Firma Degussa einen neuen Katalysatortyp entwickelt hat, der es ermöglicht, Kohlenmonoxyd, Kohlenwasserstoff und Stickoxyde gleichzeitig aus dem Abgas zu entfernen und dessen Einsatz im Vergleich zu anderen Typen mit einer beträchtlichen Treibstoffersparnis verbunden ist, und wann beabsichtigt die Bundesregierung, den serienmäßigen Einbau von Katalysatoren zur Abgasentgiftung vorzuschreiben? In Verfolg des Umweltprogramms der Bundesregierung und in Übereinstimmung mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz werden Grenzwerte für die noch zulässigen Mengen an unerwünschten Bestandteilen im Abgas festgelegt. Dieses bewährte Verfahren fördert zwangsläufig die technisch und wirtschaftlich optimalen Lösungen. Es ist somit nicht notwendig, alle Entwicklungsarbeiten laufend zu verfolgen, und nicht vertretbar, eine bestimmte technische Lösung, wie den Einbau von Katalysatoren, vorzuschreiben. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 7/3335 Fragen A 96 und 97) : Wie ist der monatliche Verlauf der Zahl der Unfälle mit Personen- und Sachschaden sowie der Zahl der Verkehrstoten auf allen Straßen der Bundesrepublik Deutschland sowie ausschließlich auf den Bundesautobahnen in den Jahren 1970 bis 1974? 10856* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Wie stellt sich der Vergleich dieser Unfallzahlen dar, wenn der Zeitraum vom 25. November 1973 bis zum 15. März 1974 (Fahrverbote und Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Grund der Ölkrise) nicht berücksichtigt wird? Zu Frage A 96: Die typischen Jahresganglinien im Unfallgeschehen sind durch vergleichsweise niedrige Unfallzahlen in den ersten vier Monaten und einem Höhepunkt in den letzten drei Monaten gekennzeichnet. Auf den Autobahnen liegt die Spitze abweichend hiervon im Juli und August. Dies gilt sowohl für die Zahl der Unfälle als auch für die Zahl der getöteten Menschen. Diese Entwicklung zeigte sich auch in den Jahren 1970 bis 1974, wobei sich das Niveau, auf dem sich diese Saisonlinien bewegt haben, ab Herbst 1972 unter dem Einfluß der bekannten Maßnahmen und Ereignisse zeitweise stark vermindert hat. In der Zeit von November 1973 bis März 1974, in der sich die Sonntagsfahrverbote, die verschärften Geschwindigkeitslimitierungen und eine allgemeine Verminderung der Fahrleistungen nachhaltig auf die Unfallentwicklung ausgewirkt haben, ist die Zahl der Verkehrstoten insgesamt um 27 % gesunken. Auf den Autobahnen nahm sie sogar um 39 % ab. Ab April 1974 sind die Unfallzahlen wieder gestiegen, ohne allerdings die Vorjahreswerte auch nur annähernd zu erreichen. Zu Frage A 97: Zu diesem Vergleich stellt man am zweckmäßigsten den Zeitraum von April bis Oktober 1974 dem entsprechenden Vorjahresabschnitt gegenüber. Die Zahlen zeigen auch hier eine deutliche Abwärtsentwicklung. So sind von April bis Oktober 1974 insgesamt 1 500 Menschen weniger zu Tode gekommen als im entprechenden Zeitraum des Vorjahres. In Prozenten bedeutet das einen Rückgang um 15 %. Besonders deutlich zeigte sich die Verminderung des Unfallgeschehens auf den Autobahnen, wo die Zahl der Verkehrstoten sogar um 29 % zurückging. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Fellermaier (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 98) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß an deutschen Flughäfen, wie z. B. in Stuttgart, die Betriebsgesellschaften des jeweils einzigen dort erreichbaren und zugelassenen Parkplatzes zwar eine Parkgebühr erheben, die Bewachung und damit auch den Versicherungsschutz aber ablehnen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Umgehung der Vorschriften in der „Verordnung über das Bewachungsgewerbe" und der Rechtsprechung zur Versicherungspflicht auf bewachten Parkplätzen? Die Bundesregierung hat keinen Einfluß darauf, ob öffentliche Parkplätze bewacht werden oder nicht. Dies gilt auch für die Parkplätze an den Verkehrsflughäfen. Ihr ist jedoch bekannt, daß die hier erhobenen Entgelte in vielen Fällen lediglich eine reine Platzmiete darstellen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Haenschke (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 99) : Wie kann der Verbraucher beim Kauf eines neuen Kraftfahrzeugs dessen Herstellungsdatum feststellen, und wie kann er beurteilen, ob das angebotene Neufahrzeug noch den neuesten Bauvorschriften und dem neuesten Stand der Technik entspricht? Der Verbraucher kann das Herstellungsdatum eines neuen Kraftfahrzeugs in der Regel nicht feststellen. Ich verweise hierzu auch auf meine schriftliche Antwort auf Ihre Frage in der Fragestunde am 6./7. November 1974. Eine solche Handhabung ist für den Käufer im Hinblick auf die Sicherheit im Straßenverkehr jedoch nicht nachteilig, da Kraftfahrzeuge am Tage ihrer erstmaligen Zulassung zum Verkehr den an diesem Tage geltenden Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen müssen. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 100 und 101): Welche Konsequenzen sind bisher aus der Kritik gezogen worden, die der Bundeskanzler im Jahrbuch des Deutschen Eisenbahnwesens 1974 an den Plänen der Deutschen Bundesbahn für den Neubau von Strecken geübt hat? Welche konkreten Finanzierungspläne bestehen für die mit Planungsstand vom 1. Januar 1974 berechneten 7,22 Milliarden DM (bis 1985) veranschlagten Kosten der Bundesbahnneubaustrecke Hannover—Gemünden? Zu Frage A 100: Der Herr Bundeskanzler hat im Jahrbuch des Eisenbahnwesens 1974 in einem Artikel über die Bundesbahn und den Bundeshaushalt klargestellt, daß es zur Steigerung der Produktivität u. U. auch zusätzlicher Investitionen bedarf. Die Bundesregierung hat daher außer der gesamtwirtschaftlichen Korridoruntersuchung bei gleichzeitiger Aktualisierung der Daten einschließlich der Baukosten inzwischen eine betriebswirtschaftliche Zusatzuntersuchung erstellt. Diese hat das Ergebnis der Korridoruntersuchung bestätigt, wonach die Strecken Mannheim—Stuttgart und Hannover—Würzburg zur Verbesserung des Wirtschaftsergebnisses der Deutschen Bundesbahn vorrangig zu bauen sind. Für die Strecke Köln—Groß-Gerau wurde volkswirtschaftlich keine hohe Rendite festgestellt. Daher werden für diese Neubaustrecke weitere Alternativen untersucht. Zu Frage A 101: Im Regierungsentwurf zum Haushalt 1975 ist von einem Gesamtbetrag von 60 Millionen DM ein Teilbetrag für die Neubaustrecke Hannover—Gemünden vorgesehen. Für die folgenden Jahre sind die Über- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 10857* legungen der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Fortschreibung der mehrjährigen Finanzplanung noch nicht abgeschlossen. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Thürk (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 102) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei der Deutschen Bundespost von rund 7 000 vorhandenen Ausbildungsplätzen für das Jahr 1975 nach zur Zeit vorliegenden Zahlen lediglich 2 180 Ausbildungsplätze besetzt sein werden, daß dies auf einer bewußten Beschränkung der Ausbildungskapazität auf den eigenen Bedarf beruhen soll, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung unter Berücksichtigung des derzeit bestehenden großen Mangels an Ausbildungsplätzen zur Behebung eines derartigen Mißstandes im staatlichen Bereich? Die Frage der Einstellungsquoten für die Berufsausbildung im Fernmeldehandwerk der Deutschen Bundespost und die Nutzung der freiwerdenden Ausbildungskapazitäten ist in letzter Zeit wiederholt Gegenstand von Anfragen gewesen. Ich darf auf die Antworten zu den Anfragen der Herren Kollegen Kroll-Schlüter (Drucksache 7/3258 Frage Nr. B 60) und Pfeifer (Drucksache 7/3258 Fragen Nr. B 63 und B 64) sowie auf die Frage Nr. 78 des Herrn Kollegen Jaunich in der mündlichen Fragestunde am 27. Februar 1975 hinweisen. Danach wird zusammenfassend festgestellt, daß für 1975 aus der Unternehmenssicht kein akuter Bedarf an Neueinstellungen von Auszubildenden im Fernmeldehandwerk besteht. Unter Berücksichtigung unternehmerisch noch vertretbarer Belastungen wird die Deutsche Bundespost 1975 dennoch etwa 1 800 Neueinstellungen vornehmen. Diese Einstellungsquote ist über das ganze Bundesgebiet verteilt worden, mit dem Ziel, dadurch fast alle Ausbildungsstätten im Bereich der Deutschen Bundespost zu erhalten. Im übrigen ist die Deutsche Bundespost bereit, freiwerdende Ausbildungskapazitäten anderen Ausbildungsträgern gegen Kostenerstattung zum Beispiel für Zwecke der überbetrieblichen Ausbildung zur Verfügung zu stellen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 103 und 104) : Sind der Bundesregierung die Einzelheiten des Verkaufs von 90 % der Anteile der DATEL GmbH ins Ausland vor Abschluß der entsprechenden Verträge bekannt gewesen, und teilt die Bundesregierung die von einem Großteil der EDV-Anwender und der wirtschaftspolitisch interessierten Öffentlichkeit erhobenen Bedenken, daß diese ausländische Majorität einen erheblichen Teil des Rechenleistungsmarktes in der Bundesrepublik Deutschland kontrollieren und möglicherweise eines Tages monopolisieren könnte? Ist nach Ansicht der Bundesregierung und gegebenenfalls wie gewährleistet, daß die künftige Geschäftstätigkeit der DATEL GmbH sich in Deutschland insgesamt nach deutschem Recht richtet, und welche Kontrollen sind dafür gegeben bzw. welche Kontrollen hält die Bundesregierung in diesem Zusammenhang für geboten? Zu Frage A 103: Die Bundesregierung ist in allen Phasen über Stand und Fortgang der Verkaufsverhandlungen unterrichtet gewesen. Sie ist nicht der Meinung, daß durch den Verkauf der Datel GmbH der deutsche Markt für „Datenverarbeitung außer Haus" verstärkt in ausländische Abhängigkeit gerät. Der Gesamtmarkt wird von einer relativ großen Zahl von Anbietern dieser Dienstleistungen gebildet, an dem der Geschäftsumfang der Datel GmbH nur wenige Prozentpunkte ausmacht. Ein beherrschender Einfluß ist daher nicht gegeben. Zu Frage A 104: Die Datel GmbH ist nach wie vor im deutschen Handelsregister eingetragen und unterliegt dem deutschen GmbH-Gesetz. Die noch beteiligten Altgesellschafter Siemens bzw. Deutsche Bundespost haben Minderheitsrechte entsprechend dem deutschen Aktienrecht. Sie nehmen diese Rechte auch wahr. Die Datel GmbH unterliegt den gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie alle anderen vergleichbaren Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, für dieses Unternehmen aufgrund der Beteiligung ausländischer Kapitalgeber über die bestehenden gesetzlichen Regelungen hinaus weitere Kontrollen vorzusehen. Anlage 21 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Haenschke (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage A 105) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Energiebehörde der USA ein 500-MW-Sonnenkraftwerk in Auftrag gegeben hat, und ist die Bundesregierung bereit, in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls solche Entwicklungen einzuleiten? Der Bundesregierung sind Pressemeldungen bekannt, wonach die amerikanische Energieagentur ERDA für das Jahr 1985 ein irdisches Sonnenzellenkraftwerk mit 500 MW-Leistung planen soll. Die Zusammenarbeit mit den USA auf dem Gebiet der Sonnenenergieforschung ist sehr eng. In allen bisherigen offiziellen Kontakten auf bilateraler und multilateraler Ebene wie im Rahmen der Internationalen Energieagentur Paris wurden jedoch keine Pläne über irdische Großkraftwerke diskutiert oder vorgestellt. Eine erneute Rückfrage bei der amerikanischen Energieagentur ERDA hat ergeben, daß dort zur Zeit keine derartigen Absichten bestehen. 10858* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975 Die Bundesregierung hat ebenfalls keine Planungen für Sonnenzellengroßprojekte im 100 MW-Bereich in Auftrag gegeben. Sie ist der Meinung, daß Projekte dieser Größenordnung mit heutiger Technologie nicht sinnvoll durchgeführt werden können. Dies gilt besonders für die geographischen und klimatischen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland. Anlage 22 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Fragen A 106 und 107): Aus welchen Gründen wird das Weltraumprogramm der Bundesregierung für die Jahre 1975 bis 1978 trotz mehrmaliger Ankündigungen von seiten des Bundesforschungsministers nicht vorgelegt, und trifft es zu, daß der Bundesfinanzminister den vorliegenden Entwurf des Weltraumprogramms für nicht finanzierbar hält? Was beabsichtigt die Bundesregierung zu unternehmen, um der interessierten Fachwelt ihre Vorstellung in der Weltraumpolitik zu erläutern, damit in Anbetracht eines fehlenden Weltraumprogramms zumindestens in Grundrissen eine Art von Konzept der Weltraumpolitik erkennbar wird? Zu Frage A 106: Es trifft nicht zu, daß der Bundesminister der Finanzen den vorliegenden Entwurf des Weltraumprogramms für nicht finanzierbar hält. Da gegenwärtig der Bundeshaushalt 1976 aufgestellt wird, ist zwischen dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister für Forschung und Technologie vereinbart worden, mit der Veröffentlichung des Weltraumprogramms bis zur Verabschiedung des Haushaltsentwurfs 1976 und des fortgeschriebenen Finanzplans durch das Bundeskabinett zu warten. Darüber hinaus erscheint es zweckmäßig, die bevorstehende Gründung der einheitlichen europäischen Weltraumorganisation ESA abzuwarten. Zu Frage A 107: Die Bundesregierung hat im Dezember 1974 dem Bundestag das „Basisprogramm für die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie 1974-1978" mit einer Gesamtdarstellung der Planungen im Luft- und Raumfahrtbereich zugeleitet (Bundestagsdrucksache 7/2986). Dieses Programm enthält im Kapitel „Weltraumprogramm" eine Darlegung der Ausgangslage, der Förderungsziele und der Förderung durch den Bund sowie eine umfassende Übersicht über einzelne Vorhaben. Im übrigen ist die interessierte Fachwelt auf verschiedene Weise, z. B. auf Fachtagungen, über die Ziele und Projekte der Bundesregierung auf dem Gebiet der Weltraumforschung und -technik informiert worden.
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    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorweg bekunde ich vor dem Deutschen Bundestag all denen Dank und Respekt, die durch Besonnenheit, durch Mut und durch Verantwortungsbereitschaft mitgeholfen haben, Peter Lorenz zu retten.

