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    Deutscher Bundestag 135. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Kempfler . . . . . . . . . . 9217 A Wahl des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) zum Mitglied des Vermittlungsausschusses an Stelle des ausscheidenden Abg. Dr. Lenz (Bergstraße) . . . . . . . . . . . 9217 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 9217 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 9217 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung betr. die Gespräche in Washington und New York, die Pariser Konferenz und die Gespräche mit der DDR Schmidt, Bundeskanzler . . . . . 9218 D, 9255 C, 9264 D Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) 9223 D, 9262 A Wehner (SPD) . . . . . . . . 9230 A Dr. Bangemann (FDP) . . . . . . 9234 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 9240 A Genscher, Bundesminister (AA) . . 9245 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 9249 A Dr. Jaeger, Vizepräsident 9251 D, 9255 B Entwurf eines Hochschulrahmengesetzes — Drucksache 7/1328 —, Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO — Drucksache 7/2905 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 7/2844, 7/2932 — Zweite und dritte Beratung Dr. von Bülow (SPD) 9285 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 9286 C Hoppe (FDP) 9287 D Fragestunde — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — Frage A i — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) : Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Bundeshaushaltsrechnung 1972 betreffend unzureichende Überwachung der Zuwendungen des Bundesministers für Forschung und Technologie; Maßnahmen für eine bessere Kontrolle der Forschungsförderungsgelder Dr. Hauff, PStSekr (BMFT) . . 9265 A, C, D Lenzer (CDU/CSU) . . . . . . 9265 C, D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 Fragen A 2 und 3 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) : Angaben der Bundesregierung hinsichtlich des Rückgangs des Lehrangebots in den letzten 15 Jahren; Notwendigkeit einer Korrektur der Angaben über die Zahl der zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze Dr. Glotz, PStSekr (BMBW) . . . . 9265 D, 9266 B, D, 9267 A Dr. Gölter (CDU/CSU) 9266 C Rappe (Hildesheim) (SPD) . . . 9266 D von Hassel, Vizepräsident . . . 9267 B Fragen A 6 und 7 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Benz (CDU/ CSU) : Pressemeldungen über Zusagen der Bundesregierung gegenüber der Jewish Claims Conference hinsichtlich einer weiteren Wiedergutmachungsleistung; Absprache dieser Vereinbarung mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland Haehser, PStSekr (BMF) . . . . 9267 C, D, 9268 A, B, C Benz (CDU/CSU) . . 9267 D, 9268 B, C Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 9268 A Frage A 9 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Susset (CDU/CSU) : Gewährung der Abschreibungsmöglichkeit nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes an Bauherren, deren Baugenehmigung in der Zeit vom 9. Mai 1973 bis 31. Dezember 1973 erteilt wurde, die jedoch mit dem Bau erst im Frühjahr 1974 begonnen haben Haehser, PStSekr (BMF) 9268 D, 9269 A, B Susset (CDU/CSU) 9269 A, B Fragen A 4 und 5 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Höcherl (CDU/ CSU) : Konkretisierung der von der Bundesregierung gemachten Angaben über die „äußerste Grenze der möglichen Neuverschuldung" der öffentlichen Hände im Jahre 1975; etwaige Bedenken der Deutschen Bundesbank gegen den Umfang der Neuverschuldung Haehser, PStSekr (BMF) . . 9269 C, D, 9270 A, B, C Höcherl (CDU/CSU) . 9269 C, D, 9270 B Maucher (CDU/CSU) 9269 D Lampersbach (CDU/CSU) 9270 C Fragen A 19 und 20 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Gruhl (CDU/CSU) : Pressemeldungen über Verdachtsmomente gegen Mitarbeiter eines Unternehmens in Norddeutschland betreffend die Umgehung von Vorschriften über die Altölbeseitigung und damit zusammenhängende Betrugshandlungen; eventuelle sonstige Fälle von gewinnsüchtigen Verstößen gegen das Altölbeseitigungsrecht; gesetzgeberische Folgerungen aus diesen Verstößen Grüner, PStSekr (BMWi) . . . 9271 A, C Dr. Gruhl (CDU/CSU) 9271 B, C Frage A 23 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Bemühungen, die „Grüne Woche" in Berlin wieder zu einem internationalen Treffpunkt der Landwirtschaft aus Ost und West werden zu lassen; Ergebnis dieser Bemühungen Logemann, PStSekr (BML) 9271 D, 9272 A Ey (CDU/CSU) 9272 A Fragen A 24 und 25 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Gallus (FDP) : Abgabepreise bei Dieselkraftstoff für Landwirte; Marge zwischen den höchsten und niedrigsten Preisen Logemann, PStSekr (BML) . 9272 B, C, D, 9273 A Gallus (FDP) 9272 C Susset (CDU/CSU) . . . . 9272 C Eigen (CDU/CSU) 9272 C Ey (CDU/CSU) . . . . . . . 9273 A Frage A 26 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Argumentation der Bundesregierung bei den Agrarpreisverhandlungen in Brüssel Logemann, PStSekr (BML). 9273 B, C Eigen (CDU/CSU) . . . . . . 9273 B, C Frage A 27 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Bewertung der Agrarstatistik der EG durch die Bundesregierung Logemann, PStSekr (BML) . . . 9273 C, 9274 A, B Eigen (CDU/CSU) 9274 A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 III Frage A 28 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Susset (CDU/CSU) : Erklärung der Bundesregierung nach der Kabinettsitzung am 4. Dezember 1974 zur Ablehnung unterschiedlicher Preisanhebungen für Agrarprodukte; Übernahme dieser Aussage in die Forderungen für die EG-Agrarpreisverhandlungen 1975/76 Logemann, PStSekr (BML) . 9274 B, C, D Susset (CDU/CSU) 9274 C Eigen (CDU/CSU) 9274 D Frage A 29 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Schutz von Patienten gegen die Behandlung durch nicht den deutschen Ausbildungsanforderungen entsprechende ausländische Ärzte Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9275 A, B Ey (CDU/CSU) 9275 B Fragen A 30 und 31 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — der Abg. Frau Stommel (CDU/CSU) : Abschaffung von Raucherzimmern an den Schulen; Auffassung der Bundesregierung dazu Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9275 C, D, 9276 A, B, D, 9277 A, B, C, D Frau Stommel (CDU/CSU) . . . 9275 C, D, 9276 D, 9277 B Josten (CDU/CSU) 9276 A Dr. Gruhl (CDU/CSU) . 9276 A, 9277 B Dr. Evers (CDU/CSU) 9276 B Dr. Hupka (CDU/CSU) . . . . 9276 D Immer (SPD) 9277 A Maucher (CDU/CSU) 9277 C Ey (CDU/CSU) 9277 C Frage A 32 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Reiser (SPD) : Verbesserung des Transport- und Rettungssystems für Herzinfarkt-Patienten Zander, PStSekr (BMJFG) 9277 D, 9278 B Reiser (SPD) 9278 A Frage A 33 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Rollmann (CDU/ CSU) : Finanzielle Schlechterstellung der geschiedenen und nicht wieder verheirateten Väter durch die Steuerreform Zander, PStSekr (BMJFG) . 9278 B, C, D Rollmann (CDU/CSU) 9278 C, D Dr. Evers (CDU/CSU) 9278 D Fragen A 34 und 35 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Brandt (Grolsheim) (SPD) : Zahl der Indizierungsanträge in den Jahren 1973 und 1974 für den „Krieg verherrlichende Schriften"; Anzahl der Indizierungen im Verhältnis zum Angebot Zander, PStSekr (BMJFG) 9279 A, B, C, D Brandt (Grolsheim) (SPD) . . . 