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ID0702607400

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    Deutscher Bundestag 26. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. April 1973 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . 1219 A Aussprache über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 (Haushaltsgesetz 1973) (Drucksache 7/250) in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1972 bis 1976 (Drucksache 7/370), mit Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1973 (Druckache 7/419) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 und des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Drucksache 7/422) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Zweites Bundesbesoldungserhöhungsgesetz) (Drucksachen 7/411, 7/442) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über die Sechzehnte Rentenanpassung und zur Regelung der weiteren Anpassungen der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Drucksache 7/427) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV) (Abg. Geisenhofer Dr. Althammer, Ziegler, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Riedl [München], Dr. Waigel, Maucher, Burger, Dr. Götz, Müller [Remscheid], Dr. Blüm und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache 7/315) — Erste Beratung —Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 1220 D Haehser (SPD) . . . . . . . . 1232 D Kirst (FDP) . . . . . . . . 1241 A Leicht (CDU/CSU) 1246 B Dr. von Bülow (SPD) 1252 B Gallus (FDP) . . . . . . . . 1254 B Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 1255 D Schmidt, Bundesminister (BMF) . . 1260 B Dr. Kreile (CDU/CSU) . . 1261 A Porzner, Parl. Staatssekretär (BMF) 1264 A Offergeld (SPD) 1265 C Dr. Vohrer (FDP) 1267 D Nächste Sitzung 1269 D Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1271* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. April 1973 1219 26. Sitzung Bonn, den 4. April 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 15.00 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 7. 4. Adams * 7. 4. Dr. Aigner * 7. 4. Dr. Artzinger * 7. 4. Dr. Bangemann * 7. 4. Dr. Becher (Pullach) 6. 4. Behrendt * 7. 4. Blumenfeld 7. 4. Buchstaller 6. 4. Dr. Burgbacher * 4. 4. Buschfort 6. 4. Dr. Corterier * 7. 4. Frau Däubler-Gmelin 6. 4. Dr. Dregger ** 16. 4. Fellermaier * 8. 4. Flämig * 7. 4. Frehsee " 7. 4. Dr. Früh * L1. Früh 7. 4. Gerlach (Emsland) * 7. 4. Gewandt 7. 4. Härzschel * 7. 4. Hofmann 6. 4. Dr. Jaeger 6. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 7. 4. Kahn-Ackermann ** 7. 4. Kater 30. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kirst 6. 4. Dr. Klepsch * 7. 4. Lange * 7. 4. Lautenschlager * 6. 4. Frau Dr. Lepsius 7. 4. Löffler 6. 4. Lücker * 7. 4. Dr. Martin 7. 4. Memmel * 7. 4. Mikat 6. 4. Müller (Mülheim) * 6. 4. Mursch (Soltau-Harburg) * 6. 4. Dr. Oldenstädt 6. 4. Frau Dr. Orth * 7. 4. Picard 7. 4. Richter ** 7. 4. Dr. Riedl (München) 18. 4. Ronneburger 4. 4. Frau Schleicher 6. 4. Schmidt (München) * 7. 4. Schmidt (Wattenscheid) 7. 4. Frau Schuchardt 8. 4. Dr. Schulz (Berlin) " 7. 4. Schwabe * 7. 4. Dr. Schwencke ** 7. 4. Dr. Schwörer * 7. 4. Seefeld * 8. 4. Spillecke 6. 4. Springorum * 7. 4. Dr. Starke (Franken) * 7. 4. Walkhoff * 7. 4. Frau Dr. Wex 6. 4. Frau Dr. Wolf ** 6. 4. Wrede 7. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte nicht zu befürchten, daß hier vom selben Hause zwei Reden nacheinander gehalten werden sollen. Nur zu der Kontroverse, die eben stattfand, möchte ich gern etwas beitragen, und ich fühlte mich gehindert, den Parlamentarischen Staatssekretär des Finanzministeriums vom Abgeordnetensitz aus mit einer Zwischenfrage zu behelligen; deshalb spreche ich vom Pult aus.
    Herr Kollege Strauß, Sie haben in Ihrer Rede, auf die vielleicht noch zurückzukommen sein wird — vielleicht —, zu der Kontroverse Anlaß gegeben, die im Zusammenhang mit den Kürzungen der damaligen Bundeszuschüsse zu den Rentenversicherungen entstanden ist. Das war 1967. Sie haben diesen Anlaß dadurch gegeben, daß Sie einen Passus aus meiner gestrigen Rede aufgriffen und mir vorwarfen, ich wolle mich von gemeinsamen Beschlüssen der Großen Koalition wegstehlen. Das war Ihr Wortlaut. Davon kann keine Rede sein. Ich stehle mich nicht davon weg, sondern ich habe mich gestern, veranlaßt durch einen Zwischenruf Ihres Kollegen Katzer, zu einigen zusätzlichen Bemerkungen veranlaßt gesehen. Sie haben die Liebenswürdigkeit gehabt, diese völlig verdreht hier wiederzugeben.
    Ich darf ausweislich meines gestrigen Sprechzettels in Ihre Erinnerung zurückrufen, was ich gestern gesagt habe. Ich habe gestern über die Zuschüsse des Bundes an die Rentenversicherung in diesem Jahr geredet: 1973 wird ein kleiner Anteil des Bundeszuschusses zinslos gestundet. Um es gleich vorwegzunehmen: keine Rente wird durch diese Regelung um einen einzigen Pfennig geschmälert. