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ID0710302800

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    Deutscher Bundestag 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974 Inhalt: Amtliche Mitteilung . . . . 6843 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1974 (Haushaltsgesetz 1974) (Drucksachen 7/1100, 7/1504); Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses; in Verbindung mit Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksache 7/1918); in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 7/1933); in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 7/1937) — Fortsetzung der zweiten Beratung — Grobecker (SPD) . . . . 6843 C, 6873 C Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 6844 C Dr. Apel, Bundesminister (BMF) . . 6849 B Dr. von Bülow (SPD) 6855 C Hoppe (FDP) . . . . . 6860 D, 6877 A Dr. Sprung (CDU/CSU) 6864 A Blank (SPD) 6867 C Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 6869 C Wohlrabe (CDU/CSU) 6874 D Carstens (Emstek) (CDU/CSU) . . 6876 D Haushaltsgesetz 1974 (Drucksachen 7/1938, 7/2026, 7/2027) Dr. Althammer (CDU/CSU) 6877 D, 6878 A, 6878 B Dr. von Bülow (SPD) . . . . . . 6878 B Sammelübersichten 19 und 20 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksachen 7/2055, 7/2087) . . . . . 6878 D Bericht und Antrag des Innenausschusses zu dem Bericht der Wahlkreiskommission für die 7. Wahlperiode des Deutschen Bundestages zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Bundestagswahlrecht (Drucksachen 7/1379, 7/867, 7/2063) Berger (CDU/CSU) . . . . . . . 6879 A Wittmann (Straubing) (SPD) . . . 6880 C Dr. Hirsch (FDP) . . . . . . . . 6882 B Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . . . . 6884 A Entwurf eines Gesetzes der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP zur Änderung des Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) (Drucksache 7/1878), Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache 7/2082), Bericht und Antrag des Innenausschusses (Drucksache 7/2081) — Zweite und dritte Beratung — 6884 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974 Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Personenstandsgesetzes (Drucksache 7/1490), Bericht und Antrag des Innenausschusses (Drucksache 7/2040) — Zweite und dritte Beratung — 6885 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Drucksache 7/2098) in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes des Bundesrates zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Drucksache 7/2099) — Erste Beratung — Vogelsang (SPD) 6885 C Dr. Fuchs (CDU/CSU) . . . . 6886 B Möllemann (FDP) . . . 6887 D Entwurf eines Sechsten Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Sechstes Anpassungsgesetz) (Drucksache 7/2121) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . 6888 D Entwurf eines Dritten Gesetzes des Bundesrates zur Änderung mietpreisrechtlicher Vorschriften in der kreisfreien Stadt München und im Landkreis München sowie in der Freien und Hansestadt Hamburg (Drucksache 7/2069) — Erste Beratung — 6889 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 25. März 1972 zur Änderung des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe (Drucksache 7/2071) — Erste Beratung — 6889 A Entwurf eines Gesetzes der Abg. Müller (Remscheid), Frau Schroeder (Detmold), Frau Stommel, Dr. Götz, Frau Hürland, Burger und der Fraktion der CDU/CSU zur Verlängerung des Gesetzes zur Förderung sozialer Hilfsdienste (Drucksache 7/2085) — Erste Beratung — 6889 A Entwurf eines Gesetzes über die weitere Sicherung des Einsatzes von Gemeinschaftskohle in der Elektrizitätswirtschaft (Drittes Verstromungsgesetz) (Drucksache 7/1991) — Erste Beratung — 6889 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Internationalen Schiffsvermessungs-Übereinkommen vom 23. Juni 1969 (Drucksache 7/2054) — Erste Beratung — 6889 B Entwurf eines Gesetzes über die Agrarberichterstattung (Agrarberichterstattungsgesetz) (Drucksache 7/1990) — Erste Beratung — 6889 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1974 (ERP- Wirtschaftsplangesetz 1974) (Drucksache 7/1979) — Erste Beratung — . . . . 6889 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes (Drucksache 7/2094) — Erste Beratung — Schedl (CDU/CSU) 6889 D Huonker (SPD) . . . . . . . 6890 B Opitz (FDP) 6891 B Dr. Eppler, Bundesminister (BMZ) . 6891 C Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Ekkehart Balnus, Emmerich, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1952) in Verbindung mit Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Helmuth Manne, Frankfurt, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1953) und Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Hans Russ, Siegburg, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1954) und Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Hans Basekow, Siegen, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1955) und Antrag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über den Wahleinspruch des Dr. Klaus Schmiemann, Köln, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag vom 19. November 1972 (Drucksache 7/1956) Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) . . 6892 B Bericht und Antrag des Ausschusses für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen zu dem Antrag der Abg. Lenzer, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Hösl, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Schröder (Lüneburg), Frau Dr. Walz, Weber (Heidelberg) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Rationalisierung, Kosten- und Erfolgskontrolle im Bundesministe- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974 III rium für Forschung und Technologie (Drucksachen 7/865, 7/1904) 6893 A Bericht und Antrag des Ausschusses für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen zu dem Antrag der Abg. Lenzer, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Hösl, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Schröder (Lüneburg), Frau Dr. Walz, Weber (Heidelberg) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung der „Technologischen Forschung und Entwicklung" im Bundesministerium für Forschung und Technologie (Drucksachen 7/890, 7/1972) 6893 B Zur Geschäftsordnung Leicht (CDU/CSU) 6893 C von Hassel, Vizepräsident . . . 