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ID0710208800

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    Deutscher Bundestag 102. Sitzung Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1974 Inhalt: Amtliche Mitteilung . 6683 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Arendt, Bundesminister (BMA) . . 6683 B Katzer (CDU/CSU) . . 6688 C Rohde, Bundesminister (BMBW) . 6695 D Strauß (CDU/CSU) 6700 C Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . 6712 A Dr. Friderichs, Bundesminister (BMWi) 6713 D Dr. Ehrenberg (SPD) 6719 D Kirst (FDP) 6722 B Dr. von Bismarck (CDU/CSU) . . 6726 A Genscher, Bundesminister (AA) . 6731 A Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Nölling und Eintritt des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) in den Bundestag als Nachfolger . . 6733 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1974 (Haushaltsgesetz 1974) (Drucksachen 7/1100, 7/1504); Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses — Zweite Beratung — Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksache 7/1911) 6734 A Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksache 7/1912) Frau Renger, Präsident 6734 B Wohlrabe (CDU/CSU) 6736 A Dr. Bußmann (SPD) 6737 D Engelhard (FDP) 6739 B Gansel (SPD) 6740 C Collet (SPD) 6742 C Dr. Sperling (SPD) 6744 A Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksache 7/1913) 6745 B Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksache 7/1914) Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . 6745 C Esters (SPD) 6749 A Schmidt, Bundeskanzler 6749 B Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) 6752 C Wehner (SPD) . . . . . . . . 6756 B Dr. Apel, Bundesminister (BMF) . 6757 C Stücklen (CDU/CSU) 6758 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 6759 D Namentliche Abstimmung . . . . . . 6760 B II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1974 Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksache 7/1915) Picard (CDU/CSU) 6762 A Dr. Bußmann (SPD) 6763 A Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksache 7/1916) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksache 7/1936) Möller (Lübeck) (CDU/CSU) . . . 6764 B Walther (SPD) . . . . . . . . 6764 B Dr. Hirsch (FDP) . . . . . . . . 6768 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister (BMI) 6771 C Dr. Miltner (CDU/CSU) 6772 D Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 6774 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksache 7/1917) Simon (SPD) . . . . . . . . . 6775 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen 7/1919, 7/2047) Röhner (CDU/CSU) 6777 A Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 6778 B Dr. Graff Lambsdorff (FDP) . . . . 6779 C Höcherl (CDU/CSU) 6781 D Dr. Ehrenberg (SPD) 6784 A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 7/1920) Röhner (CDU/CSU) 6785 C Löffler (SPD) . . . . 6788 B Gallus (FDP) . . . . . . 6791 D Dr. Ritz (CDU/CSU) 6794 D Ertl, Bundesminister (BML) . . . . 6797 D Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache 7/1921) Krampe (CDU/CSU) . . . . . . 6802 B Grobecker (SPD) . . . . . . . . 6803 D Arendt, Bundesminister (BMA) . . 6805 C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksache 7/1922) Ollesch (FDP) 6805 D, 6812 B Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 6808 A Müller (Nordenham) (SPD) 6809 C, 6811 D Vehar (CDU/CSU) . . . . . 6810 C Milz (CDU/CSU) 6811 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 7/1923) 6812 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksache 7/1924) Hauser (Bonn-Bad Godesberg) (CDU/CSU) 6813 A Würtz (SPD) 6815 A Schulte (Unna) (SPD) 6816 B Namentliche Abstimmung . . . . . . 6819 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit (Drucksache 7/1925) Kroll-Schlüter (CDU/CSU) . 6816 C Dr. Sperling (SPD) . . . . . . . 6818 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 6819 B Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache 7/1926) 6820 D Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksache 7/1927) Blank (SPD) 6821 A Frau Pieser (CDU/CSU) 6822 B Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 7/1928) Josten (CDU/CSU) 6823 C Esters (SPD) 6824 B Picard (CDU/CSU) 6824 D Dr. Holtz (SPD) 6825 C Dr. Todenhöfer (CDU/CSU) . . . . 6826 D Hoppe (FDP) 6828 B Dr. Eppler, Bundesminister (BMZ) . 6826 D, 6829 A Leicht (CDU/CSU) 6830 B Moersch, Parl. Staatssekretär (AA) 6830 C, 6831 C Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 6831 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksache 7/1929) Simpfendörfer (SPD) . . . . . 6832 A Kleinert (FDP) 6833 B Niegel (CDU/CSU) 6833 D, 6834 A Wehner (SPD) . 6833 D Leicht (CDU/CSU) 6834 B Frau Funcke, Vizepräsident . . . 6834 C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1974 III Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen (Drucksache 7/1930) Dr. Dübber (SPD) 6834 D Wohlrabe (CDU/CSU) 6835 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie (Drucksache 7/1931) Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) . . . 6836 B Dr. von Bülow (SPD) . . . . . . 6837 C Frau Funcke, Vizepräsident (Erteilung eines Ordnungsrufs) . . 6839 A Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 6839 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 7/1932, 7/2056) . . . . 6839 B Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 7/1934) 6839 C Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 7/1935) 6839 C Nächste Sitzung 6839 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6841* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1974 6683 102. Sitzung Bonn, den 21. Mai 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 21.5. Dr. Aigner * 22. 5. Dr. Artzinger * 22. 5. Bahr 22. 5. Batz 22. 5. Dr. Becher (Pullach) 22.5. Behrendt * 21. 5. Blumenfeld 21. 5. Brandt 6. 6. Fellermaier * 21. 5. Ferrang 22. 5. Flämig " 21.5. Dr. Freiwald 22. 5. Gerlach (Emsland) * 21.5. Gewandt 19. 6. Dr. Gölter *** 22. 5. Dr. Gradl 10. 6. Dr. Haenschke 31. 5. Härzschel * 23. 5. Handlos 22. 5. Jäger (Wangen) 1. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 22. 5. Kahn-Ackermann *1* 21. 5. Dr. Klepsch *** 22. 5. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Freiherr von Kühlmann-Stumm 22. 5. Lagershausen 22.5. Lampersbach 22.5. Lange * 21.5. Lemmrich *** 22.5. Lenzer *** 22. 5. Dr. Lohmar 22. 6. Lücker * 26.5. Memmel * 22. 5. Dr. Mende *** 21. 5. Müller (Mülheim) * 21. 5. Dr. Müller (München) *** 21. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 22. 5. Frau Dr. Orth * 21. 5. Pawelczyk *** 22. 5. Dr. Probst 22.5. Richter *** 22. 5. Schlaga *** 22. 5. Schmidt (Kempten) *** 22. 5. Schröder (Wilhelminenhof) 22. 5. Dr. Schwencke *** 22. 5. Dr. Schwörer * 22.5. Seefeld * 21.5. Dr. Slotta 21. 5. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 24. 5. Springorum * 21. 5. Dr. Starke (Franken) 23. 5. Vogel (Ennepetal) 22. 5. Dr. Vohrer *** 21. 5. Walkhoff " 22.5. Frau Dr. Walz * 22. 5. Wienand 22. 5. Dr. Wörner 21.5. Zeyer 8. 6.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Victor Kirst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich trage keine Schuld daran, daß Sie hungern müssen. Das möchte ich ausdrücklich feststellen. Aber da heute morgen noch kein Vertreter meiner Fraktion gesprochen hat, bitte ich um Verständnis, daß ich auch noch Ihre Aufmerksamkeit für einige Zeit in Anspruch nehme.
    Ich hatte mich an sich gefreut — das ist ja ein gemeinsames Schicksal aller Kollegen aus den drei Fraktionen —, nach monatelanger Verbannung in den Haushaltsausschuß für die Etatberatung, die uns zur ständigen Abwesenheit vom Plenarsaal zwingt, hier mal wieder mit dem Kollegen Strauß debattieren zu können. Nur muß ich sagen: Inhalt und Qualität seiner Ausführungen mindern leider erheblich dieses Vergnügen.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Dabei ist ja doch noch ein Unterschied, den man offen zugeben sollte, Herr Kollege Strauß, zwischen Ihnen als anerkanntem wirtschaftspolitischem Sprecher und Wirtschaftsfachmann Ihrer Fraktion und der nationalökonomischen Laienspielschar, die gestern abend hier für ihre Fraktion aufgetreten ist, was gar kein Vorwurf, sondern eine Feststellung ist. Was von den Kollegen Barzel und Carstens hier an wirtschaftlich Falschem gesagt worden ist, kann man allenfalls als fahrlässig bezeichnen. Was der Kollege Strauß, wie üblich, dazu an Falschem gesagt hat, muß dann schon bei seinen Kenntnissen der wirtschaftlichen Zusammenhänge als Vorsatz gekennzeichnet werden. Denn er muß wissen, was er Falsches sagt, wenngleich sicherlich durch die größere Durchsetzgeschwindigkeit seines Redeflusses sich davon auch manches sehr schnell wieder verliert.

