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ID0702608400

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    Deutscher Bundestag 26. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. April 1973 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . 1219 A Aussprache über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 (Haushaltsgesetz 1973) (Drucksache 7/250) in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1972 bis 1976 (Drucksache 7/370), mit Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1973 (Druckache 7/419) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 und des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Drucksache 7/422) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Zweites Bundesbesoldungserhöhungsgesetz) (Drucksachen 7/411, 7/442) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über die Sechzehnte Rentenanpassung und zur Regelung der weiteren Anpassungen der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Drucksache 7/427) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV) (Abg. Geisenhofer Dr. Althammer, Ziegler, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Riedl [München], Dr. Waigel, Maucher, Burger, Dr. Götz, Müller [Remscheid], Dr. Blüm und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache 7/315) — Erste Beratung —Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 1220 D Haehser (SPD) . . . . . . . . 1232 D Kirst (FDP) . . . . . . . . 1241 A Leicht (CDU/CSU) 1246 B Dr. von Bülow (SPD) 1252 B Gallus (FDP) . . . . . . . . 1254 B Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 1255 D Schmidt, Bundesminister (BMF) . . 1260 B Dr. Kreile (CDU/CSU) . . 1261 A Porzner, Parl. Staatssekretär (BMF) 1264 A Offergeld (SPD) 1265 C Dr. Vohrer (FDP) 1267 D Nächste Sitzung 1269 D Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1271* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. April 1973 1219 26. Sitzung Bonn, den 4. April 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 15.00 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 7. 4. Adams * 7. 4. Dr. Aigner * 7. 4. Dr. Artzinger * 7. 4. Dr. Bangemann * 7. 4. Dr. Becher (Pullach) 6. 4. Behrendt * 7. 4. Blumenfeld 7. 4. Buchstaller 6. 4. Dr. Burgbacher * 4. 4. Buschfort 6. 4. Dr. Corterier * 7. 4. Frau Däubler-Gmelin 6. 4. Dr. Dregger ** 16. 4. Fellermaier * 8. 4. Flämig * 7. 4. Frehsee " 7. 4. Dr. Früh * L1. Früh 7. 4. Gerlach (Emsland) * 7. 4. Gewandt 7. 4. Härzschel * 7. 4. Hofmann 6. 4. Dr. Jaeger 6. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 7. 4. Kahn-Ackermann ** 7. 4. Kater 30. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kirst 6. 4. Dr. Klepsch * 7. 4. Lange * 7. 4. Lautenschlager * 6. 4. Frau Dr. Lepsius 7. 4. Löffler 6. 4. Lücker * 7. 4. Dr. Martin 7. 4. Memmel * 7. 4. Mikat 6. 4. Müller (Mülheim) * 6. 4. Mursch (Soltau-Harburg) * 6. 4. Dr. Oldenstädt 6. 4. Frau Dr. Orth * 7. 4. Picard 7. 4. Richter ** 7. 4. Dr. Riedl (München) 18. 4. Ronneburger 4. 4. Frau Schleicher 6. 4. Schmidt (München) * 7. 4. Schmidt (Wattenscheid) 7. 4. Frau Schuchardt 8. 4. Dr. Schulz (Berlin) " 7. 4. Schwabe * 7. 4. Dr. Schwencke ** 7. 4. Dr. Schwörer * 7. 4. Seefeld * 8. 4. Spillecke 6. 4. Springorum * 7. 4. Dr. Starke (Franken) * 7. 4. Walkhoff * 7. 4. Frau Dr. Wex 6. 4. Frau Dr. Wolf ** 6. 4. Wrede 7. 4.
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    Rede von Rainer Offergeld


