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    Deutscher Bundestag 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974 Inhalt: Amtliche Mitteilung . . . . 6843 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1974 (Haushaltsgesetz 1974) (Drucksachen 7/1100, 7/1504); Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses; in Verbindung mit Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksache 7/1918); in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 7/1933); in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 7/1937) — Fortsetzung der zweiten Beratung — Grobecker (SPD) . . . . 6843 C, 6873 C Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 6844 C Dr. Apel, Bundesminister (BMF) . . 6849 B Dr. von Bülow (SPD) 6855 C Hoppe (FDP) . . . . . 6860 D, 6877 A Dr. Sprung (CDU/CSU) 6864 A Blank (SPD) 6867 C Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 6869 C Wohlrabe (CDU/CSU) 6874 D Carstens (Emstek) (CDU/CSU) . . 6876 D Haushaltsgesetz 1974 (Drucksachen 7/1938, 7/2026, 7/2027) Dr. Althammer (CDU/CSU) 6877 D, 6878 A, 6878 B Dr. von Bülow (SPD) . . . . . . 6878 B Sammelübersichten 19 und 20 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksachen 7/2055, 7/2087) . . . . . 6878 D Bericht und Antrag des Innenausschusses zu dem Bericht der Wahlkreiskommission für die 7. Wahlperiode des Deutschen Bundestages zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Bundestagswahlrecht (Drucksachen 7/1379, 7/867, 7/2063) Berger (CDU/CSU) . . . . . . . 6879 A Wittmann (Straubing) (SPD) . . . 6880 C Dr. Hirsch (FDP) . . . . . . . . 6882 B Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . . . . 6884 A Entwurf eines Gesetzes der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP zur Änderung des Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) (Drucksache 7/1878), Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache 7/2082), Bericht und Antrag des Innenausschusses (Drucksache 7/2081) — Zweite und dritte Beratung — 6884 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974 Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Personenstandsgesetzes (Drucksache 7/1490), Bericht und Antrag des Innenausschusses (Drucksache 7/2040) — Zweite und dritte Beratung — 6885 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Drucksache 7/2098) in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes des Bundesrates zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Drucksache 7/2099) — Erste Beratung — Vogelsang (SPD) 6885 C Dr. Fuchs (CDU/CSU) . . . . 6886 B Möllemann (FDP) . . . 6887 D Entwurf eines Sechsten Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Sechstes Anpassungsgesetz) (Drucksache 7/2121) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . 6888 D Entwurf eines Dritten Gesetzes des Bundesrates zur Änderung mietpreisrechtlicher Vorschriften in der kreisfreien Stadt München und im Landkreis München sowie in der Freien und Hansestadt Hamburg (Drucksache 7/2069) — Erste Beratung — 6889 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 25. März 1972 zur Änderung des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe (Drucksache 7/2071) — Erste Beratung — 6889 A Entwurf eines Gesetzes der Abg. Müller (Remscheid), Frau Schroeder (Detmold), Frau Stommel, Dr. Götz, Frau Hürland, Burger und der Fraktion der CDU/CSU zur Verlängerung des Gesetzes zur Förderung sozialer Hilfsdienste (Drucksache 7/2085) — Erste Beratung — 6889 A Entwurf eines Gesetzes über die weitere Sicherung des Einsatzes von Gemeinschaftskohle in der Elektrizitätswirtschaft (Drittes Verstromungsgesetz) (Drucksache 7/1991) — Erste Beratung — 6889 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Internationalen Schiffsvermessungs-Übereinkommen vom 23. Juni 1969 (Drucksache 7/2054) — Erste Beratung — 6889 B Entwurf eines Gesetzes über die Agrarberichterstattung (Agrarberichterstattungsgesetz) (Drucksache 7/1990) — Erste Beratung — 6889 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1974 (ERP- Wirtschaftsplangesetz 1974) (Drucksache 7/1979) — Erste Beratung — . . . . 6889 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes (Drucksache 7/2094) — Erste Beratung — Schedl (CDU/CSU) 6889 D Huonker (SPD) . . . . . . . 6890 B Opitz (FDP) 6891 B Dr. Eppler, Bundesminister (BMZ) . 6891 C Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Ekkehart Balnus, Emmerich, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1952) in Verbindung mit Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Helmuth Manne, Frankfurt, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1953) und Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Hans Russ, Siegburg, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1954) und Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Hans Basekow, Siegen, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1955) und Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Dr. Klaus Schmiemann, Köln, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1956) Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) . . 