    (Beifall)




    Bundeskanzler Schmidt
    Der Schutzpolizei, der Kriminalpolizei, dem Bundesgrenzschutz, dem Verfassungsschutz in Bund und Ländern sowie allen anderen Sicherheitsorganen spreche ich die Anerkennung der Bundesregierung aus. Ich schließe in diesen Dank Pastor Albertz und die Besatzung des Lufthansa-Flugzeugs ein, die freiwillig in kritischer Situation ein persönliches Risiko eingegangen sind.

    (Beifall)

    Die Bundesregierung und ich selbst haben im Falle Lorenz politische Verantwortung, politische Mitverantwortung, übernommen, obwohl wir nach dem Grundgesetz weder für die Freilassung der Häftlinge noch für den Einsatz der Polizei in Berlin und an anderen Orten Weisungsrechte hatten oder gesetzliche Verantwortung trugen.
    Weil wir politische Mitverantwortung tragen wollten, haben wir die vier zuständigen Landesregierungen, die Vorsitzenden der vier großen demokratischen Parteien und die Vorsitzenden der drei Bundestagsfraktionen an einen Tisch gebracht und haben an diesem Tisch die Entscheidungen gemeinsam beraten und getragen.
    Bei dieser Gelegenheit hat Herr Ministerpräsident Helmut Kohl wörtlich gesagt: „Entweder ziehen wir alle an einem Strang, oder wir können den Staat zumachen." Ich stimme dem ausdrücklich zu,

    (Beifall)

    und ich gehe davon aus, daß diese Zustimmung für alle Teilnehmer auch der heutigen Sitzung gilt.
    Sicherlich ist sich der Bundestag dessen bewußt, daß die heutige Debatte für manche Seite auch eine Versuchung darstellen könnte, einseitig, parteilich zu taktieren. Wir sollten uns deshalb noch einmal sorgfältig das Protokoll der Pressekonferenz ansehen, die Herr Lorenz nach seiner Freilassung in Berlin gegeben hat.
    Ich will an dieser Stelle einfügen, daß ich eine Äußerung, die ich selbst vor längerer Zeit, nämlich zu Beginn des Berliner Wahlkampfes, über Peter Lorenz gemacht habe, ausdrücklich bedauere. Diese Bemerkung war nicht ehrenrührig, sondern sie wollte die im Wahlkampf von der Gegenseite vorgetragenen Zweifel an der demokratischen und sicherheitspolitischen Zuverlässigkeit meiner eigenen Berliner Parteifreunde abwehren. Ich denke allerdings auch heute noch, daß wir uns solche Zuverlässigkeitszweifel gegenseitig nicht unterstellen sollten. Ich würde mich als Sozialdemokrat auch in aller Zukunft mit aller Härte dagegen zur Wehr setzen.
    In dem Protokoll der Pressekonferenz von Herrn Lorenz werden Sie finden, daß er dort — nach seiner Befreiung — anders gesprochen hat, als einige ihn vielleicht ganz gern hätten reden hören. Trotz allem, was er durchgemacht hatte, antwortete er als ein Politiker, der sich dem demokratischen Rechtsstaat verpflichtet fühlt. Weder hat er denen nach dem Munde geredet, die von ihm womöglich den Ruf nach der Todesstrafe erwarteten, noch hat er jene bestätigt oder gar ermutigt, die uns in Verkennung des Charakters von Terroristenorganisationen polizeistaatliche Rezepte empfehlen wollen.
    Wenn ich richtig unterrichtet bin, war es ein anderer CDU-Politiker, nämlich der Kollege Rainer Barzel, der in diesen Tagen zutreffend darauf hingewiesen hat, daß sich Rechtsstaat und umfassende Polizeigewalt gegenseitig ausschließen. Das heißt, der Rechtsstaat kann keinen absoluten Schutz vor Terrorismus und vor anarchistischer Gewalttätigkeit bieten. Ich füge hinzu: Auch Militär- oder Polizeidiktaturen sind nicht in der Lage, dagegen einen absoluten Schutz zu bieten; wir haben dafür auch in der Gegenwart — ich will die Beispiele nicht nennen — genug Anschauungsbeispiele.
    Aber dem Rechtsstaat stehen im Grundgesetz und in den Gesetzen eine große Zahl verschiedenartiger Mittel, auch staatliche Gewalt in vielfältiger Form, zur Verfügung, um sie gegen Rechtsbrecher anzuwenden. So weit die gesetzliche Verantwortung der Bundesregierung und so weit ihr politischer Führungsauftrag reichen, so weit treten wir für volle Ausschöpfung der rechtsstaatlichen Gewalt ein. Unser Auftrag ist, die Verfassung und die Gesetze zu wahren und zu verteidigen; d. h.: die gesetzliche Ordnung zu verwirklichen — nicht anders kann ich den Amtseid verstehen, den die Bundesminister und der Bundeskanzler geleistet haben.
    Neben der Verteidigung der gesetzlichen Ordnung steht in gleichem Range der Ausbau unseres sozialen, liberalen und demokratischen Rechtsstaates — im Geiste der Solidarität und der Toleranz. Dies ist der beste demokratische Staat, der bisher je in der deutschen Geschichte bestanden hat.

    (Anhaltender Beifall)

    Wir alle gemeinsam haben diesen Staat in 25 Jahren ausgebaut. Wir setzen diesen Kurs des schrittweisen Ausbaus, des schrittweisen Reformierens fort. Ich bitte die jungen Bürger, sich in der deutschen Geschichte umzusehen, und ich bitte die älteren Bürger, sich in ihrer eigenen Erinnerung umzusehen und sich zu fragen, wann jemals vorher auf deutschem Boden so viel persönliche Freiheit, ein solches Maß an Wohlstand, so viel an sozialem Ausgleich und so viel Toleranz, wann jemals vorher das alles auf deutschem Boden verwirklicht gewesen ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dieser Staat ist es wert, daß wir uns mit ihm solidarisieren. Wenn wir alle das tun, dann können auch Extremisten und Terroristen, so sehr wir ihre Drohung ernst nehmen, diesen Staat in Wirklichkeit nicht gefährden.
    Das Grundgesetz — damit komme ich zu einem anderen Abschnitt — hat die Ausübung der polizeilichen Aufgaben und die Wahrnehmung der Justiz weitgehend den Ländern zugeordnet. Aber auch der Bund trägt Verantwortung und will Verantwortung tragen. Daraus ergibt sich, daß die Gewährleistung der inneren Sicherheit eine gemeinsame Aufgabe von Ländern und Bund ist. Jemand, der etwa aus der Zusammenarbeit ausbrechen wollte, der gefährdete den Erfolg der Sicherheitspolitik.
    Das Grundgesetz und der Gesetzgeber haben für alle, die für die innere Sicherheit zu sorgen haben, aber auch einige gemeinsame Einrichtungen geschaffen. Ich nenne etwa den Bundesgerichtshof,



    Bundeskanzler Schmidt
    den Generalbundesanwalt, das Bundesamt für Verfassungsschutz oder das Bundeskriminalamt. Darüber hinaus sind in der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern insbesondere in der Innenministerkonferenz zusätzliche Arbeitsinstrumente im Laufe der Jahre entwickelt worden. Tatsächlich hat die Innenministerkonferenz der Länder, an der dann ja meist auch der Bundesinnenminister beteiligt ist, im wesentlichen die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern koordiniert — auf den Justizbereich komme ich nachher noch gesondert zu sprechen —, tatsächlich hat die Innenministerkonferenz z. B. auch die Rolle des Bundeskriminalamts bestimmt.
    Ich halte es für wichtig, vor dem Parlament Punkt für Punkt darzulegen, wie das in der Praxis aussieht. Ich greife dabei vier Jahre zurück.
    Im Jahre 1971 wurde das Bundeskriminalamt vom damaligen Bundesinnenminister Genscher mit der zentralen Ermittlung und Fahndung nach anarchistischen Gewalttätern beauftragt. Dieser Auftrag ist im Mai 1972 — nach den Sprengstoff- und Bombenanschlägen — noch erweitert worden.
    Im Mai 1972 hat die Innenministerkonferenz ein neues Modell der Zusammenarbeit entwickelt. Außer den schon bestehenden Sonderkommissionen beim Bundeskriminalamt wurden in den Ländern weitere Sonderkommissionen gebildet und dem Bundeskriminalamt unterstellt. Diese und andere Vorkehrungen haben damals zur Festnahme des sogenannten harten Kerns der Baader-Meinhof-Terroristen geführt.
    Im Jahre 1973 ist dann das Gesetz über das Bundeskriminalamt geändert worden. Der einheitlichen Auffassung der elf Länder entsprechend ist dabei eine wesentliche Ausweitung der Befugnisse des Bundeskriminalamts nicht erfolgt.
    Inzwischen hatte sich auf Grund der Terrorakte während der Olympischen Spiele in München, wegen der Ereignisse in München und Fürstenfeldbruck, das Schwergewicht der Tätigkeit der Sicherheitsorgane mehr auf solche Terrororganisationen — Baader und Meinhof saßen ja inzwischen in Untersuchungsgefängnissen verlegt, die ihre Aktionen vom Auslande her in die Bundesrepublik hineintrugen. Im Laufe der letzten Monate sind sodann wiederum neue inländische Terrorgruppen in Erscheinung getreten.
    In den eingangs von mir schon genannten großen Beratungsgremien — heute vor zehn, zwölf Tagen während der Entführung von Herrn Lorenz — haben wir, die wir dort versammelt waren, uns natürlich auch ein Bild von dem gegenwärtigen Stand der Zusammenarbeit der Polizeien der Länder untereinander, der Zusammenarbeit der Polizeien der Länder mit dem Bundeskriminalamt und mit dem Verfassungsschutz in den Ländern und mit dem Bundesverfassungsschutz verschaffen müssen. Die in jener Runde anwesenden Ministerpräsidenten haben, gestützt auf die Beschlüsse der Innenministerkonferenz vom 28. Februar ausdrücklich erklärt, daß die gegenwärtige Praxis dieser Zusammenarbeit ein Höchstmaß an Kooperation gewährleistet. Ich selber habe zu diesem Punkt sehr insistente Fragen gestellt. Es ist mir dargelegt worden, daß die Beschlüsse der Innenministerkonferenz in Sachen Bekämpfung des Terrorismus jeweils einstimmig ergangen seien. Ich gehe davon aus, daß der Bundesminister Professor Maihofer wie auch Vertreter des Bundesrates diesem Komplex im Verlauf der heutigen Debatte noch Aufmerksamkeit zuwenden und ihn näher beleuchten werden.
    Ich erwarte, daß dort, wo etwa doch noch Verbesserungen möglich sein sollten, z. B. bei der zentralen Informationssammlung, die Länder dem Bundeskriminalamt zur Seite stehen, das seinerseits ihnen zur Verfügung steht.
    Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die beiden Sicherheitsprogramme von Bund und Ländern vom Juni 1972 und vom Februar 1974 gemeinsam ergangen sind. Ich erwarte von der heutigen Debatte, daß sowohl der Bundesinnenminister als auch die Vertreter des Bundesrates — die Vertreter der Länder also — Rechenschaft über die Verwirklichung dieser beiden Programme geben.
    Meine Damen und Herren, ich habe am vergangenen Donnerstag in einer Fernsehansprache ausgeführt — und ich wiederhole es hier —: Alle Beteiligten müssen im Lichte der jüngsten Erfahrungen prüfen, ob und gegebenenfalls wo Verbesserungen noch möglich oder notwendig sind, d. h. ob die neue Herausforderung des Terrorismus nicht auch noch neue Vorkehrungen für dessen Bekämpfung erfordern könnte. Es muß immer und unter allen Umständen sichergestellt sein, daß die Zusammenarbeit zwischen Ländern und Bund so effektiv wie möglich ist. Das gilt genauso für die Zusammenarbeit der Bundesländer untereinander. Es geht um den Schutz unserer Bürger; deshalb ist hier weder für zentrales noch für partikulares Prestigedenken irgendein Raum.