    (Abg. Carstens [Emstek] : Jetzt kommen Sie doch zur Hauptsache!)

    — Ich komme schon zur Sache. Ich will auch einiges weglassen, eben im Interesse eines schnelleren Ablaufs dieser etwas verzögerten Debatte.
    Herr Strauß, Sie haben unter anderem, an die FDP gerichtet, hier einiges noch einmal aufgewärmt aus dem Jahre 1966. Ich war damals noch nicht in diesem Hause. Aber ich weiß mich genau zu erinnern, daß das Ihre damalige Politik, die Meinung Ihrer damaligen Führung war: Wenn nicht über dieses Problem, das dann der Anlaß wurde, die damalige Koalition gebrochen wäre, Herr Barzel, dann wäre es das nächste Problem gewesen. Das war von Ihnen doch bewußt so aufgebaut. Die Zwischenfrage meines Kollegen Lambsdorff gestern abend traf durchaus den Kern der Sache. Im übrigen ist die Situation von 1966 mit 1974 auch unter diesem Aspekt nicht zu vergleichen. Wir hatten keinen Anlaß, die Koalition zu beenden. Wir hatten keinen Anlaß, die Koalition zu wechseln. Was Sie uns an Sorge um unser Seelenheil hier vielleicht unterschwellig suggerieren wollten — dazu kann ich nur sagen: die FDP fühlt sich heute in ihrer politischen Handlungsfähigkeit freier als je zuvor in der Vergangenheit.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD.)