6893 D Schulte (Unna) (SPD) 6894 B Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 6/74 — Besondere Zollsätze gegenüber Finnland — EGKS) und zu der Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 7/74 — Zollkontingente für Walzdraht usw. —) (Drucksachen 7/1969, 7/1970, 7/2084) 6894 B Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft zu den zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für bestimmte raffinierte Erdölerzeugnisse eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Polypropylen der Tarifstelle 39.02 C IV des Gemeinsamen Zolltarifs eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung der Gemeinschaftszollkontingente für Acryl-Spinnfasern und Garne aus AcrylSpinnfasern der Tarifstellen ex 56.04 A und ex 56.05 A des Gemeinsamen Zolltarifs eine Verordnung (EWG) des Rates zur Einführung einer Genehmigungspflicht für die Einfuhr von Tonbandgeräten nach Italien mit Herkunft aus Taiwan (Drucksachen 7/1745, 7/1994, 7/1771, 7/2083) . . 6894 C Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Durchführung einer Erhebung über die Verdienste der ständig in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter (Drucksachen 7/1708, 7/2086) 6894 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1974 (Haushaltsgesetz 1974) (Drucksachen 7/1100, 7/1504, 7/1911 bis 7/1938, 7/2027) — Dritte Beratung — Leicht (CDU/CSU) . . . . . . . 6895 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) . 6902 A Kirst (FDP) . . . . . . . . . . 6906 D Dr. Apel, Bundesminister (BMF) . 6911 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . 6911 D Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 6913 B Wolfram (SPD) . . . . . . . . 6913 C Damm (CDU/CSU) . . . . . . . 6914 A Würtz (SPD) . . . . . . . . . 6915 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (Drucksache 7/2011) — Erste Beratung — Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . 6916 B Gnädinger (SPD) 6917 A Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) 6917 D Kleinert (FDP) . . . . . . . . 6919 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6920 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6921* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974 6843 103. Sitzung Bonn, den 22. Mai 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Aigner * 22. 5. Dr. Artzinger * 22. 5. Bahr 22. 5. Batz 22. 5. Dr. Becher (Pullach) 22. 5. von Bockelberg 22. 5. Brandt 6. 6. Dr. Dregger 22. 5. Dr. Erhard 22. 5. Ferrang 22. 5. Dr. Freiwald 22. 5. Gewandt 19. 6. Dr. Gölter *** 22. 5. Dr. Gradl 10. 6. Groß 22. 5. Dr. Haenschke 31. 5. Härzschel * 23. 5. Handlos 22. 5. Jäger (Wangen) 1. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 22. 5. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Klepsch *** 22. 5. Freiherr von Kühlmann-Stumm 22. 5. Lagershausen 22. 5. Lampersbach 22. 5. Lemmrich *** 22. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 5. Lenzer *** 22. 5. Logemann 22. 5. Dr. Lohmar 22. 6. Lücker * 26. 5. Memmel * 22. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 22. 5. Dr. Narjes 22. 5. Pawelczyk *** 22. 5. Dr. Probst 22. 5. Richter *** 22.5. Schlaga *** 22. 5. Schmidt (Kempten) *** 22. 5. Schröder (Wilhelminenhof) 22. 5. Dr. Schwencke *** 22. 5. Dr. Schwörer * 22. 5. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 24.5. Dr. Starke (Franken) 23. 5. Vogel (Ennepetal) 22. 5. Walkhoff * 22. 5. Frau Dr. Walz * 22. 5. Wienand 22. 5. Dr. Wörner 22. 5. Zeyer 8.6.
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    Rede von Dr. Andreas von Bülow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundeshaushalt 1974 wird heute mit Ausgaben in Höhe von 136,4 Milliarden DM ohne die beantragten globalen Minderausgaben beschlossen. Die Frage an diesen Haushalt lautet: Wie paßt er in die soziale, wirtschaftliche, gesellschaftspolitische Landschaft des Jahres 1974? Wie wird dieses Jahr 1974 verlaufen? Ist eine Steigerungsrate der Bundesausgaben in Höhe von 12,1 % zuwenig, zuviel oder vertretbar? Niemand, der an dieser Stelle zu den aufgeworfenen Fragen antwortet, sollte sich die Aufgabe zu leicht machen.
    Aber dieser Haushalt — lassen Sie mich darauf noch kurz eingehen; das hat gestern in der Debatte um die Regierungserklärung eine große Rolle gespielt — steht in einem weiten währungs-, wirtschafts- und finanzpolitischen Rahmen, der auch durch starke internationale Einflüsse bedingt ist. Hingegen tut die Opposition so, als seien wir eine rein national bestimmte Insel und als könne man das Schifflein für sich allein lenken und trage deshalb dafür auch allein die Verantwortung. Die Wirklichkeit sieht wesentlich komplizierter aus.
    Wenn wir uns einer Art Wettbewerb unter den modernen Industriestaaten um die beste Währungs-, Wirtschafts- und Finanzpolitik unterziehen würden, dann würde vermutlich die Bundesrepublik von den Schiedsrichtern einstimmig zu den Spitzenreitern gezählt werden. Die Bundesrepublik — ich will das wiederholen — hat die niedrigste Preissteigerungsrate der gesamten westlichen Welt; die jüngste OECD-Statistik weist dies unter 24 Staaten nach. Sicher wäre es schöner und richtiger, wir hätten eine Preissteigerungsrate unter den gegenwärtigen 7,1 %. Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, sagen Sie uns doch mal, wie wir das unter den ungeheuren weltwirtschaftlichen Verflechtungen, die unsere Volkswirtschaft eingegangen ist, durchsetzen wollen. Unsere Ausfuhr mit einem Wert von fast 200 Milliarden DM — gleich 19,2 % des Bruttosozialprodukts — oder die Einfuhr in Höhe von fast 150 Milliarden DM, das ist der Gegenwert der internationalen Verflechtung. Die Rohstoffe sind in den letzten zwölf Monaten für die Bundesrepublik urn 90 % teurer geworden; das heißt, der Rohstoffeinsatz für das, was wir an Industriewaren produzieren, hat sich um 90 % verteuert. Das 01 ist um 200 bis 300 % teurer geworden. Nun sagen Sie, meine Herren von der Opposition: wie will man dieser Teuerung mit fiskalpolitischen Maßnahmen begegnen?