6892 B Bericht und Antrag des Ausschusses für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen zu dem Antrag der Abg. Lenzer, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Hösl, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Schröder (Lüneburg), Frau Dr. Walz, Weber (Heidelberg) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Rationalisierung, Kosten- und Erfolgskontrolle im Bundesministe- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974 III rium für Forschung und Technologie (Drucksachen 7/865, 7/1904) 6893 A Bericht und Antrag des Ausschusses für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen zu dem Antrag der Abg. Lenzer, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Hösl, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Schröder (Lüneburg), Frau Dr. Walz, Weber (Heidelberg) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung der „Technologischen Forschung und Entwicklung" im Bundesministerium für Forschung und Technologie (Drucksachen 7/890, 7/1972) 6893 B Zur Geschäftsordnung Leicht (CDU/CSU) 6893 C von Hassel, Vizepräsident . . . 6893 D Schulte (Unna) (SPD) 6894 B Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 6/74 — Besondere Zollsätze gegenüber Finnland — EGKS) und zu der Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 7/74 — Zollkontingente für Walzdraht usw. —) (Drucksachen 7/1969, 7/1970, 7/2084) 6894 B Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft zu den zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für bestimmte raffinierte Erdölerzeugnisse eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Polypropylen der Tarifstelle 39.02 C IV des Gemeinsamen Zolltarifs eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung der Gemeinschaftszollkontingente für Acryl-Spinnfasern und Garne aus AcrylSpinnfasern der Tarifstellen ex 56.04 A und ex 56.05 A des Gemeinsamen Zolltarifs eine Verordnung (EWG) des Rates zur Einführung einer Genehmigungspflicht für die Einfuhr von Tonbandgeräten nach Italien mit Herkunft aus Taiwan (Drucksachen 7/1745, 7/1994, 7/1771, 7/2083) . . 6894 C Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Durchführung einer Erhebung über die Verdienste der ständig in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter (Drucksachen 7/1708, 7/2086) 6894 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1974 (Haushaltsgesetz 1974) (Drucksachen 7/1100, 7/1504, 7/1911 bis 7/1938, 7/2027) — Dritte Beratung — Leicht (CDU/CSU) . . . . . . . 6895 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) . 6902 A Kirst (FDP) . . . . . . . . . . 6906 D Dr. Apel, Bundesminister (BMF) . 6911 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . 6911 D Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 6913 B Wolfram (SPD) . . . . . . . . 6913 C Damm (CDU/CSU) . . . . . . . 6914 A Würtz (SPD) . . . . . . . . . 6915 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (Drucksache 7/2011) — Erste Beratung — Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . 6916 B Gnädinger (SPD) 6917 A Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) 6917 D Kleinert (FDP) . . . . . . . . 6919 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6920 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6921* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974 6843 103. Sitzung Bonn, den 22. Mai 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Aigner * 22. 5. Dr. Artzinger * 22. 5. Bahr 22. 5. Batz 22. 5. Dr. Becher (Pullach) 22. 5. von Bockelberg 22. 5. Brandt 6. 6. Dr. Dregger 22. 5. Dr. Erhard 22. 5. Ferrang 22. 5. Dr. Freiwald 22. 5. Gewandt 19. 6. Dr. Gölter *** 22. 5. Dr. Gradl 10. 6. Groß 22. 5. Dr. Haenschke 31. 5. Härzschel * 23. 5. Handlos 22. 5. Jäger (Wangen) 1. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 22. 5. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Klepsch *** 22. 5. Freiherr von Kühlmann-Stumm 22. 5. Lagershausen 22. 5. Lampersbach 22. 5. Lemmrich *** 22. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 5. Lenzer *** 22. 5. Logemann 22. 5. Dr. Lohmar 22. 6. Lücker * 26. 5. Memmel * 22. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 22. 5. Dr. Narjes 22. 5. Pawelczyk *** 22. 5. Dr. Probst 22. 5. Richter *** 22.5. Schlaga *** 22. 5. Schmidt (Kempten) *** 22. 5. Schröder (Wilhelminenhof) 22. 5. Dr. Schwencke *** 22. 5. Dr. Schwörer * 22. 5. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 24.5. Dr. Starke (Franken) 23. 5. Vogel (Ennepetal) 22. 5. Walkhoff * 22. 5. Frau Dr. Walz * 22. 5. Wienand 22. 5. Dr. Wörner 22. 5. Zeyer 8.6.