    (Beifall bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Auch unsere Bürger müssen wissen — was die Innenminister natürlich schon längst wissen —, daß einerseits öffentliche polizeiliche Fahndungen, wie übrigens auch verdeckte Fahndungen, zweckmäßige Instrumente der Kriminalpolizei sind, daß aber bei der Bekämpfung konspirativen Terrors darüber hinaus auch die übrigen Sicherheitsbehörden in ihrer Arbeit unverzichtbar sind. Es kommt hier auf sorgfältige Observation an. Es kommt — ich spreche es aus auf Infiltration in die Sympathisantengruppen hinein an. Ich spreche auch aus, daß es darüber hinaus auf die Ausschöpfung der gesetzlichen Möglichkeiten ankommt, die das Gesetz nach Art. 10 des Grundgesetzes zur Verfügung gestellt hat und für solche Zwecke hat zur Verfügung stellen wollen.
    Die neue Herausforderung durch den Terrorismus gibt allen Anlaß, sorgfältig zu prüfen, ob alle die eben angedeuteten Möglichkeiten und Notwendigkeiten überall von den dazu Berufenen wirklich voll genutzt werden; denn z. B. ohne die nachrichtendienstliche Arbeit des Verfassungsschutzes in Bund und Ländern würden polizeiliche Ergebnisse zu einem erheblichen Teil vom Zufall abhängen.



    Bundeskanzler Schmidt
    Ich selbst bin einmal vier Jahre lang Innenminister eines Bundeslandes, wenn auch eine kleinen Bundeslandes, gewesen; meine Amtsbezeichnung war damals anfangs sogar Polizeisenator. Ich habe dabei polizeiliche Erfahrungen gesammelt, wenn es auch eine andere Zeit gewesen ist, in mancher Beziehung vielleicht eine leichtere Zeit. Ich möchte hier von zwei miteinander zusammenhängenden Erfahrungen berichten, die ich in jenen vier Jahren gesammelt habe und die mir für die heute zu erörternden Fragen Bedeutung zu haben scheinen.
    Die erste Erfahrung machte ich im Jahre 1962 während der norddeutschen Flutkatastrophe. Ich erkannte damals, daß in einer akuten Bedrohungssituation die Konzentration der verantwortlichen Entscheidung, d. h. die Konzentration der Führung in einer Hand, eine wesentliche Voraussetzung für einen durchgreifenden Erfolg sein kann.
    Die andere Erfahrung habe ich unmittelbar darauf anläßlich des schwerwiegenden Mißgriffs der damaligen Bundesregierung gegenüber der Redaktion und einzelnen Redakteuren des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel" gemacht. Bei dieser zweiten Gelegenheit habe ich die Gefahr erkannt, die in einer Konzentration polizeilicher Befugnisse in einer Hand liegen kann.
    Beide Erfahrungen stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander. Aber aus dieser zweiten Erfahrung heraus habe ich mich innerlich fast ein Jahrzehnt lang immer wieder dagegen gesträubt — ich spreche jetzt nicht nur von der Polizei —, die Verlagerung von Befugnissen, die bei den Ländern liegen, auf die zentralen Stellen der Bundesrepublik Deutschland zu begünstigen; denn ich betrachtete — und ich betrachte auch heute noch — die Aufrechterhaltung der Machtbalance zwischen dem Bund und den Ländern, wie sie uns im Grundgesetz — übrigens nicht ohne maßgeblichen Einfluß der damaligen Besatzungsmächte — vorgeschrieben ist, als eine wichtige Garantie gegen staatlichen Machtmißbrauch.
    Wie gesagt: Diese Erfahrung hat mich in meinem persönlichen Denken lange Zeit bestimmt, und zwar besonders auf zwei Feldern, nämlich auf dem Feld 1. der Polizei und 2. der Bildungs-, der Schul-, der Hochschulpolitik, wozu ich hier noch vor sechs Jahren — damals gegenüber dem jetzigen Koalitionspartner FDP, der in diesem Punkte andere Meinungen vertrat — gesprochen habe.
    Ich muß jetzt bekennen, daß ich inzwischen auf beiden Feldern noch nachdenklicher geworden bin, als ich es schon war. Für mich persönlich sage ich: Ich glaube nicht, daß es immer so bleiben muß, daß wir auch für die nächsten 25 Jahre des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland die Einrichtung einer zentralen Kriminalpolizei, wie sie in fast allen unseren westlichen Nachbarstaaten — von den östlichen ganz zu schweigen — existiert, ganz ausschließen könnten. Die Bundesregierung hat aber nicht die Absicht, nun demnächst, diesem von mir persönlich für die weitere Zukunft vorgetragenen Gedanken folgend, etwa einen Gesetzentwurf vorzulegen. Ich wollte hier nur einen Denkanstoß geben und mich in diesem Punkt mit dem Denkanstoß begnügen.
    Wichtig bleibt auf jeden Fall jetzt wie in Zunkunft ein enges Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern. Die Länder sind im Sicherheitsbereich unabhängig von den Weisungen der zentralen Regierung hier in Bonn. So hat es uns das Grundgesetz vorgeschrieben. Immerhin haben sich Bund und Länder in Ausführung des gemeinsamen Sicherheitsprogramms im Prinzip aber bereits auf einen wenigstens inhaltlich gleichen Musterentwurf eines Polizeigesetzes geeinigt.
    Übrigens hat die erste Bundesregierung der sozialliberalen Koalition 1969 die zentralen Einrichtungen auf diesem Feld in einem, wie es uns schien, unzureichenden Zustand vorgefunden. Seitdem hat die gegenwärtige Gesetzgebungskoalition aus Freien Demokraten und Sozialdemokraten erstens mit dem Sofortprogramm vom 29. Oktober 1970 die Verbrechensbekämpfung modernisiert und intensiviert, zweitens mit dem „Schwerpunktprogramm Innere Sicherheit" vom März 1972 die Einrichtungen des Bundes schlagkräftiger gemacht und drittens das Bundeskriminalamt zu einer der modernsten Behörden zur Verbrechensbekämpfung in der Welt ausgebaut und den Polizeien der Länder zur Verfügung gestellt.
    Auch künftig sind Ausbildung und Ausstattung der Polizeien weiter zu verbessern. Wir benötigen eine ständig präsente und ausreichend starke Kriminalpolizei und Schutzpolizei, die von ihrer Ausrüstung, ihrer Ausbildung und ihrer Moral her auf den rechtsstaatlichen Kampf gegen den Terrorismus eingestellt ist.
    Ich komme zu einem anderen Abschnitt. Auch auf dem Felde der Justiz haben wir unsere Instrumente geschärft. So haben wir 1971 neue Straftatbestände, z. B. gegen Luftpiraterie und Geiselnahme, in das Strafgesetzbuch hineingeschrieben. Wir haben im Oktober 1972 das Haftrecht so geändert, daß die Bekämpfung von Serien- oder Wiederholungstätern wirksamer gemacht worden ist. Dann haben wir 1973 gegen gewaltverherrlichende und gewaltverharmlosende Schriften die Möglichkeit der strafrechtlichen Verfolgung geschaffen. Wir haben viertens seit dem 1. Januar ‘dieses Jahres dafür gesorgt, daß Verteidiger von der Verteidigung ausgeschlossen werden können, die unter Mißbrauch ihrer Rechte unzulässige Kontakte zwischen Inhaftierten und Außenwelt herstellen. Wir haben seit Beginn dieses Jahres dafür gesorgt, daß gegen Angeklagte auch dann verhandelt werden kann, wenn sie sich selber absichtlich, z. B. durch Hungerstreik, verhandlungsunfähig machen.
    Heute schließlich beraten wir über den Entwurf eines 13. Strafrechtsänderungsgesetzes, mit dem auf die neuartigen Erscheinungsformen von Gewaltdrohung, Anleitung zu Gewalt und Propagierung von Gewalt wirksamer soll reagiert werden können.
    Die Bundesregierung erwartet, daß das ganze Instrumentarium, das uns der Recht gibt, von den dazu Berufenen strikt und konsequent angewendet wird.



    Bundeskanzler Schmidt
    Ich darf hier sagen: Ich bedaure z. B., daß der Ausschluß eines Verteidigers, der sich, statt Organ der Rechtspflege zu sein, in Wirklichkeit an Konspiration beteiligt, bisher erst in einem einzigen Fall tatlich angewandt worden ist oder hat angewandt werden können. Sollten sich hier neue Erfahrungen und Erkenntnisse ergeben, so wird die Bundesregierung zur Prüfung bereit sein.
    Bundesjustizminister Vogel wird sich noch im einzelnen zur Rolle der Justiz bei der Gewährleistung der inneren Sicherheit äußern.
    Mir scheint, in erster Linie ist die Wirksamkeit der Strafverfolgung, also die Sicherheit, mit der ein Täter seine Bestrafung erwarten muß, für die Sicherheit in unserem Lande entscheidend. Allerdings: Gegenüber Terroristen, die sich in bewußter Willensentscheidung gegen unsere rechtsstaatliche Ordnung auflehnen und ihr eigenes Leben dabei aufs Spiel setzen wollen — und dafür gibt's ja Beispiele im Inland wie im Ausland —, müssen zwei wesentliche Grundgedanken des Strafrechts versagen: gegenüber solchen muß die Abschreckung und muß wohl auch die Resozialisierung versagen; denn der Terrorist will sich ja in unsere Gesellschaft nicht einfügen. Im Gegenteil, er will sie umstürzen, ihr seine totalitären Ansprüche aufzwingen, und er läßt sich auch durch noch so hohe Strafen, auch nicht durch die Todesstrafe abschrecken; denn er ist ja bereit, aus Fanatismus sein Leben wegzuwerfen. Alle Beispiele, auch die internationalen, zeigen das. Auch das israelische, vielfältig zitierte Beispiel zeigt immer wieder, daß selbst härtestes Durchgreifen eines Staates, der in einer Verteidigungssituation sich nicht scheuen kann, selbst zu töten, den Terrorismus nicht bricht, weil eben die Terroristen ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen wollen.
    Für die Bekämpfung dieser Terroristen bleibt folglich nur der dritte Grundgedanke des Strafrechts wirksam, nämlich die Sicherung. Das heißt, wir müssen sie hinter Schloß und Riegel bringen.

