Rede:
ID0710208600

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 102. Sitzung Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1974 Inhalt: Amtliche Mitteilung . 6683 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Arendt, Bundesminister (BMA) . . 6683 B Katzer (CDU/CSU) . . 6688 C Rohde, Bundesminister (BMBW) . 6695 D Strauß (CDU/CSU) 6700 C Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . 6712 A Dr. Friderichs, Bundesminister (BMWi) 6713 D Dr. Ehrenberg (SPD) 6719 D Kirst (FDP) 6722 B Dr. von Bismarck (CDU/CSU) . . 6726 A Genscher, Bundesminister (AA) . 6731 A Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Nölling und Eintritt des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) in den Bundestag als Nachfolger . . 6733 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1974 (Haushaltsgesetz 1974) (Drucksachen 7/1100, 7/1504); Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses — Zweite Beratung — Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksache 7/1911) 6734 A Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksache 7/1912) Frau Renger, Präsident 6734 B Wohlrabe (CDU/CSU) 6736 A Dr. Bußmann (SPD) 6737 D Engelhard (FDP) 6739 B Gansel (SPD) 6740 C Collet (SPD) 6742 C Dr. Sperling (SPD) 6744 A Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksache 7/1913) 6745 B Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksache 7/1914) Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . 6745 C Esters (SPD) 6749 A Schmidt, Bundeskanzler 6749 B Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) 6752 C Wehner (SPD) . . . . . . . . 6756 B Dr. Apel, Bundesminister (BMF) . 6757 C Stücklen (CDU/CSU) 6758 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 6759 D Namentliche Abstimmung . . . . . . 6760 B II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1974 Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksache 7/1915) Picard (CDU/CSU) 6762 A Dr. Bußmann (SPD) 6763 A Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksache 7/1916) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksache 7/1936) Möller (Lübeck) (CDU/CSU) . . . 6764 B Walther (SPD) . . . . . . . . 6764 B Dr. Hirsch (FDP) . . . . . . . . 6768 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister (BMI) 6771 C Dr. Miltner (CDU/CSU) 6772 D Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 6774 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksache 7/1917) Simon (SPD) . . . . . . . . . 6775 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen 7/1919, 7/2047) Röhner (CDU/CSU) 6777 A Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 6778 B Dr. Graff Lambsdorff (FDP) . . . . 6779 C Höcherl (CDU/CSU) 6781 D Dr. Ehrenberg (SPD) 6784 A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 7/1920) Röhner (CDU/CSU) 6785 C Löffler (SPD) . . . . 6788 B Gallus (FDP) . . . . . . 6791 D Dr. Ritz (CDU/CSU) 6794 D Ertl, Bundesminister (BML) . . . . 6797 D Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache 7/1921) Krampe (CDU/CSU) . . . . . . 6802 B Grobecker (SPD) . . . . . . . . 6803 D Arendt, Bundesminister (BMA) . . 6805 C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksache 7/1922) Ollesch (FDP) 6805 D, 6812 B Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 6808 A Müller (Nordenham) (SPD) 6809 C, 6811 D Vehar (CDU/CSU) . . . . . 6810 C Milz (CDU/CSU) 6811 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 7/1923) 6812 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksache 7/1924) Hauser (Bonn-Bad Godesberg) (CDU/CSU) 6813 A Würtz (SPD) 6815 A Schulte (Unna) (SPD) 6816 B Namentliche Abstimmung . . . . . . 6819 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit (Drucksache 7/1925) Kroll-Schlüter (CDU/CSU) . 6816 C Dr. Sperling (SPD) . . . . . . . 6818 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 6819 B Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache 7/1926) 6820 D Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksache 7/1927) Blank (SPD) 6821 A Frau Pieser (CDU/CSU) 6822 B Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 7/1928) Josten (CDU/CSU) 6823 C Esters (SPD) 6824 B Picard (CDU/CSU) 6824 D Dr. Holtz (SPD) 6825 C Dr. Todenhöfer (CDU/CSU) . . . . 6826 D Hoppe (FDP) 6828 B Dr. Eppler, Bundesminister (BMZ) . 6826 D, 6829 A Leicht (CDU/CSU) 6830 B Moersch, Parl. Staatssekretär (AA) 6830 C, 6831 C Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 6831 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksache 7/1929) Simpfendörfer (SPD) . . . . . 6832 A Kleinert (FDP) 6833 B Niegel (CDU/CSU) 6833 D, 6834 A Wehner (SPD) . 6833 D Leicht (CDU/CSU) 6834 B Frau Funcke, Vizepräsident . . . 6834 C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1974 III Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen (Drucksache 7/1930) Dr. Dübber (SPD) 6834 D Wohlrabe (CDU/CSU) 6835 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie (Drucksache 7/1931) Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) . . . 6836 B Dr. von Bülow (SPD) . . . . . . 6837 C Frau Funcke, Vizepräsident (Erteilung eines Ordnungsrufs) . . 6839 A Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 6839 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 7/1932, 7/2056) . . . . 6839 B Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 7/1934) 6839 C Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 7/1935) 6839 C Nächste Sitzung 6839 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6841* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1974 6683 102. Sitzung Bonn, den 21. Mai 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 21.5. Dr. Aigner * 22. 5. Dr. Artzinger * 22. 5. Bahr 22. 5. Batz 22. 5. Dr. Becher (Pullach) 22.5. Behrendt * 21. 5. Blumenfeld 21. 5. Brandt 6. 6. Fellermaier * 21. 5. Ferrang 22. 5. Flämig " 21.5. Dr. Freiwald 22. 5. Gerlach (Emsland) * 21.5. Gewandt 19. 6. Dr. Gölter *** 22. 5. Dr. Gradl 10. 6. Dr. Haenschke 31. 5. Härzschel * 23. 5. Handlos 22. 5. Jäger (Wangen) 1. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 22. 5. Kahn-Ackermann *1* 21. 5. Dr. Klepsch *** 22. 5. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Freiherr von Kühlmann-Stumm 22. 5. Lagershausen 22.5. Lampersbach 22.5. Lange * 21.5. Lemmrich *** 22.5. Lenzer *** 22. 5. Dr. Lohmar 22. 6. Lücker * 26.5. Memmel * 22. 5. Dr. Mende *** 21. 5. Müller (Mülheim) * 21. 5. Dr. Müller (München) *** 21. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 22. 5. Frau Dr. Orth * 21. 5. Pawelczyk *** 22. 5. Dr. Probst 22.5. Richter *** 22. 5. Schlaga *** 22. 5. Schmidt (Kempten) *** 22. 5. Schröder (Wilhelminenhof) 22. 5. Dr. Schwencke *** 22. 5. Dr. Schwörer * 22.5. Seefeld * 21.5. Dr. Slotta 21. 5. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 24. 5. Springorum * 21. 5. Dr. Starke (Franken) 23. 5. Vogel (Ennepetal) 22. 5. Dr. Vohrer *** 21. 5. Walkhoff " 22.5. Frau Dr. Walz * 22. 5. Wienand 22. 5. Dr. Wörner 21.5. Zeyer 8. 6.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herbert Ehrenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich die wohltuend sachlichen, präzisen Ausführungen des Bundeswirtschaftsministers den Beiträgen der Herren von der Opposition, die wir gestern und heute gehört haben,