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    Rede von Victor Kirst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mich zunächst den Dankesworten anschließen, die der Kollege Leicht in seiner Rede, wenn ich es so formulieren darf, an alle, die es angeht, gefunden hat. Ich möchte — man sollte das trotz aller politischen Gegensätze tun, die hier in den letzten drei Tagen ausgetragen worden sind — diesen Dank besonders auch auf die Kollegen der Opposition ausdehnen für ihre Bereitschaft, die es ermöglicht hat, daß wir in diesem Verfahren hier heute nachmittag den Haushalt 1974 endgültig verabschieden können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich betrachte diesen Dank als einen Akt der Human relations in diesem Hause, die wir auch immer pflegen sollten.



    Kirst
    Ich stimme auch dem zu, was der Kollege Leicht hier in der vergangenen Nacht in einer an sich wohl nicht beabsichtigten Einlassung gesagt hat und was wieder aufkam beim Kollegen Althammer. Es trifft absolut zu — ich habe mich daraufhin auch noch einmal erinnert —, daß wir seit 1971 — damah im Februar, ein erfreulich früher Zeitpunkt — eigentlich keine ausführliche Haushaltungsberatung in diesem Hause mehr gehabt haben. Wenn ich mir überlege, wieviel Unfug über den- Haushalt hier und dort — sehr viel auch draußen im Lande — geredet und geschrieben wird, meine ich, daß wir uns diesen Zustand auf Grund dieses Mangels vielleicht selber zuzuschreiben haben. Dabei sehen wir alle, daß in diesem Jahr, so wie die Dinge nun einmal lagen, ein anderes Verfahren sicherlich nicht möglich war.
    Den Haushaltsausschuß trifft daran übrigens keine Schuld; das muß man noch einmal feststellen. Ihn trifft auch keine Schuld daran, daß die vorgesehene Haushaltsberatung in die erste Maiwoche fiel. Wir waren im Haushaltsausschuß Ende März mit den Beratungen fertig. Es lag dann natürlich an der Gestaltung des Sitzungsplans, der auch von Dingen beeinflußt wurde — z. B. das Osterfest —, die sich unserer Einwirkung entziehen.
    Gerade deshalb, weil wir im Haushaltsausschuß Ende März fertig waren, mußten wir diesen Weg wählen. Es gilt für jeden Haushalt, gleichgültig, von welcher Regierung er vorgelegt worden sein mag: Wenn der Haushaltsausschuß nach den vielen Monaten seiner Arbeit seinen Bericht an das Parlament gibt, müßte er diesen Bericht eigentlich mit dem Stempel „begrenzt haltbar" versehen, wie es das bei manchen Verbrauchsprodukten auch gibt.