    (Beifall bei der SPD.)

    Dies ist ein Griff in die Taschen unserer Volkswirtschaft. Unsere vergleichbaren Produktionskosten werden dadurch erhöht, und das geht in die Preissteigerungsrate hinein. Es gibt kein Mittel, mit nationalen Maßnahmen sich diesem Zugriff zu entziehen, es sei denn eine Aufwertung. Aber die kann man ja bekanntlich nicht in dieser Größenordnung



    Dr. von Bülow
    durchführen, auch nicht durch floatende Wechselkurse.
    Ich komme aus einem Wahlkreis, der Textilwaren produziert. Die Baumwolle ist innerhalb eines Jahres um 80 % teurer geworden; das macht bei den Produkten dort eine Kostensteigerungsrate von 15 % aus, vorneweg allein auf Grund der Baumwollpreise. Sowohl Herr Strauß wie Herr Carstens werden zugeben müssen, daß Baumwolle in der Bundesrepublik ja weiß Gott nicht produziert wird, sie muß eingeführt werden. Bei den Halbfertigwaren sind ähnliche Raten zu verzeichnen. Ich will darauf nicht weiter eingehen, will nur darlegen, wie schwierig das Problem geworden ist, die Preissteigerungsrate in den Griff zu bekommen.
    Erstens: wie gesagt, Preissteigerungsrate am untersten Ende der gesamten westlichen Welt.
    Zweiter Punkt, als Positivum: Die Bundesrepublik kann mit einem Handelsbilanzüberschuß von 33 Milliarden DM diese gestiegenen Rohstoffkosten nahezu als einziges Industrieland der westlichen Welt durch Deviseneinnahmen bezahlen.
    Drittens. Die Bundesrepublik hat höhere Währungsreserven als jeder andere Staat.
    Viertens. Den Schwierigkeiten, denen wir ausgesetzt sind, begegnen wir nahezu als einziger Staat der gesamten westlichen Welt mit marktwirtschaftlichen Methoden. Das muß gesagt werden gegen Ihre ständigen Behauptungen, diese Marktwirtschaft werde abgebaut. Im Gegenteil! Schauen Sie nach den USA, schauen Sie, wohin Sie wollen: überall wird mit anderen Methoden versucht, der Probleme Herr zu werden.
    Fünftens. Die Bundesrepublik verfügt — auch das ist ein Unikum in der ganzen westlichen Welt — für den Fall von Rezessionen über Einsatzreserven in Höhe von 10 Milliarden DM, die jederzeit mobilisiert werden können. Auch das ist ein sicheres Polster.

    (Abg. Leicht: Nicht jederzeit!)