    Dr. Ehrenberg
    gegenüberstelle, muß ich auf den Schlußsatz zurückkommen, den mein Kollege Graf Lambsdorff gestern abend in einer Wertung des Beitrags des Führers der Opposition formuliert hat, indem er — Winston Churchill zitierend — sagte: „A good man on the wrong place." Wenn ich das rekapituliere, was von den Oppositionssprechern vorgebracht wurde, so muß ich dieses Wort, bezogen auf die gesamte CDU/CSU, umkehren und hier feststellen: Die CDU/ CSU sitzt auf dem richtigen Platz, nämlich auf dem Platz der Opposition.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie hat sachliche Alternativen in den Diskussionsbeiträgen von gestern nachmittag 15 Uhr bis heute kurz vor 13 Uhr nicht gebracht. Sie ist nicht bereit, Fakten anzuhören, sondern geht an den Fakten, den Realitäten dieser Wirtschaft vorbei. Da sie auch einen Kanzlerkandidaten immer noch nicht zu bieten hat, bleibt der richtige Platz für sie der der Opposition.

    (Abg. van Delden: Du lieber Gott!)

    Wenn ich das, was der Herr Bundeswirtschaftsminister jetzt gesagt hat, richtig interpretiere, wird sie auf diesem Platz auch noch sehr lange bleiben und dort dann vielleicht auch Opposition lernen; denn so kann man mit einer Regierungserklärung, wenn man Faktenkritik treiben und sich nicht in verbalen Appellen erschöpfen will, sicherlich nicht umgehen.
    Lassen Sie mich einige der Gemeinsamkeiten der verschiedenen Oppositionsredner, die ja merkwürdig groß waren — nicht groß in den Fakten, aber groß in der übereinstimmenden nicht zutreffenden Kritik —, herausholen. Herr Strauß hat hier in einer nicht näher definierten und auch nur bei einem Hauch ökonomischer Kenntnis nicht vertretbaren Weise davon gesprochen, daß die, wie er es nannte, Importkomponente der Inflationsraten letzten Endes durch uns selbst hervorgerufen würde. Genau diese unpräzise und ökonomisch nicht beweisbare Aussage findet sich auch, von Herrn Carstens gemacht, im „Deutschland-Uniondienst" vom 22. April 1974,

    (Abg. van Delden: Aber Sie können es auch nicht widerlegen, Herr Ehrenberg!)

    — die Widerlegung kommt, Herr van Delden, nur nicht so eilig — wo er behauptet,

    (Zuruf des Abg. Reddemann)

    daß die Bundesrepublik die Inflation in ihre Außenhandelspartnerländer exportiere. Verehrter Herr Carstens, ich wäre außerordentlich dankbar — und vielleicht kann Herr Strauß auch dazu beitragen, denn er hat es ja mit anderen Worten wiederholt —, wenn mir dieses Geheimnis verraten würde, wie die Volkswirtschaft mit den niedrigsten Preis- und damit auch mit den niedrigsten Kostensteigerungsraten im Vergleich zu all ihren Handelspartnern auf Grund dieses niedrigsten Niveaus Inflation in jene Länder mit höheren Preis- und Kostensteigerungsraten exportieren soll. Wie das ökonomisch vor sich gehen soll, hätte ich gern einmal von einem der Herren der Opposition erklärt bekommen.
    Dieses Hinweggehen über ökonomische Fakten kennzeichnet eine Vielzahl von Beiträgen, und es ist hier allen Ernstes die Frage zu stellen, ob dieses Hinweggehen über Fakten wirklich nur ökonomischer Unkenntnis entspringt oder ob es sich hier um das handelt, was Franz Josef Strauß in Beantwortung eines Zwischenrufs meines Kollegen von Bülow als „bodenlose Leichtfertigkeit" bezeichnet hat. Ich neige dazu, diese Art der Diskussion eher mit bodenloser Leichtfertigkeit zu bezeichnen.
    Man muß auch noch einmal darauf zurückkommen, was Herr Carstens gestern abschließend zur Regierungserklärung gesagt hat. Herr Carstens hat dort von der tiefen Verunsicherung und davon gesprochen, daß die Bundesregierung unser Land in eine Krise geführt hätte. Daran schließt sich der Satz an, verehrter Herr Kollege Carstens, den ich noch einmal wiederholen darf: „Wir werden darauf drängen, daß die deutsche Politik wieder zu Nüchternheit und Augenmaß, zu Solidität und Stabilität zurückkehrt."