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Dr. Kreile, es ist Ihnen unbenommen, sich Sorgen zu machen. Aber ich muß Sie daran erinnern, daß Sie — das haben Sie in der Einleitung Ihres Referats selbst festgestellt — zum Steueränderungsgesetz gesprochen haben. Dieses Steueränderungsgesetz haben Sie allein unter steuertechnischen Gesichtspunkten behandelt. Sie sind dabei nicht auf den gesamten Hintergrund — auf den kommt es entscheidend an — eingegangen. Wir sehen dieses Steueränderungsgesetz als eine Maßnahme in einem ganzen Maßnahmenbündel. Dazu gehören die Kreditlimitierungen und die Beschränkungen des Ausgabenzuwachses. Das ist eine wichtige Maßnahme auf der Einnahmeseite des Bundeshaushalts, und das muß man auch in dieser Diskussion zumindest am Rande erwähnen. Dies ist in Ihrem Diskussionsbeitrag völlig untergegangen.
    Das ganze Lamento der Opposition ist für uns unglaubwürdig. Das Lamento über die steigenden Preise, über die fehlenden Maßnahmen der Bundesregierung ist für uns unglaubwürdig, wenn wir zum einen keine Gegenvorschläge erhalten, zum anderen eben auch vermissen müssen, daß Sie sich mit unseren Vorschlägen überhaupt auch nur ernsthaft auseinandersetzen. Wenn Sie über das Steueränderungsgesetz sprechen, hätte dazu eben gehört, daß Sie mehr auf die konjunkturpolitische Implikation der einzelnen Maßnahmen eingegangen wären.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Bei der Steuerpolitik hat man es mit bitterer Medizin zu tun. Selbst erwachsene Menschen lassen sich, wenn es um den eigenen Geldbeutel geht, bittere Medizin nur ungern verpassen. Besonders schwierig wird es dann, wenn man es mit Kurpfuschern und Quacksalbern zu tun hat,

    (Abg. van Delden: Reden Sie von der Regierung?)

    die dem Patienten, von dem sie immer behaupten, er sei krank, einreden wollen, er brauche diese Medizin gar nicht. Sie sind dabei nicht in der Rolle des Gesundbeters, sondern allenfalls des Krankbeters. Sie sagen dem Patienten immer, er sei krank, aber wenn es dann darum geht, ihm Medizin, die bitter sein kann, einzuflößen, sind sie natürlich dagegen und reden dem Patienten ein, er habe dies nicht nötig. Dabei haben wir es nicht mit einem Patienten zu tun — ich sage das, damit es kein falsches Bild gibt , der etwa der Stärkungsmittel bedürfte, sondern mit einem Patienten, der unter hohem Blutdruck, Hypertonie vielleicht, leidet. Wir müssen etwas gegen den übersteigerten Blutdruck tun, und
    das hat die Bundesregierung mit ihren Maßnahmen versucht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Haase [Kassel] : An Hypertonie sind auch schon viele gestorben!)

    — Herr Haase, ich glaube, Sie hätten diese Medizin manchmal auch nötig.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Vor jeder Plenarsitzung!)

    Wenn es um Steuererhöhungen geht, können wir Sozialdemokraten ganz offen sprechen. Wir brauchen dabei kein schlechtes Gewissen zu haben. Wir haben ja auch im Bundestagswahlkampf gesagt, daß erhöhte Leistungen für den Bürger mehr Steuern bedeuten.

    (Abg. van Delden: Im Gegensatz zur FDP!)

    — Ich spreche hier als Sozialdemokrat; Herr Vohrer wird nachher als Freier Demokrat etwas dazu sagen.
    Wir haben jedenfalls auch im Wahlkampf — dies kann jeder in unserem Wahlkampfprogramm nachlesen — ganz deutlich gesagt, daß wir mehr öffentliche Investionen, mehr Dienstleistungen für den Bürger im öffentlichen Bereich bereitstellen wollen und daß dies natürlich entsprechend mehr Steuereinnahmen voraussetzt. Wir sagen ganz offen, daß neben der konjunkturpolitischen Wirkung der Steuererhöhungen für uns mittel- und langfristig auch eine Verbesserung der Einnahmestruktur des Bundeshaushalts im Blickpunkt stand.
    Wir halten die stabilitätspolitische Wirkung all dieser Maßnahmen für gegeben. Die Kritik, die Stabilitätsabgabe gehe in die Preise über, ist nicht gerechtfertigt. Auch die Kritik, die Stabilitätsanleihe führe nur zu einer Umschichtung von Spargeldern, ist nicht gerechtfertigt, denn sie übersieht, daß die Mittel, die aus der Stabilitätsabgabe und aus der Stabilitätsanleihe eingehen, bei der Deutschen Bundesbank stillgelegt werden, so daß also auf jeden Fall ein Liquiditätsentzug eintreten wird. Dies ist eine stabilitätspolitische Wirkung, die man nicht hinwegdiskutieren kann.
    Auch bei der Mineralölsteuer — ich wiederhole das, was heute schon in der Debatte gesagt wurde
    — führt eben die Verminderung der Nettokreditaufnahme neben einer Verbesserung der Einnahmestruktur zu einer stabilitätspolitischen Wirkung.
    Noch einige Worte zum Abbau der Steuervergünstigungen. Dies ist ja nun ein beliebtes Thema der Opposition, die ja Subventionspolitik nach dem Motto betreibt: Wasch mir den Pelz, aber mach mich um Gottes willen nicht naß! Wir haben noch keinen einzigen konkreten Vorschlag zum Abbau von Subventionen von seiten der Opposition bekommen. Jetzt, wo konkrete Vorschläge gemacht werden, wird an ihnen überall herumgemäkelt.
    Sicherlich, Herr Kreile, trifft es zu, daß eine Verminderung der Investitionszulagensätze da und dort zu einer Unterlassung der Investitionen führen wird. Aber dies ist doch gerade das, was wir wollen. Es



