Ich kann Ihre Äußerung nur zur Kenntnis nehmen; fest steht, daß die Einstimmigkeit überall ausgewiesen und erklärt wird und ,daß ich von Ihnen bisher keine gegenteilige Erklärung gehört habe, es sei denn, diese ist als solche zu werten; das allerdings würde ich bedauern.
In diesem Zusammenhang darf ich auch einmal an folgendes erinnern. Dieses Gesetz, diese Initiative ist im Jahre 1967 von unserem ehemaligen CDU/CSU-Kollegen Dr. Toussaint im Bemühen aller Fraktionen überhaupt erst geschaffen worden, um eben eine vernünftige, abgewogene, wirtschaftliche — dieses Wort ist hier besonders wichtig — Konsolidierung des deutschen Films zu erreichen und um den Verleihern, den Produzenten, den Filmtheatern eine bessere Basis für ihre Arbeit zu geben. Das war der Sinn, unter dem wir angetreten sind, als dieses Gesetz gemacht wurde. Auch international sollte der deutsche Film besser bestehen können, weil wir wissen, daß im Ausland für die Filmförderung viel mehr getan wird als bei uns.
Es kam also darauf an, meine Damen und Herren, im Rahmen einer Selbsthilfe der deutschen Filmwirtschaft Mittel aufzubringen, die es ermöglichten, einen guten Unterhaltungsfilm und damit einen möglichst künstlerisch wertvollen Film zu erzielen. Ich räume ein — ich habe das auch an anderer Stelle immer wieder getan —, daß wir am Anfang diesem Ziel nur schwerlich nähergekommen sind und nicht den notwendigen Erfolg gehabt haben. Ich habe dies immer — zusammen auch mit unserer Fraktion — bedauert. Dies lag aber daran, daß es gerade in den ersten Jahren um das Sammeln von Erfahrungen ging und daß es keine sogenannte Minderwertklausel gab, die ausgeschlossen hätte, daß Filme gefördert wurden, die nicht in eine Förderung gehören, auch nicht im Rahmen einer Selbsthilfe, und die leider — das füge ich hinzu — diese Filmförderung teilweise berechtigt in Mißkredit gebracht haben. Seit ungefähr drei Jahren wird von Vertretern aller Fraktionen, des Ministeriums und der Filmwirtschaft selbst alles getan, um diesen Mißkredit zu beseitigen, was heute recht weitgehend erreicht worden ist.
Daß diese Förderung teilweise in Mißkredit gekommen ist, darf nicht dazu führen, nun in das andere Extrem zu verfallen. Der Filmwirtschaft kann nur dann geholfen werden und sie kann sich auch nur dann selbst helfen, wenn die Hilfe zur Selbsthilfe voll fortbesteht und wenn man dabei nicht ein imaginäres Ziel der Bewußtseinsveränderung anstrebt, sondern für das Publikum einen guten Unterhaltungsfilm machen will, d. h. das Publikum im Auge hat. An ihm müßten wir uns orientieren,
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denn der Mitbürger soll es auch sein, der durch sein Eintrittsgeld für das Kino die Mittel aufbringt, die dann zum Wohle des deutschen Films verteilt werden sollen.
Wer redlich an dieses Thema herangeht, muß akzeptieren, daß seit drei Jahren diese Minderwertsklausel existiert und daß seitdem die Förderung schlechter und minderwertiger Filme nicht stattgefunden hat. Ich sage hier auch deutlich — und Herrn Kollegen Meinecke darf ich vielleicht als Zeugen anrufen, weil er der Vorsitzende dieser kleinen Kommission ist, in der die Filmförderung stattfindet —, daß seit Bestehen dieser Minderwertsklausel kein Schund- und auch kein Pornofilm mehr gefördert wurde. Ich sage das einmal hier als Sachmitteilung, weil allzu oft der Eindruck entsteht, dort würden nur Schund- und Pornofilme gefördert werden. Das ist nicht so.
Darüber hinaus verweise ich darauf, daß der Entwurf der Bundesregierung, um den es in der Urvorlage ging, sich streng an der Verfassungslage orientiert. Wir möchten uns dafür beim Bundesminister der Wirtschaft bedanken, und wir fragen uns — —
— Das ist traurig, wenn er nicht mehr zustimmt. Dann ist er der Umfunktionierung seines eigenen
) Referates zum Opfer gefallen. Ich kann mir nach dem Verständnis, das wir von ihm als deutschen Politiker haben, nicht vorstellen, daß Herr Dr. Friderichs, wenn er die Sache einmal genau betrachtet, das heute so haben möchte; sonst wäre ich zumindest sehr enttäuscht, wenn ich das so sagen darf.