    (Abg. van Delden: Aha!)

    — Ich habe mir dann die Mühe gemacht, Herr van Delden, nicht nur vom Zuhören her, das Manuskript von Herrn Carstens durchzugehen, das hinterher verteilt wurde, und dieses auf jene Maßstäbe der Nüchternheit, des Augenmaßes und der Solidität durchzuforsten. Es blieb leider kein Abschnitt übrig, auf den man diese hohen und, wie ich glaube, richtigen Wertmaßstäbe hätten anwenden können.
    Der Bundeswirtschaftsminister hat schon im Detail in einem Punkt, der weder Solidität noch Augenmaß noch Nüchternheit bewiesen hat, hier den Hinweis auf frühere Preissteigerungsraten widerlegt. Diesen Punkt kann man sicher dem Fraktionsvorsitzenden nicht übelnehmen. Aber, Herr Carstens, Sie sollten sich doch von Ihren Referenten diese Statistiken einmal vorlegen lassen, damit Sie in Zukunft nicht mehr solche Behauptungen in die Welt stellen.
    Es gibt einen weiteren Punkt darin, der hier einfach um der Redlichkeit willen angesprochen werden muß, nämlich den, wo Sie mit drastischen Bezeichnungen darauf hinweisen, daß die bäuerlichen Betriebe in einem Existenzkampf stehen -- und dann kommt ein Halbsatz aus Ihrer Rede — „wie zu keiner Zeit der von der CDU/CSU getragenen Bundesregierungen". Ich richte auch hier die herzliche Bitte an den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, sich einmal die Agrarberichte 1973 und 1974 vorlegen zu lassen, wo Einkommensteigerungen für die Landwirtschaft in einer Höhe von einmal 35 % und einmal 22 % verzeichnet sind. Auch der Planungsstab der CDU hat ja wohl nie behauptet, daß in der Landwirtschaft Kostensteigerungen in dieser Größenordnung eingetreten wären.
    Wäre es möglich, hier mit der Opposition tatsächlich zu etwas mehr Nüchternheit, zu etwas mehr Augenmaß und Solidität zu kommen, dann wäre es auch um die ökonomische Diskussion in diesem Lande besser bestellt.
    Die Kollegen Franz Josef Strauß, Carstens und Barzel haben trotz des erdrückenden statistischen Materials über den Einfluß der Weltpreissteige-



    Dr. Ehrenberg
    rungsraten auf die deutsche Situation immer wieder das alte Stichwort von der hausgemachten Inflation gebracht, allerdings ohne den Nachweis zu führen, woher die angeblich hausgemachte Inflation kommt.

    (Abg. Dr. Barzel: Das hat Herr Klasen zuerst gesagt )

    Wie verhält es sich nun mit dem Kooperationsangebot, von seiten der Opposition tatsächlich zu konkreter Stabilitätspolitik beizutragen? Ich erinnere — darauf hat hier auch eben der Bundeswirtschaftsminister verwiesen — an das massive Stabilitätsprogramm, das die Bundesregierung eingeleitet und mit Erfolg durchgeführt hat. Herr Barzel und Herr Carstens, vor dem Hintergrund dieses Programms wird bei den Haushaltsberatungen heute nachmittag und morgen Gelegenheit gegeben sein, Ihre Kooperationsbereitschaft zu beweisen. Ich bin gespannt darauf, wieviel Ihrer haushaltsaufblähenden Anträge Sie nach diesem Angebot morgen nun nicht stellen werden. Wir werden es erleben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der Uhrzeiger geht auf die Mittagszeit zu. Darum ist es nötig —

    (Abg. Dr. Carstens [Fehmarn] : Das ist die erste richtige Feststellung, die Sie getroffen haben! — Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    — Herr Carstens, soll ich Ihre Nüchternheit, Ihr Augenmaß, Ihre Solidität noch länger strapazieren? Das würde ich Ihnen ungern antun. Aber ich könnte es, wenn Sie Wert darauf legen.

    (Abg. Dr. Barzel: Versuchen Sie es einmal!)