9279 B, C Hansen (SPD) . . . . . . . . . 9279 D Frage A 36 -- Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Walther (SPD) : Fortzahlung des bisherigen Kinderzuschlags nach dem 1. Januar 1975 an Mitarbeiter des Westdeutschen Rundfunks; Gleichstellung der Mitarbeiter der bundeseigenen Sendeanstalten Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9280 A, B Walther (SPD) . . . . . . . . 9280 B Maucher (CDU/CSU) . . . . . . 9280 C Frage A 44 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12, 74 — des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Volkswirtschaftliche Verluste durch Einschränkungsmaßnahmen der Deutschen Bundesbahn für den SchienenPersonennahverkehr in Verdichtungsräumen Jung, PStSekr (BMV) . . . . . . 9280 D, 9281 A, B, C, D, 9282 A Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . . 9280 D, 9281 B Dr. Jobst (CDU/CSU) . . . . 9281 C Spranger (CDU/CSU) . . . . . . 9281 D Dr. Evers (CDU/CSU) . . . . . . 9281 D Fragen A 45 und 46 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) : Untersuchungen für das Projekt „Dollarthafen" in Emden; Notwendigkeit von Verhandlungen mit dem Königreich der Niederlande Jung, PStSekr (BMV) . . 9282 A, B, C, D Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) 9282 B, C, D Fragen A 47 und 48 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Anlaß für die Reise des Präsidenten der Deutschen Bundesbahn, des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands sowie der Mitglieder des Vorstands der Deutschen IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 Eisenbahnversicherungskasse nach Südafrika; Klarstellung der Finanzierung dieser Reise Jung, PStSekr (BMV) . . . 9283 B, C, D, 9284 A, B Dr. Jobst (CDU/CSU) • 9283 B, C, 9284 A Fragen A 49 und 50 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Immer (SPD) : Beleuchtungsmängel in den Zügen und Schienenbussen der Deutschen Bundesbahn, die insbesondere dem Berufsverkehr und der Schülerbeförderung dienen; Zahl der täglich darin beförderten Personen Jung, PStSekr (BMV). 9284 B, C, D Immer (SPD) . . . . . . . . 9284 C, D Nächste Sitzung 9288 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9289* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9217 135. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 134. Sitzung, Nachtrag zum Stenographischen Bericht, Seite 1, ist in Zeile 4 statt „Freitag, den 6. Dezember 1974" zu lesen: „Donnerstag, den 5. Dezember 1974"; 134. Sitzung, Seite 9088 D, Zeile 7, ist statt „Dr. Meinecke (Hamburg)" zu lesen: „Meinicke (Oberhausen)". Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 14. 12. Dr. Aigner * 14. 12. Dr. Artzinger * 14. 12. Dr. Bangemann * 14. 12. Dr. Bayerl * 14. 12. Dr. Becher (Pullach) 11.12. Behrendt * 13. 12. Frau Berger (Berlin) 13. 12. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 13. 12. Blumenfeld * 12. 12. Dr. Burgbacher * 14. 12. Dr. Corterier * 14. 12. Conradi 20. 12. Frau Däubler-Gmelin 20. 12. Dr. Dregger 20. 12. Fellermaier * 14. 12. Flämig * 14. 12. Frehsee * 14. 12. Dr. Früh * 14. 12. Gerlach (Emsland) * 14. 12. Haase (Kellinghusen) 20. 12. Härzschel * 14. 12. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 12. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Kater * 14. 12. Katzer 20. 12. Dr. Klepsch * 14. 12. Krall * 14. 12. Lange * 14. 12. Lautenschlager * 14. 12. Dr. Lohmar 13. 12. Lücker * 14. 12. Memmel * 14. 12. Müller (Mühlheim) * 14. 12. Dr. Müller (München) ** 11. 12. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 12. Frau Dr. Orth * 14. 12. Pieroth 12.12. Roser 20. 12. Schmidt (München) * 14. 12. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 12. Schwabe * 14. 12. Dr. Schwörer * 14. 12. Seefeld * 14. 12. Springorum * 14. 12. Dr. Starke (Franken) * 14. 12. Graf Stauffenberg 15. 12. Frau Steinhauer 11. 12. Stücklen 11. 12. Vahlberg 13. 12. Walkhoff * 14. 12. Frau Dr. Walz * 13. 12. Wende 20. 12. Frau Dr. Wex 11.12. Wohlrabe 13. 12.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Der Herr Bundesaußenminister, Kollege Genscher, hat es für richtig gehalten, an den Beginn seiner Intervention ein Lob über die Ergebnisse von Paris in eine Relation zu setzen zu dem beklagenswerten Zustand, daß die Ergebnisse der Sozial- und Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland anders beurteilt würden als draußen. Herr Kollege Genscher, ich meine, es ist doch ganz leicht zu sehen, daß ein solcher Einstieg eigentlich fehl am Platz ist; denn wir leben halt hier. Wir haben hier unsere Probleme, und wir wollen hier mit Arbeitslosigkeit und mit Inflation fertig werden. Wir sind hier gewählt und müssen hier unseren Wählern Rechenschaft geben und tragen unsere Sorgen so vor, wie sie die Mehrheit des Volkes — ausweislich der letzten Wahlen — in dieser Zeit doch empfindet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn sich nun auch Kollege Genscher in einer gewissen koalitionspolitischen Anpassung dem Bundeskanzler insofern nähert, als er sich die These zu eigen macht, woanders sei es noch schlimmer — meine Damen und Herren, ich wiederhole, was ich eingangs der Debatte zur Regierungserklärung des neuen Kanzlers vor einem halben Jahr gesagt habe: Mit der Ausrede, woanders ist es noch schlimmer, kommt keiner von uns im beruflichen Leben durch. Hier wird von jedem Qualitätsarbeit verlangt, auch von einer Regierung, und nicht das Erfinden von Ausreden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nun, zu dem Teil wird ja am Freitag und in der nächsten Woche hier ausgiebig zu sprechen sein.
    Ich möchte mich deshalb gleich dem zuwenden, dessen sich der Herr Bundesaußenminister eben berühmt hat. Er hat an vielen Stellen — übrigens ähnlich wie der Bundeskanzler — gerühmt: Hier haben wir einen Anteil, und da haben wir einen Anteil. Na, werden wir mal sehen, wie taktvoll es die Partner empfinden, denen man im deutschen Parlament überall bestätigt, wo sie den Anteil haben an der Festlegung der britischen, an der amerikanischen, an der französischen Position. Das soll uns nicht Sorge machen. Aber wenn Sie wirklich daran Anteil haben, sagen wir dazu: Na schön. Es stört uns überhaupt nicht, das auch einzuräumen. Nur, es muß doch der Opposition erlaubt sein, die Regierung, wenn sie nun von so großen Westreisen wiederkommt, zu fragen nach den Ergebnissen in Relation zu den eigenen Vorschlägen und Vorstellungen. Sie sind doch ausgezogen nach Westen, um nun, nachdem im Westen ein Jahr vertan war, endlich zur Solidarität zu kommen und zu einer gemeinsamen Politik in Sachen
    Inflation, Energie und Arbeitslosigkeit. Das war doch der Punkt, zu dem Sie ausgezogen sind!
    Es ist doch einfach wahr — so steht es in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" —, daß das erste Echo zu den französischen Vorschlägen in der Sache der Institutionen, Herr Kollege Bangemann, deren Sie sich heute berühmen, weil sie in Paris durchgegangen sind, aus Bonn Nörgelei war und der Bundeskanzler vor der Auslandspresse in Bonn sagte: „nicht hilfreich". Jetzt sind diese französischen Vorschläge durchgekommen. Da in Paris auf den Gebieten, die uns auf den Nägel brennen, nur mangelhafte Ergebnisse erreicht worden sind, berühmen Sie sich um dieser Punkte.