    — Nicht jederzeit, sondern nach Eintritt der entsprechenden Bedingungen; ich habe gesagt: für den Fall einer Rezession.
    Alle objektiven Beobachter, sämtliche ausländischen Beobachter gestehen dies zu. Im französischen Wahlkampf hat die deutsche Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik eine große Rolle gespielt. Vor allen Dingen der Kandidat Mitterand hat dem Kandidaten und jetzigen Staatspräsidenten Giscard d'Estaing vorgeworfen, daß er nicht eine entsprechend harte Währungs- und Wirtschaftspolitik wie diese Bundesregierung durchgeführt habe und deshalb die Preissteigerungsrate in Frankreich wesentlich höher gewesen ist.
    Ich will Sie nicht mit den vielen Zitaten aus ausländischen Zeitungen langweilen, aber ich appelliere an Sie, an den objektiven Beobachter, diese Tatbestände zuzugeben und hier einzuräumen.
    Wir haben eines der höchsten Lohnniveaus der westlichen Welt.
    Es kommt ein weiteres hinzu, worauf Bundeswirtschaftsminister Friderichs bereits hingewiesen hat: wir haben das soziale System in einer Weise ausgebaut, die uns den sozialen Frieden in dieser Bundesrepublik garantiert. Deutsche, die im Ausland sind und mit Ausländern diskutieren, werden bei der Frage: „Wie macht ihr das in eurem Lande?" ständig — und selbst die Unternehmer tun das — auf diesen Ausbau des sozialen Systems hinweisen. Man kann diesen an der Zahl der Streiktage ablesen, die wir zu verzeichnen haben. Daß in der Bundesrepublik der soziale Friede herrscht, hängt mit dem stetigen Ausbau dieses sozialen Systems zusammen, an dem die Regierung und die sozialliberale Koalition Jahr für Jahr weiter arbeiten.
    Das steht im übrigen ganz im Gegensatz zu dem, was sich die Opposition im Jahre 1969 vorgenommen hat, die ja davon ausging, daß das soziale System inzwischen einen Standard erreicht habe, daß ein weiterer Ausbau überhaupt nicht notwendig sei.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So eine Lüge!)

    — Soll ich es Ihnen zitieren? Ich habe es dabei. — Natürlich kann man keine Sprünge machen. Aber eine jährliche Zahlung von 17 Milliarden DM an die Rentenversicherung, von 10 Milliarden DM an die Kriegsopferversorgung, wie sie in diesen Haushalt eingestellt sind, können sich sehen lassen. Mitbestimmung, Betriebsverfassung, Kündigungsschutz, Unverfallbarkeit der Renten im Falle des Konkurses, Möglichkeit der Mitnahme des betrieblichen Pensionsanspruchs bei Arbeitsplatzwechsel, Erstattung des Lohnausfalls, Bezahlung eines Krankengeldes für die Mutter, die bei Erkrankung ihres Kindes oder ihres Mannes die häusliche Pflege übernimmt, — all das sind Beispiele für die Schritte auf dem Wege zum Ausbau des Systems der sozialen Sicherheit in der Bundesrepublik.
    Das bedeutet natürlich, daß Haushaltsjahr für Haushaltsjahr Gelder zur Verfügung gestellt werden müssen. Wir können uns dabei nicht übernehmen. Es kann nicht all das, was noch ungerecht und unbillig ist, innerhalb von drei, vier oder fünf Jahren gelöst werden. Da bleiben langfristige Aufgaben übrig. Insofern stimmen gerade wir Haushaltsleute voll mit dieser Regierungserklärung und ihrer Betonung der Kontinuität und der Konzentration überein.
    Die Bundesregierung gibt inzwischen für die Einbeziehung der landwirtschaftlichen Bevölkerung in die soziale Sicherung — gestern abend oder gestern nacht war davon die Rede —, die die übrige Bevölkerung schon längst genießt, erhebliche Gelder aus. Fast die Hälfte des Landwirtschaftsetats entfällt inzwischen auf die soziale Sicherung der landwirtschaftlichen Bevölkerung.
    Es gibt, soweit ich sehe, nur wenige Länder der westlichen Welt, die den Strukturwandel in der Landwirtschaft so systematisch und so umfassend absichern. Seit 1969 wurden durch die regionalen Aktionsprogramme — das ist auch eine Zielrichtung, um die landwirtschaftliche Strukturproblematik zu lösen — 513 000 neue Arbeitsplätze in den struktur-