    Offergeld
    geht doch gerade darum, den überhitzten Investitionsgüterbereich etwas abzukühlen.

    (Abg. Strauß: In den Rand- und Grenzgebieten wollen Sie das?)

    Es geht nicht an, von seiten der Bundesregierung Maßnahmen zu fordern, es kann nicht angehen, Herr Strauß, daß man immer wieder Maßnahmen zur Konjunkturdämpfung verlangt — und wir sind uns wohl einig darin, daß im Investitionsgüterbereich die Konjunktur besonders überhitzt ist —,

    (Abg. Strauß: In den Rand- und Grenzgebieten?)

    und dann, wenn die Bundesregierung irgendwelche Vorschläge macht, die selbst nach Ihren Thesen zu einer Dämpfung der Investitionen führen, diese wiederum kritisiert, ohne aber selbst eine Alternative vorweisen zu können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Strauß: Sie wollen das also in den Rand und Grenzgebieten!)

    Auch die Kritik, welche von Herrn Strauß an der Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen als Sonderausgaben kam, muß zurückgewiesen werden. Es ist ja wiederum Ihre alte Politik, zu sagen, dies treffe den kleinen Mann, obwohl Sie genau wissen, daß dies nicht zutrifft.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Der Wohlstandskonsum steigt mit steigendem Einkommen; dies können Sie in jeder Statistik nachlesen. Und Sie wissen auch, welch explosionsartige Zunahme die Wohlstandskredite für langfristige Konsumgüter in der letzten Zeit hatten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn man etwas gegen die Überhitzung im Konsumgütersektor tun will, muß man eben etwas Spürbares tun, und dies ist selbstverständlich die Beseitigung der Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen als Sonderausgaben.
    Nur en passant — da brauche ich z. B. Herrn Dr. Kreile ganz gewiß nicht zu belehren — sei vermerkt, daß diese Beseitigung der Abzugsfähigkeit auch dazu führt, daß viele steuerliche Mißbräuche künftig nicht mehr möglich sind.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Da sind gegenwärtig Mißbräuche möglich über kurzlaufende Lebensversicherungen gegen einen Einmalbeitrag; da kam es zu Steuerersparnissen, und zwar nicht beim kleinen Mann, sondern beim Spitzenverdiener, zu Steuerersparnissen von mehreren zehntausend Mark.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es geht auch darum, diese Mißstände zu beseitigen. Und man muß eben den Verdacht haben, daß die Opposition, wenn sie sich gegen diese Maßnahmen wendet, vom kleinen Mann spricht, dabei aber an jemand anders denkt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Kreile: Gegen Mißbrauch waren wir immer und bleiben wir auch immer!)