    — Herr Barzel, Ihnen muß ich doch auch noch ein wenig Zeit widmen können. Wir können doch nicht alles Herrn Carstens überlassen.
    Ich glaube, daß es notwendig und nützlich ist, hier auf zwei Fakten hinzuweisen. Zum einen haben Sie, Herr Barzel, sich gestern doch recht intensiv damit beschäftigt, in dieser Regierungserklärung geistige Aussagen zu vermissen. Sie haben dabei auch auf den französischen Wahlkampf hingewiesen. Da Sie — wie wir alle — den französischen Wahlkampf sicher sehr aufmerksam verfolgt haben, ist es doch auch zu Ihrer Kenntnis gelangt — vielleicht hätten Sie es hier sogar sagen können —, mit welcher Intensität beide Spitzenkandidaten für das höchste Staatsamt in Frankreich auf deutsche wirtschaftspolitische Erfolge hingewiesen haben. Sie haben sich gegenseitig sogar beschuldigt, nicht genug dem Vorbild der deutschen Wirtschaftspolitik zu folgen. Sie haben versprochen, nach gewonnenem Wahlkampf in Frankreich nach dem Muster der deutschen Wirtschaftspolitik Stabilitätspolitik zu betreiben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dies ist ein Faktum, das man in der Bundesrepublik allein deshalb zur Kenntnis nehmen muß, weil es zu guten Hoffnungen berechtigt, in der neuen Ara in Frankreich dann auch in Europa wieder zu mehr gemeinsamer Wirtschaftspolitik zu kommen, für die die deutsche Wirtschaftspolitik nun wirklich ein gutes Beispiel bietet.
    Ich kann es Ihnen auch nicht ersparen, noch ein wenig darauf hinzuweisen — ich weiß, daß Sie das ungern hören —, um wieviel anders als hier von der Opposition die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik draußen von anderen Leuten beurteilt wird. Das „Handelsblatt", das sicher nicht im Verdacht steht, eine sozialdemokratische Zeitung zu sein, hat am 14. Mai 1974, also schon nach dem Regierungswechsel hier, eine Umfrage bei den Chefs der hundert größten amerikanischen Unternehmen und Banken durchgeführt und nach den wirtschaftlichen Aussichten der Bundesrepublik gefragt. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitiere ich die Aussage von Herrn Gerstenberg, Chairman von General Motors, wörtlich:
    Das Beispiel des letzten Jahres, wo die Inflationsrate in Westdeutschland im Vergleich zu den anderen bedeutenden Exportnationen in erstaunlichem Maße niedriggehalten werden konnte, zeigt, daß wir weiterhin auf die Bundesrepublik setzen können.
    Und der frühere amerikanische Finanzminister, Herr Fowler, sagt:
    Auch Wallstreet bleibt von der westdeutschen Stabilitätspolitik beeindruckt.
    Daß das nicht nur leere Worte sind, können Sie in einer Zeitschrift nachlesen, die wiederum nicht in Verdacht steht, den Sozialdemokraten nahezustehen, nämlich der „Wirtschaftswoche", wo in der vergangenen Woche nüchtern gemeldet wurde, daß ausgerechnet 1973 die ausländischen Direktinvestitionen in der Bundesrepublik den Rekordstand von 6,1 Milliarden DM erreicht haben. Und es heißt dann in dieser Zeitschrift weiter:
    Ausländische Unternehmen investieren in der Bundesrepublik mehr als je zuvor trotz Mitbestimmung, Steuerreform und Kartellrechtsnovelle.
    Allein diese Tatsache, das Vertrauen, das potente ausländische Investoren in die Entwicklung der deutschen Wirtschaft haben, sollte doch vielleicht auch auf den Oppositionsbänken zum Nachdenken darüber anregen, ob Sie sich nicht einer objektiveren, einer realistischeren Betrachtungsweise der deutschen Wirtschaftssituation zuwenden wollen.

    (Abg. Carstens [Emstek] : Trotz der Arbeitslosen!)

    — Zu diesen Arbeitslosen hat der Bundeswirtschaftsminister genau das gesagt,

    (Abg. Carstens [Emstek] : Im Gegensatz zu Ihnen hat er das gesagt!)

    was notwendigerweise zu sagen war: daß es sich hier um strukturelle Erscheinungen handelt, nicht um konjunkturelle. Diese strukturellen Erscheinungen werden um so besser zu überwinden sein, je mehr wir das, was vor Weihnachten 1973 eingeleitet worden ist, nämlich das konjunkturpolitische Instrumentarium zu differenzieren und zu regionalisieren, fortsetzen.
    Nicht ohne Grund steht in der Regierungserklärung ausdrücklich ein Kapitel, das die Überschrift



    Dr. Ehrenberg
    trägt: „Modernisierung der Wirtschaft". Diese Modernisierung der Wirtschaft, die notwendig ist, um zu einer technisch intelligenteren, kapitalintensiveren und damit mehr in die arbeitsteilige Welt passenden Produktion zu kommen, wird in den nächsten Jahren zu Recht das Hauptaugenmerk der Wirtschaftspolitik erfordern. Dazu wird es notwendig sein, die Strukturpolitik sehr viel mehr als bisher in den Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik zu rücken.
    Aber die Regierungserklärung sagt auch sehr deutlich und meiner Meinung nach zu Recht, daß diese marktwirtschaftlich, aber sozial gebundene Wirtschaftsordnung, wie wir sie in der Bundesrepublik haben und in der wir in den letzten Jahren den Grad der Sozialbindung ständig verbessert haben, die leistungsfähigste aller Wirtschaftsordnungen ist. Es wird sehr darauf ankommen — die Regierungserklärung bietet genügend Ansätze dazu —, daß die marktwirtschaftliche, aber sozialgebundene Wirtschaftsordnung unter Verbesserung der staatlichen Datengesetzgebung, unter einem enger gezogenen Datenkranz und unter der schrittweisen Ausweitung der Sozialbindung — dazu gehört auch die paritätische Mitbestimmung, dazu gehört auch die qualifizierte Berufsausbildung, dazu gehört eine lange Reihe von mehr Komponenten, die in betonter Nüchternheit in der Regierungserklärung angesprochen sind — noch mehr gefestigt wird.
    Vor der Schlußrunde der Debatte über diese Regierungserklärung, nach den Beiträgen der Opposition und dem, was von den Regierungsparteien und von der Regierungsbank her geleistet wurde, kann man abschließend nur feststellen: Diese ausbaufähige und leistungsfähige Wirtschaftsordnung wird in der Bundesrepublik zur Zeit nur von zwei Parteien vertreten. Die sozialliberale Koalition wird dazu beitragen, diese Wirtschaftsordnung weiter zu tragen. Von der Opposition wurde bisher — aber ich hoffe, Herr von Bismarck, das kommt noch; Sie haben sich ja noch zu Wort gemeldet — nichts dazu beigetragen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, die Geschäftslage zwingt uns dazu, auf die Mittagspause zu verzichten. Wir tagen durch, so daß wir in etwa um 14 Uhr mit dem nächsten Punkt der Tagesordnung beginnen werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Kirst.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Victor Kirst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich trage keine Schuld daran, daß Sie hungern müssen. Das möchte ich ausdrücklich feststellen. Aber da heute morgen noch kein Vertreter meiner Fraktion gesprochen hat, bitte ich um Verständnis, daß ich auch noch Ihre Aufmerksamkeit für einige Zeit in Anspruch nehme.
    Ich hatte mich an sich gefreut — das ist ja ein gemeinsames Schicksal aller Kollegen aus den drei Fraktionen —, nach monatelanger Verbannung in den Haushaltsausschuß für die Etatberatung, die uns zur ständigen Abwesenheit vom Plenarsaal zwingt, hier mal wieder mit dem Kollegen Strauß debattieren zu können. Nur muß ich sagen: Inhalt und Qualität seiner Ausführungen mindern leider erheblich dieses Vergnügen.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Dabei ist ja doch noch ein Unterschied, den man offen zugeben sollte, Herr Kollege Strauß, zwischen Ihnen als anerkanntem wirtschaftspolitischem Sprecher und Wirtschaftsfachmann Ihrer Fraktion und der nationalökonomischen Laienspielschar, die gestern abend hier für ihre Fraktion aufgetreten ist, was gar kein Vorwurf, sondern eine Feststellung ist. Was von den Kollegen Barzel und Carstens hier an wirtschaftlich Falschem gesagt worden ist, kann man allenfalls als fahrlässig bezeichnen. Was der Kollege Strauß, wie üblich, dazu an Falschem gesagt hat, muß dann schon bei seinen Kenntnissen der wirtschaftlichen Zusammenhänge als Vorsatz gekennzeichnet werden. Denn er muß wissen, was er Falsches sagt, wenngleich sicherlich durch die größere Durchsetzgeschwindigkeit seines Redeflusses sich davon auch manches sehr schnell wieder verliert.

