Rede von
Hans-Dietrich
Genscher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Schluß nur einige wenige Bemerkungen. Herr Kollege von Bismarck, Stabilität ist für uns nicht nur Hoffnung, sondern Stabilität ist Ziel der Politik der Bundesregierung.
Sie haben hier noch einmal Ihr Kooperationsangebot erneuert und müssen sich zu drei Komplexen Fragen gefallen lassen.
Kollege Friderichs hat doch nicht ohne Grund und nicht zu Unrecht die Frage gestellt, ob denn die Fraktion der CDU/CSU die Indexierungsauffassung des Kollegen Professor Erhard vertritt. Sie können nicht sagen, das sei die private Meinung eines Professors, der zufällig auch Parlamentarier sei. Herr Professor Erhard ist doch nicht irgendwer, sondern er ist derjenige, der ,den wirtschaftspolitischen Ruf der Union begründet hat und von dessen Nachruf Sie im Grunde heute noch leben.
Ich finde, Sie können es sich auch in bezug auf den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses Ihrer Partei, Herrn Professor Schäfer, nicht zu leicht machen. Sie sollten ihn doch einmal fragen, ob es nicht doch richtig ist, was die Presse berichtet hat, daß er in einer innerparteilichen Diskussion der CDU für eine gewisse Art der Indexierung der Löhne eingetreten ist.
— Bitte, wenn es nicht so ist, lassen Sie uns das klarstellen. Aber für eine Kooperation ist es notwendig, in einer so wichtigen Frage — nicht nur für die Tarifautonomie, sondern für die Wirtschaftspolitik insgesamt — zu wissen, woran man bei demjenigen ist, der kooperieren und mit dem man kooperieren will.
Nun die zweite Frage. Herr Kollege Katzer hat heute zur Kriegsfolgengesetzgebung gesprochen und hat gesagt, daß der Bundeskanzler ein wenig lieblos zu dem Komplex Stellung genommen und zum Ausdruck gebracht habe, in bestimmten Bereichen könne nichts mehr geschehen.
Ich war nicht der Meinung, daß das, was der Bundeskanzler getan hat, lieblos war. Herr Kollege Czaja, was er getan hat, war ehrlich und aufrichtig gegenüber denjenigen, die lange Zeit in falschen Hoffnungen gehalten worden sind.
— Herr Kollege, die Bundesregierung hat z. B. vor einer sehr wichtigen Landtagswahl den Mut und die Kraft, das zu sagen. Wenn Sie ehrlich sind, werden Sie zugeben: Auch Sie könnten uns weder für das Haushaltsjahr 1974 noch für die zukünftigen Haushaltsjahre den Nachweis liefern, wie die enormen, von den Verbänden erhobenen Forderungen jemals finanziert werden könnten. Ich finde, die Geschädigten haben hier als Personen und als Staatsbürger einen Anspruch darauf, daß die politischen Parteien im Parlament ihnen reinen Wein einschenken über das, was noch geht, über das, was noch möglich ist, und über das, was leider, sage ich, unterbleiben muß.