    Herr Strauß, Sie haben sehr lange über den Rücktritt des bisherigen Bundeskanzlers gesprochen. Dabei sind Ihnen, wenn ich das richtig verfolgt habe, einige Freudsche Fehlleistungen unterlaufen. Ich denke zunächst an die Passage über einen der Nachrichtendienste. Ich habe im Moment nicht die Absicht, auf diese Themen hier weiter einzugehen. Sie haben merkwürdigerweise — das ist wohl eine zweite Freudsche Fehlleistung — zunächst die Behauptung in den Raum gestellt, dieser Rücktritt sei eine Folge des Scheiterns der Politik, und dann haben Sie 20 Minuten lang über einen bestimmten
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1Q74 6723
    Kirst
    Fall gesprochen. Dieser Zusammenhang in Ihrer Rede ist meiner Ansicht nach eine echte Freudsche Fehlleistung.
    Ich will jetzt nicht auf Ihre erneute Ermunterung an die Gewerkschaften eingehen, die Sie noch dazu mit falscher Argumentation verbunden haben. Ich komme dann, wenn ich an den Kollegen Katzer einige Worte zu richten habe, noch einmal darauf zurück. Ich meine, daß man bei tarifpolitischen Auseinandersetzungen nicht immer nur wie das Kaninchen auf die Schlange ganz starr auf den Zeitraum von 12 Monaten blicken darf, sondern daß man hier auch einmal mittelfristige Betrachtungen berücksichtigen muß.
    Es ist absolut nicht unsere Absicht, die Steuerreform Anfang Juni in diesem Hause in zweiter und dritter Lesung zu behandeln, weil da nun zufällig am 9. Juni Landtagswahl in Niedersachsen ist, sondern weil das der notwendige Termin ist, um ein Inkraftsetzen zum 1. Januar 1975 sicherzustellen,

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien)

    zumal wir ja auch noch einiges, ich will mal sagen, an Rücklaufschwierigkeiten mit dem Bundesrat in diesem Zusammenhang wohl zu erwarten haben werden.
    Es ist natürlich auch falsch, Ihr Antiinflationsgesetz oder Inflationsentlastungsgesetz, Entschuldigung, als eine Alternative zur Steuerreform zu betrachten. Das ist ja keine Steuerreform, was Sie wollten, sondern das war und ist ein Mittel zur Verhinderung der Steuerreform.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Deshalb konnten wir diesem Weg nicht folgen. Deshalb ist auch die Argumentation falsch, das eine, was man am 1. Januar tun werde, könne man ja schon am 1. Juli tun. Das ist eben etwas Verschiedenes. Das wird sich in der Debatte über diesen Punkt noch näher herausstellen.
    Herr Minister Friderichs hat hier eine der ständig falschen Behauptungen der Opposition in wirtschaftspolitischen Fragen aufgezeigt. Es ist die nicht erst heute vorgetragene, sondern ständig wiederholte Behauptung, daß die Bundesrepublik in den 20 Jahren, da die CDU/CSU die Regierung geführt habe, immer das Schlußlicht der Preisentwicklung gewesen sei. Das haben wir Ihnen auch 1972 schon gesagt. Ihre Behauptung war damals so falsch, wie sie es heute ist. Ich will es jetzt nicht vertiefen.
    Gestern, glaube ich, hat in der Auseinandersetzung auch die Frage der zu späten Gegensteuerung eine Rolle gespielt. Ich glaube, Sie, Herr Barzel, sind es gewesen, der gesagt hat, daß damals bei der Aufwertung das ergänzende Programm gefehlt habe. Ich darf Sie daran erinnern, welche Stellung Sie und insbesondere auch der Kollege Strauß zur Frage der außenwirtschaftlichen Absicherung eigentlich immer eingenommen haben. Kollege Strauß hat sich eigentlich nur dahin gehend betätigt, durch unbedachte Äußerungen neue Spekulationen über eine nächste deutsche Aufwertung anzuregen. Mehr Konstruktives hat er in dieser Frage jedenfalls nicht getan. Wenn ich mir einmal das Gedankenspiel erlauben darf, Sie hätten 1969 unglücklicherweise die absolute Mehrheit erhalten und in diesem Land weiter regiert, dann muß man fast zu der Vorstellung kommen, daß die Bundesbank heute den Dollar noch immer zu 4 DM kaufen müßte.
    Kein Zweifel kann daran bestehen, daß die Stabilitätspolitik im Spätsommer /Frühherbst Erfolge erzielte bis zum Aufkommen von Schwierigkeiten, die hier wiederholt besprochen worden sind. Ich denke an die Frage der Ölversorgung und die überbordenden Tarifabschlüsse zu Beginn dieses Jahres.
    Wir werden heute nachmittag und insbesondere im Rahmen der dritten Lesung des Haushalts über die Rolle der Haushalte als konjunkturpolitisches Instrument des näheren zu sprechen haben. Ich habe dem, was ich hier in den letzten Jahren wiederholt zum Ausdruck gebracht habe, nichts hinzuzufügen. Aber lassen Sie mich schon in diesem Zusammenhang vielleicht eines sagen. Die Ausblicke, die in der Regierungserklärung auf die Haushaltsgestaltung des Jahres 1975 für Bund, Länder und Gemeinden enthalten sind, sind kein Widerspruch zu der bisherigen Haushaltspolitik. Denn was wir ab 1975 machen müssen, ist ja gar nicht das Ziehen einer stabilitätspolitischen Konsequenz, sondern die einnahmepolitische, finanzpolitische Konsequenz aus den Folgen der Steuerreform, über die wir, wie gesagt, Anfang Juni hier noch im einzelnen sprechen werden.
    Stabilitätspolitisch ist das irrelevant. Es gibt aus viereinhalb Jahren einen einzigen Satz des Kollegen Strauß, dem ich voll zugestimmt habe. Er sagte nämlich einmal in der Debatte über die Regierungserklärung 1973 sehr deutlich: Nachfrage ist gleich Nachfrage; das ist stabilitätspolitisch das gleiche. Bei der Beratung des Haushalts 1975 wird der Ort sein — hier ist kritisiert worden, daß die Regierungserklärung da nichts Genaues enthält —, die Frage zu entscheiden, wo und in welchem Umfang Einsparungen möglich und nötig sind. Das hängt ja auch noch von dem Ausgang der Verhandlungen mit den Ländern in, wie ich hoffe, voller Ausschöpfung der Revisionsklausel ab. Wie gesagt, auf diese Dinge können wir bei den Haushaltsberatungen des näheren zurückkommen.
    Graf Lambsdorff hat gestern dem Kollegen Carstens — er ist, glaube ich, nicht da — eine Reihe von wirtschaftspolitischen Fehlleistungen vorgehalten. Mir ist eine davon noch vorige Woche aufgefallen. Sie zeigt evident, wie leichtfertig hier dahingeredet wird. Kollege Carstens hat am vergangenen Freitag u. a. erklärt, daß es, als die sozialliberale Regierung 1969 ihr Amt antrat, in diesem Land keine öffentlichen Schulden gegeben habe. Ich frage mich nur, ob derjenige, der so etwas sagt, oder derjenige, der dem, der es sagt, dies aufschreibt, ein einziges Mal einen Blick in die Monatsberichte der Deutschen Bundesbank getan hat. Ich zitiere die, weil die bei den Kollegen der Opposition sicher unverdächtig sind. Aus ihnen können Sie ganz klar ersehen, wie der Schuldenstand des Bundes Ende