    Dr. von Bülow
    schwachen Gebieten geschaffen. In Niedersachsen sind es allein 141 000 Plätze, in Bayern 124 000, in Schleswig-Holstein 50 000 Arbeitsplätze. Das Investitionsvolumen hierfür hat insgesamt 37 Milliarden DM betragen. Es gibt in der Bundesrepublik nicht den Umfang der Landflucht, den wir aus Südfrankreich, Süditalien oder anderen Ländern kennen. Diese Bundesregierung läßt sich von Strukturkrisen nicht treiben, sondern sie greift sie aktiv an und betreibt deren Lösung.
    Lassen Sie mich nun etwas zum Haushalt 1974 und dessen Einpassung in die konjunkturelle Landschaft sagen. Die Opposition hat der Bundesregierung vorgeworfen, sie heize mit einem gegenüber dem Vorjahr um 12 % erhöhten Ausgabevolumen des Bundeshaushalts die Konjunktur in unvertretbarer Weise an. Zunächst einmal ist hierzu festzustellen, daß die Bundesausgaben in diesem Jahr zwar um 12 %, jedoch die Ausgaben der Gemeinden um 13 % und die der Länder um 15 % steigen werden. Diese Steigerungsrate der öffentlichen Haushalte, meine Damen und Herren, ist ja vom Finanzplanungsrat gutgeheißen worden, der sich auf Grund der Begutachtung der konjunkturellen Situation für die Durchhaltung dieser Steigerungsraten, für die Verwirklichung der Haushalte in der vorgesehenen Größenordnung ausgesprochen hat. Das bedeutet, meine Damen und Herren, daß die Finanzminister der CDU/CSU-Ministerpräsidenten Goppel, Stoltenberg, Kohl, Roeder und Filbinger allesamt diese Steigerungsrate des Bundeshaushalts in Höhe von 12,1 % für richtig halten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn die Opposition eine derartige Steigerung der öffentlichen Haushalte für falsch halten sollte, dann müßten Sie sich mit Ihren Parteifreunden, mit den Finanzministern der Länder, übrigens auch mit der Bundesbank zusammensetzen, um hier eine Änderung zu bewirken.
    In Wirklichkeit kann diese 12%ige Ausgabensteigerung angesichts der gegenwärtigen konjunkturellen Landschaft durchaus vertreten werden. Wir haben seit der Einbringung des Haushalts im September 1973 eine deutliche Abschwächung der Konjunktur zu verzeichnen. Die Preisentwicklung bei Rohöl hat einen Entzugseffekt von 15 bis 18 Milliarden DM auf unsere Volkswirtschaft. Die Auftragsbestände bei der Bauindustrie, bei der Textil- und Lederindustrie, nicht zuletzt auch bei der Automobilindustrie sind stark zurückgegangen. Deshalb hat sich diese Regierung entschlossen, zwar nicht ihre generell restriktive Konjunkturpolitik aufzugeben, dafür jedoch ein spezielles Instrumentarium für die Behandlung einiger Problembranchen und Problemgebiete zur Verfügung zu stellen. Ich glaube nicht, meine Damen und Herren von der Opposition, daß Sie die 600 Millionen DM für die strukturschwachen Gebiete und die Problemgebiete versagen wollen und daß Sie für Kürzungen im Investitionsbereich des Hoch- und Straßenbaues sein werden.
    Ich muß Sie auch — Herr Professor Carstens, auch das gehört dazu, daß man hier etwas ehrlicher und offener miteinander umgeht — auf folgendes hinweisen: Wenn Sie jetzt eine andere Konjunktureinschätzung haben, so steht das im krassen Widerspruch zu dem, was Sie noch im Dezember und Januar hier in diesem Hause vertreten haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie haben noch im Dezember ein Arbeitsplatzsicherungsprogramm eingebracht und für die Aufhebung der Ausgabenkürzung bei den Gemeinschaftsaufgaben, für die Wiederherstellung des Investitionszulagengesetzes plädiert. Sie haben eine unverzügliche Erhöhung der ERP-Mittel beantragt, Sie haben die Wiederbelebung des Wohnungsbaus, das Vorziehen koordinierter staatlicher Konjunkturprogramme, die sofortige Erarbeitung neuer Investitionsprogramme, die Überprüfung der Schuldendeckelverordnung, die Aufhebung von Importerleichterung usw. beantragt — eine Fülle von Maßnahmen, die Sie im Grunde genommen, was die konjunkturpolitische Beurteilung angeht, in dasselbe Boot setzt wie die Regierung, wobei die Bundesregierung sogar noch wesentlich restriktiver vorgegangen ist.

    (Abg. Kroll-Schlüter: Dann sagen Sie, wir hätten keine Alternativen!)

    Und jetzt, nachdem einige Forschungsinstitute irgendeine Erklärung abgegeben haben, versuchen Sie, sich wieder davonzustehlen. Aber hier sind die Dokumente — und ich kann Ihnen noch weitere vorlesen —, die nachweisen, daß Sie von derselben besorgten Beurteilung der konjunkturellen Landschaft ausgegangen sind, so daß Ihnen diese Schwarz-Weiß-Malerei nicht gut ansteht. Der Ausgabenzuwachs von 12,1 % beim Bund ist konjunkturell durchaus vertretbar.
    Ich möchte auf die Staatsverschuldung der Bundesrepublik eingehen; denn da werden von seiten der Opposition die größten Nebelwolken erzeugt, die größten Angstkomplexe bei der Bevölkerung angesprochen. Würde man Franz Josef Strauß Glauben schenken, so stünde diese Republik kurz vor dem Zusammenbruch ihrer Staatsfinanzen. Die Wirklichkeit sieht völlig anders aus.
    Der frühere Finanzminister Helmut Schmidt hat dem Bundeskanzler Helmut Schmidt ein durchaus geordnetes Haus hinterlassen.

    (Abg. Stücklen: Besonders bei der Post, Herr Kollege! 36 Milliarden DM bei der Post!)

    Hierauf möchte ich in einer nüchternen Bestandsaufnahme eingehen. Die Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland ist im internationalen Vergleich äußerst geringfügig.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Stücklen.)