Wir führen diese Debatte deshalb, meine Damen und Herren — beim letzten Mal haben wir gar keine führen müssen —, weil paradoxerweise einige besonders engagierte Kollegen der SPD und FDP eine parlamentarische Möglichkeit erhalten haben, hier ihre eigenen Vorstellungen zu plazieren, und weil vielleicht auch andere Kollegen, die bisher dieses Thema zusammen mit dem Wirtschaftsministerium bearbeitet haben, resigniert haben. Dies ermöglichte es, den Regierungsentwurf an zehn entscheidenden Punkten umzufunktionieren, d. h. ihm zu seinem Ursinn der Wirtschaftsförderung nun einen neuen Sinngehalt mit auf den Weg zu geben und damit die Gefahr anzuzeigen, daß wir in das andere Extrem fallen könnten. Wir, die CDU/CSU, lehnen eine Ideologisierung und kulturpolitische Akzentuierung eines Wirtschaftsgesetzes ab. Wir meinen, daß dadurch die Verfassungsgemäßheit des Filmförderungsgesetzes in Frage gestellt werden könnte, und sind auch deshalb nicht bereit, diesen Weg mitzugehen.
Zum anderen — das Vorblatt zum Gesetz weist dies aus — ist bekannt, daß keine Steuermittel hier verwandt werden. Es geht auch nicht um Subventionen aus Haushaltsmitteln, sondern es geht einzig
und allein darum, daß Filmproduktion, Filmverleih und Filmtheater eine von ihnen aufgebrachte wirtschaftsverwaltungsrechtliche Ausgleichsabgabe selbst verteilen. Charakteristisch, Herr Dr. Glotz — auf diesen Punkt sind Sie gar nicht eingegangen, und deshalb möchte ich das ihnen doch einmal entgegenhalten —, für eine derartige parafiskalische Abgabe ist, daß durch die Selbstverwaltung festgelegt wird, nach welchen Grundsätzen und Schwerpunkten innerhalb des jeweiligen Wirtschaftszweiges verfahren werden soll. Das ist bis heute herrschende Meinung. Mit anderen Worten, die hier aufgebrachten Mittel können nur für diesen Zweck — nicht für dritte Ziele, über die man in anderem Rahmen durchaus sprechen kann; das will ich gar nicht bestreiten — ausgegeben werden. Das hat die Bundesregierung erkannt, und sie hat dies deshalb in ihrem Urentwurf auch zum Ausdruck gebracht. Wir bleiben dabei, daß dies richtig war, und sind der Auffassung, daß die jetzige Haltung der SPD und der FDP diesen Grundsatz aus den Augen verliert.
Damit kann sich die Gefahr ergeben, daß eine reine Wirtschaftsförderung durch ideologisierte kulturpolitische Nebenziele überlagert wird, wenn sie nicht gar in einer Grundsubstanz und in ihren Grundgedanken so stark verschoben wird, daß Verfassungsjuristen oder denen, denen das Gesetz nicht paßt, die Möglichkeit gegeben wird, gegen Mehrheitsbeschlüsse dieses Hause anzugehen und dabei gegegenenfalls das Gesetz als ganzes in Frage zu stellen.
Ihre Rede, Herr Dr. Glotz, ruft in mir den Gedanken hervor, daß wir auf diesem falschen Wege sind. Ihre Rede gibt dafür eine Reihe von Ansatzpunkten. Und bitte, wundern Sie sich dann nicht, wenn andere — nicht wir — Ihnen dies, was Sie hier heute gesagt haben, eines Tages entgegenhalten werden und Sie dabei unterliegen.
Diese Gefahr haben Sie durch Ihre Rede heraufbeschworen, weil Sie den Rahmen des Gesetzes verkannt oder bis heute nicht erkannt haben; aber 'das möchte ich Ihnen nicht unterstellen, ich möchte vielmehr meinen, Sie haben das, was Sie hier sagten, wohl abgesprochen mit einigen interessanten — —
— Sie haben modische Anpassung betrieben — das ist der richtige Ausdruck —, die nicht zum Wohle der deutschen Filmwirtschaft sein kann. Und warum wendet sich — Sie haben es selbst angesprochen — der Hauptverband der Filmtheater heute schon dagegen? Ich will diese Resolution aus Zeitgründen hier gar nicht mehr vortragen. Die Interessenten, diejenigen, die betroffen sind und die die Mittel selbst aufbringen, stehen schon heute gegen dieses Gesetz auf, und ich bin sicher, das wird auch weitergehen.