    (Beifall bei der SPD und FDP)

    Ich schließe damit nicht aus, daß gegen die etwa Beihilfe leistenden Sympathisanten — die es auch gibt — Abschreckung und auch Resozialisierung ihre Wirksamkeit behalten werden.
    Die Grundprinzipien der Strafrechtsreform sind von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, im wesentlichen mitgetragen worden. Ich bin sicher, daß sie diesen Weg nicht verlassen wollen, der uns zu einem modernen, zweckmäßigen, rechtsstaatlichen Strafrecht führt. Ich bin sicher, daß der ganze Bundestag einig ist in der Feststellung, die ich anschließen möchte: Nichts könnte die Rückkehr zu Methoden rechtfertigen, die uns auch nur entfernt in die geistige Nähe zu Gestapo-ähnlichen Praktiken rücken könnten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU — Reddemann [CDU/CSU] : Wer kommt in diesem Land auf eine solche Idee?)

    Ich komme zu einem letzten Abschnitt, meine Damen und Herren. Der Bürger erwartet von uns, daß wir den Kampf gegen den Terrorismus auch geistig und politisch führen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP und bei der CDU/CSU)

    — Ich habe auch an dieser Stelle den Beifall auf allen Seiten dieses Hauses erwartet, meine Damen und Herren.

    (Erneuter Beifall bei SPD und FDP — Dr. Zimmermann [CDU/CSU]: Der Beifall auf der Seite der SPD kam sehr spät! — Stücklen [CDU/CSU] : Hat lange gedauert! — Weitere Zurufe und Lachen bei der CDU/ CSU)

    In den rechtsstaatlichen Demokratien der Nachkriegszeit ist Terrorismus international eine relativ neue Erscheinung. Wir beobachten sie bewußt vielleicht seit Beginn der sechziger Jahre mit dem Fanal der Ermordung der beiden Kennedys und der Ermordung Martin Luther Kings. Terrorismus gibt es nicht nur im Mittleren Osten, in Irland, in England, in Holland, in der Schweiz, selbst in Spanien, in vielen anderen Ländern. Es gibt ihn aus den verschiedensten Motivationen — er steckt sich gegenseitig an —, aus nationalen, aus religiösen, aus rassistischen, aus ideologischen Motivationen. Keine Regierung, keines dieser Länder könnte versprechen, daß der Terrorismus schnell getilgt werden könnte. Ich sage hier ganz offen: Durchgreifende Erfolge sind, wenn ich die Landschaft international in den Blick ziehe, kurzfristig nicht zu erwarten. Im Gegenteil! Es wird immer wieder in allen diesen unseren Ländern terroristische Aktionen geben, und wir werden uns in jeder konkreten Situation immer wieder neu zu entscheiden haben, wie wir ihnen begegnen wollen und wie wir ihnen begegnen müssen.
    Mit Baader-Meinhof ist die Sache nicht ausgestanden. Es gibt Nachfolger und Nachahmer, Terrorgruppen, die sogar miteinander konkurrieren. Nicht nur auf deutschem Boden ist diese Erscheinung erkennbar. Es gibt internationale Verbindungen der Terroristen und internationale Verbindungen ihrer Mitläufer. Die bei uns bevorstehenden Baader-Meinhof-Prozesse werden mit Sicherheit große internationale Kampagnen der Sympathisanten auslösen. Sogenannte Anwälte des Rechts werden aus aller Welt in die Bundesrepublik Deutschland angereist kommen und uns ihre Philosophie verkünden.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Müssen wir die hereinlassen? — Vogel [CDU/CSU] : Müssen die denn rein?)

    Sie werden angereist kommen, um unseren Rechtsstaat vor unserer eigenen öffentlichen Meinung herabzusetzen, wie es schon geschehen ist, wie es sich gerade auch gegenwärtig anläßlich des Prozesses in Bückeburg schon abzeichnet.
    Die Bundesregierung muß erwarten, daß — ähnlich wie jüngst in Stuttgart ein Gericht die Zulassung eines solchen Anwalts abgelehnt hat — solchen Kampagnen mit aller Klarheit und Entschiedenheit entgegengetreten wird. So ist z. B. die von



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    den Terroristen und ihren Anwälten angezettelte Kampagne gegen eine angebliche sogenannte Isolationsfolter einschließlich des Hungerstreiks, wie ich denke, falsch, nämlich viel zu nachsichtig, behandelt worden.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und bei der CDU/CSU)

    Solche Nachsichtigkeit und solche Hilfslosigkeit sollten sich nicht wiederholen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Es ist ein Fehler gewesen, daß die Haftbedingungen der Baader-Meinhof-Häftlinge von den für diese Haftanstalten zuständigen Behörden nicht rechtzeitig und nicht so umfassend der Öffentlichkeit dargestellt wurden, wie sie doch wirklich waren und wie sie wirklich unseren Gesetzen entsprechen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Auch einige der Massenmedien, eine gewisse Sensationspresse voran,

    (Reddemann [CDU/CSU] : „Spiegel" und „Stern" !)

    sind in diesen Kampagnen, z. B. der IsolationsfolterKampagne, jenen Leuten auf den Leim gekrochen, und manche Medien tun dies heute noch und täglich mit seitenlangen Schilderungen der Aktivitäten der Terroristen unter Weglassung dessen, was Kriminalpolizei, Schutzpolizei und Verfassungsschutz erfolgreich tun.

    (Beifall bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das Beklagen dieser Mängel soll auf der anderen Seite unseren Blick nicht vor der ganz wesentlichen Erkenntnis verstellen, daß es den Terroristen und ihren Kampagnen nicht gelungen ist, irgendeine Mobilisierung der Massen zu erreichen, von der sie in ihrer Vermessenheit geträumt und geschwatzt haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie werden dieses Ziel auch in Zukunft nicht erreichen. Ich bin ganz sicher, daß die Bürger dieses Staates, daß die gesellschaftlichen Gruppen, daß unsere Gesellschaft als Ganzes die geistig-politische Auseinandersetzung mit dem Terrorismus bestehen wird. Dazu ist es erforderlich, daß wir uns auch klar Rechenschaft darüber ablegen, ob wir alle immer alles richtig gemacht haben.
    Es ist wahr, daß in unserem Lande seit den Tagen der sogenannten APO manches verharmlost oder bagatellisiert worden ist, was nicht hätte bagatellisiert werden sollen,

    (Beifall bei der SPD, der FDP und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    manches nämlich, was über die Grenzen des in allen Demokratien notwendigerweise erlaubten Protestes hinausgeht, kunstvolle oder künstliche Unterscheidungen etwa zwischen illegitimer Gewalt gegenüber Sachen und illegitimer Gewalt gegenüber Personen

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP — Zurufe von der CDU/CSU: Ja! Ja! — Vereinzelter Beifall bei der CDU/CSU)

    — die Zwischenrufer aus den Reihen der Opposition können in den Protokollen des Bundestages von 1968 nachlesen, daß derselbe Sprecher das schon damals mit derselben Klarheit angeprangert hat —

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der FDP — Reddemann [CDU/CSU]: Aber Ihre eigenen Parteifreunde! — Vogel [CDU/ CSU] : Wo war die Stimme zwischendurch? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    oder Demonstrationen, die in zielstrebige Provokationen des Rechtsstaats und seiner Organe übergingen,

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Lesen Sie man nach, was Brandt gesagt hat! — Reddemann [CDU/CSU]: Oder Steffen!)

    oder auch nur schlichte Verkennung der anarchistisch-terroristischen Zielrichtung jener Minderheit, die sich in Wahrheit doch über ihre eigenen Sympathisanten lustig macht, indem sie sie als nützliche, schwachsinnige Mitläufer ansieht.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Ich will niemanden ersparen zu sagen, daß dann dazu auch die von mir selbst immer als recht unecht empfundene, aber von anderen mit Verve vertretene Unterscheidung zwischen „Gruppen" und „Banden" gehört. Hier hat einer dem anderen — und umgekehrt — Etiketten aufzukleben versucht. Und dann ging es schon gar nicht mehr um die Terroristen, sondern nur noch um die Etiketten.

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP)

    Seien wir uns dessen bewußt, daß neue Dolchstoßlegenden dort beginnen können, wo man die Taten jener verbrecherischen Gruppen von irregeleiteten Söhnen und Töchtern aus sogenanntem gutbürgerlichem Elternhaus ausgerechnet uns Sozialdemokraten anzulasten versucht.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und Beifall bei der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber eine Bürgerbeschimpfung! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Sie sehen, ich bin heute morgen gern geneigt, dem verehrten Nachredner — sei es nun Professor Carstens oder sei es Herr Dregger — die Stichworte zu liefern, die er übrigens von mir nicht bräuchte, da sie ihm schon längst geläufig und von ihm schon vielfach benutzt worden sind.

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wer nach den geistigen Ursachen fragt und wer gewissenhaft, zum Beispiel was die Bundesrepublik Deutschland angeht, bis in die Jahre 1967/68 zurückdenkt, findet allerdings manches Mal übertriebene Langmut, übertriebene Duldsamkeit, manches Mal auch

    (Zuruf von der CDU/CSU: Naivität!)

    die Bereitschaft, aus Bequemlichkeit Positionen kampflos zu räumen, und er findet oft mangelhafte Zivilcourage gegenüber den Kräften, die auf die Zerstörung demokratischer Einrichtungen gerichtet sind.



    Bundeskanzler Schmidt
    Aber auch das ist richtig, was hier notwendigerweise hinzugefügt werden muß: Zu wenig war in den 20 Jahren eines weitgehenden politischen Immobilismus während des wirtschaftlichen Aufbaus unseres Landes getan worden, zu wenig war getan worden, um die Wertvorstellungen des Grundgesetzes in die aktuelle gesellschaftliche Praxis umzusetzen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dies alles gehört zu den vielfältigen Ursachen, die ich hier heute morgen nicht in ihrer Vollständigkeit analysieren kann. Aber wenn hier Schuld und Mitverantwortung festgestellt werden sollen oder können, dann trifft die Mitverantwortung bei uns nicht anders als in den übrigen demokratischen Staaten viele aus der älteren Generation, rechts wie links wie in der Mitte, Liberale wie Konservative, Politiker wie Professoren, Verantwortliche oder Mitverantwortliche für allzuviel Laxheit überall dort, wo man die Auseinandersetzung gescheut und wo man notwendige Autorität nicht verteidigt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich bin allerdings sicher, daß nach der Entführung von Peter Lorenz eine Verständigung über manches leichter sein müßte, was zur gewissenhaften Erfüllung unserer Pflichten gehört.

    (Stücklen [CDU/CSU] : So beschimpft er seinen Parteivorsitzenden!)

    — Herr Stücklen, ich muß Ihnen auf Ihren Zwischenruf sagen: Es ist eine geschichtliche Leistung der sozialliberalen Koalition, daß sie nach 1969 die politisch-geistige Auseinandersetzung angenommen hat, die sie unter Anspannung aller Kräfte tatsächlich führt.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU] : Man kann alles umdrehen! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Denn es ist doch wahr, daß die Freien Demokraten und daß die Sozialdemokraten diese schwierige geistige Auseinandersetzung mit dem Teil der Jugend, um den wir hier ringen müssen, praktisch allein führen. Es ist doch wahr, daß wir in vorderster Front bei dem Ringen um die Integration dieser jungen Generation stehen, daß die Opposition uns dabei häufig nicht geholfen hat, sondern häufig genug in den Rücken gefallen ist.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich sage das nicht im Ton des Vorwurfs. Aber ich bitte darum, daß auf seiten der Opposition der Unterschied oder die Unterscheidung zwischen zulässiger, vielleicht sogar notwendiger demokratischer Gesellschaftskritik auf der einen und destruktiver Gesellschaftsverneinung, Staatsverneinung auf der anderen Seite verstande werde.

    (Erneuter Beifall bei der SPD und der FDP — Seiters [CDU/CSU] : So hat Brandt auch immer geredet! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Dabei sind wir uns sicherlich einig, daß die grundlegende, die grundsätzliche Fehlhaltung dieser Staatsverneiner, dieser Terroristen darin besteht, daß sie einen totalitären Anspruch erheben und dann auch noch glauben, daß Terror das geeignete Mittel zur Durchsetzung ihres totalitären Anspruchs wäre. Sie stellen sich damit als Gewaltkriminelle selbst außerhalb der Spielregeln, die unser demokratischer Rechtsstaat setzt. Meinungen können nicht durch Terror in politische Willensbildung umgesetzt werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Stücklen [CDU/CSU] : Das ist unsere Meinung!)