    (Bundeskanzler Schmidt: Reiner Quatsch!)

    — Herr Bundeskanzler, Sie rufen mir — obwohl so etwas nicht üblich ist — zu: „Quatsch"

    (Nordlohne [CDU/CSU] : Ein interessanter Kommentar des Bundeskanzlers, das als Quatsch zu bezeichnen!)

    Das ist natürlich ein starkes Argument! Da wir uns aber so gut kennen, nehme ich das nicht so besonders ernst.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Ich würde mich ja freuen, wenn Sie dem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" aus dieser Woche, der sich auf diese Frage bezieht, hier entgegentreten könnten.
    Ich glaube, daß die Einlassungen der Regierung zu den Problemen der westlichen Länder doch ein ganzes Stück zu selbstgerecht sind. Ich fürchte, wir müssen am Ende dieses Jahres feststellen, daß wir im Hinblick auf das Ziel, im Westen zu mehr Solidarität, zu einer erfolgreicheren Arbeitsteilung und zu mehr Erfolg im Kampf gegen die neuen Herausforderungen zu kommen, doch nicht die Schritte getan haben, die notwendig und möglich waren.
    Herr Bundesaußenminister und auch Herr Bundeskanzler, ich meine, Ausgangspunkt für die Erörterung der Maßstäbe zur Beurteilung der Dinge könnte doch das sein, was der Präsident der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Herr Ortoli, am 31. Januar 1974, also zu Beginn dieses Jahres gesagt hat. Dieses Motto hat uns doch Ihr Amtsvorgänger, Herr Kollege Genscher, in seiner letzten Europarede, mit der er sich überhaupt aus diesem Hause verabschiedet hat, als das Leitmotiv hinterlassen. Was hat Herr Ortoli damals gesagt? Ich zitiere die zwei Sätze so, wie sie der frühere Außenminister hier zitiert hat:
    Europa macht eine schwere Belastungsprobe durch ... [Diese] trifft Europa inmitten einer Krise, einer Krise des Vertrauens, einer Krise des Willens und einer Krise des klaren Verstandes.
    Es ist zunächst einmal wichtig, festzuhalten, daß eine Krise, eine Belastungsprobe für Europa entstanden ist, daß aber nicht die Ölscheichs und andere die Ursache für die Krise der Europäischen Gemeinschaft sind. Als Gründe werden nicht irgendwelche Techniken, irgendwelche Konferenzen, ir-
    9250 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974
    Dr. Barzel
    gendwelche neuen Papiere und Verbalismen angeführt, sondern die Faktoren Vertrauen, Willen und klarer Verstand. Ich fürchte, daß unter diesen Maßstäben das Urteil, das wir hier vom Kanzler und vom Außenminister über ihr eigenes Wirken in Paris und an den anderen westlichen Plätzen gehört haben, doch zu selbstgerecht ist. Eine bescheidenere, wahrheitsgemäßere und ehrlichere Darstellung auch in diesem Hause hätte den deutschen Interessen — gerade im Hinblick auf die soziale und ökonomische Lage in der Bundesrepublik Deutschland — besser entsprochen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich möchte hier nicht unerwähnt lassen, — mein Kollege Zimmermann und auch der Kollege Carstens haben dies schon gesagt; ich möchte es aber noch einmal wiederholen daß sich Versäumnisse rächen. Ihrem Vorgänger, Herr Bundeskanzler, habe ich doch Debatte auf Debatte vorgeworfen, konkret und belegt vorgehalten — wir haben auch diesbezügliche Vorschläge gemacht, die man alle noch in den Protokollen des Parlaments nachlesen kann — —

    (Wehner [SPD] : Aber nur dort!)

    — Herr Kollege Wehner, nicht nur dort, sondern auch bei dem von uns beiden verehrten Kollegen Monnet.

