Rede von
Dr.
Burkhard
Hirsch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege Berger, ich kenne diese Meldung nicht.
Aber sicherlich sind wir uns darin einig, daß sich Bund und Länder gemeinsam — d. h. nicht nur der Bundesinnenminister, sondern auch die Ministerpräsidenten der Länder — um dieses große Problem der Neugliederung mit Intensität bemühen müssen, nicht nur wegen der Frist der Volksentscheide — bis zum 31. Mai 1975 sind ja einige fällig —, sondern auch deswegen, weil wir, wie Sie wissen, schon vor längerer Zeit z. B. den Vorschlag, einen Südweststaat zu bilden, vorgelegt haben. Darüber müssen wir dann doch einmal ernsthaft reden — im Interesse des Föderalismus und des föderativen Aufbaus der Bundesrepublik, der mir genauso wie Ihnen sicherlich auch am Herzen liegt.
Also gut, das ist der eine Punkt: Wenn man die Wahlkreiseinteilung verändert, muß das halten.
Wir haben uns von den Verfassungsrechtlern überzeugen lassen, daß jedenfalls kein verfassungsrechtlicher Anspruch eines Landes besteht, einen weiteren Wahlkreis zu bekommen. Sie haben das in Ihrem Antrag erwähnt. Dem sehen wir in Ruhe entgegen.
Die Gefahr der Überhangmandate ist nie auszuschließen.
Daß Überhangmandate nichts Positives sind, darin sind wir einig, aber Überhangmandate sind nach unserem Wahlrecht möglich, sie sind rechtlich zulässig. Sicherlich ist das ein Punkt, bei dem man sich damit zufrieden geben kann, zu sagen, daß sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht drohen.
Zu der Frage des Wahlrechts der Deutschen im Ausland. Beide Modelle, die sozusagen zur Auswahl vorlagen, haben Vor- und Nachteile. Ich persönlich bin ein großer Anhänger der Idee, den Deutschen im Ausland das Wahlrecht zu geben, gar keine Frage.
Nur ist auch das ein Punkt, den man mit großer Sorgfalt und, wie ich meine, mit großer Mehrheit in diesem Hause erledigen sollte, insbesondere dann, wenn zwei Fragen offen sind. Sie haben eine angesprochen: die Frage einer Art europäischen Bürgerrechts. Dieses liefe bei der Verleihung des Wahlrechts zu den nationalen Parlamenten darauf hinaus, das Wahlrecht von der Staatsangehörigkeit zu trennen. Das ist ein großes Thema, das, meine ich, noch nicht ausdiskutiert ist. Kann man also auch denjenigen unserer Mitbürger das Wahlrecht geben, die bei anderer Staatsangehörigkeit die Möglichkeit haben, sich der Folgen ihrer eigenen Wahlentscheidung zu entziehen? Dies ist ein Thema, das meiner Meinung nach nicht ausdiskutiert ist.
Wenn aber ein Teil des Hauses der Auffassung ist, daß hierin ein Ansatzpunkt gesehen werden könnte für ein Mehr an europäischer Integration — eine Hoffnung, die ich persönlich in diesem Punkt nicht teile —, dann meine ich, muß man diesem Gedanken Raum geben und verfolgen, ob er sich verwirklicht. Deswegen sind wir der Meinung, daß es tragbar ist, diese Entscheidung jetzt noch nicht zu treffen, sondern dann endgültig zu entscheiden, wenn es Zeit ist, unsere Regeln für das Jahr 1980 zu bestellen. Ich meine also nicht, daß diese Entscheidung erst im Jahr 1980 getroffen werden kann, sondern so rechtzeitig, daß wir klare Verhältnisse sowohl bei der Frage der Wahlkreiseinteilung als auch bei der Frage des Wahlrechts der im Ausland lebenden Deutschen zur Wahl 1980 geschaffen haben und, wie ich hoffe, dann mit einmütiger Zustimmung dieses Hauses.
6884 Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974