    Wir wissen ja, daß jeder Haushaltsplan eine Momentaufnahme darstellt. Auch der Zustand, in den wir den Haushalt am Schluß unserer Beratungen im März gebracht haben, war nur eine Momentaufnahme. Wenn wir, was einmal, wie ich weiß, erörtert worden ist, erst Mitte oder gar Ende Juni den Haushalt hätten verabschieden wollen — weil wir auch den Steuerreformtermin nicht verschieben konnten —, hätte das die unweigerliche Konsequenz gehabt, daß wir im Haushaltsausschuß eine weitere Aktualisierung hätten vornehmen müssen. Das konnte sicherlich nicht zweckdienlich sein. Deshalb war diese weitere Verschiebung nicht möglich.
    Dieser Begriff „Momentaufnahme" erklärt gewiß auch, daß Sie heute mit diesem Zahlenwerk — ich glaube, man kann das so formulieren, Kollege Leicht — Tausende von Änderungen gegenüber dem Regierungsansatz in Größenordnungen zwischen 1 000 DM — das ist so die kleinste Größe — und Milliardenbeträgen beschließen müssen. Der Haushalt, den wir Ihnen vorgelegt haben, entspricht insofern der Aktualität, bezogen auf Ende März.
    Es hat in den Beratungen dieser Tage — wie konnte das anders sein! — die Frage der Zuwachsraten des Haushalts wieder eine wesentliche Rolle gespielt. Ich habe hier wiederholt davon gesprochen, daß ich diesen Zuwachsratenfetischismus nicht mitmache. Ich habe bei der ersten Lesung des Haushalts 1973, vielleicht ohne große Resonanz in diesem
    Hause, aber --- wie ich mit großer Freude. festgestellt habe — mit einiger Resonanz außerhalb des Hauses, davon gesprochen, daß es gar nicht so sehr auf die quantitative als vielmehr auf die qualitative Betrachtung ankommt.
    Seien wir uns doch darüber klar: Diese 600 Millionen DM, die jetzt in den Haushalt hineingekommen sind, sind konjunkturpolitisch viel relevanter — wir sind uns einig, daß sie erforderlich und richtig sind — als die Frage, ob wir das Volumen noch um 2, 3 oder 4 Milliarden DM hätten kürzen sollen. Das ist der wahre Zusammenhang dabei, nämlich daß die qualitative Betrachtung wesentlich wichtiger ist als diese Betrachtung der Zuwachsraten. Das scheint mir wichtiger zu sein als dieses Prozentspiel und als die Versuche haushaltstechnischer Kosmetik, die sicher — ich gebe das ganz offen zu — zum Instrumentarium aller Behörden und der in diesem Hause damit Beschäftigten gehört haben. Da gibt es gar kein Patent für die eine oder die andere Seite.
    Zu dieser haushaltspolitischen, haushaltstechnischen Kosmetik gehört aber sicher auch der Antrag, den wir vorhin schon abgelehnt haben, der aber auch, wie ich glaube, bei Ihnen, Herr Kollege Leicht, noch eine Rolle gespielt hat. Ich meine den Antrag der Opposition bezüglich der zwei Milliarden DM globale Minderausgaben. Ich will nicht das wiederholen, was hier zur Sache selbst, zu der Operation Kürzung des Sparprämienansatzes und entsprechende Kürzung der globalen Minderausgabe, gesagt worden ist. Lassen Sie mich das, was ich in den letzten vier Jahren zu dieser Frage wiederholt gesagt habe, aus diesem aktuellen Anlaß mit den Worten wiederholen: Die Schlacht um die Stabilität — Anklänge daran fanden sich auch in Ihren Reden heute und in diesen Tagen — wird an anderen Fronten entschieden.