    (Abg. Carstens [Emstek] : Jetzt kommen Sie doch zur Hauptsache!)

    — Ich komme schon zur Sache. Ich will auch einiges weglassen, eben im Interesse eines schnelleren Ablaufs dieser etwas verzögerten Debatte.
    Herr Strauß, Sie haben unter anderem, an die FDP gerichtet, hier einiges noch einmal aufgewärmt aus dem Jahre 1966. Ich war damals noch nicht in diesem Hause. Aber ich weiß mich genau zu erinnern, daß das Ihre damalige Politik, die Meinung Ihrer damaligen Führung war: Wenn nicht über dieses Problem, das dann der Anlaß wurde, die damalige Koalition gebrochen wäre, Herr Barzel, dann wäre es das nächste Problem gewesen. Das war von Ihnen doch bewußt so aufgebaut. Die Zwischenfrage meines Kollegen Lambsdorff gestern abend traf durchaus den Kern der Sache. Im übrigen ist die Situation von 1966 mit 1974 auch unter diesem Aspekt nicht zu vergleichen. Wir hatten keinen Anlaß, die Koalition zu beenden. Wir hatten keinen Anlaß, die Koalition zu wechseln. Was Sie uns an Sorge um unser Seelenheil hier vielleicht unterschwellig suggerieren wollten — dazu kann ich nur sagen: die FDP fühlt sich heute in ihrer politischen Handlungsfähigkeit freier als je zuvor in der Vergangenheit.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD.)

    Herr Strauß, Sie haben sehr lange über den Rücktritt des bisherigen Bundeskanzlers gesprochen. Dabei sind Ihnen, wenn ich das richtig verfolgt habe, einige Freudsche Fehlleistungen unterlaufen. Ich denke zunächst an die Passage über einen der Nachrichtendienste. Ich habe im Moment nicht die Absicht, auf diese Themen hier weiter einzugehen. Sie haben merkwürdigerweise — das ist wohl eine zweite Freudsche Fehlleistung — zunächst die Behauptung in den Raum gestellt, dieser Rücktritt sei eine Folge des Scheiterns der Politik, und dann haben Sie 20 Minuten lang über einen bestimmten
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Mai 1Q74 6723
    Kirst
    Fall gesprochen. Dieser Zusammenhang in Ihrer Rede ist meiner Ansicht nach eine echte Freudsche Fehlleistung.
    Ich will jetzt nicht auf Ihre erneute Ermunterung an die Gewerkschaften eingehen, die Sie noch dazu mit falscher Argumentation verbunden haben. Ich komme dann, wenn ich an den Kollegen Katzer einige Worte zu richten habe, noch einmal darauf zurück. Ich meine, daß man bei tarifpolitischen Auseinandersetzungen nicht immer nur wie das Kaninchen auf die Schlange ganz starr auf den Zeitraum von 12 Monaten blicken darf, sondern daß man hier auch einmal mittelfristige Betrachtungen berücksichtigen muß.
    Es ist absolut nicht unsere Absicht, die Steuerreform Anfang Juni in diesem Hause in zweiter und dritter Lesung zu behandeln, weil da nun zufällig am 9. Juni Landtagswahl in Niedersachsen ist, sondern weil das der notwendige Termin ist, um ein Inkraftsetzen zum 1. Januar 1975 sicherzustellen,

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien)