    Kirst
    1969 war: rund 45 Milliarden DM. Das war in vier Jahren ein Wachstum von 12 Milliarden DM,

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    heute haben wir in den vergangenen vier Jahren ein Wachstum von ungefähr 11 Milliarden DM, also genau dieselben Größenordnungen. Auf die Differenzierung, die Art der Verschuldung will ich hier erst gar nicht weiter eingehen.
    Nun hat der Kollege Katzer heute morgen einiges gesagt, was auch nicht unerwidert bleiben darf. Zunächst zur Einkommensentwicklung.
    Auch hier würde ich ihn doch bitten, nicht immer so daherzureden, sondern sich, bevor er redet, die Zahlen — auch hier wieder Zahlen, wie sie sich in den Berichten der Deutschen Bundesbank finden — einmal anzusehen. Ich will Ihnen die ganze Reihe jetzt nicht vorlesen; lesen Sie das einmal nach, und zwar im März-Bericht 1974 der Deutschen Bundesbank, Seite 69, Herr Katzer. Da können Sie die Entwicklung der Masseneinkommen — genau unterteilt nach Nettolöhnen und -gehältern, nach Renten und Beamtenpension — verfolgen. Und dann werden Sie feststellen, daß wir in den letzten Jahren einen ständigen, erheblichen Anstieg der Masseneinkommen, der Nettoeinkommen — trotz der schleichenden Steuererhöhung — gehabt haben,

    (Abg. Katzer: Sie müssen mal mit den Menschen reden! Daß Sie es nicht tun, ist Ihr Fehler!)

    so z. B. auch noch im Jahre 1973 von 8,7 % und 1972 von 9,1 %.

    (Abg. Katzer: Sie müssen mal mit den Rentnern reden, dann wissen Sie, was los ist!)

    Ich empfehle Ihnen, die Zahlen für die Masseneinkommen nachzulesen.
    Sie sind infolge der Rentenwirkung noch viel größer.

    (Abg. Katzer: Reden Sie mal mit den Leuten, dann wissen Sie, was los ist!)

    Selbst wenn Sie davon dann die Preissteigerungsrate abziehen, haben Sie die reale Einkommensteigerung, die Sie hier leugnen.

    (Abg. Katzer: Reden Sie mal mit den Leuten vor Ort, dann wissen Sie es viel besser!)

    - Nun sagen Sie: Reden Sie mit den Leuten! Einiges, was Sie hier gesagt haben, ist durchaus nicht unbekannt. Aber, Herr Katzer, wenn wir das einmal genau untersuchen, kommt da nicht eben auch zum Ausdruck, daß die Ansprüche, die der einzelne an seinen Lebensstandard stellt

    (Abg. Katzer: Sie wollen doch Qualität des Lebens!)

    — nicht nur an den Staat, sondern auch an sich selbst, so erheblich gestiegen sind,

    (Abg. Katzer: Wollen Sie die runterbringen?!)

    daß zur Aufrechterhaltung dann die Folgen eintreten müssen, von denen Sie hier heute morgen gesprochen haben?

    (Abg. von Bismarck: Wer ist dafür verantwortlich?)

    Das heißt also nicht eine Minderung des Lebensstandards, sondern trotz allem eine ständig weitersteigende Entwicklung des Lebensstandards.
    Herr Katzer, ganz kurz zur Frage der Mitbestimmung. Es ist schlecht, wenn man vorher ausgearbeitete Reden so abliest, wie sie ausgearbeitet sind,

    (Abg. Katzer: Sie sollten sich vorbereiten!)

    und die Debatte nicht berücksichtigt. (Abg. Katzer: Habe ich gehört!)