    Und wer an die Stelle von Kritik und von politischer Agitation nunmehr Drohung setzt und Gewalt setzt, der hat die Grenze überschritten, die politisches Handeln von Kriminalität scheidet.

    (Erneuter Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dies muß auch denjenigen gesagt werden, die es ja auch gibt — es sind nicht so ganz viele Menschen in unserem Lande —, die immer noch glauben, daß die Terroristen eigentlich einen politischen Anspruch erheben könnten, daß sie nur leider die falschen Mittel wählten. Es muß Schluß sein mit solcher Art von versteckter Sympathie. Wer da liebäugelt, macht sich mitschuldig.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und bei der CDU/CSU)

    Es muß aber auch Schluß sein damit, daß die Sozialdemokraten, die diesen Staat tragen, von Ihnen zu Sympathisanten gestempelt werden.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich verkneife es mir, ich versage es mir an dieser Stelle, zu den Ungeheuerlichkeiten Stellung zu nehmen, die ich am Montag dieser Woche im „Spiegel" gelesen habe,

    (Oh-Rufe bei der CDU/CSU — Reddemann [CDU/CSU] : Im „Spiegel" haben schon oft Ungeheuerlichkeiten gestanden!)

    sondern ich sage allen unseren Bürgern und allen sozialen und politischen Gruppen: Der freiheitliche Rechtsstaat und nur der freiheitliche Rechtsstaat ist und bleibt das Bollwerk der offenen, der demokratischen Gesellschaft. Dieses Bollwerk müssen wir mit aller Härte verteidigen. Härte bedeutet hier nicht Rücksichtslosigkeit gegenüber den Bürgern, Härte bedeutet Konsequenz in der Anwendung der Machtmittel, die der Staat denen gibt, die seine Bürger nach Verfassung und Gesetz vertreten sollen.
    Wir müssen ständig daran arbeiten, daß jeder Bürger sich mit diesem Staat identifizieren kann, daß jeder Bürger die reale Chance bekommt, sich in diesem Staat frei zu entwickeln, sich darin wohlzufühlen, sich mit ihm zu identifizieren. Wir müssen dafür sorgen, daß zwischen Bürger und Staat keine Gräben entstehen können. Der Staat muß die Bedürfnisse und Interessen der Bürger zu einem gerechten Ausgleich bringen, damit sie sich mit ihm identifizieren können.



    Bundeskanzler Schmidt
    Meine Damen und Herren, Gewalt und Terror haben zum Ende der ersten deutschen Demokratie beigetragen. Sehr viele Bürger haben damals auch aus anderen Gründen die Weimarer Republik nicht mehr als ihren Staat betrachtet. Von solchen Zuständen kann heute weiß Gott keinerlei Rede sein. Insbesondere die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaft in unserem Lande haben kein Verständnis für selbst ernannte Ersatzproletarier als Vorkämpfer der Arbeiterklasse.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Arbeitnehmer fühlen sich in diesem Staate wohl, weil er für sozialen Ausgleich sorgt. Diesen Kurs fortzusetzen, ist das Beste, was wir für die Verteidigung des demokratischen Rechtsstaates tun können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, zum Schluß: Die Bundesregierung ist überzeugt, daß Sicherheitsbehörden und Justiz in schwieriger Situation ebenfalls ihr Bestes tun, um Bürger und Staat zu schützen. In den letzten Jahren sind von terroristischen Gruppen in der Bundesrepublik drei Polizeibeamte und ein Richter ermordet und viele Anschläge verübt worden. Einer dieser Polizeibeamten war ein guter Bekannter von mir; er hat zum Beispiel in Hamburg für die Sicherheit meines privaten Wohnhauses mit gesorgt. Diese Beamten tun trotz unzähliger Drohungen in verantwortungsbewußter Weise ihre Pflicht, in der Justiz sowie bei der Polizei und den übrigen Sicherheitsorganen. Dies erfordert unser aller Dank und unser aller Zuspruch und unser aller Ermutigung.

    (Beifall)

    Ich schließe in diesen Dank viele Journalisten in Presse, Funk und Fernsehen ein, die ihre Berichterstattung und ihre Kommentierung mit Besonnenheit wahrgenommen haben. Ich bin mir mit dem Deutschen Presserat darüber einig, daß die Berichterstattung über Gewaltverbrechen nicht dramatisiert werden, nicht zur Überdramatisierung führen darf. Ich denke, daß über die Rolle des Fernsehens bei solcher Art von Erpressungsversuchen, wie wir hier erlebt haben, und bei anderen Akten des Terrors noch genauer nachgedacht werden muß. Im Falle der Entführung von Peter Lorenz hat es gute Beispiele der Zusammenarbeit zwischen den jeweils politisch und polizeilich Verantwortlichen und den Fernsehanstalten gegeben. Ich möchte das ausdrücklich anerkennen. Und doch müssen sich die Intendanten und die Chefredakteure und die Mitglieder der Aufsichtsgremien der Fernseh- und Rundfunkanstalten miteinander darüber unterhalten, sie müssen miteinander darüber sprechen, ob nicht auch manche Darstellung der Ereignisse politisch, wenn nicht gar auch journalistisch, mit Fragezeichen zu versehen ist.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Lassen Sie mich bitte am Schluß das, was ich auszudrücken versucht habe, zusammenfassend in den Worten eines schon lange verstorbenen väterlichen Freundes von mir sagen. Ich zitiere aus dem Englischen:
    Freiheit und Ordnung erscheinen uns oft wie Gegensätze, aber sie bedingen einander auch. Die Freiheit kann nicht einen einzigen Tag ohne die Ordnung leben, und die Ordnung kann nicht bestehen, wenn sie nicht ständig durch die Freiheit verwandelt und erneuert wird.
    So Eduard Heimann, ein religiöser Sozialist, der 1933 Deutschland verlassen mußte und der dies aus der Summe seiner Lebenserfahrungen in seinem Buch „Freedom and Order" so niedergelegt hat.
    Meine Damen und Herren, ich hoffe, das Haus billigt mir zu, daß ich während dieser Regierungserklärung die Sachlichkeit nicht verlassen habe. Ich hoffe, daß diese Sachlichkeit während der Debatte, die wir jetzt führen, erhalten bleiben kann. — Herzlichen Dank!

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich danke dem Herrn Bundeskanzler und eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Dregger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn im Namen der Opposition dem Herrn Bundeskanzler unseren Glückwunsch zu seiner Gesundung nach schwerer Krankheit sagen. Wir hoffen, Herr Bundeskanzler, daß Ihnen die Kräfte zur Verfügung stehen, die Sie für Ihr schweres Amt in den kommenden Monaten benötigen.

    (Beifall)

    Lassen Sie mich Ihrer Regierungserklärung zwei Zitate anfügen, die nicht aus dubiosen Quellen, nicht aus nicht autorisierten Niederschriften, sondern aus einem gezeichneten Namensartikel und aus einer verabschiedeten Resolution stammen. Das erste Zitat stammt vom Landesvorsitzenden Ihrer Partei in Schleswig-Holstein. Es stammt aus der Zeit des Januar 1975 und lautet wie folgt:
    Bei den Anarchisten ist nur eines völlig klar. Das ist ihre sympathische Zielvorstellung.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

    Ich wiederhole für diejejnigen, die es noch nicht gelesen oder gehört haben:
    Bei den Anarchisten ist nur eines völlig klar. Das ist ihre sympathische Zielvorstellung. Sie wollen eine auf Recht und Freiheit gegründete Gesellschaft ohne Gewalt.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Unglaublich! — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wer hat das gesagt? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU: Unerhört!)

    Das zweite Zitat stammt nicht von einem Landesvorsitzenden der SPD, sondern von den Deutschen Jungdemokraten, die, Herr Kollege Genscher, selbständig sind, aber Ihrer Partei nahestehen, ihre



    Dr. Dregger
    Nachwuchsorganisation darstellen. In einer Resolution, die vor fünf Tagen gefaßt worden ist, haben sie unter anderem folgendes ausgeführt — ich zitiere —:
    Auf den Wellen der gezielten Aufputschungen schwimmt der sinnlose Vandalismus der Ordnungskräfte in Berlin,
    — gemeint ist damit unsere Polizei —
    die die Einrichtungen von Wohnheimen zerstören, wahllos in Wohnungen eindringen und ein Anwaltsbüro widerrechtlich durchsuchen.
    So diese wirklich Liberalen in all ihrer Differenziertheit.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, wenn Sie diese beiden Aussagen — ich könnte hier weitere hundert vortragen; ich habe diese beiden nur deshalb ausgewählt, weil sie so aktuell sind — zusammenfassen, dann sagt das über die Sicherheitsproblematik dieses Landes mehr aus als Ihre ganze Regierungserklärung.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Nach dieser Beurteilung begehen die Anarchisten bedauerlicherweise von Zeit zu Zeit einen Mord oder eine Geiselentführung oder andere Verbrechen, aber ihre Ziele sind doch wenigstens sympathisch, während die Polizei und die anderen Sicherheitskräfte, die gegen sie eingesetzt werden, sich — so wird es ganz pauschal gesagt eines sinnlosen Vandalismus schuldig machen.
    Herr Bundeskanzler, Sie können Regierungserklärungen abgeben, die auf Ihre Partei so wirken, als ob Sie der CDU angehörten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich hatte heute morgen im Hause diesen Eindruck, und Ihre Juso-Chefin hat Sie ja ausdrücklich in Ihrer Erscheinung als Sozialdemokrat in Frage gestellt, meines Erachtens zu Unrecht. Herr Bundeskanzler, Sie können in noch so wohlformulierten Regierungserklärungen aussagen, erklären und mitteilen, was Sie wollen, — wenn es Ihnen und Ihrem Kollegen Genscher nicht gelingt, in dieser entscheidenden Frage wieder für einen klaren Kurs in Ihren Parteien zu sorgen, dann nützen Ihre Regierungserklärungen ganz und gar nichts, weil sie unglaubwürdig sind und deshalb nicht wirken. Das ist die Lage.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Innere Sicherheit, das ist nicht nur eine Frage der Macht und ihres Einsatzes; innere Sicherheit hat vor allem auch eine geistige, eine moralische und eine politische Dimension.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Sie verlangt geistige und politische Führung. Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, diese Aufgabe nicht wahrnehmen, dann können auch Polizei, Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Justiz ihre Aufgaben nicht wirksam erfüllen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Justiz und Sicherheitsorgane müssen getragen sein von der Solidarität der Demokraten — hier ist das Wort wirklich einmal am Platz —

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    und von der Autorität des demokratischen Staates. Ich bin froh, daß auch Sie das Wort „Autorität" heute morgen in Ihre Regierungserklärung aufgenommen haben.
    Ein Zweites muß ich Ihrer Regierungserklärung entgegenhalten: Sie kommt spät, in manchem zu spät.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Und geht in die falsche Richtung!)