    Die Haushaltsgestaltung der öffentlichen Hände — ich bin Herrn Leicht dafür dankbar, daß er heute betont immer wieder von der Gesamtheit der öffentlichen Haushalte gesprochen hat; das erleichtert die Diskussion, auch wenn die Auseinandersetzungen in anderen Punkten weitergehen — hat dabei nach meiner Auffassung nicht viel mehr als die Bedeutung eines Nebenkriegsschauplatzes, der sicherlich von der Opposition — ich sage: auch auf Grund Mangel an eigener Konzeption in den Grundfragen der Stabilität — in den letzten vier Jahren zum zentralen Punkt hochgespielt worden ist, weil das recht bequem war. Wenn ich darauf hinweise, daß wird immer noch auf stabilitätspolitische Beispiele der CDU-regierten Länder in diesem begrenzten Rahmen warten, dann sage ich das, obwohl, wie ich schon erwähnte, Kollege Leicht die Diskussion soeben erfreulicherweise ausgeweitet hat.
    Ich darf noch ein paar weitere Bemerkungen zu den Ausführungen des Kollegen Leicht hinzufügen. Sie haben letzten Endes wieder davon gesprochen, daß die stabilitätspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung nicht ausgereicht hätten und zu spät getroffen worden seien. Ich will nicht davon sprechen, wie Sie sich in den letzten vier Jahren jeweils verhalten haben. Aber eines steht ja nun einmal



    Kirst
    fest, nämlich daß eine wirkungsvolle Politik erst nach dem Maß an außenwirtschaftlicher Absicherung möglich war, das im Frühjahr vergangenen Jahres erreicht worden ist. Wenn Sie sich das Stabilitätsprogramm der Bundesregierung ansehen, so zeigt es sehr deutlich, daß es haushaltspolitisch nur relativ gering gewichtet war, daß es aber — was sehr richtig war — auf den entscheidenden Punkt, nämlich auf die Nachfrage draußen im Lande, sei es die Nachfrage der Konsumenten, sei es die Nachfrage der Unternehmer nach Investitionen, ausgerichtet war.
    Nur, Herr Leicht, Sie dürfen nicht sagen, durch dieses Programm sei keine Stabilität gewonnen worden. Die Zahlen für den Spätsommer mid den Frühherbst 1973 sprechen eine andere Sprache. Sie zeigen, daß das gesteckte Ziel — wir waren sehr bescheiden; wir haben den Erwartungshorizont nicht zu weit gesteckt —, eine Tendenzwende anzustreben, in erreichbarer Nähe war und aus den Gründen, über die wir hier wiederholt gesprochen haben — ich erinnere an die Entwicklung beim 01, bei den Rohstoffen und an die tarifpolitischen Entwicklungen Anfang des Jahres --- nur dort bleiben konnte.
    Herr Kollege Leicht, niemand hat die Inflation, die Geldwertentwicklung, verharmlost. Aber ebenso gefährlich wie die Verharmlosung ist das ständige Aufputschen. Sie müssen nämlich wissen, daß Psychologie im Wirtschaftsablauf einen ganz entscheidenden Einfluß hat. Wer dauernd so redet wie Sie, der fördert im Grunde genommen eine Entwicklung, die wir alle gemeinsam nicht wollen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie haben von der Entwicklung des Volumens aller öffentlichen Haushalte 1973 gesprochen. Die Steigerungsrate liegt bei 13 0/0. Ich darf jedoch in aller Bescheidenheit hinzufügen: beim Bund waren es 9,6 %.
    Noch ein Wort, weil das immer wieder vorkommt, zum „Inflations-Entlastungsgesetz". Wir haben es anders bezeichnet. Ich würde es gerne als Steuerreform-Verhinderungsgesetz — ob gewollt oder ungewollt — bezeichnen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Was mir imponiert, Kollege Leicht, das sind die ehrlichen Zweifel an den Wirkungsmöglichkeiten dieses Gesetzes, die Sie hier selbst zum Ausdruck gebracht haben. Sie haben gesagt, man hätte ja nicht wissen können, ob es funktioniere, man könne auch nicht ausschließen, daß es funktioniere. Von dem bedingungslosen Glauben an eine solche Operation, den wir bisher von Ihrer Seite immer zu hören bekommen haben, unterscheidet sich wohltuend das, was Sie heute hier gesagt haben, und ich hoffe, Sie schwächen es jetzt nicht ab.