    zumal wir ja auch noch einiges, ich will mal sagen, an Rücklaufschwierigkeiten mit dem Bundesrat in diesem Zusammenhang wohl zu erwarten haben werden.
    Es ist natürlich auch falsch, Ihr Antiinflationsgesetz oder Inflationsentlastungsgesetz, Entschuldigung, als eine Alternative zur Steuerreform zu betrachten. Das ist ja keine Steuerreform, was Sie wollten, sondern das war und ist ein Mittel zur Verhinderung der Steuerreform.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Deshalb konnten wir diesem Weg nicht folgen. Deshalb ist auch die Argumentation falsch, das eine, was man am 1. Januar tun werde, könne man ja schon am 1. Juli tun. Das ist eben etwas Verschiedenes. Das wird sich in der Debatte über diesen Punkt noch näher herausstellen.
    Herr Minister Friderichs hat hier eine der ständig falschen Behauptungen der Opposition in wirtschaftspolitischen Fragen aufgezeigt. Es ist die nicht erst heute vorgetragene, sondern ständig wiederholte Behauptung, daß die Bundesrepublik in den 20 Jahren, da die CDU/CSU die Regierung geführt habe, immer das Schlußlicht der Preisentwicklung gewesen sei. Das haben wir Ihnen auch 1972 schon gesagt. Ihre Behauptung war damals so falsch, wie sie es heute ist. Ich will es jetzt nicht vertiefen.
    Gestern, glaube ich, hat in der Auseinandersetzung auch die Frage der zu späten Gegensteuerung eine Rolle gespielt. Ich glaube, Sie, Herr Barzel, sind es gewesen, der gesagt hat, daß damals bei der Aufwertung das ergänzende Programm gefehlt habe. Ich darf Sie daran erinnern, welche Stellung Sie und insbesondere auch der Kollege Strauß zur Frage der außenwirtschaftlichen Absicherung eigentlich immer eingenommen haben. Kollege Strauß hat sich eigentlich nur dahin gehend betätigt, durch unbedachte Äußerungen neue Spekulationen über eine nächste deutsche Aufwertung anzuregen. Mehr Konstruktives hat er in dieser Frage jedenfalls nicht getan. Wenn ich mir einmal das Gedankenspiel erlauben darf, Sie hätten 1969 unglücklicherweise die absolute Mehrheit erhalten und in diesem Land weiter regiert, dann muß man fast zu der Vorstellung kommen, daß die Bundesbank heute den Dollar noch immer zu 4 DM kaufen müßte.
    Kein Zweifel kann daran bestehen, daß die Stabilitätspolitik im Spätsommer /Frühherbst Erfolge erzielte bis zum Aufkommen von Schwierigkeiten, die hier wiederholt besprochen worden sind. Ich denke an die Frage der Ölversorgung und die überbordenden Tarifabschlüsse zu Beginn dieses Jahres.
    Wir werden heute nachmittag und insbesondere im Rahmen der dritten Lesung des Haushalts über die Rolle der Haushalte als konjunkturpolitisches Instrument des näheren zu sprechen haben. Ich habe dem, was ich hier in den letzten Jahren wiederholt zum Ausdruck gebracht habe, nichts hinzuzufügen. Aber lassen Sie mich schon in diesem Zusammenhang vielleicht eines sagen. Die Ausblicke, die in der Regierungserklärung auf die Haushaltsgestaltung des Jahres 1975 für Bund, Länder und Gemeinden enthalten sind, sind kein Widerspruch zu der bisherigen Haushaltspolitik. Denn was wir ab 1975 machen müssen, ist ja gar nicht das Ziehen einer stabilitätspolitischen Konsequenz, sondern die einnahmepolitische, finanzpolitische Konsequenz aus den Folgen der Steuerreform, über die wir, wie gesagt, Anfang Juni hier noch im einzelnen sprechen werden.
    Stabilitätspolitisch ist das irrelevant. Es gibt aus viereinhalb Jahren einen einzigen Satz des Kollegen Strauß, dem ich voll zugestimmt habe. Er sagte nämlich einmal in der Debatte über die Regierungserklärung 1973 sehr deutlich: Nachfrage ist gleich Nachfrage; das ist stabilitätspolitisch das gleiche. Bei der Beratung des Haushalts 1975 wird der Ort sein — hier ist kritisiert worden, daß die Regierungserklärung da nichts Genaues enthält —, die Frage zu entscheiden, wo und in welchem Umfang Einsparungen möglich und nötig sind. Das hängt ja auch noch von dem Ausgang der Verhandlungen mit den Ländern in, wie ich hoffe, voller Ausschöpfung der Revisionsklausel ab. Wie gesagt, auf diese Dinge können wir bei den Haushaltsberatungen des näheren zurückkommen.
    Graf Lambsdorff hat gestern dem Kollegen Carstens — er ist, glaube ich, nicht da — eine Reihe von wirtschaftspolitischen Fehlleistungen vorgehalten. Mir ist eine davon noch vorige Woche aufgefallen. Sie zeigt evident, wie leichtfertig hier dahingeredet wird. Kollege Carstens hat am vergangenen Freitag u. a. erklärt, daß es, als die sozialliberale Regierung 1969 ihr Amt antrat, in diesem Land keine öffentlichen Schulden gegeben habe. Ich frage mich nur, ob derjenige, der so etwas sagt, oder derjenige, der dem, der es sagt, dies aufschreibt, ein einziges Mal einen Blick in die Monatsberichte der Deutschen Bundesbank getan hat. Ich zitiere die, weil die bei den Kollegen der Opposition sicher unverdächtig sind. Aus ihnen können Sie ganz klar ersehen, wie der Schuldenstand des Bundes Ende



    Kirst
    1969 war: rund 45 Milliarden DM. Das war in vier Jahren ein Wachstum von 12 Milliarden DM,

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    heute haben wir in den vergangenen vier Jahren ein Wachstum von ungefähr 11 Milliarden DM, also genau dieselben Größenordnungen. Auf die Differenzierung, die Art der Verschuldung will ich hier erst gar nicht weiter eingehen.
    Nun hat der Kollege Katzer heute morgen einiges gesagt, was auch nicht unerwidert bleiben darf. Zunächst zur Einkommensentwicklung.
    Auch hier würde ich ihn doch bitten, nicht immer so daherzureden, sondern sich, bevor er redet, die Zahlen — auch hier wieder Zahlen, wie sie sich in den Berichten der Deutschen Bundesbank finden — einmal anzusehen. Ich will Ihnen die ganze Reihe jetzt nicht vorlesen; lesen Sie das einmal nach, und zwar im März-Bericht 1974 der Deutschen Bundesbank, Seite 69, Herr Katzer. Da können Sie die Entwicklung der Masseneinkommen — genau unterteilt nach Nettolöhnen und -gehältern, nach Renten und Beamtenpension — verfolgen. Und dann werden Sie feststellen, daß wir in den letzten Jahren einen ständigen, erheblichen Anstieg der Masseneinkommen, der Nettoeinkommen — trotz der schleichenden Steuererhöhung — gehabt haben,

    (Abg. Katzer: Sie müssen mal mit den Menschen reden! Daß Sie es nicht tun, ist Ihr Fehler!)

    so z. B. auch noch im Jahre 1973 von 8,7 % und 1972 von 9,1 %.