    Ohne die Entführung von Peter Lorenz wäre sie nicht abgegeben worden, obwohl sie zu einer Lage Stellung nimmt, die schon vor dieser Entführung seit langem bestand.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Weiter: Der einzige gesetzgeberische Beitrag, den Regierung und Koalition zu dieser Debatte leisten, ist der Entwurf eines Dreizehnten Strafrechtsänderungsgesetzes. Dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung greift einen Teil des Gesetzentwurfes auf, den die Bayerische Staatsregierung schon im Juni vorigen Jahres in die Gesetzgebung eingebracht hatte, einen Gesetzentwurf, der auf Ihren Widerstand stieß. Sie griffen ihn dann später, viel später nach der Ermordung des Herrn von Drenkmann auf. Dieser Entwurf, der heute in erster Lesung im Bundestag behandelt wird, wurde damals als Eilt-Vorlage dem Bundesrat zugeleitet. Auch das war also, wie die heutige Regierungserklärung, eine nur kurzatmige Antwort auf die Zuspitzung einer Lage, die seit langem andauert.
    Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler, fehlt es leider an Voraussicht und daher auch an Vorsicht. Sie beugen der Gefahr nicht vor, Sie laufen ihr nach; Sie haben das Gesetz des Handelns verloren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Opposition hat demgegenüber die Sicherheitslage seit Jahren anders und — wie heute nicht mehr bestreitbar ist — zutreffender beurteilt. Wir haben nicht nur kritisiert, sondern auch Vorschläge gemacht. Diese Debatte ist von uns seit langem gefordert. Mit Ausnahme des zuvor genannten Regierungsentwurfs stammen alle Gesetzentwürfe und alle Anträge von uns. Wir haben sie lange vor der Entführung von Peter Lorenz beschlossen und dem Bundestag vorgelegt. Sie werden daher verstehen, Herr Bundeskanzler, daß meine Fraktion diese Anträge und nicht Ihre verspätete Regierungserklärung zum Hauptgegenstand der Debatte machen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bevor ich mich dem aktuellen und leider nicht einmal in Umrissen gelösten Problem politisch motivierter Bandenkriminalität zuwende, möchte ich einige Bemerkungen zur allgemeinen Kriminalität machen. Ihr hat sich unser Staat prinzipiell gewachsen gezeigt. Unsere Polizei ist pflichttreu, demokratisch gesonnen, leistungsbereit und leistungs-
    10740 Deutscher Bundestag --- 7. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1975
    Dr. Dregger
    fähig. Ausstattung und Ausbildung sind befriedigend, wenn auch nicht in allen Punkten optimal.
    Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern ist im großen und ganzen gut; Sie haben das soeben bestätigt, Herr Bundeskanzler. Die Innenministerkonferenz funktioniert. Die zwischen Bund und Ländern geteilten Kompetenzen bringen natürlich Probleme mit sich, aber wenn die Bundesrepublik kein Bundesstaat, sondern ein Einheitsstaat wäre, gäbe es andere Probleme, die ebenfalls gelöst werden müßten. Darüber besteht Übereinstimmung; ich brauche das nicht zu vertiefen. Ich möchte nur warnen, in der jetzt anhebenden Debatte organisatorische Fragen in den Vordergrund zu stellen; denn sie sind nicht die entscheidenden.
    Diese prinzipiell positive Bewertung unseres Sicherheitskonzepts zur Bekämpfung der allgemeinen Kriminalität bedeutet aber nicht, daß wir mit den bisherigen Erfolgen zufrieden sein könnten. Die erstmalige Unterbrechung des Wachstums der Kriminalatät und der Rückgang der Aufklärungsquote, wie es aus dem Bericht des Bundesministers des Innern für das Jahr 1973 hervorzugehen schien, haben sich soweit das heute übersehbar ist — im Jahre 1974 leider nicht fortgesetzt. Die vorliegenden Berichte der Innenminister von Nordrhein-Westfalen und Bayern für das Jahr 1974 zeigen, daß in beiden Ländern die Zahl der Mord- und Totschlagsdelikte beträchtlich gestiegen ist: um 8,9 % bzw. 10,1 %. Auch die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen nahm zu. Gleichzeitig sank die Aufklärungsquote ab, in Nordrhein-Westfalen von 46,5 % auf 44,1 %, in Bayern von 57,4 % auf 57,2 %, was der bayerischen Polizei allerdings wieder ein Spitzenergebnis bringen dürfte. Zu Euphorie besteht also auch im Bereich der allgemeinen Kriminalität kein Anlaß.
    Beunruhigender, meine Damen und Herren, als die allgemeine Kriminalität ist das Auftreten organisierter Politgangster, nicht nur deshalb, weil es sich hier um ein für die Bundesrepublik Deutschland neues Phänomen handelt, sondern mehr noch, weil diese Politkriminalität in der Tat gefährlicher als die allgemeine ist und die Regierung ein überzeugendes und wirksames Sicherheitskonzept gegen sie bis heute nicht gefunden hat.
    Die Politkriminalität organisierter Banden unterscheidet sich von der allgemeinen Kriminalität durch folgende Umstände.
    Erstens. Den Politgangstern geht es um die Durchsetzung eines zwar pervertierten, aber doch politischen Ziels. Die sich gegen den einzelnen richtenden Verbrechen sind nicht Selbstzweck, sie werden vielmehr in den Dienst eines verbrecherischen Gesamtziels gestellt. Sie wollen den Staat als hilflos und den Bürger als schutzlos erscheinen lassen. Das soll zur Auflösung der rechtlichen Ordnung führen und einem totalitären Gewaltsystem die Machtübernahme ermöglichen.
    Zweitens. Die Politgangster sind hervorragend organisiert, verfügen über internationale Verbindungen und verstehen sich selbst als Kriegführende, als Kriegführende allerdings, die sich weder an die
    Regeln des Kriegs- noch an die Regeln des Friedensrechts halten wollen.
    Drittens. Den Politgangstern sind Erfolge zugewachsen, die sie selbst sicherlich als einen Triumph über den Rechtsstaat feiern werden. Wir haben den Mord an dem Berliner Kammergerichtspräsidenten von Drenkmann weder verhindern noch aufklären können. Das Leben von Peter Lorenz konnte gerettet werden, und allen, die daran mitgewirkt haben, möchten auch wir dafür nochmals danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben aber nicht verhindern können, daß eine Handvoll von Terroristen tagelang das öffentliche Leben dieser Republik beherrschte, daß Bundeskanzler, Minister, Polizeichefs, Parteivorsitzende und sogar die Alliierten in Berlin zu einer Dienstleistungsmaschinerie wurden, die sich den Befehlen der Politgangster strikt zu unterwerfen hatte.
    Die damit erwiesene Erpreßbarkeit des Staates erhält dadurch zusätzliches Gewicht, daß sie von einem Gangsterkomitee ausging, das keineswegs zusammen mit den Geiseln das Weite suchte, sondern sich so stark fühlte, daß es im Lande bleiben konnte, um von hier aus weitere Verbrechen vorzubereiten.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Neben der legitimen öffentlichen Gewalt gibt es in unserem Lande jetzt nach dem Eindruck der Bürger eine illegitime, die zumindest teilweise die legitime Staatsgewalt in ihren Dienst stellen kann, eine illegitime Gewalt, die unter voller Fernsehöffentlichkeit zum Vertragspartner der Staatsgewalt wurde. Mit weiteren Entführungs- und Erpressungsversuchen ist daher zu rechnen.
    Viertens. Die Erfolgschancen der Politgangster erscheinen derzeit als groß, ihr persönliches Risiko als denkbar gering. Das Schlimmste, was ihnen droht, ist eine komfortable Untersuchungshaft, die sie selbst als Isolationsfolter bezeichnen, obwohl sie dort höfliche Briefe ehemaliger Präsidenten, Besuche berühmter Philosophen empfangen, obwohl sie dort Interviews, z. B. dem „Spiegel", geben

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Gegen Honorar!)

    und obwohl sie von dort aus mit Hilfe ihrer Anwälte ein engmaschiges Nachrichten- und Befehlsnetz aufrechterhalten, das die Verbindung untereinander und mit ihren Komplizen draußen im Lande herstellt.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Grotesk!)

    An diese komfortable „Isolationsfolter" — sprich: Untersuchungshaft könnte sich dann nach Jahren wahrscheinlich immer wieder verschleppter Prozesse eine Strafhaft anschließen, wobei es, jedenfalls nach der jetzigen Lage, nicht als allzu schwer erscheinen muß, sie durch Geiselnahme und Erpressung des Staates oder in anderer Weise vorzeitig zu beenden.
    All das, was ich in meiner nüchternen Analyse bisher vorgetragen habe, ist unschön und paßt ganz



    Dr. Dregger
    und gar nicht in das Weltbild derer, die zwar nicht an Gott und an die Natur des Menschen, dafür aber an die alleinseligmachende Kraft der Gesellschaft und ihren ewigen Fortschritt glauben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie entspricht aber leider der Wirklichkeit. Es kommt nun darauf an, ein Sicherheitskonzept zu finden, das dieser Wirklichkeit gerecht wird.
    Wie soll dieses Sicherheitskonzept aussehen? Ich zitiere: „Lieber ein hilfloser Staat als ein herzloser Staat." So stand es im Kommentar einer angesehenen Wochenzeitung. Das ist leider kein brauchbares Sicherheitskonzept und im übrigen eine Scheinalternative, weil ein hilfloser Staat auch ein herzloser Staat ist, herzlos jedenfalls gegenüber denen, die er schützen soll, seine friedlichen Bürger.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Schutz kann nur ein starker Staat geben. Es ist daher für die deutsche Demokratie die schlechteste Vergangenheitsbewältigung, die überhaupt denkbar ist, die Vergötzung des Staates in den Jahren des Unheils nun zu ersetzen durch eine Aushöhlung und Schwächung des demokratischen Staates.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nur ein starker Staat kann das berechtigte Schutzverlangen der Bürger mit voller Rechtsstaatlichkeit und mit jener Liberalität verbinden, die sich ausdrückt in Großzügigkeit, in der Bereitschaft, zu vertrauen, und in der Abneigung, Staatsmacht allzusehr in Erscheinung treten zu lassen — einer Liberalität, zu der wir uns in unserem Entschließungsantrag ausdrücklich bekannt haben. Dabei ist klar — jedenfalls uns klar —, daß jeder auf Rechtsstaatlichkeit Anspruch hat, auf Liberalität aber nur derjenige, der diesen liberalen Rechtsstaat akzeptiert und mitträgt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei der Suche nach diesem Sicherheitskonzept können wir meines Erachtens nichts ohne Prüfung verwerfen, was rechtsstaatlich denkbar ist. Rechtsstaatlich undenkbar ist allein, daß wir der rechtlich ungebundenen illegitimen Gewalt eine ebenfalls rechtlich ungebundene Staatsgewalt gegenüberstellen, weil diese dann selbst illegitim würde.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, bevor ich unsere Überlegungen zum Sicherheitskonzept vortrage, lassen Sie mich vorweg zu zwei Fragen Stellung nehmen, die in den letzten Tagen diskutiert wurden, zur Frage des Vorausverzichts auf Gefangenenaustausch und zur Todesstrafe.
    Der vorher — ich betone gerade im Hinblick auf Peter Lorenz das Wort „vorher" — festgelegte Vorausverzicht auf Austausch von Geiseln gegen Häftlinge wäre aus zwei Gründen von nur begrenzter Wirkung:
    Erstens. Das würde allenfalls den Austausch von Geiseln gegen Häftlinge ausschließen, nicht aber den politischen Terror. Den Politbanden geht es nicht in erster Linie darum, ihre Komplizen zu befreien, sondern darum, den Staat als hilflos und die Bürger als schutzlos darzustellen. Das könnten sie auch in der Weise demonstrieren, daß sie z. B. eine größere Zahl von prominenten Politikern entführten, im In-oder Ausland festsetzten und sofort oder später ermordeten.
    Zweitens. Wahrscheinlich würde nicht einmal der Austausch von Häftlingen gegen Geiseln auf diese Weise verhindert. Selbst wenn alle sogenannten Prominenten zu einem solchen Vorausverzicht bereit wären, so würden sich die Gangster eben andere Geiseln holen, was unseren Staat vor den gleichen Konflikt stellen würde, wie wir ihn im Falle Peter Lorenz erlebt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Trotz dieser Einwände, meine ich, sollte diese Erwägung keineswegs vorschnell verworfen werden. Sie wirft in der Tat weitergehende Fragen auf, nämlich die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Leben eines einzelnen und dem Leben der Rechtsgemeinschaft, die das Leben der vielen schützt, und die Frage, welche Entscheidungsautorität der Staat in dieser Frage hat.
    Die Todesstrafe wird von meiner Fraktion nach wie vor abgelehnt. Das ist eine Position, die auch ich bisher nicht aufgegeben habe. Einige Zeitungen haben das sogar zutreffend berichtet, die anderen haben dafür um so längere Kommentare geschrieben; ich habe dafür ein gewisses Verständnis, meine Damen und Herren. Ich habe allerdings auf die Frage eines Journalisten hin erklärt, ich lehnte es nicht von vornherein ab, über eine solche Möglichkeit nachzudenken

    (Zuruf von der SPD)

    — Nachdenken ist immer gut; ich würde Ihnen empfehlen, auch einmal nachzudenken, meine Damen und Herren von SPD und FDP,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    solange ein wirksames Konzept gegen die neue Politkriminalität nicht gefunden und durchgesetzt sei. Dabei bleibe ich selbstverständlich.
    Meine Damen und Herren, nur noch eine Zusatzbemerkung. Ich halte die Politgangster nicht für abartige Hang- und Triebtäter, gegen die in der Tat eine gesetzliche Todesdrohung wirkungslos wäre. Ich halte sie auch nicht alle für Anarchisten alter Art. Ich glaube, wir müssen sie ernst nehmen als eine Bande eiskalt entschlossener, nüchtern kalkulierender Leute, die den Willen haben, ihre Vorstellung von Staat und Gesellschaft mit Gewalt und den Mitteln psychologischer Kriegführung den anderen aufzuzwingen. Der ganze Hungerstreik war ein Stück psychologischer Kriegführung. Aber wie gesagt, meine Fraktion lehnt die Todesstrafe nach wie vor ab. Ich selbst habe diesen Standpunkt nicht aufgegeben, und ich bin ziemlich sicher, daß wir auch ohne einen solchen oder einen anderen spektakulären Schritt in der Lage sind, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen, wenn wir nur im übrigen entschlossen und wirksam handeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Bürger fragen uns natürlich: Was kann denn sonst eigentlich Wirk-



    Dr. Dregger
    sames geschehen? Oder stimmt etwa das, was auch in der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers anklang: Das gibt es auch im Ausland, und weil es das auch im Ausland gibt, muß es das auch bei uns geben? Das ist so ähnlich wie mit der Erklärung der Inflation, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der CDU/CSU) Ich finde das aber nicht ganz befriedigend.

