Rede von
Bertram
Blank
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ungewöhnlich, daß der Berichterstatter des Einzelplans 20 in der Plenardebatte spricht. Es ist aber auch ungewöhnlich, daß dem Hause gemäß § 29 Abs. 3 der Bundeshaushaltsordnung zwei Vorlagen zum Einzelplan 20 zugeleitet worden sind: der Haushaltsentwurf der Bundesregierung und der ursprünglichen Voranschlag des Bundesrechnungshofs. So etwas geschieht dann, wenn der von der Bundesregierung beschlossene Entwurf zu den Einzelplänen oberster Bundesorgane — des Bundestages, des Bundesrates, des Bundesverfasungsgerichts oder, wie in diesem Jahr, des Bundesrechnungshofes — von den Voranschlägen dieser Organe abweicht.
In seinem Voranschlag für 1974 hat der Präsident des Bundesrechnungshofes u. a. darum gebeten, sechs Planstellen des Präsidialbereichs von A 15 nach A 16 anzuheben und — das ist der wichtigere Punkt; ich nehme ihn hier schon einmal vorweg — den Hof in § 14 Abs. 4 des Haushaltsgesetzes den Organen der Rechtsprechung insoweit gleichzustellen, als die Verpflichtung zur Teilnahme an der Einsparung von 1 400 Planstellen in diesem Jahr für sie entfällt.
Die Bundesregierung ist diesen Vorstellungen in ihrem Haushaltsentwurf aus grundsätzlichen Erwägungen nicht gefolgt. Hinsichtlich der geforderten Stellenanhebungen nach A 16 befürchtet sie, daß andere Bundesbehörden ermuntert würden, diesem Beispiel zu folgen und für ihren jeweiligen Präsidialbereich entsprechende Forderungen zu stellen.
Nach Auffassung des Haushaltsausschusses hat die Bundesregierung dabei den Umfang und den verfassungsmäßigen Rang des Bundesrechnungshofes übersehen, der diesen als Beispiel für andere Bundesbehörden ungeeignet erscheinen läßt. Die Bundesregierung hat vor allem die besondere Stellung des Präsidenten des Bundesrechnungshofs als des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung außer Betracht gelassen. Zur Bewältigung dieser wichtigen Aufgabe, die sich auf die gesamte Bundesverwaltung erstreckt, bedient sich der Präsident des Bundesrechnungshofs entsprechend Ziffer 6 der Richtlinien vom 10. März 1965, eben dieser Präsidialabteilung. Damit führt diese Abteilurig unter der Leitung ihres Präsidenten Arbeiten durch, deren Bedeutung nicht hoch genug veranschlagt werden kann. Zugleich wird deutlich, daß Vergleiche mit Präsidialabteilungen mit ihrem üblichen Aufgabenkreis unzulässig sind. Der Haushaltsausschuß ist daher den Vorstellungen des Präsidenten im wesentlichen gefolgt und empfiehlt Ihnen, meine Damen und Herren, die Anhebung von vier Stellen nach A 16.
Er hielt es auch für richtig, den Bundesrechnungshof im Sinne des § 14 Abs. 4 des Haushaltsgesetzes den Organen der Rechtsprechung gleichzustellen. Dabei ging er von folgenden Erwägungen aus. Der Hof stellt sich als eine Behörde dar, die bei ihren Personalausgaben beispielhaft sparsam ist und alle Rationalisierungsmöglichkeiten nutzt, um mit geringstem Aufwand größten Erfolg zu erzielen. Von 1961 bis 1973 hat sich der Personalbestand von 518 auf 497 verringert. Im gleichen Zeitraum haben sich die Aufgaben des Bundesrechnungshofes nach Umfang und Schwierigkeitsgraden beträchtlich vermehrt. Der Bundeshaushalt hat sich im Volumen verdoppelt; der Etat der Bundesbahn hat sich verdreifacht und derjenige der Bundespost mehr als vervierfacht. Zugleich sind Fragen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Organisation in den Mittelpunkt der Betrachtungen des Bundesrechnungshofs gerückt, Fragen, deren Beantwortung den im Hof Tätigen hohe Leistungen abfordert. Berücksichtigt man außerdem, daß die Bundesregierung, insbesondere aber dieses Haus, an der Steigerung des Prüfungsumfangs und der Prüfungsqualität ein vitales Interesse haben — oder haben müssen —, so erscheint es unzweckmäßig, diese Institution der Sparregelung des § 14 des Haushaltsgesetzes zu unterwerfen. Dies wäre Sparsamkeit am falschen Platz.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang eine kurze Bemerkung zur Stellung des Bundesrechnungshofs im Spannungsfeld von Recht, Wirtschaftlichkeit und Politik zu sagen. Wenn ich eben sagte, daß Regierung und Parlament ein vitales Interesse an der Steigerung des Umfangs und der Qualität der Überprüfung durch den Bundesrechnungshof haben und — dies sage ich mit Bedacht — haben müssen, so verkenne ich nicht, daß das Arbeitsergebnis, die Prüfungsbemerkung, nicht immer zu reiner Freude Anlaß gibt. Als Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses 'weiß ich, daß sich häufig der rechtlich geordnete und rationalen Prüfungen zugängliche Bereich gegenüber dem beurteilungsfreien, weil sich der Beurteilung der Sache nach entziehenden Raum der Politik kaum oder jedenfalls nicht sicher abgrenzen läßt. Wenn es gleichwohl in der Vergangenheit in politisch, auch rein parteipolitisch außerordentlich interessanten Fällen — ich denke an, die Bemerkungen zur Beschaffung der Starfighter oder an das jüngste Gutachten des Hofs zu Fragen der Entwicklungshilfe — stets zu einstimmigen Voten des Rechnungsprüfungsausschusses, des Haushaltsausschusses und den entsprechenden Beschlüssen dieses Hauses gekommen ist, so ist das eine Folge einer in aller Regel außerordentlich gründlichen und vorurteilsfreien Prüfarbeit des Hofs. Es ist aber auch das Ergebnis
6822 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 102. Sitzung, Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1974
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einer um Objektivität bemühten Arbeit der genannten parlamentarischen Gremien.
— Diese Frage haben Sie schon einmal gestellt.
Sie sind sich gerade bei der Rechnungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfung ihrer Rolle als Kontrollorgan der Regierung bewußt. Wenn auch in anderen Bereichen das Prinzip der Gewaltenteilung, die Polarität von Parlament und Regierung häufig überlagert ist von der Konfrontation von Parlamentsmehrheit und Opposition, so wird die klassische Aufgabe des Parlaments gerade im Bereich der Rechnungsprüfung deutlich.
Und so war es denn auch nur natürlich, daß der Haushaltsausschuß einhellig den über die Vorschläge der Bundesregierung hinausgehenden Wünschen des Rechnungshofs entsprochen hat. Um so befremdlicher wäre es, wenn die Opposition nunmehr von ihrer positiven Haltung abrücken würde.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auf einen Bericht im „Handelsblatt" vom 29. April. Danach soll die Opposition beabsichtigen, dem Einzelplan 20 ihre Zustimmung zu versagen.
Ich hoffe, daß dies eine Fehlinformation ist. Ein solches Verhalten müßte die Zusammenarbeit des Parlaments mit dem Rechnungshof belasten. Daran kann meines Erachtens dem Hause nicht gelegen sein. Ich bitte Sie daher, dem Einzelplan 20 in der vom Haushaltsausschuß geänderten Fassung zuzustimmen.