    (Wehner [SPD] : Sie wollen Ihre kalten Füße an den heißen Problemen von heute wärmen! — Lachen bei der CDU/CSU)

    — Lieber Herr Kollege Wehner, es freut mich, wenn es mir wenigstens gelungen ist, Ihre Aufmerksamkeit zu dieser mittäglichen Stunde zu erwecken.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal wiederholen, daß wir der Vorgängerregierung vorgeworfen haben, sie habe den europäischen Motor, der früher in Bonn stand, zugunsten eines Moderators ausgebaut. Jetzt erleben wir, daß die Bundesregierung sich eines europäischen Erfolges rühmt, obwohl wir doch festzustellen haben, daß die Gemeinschaft, um es grob zu zeichnen, dabei ist, sich von der Gemeinschaft zu einer intergouvernementalen Zusammenarbeit zu denaturieren. Wo ist denn das alles, was hier diskutiert worden ist, z. B. über den Dialog der Gemeinschaft mit den USA, geblieben? Wo ist denn in Ihren Papieren von Washington von diesem Dialog mit der Gemeinschaft die Rede? Es ist immer nur die Rede von der Abstimmung und der Koordinierung von Politik, und das ist nicht die Gemeinschaft, wie wir sie wollen, wie sie im EWG- ertrag niedergelegt ist.
    Meine Damen und Herren, die Entscheidungen, die Sie in der Koalition — vor allen Dingen der Kollege Wehner — im Mai dieses Jahres herbeigeführt haben, basierten auf der „Angstlücke", wie Sie das nannten, die die Politik der Regierung Brandt Scheel erzeugt hatte. Diese „Angstlücke" dieses Stück Unsicherheit, dieses Stück Unmut, Ungewißheit, ist doch nach sechs Monaten nicht weg. Und einer der Gründe dieser Angstlücke ist doch der liederliche Umgang dieser Koalition mit der
    Westpolitik. Das kann hier nicht geleugnet werden. Sie haben doch nicht nur unsere Vorschläge zur ökonomischen Politik, sondern auch unsere Vorschläge zur Westpolitik überhört.

    (Zuruf von der FDP: Das ist aber sehr dünn, Herr Barzel!)

    — Ich freue mich ja, wenn Sie sich nun auch wieder daran beteiligen. Wir sind hier zwar nicht sehr viele, aber ich würde auch Ihnen gern sagen, Herr Kollege: die wichtigeren und netteren Kollegen sind im Saal versammelt, nicht wahr?

    (Heiterkeit bei den Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Meine Damen und Herren, bevor wir uns dem Papier zuwenden, das jetzt eine Rolle spielt, muß es doch erlaubt sein, uns dies in Erinnerung zu rufen: Wir haben eine Gipfelkonferenz in Paris im Oktober 1972 gehabt. Sie war kurz vor der Bundestagswahl Sie wurde von der Regierung damals für so wichtig gehalten, daß der Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung zusammentreten mußte. Wir haben damals gehört, wie der Bundeskanzler Brandt sagte, jetzt sei aber die Stabilitätsgemeinschaft beschlossen worden, und das vornehmste Ziel sei nun die Herstellung der Europäischen Union.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Das waren dieselben Sprüche wie heute!)

    Meine Damen, meine Herren, wir sind von solchen Sprüchen und von solchem Verbalismus gebrannte Kinder.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn ich Ihnen nun aus der Wirklichkeit der europäischen Tage folgendes sagen darf:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was ist das?)

    Ich habe Ihnen in der letzten Europadebatte ein Papier aus dem Ministerrat vorgelesen, das ich peinlich fand. Da war so unter der Überschrift „Was meint Kohärenz in der politischen Union?" — Herr Wischnewski, Sie erinnern sich — dann geregelt, daß man 15 Minuten Pause machen durfte, und dann das mit den vier Mitarbeitern usw.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, auf Grund dieses „vornehmsten" Beschlusses von Paris, der sich in den Papieren von gestern, Herr Kollege Genscher, wiederfindet, ist die Rede von der Europäischen Union. Und hier habe ich nun ein Papier des europäischen Rates vom 21. Juni 1974; das ist also fast zwei Jahre später. Und da fragt der Rat — in einem Fragebogen!; ich will hier gar nicht die Einleitung bringen, die ist mir zu peinlich — die Mitgliedsländer --ich zitiere —:
    Was ist unter dem in Ziffer 16 der Pariser Erklärung erscheinenden Ausdruck eigentlich zu verstehen? Handelt es sich a) um alle den Mitgliedsstaaten gemeinsamen Interessen, handelt es sich um ...
    Und so geht das sechs Seiten lang. Das heißt, zwei Jahre nach einem solchen verbalen Beschluß fragt man überhaupt erst einmal bei den Mitgliedsländern an: was habt ihr eigentlich gemeint? Das ist ein
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9251
    Dr. Barzel
    Stück europäische Realität. Da können Sie natürlich sagen: es sind doch noch fünf — oder inzwischen acht — andere da. Nur, meine Damen und Herren, wo ist eigentlich die Haltung der Bundesregierung, die in diesen Sachen dann wenigstens klar definieren würde, was ihre, die deutsche politische Zielvorstellung ist? Das sagt der Bundeskanzler nicht. Im Gegenteil, er kommt heute hierher und erklärt, es sei sowieso falsch, solche Perspektiven zu nennen. Der Herr Kollege Carstens hat dies hier gebührend und völlig zutreffend kritisiert. Es gibt also auf der deutschen Seite keine Sicht der Perspektive, keine Initiative.
    Und wenn dann eben die Probleme zusammenschrumpfen zu den Problemen der Zahlungsbilanzen, wenn das der einzige Gesichtspunkt wird, dann wird man eben nicht die richtigen Schritte tun, die jetzt nötig und möglich sind; man geht nicht auf ein Ziel zu, wenn man davon nicht spricht und es nicht hat.
    Der Kollege Wehner hat sich über den Kollegen Carstens mokiert. Ich glaube, siebenmal hat er kritisiert, daß der Vorsitzende unserer Fraktion ein „vorläufiges" Votum zu dem Kommuniqué abgegeben hat. Herr Kollege Wehner, ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist; bei uns ist es so geblieben, daß dann, wenn ein Papier morgens um halb neun auf den Tisch kommt und der Fraktionsvorsitzende um halb zehn dazu redet, er also kaum Gelegenheit hatte, dies zu lesen, und viel weniger, es mit seinen Kollegen zu diskutieren und eine Meinung der Fraktion demokratisch herbeizuführen, er hinkommt und solide, wie sich das gehört, sagt: das ist vorläufig meine Meinung. Das sollte man hier dann eigentlich nicht kritisieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir anerkennen — dies ist heute morgen gesagt worden — die Tatsache der Konferenz und einige ihrer Ergebnisse. Ich will dazu nichts wiederholen. Aber ich möchte doch ein paar Punkte aus diesem Kommuniqué in die kritische Behandlung des Deutschen Bundestages hier einführen. In Ziff. 3 heißt es:
    Um den Zusammenhang der Gemeinschaftstätigkeiten und die Kontinuität der Arbeit zu gewährleisten, werden die Außenminister als Rat der Gemeinschaft mit einer impulsgebenden und koordinierenden Rolle betraut.
    Ja, meine Damen und Herren, das ist doch eine peinliche Plattitüde. Wie lange arbeiten eigentlich die Außenminister schon? Wie lange gibt es den Ministerrat? Wie kann man so etwas unterschreiben, nachdem man jahrelang dort tätig ist, daß man künftig „impulsgebend und koordinierend" betraut werden wird? Dies sind doch wieder nur Absichten und gute Vorsätze.
    Ich nehme ein anderes Beispiel, nämlich Ziff. 5:
    Die Regierungschefs halten es für erforderlich, die Solidarität der Neun sowohl durch Verbesserung der Gemeinschaftsverfahren als auch durch Entwicklung neuer gemeinsamer Politiken auf noch zu bestimmenden Gebieten und durch Zuweisung der zu diesem Zweck erforderlichen
    Handlungsbefugnisse an die Organe zu verstärken.
    Was heißt das eigentlich konkret, präzise, praktisch? So könnte man doch beginnen, wenn wir auf einer grünen Wiese wären und anfingen, über Europa nachzudenken. Aber dieses Europa, von dem Herr Ortoli gesprochen hat, ist in der Krise. Diese Antwort ist weder präzise noch konkret; sie ist eine völlig undifferenzierte und zu nichts verpflichtende Absichtserklärung.
    Wie lauten die Sätze, auf die es der deutschen Seite — ich sage: mit Recht, Herr Bundeskanzler — vor allem ankam, die Sätze, auf die man hierzulande wartet, die Verpflichtung der Solidarität in Fragen der Inflation und der Arbeitslosigkeit? Ich zitiere die Ziff. 17:
    Die Regierungschefs bestätigen, daß die Bekämpfung der Inflation und die Sicherung der Arbeitsplätze Ziel der Wirtschaftspolitik bleiben.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Hört! Hört! — Lachen bei der CDU/CSU)