    Kollege Mischnick hat hier gestern sehr deutlich etwas zur Mitbestimmung gesagt,

    (Abg. Katzer: Macht die Sache nicht besser! — Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : War eine brillante Rede!)

    was ich hier nicht zu wiederholen brauche. Die erste Lesung kommt, dann werden wir uns darüber unterhalten. Sie haben die Frage gestellt, wo wir denn waren. Nun, wir waren dabei, sonst hätte es diesen Gesetzentwurf nicht gegeben, und es hätte ihn nicht so gegeben; das wissen Sie genau, Herr Katzer. Und es hätte ihn nicht gegeben, wenn wir nicht der Überzeugung wären, daß er, so wie er ist, absolut vertretbar und absolut systemkonform ist. Das sei Ihnen hier noch einmal gesagt.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Katzer: Es ging um das Wahlrecht, Herr Kollege Kirst!)

    Es wird im Zusammenhang mit der Mitbestimmung und auch der Vermögensbildung, auf die ich dann doch noch einmal ein paar Worte verwenden muß, damit hier keine Unklarheiten entstehen, draußen im Lande von Ihnen und anderen wieder eine Stimmung erzeugt, die man unter das Motto „Untergang des Abendlandes" stellen kann. Das gehört auch zur großen Angstkampagne. Das haben wir auch schon einmal erlebt, als wir 1971 das Betriebsverfassungsgesetz novellierten. Auch da ging alles unter. Und heute geht alles wunderschön weiter.
    Sehr dankbar bin ich Ihnen, Herr Kollege Katzer, für das, was Sie zum Wahlrecht gesagt haben; das haben wir ganz gern gehört. Nicht daß wir irgendwelche Sorgen hätten: aber was Sie hier gesagt haben, gibt uns doch die Gewißheit, daß die Hoffnung auf Einsicht bei Ihnen nicht immer und in allen Dingen unendlich vergebens sein muß.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Katzer: Auch unter dem Gesichtspunkt der Mitbestimmung!)

    Was die Frage des Übergangskabinetts angeht, so ist darüber auch schon gesprochen worden. Immerhin dauert diese Legislaturperiode noch zweieinhalb Jahre. Und eines hat sich durch alle Ereignisse der letzten Wochen und Monate nicht geändert — und das unterscheidet diese Legislaturperio-



    Kirst
    de in ihrer Qualität ganz entscheidend von der 6. Legislaturperiode —: die stabilen Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause, Sie werden sich auch nicht ändern. Damit haben Sie zu leben. Wir können damit leben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Katzer: Wir auch!)

    Die Regierungserklärung als Bilanz, Zwischenbilanz ist hier gestern abend vom Kollegen Barzel kritisiert worden. Ich meine, das war eine saubere Bilanz, die jedes Testat — wenn ich das im Vergleich sagen darf — des Wirtschaftsprüfers, wenn es das in diesem Sinne hier gäbe, bekommen würde.
    Das gilt insbesondere auch für die Frage der Reformen. Auch hierzu hat Kollege Arendt — wir haben eine ungeheuer tüchtige Regierung, die fast die ganze Debatte ohne Hilfe der Koalitionsfraktion bestreitet — heute morgen schon einiges gesagt, was ich selbst wohl auch vor zwei Jahren schon einmal gesagt habe: daß man hier unterscheiden muß zwischen den verschiedenen Fertigungsstufen der Regierungsarbeit: Fertigprodukte — das sind die in großer Zahl schon verabschiedeten Gesetze —, Halbfabrikate in parlamentarischer Beratung und Rohstoff, der noch in Vorbereitung ist.
    Es gibt einen Punkt, der in diese Kategorie nicht paßt: das ist das Thema der Vermögensbildung. Ich würde es in diesem Vergleichsbild als ein Entwicklungsvorhaben bezeichnen. Wir sind uns immer darüber im klaren gewesen, daß es sich hier um ein gesetzgeberisches Neuland handelt, aber die Regierungserklärung sagt sehr deutlich — wir sind damit völlig einverstanden, und wir haben das auch so gewünscht —, daß die Arbeiten an diesem Entwicklungsprojekt, wie ich es einmal bezeichnen möchte, nicht eingestellt, sondern ganz gründlich und intensiv in der dargestellten Form fortgesetzt werden, und wir haben keinen Anlaß, davon abzurücken.
    Ich will gar nichts herumdeuteln an dem, was hier zum 624- alias 312-Mark-Gesetz gesagt worden ist. Ich will die positive Bewertung nicht zurücknehmen, die hier gestern von allen Seiten erfolgt ist. Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen nicht vergessen, daß es sich hierbei doch um eine Vermögensbildung weitgehend durch Steuerzahler und Verbraucher handelt. Wer die Zusammenhänge dieses Gesetzes kennt, wird dieser Feststellung nicht widersprechen können. Dasselbe gilt für den Burgbacher-Plan, der im übrigen noch absolut mittelstandsfeindlich ist, was vielleicht draußen im Lande manchmal von Ihnen verschwiegen wird, aber da haben Sie ja schon gute Erfahrungen mit dem ersten Kindergeldgesetz usw. gehabt, wie Sie so etwas mittelstandsfeindlich machen.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Stimmt gar nicht! — Abg. Katzer: Stimmt ja überhaupt nicht!)