    — Ja, den Mißbrauch kann man nicht anders beseitigen — —(Abg. Strauß: Als dadurch, daß man es für
    alle verbietet?)
    — Indem man es für alle verbietet; es ist leider nicht anders möglich.
    Im übrigen — auch das wissen Sie, Herr Strauß, ganz genau, und Herr Kreile weiß es wahrscheinlich noch besser — ist der Schuldzinsenabzug —Stichwort: außergewöhnliche Belastung — weiterhin möglich, wenn es sich um Notfälle handelt. Das steht dann in Relation zum Einkommen. Dem kleinen Mann, der wirklich in Not kommt, der nicht für den Wohlstandskonsum Kredit aufnimmt, kann also auf jeden Fall geholfen werden.
    Meine Damen und Herren, ich will damit zum Ende kommen. Ich möchte noch einmal hervorheben: Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt diese Maßnahmen insbesondere deswegen, weil wir der Auffassung sind, daß die Ausgabenseite des Bundeshaushalts nicht auf die Dauer die Last der gesamten Konjunkturpolitik tragen kann.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir glauben, daß dies zu irreparablen Schäden führen würde, daß es einen Rückstau im Bereich der Investitionen und öffentlichen Dienstleistungen gäbe. Würde man immer nur die Ausgabenseite im Auge haben, wenn es um die Konjunkturpolitik geht, würde dies im gesellschaftlichen und im wirtschaftlichen Bereich zu Schäden führen, die wir nicht vertreten zu können glauben. Darum begrüßen wir, daß die Bundesregierung erstmals ganz konsequent auch die Einnahmeseite bei der Stabilitätspolitik ins Auge gefaßt hat, und wir werden diese Maßnahmen im Parlament unterstützen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Vohrer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Manfred Vohrer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben von Herrn Leicht gehört, daß wir in 20 Jahren CDU-Herrschaft, von 1949 bis 1969, goldene Zeiten erlebt haben. Ich glaube, wir erleben jetzt als Koalition goldene Zeiten, wenn wir davon ausgehen, daß wir vier Jahre ohne konstruktive Vorschläge der Opposition leben. Wir können Sie, meine Damen und Herren, aus der Sicht der FDP versichern: Die Wähler wissen konstruktive Vorschläge zu schätzen; sonst wäre es überhaupt nicht verständlich, daß wir als FDP auf allen Ebenen — Bund, Land, Kreis und Gemeinde — so erfolgreich abschneiden,

    (Beifall bei der FDP — Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    erfolgreich abschneiden, weil wir nämlich konstruktive Alternativen vorlegen.

    (Abg. Seiters: Offensichtlich im Gegensatz zur SPD! Die hat nämlich zuletzt verloren!)

    Sie werden sehen, wir müssen uns zum Ideenwettbewerb auch im Parlament durchringen, und



    Dr. Vohrer
    jener Ideenwettbewerb fehlt im Moment bei der CDU/CSU.. Sie haben auch mit der Marktwirtschaft einige Schwierigkeiten und stehen offensichtlich mit der Marktwirtschaft auf Kriegsfuß; sonst wäre es gar nicht verständlich, daß sich Ihr Chefideologe Erhard jetzt in der „FAZ" gegen Ihren Herrn Barzel wendet, indem er die „humane Leistungsgesellschaft" als eine nebulose Geschichte abtut. Sie sollten sich auch einmal einige Gedanken darüber machen, was Sie auf wirtschaftspolitischem Gebiet wollen.

    (Sehr gut! bei der SPD. — Abg. Seiters: Welcher Beifall!)

    Im übrigen habe ich den Eindruck, daß es sich Herr Strauß ein bißchen einfach macht, wenn er den Haushalt 1973 so kritisiert, daß er sagt: zu wenig im Hinblick auf öffentliche Investitionen und zu viel, einen Beitrag zur Stabilität zu liefern. Wenn man das richtig interpretiert, dann würdigt er hier den Haushalt mit einem Kompliment, indem er sagt, hier wurde ein politischer Kompromiß geschlossen, der die beiden Aspekte zwar nicht voll zum Austrag bringen kann, der aber immerhin eine echte Mitte zwischen beiden Aspekten bildet. Daraus aber den Schluß zu ziehen, den Herr Strauß hier angedeutet hat, nämlich die Lohnsteuer, die ihm 4,5 Milliarden DM zu viel einbringt, und die Mineralölsteuer mit 1,4 Milliarden DM Mehreinnahmen abzuschaffen, ist meiner Ansicht nach wenig sinnvoll.

    (Abg. Strauß: Die Lohnsteuer abschaffen?! — Abg. Dr. Häfele: So weit gehen wir mit unseren Alternativen nicht!)