    (Abg. Katzer: Sie müssen mal mit den Rentnern reden, dann wissen Sie, was los ist!)

    Ich empfehle Ihnen, die Zahlen für die Masseneinkommen nachzulesen.
    Sie sind infolge der Rentenwirkung noch viel größer.

    (Abg. Katzer: Reden Sie mal mit den Leuten, dann wissen Sie, was los ist!)

    Selbst wenn Sie davon dann die Preissteigerungsrate abziehen, haben Sie die reale Einkommensteigerung, die Sie hier leugnen.

    (Abg. Katzer: Reden Sie mal mit den Leuten vor Ort, dann wissen Sie es viel besser!)

    - Nun sagen Sie: Reden Sie mit den Leuten! Einiges, was Sie hier gesagt haben, ist durchaus nicht unbekannt. Aber, Herr Katzer, wenn wir das einmal genau untersuchen, kommt da nicht eben auch zum Ausdruck, daß die Ansprüche, die der einzelne an seinen Lebensstandard stellt

    (Abg. Katzer: Sie wollen doch Qualität des Lebens!)

    — nicht nur an den Staat, sondern auch an sich selbst, so erheblich gestiegen sind,

    (Abg. Katzer: Wollen Sie die runterbringen?!)

    daß zur Aufrechterhaltung dann die Folgen eintreten müssen, von denen Sie hier heute morgen gesprochen haben?

    (Abg. von Bismarck: Wer ist dafür verantwortlich?)

    Das heißt also nicht eine Minderung des Lebensstandards, sondern trotz allem eine ständig weitersteigende Entwicklung des Lebensstandards.
    Herr Katzer, ganz kurz zur Frage der Mitbestimmung. Es ist schlecht, wenn man vorher ausgearbeitete Reden so abliest, wie sie ausgearbeitet sind,

    (Abg. Katzer: Sie sollten sich vorbereiten!)

    und die Debatte nicht berücksichtigt. (Abg. Katzer: Habe ich gehört!)

    Kollege Mischnick hat hier gestern sehr deutlich etwas zur Mitbestimmung gesagt,

    (Abg. Katzer: Macht die Sache nicht besser! — Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : War eine brillante Rede!)

    was ich hier nicht zu wiederholen brauche. Die erste Lesung kommt, dann werden wir uns darüber unterhalten. Sie haben die Frage gestellt, wo wir denn waren. Nun, wir waren dabei, sonst hätte es diesen Gesetzentwurf nicht gegeben, und es hätte ihn nicht so gegeben; das wissen Sie genau, Herr Katzer. Und es hätte ihn nicht gegeben, wenn wir nicht der Überzeugung wären, daß er, so wie er ist, absolut vertretbar und absolut systemkonform ist. Das sei Ihnen hier noch einmal gesagt.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Katzer: Es ging um das Wahlrecht, Herr Kollege Kirst!)

    Es wird im Zusammenhang mit der Mitbestimmung und auch der Vermögensbildung, auf die ich dann doch noch einmal ein paar Worte verwenden muß, damit hier keine Unklarheiten entstehen, draußen im Lande von Ihnen und anderen wieder eine Stimmung erzeugt, die man unter das Motto „Untergang des Abendlandes" stellen kann. Das gehört auch zur großen Angstkampagne. Das haben wir auch schon einmal erlebt, als wir 1971 das Betriebsverfassungsgesetz novellierten. Auch da ging alles unter. Und heute geht alles wunderschön weiter.
    Sehr dankbar bin ich Ihnen, Herr Kollege Katzer, für das, was Sie zum Wahlrecht gesagt haben; das haben wir ganz gern gehört. Nicht daß wir irgendwelche Sorgen hätten: aber was Sie hier gesagt haben, gibt uns doch die Gewißheit, daß die Hoffnung auf Einsicht bei Ihnen nicht immer und in allen Dingen unendlich vergebens sein muß.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Katzer: Auch unter dem Gesichtspunkt der Mitbestimmung!)

    Was die Frage des Übergangskabinetts angeht, so ist darüber auch schon gesprochen worden. Immerhin dauert diese Legislaturperiode noch zweieinhalb Jahre. Und eines hat sich durch alle Ereignisse der letzten Wochen und Monate nicht geändert — und das unterscheidet diese Legislaturperio-



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    de in ihrer Qualität ganz entscheidend von der 6. Legislaturperiode —: die stabilen Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause, Sie werden sich auch nicht ändern. Damit haben Sie zu leben. Wir können damit leben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Katzer: Wir auch!)