    Ich meine, wir müssen auch die Grenzen sehen, die einer Vermögensbildung dieser Art, d. h. auf dem Wege über Preise und über nichtgezahlte Steuern, also indirekt auf dem Wege über die Steuerzahler, über die Haushalte, ganz abgesehen von den damit verbundenen Prämien, gesetzt sind. Was wir hier vorhaben und wovon wir, wie gesagt, keinen Grund haben abzurücken, das hat eine andere Qualität. Ich würde sagen, um es einmal in einen technischen Vergleich zu bringen: das 624-MarkGesetz und unsere Vorstellungen, die wir weiter verfolgen werden, unterscheiden sich wie ein Propellerflugzeug und ein Überschallflugzeug.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Schließlich — meine Damen und Herren, ich will es recht kurz machen — doch noch ein paar wenige Worte zu der Position der Opposition, zu ihrer hier heute auch schon angesprochenen Taktik der Angst. Das ist ja nichts Neues. Ich behaupte, daß die Wahlerfolge der Opposition seit Gründung der Bundesrepublik von Anfang an weitgehend ein Lohn der Angst gewesen sind. Sie haben immer Angstgefühle geweckt und sie dann in Stimmen umgesetzt. Damit Sie nicht meinen, daß das nun ein neuer Dreh bei der neuen FDP ist, die eine ungebrochene Identität hat: schon Reinhold Maier hat seiterzeit nach meiner Erinnerung — das könnte ich notfalls auch aus den Archiven heraussuchen
    — von dem „großen Angstmacher" gesprochen. Aber der Bürger, meine Damen und Herren, sollte wissen, daß Angst ein schlechter Ratgeber ist.
    Wir leugnen nicht, daß Sie mit der neuen Angstkampagne in den letzten Wochen einiges an Wahlerfolgen errungen haben,

    (Abg. Kroll-Schlüter: Sie sollten den Wähler nicht beleidigen!)

    aber nebenbei bemerkt — auch das kann man überall nachlesen —: die jeweilige Opposition im Bund
    — das ist sicher auch eine Erfahrung, die die SPD nicht vergißt — hat immer in den ersten Jahren nach —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie waren immer dabei!)

    — Nein, wir waren nur dann dabei, wenn wir es verantworten konnten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Erhard [Bad Schwalbach]: Aber vor Ihnen hat niemand Angst gehabt?!)

    — Das will ich gar nicht sagen, das steht aber auch gar nicht zur Debatte.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Haben Sie die Sicherheitspolitik mitgemacht oder nicht?)

    Diese Wahlerfolge, wollte ich sagen, der jeweiligen Opposition bei Regionalwahlen in Ländern und Kommunen sind eine mehr oder weniger regelmäßige Erscheinung.
    Nur lassen Sie mich auch in einem Vergleich sagen: Jeder weiß, daß ein Fußballspiel 90 Minuten dauert, und eine Legislaturperiode dauert normalerweise vier Jahre.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Normalerweise!)

    Das haben Sie 1972, als sie nur drei Jahre dauerte,
    auch erfahren. Oder lassen Sie es mich noch anders
    formulieren — ich glaube, ich kann das in unver-



    Kirst
    dächtiger Weise so tun —: Es kommt nicht darauf an, Schlachten, sondern darauf, am Ende den Krieg zu gewinnen. Das werden Sie alles noch erleben. Dabei sage ich ganz freimütig — das wissen wir, und wir richten uns danach —, daß Regierung und Koalition ihrerseits natürlich alles unterlassen müssen, womit sie selbst möglicherweise Verängstigung bewirken könnten. Dabei sollten wir auch nicht übersehen, daß es jenseits der Grenzen unseres Landes manches, vieles an Erscheinungen und Entwicklungen gibt, was sicher verängstigende Grundströmungen zu bestärken geeignet ist.
    Aber, meine Damen und Herren — und damit lassen Sie mich meinen kurzen Beitrag abschließen —, die Fraktion der Freien Demokratischen Partei hier im Deutschen Bundestag hat keinen Zweifel: Angst und Panikmache werden sich in diesem Lande nicht auf Dauer durchsetzen. Die Regierung und mit ihr die Koalitionsparteien werden Vertrauen erhalten, bewahren und soweit als möglich zurückgewinnen. Daran mit liberaler Politik erfolgreich mitzuwirken, ist Aufgabe und Absicht dieser Fraktion.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Bismarck.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Philipp von Bismarck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte um Vergebung, wenn ich jetzt, als der letzte mit der Nachlese betraut, auch ein paar Einzelheiten erwähne, die zu erwähnen ich eigentlich nicht vorhatte.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Die Auslese ist ein guter Wein!)

    Zunächst einmal möchte ich eine grundsätzliche Bemerkung zu dem machen, was Herr Friderichs hier unternommen hat. Er hat in einer sehr scharf gefeilten Polemik dazu eingeladen, man möge doch den Versuch machen, miteinander sachlich ins Gespräch zu kommen. Aber, lieber Herr Kollege Friderichs, Herr Minister, Ihre Nachfolger haben das Märchen, die Union sei eine Unternehmung, die nichts weiter im Sinn habe als ihren Bürgern Angst zu machen, als Panik zu verbreiten und Komplotte zu schmieden, — die andere schon zum Erfolg gebracht hatten, — weitergesungen. Herr Friderichs, das Märchen von dem Angstmachen muß doch, wenn Sie das ernst meinen, als ein Teil einer besonders raffinierten Polemik betrachtet werden. In Wirklichkeit wissen Sie doch, daß die Union heute an dem Platz ist, wo sie das Wächteramt hat. Sie ist nicht dazu da, Graf Lambsdorff, der Regierung Trost zuzusprechen, sondern dazu, ihr überall auf die Finger zu schauen und zu sagen, wo es fehlt.
    Ich verstehe wirklich nicht, warum Sie glauben, immer an der Regierung zu bleiben. Denn nur dann, wenn Sie glauben, nie wieder dieses Amt des Wächters einnehmen zu müssen, können Sie diese These erfolgeich weiterverkaufen. Ich finde, hier ist eine besonders gefährliche, der Demokratie schädliche Brunnenvergiftung im Gange, und ich finde, das sollten wir beenden.
    Auch Herr Kirst hat damit geschlossen, und das war schade. Herr Kirst, Sie haben von Angst gesprochen. Haben Sie überhört, was heute dem Herrn Bundeskanzler aus seinen Zitaten vorgelesen wurde? Er selber hat seinen eigenen Kollegen dringlich empfohlen, damit aufzuhören, gewissen Gruppen in unserem Lande Angst zu machen.
    Woher kommt denn die Angst?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Eben!)