    Das ist die Aussage.
    Damit dann keiner etwa auf die Idee kommt, daß hier eine Gemeinschaft mit Kompetenzen und Beschlußmöglichkeiten existiert, heißt der nächste Satz:
    Die Zusammenarbeit der Sozialpartner wird einen wesentlichen Faktor für den Erfolg einer solchen Politik darstellen.
    Das ist sicher richtig. Aber kommen hier nicht vielleicht zunächst einmal die Regierungen? Kann nicht vielleicht diese Gemeinschaft selbst etwas tun?

    (Bundeskanzler Schmidt: Was denn? Ein bißchen Substanz in Ihre Rede!)

    — Wir kommen darauf, Herr Bundeskanzler.


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich möchte darum bitten, von der Regierungsbank aus keine Zwischenrufe zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Bundeskanzler Schmidt: Wo steht denn das? In welcher Geschäftsordnung steht das? — Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU: Unerhört!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Bundeskanzler, ich verstehe ja, daß Sie von der Opposition eine Antwort haben wollen, die Sie selbst aus dem Kommuniqué nicht geben können. Sie sagen „Sagen Sie etwas Konkretes und Bestimmtes!". Ich komme darauf. Aber noch zitiere ich das Kommuniqué, dem Sie heute nacht zugestimmt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da will ich Ihnen einmal sagen, wie „konkret" das weitergeht. Es heißt im Kommuniqué:
    Sie
    — die Regierungschefs —
    betonen, daß unter den gegenwärtigen Umständen einer Wiederankurbelung der Wirtschaft
    9252 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974
    Dr. Barzel
    und der Wahrung der Stabilität, d. h. einer Aktion, mit der eine allgemeine wirtschaftliche Rezession verhütet und gleichzeitig die Stabilität wiederhergestellt wird, hoher Vorrang eingeräumt werden muß.
    An diesem Satz ist ja nur erfreulich, daß das frühere Modewort „Stabilität" so häufig vorkommt. Aber, Herr Bundeskanzler, wenn es in dem ersten Halbsatz heißt, die Stabilität sollte wiederhergestellt werden, dann bedeutet dies: Es gibt sie nicht. Wenn es heißt, die Stabilität sollte wiederhergestellt werden, bedeutet dies, daß es sie zur Zeit in keinem Land gibt. Wenn man sich zu Anfang lobt, es gebe die Stabilität doch, dann ist dies ein Widerspruch in sich selbst.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Ich will einen anderen Punkt ansprechen, den der Herr Bundesaußenminister rühmend erwähnt hat. In Ziffer 20 heißt es:
    Sie wünschen, daß der Präsident der Französischen Republik „bei seiner bevorstehenden Zusammenkunft mit Präsident Ford im Namen der Gemeinschaft auf die Bedeutung einer Konvergenz der Wirtschaftspolitiken aller Industrieländer entsprechend den vorstehenden Orientierungen" hinweist.
    Daran ist erfreulich, daß der französische Präsident im Namen der Gemeinschaft sprechen kann. Dies wird anerkannt, dies ist zu rühmen und dreimal zu unterstreichen. Nur: Was ist hier wieder das Ziel? Es soll eine Konvergenz der Wirtschaftspolitiken hergestellt werden. Das ist intergouvernementale Zusammenarbeit, dies ist nicht mehr eine Gemeinschaft, die doch alle Instrumente hat, mit denen sie arbeiten könnte.
    Sie haben als letztes aus diesem Kommuniqué die besonders wichtigen Stellen — der Außenminister fand sie wichtig — über die Energiepolitik angeführt. Ich möchte Ihnen die entscheidende Ziffer 31 vorlesen:
    Die Regierungschefs haben in dem Bewußtsein der grundlegenden Bedeutung des Energieproblems für die Weltwirtschaft die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen Erdölausfuhrländern und Erdöleinfuhrländern erörtert und ein Exposé des Bundeskanzlers zu dieser Frage entgegengenommen.
    Das heißt: Es ist ein Problem erörtert und ein Exposé entgegengenommen worden. Dies war der Kernpunkt der Sache. Wo sind die Beschlüsse? — Nun gut, vielleicht wenden Sie ein: Die Beschlüsse kommen,

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Vielleicht lesen Sie noch etwas weiter!)