Ich wiederhole deshalb: Wir sind für die Förderung des deutschen Films, und wir sind auch für ein vernünftiges Filmförderungsgesetz. Wir stellten
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heute deshalb unsere Änderungsanträge, weil wir den Regierungsentwurf in seiner Urfassung als verfassungskonform ansehen und weil wir gegen die Veränderungen, die von SPD und FDP im Wirtschaftsausschuß mit Mehrheit beschlossen worden sind, ernsthafte Bedenken haben, wie es auch bereits die Kollegen Schmidhuber und Waigel vorgetragen haben.
In diesem Gesetz — ich wiederhole es, meine Damen und Herren — geht es in erster Linie um guten Unterhaltungsfilm, der ein breites Publikum ansprechen soll. Wir wissen, daß rein künstlerische Gesichtspunkte allein hier nicht immer berücksichtigt werden. Das mag man bedauern, aber die Fakten bei einem Wirtschaftsförderungsgesetz sind nun einmal so. Daß aber gerade die Regierungsparteien SPD und FDP am Publikum vorbei operieren, ist mir besonders unverständlich. Es läßt nur den Schluß zu, daß dem Bürger in Zukunft vorgeschrieben werden soll, in welchen Film er gehen soll. Diese Einengung seines persönlichen freiheitlichen Entscheidungsrahmens mitzumachen sind wir auch an dieser Stelle falsch verstandener Medienpolitik nicht bereit!
Es wäre deshalb besser gewesen, wenn der Gesetzentwurf so, wie er vorgelegt wurde, geblieben wäre und wenn nicht Medienpolitikern, die ideologisch eingefärbt operieren, eine derartige Möglichkeit zur Einflußnahme gegeben worden wäre. Besonders erstaunlich ist — Herr Kollege Dr. Hirsch, Sie werden mir ja gleich antworten —, daß sich die FDP-Fraktion einem derartigen Vorhaben angeschlossen hat, nachdem ein vernünftiger, sachgerechter und verfassungskonformer Gesetzentwurf aus dem Hause des FDP-Ministers Dr. Friderichs vorlag.
Unsere Änderungsanträge haben erreichen wollen, diesen Entwurf wiederherzustellen, und sie sollen dazu beitragen, daß dieses Wirtschaftsförderungsgesetz nicht zu einem Testfall linker Medienpolitik gemacht wird. Das kann nicht unsere Absicht sein, meine Damen und Herren!
Ich appelliere deshalb an die Kollegen der Koalitionsparteien, sich ihr Vorhaben, dieses Gesetz so zu machen, noch einmal zu überlegen und in den Abstimmungen in dritter Lesung dazu beizutragen, eine Regelung zu finden, die dem Regierungsentwurf entspricht. Uns liegt es fern, an diesem Punkt eine politische Kontroverse auszutragen. Wir müßten alle das gleiche Anliegen haben, nämlich für ein breites Publikum einen guten Unterhaltungsfilm zu machen. Es kann aber nicht angehen, daß ideologische Gesichtspunkte ein Wirtschaftsförderungsgesetz überlagern, und es kann auch nicht sein, daß solche Gesichtspunkte in Zukunft Leitschnur für die deutsche Filmwirtschaft sein sollen.
Weil wir diese Meinung nicht teilen und weil wir deses Gesetz nicht zum Testfall linker Medienpolitik werden lassen wollen — Herr Dr. Glotz hat dies in seiner Rede fast erkennen lassen, indem er an-
kündigte, daß man auch noch auf anderen Mediengebieten kräftig zulangen wolle —, sondern Wirtschaftsförderung im wohlverstandenen Sinne wünschen, bitten wir Sie, die Regelung so zu treffen, wie sie in der Urform des vom Wirtschaftsministerium vorgelegten Entwurfs vorgesehen war. Bleiben Sie bei den Vorstellungen, die Sie vorgetragen haben, bleibt uns leider -- ich sage bewußt: leider — keine andere Wahl, als diesem Gesetz in der von Ihnen nun geänderten Fassung nicht zuzustimmen.