    — Herr Stücklen, dann machen wir das einmal im Postverwaltungsrat, da können wir uns gern darüber unterhalten, da können wir auf die anderen Postunternehmen der westlichen Welt eingehen, z. B. auf die Schweizer Post, die jetzt anfängt, in ein Defizit hineinzulaufen. Ich bin gern dazu bereit. Sie sind
    6858 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 103. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 22. Mai 1974
    Dr. von Bülow
    Postminister gewesen, unter Ihrer Zeit ist ein Teil dieser Schuld mit aufgelaufen.

    (Abg. van Delden: Wir standen nicht an der Spitze, sondern am Ende des Geleitzuges!)

    Die Staatsverschuldung ist im internationalen Vergleich äußerst niedrig. Die Gesamtschuld aller öffentlichen Gebietskörperschaften, d. h. von Bund, Ländern und Gemeinden, betrug im Jahre 1973, gemessen am Bruttosozialprodukt, 5,8 %, d. h. also 5,8 % der jährlichen Wertschöpfungen, die in der Bundesrepublik erarbeitet werden. Die Vergleichszahlen — und das ist ja interessant, Herr Stücklen — lauten für 1962: Bundesschuld — gemessen am Bruttosozialprodukt —: 7,2 %. Sie ist 1972 auf 6,2 % zurückgegangen, und sie liegt 1973 bei ganzen 5,8 % des Bruttosozialprodukts.

    (Abg. Stücklen: Da haben Sie die Post rausgelassen!)

    Natürlich, klar, und zwar deshalb, weil das ein Unternehmen ist. Herr Stücklen, Sie müssen doch davon ausgehen, daß wir wissen, daß Bundesbahn und Bundespost Unternehmen sind, wenngleich teilweise durchaus problematische.
    Ein anderer sehr wichtiger Bezugspunkt ist der Jahreshaushalt. 1973 machte die gesamte Schuldenlast nicht mehr als 45 % eines Jahreshaushalts aus. Wenn Franz Josef Strauß die Staatsverschuldung beklagt, so muß man ihn darauf hinweisen, daß die Staatsverschuldung unter früheren Regierungen, gemessen am jährlichen Bundeshaushalt, höher war. Die Verschuldung betrug 1962 52 % eines Jahreshaushalts; sie ist jetzt zurückgegangen auf 47 %. Das heißt, die Bundesrepublik Deutschland ist seit 1969 äußerst solide finanziert und steht im Verhältnis zu den Vorjahren sogar noch besser da.
    Für dieses Jahr ist eine Neuverschuldung von 7,6 Milliarden DM vorgesehen, die angesichts der zur Zeit zurückhaltenden Inanspruchnahme des Kapitalmarktes durch die private Wirtschaft durchaus vertretbar ist. Ob die Verschuldung in dieser Größenordnung tatsächlich eingegangen werden muß, ist fraglich. Sie kann und wahrscheinlich niedriger liegen.
    Ein Beispiel für die sehr zurückhaltende Verschuldenspolitik der Bundesregierung bietet das Jahr 1973. In der mittelfristigen Finanzplanung aus dem Jahre 1969 für die Jahre bis 1973 war für das Jahr 1973 eine Schuldaufnahme von 8 Milliarden DM vorgesehen. Franz Josef Strauß hatte in seiner internen Fortschreibung der Finanzplanung für 1973 sogar eine Schuldaufnahme in Höhe von 12 Milliarden DM vorgesehen. Diese 8 Milliarden DM — oder 12 Milliarden DM — wurden reduziert durch die mittelfristigen Finanzplanungen der laufenden Jahre, schließlich auf ein Soll von 2,7 Milliarden DM im Jahre 1973. Daraus ist dann tatsächlich eine Schuldaufnahme in Höhe von 1,2 Milliarden DM geworden. Statt 8 Milliarden DM, wie ursprünglich in der mittelfristigen Finanzplanung von 1969 vorgesehen, ist eine tatsächliche Schuldaufnahme von nicht mehr als 1,2 Milliarden DM geworden.

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    Für Schwarzmalerei und Katastrophenstimmung ist deshalb nicht der geringste Anlaß gegeben. Ganz im Gegenteil: Die Bundesrepublik ist ein Staat mit außerordentlich zurückhaltender Verschuldenspolitik. Nehmen Sie internationale Zahlen zum Vergleich; die letzten, die vorliegen, stammen aus dem Jahre 1971. Danach machen die Staatsschulden in Frankreich 224 % eines jährlichen Haushalts aus. In den Niederlanden sind es 219 %, in Großbritannien 181 % eines Jahreshaushaltes, in der Schweiz 112 %, in Schweden 75 %. Vergleichen Sie damit unsere 47 % eines Jahreshaushalts, um daran zu sehen, wie niedrig die Schuldenlastquote der Bundesrepublik ist.
    Einige Worte zu den Personalvermehrungen! Auch da kursieren die wildesten Gerüchte. Prozentzahlsteigerungen allein geben nichts her. Wenn Sie die prozentualen Steigerungen des Personals im Kanzleramt seit 1969 ansprechen, müssen Sie zur Kenntnis nehmen, daß z. B. das gesamte Bundesratsministerium in den Personalkörper eingegliedert worden ist. Ähnliches können Sie beim Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft feststellen. Dort sind die Abteilungen für berufliche Bildung aus dem Arbeitsministerium und aus dem Wirtschaftsministerium eingegliedert worden. In das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist der ganze Apparat für die Kapitalhilfe aus dem Bundeswirtschaftsministerium übernommen worden. Wenn Sie da Prozentzahlen ausrechnen, sind sie natürlich völlig irreführend.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Nun möchte ich gerne auf eine der vielen falschen Zahlen eingehen, die der Oppositionsführer Professor Carstens im wirtschafts- und finanzpolitischen Bereich seiner Rede gebracht hat. Er hat behauptet, die Steigerung der Personalstellen habe von 1969 bis 1974 12 % ausgemacht. Die Wirklichkeit sieht völlig anders aus. Die Wirklichkeit verzeichnet einen Personalstellenzuwachs von 2 %. Das ist eine Fehlerquote in Ihrer Annahme, Herr Professor Carstens, von 600 %.