    (Abg. Leicht: Versuchter Einfluß auf die Tarifpartner!)

    — Ja, wir haben das immer bezweifelt, und die Erklärungen des einen Teils der Tarifpartner waren ja auch entsprechend. Daß die andere Seite der Tarifpartner aus geradezu egoistischen Gründen anders
    argumentiert hat, ist absolut verständlich, wird dadurch aber nicht richtiger.
    Noch eine letzte Bemerkung zu Ihrem Hinweis, Herr Kollege Leicht, auf die zwei Minister und deren Personal. Wir machen ja dafür den § 17 a, wie ich glaube, sogar mit Ihrer Billigung, so daß sich diese Dinge mit Einwilligung des Haushaltsausschusses regeln werden.
    Wenn ich noch ein Wort zur Frage der Zuwachsraten sagen darf, dann möchte ich schon heute entschieden davor warnen, mit diesen Zuwachsraten im nächsten Jahr ein Satyrspiel zu treiben, und diese Warnung geht über dieses Haus hinaus. Wir wissen alle, daß der Bundeshaushalt 1975 aus den bekannten Gründen der Umstellung des Familienlastenausgleichs in einem mit den vergangenen Jahren nicht vergleichbaren Ausmaß rein optisch, rein zahlenmäßig wachsen wird. Eine solche Entwicklung, die die Relationen völlig verschiebt, zeigt auch wieder von dieser Seite, wie problematisch solche Diskussionen sind. Man müßte natürlich immer von bereinigten Haushalten ausgehen. Auch die Zuwachsrate 1974 wäre dann in gewissen Punkten, die Sie selbst genannt haben — der Einbeziehung der Schattenhaushalte oder eines Teils, wie wir offen sagen wollen —, zu berichtigen.
    Nun sollte man vor allem die Kritik am Volumen des Haushalts hier und draußen nicht mit einer Verketzerung der öffentlichen Ausgaben und der öffentlichen Aufgaben verbinden. Da wird immer so gern ein unterschwelliges Unbehagen am Staat geschürt. Man muß immer wieder deutlich sagen, daß Haushalt keine Veranstaltung der Regierung oder der Koalition oder des Parlaments ist. Haushalt ist eine Angelegenheit aller Bürger des Staates, und hinter den vielen trockenen Zahlen dieses Haushalts stehen viele menschliche Schicksale, und hinter den Einnahmen steht die Leistung aller Steuerzahler, denen wir bei dieser Gelegenheit auch einmal danken sollten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Ruhe und Aufmerksamkeit für den Redner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Victor Kirst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Vielen Dank, Herr Präsident! Ich habe oft das Schicksal, kurz vor einer Abstimmung zu sprechen. Dann füllt sich der Saal langsam.

    (Abg. Baier: Auch ein Vorteil!)

    — Wenn er sich leise füllt, Herr Baier, ist der Vorteil größer. Man läuft ja im allgemeinen auch nicht mit dem Mund, sondern mit den Füßen.