    Die Regierungserklärung als Bilanz, Zwischenbilanz ist hier gestern abend vom Kollegen Barzel kritisiert worden. Ich meine, das war eine saubere Bilanz, die jedes Testat — wenn ich das im Vergleich sagen darf — des Wirtschaftsprüfers, wenn es das in diesem Sinne hier gäbe, bekommen würde.
    Das gilt insbesondere auch für die Frage der Reformen. Auch hierzu hat Kollege Arendt — wir haben eine ungeheuer tüchtige Regierung, die fast die ganze Debatte ohne Hilfe der Koalitionsfraktion bestreitet — heute morgen schon einiges gesagt, was ich selbst wohl auch vor zwei Jahren schon einmal gesagt habe: daß man hier unterscheiden muß zwischen den verschiedenen Fertigungsstufen der Regierungsarbeit: Fertigprodukte — das sind die in großer Zahl schon verabschiedeten Gesetze —, Halbfabrikate in parlamentarischer Beratung und Rohstoff, der noch in Vorbereitung ist.
    Es gibt einen Punkt, der in diese Kategorie nicht paßt: das ist das Thema der Vermögensbildung. Ich würde es in diesem Vergleichsbild als ein Entwicklungsvorhaben bezeichnen. Wir sind uns immer darüber im klaren gewesen, daß es sich hier um ein gesetzgeberisches Neuland handelt, aber die Regierungserklärung sagt sehr deutlich — wir sind damit völlig einverstanden, und wir haben das auch so gewünscht —, daß die Arbeiten an diesem Entwicklungsprojekt, wie ich es einmal bezeichnen möchte, nicht eingestellt, sondern ganz gründlich und intensiv in der dargestellten Form fortgesetzt werden, und wir haben keinen Anlaß, davon abzurücken.
    Ich will gar nichts herumdeuteln an dem, was hier zum 624- alias 312-Mark-Gesetz gesagt worden ist. Ich will die positive Bewertung nicht zurücknehmen, die hier gestern von allen Seiten erfolgt ist. Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen nicht vergessen, daß es sich hierbei doch um eine Vermögensbildung weitgehend durch Steuerzahler und Verbraucher handelt. Wer die Zusammenhänge dieses Gesetzes kennt, wird dieser Feststellung nicht widersprechen können. Dasselbe gilt für den Burgbacher-Plan, der im übrigen noch absolut mittelstandsfeindlich ist, was vielleicht draußen im Lande manchmal von Ihnen verschwiegen wird, aber da haben Sie ja schon gute Erfahrungen mit dem ersten Kindergeldgesetz usw. gehabt, wie Sie so etwas mittelstandsfeindlich machen.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Stimmt gar nicht! — Abg. Katzer: Stimmt ja überhaupt nicht!)

    Ich meine, wir müssen auch die Grenzen sehen, die einer Vermögensbildung dieser Art, d. h. auf dem Wege über Preise und über nichtgezahlte Steuern, also indirekt auf dem Wege über die Steuerzahler, über die Haushalte, ganz abgesehen von den damit verbundenen Prämien, gesetzt sind. Was wir hier vorhaben und wovon wir, wie gesagt, keinen Grund haben abzurücken, das hat eine andere Qualität. Ich würde sagen, um es einmal in einen technischen Vergleich zu bringen: das 624-MarkGesetz und unsere Vorstellungen, die wir weiter verfolgen werden, unterscheiden sich wie ein Propellerflugzeug und ein Überschallflugzeug.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Schließlich — meine Damen und Herren, ich will es recht kurz machen — doch noch ein paar wenige Worte zu der Position der Opposition, zu ihrer hier heute auch schon angesprochenen Taktik der Angst. Das ist ja nichts Neues. Ich behaupte, daß die Wahlerfolge der Opposition seit Gründung der Bundesrepublik von Anfang an weitgehend ein Lohn der Angst gewesen sind. Sie haben immer Angstgefühle geweckt und sie dann in Stimmen umgesetzt. Damit Sie nicht meinen, daß das nun ein neuer Dreh bei der neuen FDP ist, die eine ungebrochene Identität hat: schon Reinhold Maier hat seiterzeit nach meiner Erinnerung — das könnte ich notfalls auch aus den Archiven heraussuchen
    — von dem „großen Angstmacher" gesprochen. Aber der Bürger, meine Damen und Herren, sollte wissen, daß Angst ein schlechter Ratgeber ist.
    Wir leugnen nicht, daß Sie mit der neuen Angstkampagne in den letzten Wochen einiges an Wahlerfolgen errungen haben,

    (Abg. Kroll-Schlüter: Sie sollten den Wähler nicht beleidigen!)

    aber nebenbei bemerkt — auch das kann man überall nachlesen —: die jeweilige Opposition im Bund
    — das ist sicher auch eine Erfahrung, die die SPD nicht vergißt — hat immer in den ersten Jahren nach —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie waren immer dabei!)

    — Nein, wir waren nur dann dabei, wenn wir es verantworten konnten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Erhard [Bad Schwalbach]: Aber vor Ihnen hat niemand Angst gehabt?!)

    — Das will ich gar nicht sagen, das steht aber auch gar nicht zur Debatte.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Haben Sie die Sicherheitspolitik mitgemacht oder nicht?)

    Diese Wahlerfolge, wollte ich sagen, der jeweiligen Opposition bei Regionalwahlen in Ländern und Kommunen sind eine mehr oder weniger regelmäßige Erscheinung.
    Nur lassen Sie mich auch in einem Vergleich sagen: Jeder weiß, daß ein Fußballspiel 90 Minuten dauert, und eine Legislaturperiode dauert normalerweise vier Jahre.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Normalerweise!)

    Das haben Sie 1972, als sie nur drei Jahre dauerte,
    auch erfahren. Oder lassen Sie es mich noch anders
    formulieren — ich glaube, ich kann das in unver-



    Kirst
    dächtiger Weise so tun —: Es kommt nicht darauf an, Schlachten, sondern darauf, am Ende den Krieg zu gewinnen. Das werden Sie alles noch erleben. Dabei sage ich ganz freimütig — das wissen wir, und wir richten uns danach —, daß Regierung und Koalition ihrerseits natürlich alles unterlassen müssen, womit sie selbst möglicherweise Verängstigung bewirken könnten. Dabei sollten wir auch nicht übersehen, daß es jenseits der Grenzen unseres Landes manches, vieles an Erscheinungen und Entwicklungen gibt, was sicher verängstigende Grundströmungen zu bestärken geeignet ist.
    Aber, meine Damen und Herren — und damit lassen Sie mich meinen kurzen Beitrag abschließen —, die Fraktion der Freien Demokratischen Partei hier im Deutschen Bundestag hat keinen Zweifel: Angst und Panikmache werden sich in diesem Lande nicht auf Dauer durchsetzen. Die Regierung und mit ihr die Koalitionsparteien werden Vertrauen erhalten, bewahren und soweit als möglich zurückgewinnen. Daran mit liberaler Politik erfolgreich mitzuwirken, ist Aufgabe und Absicht dieser Fraktion.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)