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    Die Opposition stiehlt sich auch etwas aus der Verantwortung, wenn sie die hohen Personalkosten, die hohen Stellensteigerungen anklagt. Es ist nämlich festzustellen — wir haben das nachgerechnet —, daß etwa 90 % aller Stellen einvernehmlich zwischen allen Fraktionen beschlossen werden.

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    Wenn Sie die Prozentzahlen haben wollen — ich nannte sie schon -: Steigerung der Personalstellen seit 1967 etwa 2 %. Die Zahlen früherer Jahre lauten folgendermaßen: 1952 bis 1957 114 % Steigerung der Personalstellen. Natürlich war das die Zeit des Aufbaus der Bundeswehr. 1957 bis 1962 hatten wir eine Personalstellenvermehrung von rund 60 %, 1962 bis 1967 eine Steigerung von 12 %; da hat wahrscheinlich der Oppositionsführer zu-und danebengegriffen. Für uns interessant ist natürlich die Steigerung von 1969 bis 1974, und da haben wir eine Steigerungsrate von 2% zu verzeichnen.



    Dr. von Bülow
    Meine Damen und Herren, jetzt gehe ich auf die letzten beiden Jahre ein. 1973 und im laufenden Jahr werden wir praktisch keine Personalstellenausweitungen mehr haben. 1973 wurden im Haushalt etwas über 2 000 Stellen bewilligt. Gleichzeitig wurden im Verlauf des Haushaltsjahres 2 000 Stellen eingespart. Es bleibt ein Zuwachs von rund 50 Stellen bei einer doch riesigen Bundesverwaltung. 1974 hat der Haushaltsausschuß 1 490 Stellen bewilligt. 1 400 Stellen werden im Laufe des Haushaltsjahres eingespart, so daß es auch da wiederum zu keiner wesentlichen Vermehrung der Stellen kommen wird.
    Nun muß man auch ein wenig auf das eingehen, was mit diesen Stellen gemacht worden ist. Ein wesentlicher Schwerpunkt in den letzten Jahren lag beim Ministerium des Innern. Völlig einvernehmlich mit der Opposition haben wir die Ausgaben und die Stellen für die innere Sicherheit ausgebaut. Das Bundeskriminalamt ist wesentlich mit Personal versehen worden; das gleiche gilt für den Bundesgrenzschutz. Ich nenne das Umweltbundesamt, das mit Stellen versehen worden ist, das Bundesgesundheitsamt. Ich nenne das Bundeskartellamt. Wenn wir heute eine sehr viel aggressivere Haltung des Bundeskartellamts zu verzeichnen haben, einen Trend zur Sicherstellung des Wettbewerbs in dieser von unendlich vielen Absprachen gezeichneten Wirtschaft, dann ist das nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß der Haushaltsausschuß einvernehmlich zwischen allen Fraktionen die entsprechenden Stellen genehmigt hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Man kann eben in vielen Bereichen nicht die Qualität der Staatsleistungen wesentlich anheben und gleichzeitig die Stellen verweigern wollen;

    (Beifall bei der SPD)