    — Die Erhöhungen, von denen wir hier reden. -
    Insofern müssen wir Sie immer wieder darauf hinweisen, daß wir bei der FDP die kreislauftheoretischen Zusammenhänge sehen:

    (Abg. van Delden: Passen Sie auf, daß Sie keine Kreislaufstörungen bekommen!)

    daß nämlich die Erhöhung der Einkommensteuer mit ihren 2,4 Milliarden DM Mehreinnahmen für den Bund eine ganz eindeutige stabilitätspolitische Maßnahme ist, die den „kleinen Mann", den Sie immer wieder anführen, keineswegs belastet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Doch!)

    Insofern müssen wir auch einmal den von Ihrem wirtschaftspolitischen, ich möchte fast sagen: wirtschaftspolemischen Sprecher,

    (Abg. Haase [Kassel] : Halten Sie mal die Luft an!)

    Herrn Narjes, gemachten Vorschlag anführen, der unter anderem einmal angeregt hat, der Konjunkturzuschlag solle bei 32 000 DM Jahreseinkommen einsetzen. Wenn dieser Vorschlag durchgegangen wäre, dann wäre nämlich genau der von Ihnen immer wieder gehätschelte und als Ihre Zielgruppe anvisierte Mittelstand belastet worden, und derjenige, der ein Jahreseinkommen von 60 000 hat, wäre — wenn Sie schon die Beispiele hier vorrechnen — von Steuermehrbelastungen in Höhe von 1 640 DM getroffen worden.
    Wenn wir uns immer wieder von Ihnen sagen lassen müssen, welche Zielgruppen wir mit unseren Maßnahmen träfen, so können wir Sie beruhigen. Wir sind uns dessen bewußt, wen wir treffen, und wir, die wir die steuerpolitischen Entscheidungen als politische Entscheidungen treffen, brauchen uns von der Opposition nicht sagen zu lassen, wen wir hier treffen sollen oder wollen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. von Bockelberg: Das ist aber mutig!)

    Wir sehen übrigens die Maßnahme der erhöhten Abgabe für die hohen Einkommen auch insofern als ganz sinnvoll an, als wir hier den tarifpolitisch sehr ausgewogenen Vorstellungen der Gewerkschaften mit ihren 8,5 % Lohnsteigerung aus dem Blickwinkel einer sozialen Symmetrie heraus eine stärkere Belastung der hohen und höchsten Einkommen gegenüberstellen. Denn wir sind uns dessen bewußt, daß die Gewinnsteigerungen im Unternehmerbereich im Jahre 1973 wesentlich über der Steigerungsrate von 8,5 %, die wir den Lohnempfängern zubilligen, liegt. Hier haben wir sozialen Konfliktstoff abgebaut.
    Was die Rückzahlung betrifft, so haben wir nach wie vor die alte Situation: die Opposition hat hinsichtlich des Konjunkturzuschlags 1971/72 die Rückzahlung zunächst abgelehnt, dann aber bei der jetzigen Regelung wieder die Rückzahlung gefordert. In diesem Zusammenhang wäre es ganz sinnvoll, wenn Sie sich, auch im Hinblick auf die Länderbeteiligung, auf eine konsequente Linie einigen könnten; das wäre uns sehr angenehm.
    Was die 5 Pfennig Erhöhung der Mineralölsteuer angeht, so sind wir uns dessen bewußt, daß diese Maßnahme sowohl auf die Preise als auch auf den Lebenshaltungskostenindex durchschlagen wird. Aber wir wollen kaufkräftige Nachfrage abschöpfen und müssen dabei den Nebeneffekt in Kauf nehmen, daß jede Verbrauchsteuer immer preissteigernd wirkt.
    Wenn Sie der Regierung und den beiden Koalitionspartnern immer wieder mit dem Jahresgutachten des Sachverständigenbeirates gegenübertreten, wenn Sie uns die Erhöhung der Mineralölsteuer entgegenhalten, dann sollten Sie die entsprechenden Passagen in diesem Gutachten einmal nachlesen, wobei Sie dann feststellen werden, daß dort die Erhöhung der Mehrwertsteuer unter anderem als stabilitätspolitische Maßnahme vorgeschlagen worden ist. Die Mehrwertsteuer wäre zwar ergiebiger, aber ihre sozialen Auswirkungen wären unangenehmer als die der Mineralölsteuer.
    Im übrigen bin ich der Ansicht, daß die CDU, die mit dein Ziel: Mehr Stabilität! in den Wahlkampf gezogen ist, die draußen landauf, landab Glauben machen möchte, sie sei die Partei der Stabilität, und die schon im Wahlkampf gesagt hat, daß die Rückgewinnung der Stabilität schmerzhaft sei, einfach nicht glaubwürdig ist. Wenn wir eine Maßnahme vorschlagen, die den Autofahrer monatlich 5 bis



    Dr. Vohrer
    6 DM kosten wird, spricht die CDU vom finanzpolitischen Offenbarungseid der Regierung.