    Die Angst kommt doch daher, daß die Bürger in ihre Lohntüte schauen und nicht, wie Sie meinen, Statistik betreiben. Sie gucken in die Lohntüte und sehen, daß wenn sie alles betrachten, was betrachtet werden muß, den Inhalt, die Inflationsrate, den Steuerabzug, den Sozialabzug und den Verlust auf dem Sparbuch, sie dann 1974 weniger haben als 1973. Sie wissen, daß das wahr ist. Sie wissen, daß die Gewerkschaften das wissen und das vorrechnen. Ich begreife nicht, wie Sie uns nun in die Rolle bringen wollen, daß wir den Arbeitnehmern Angst machen. Die merken das ganz allein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Angst kriegen die Bürger, wenn sie hören, wo man Spione, die man erkannt hat, für fast drei Vierteljahr Platz nehmen läßt, was man ihnen in die Hand gibt und wie lange man wartet, bis man schließlich die Enttarnung vornimmt. Die Bürger fragen sicher: Wer hat eigentlich gewußt? Wer hat eigentlich gewollt? Und wer hat das Ende gewollt? Die Bürger fragen sich, Herr Kirst: Was für ein Spiel hat man mit der Sicherheit der Bundesrepublik neun Monate lang gespielt? Wer war dafür verantwortlich? Warum ist das jetzt gerade in diesem Augenblick zum Ende gebracht worden, als man wußte — in der Sozialdemokratischen Partei natürlich genau so gut wie bei uns —, daß man mit dem früheren Bundeskanzler Brandt keine Wahlen mehr gewinnen könnte? Die Angst, daß hier mit parteipolitischem Interesse umgegangen wird und aus parteipolitischem Interesse Sicherheiten gefährdet werden, die haben die Bürger aus allem, was sie aus den Zeitungen entnommen haben und dem nirgendwo widersprochen worden ist, weil eben nicht widersprochen werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kirst, Sie haben davon gesprochen, daß Ihr Vermögensbildungskonzept — wenn ich das überhaupt so nennen soll — eine andere Qualität habe; sehr mit recht. Es verzichtet nämlich darauf, dem Arbeitnehmer die persönliche Verfügung über das ihm zuzuteilende zusätzliche Vermögen auch zu belassen. Durch die Fonds, durch die Art der Verwaltung, durch das Befinden von bestimmten Gruppen über die Investitionspolitik ist genau das genommen, was ein Liberaler im Herzen wollen und in der Politik durchsetzen sollte: ein Mehr an Freiheit.
    Verschiedene Ihrer Vorredner haben sich bemüht, den Eindruck zu erwecken, als habe die Sozialdemokratische Partei die Vermögensbildung in unserem Lande wesentlich gefördert. Gestern und heute wurde darüber gesprochen. Herr Wehner, Sie haben mit einer etwas hämischen Miene dem Kolle-



    Dr. von Bismarck
    gen Carstens vorgeworfen, er wisse offenbar nicht, welche kleinen Tricks in dem 624-Mark-Gesetz zu einer Verbesserung geführt hätten. Herr Wehner, ich weiß es. Wir haben nämlich gemerkt, daß in dem 312-Mark-Gesetz der Abzug der Steuer, der Versicherungsbeiträge und der Krankenkassenbeteiligungen ein Fehler war, und wir haben das vor Ihnen im Entwurf des Beteiligungslohngesetzes bereits dringehabt, und Sie haben es bei uns abgeschrieben.

    (Widerspruch des Abg. Wehner.)

    — Sehen Sie es nach, dann werden Sie redlich feststellen, daß es so ist, wie ich Ihnen sage.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er weiß das ganz genau!)

    — Er weiß es, natürlich!
    Sie brüsten sich — und wir finden das gut, wie Sie; damit darüber kein Zweifel ist—, daß, beginnend mit 1,5 oder 1,7 Millionen Inanspruchnehmern des 312-Mark-Gesetzes, inzwischen 17 Millionen an diesen Vermögensbildungsmöglichkeiten teilnehmen. Wodurch ist das entstanden? Ich muß das noch einmal wiederholen, damit das Märchen vom Tisch kommt.
    Herr Professor Farthmann hat uns sehr offenherzig und, ich muß sagen, anständigerweise nach einer Konferenz der dafür zuständigen Gremien des Deutschen Gewerkschaftsbundes in allem Freimut und mit einem ausdrücklichen Lob erklärt, man habe uns auf dieses Zusammentreffen sechs Wochen warten lassen, weil man neu habe nachdenken müssen, nachdem unser Entwurf, über den wir den Gewerkschaftsbund hören wollten, auf dem Tische lag.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] : Hört! Hört!)