    Zu den Vergleichen mit dem Ausland lassen Sie mich bitte folgendes sagen. Erstens. In unserem Lande gibt es keine politische Unfreiheit, auch keine soziale Unsicherheit, wie wir sie aus anderen Ländern kennen. Es gibt bei uns keine nationalen, rassischen oder religiösen Minderheiten, die verfolgt würden. Unser Land ist eines der freiheitlichsten und sozial ausgeglichensten der Welt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Demonstrativer Beifall bei der SPD)

    — Ich nehme ja an, daß nicht ausgerechnet Sie sich das Verdienst daran allein zurechnen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich meine, dieser Tatbestand schließt jeden Vergleich mit der Politkriminalität im Ausland aus.
    Zweitens. Unsere Politgangster sind nicht die Vertreter der Enterbten und Entrechteten. Sie sind nicht die Vertreter der Arbeiter und Bauern, die nichts mit ihnen zu tun haben wollen. Unsere Politgangster sind nicht die Opfer der Not, sondern des Wohlstandes, den sie langweilig finden. Ihr Ausgangspunkt ist nicht die Arbeitswelt, die die meisten von ihnen gar nicht kennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ausgangspunkt sind nicht Werkshallen, sondern Hörsäle und Politzirkel. Die Käseglocke, unter der sie gediehen, setzte sich zusammen aus bürgerlicher Harmlosigkeit, snobistischem Sympathisantentum, regierungsamtlicher Verniedlichung,

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    staatlich gedulteter oder gar verordneter Schmähung unseres Systems in Schulen und Hochschulen,

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    nachlassender Abwehrbereitschaft demokratischer Parteien gegen linksextreme Einflüsse

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und hier und da festzustellender Verunsicherung der Sicherheitsorgane und der Justiz.
    Meine Damen und Herren, die Regierung hat wahrscheinlich recht, wenn sie sagt, die Zahl der zur Gewalttat entschlossenen Anarchisten sei klein. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß sie sich auf eine nicht geringe Zahl von Sympathisanten stützen können, auf Sympathisanten, die an wichtigen Schalthebeln in Staat und Gesellschaft sitzen und über großen Einfluß verfügen.

    (Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller [SPD] : Wo sitzen sie?)

    Isoliert sind sie allenfalls in ihrer Bereitschaft zur
    Gewaltanwendung; isoliert sind sie aber nicht in der
    Verachtung unseres Staates und seines freiheitlichen Systems.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Leider wahr!)

    Ihre Beschreibung der Lage in unserem Lande hat zwar mit der Wirklichkeit nichts gemein, aber das, was sie denken und sagen, ist Ausdruck der psychosozialen Vergiftung, die schon seit vielen Jahren von manchen Universitäten und Lehrerakademien ausgeht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hier werden ganze Kader ideologisch fixierter Systemüberwinder und radikaler Neomarxisten herangezogen. Einzelne Universitätsbereiche — nicht zuletzt in Berlin — sind zu Brutstätten des Anarchismus geworden.

    (Zurufe von der CDU/CSU: So ist es!)

    Und das, was dort begonnen wurde, setzt sich nun an unseren Schulen fort, staatlich geduldet, teilweise sogar noch staatlich gefördert durch dazu passende Rahmenrichtlinien.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Leider wahr!)

    Spätestens an dieser Stelle, meine Damen und Herren, beginnt die Verantwortlichkeit der Lehrer, der Wissenschaftler, der Publizisten und der Politiker. Seien wir uns klar darüber: Wer Staat und Gesetz, wer Recht und Moral in Frage stellen läßt, wer es staatlichen Lehrern an staatlichen Schulen erlaubt, unser freiheitliches System zu diskreditieren, der muß damit rechnen, daß aus dem, was er selber vielleicht nur als intellektuelle Spielerei betrachtet hat, einmal blutiger Ernst wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb tragen nicht nur diejenigen Verantwortung, die die Waffe führen, sondern auch diejenigen, die ihnen geistig und politisch den Weg bereiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Nun unsere Schlußfolgerungen:

    Wir brauchen ein politisches Gesamtkonzept zur offensiven Bekämpfung der Terroristen und ihres geistigen Hintergrundes.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Dazu gehören erstens die richtig verstandene Solidarität der Demokraten auf der Grundlage der Verfassung, zweitens die geistige Mobilisierung der Bürger, drittens ein von den besten Sicherheitsexperten erstelltes Programm zur Zerschlagung der Politbanden.
    Beginnen wir mit uns selbst, mit der richtig verstandenen Solidarität der Demokraten, die ja nur bedeuten kann: Solidarität auf der Grundlage der Verfassung. Solidarität in diesem Sinne heißt nicht, die Regierung der Kritik zu entziehen und die Opposition funktionsunfähig zu machen. Meine Damen und Herren, wer auch immer die Opposition in diesem Lande stellt, unser System braucht die Opposition so notwendig wie die Regierung. Das



    Dr. Dregger
    Vorhandensein einer legitimen Opposition unterscheidet uns von den sozialistischen und den faschistischen Staaten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Opposition ist die unentbehrliche Voraussetzung für die Kontrolle, die Machtbegrenzung und den Leistungsantrieb der Regierung. Das gilt in allen Bereichen der Politik, selbstverständlich auch für den Bereich der inneren Sicherheit. Wir werden unsere Verantwortung dementsprechend wahrzunehmen wissen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Solidarität der Demokraten auf der Grundlage der Verfassung heißt vielmehr, den anderen nicht vom Prinzip her in Frage zu stellen, weder als legitime Regierung von heute noch als legitime Regierung von morgen; das sind nämlich wir als Opposition, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie, meine Damen und Herren von SPD und FDP, können uns für unfähig halten. Sie können uns kritisieren, wie Sie wollen, aber drei Dinge können Sie nicht machen: Sie können nicht behaupten, die Opposition sei keine Alternative. Wo leben wir eigentlich? Doch nicht in einer Volksdemokratie, sondern in einer Demokratie!

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller [SPD] : Eine schlechte Alternative! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Drücken Sie sich nicht mißverständlich aus, Herr Möller! In einer Demokratie ist die Opposition die Alternative.

    (Zurufe von der SPD)

    Und die Frage, welche Alternative die bessere ist, die jetzige oder die künftige Regierung, entscheiden bei uns allein die Wähler, und dabei muß es bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie können ebenfalls nicht sagen, Herr Ministerpräsident Kühn und Herr Kollege Brandt — Sie haben sich dem leider angeschlossen —, dieses Land werde unregierbar, wenn die Wähler nicht Sie, sondern die Opposition wählten.

    (Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, in einem demokratischen Land steht bei demokratischen Wahlen nicht zur Diskussion, ob das Land regierbar ist — dieses Land ist regierbar —, sondern zur Diskussion steht allein, ob die Regierung regieren kann. Daran sind nach allem, was in Bonn und Düsseldorf geschehen ist, allerdings Zweifel erlaubt.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Stellen wir uns also nicht prinzipiell in Frage. Regieren Sie! Wir opponieren, und wir werden sehen, wie die Wähler uns in den nächsten Wahlen bewerten.
    Der zweite Punkt: Auf der Grundlage dieser richtig verstandenen Solidarität brauchen wir die geistige Mobilisierung der Bürger. Das erfordert die volle Information der Offentlichkeit über das Ausmaß der Gefahr, über Strategien und Methoden des Kampfes, den kriminelle Vereinigungen und andere Verfassungsfeinde gegen unseren Rechtsstaat führen. Ohne ein zutreffendes Bild der Lage und ohne frühzeitige und ausreichende Unterrichtung der Öffentlichkeit kann in einer offenen Gesellschaft die Regierung weder Behörden noch Bürger motivieren und zu gemeinsamer Anstrengung zur Verteidigung unserer bedrohten Ordnung zusammenführen. Regierung und Koalition haben leider in den hinter uns liegenden Monaten und Jahren das Gegenteil getan. Sie haben die von den Politgangstern ausgehende Gefahr verharmlost — Zitat Steffen zu Beginn, aber nicht nur Steffen — und dafür die Opposition der Angst- und Panikmache bezichtigt; dazu aus einer großen Reihe nur zwei Zitate.
    Der Parteivorsitzende der SPD, Herr Kollege Brandt, schreibt noch in der Februar-Ausgabe ausgerechnet in einer Jugendzeitschrift der Polizeigewerkschaft folgendes:
    Hier wird Angstpropaganda betrieben, die das
    kriminelle Verhalten einer kleinen Gruppe zur
    ernsten Bedrohung für den Staat hochstilisiert.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    Ich meine: solche kalkulierte Hysterie kann für
    unser Land folgenschwerer sein als die zeitweiligen Umtriebe einiger politischer Nihilisten.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Das heißt doch im Grunde: Die Opposition ist eigentlich gefährlicher als die Baader-Meinhof-Bande.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist damit ganz klar gesagt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Und das Zitat unseres Kollegen Gansel und der schleswig-holsteinischen Jungsozialisten: „Politiker wie Dregger, Carstens, Strauß, Stoltenberg und Löwenthal sind für diese Demokratie gefährlicher als die Terroristen der Baader-Meinhof-Bande

    (Zurufe von der CDU/CSU: Unerhört!)

    ist ja im Grunde in anderen Formulierungen dasselbe, was der Parteivorsitzende Brandt ausgeführt hat.

    (Lebhafte Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Ich muß Herrn Gansel und die ganze SPD fragen, ob Sie nicht auch der Meinung sind, daß das geradezu eine Aufforderung zum terroristischen Anschlag gegen die hier diffamierten Politiker ist. Sind Sie sich eigentlich der Verantwortung bewußt, die Sie mit solchen Aussagen übernehmen?