    (Abg. Tillmann: Wenn Sie nachweisen, daß das der Stabilität dient, sind wir ja zufrieden!)

    — Gut, was die Stabilität anbetrifft, so waren wir von der FDP auch nicht sehr glücklich darüber, daß die 0,7 Milliarden DM im Jahre 1973 nicht offiziell stillgelegt wurden. Wir haben uns aber damit abgefunden, daß die Ausgabenplafondierung auf 120,4 Milliarden DM bei den gegebenen Reserven in der Schätzung der Steuereinnahmen, auf die Herr Kreile ja hingewiesen hat, mittelbar dazu führen werden, daß die 700 Millionen DM nicht ausgegeben, sondern bei der Bundesbank stillgelegt werden.

    (Abg. Tillmann: Ein komplizierter Umweg!)

    — Lieber einen Umweg, um das zu erreichen, was man erreichen möchte, also ohne Konzept geradeauszulaufen wie Sie.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Wir sehen die Steuermehreinnahmen bei der gegebenen Einnahmesituation keinewegs als finanzpolitisch notwendig an, begrüßen sie aber als einen wichtigen Schritt zu mehr Stabilität. Insofern sollten wir eigentlich die Zustimmung der Opposition zu dieser steuerlichen Regelung erhalten.
    Der Vorwurf, daß die Anleihe über 4 Milliarden DM nur eine wirkungslose Umschichtung von Spargeldern mit sich bringe, und zwar aus dem Bankenbereich zur Bundesbank, trifft übrigens nicht zu, weil nämlich die Spargelder im Bankensektor zu einer Geldschöpfung geführt hätten, wohingegen sie stillgelegt bei der Bundesbank jenen unerwünschten Effekt nicht hervorrufen. Sie müssen sich etwas mehr daran gewöhnen, daß Sie auf der einen Seite die gütermäßige Betrachtung und auf der anderen Seite die monetäre Betrachtung bei solchen volkswirtschaftlichen Überlegungen im Bereich der Fiskaltheorie mit in Ansatz bringen müssen, denn dann merken Sie, daß jede abgeschöpfte Mark, die nicht mehr als Nachfrage auftritt, stabilitätspolitisch wirksam ist.
    Wenn hier Herr Kreile anzudeuten versuchte, daß die FDP einer vorweggenommenen Steuerreform zugestimmt habe, kann ich Sie beruhigen. Wir haben aus dem Kabinett die Feststellung, daß kein Zusammenhang zwischen den Eckwertbeschlüssen und den jetzigen Steuererhöhungen besteht, und darauf legen wir Wert. Wir von der FDP stehen zu den Eckwertbeschlüssen, und Sie alle, die Sie im Ausschuß tätig sind, wissen, daß wir bei der Steuerreform auf der Basis der Eckwertbeschlüsse als reformerischer Motor mitwirken und daß wir zu unserem Wort stehen.

    (Abg. Tillmann: Daran werden wir Sie noch erinnern!)

    Wir lassen uns die fiskalpolitischen Mittel als Instrumente zur Herbeiführung der Stabilität von Ihnen nicht madig machen. Wir sind bereit, dem Bürger draußen im Lande unsere Fiskalpolitik zu erläutern, damit die Verängstigungskampagne der CDU nicht weitergeht. Wir haben ja hier Beispiele, daß Zitate, die in der Fiskalpolitik gegen uns angeführt werden, in der Regel nicht aus Vorschlägen der Koalition oder der SPD-Fraktion kommen, sondern aus irgendwelchen Parteitagen, Bezirksparteitagen in Hessen-Süd oder dergleichen, stammen. Die getroffenen Abmachungen, die in den Eckwertbeschlüssen ihren Niederschlag finden, werden von uns in vollem Maße gestützt, und deshalb unterstützen wir auch das hier vorgelegte Steueränderungsgesetz, weil wir der Ansicht sind, daß wir damit einen Beitrag zur Stabilität leisten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)