    Herr Ehrenberg, wenn sich der französische Staatspräsident mit dem amerikanischen Präsidenten treffen wird. Warten wir dies ab! Aber das Ergebnis, soweit es hier heute vorliegt — und das ist der Text, über den die Opposition hier zu reden hat —, ist in diesem Punkte — das müssen wir sagen —
    nicht befriedigend; es entspricht nicht den Problemen und der Lage, um die es hier geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte die Regierung ermuntern, sich einmal — und dies ist ein anderes Beispiel, das ich hier geben möchte — vorzustellen, wie dieses Europa jetzt eigentlich für die Bürger aussieht. Ich trage dies vor auf Bitte eines Bürgers der Bundeshauptstadt Bonn, den die meisten von uns, auf allen Seiten des Hauses, sogar sehr gut kennen. Er hat sich gestern zum Postamt begeben, um ein fertig verpacktes Geschenkpaket nach Frankreich zu schicken. Inhalt: Kinderspielzeug. Er kommt hier an die Post, kann aber nicht etwa bezahlen, was das kostet, sondern bekommt einen Zollvormerkzettel. Dieser Zollvormerkzettel zwingt ihn, in französischer Sprache — der Mann kann französisch, aber was „Nußknacker" auf französisch heißt, wußte er auch nicht; er mußte also ein Lexikon beschaffen — den Inhalt im einzelnen zu nennen und die Nettogewichte anzugeben. Das alles muß im einzelnen aufgeführt werden. Der Herr konnte also wieder nach Hause gehen, mußte alles wieder aufpacken, eine Waage beschaffen, um die Gewichte der einzelnen Spielzeuge festzustellen. Ich will das hier nicht weiter ausschmücken.
    Das ist ein Stück europäischer Realität. Die Bürger, meine Damen und Herren, werden uns also fragen: Was redet ihr von Zollunion, wir können sie noch gar nicht feststellen! — Dies ist ein praktischer Punkt, der in eine solche Debatte gehört.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte Herrn Kollegen Genscher einladen, sich die Maßstäbe für sein Urteil — er nennt es Erfolg
    — vielleicht einmal kritisch anzusehen. Es gibt ja einen Bericht des Auswärtigen Amtes vom 9. August
    — das ist schon Ihre Amtszeit — über die Entwicklung der Gemeinschaft unter der deutschen Präsidentschaft. Dieser Bericht zeichnet sich durch Ehrlichkeit aus; er ist ganz anders als ein Bericht, von dem ich nachher sprechen werde. Es wird dann von den entscheidenden Fragen gesprochen, und man sagt dort, man habe vieles nicht erreicht. Das ist eine Sprache, die sachlich, die nüchtern ist, die den wirklichen Vorgängen gerecht wird. Es wird dann als entscheidende Frage die institutionelle Fortentwicklung der Gemeinschaft und die weitere Übertragung echter Entscheidungsbefugnisse auf die Gemeinschaftsorgane bezeichnet. Das sind zwei Maßstäbe, die das Auswärtige Amt in einem solchen sachlichen Papier nennt.
    Ich finde, wenn Sie sich jetzt von diesen beiden Maßstäben her das Pariser Kommuniqué ansehen, dann müssen Sie sagen: bei der Ziffer 1 geringfügige Fortschritte, die keiner leugnet, bei der Ziffer 2 nichts als Absichtserklärungen. Wenn Sie das gesagt und hinzugefügt hätten: „im übrigen haben wir von der deutschen Seite folgende dynamische Planungen eingebracht", hätten wir Sie nicht gescholten, daß Sie mit etwas nicht durchgekommen sind; denn es bleibt unsere Politik, die Regierung zu ermuntern, weiter nach vorn zu drängen und sich nicht am Schluß des Geleitzuges zu bewegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9253
    Dr. Barzel
    Nachdem der Kollege Wehner es für richtig gehalten hat, hier die französische Bremsfunktion noch einmal in die Debatte einzuführen, möchte ich folgendes sagen. Ich glaube, dies war schon eine faule Entschuldigung, als de Gaulle noch da war. Dies können Sie ganz sicher nicht sagen für das Frankreich Pompidous, und dies können Sie auf gar keinen Fall sagen für das Frankreich Giscards; denn er hat Vorschläge gemacht, über die ich vorhin hier gesprochen habe. Im Lager der Koalition weist man immer auf unser Drängen auf Initiative und Dynamik hin. Ich meine, in dem Augenblick, als der französische Staatspräsident diese Vorschläge machte, wäre es doch für die deutsche Seite an der Zeit gewesen, „Na, endlich!" zu sagen und selbst weiterführende Vorschläge — mit einer deutschen Initiative — auf den Tisch zu legen.
    Für den Fall, daß man uns das nicht glaubt, möchte ich, Herr Bundeskanzler, eine bedeutende Feder aus der „Süddeutschen Zeitung" Ausgabe vom 7. Dezember — zitieren, die der Koalition sehr wohlgesonnen ist. Ich meine: diese Feder; ich meine nicht die Zeitung insgesamt. Dort heißt es:
    Wenn die Bundesrepublik so stark ist, daß Europa nicht gegen sie möglich ist, dann muß sie, wenn sie die Gemeinschaft braucht, deutlich machen, wie dieses Europa und seine Beziehung zu den USA beschaffen sein soll, und zur Not muß sie auch die Initiative ergreifen.
    Ende des Zitats.
    Der Herr Bundeskanzler ist es wieder uns allen schuldig geblieben, hier eine klare Perspektive zu zeigen. Aber in einem anderen Bericht der Regierung, der sich nicht durch die Sachlichkeit des Berichts des Auswärtigen Amtes auszeichnet, den ich ausdrücklich gelobt habe, nämlich in dem amtlichen Bericht, der uns als Drucksache vom 16. Oktober 1974 vorgelegt wurde, in dem Bericht der Regierung über den Stand der Europäischen Gemeinschaft ist die Rede von zunehmenden Divergenzen der wirtschaftlichen Entwicklung innerhalb der Gemeinschaft. Es heißt dort, diese seien bedingt durch die Ölverknappung und insbesondere durch die von der Ölpreissteigerung ausgelöste weltweite Energiekrise mit ihren Auswirkungen auf das Weltwährungssystem sowie durch eine sich beschleunigende Inflation mit den daraus resultierenden Zahlungsbilanzungleichgewichten. Das ist nun wieder eine Ausgabe mit einer veränderten Wahrheit. Dies ist das, was die Propaganda der Koalition versucht, nämlich Furcht und Schrecken zu verbreiten, alle anderen schuldig zu sprechen, zu sagen, woanders sei es noch schlimmer, sich selbst auf die Schultern zu klopfen.