    Deswegen habe man seine Politik geändert. Ich habe das Manuskript dieser Vorstandssitzung vor mir gehabt, ich habe es gelesen. Da stand das klipp und klar darin. Es wäre redlich, wenn Sie bei Ihrem ständigen Versuch, uns die Alternative aufzudrücken, die Sie als Regierung bringen müssen, jedesmal, wenn Sie an einen solchen Punkt kommen, das gemeinsame Bemühen um einen richtigen Gedanken auch redlich und offen auf den Tisch legen würden und nicht den Eindruck erwecken wollten, als hätten Sie das gemacht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich finde es besonders schäbig, wenn dann dem Vorsitzenden, der bei dieser Beratung natürlich nicht dabei war, eine solche Sache in dieser Form vorgehalten wird. Aber es scheint ja die Taktik zu sein, den Eindruck zu erwecken, als handele es sich bei uns ständig darum, mit falschen Zahlen zu operieren. Ich werde gleich darauf zu sprechen kommen.
    Herr Minister Friderichs, Sie haben eine Reihe von Bemerkungen zur Konjunkturpolitik gemacht. Ich meine, daß diese Bemerkungen nicht vollständig und daher irreführend waren. Lassen Sie mich zunächst zur Steuerfrage kommen. Wir haben immer gesagt, daß wir die Anträge, die wir dazu gestellt haben — die Anträge haben ja ihre Wurzel im vorigen Sommer —, deswegen stellen, weil wir der
    Überzeugung sind, daß die Gewerkschaftsführung gar nicht anders kann, als den ständigen Verlust, der durch die kalte Steuererhöhung infolge der falschen Progression bei einer Inflation entsteht, zu berücksichtigen. Sie haben eine Weile darüber auch positive Bemerkungen gemacht. Natürlich stimmen wir mit Ihnen darin überein, daß es eine Frage des Timing ist. Wenn Sie aber so mit unseren Angeboten umgehen, wie Sie alle umgegangen sind mit dem Angebot, das Herr Carstens Ihnen zur Kooperation gemacht hat, ist natürlich keine Rede davon, daß die nützliche, notwendige und mögliche Zusammenarbeit in einer solchen Sache zur rechten Zeit zustande kommt;

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Carstens [Fehmarn]: So ist es!)

    denn die Gewerkschaftsführer können das natürlich nur glauben, sie dürfen es nur glauben, wenn es so glaubwürdig und so diskret vorgetragen wird, daß sie wissen, daß sie darauf rechnen können.
    Wenn Sie mit unseren Angeboten so umgehen, wie Sie es jetzt wieder getan haben, nämlich sie zunächst überhaupt zu überhören und sie dann madig zu machen,

    (Abg. Stücklen: Der Bundeskanzler ist überhaupt nicht darauf eingegangen!)

    dann frage ich mich: Wie soll denn eigentlich Kooperation in diesem Parlament zustande kommen?

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das ist die Frage!)

    Sie haben Herrn Stoltenberg und Herrn Strauß angesprochen. Ich glaube, auch hier ist ein Mißverständnis entstanden. Das, was hier angesprochen ist, ist doch ein echter Konflikt allgemeiner Art zwischen einer expansiven Haushaltspolitik, die Ihnen ja von allen Sachverständigen ins Stammbuch geschrieben worden ist und die insbesondere am Jahresende durch das Ausgeben nicht verausgabter Beträge in einer Größenordnung von 4,5 Milliarden DM zustandekam, und einer durch die alleingelassene Bundesbank betriebenen Hochzinspolitik, die für sie denknotwendig ist.
    Hier wird doch — das wissen die ausländischen Kritiker, die uns bewundern, natürlich nicht — auf Kosten des kleineren Unternehmens ein Zinsgefälle hervorgebracht und durchgehalten. Dies hat ganz wesentlich zu den sicher auch sonst möglichen Anstiegen der Konkurse und zu den strukturellen Schwächen beigetragen. Ich finde, wenn Sie schon den in dieser Sache nicht professionellen Vorsitzenden der Union ansprechen, sollten Sie jedenfalls so sauber sein, die Dinge vollständig zu erklären.

    (Abg. Stücklen: Sehr gut!)

    Sie sollten ihm nicht Zitate von Stoltenberg und Strauß in halber und mißverständlicher Weise an den Kopf zu werfen suchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Friderichs, Sie haben den Versuch gemacht — ich werde Ihnen nachher sagen, wie ich das finde —, der Fraktion der Union zu unterstellen, wir



    Dr. von Bismarck
    förderten den Gedanken der Indexklauseln. Dies ist in jeder Hinsicht falsch. Das hätten Sie wissen können; ich habe es gestern schon gesagt. Daß ein Professor, der Parlamentarier ist, mit darüber nachdenkt, wie man bei der schon fortgeschrittenen Inflation zu einer Besserung kommen kann, ist sein gutes Recht. Aber daraus zu konstruieren, die Fraktion betreibe das, ist unrecht. Lassen Sie mich das hier in aller Deutlichkeit sagen.

    (Abg. Gallus: Aber sie duldet es!)

    -- Nein, das duldet sie nicht. In jeder Fraktion, in jeder Partei gibt es verschiedene Ansichten zu den Grundproblemen der Zeit. Für Sie kann es, wenn Sie die Öffentlichkeit nicht falsch unterrichten wollen, doch nur darauf ankommen, festzustellen, was die Führung der Fraktion will, was sie tut und wozu sie steht.