    Meine Damen und Herren, das Motto, man redet am besten über etwas, von dem man nichts versteht, trifft weitgehend auf die Haushaltskritik in der Öffentlichkeit, teilweise aber auch unter den Parlamentariern selbst zu. Ich möchte es Ihnen deshalb auch nicht ersparen, in dieser für den erwarteten Sitzungsablauf späten Stunde — aber daran tragen andere Schuld, die unbedingt vorbereitete Reden halten mußten — doch ein paar Worte über das zu



    Kirst
    sagen, was wir heute inhaltlich entscheiden. Denn ich habe den Eindruck, daß auch in diesem Hause — und ich mache da gar keine Ausnahme, — manchmal wenig Kenntnis über den Inhalt, über die Struktur des Haushaltes besteht. Die Zahl von 136,4 Milliarden DM ist im allgemeinen bekannt. Wenn wir die Zusammensetzung einmal analysieren, werden wir aber feststellen, davon entfallen 29 Milliarden DM gleich 21 0/o, d. h. von jeder Mark 21 Pfennig, auf den Einzelplan 14: Verteidigung. Wer über den Haushalt redet und über das Volumen schimpft, sollte zunächst einmal diese Tatsache dabei bedenken.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP.)

    Und damit es hier keine Mißverständnisse gibt: Ich halte dieses Ausmaß der Verteidigungsanstrengungen auf absehbare Zeit für absolut unvermeidlich. Nur muß man das wissen: Es ist der Preis der Freiheit und der äußeren Sicherheit, den wir mit diesen 21 % unseres Haushaltsvolumens zu zahlen haben.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ich darf in diesem Zusammenhang vorweg gleich ein Wort zu dem Entschließungsantrag der Kollegen von der Opposition auf Drucksache 7/2146 sagen. Wir werden Ihnen nicht den Gefallen tun — wobei ich nicht unbedingt unterstelle, daß Sie das gewollt haben —, diesen Antrag abzulehnen. Wir können ihn aber so, wie er formuliert ist, auch nicht annehmen. Wir bitten um Überweisung an die zuständigen Ausschüsse, damit wir dort gemeinsam zu einer vernünftigen Formulierung kommen. Denn es ist sicherlich — bei aller Anerkennung der verteidigungspolitischen Notwendigkeiten — falsch, hier eine solche prozentuale Festschreibung vornehmen zu wollen,

    (Zustimmung bei Abgeordneten der Regierungsparteien)

    weil man ja gar nicht weiß, wie sich die Haushaltslage insgesamt entwickelt; der Anteil der Verteidigung kann ja auch einmal steigen müssen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    — Das kann sein. Und ganz abgesehen davon würde durch einen solchen Schritt generell für jedes Ressort einem Besitzstandsdenken Vorschub geleistet werden.
    Meine Damen und Herren, der zweite große Block sind die 27,3 Milliarden — gleich 20 Prozent — im Einzelplan 11: Arbeit und Sozialordnung. Da muß man wissen, daß davon 99 Prozent gesetzlich gebunden sind. Das ist — in Analogie zu dem, was ich eben sagte — der Preis eines Teils der sozialen Sicherheit dieses Landes und damit für viele Bürger auch die Garantie materieller persönlicher Sicherung und Freiheit.
    Dann kommt der Verkehr: 19,1 Milliarden gleich 14 Prozent. Herr Leicht hat eben selbst gesagt, daß davon aus Gründen, die wir jetzt nicht erörtern wollen, 9,6 Milliarden auf die Bundesbahn entfallen. Der Rest sind im wesentlichen zweckgebundene Mittel aus der Mineralölsteuer für Straßen, Autobahnen und Nahverkehr.
    Man muß bei diesen Grundsäulen des Etats noch die Bundesschulden erwähnen. Denn wenn man Kredite aufnimmt — und seit 25 Jahren immer aufgenommen hat —, muß man dafür natürlich Zinsen und Amortisation leisten. Das sind 6,5 Milliarden oder 5 Prozent.
    Und dann ein Posten, der leicht untergeht: 5 Milliarden oder 4 Prozent Hilfe — selbstverständliche Hilfe — des Bundes für Berlin.
    Meine Damen und Herren, allein diese fünf Teile repräsentieren 60 Prozent des gesamten Ausgabenvolumens, und das zeigt, wie schwierig es ist, in einem solchen Haushalt massive Sparmaßnahmen durchzuführen.

    (Unruhe.)