    Nein, nein!- Nicht diese Dinge sind schuld an der Krise in Europa, sondern es ist schon so, wie der Präsident der Kommission, Ortoli, gesagt hat: Vertrauen, Willen und der notwendige klare Verstand sind nötig.
    Meine Damen und Herren, wenn wir dies hier kritisch sagen — und zwar sowohl das eine anerkennen als auch das andere kritisieren und im übrigen warten, was aus Absichtserklärungen wird —, wissen wir uns völlig einig mit der ganz überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa. Es liegen ja jetzt Ergebnisse von Meinungsumfragen in der Gemeinschaft der Neun vor. Danach beurteilen 74 %
    die Tätigkeit der Gemeinschaft als nicht ausreichend, nur 10 %als ausreichend und 16 %geben keine Antwort.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Ich sage dies vorsorglich, falls hier jemand kommen und sagen sollte, die Opposition kritisiere hier natürlich eine ganze Konferenz von Regierungschefs und Außenministern. Wir kritisieren hier die eigene Regierung und befinden uns damit völlig im Einklang mit dem, was die eigene Bevölkerung hier denkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben in der Debatte zu Beginn dieser erneuerten Koalition im Januar 1973 und dann in der Europa-Debatte am 28. März 1974 unsere Vorschläge vorgetragen. Ich nehme auf sie Bezug; sie gelten weiter. Ich wiederhole, Herr Kollege Bangemann: Damals hat der frühere Bundeskanzler Kiesinger in voller Abstimmung mit dieser Fraktion das Angebot gemacht, wenigstens in der Europapolitik zusammenzuarbeiten. Dies ist damals durch den Mund des Herrn Kollegen Wischnewski sofort abgelehnt worden. —
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch zu zwei anderen Fragen kommen. Die Frage des Nahen Ostens hat hier eine Rolle gespielt. Wenn wir die diplomatischen Aktivitäten dieser Tage sehen und an manchen Stellen die Worte „Energie und Ölin Gedanken durch die Worte „Spannung und Krieg" ersetzen, dann weiß man wohl, was viele dort wirklich bewegt. Ich finde, es war gut, daß hier die deutsche Position — soweit ich gesehen habe: übereinstimmend — klargestellt worden ist. Ich meine, wir als Bundesrepublik Deutschland können hier doch nicht nur zuwarten, ob und wann die Gefahr in das umschlägt, wovon alle Welt heute redet. Ich meine, wir können — ohne uns dabei zu übernehmen — einen Beitrag dazu leisten, das abzuwehren.
    Nachdem zu Beginn dieser Woche — wie man in Bonn sagt: in einem verbreiteten Nachrichtenmagazin, aber auch an anderen Stellen — gewisse Nachrichten über Krisenplanungen, übrigens Krisenplanungen ohne ein Gespräch mit der Opposition, verbreitet worden sind, möchte ich dazu doch noch ein Wort sagen. Wir sind denen, die uns gewählt haben, verpflichtet, die Grenzen der Belastbarkeit der Bundesrepublik Deutschland nie aus dem Auge zu verlieren. Ich meine auch, unsere Nachbarn, die in Europa, auch die USA, aber auch Israel und die arabischen Staaten haben Anspruch auf Klarheit durch uns. Freundschaft ist kein Blankoscheck. Wir müssen deutlich sagen, wo man mit unserer Freundschaft rechnen kann und wo nicht. Indem unsere Haltung kalkulierbar wird, entfernen wir Ungewißheit und tragen zur Sicherheit bei.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    9254 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974
    Dr. Barzel
    Wer für den Fall einer etwa ernsten Spannung auf irgendeine Weise auf uns zählt oder zählen möchte, hier oder draußen, der muß wissen, daß wir solidarisch und treu sind, aber nicht blind. Wir wollen wissen und mitbestimmen, wofür wir einstehen. Dies ist eine Forderung, die ich in dem Wort sagen möchte, das in der Einladung zum britischen Parlament im Mittelalter stand: Quod omnes tangit ab omnibus approbetur; was am Schluß alle angeht, muß auch von allen vorher gebilligt werden. Ich hoffe, dieser Hinweis ist deutlich genug.
    Ein Wort noch eben auf Grund der Debatte zu den innerdeutschen Dingen. Herr Bundeskanzler, Sie haben, wenn ich das richtig mitgeschrieben habe, gesagt, dies, was sich jetzt da anbahne, sei „das Positivste, was für Berlin seit dem Viermächteabkommen erreicht worden" sei. Das finde ich eigentlich doch ein bißchen sehr den Mund vollgenommen, und ich fürchte, Sie engen Ihre doch sehr erheblichen Möglichkeiten zu sehr ein auf zwei Dinge: entweder Triumphalismus oder Apokalypse. Das finde ich eigentlich nicht angemessen. Ich fand, daß der Herr Kollege Wehner hier sehr viel sorgfältiger formuliert hat, als er nämlich nicht vom Erreichen gesprochen hat, sondern gesagt hat, man habe „einen Ausblick erreicht". Dabei sind wir bei einem fundamentalen Punkt, wo ich nun eben beklage, daß in der Methode der Ostpolitik die Regierung Schmidt Genscher dieselben Fehler macht, wie sie die Regierung Brandt Scheel gemacht hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, was haben Sie denn „erreicht"? Wir haben hier ausdrücklich unserer Freude Ausdruck gegeben, daß es gelungen ist, daß eine Rechtsverletzung im Zusammenhang mit dem Zwangsumtausch zum Teil zurückgenommen wurde. Einverstanden. Aber dafür wollen wir doch nicht zum zweiten Mal Leistungen erbringen. Was haben Sie nun erreicht? Sie haben erreicht Ausblicke, wie Kollege Wehner das nennt, Hoffnungen, Erwartungen, Wünsche, wie ich dies nennen möchte. Sie haben dies nicht erreicht, Sie haben dies nicht in der Hand. Und warum geben Sie, wo Sie für die Gegenleistungen nur Hoffnungen haben, schon jetzt eine definitive Zusage für die Erhöhung des Swings zum 1. Januar 1976? Das hat doch Zeit, meine Damen und Herren. Warum jetzt diese Leistung, wo die Gegenleistungen der anderen nur wiederum in einer Hoffnung besteht?