    (Lebhafter Beifall und Zurufe von der CDU/CSU)

    Der Herr Bundeskanzler hat sich erfreulicherweise für seine Entgleisung im Berliner Wahlkampf gegenüber Herrn Lorenz entschuldigt und davon distanziert. Wir begrüßen das, Herr Bundeskanzler. Wir erinnern uns, daß Sie einige Wochen vorher die Opposition als eine „Bande von Zwischenrufern" bezeichnet haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)




    Dr. Dregger
    Wir bedauern es, daß ein Mann in der Stellung des Regierungschefs so unkontrolliert daherredet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie aus diesen Fehlern lernten und sich in Zukunft der Verantwortung Ihres Amtes voll bewußt sein würden.
    Das nächste: Es muß Schluß sein mit der Verharmlosung der Gewalt, der Gewalttäter, ihrer Ziele und ihrer Praktiken. In einem freiheitlichen Rechtsstaat mit seiner Koalitionsfreiheit, seiner Parteienfreiheit, seiner Meinungsfreiheit, seiner Pressefreiheit, seiner Religionsfreiheit, seiner rechtsstaatlichen und sozialstaatlichen Sicherungen gibt es keine Rechtfertigung für Gewalt. Wer Gewalt anwendet, disqualifiziert sich schon allein dadurch, gleichgültig, welche Ziele er verfolgt. Das darf nicht nur hier, sondern das muß auch an den Universitäten und an den Schulen gesagt werden.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Schließlich brauchen wir ein eindeutiges Bekenntnis aller Demokraten zu diesem Staat und seiner freiheitlichen Verfassung. Unter diesem Aspekt ist es eine schlimme Sache, wenn auf dem letzten Bundeskongreß der Jusos, der wichtigsten und größten Arbeitsgemeinschaft der SPD, die Anhänger der Stamokap-Theorien nur unter Anwendung aller Raffinessen der Sitzungsleitung knapp unterliegen. Wer mit den Stamokap-Anhängern in unserem Staat nichts anderes sieht als — ich zitiere „eine kapitalistische Maschine", der kann diesen Staat nicht als seinen Staat betrachten und ist schon deshalb nicht in der Lage, die Zukunft unseres freiheitlichen Systems zu sichern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Statt die Opposition zu beschimpfen, Herr Kollege Brandt, sollten Sie sich mehr um Ihre Parteijugend kümmern

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und dafür sorgen, daß die gesamte SPD wieder einen Kurs verfolgt, den sie zur Zeit Kurt Schumachers hatte.
    Die Freiheit des öffentlichen Dienstes von Kommunisten und anderen Staatsfeinden war unter der Parteiführerschaft von Kurt Schumacher für sozialdemokratische Landesregierungen überhaupt kein Problem; sie war eine schlichte Selbstverständlichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich frage Sie: Was hat Sie eigentlich veranlaßt, in dieser für die Aktionsfähigkeit unseres Staates so entscheidenden Frage eine nahezu vollständige Kehrtwendung zu vollziehen? Sind denn die Extremisten heute weniger gefährlich als zur Zeit Kurt Schumachers? Das Gegenteil ist doch der Fall.

    (Wehner [SPD] : Sind die Sozialdemokraten schlechter als zur Zeit Schumachers, wollen Sie sagen! — Gegenrufe von der CDU/CSU: Ja! — Dr. Marx [CDU/CSU] : Da ist einiges dran! — Zuruf von der CDU/CSU: Betrachtet euch die Führung!)

    — Herr Wehner, Sie können ruhig aufstoßen, aber es wäre gut, wenn Sie zuhörten.

    (Wehner [SPD] : Ich bin einer der wenigen, die zuhören!)

    Sie sollten doch überlegen, daß die innere Sicherheit unseres Staates heute gefährdeter ist als damals. Damals verfolgten alle Flügel der Jusos einen klaren sozialdemokratischen Kurs, und die Extremisten waren im Bildungswesen, an Hochschulen und Schulen, so gut wie nicht anwesend.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Wir können Sie daher nur auffordern: Legen Sie den Systemveränderern in den von Ihnen beherrschten Kultusministerien endlich das Handwerk!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Beenden Sie die psychosoziale Vergiftung, die von einem Teil unserer Hochschulen und Schulen ausgeht! Sorgen Sie dafür, daß nicht Konflikttheorien, Haß und Klassenkampfparolen, sondern Toleranz, Rechtsbewußtsein und Staatsgesinnung die Erziehung unserer Jugend ausmachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der dritte Punkt: Wir brauchen ein von den besten Sicherheitsexperten erstelltes Programm zur Zerschlagung der Politbanden. Wir Politiker können dazu nur den geistigen Hintergrund geben und den finanziellen Rahmen setzen. Wichtiger noch, als die Zahl der Beamten zu erhöhen und mehr Geld aufzuwenden, ist es, der Justiz und der Polizei, dem Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst, Herr Ehmke, volle moralische Unterstützung zu geben.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Es gehört zur Strategie der Feinde unseres Gemeinwesens, Polizei und Justiz zu isolieren, ihre Angehörigen unter Druck zu setzen, sie zu bedrohen und zu gefährden. Darauf müssen wir Politiker unser Verhalten ausrichten. Es darf gar keine Frage sein, daß wir alle uns mit Polizei und Justiz solidarisieren und nicht mit denen, gegen die sie eingesetzt werden müssen,

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    was Untersuchungen eines Fehlverhaltens im Einzelfall selbstverständlich nicht ausschließt, aber doch darauf hinweist, daß wir nicht so pauschal die Polizei diskriminieren lassen können, wie es von seiten der Deutschen Jungdemokraten vor fünf Tagen im Hinblick auf Berlin geschehen ist.

    (Schmidt [Hamburg] [SPD] : Oder von Herrn Strauß in seinen sonntäglichen Schriften in der Springer /Strauß-Presse!)

    — Herr Strauß ist ein Anhänger und Verteidiger unseres freiheitlichen und rechtsstaatlichen Systems, Herr Kollege Schmidt.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Lautes Lachen bei der SPD — Zurufe von der SPD: Sonthofen! — Weitere Zurufe von der SPD)




    Dr. Dregger
    Meine Damen und Herren! Wir haben die Aufgabe, der Justiz und der Polizei Gesetze zur Verfügung zu stellen, die es ihnen erlauben, mit rechtsstaatlichen Mitteln der Gefahr Herr zu werden und das Recht gegenüber jedermann durchzusetzen. Dabei haben wir nicht nur an diejenigen zu denken, die ihren Freiheitsraum ohne Rücksicht auf andere ausdehnen wollen, sondern auch an den Schutz ihrer Mitbürger und nicht zuletzt an den Schutz der Polizeibeamten, die häufig bedroht und gefährdet werden.
    Zu den von uns vorgelegten Gesetzentwürfen lassen Sie mich nur einge Bemerkungen machen: Neuordnung des Demonstrations-Strafrechts und des Versammlungsrechts auf Grund gemachter Erfahrungen. Keine Bestimmung unseres Gesetzentwurfs beeinträchtigt die politische Aktivität von Personen oder Gruppen, die sich friedlich verhalten und im weitgespannten Rahmen unserer Verfassungsordnung operieren. Daher verstößt keine Bestimmung unseres Gesetzentwurfs gegen liberale Grundsätze. Dieser Gesetzentwurf ermöglicht aber — wenn er Wirklichkeit wird — der Polizei im Gegensatz zum geltenden Recht, ihre Schutzaufgabe wirksam zu erfüllen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Es verstößt auch nicht gegen die Meinungs- und Pressefreiheit, wenn das Propagieren von Gewalt, die Anleitung zum Mord, zum Herstellen von Bomben in Zukunft unter Strafe gestellt wird. Was auf diesem Felde — sei es aus gewissenloser Profitgier oder in bestimmter politkrimineller Absicht — auf dem deutschen Markt erscheint, ist gemeingefährlich und muß unter Strafe gestellt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch gewisse Einschränkungen für Anwälte, die gröblichst ihre Standespflichten verletzen — ich freue mich, Herr Bundeskanzler, daß Sie unseren Standpunkt in dieser Hinsicht inzwischen übernommen zu haben scheinen —, erscheinen uns zwar wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten bedauerlich, aber nach Lage der Dinge unvermeidbar. Es gehört zur Tradition der deutschen Anwälte, sich mit aller Energie für ihre Mandanten einzusetzen,

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Jawohl!)

    aber ohne zu ihren Komplizen zu werden und ohne in anderer Weise das Recht zu verletzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auf diesem Vertrauen beruhen die außerordentlichen Rechte, die ihnen in unserem Justizverfahren zugestanden werden. Wir möchten sie erhalten wissen.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Wenn aber neuerdings Anwälte auftreten, von denen einer nach Pressemeldungen gesagt hat ich zitiere —:
    Der Kampf gegen eine ungerechte Gesellschaftsordnung darf auch mit illegalen Mitteln geführt werden, wenn die Anwendung legaler Mittel
    nicht zum Ziele führt. Wenn man Revolutionäre verteidigt, dann muß man auch die Revolution verteidigen.
    sind Konsequenzen leider wir bedauern das —
    unvermeidbar, zumal die Erfahrung gezeigt hat, daß der Aufbau eines lückenlosen Nachrichten- und Befehlsnetzes der Baader-Meinhof-Bande von innen nach außen und umgekehrt ohne die Mithilfe von Anwälten nicht möglich gewesen wäre.
    Die vierte Aufgabe: Wir müssen die Verbrecher jagen. Wir müssen das Gesetz des Handelns für den Staat zurückgewinnen. Wir müssen ihre Infrastruktur zerbrechen, die sie in der Zeit der Fehleinschätzung seit 1972 aufgebaut haben. Es ist doch ein schlimmer Zustand, daß nach der Entführung von Peter Lorenz das Sympathisantenfeld so breit und wirksam ist, daß die Entführer untertauchen und im Lande bleiben können. Wir müssen in diesen Sympathisantenkreis eindringen; der Herr Bundeskanzler hat es mit Recht gesagt.

    (Zurufe von der SPD)

    Wir müssen von Zeit zu Zeit auch Großfahndungen unternehmen, nicht nur verdeckte, sondern offene Großfahndungen. Das Beispiel des Jahres 1972 hat gezeigt, daß solche Großfahndungen mit Hilfe der Bürger durchaus Erfolg haben können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir bedauern, daß sie in der Zwischenzeit nicht unternommen wurden, was den Gangstern erlaubt hat, diese Infrastruktur aufzubauen, deren wir im Augenblick nicht Herr werden können.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Aber in Mainz kann man das wohl?)

    Wir leben in der zweiten deutschen Republik. Schon die erste besaß eine der freiheitlichen Verfassungen der Welt. Sie räumte diese Freiheiten auch denen ein, die sie dann zerstört haben. Daß wir nach der Machtergreifung Hitlers noch einmal die Chance erhielten, eine freiheitliche Republik aufzubauen, wurde mit ungeheuren Opfern für die Welt, insbesondere für unser eigenes Volk und seine nationale Substanz, erkauft. Die Väter des Grundgesetzes haben daraus die richtigen Konsequenzen gezogen, übrigens in Übereinstimmung aller demokratischen Parteien. Die zweite deutsche Republik sollte nicht weniger freiheitlich sein als die erste. Aber sie sollte auch die Mittel haben, sich gegen diejenigen zu verteidigen, die sie abschaffen wollen. Daran müssen wir festhalten.
    In seinem „Plädoyer für eine liberale Zukunft" hat Karl Steinbuch zur Jahreswende geschrieben — ich zitiere mit Genehmigung der Frau Präsidentin —:
    Staat, Recht und Autorität sind keine sinnlosen Konstruktionen einer Hinterwelt, sondern notwendige Voraussetzungen menschlichen Zusammenlebens. Wo Machtausübung nicht das alleinige Recht des von einem frei gewählten Parlament kontrollierten Staates ist, sondern Teilgruppen der Gesellschaft ihre Ziele gewaltsam oder rechtswidrig durchsetzen, gibt es



    Dr. Dregger
    keine Humanität und keine Liberalität mehr, sondern wächst und herrscht der Terror.
    Aus dieser richtig formulierten Einsicht ziehen wir folgende Konsequenzen:
    Erstens. In der Auseinandersetzung mit den Anarchisten und ihrem geistigen Hintergrund muß der Staat auf der Grundlage eines offensiven Gesamtkonzepts das Gesetz des Handelns zurückgewinnen.
    Zweitens. Die Gefahren, die der Freiheit auch heute wieder drohen, dürfen nicht verniedlicht, sie müssen deutlich dargestellt werden.
    Drittens. Rechtspflege und Polizei dürfen nicht als „Klassenjustiz" und als „Bullen" abgewertet, ihnen muß auch moralisch der Rücken gestärkt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Viertens. Der Bundestag muß wirksamere Gesetze beschließen. Wir haben unsere Vorschläge auf den Tisch gelegt.
    Fünftens. Kommunisten und andere Verfassungsfeinde gehören nicht in den öffentlichen Dienst.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Anwälte, die ihre Verteidigerrechte mißbrauchen, um mit den Terroristen gemeinsame Sache zu machen, müssen daran unter allen Umständen gehindert werden.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

    Sechstens. Recht und Ordnung sind unentbehrliche Grundlagen des Friedens, zu denen wir uns bekennen müssen. Nicht Haß und Klassenkampfparolen, sondern Toleranz, Rechtsbewußtsein und Staatsgesinnung müssen die Erziehung unserer Jugend bestimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wenn das alles in die Tat umgesetzt wird, wenn wir also nicht nur hier darüber reden, sondern es auch in unserem Lande praktizieren, werden wir die jetzige Lage wieder in den Griff bekommen. Nicht Verbrechen und Krieg, sondern Recht und Frieden müssen sich durchsetzen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)