    das geht Hand in Hand. Das gilt genauso für die Länder. Es ist gar kein Zweifel: wer eine bessere Versorgung unserer Kinder mit Lehrern haben will, muß die entsprechenden Lehrerstellen schaffen. Wer 70 % eines Jahrgangs in die Kindergärten lassen will, muß die entsprechenden Kindergärtnerinnenstellen bewilligen.
    Das heißt also, daß wir natürlich auf die Dauer um eine gewisse Erweiterung des Staatsapparats nicht herum kommen. Gleichwohl ist der Haushaltsausschuß einvernehmlich zwischen allen Fraktionen dafür, eine sehr harte Politik zu treiben. Wir sind dafür, weiterhin dafür zu sorgen, daß netto nach Möglichkeit in den nächsten Jahren keine Ausweitung des Personalkörpers des Bundes mehr eintritt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Lassen Sie mich zum Schluß noch etwas über die Öffentlichkeitsarbeit sagen, die im Laufe der Debatte wahrscheinlich noch von den Rednern der Opposition aufgegriffen werden wird; ich will dazu von vornherein Stellung nehmen.
    Die Opposition tut so, als würden die Mittel für Öffentlichkeitsarbeit ausschließlich für Schriften verwandt, die zum höheren Ruhme dieser Regierung erstellt oder verteilt werden. In Wirklichkeit muß in unser aller Interesse in vielen Bereichen eine sehr starke aktive Aufklärungsarbeit durchgeführt werden. Wenn wir z. B. aus dem Einzelplan 10 Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — in bestimmten Regionen den Ausbau von Ferienwohnungen auf Bauernhöfen fördern, dann muß sich natürlich eine konzentrierte Aufklärung der Öffentlichkeit anschließen, um auf dieses neuartige und sehr interessante Angebot in der Öffentlichkeit hinzuweisen.
    Oder nehmen Sie die Anleitung für die älteren Menschen, den sogenannten „Roten Faden". Hier wird eine Fülle von sehr wertvollen Hinweisen für ältere Bürgerinnen und Bürger gegeben, wie sie ihren Lebensabend einrichten, auf was sie gesundheitlich zu achten haben, wer ihnen Hilfe in der Not bringen könnte.
    Es gibt eine ganze Fülle von neuen Gesetzen, die den unmittelbar Berechtigten noch völlig unbekannt sind; das neue Mietrecht z. B., das schon in den wenigen Monaten, seit es in Kraft getreten ist, dazu geführt hat, daß die Mietpreissteigerungen wesentlich unter denen der Vergangenheit liegen, ja sogar niedriger sind als der Anstieg der allgemeinen Lebenshaltungskosten. Das ist auf das neue Mietrecht zurückzuführen, das diese sozialliberale Koalition beschlossen hat. Um die Mieter über ihre Rechte aufzuklären, mußten natürlich Hunderttausende von Schriften in die entsprechenden Haushaltungen gebracht werden. Denn sonst kann kein Mensch wissen, welche Rechte er nach diesem neuen Recht hat.
    Ein anderes Beispiel wird das neue Abzahlungsgesetz sein. Ich habe noch und noch Eingaben von Amtsgerichten aus meinem Wahlkreis, doch endlich in der Frage des Abzahlungskaufs etwas zu unternehmen. Diese Koalition hat das getan. Jeder Amtsrichter weiß ein Lied davon zu singen, wie es einigen redegewandten Verkaufskünstlern in der Vergangenheit gelungen ist, Fernlehrkurse auf Raten, Wunderwaschmaschinen auf Raten, enzyklopädische Lexika auf Raten und dergleichen mehr zu verkaufen. Was auch immer man in den Haushalten teilweise nicht gebrauchen kann, wurde aufgeschwätzt, zum Teil an der Haustür oder auf der Straße. Jeder unter uns kennt aus seiner Familie einen ähnlichen Fall. Wir haben Schluß damit gemacht. Ab Sommer dieses Jahres wird es ein Rücktrittsrecht für derartige Ratenzahlungskäufe geben. Und das muß natürlich in einer breit angelegten Kampagne unter die Bevölkerung gebracht werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, zwingen uns ja gerade dazu, mehr für Öffentlichkeitsarbeit zu sorgen, durch die Angstkampagnen, die Sie in allen Bevölkerungskreisen ständig aufs neue entfachen, ob es sich nun um die Reform der beruflichen Bildung handelt oder um das einzelbetriebliche Förderungsprogramm des Landwirtschaftsministeriums. Was haben wir da alles gehört: „Programm zum Untergang der deutschen Landwirtschaft". Das war doch das Gerede in sämtlichen Landwirtschaftsversammlungen, und wir



    Dr. von Bülow
    haben uns zwei, drei Jahre damit herumzuschlagen gehabt. Inzwischen ist das völlig verstummt.

    (Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Jetzt verstehe ich, warum Sie nicht zum Oberbürgermeister gewählt wurden!)

    Überall muß Aufklärungsarbeiet geleistet werden. Sie malen allen wirtschaftlichen und sonstigen Gruppen den Ruin an die Wand. Wenn dann die Reformvorhaben durchgesetzt worden sind und sich die Beteiligten an die jeweiligen Bedingungen gewöhnt haben, bricht diese Angstkampagne in sich zusammen, und Sie wenden sich einem neuen Thema zu, um dort eine neue Angstkampagne hochzuziehen. Um Ihnen das Hochputschen von Gefühlen in diesem Umfang nicht möglich zu machen, muß Aufklärungsarbeit geleistet werden. Es ist hervorragend angelegtes Geld, wenn man der Bevölkerung, den Menschen im Betrieb, mehr Rechte einräumt oder dem Verbraucher mehr Schutz zuwendet und ihn gleichzeitig über die Veränderung seiner Rechtslage aufklärt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Andreas von Bülow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Althammer, sofort. — Daß dabei dann natürlich auch klar wird, was diese sozialliberale Koalition im einzelnen für den Bürger geleistet hat, ist ein Nebenprodukt, das wir sehr gerne in Kauf nehmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) — Herr Althammer, bitte schön!