    (Beifall bei der CDU/CSU) Dies muß doch deutlich gesagt werden.

    Ich möchte ausdrücklich, damit wir hier nicht mißverstanden werden, sagen daß man natürlich mit uns über Swing reden kann. Das ist doch eine Sache, den innerdeutschen Handel, der wichtig ist, zu beleben und möglich zu machen. Das ist doch gar keine Frage. Es waren doch unsere Regierungen, die dies eingeführt haben. Nur gibt es hier natürlich manchen Unterschied: erstens der Unterschied in der Höhe, zweitens das Verhältnis des Swings zu dem Gesamtvolumen des Handels, drittens die Frage der Zinslosigkeit im Vergleich zu Zinsen hier und anderswo. Und schließlich waren doch diese Entgegenkommen damals Entgegenkommen — wie soll ich sagen — diesseits des Rubikon. Es hatte doch noch nicht einen Vertrag mit der DDR und den Einzug der DDR in die UNO gegeben.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Das ist der Punkt!)

    Wir hatten mit ökonomischen Mitteln allein menschliche Fortschritte zu bewirken, und jetzt sind die politischen Dinge nicht mehr in der Hand, jetzt kommen die ökonomischen zusätzlich dazu.

    (Dr. Mertes [Gerolsheim] [CDU/CSU] : Das ist der große Unterschied!)

    Ich sage dies nicht, meine Damen und Herren, weil ich etwa vergessen hätte, was Adenauer in Fragen mit Geld und Freiheit und Menschlichkeit gemacht hat. Und mich braucht auch keiner wegen dem anzugucken, Herr Mattick, was ich selber gemacht habe in der Frage — Sie wissen es ganz genau — des Freikaufs von Gefangenen. Ich war nie ein Pfennigfuchser, wenn es um gesamtdeutsche Fortschritte ging. Aber der Unterschied hier muß doch völlig deutlich sein, und es bleibt einfach wahr: Sie leisten jetzt, im Dezember 74, die Zusage für ein Verhalten zum 1. Januar 76 in der Hoffnung, im Jahre 75 gewisse Fortschritte erreichen zu können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genauso ist es!)

    Dies ist die Lage.
    Meine Damen und Herren, das wäre nun eine Verführung, aber ich will das nicht machen, zurückzukommen auf unseren Stufenplan von damals, der das alles so verzahnt hätte, daß solcherlei Dinge nicht möglich geworden wären.
    Ich meine, wir sollten uns einmal überlegen —und dies ist vielleicht eine Frage, die nicht nur uns in der CDU/CSU angeht —, ob wir nicht die doch insgesamt beachtlichen ökonomischen Zugeständnisse, die die DDR auf den verschiedensten Bereichen, zum Teil mit Vernunft, bekommt, in geraumen Zeitabschnitten, so wie das die Amerikaner jetzt in ihrem Parlament gemacht haben, zur Disposition des Gesetzgebers, dieses Parlaments, stellen, um einmal die Sachen auf den Tisch zu legen und zu prüfen: Ist dies eigentlich alles noch vernünftig?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Denn wir haben doch alle erfahren, daß für Vertragstreue, das Einhalten von Zusagen kurzum, eine der stärksten Waffen, die wir in diesen innerdeutschen Dingen überhaupt haben, die vollständige Öffentlichkeit, die Kritik im Parlament ist, und ich glaube, eine Regierung, die das zu würdigen weiß, sollte hier die Haltung der Opposition begrüßen und nicht kritisieren, gerade in diesem Punkt

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, da ich vorher Ihren Unmut erzeugt habe, möchte ich mich zum Schluß an Sie wenden; ich fürchte, dies wird auch nicht sehr freundlich sein können. Ich habe in der ersten Debatte über Ihre Regierungserklärung beklagt, daß Sie darauf verzichtet hätten, Ihre Zielvorstellungen, Ihre Konturen, Ihre Perspektiven, Ihre geistigen Gehalte, kurzum die Worums und die Wozus, die
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9255
    Dr. Barzel
    Argumentation, die Motivation Ihrer Politik darzutun. Sie haben dies nicht getan, nicht in der Debatte, nicht in der Regierungstätigkeit bisher, und Sie haben heute in Ihrem Schluß ausdrücklich vor einer solchen Politik gewarnt und sich wirklich nur, ich muß es beinahe sagen, dem werkelnden Pragmatismus verschrieben.
    Wenn Sie, meine Damen und Herern, oder wenn Sie, Herr Bundeskanzler — sagen wir es so —, sich vielleicht einmal -- und Sie tun dies ja, wie ich weiß — selbstkritisch die Frage stellen, warum Sie nach sechs Monaten eigentlich den Auftrag, den Ihre Freunde und vielleicht die Geschichte Ihnen gegeben haben, den Auftrag, der nach Ihren Worten hieß, die „Angstlücke" zu schließen, Sicherheit zu geben, nicht erfüllen konnten, wenn Sie sich einmal fragen, warum dies eigentlich ebensowenig gelungen ist wie die Erfüllung der anderen Aufgabe, nämlich das, was Sie selbst den „Verschleißprozeß der SPD" genannt hatten, zu stoppen — ich fürchte, wenn Sie einmal Zeit haben, sich dies zu überlegen, dann haben Sie genau an dieser Stelle Ihren Grund. Denn ohne Perspektiven, ohne geistige Führung gibt es keinen politischen Erfolg. Und ich sage Ihnen, wenn Sie nicht die Perspektiven der Westpolitik klar hier vorlegen, dann wird auch alles, was Sie technisch zur Konjunkturpolitik vortragen, bei diesem Datenkranz nicht zum Erfolg führen können. Nehmen Sie diesen Rat ernst; denn wir haben kein Interesse, daß das Desaster in Deutschland so tief wird, daß wir die Dinge später nur mit größter Mühe und vielleicht nicht einmal in vier Jahren wieder in Ordnung bringen können.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)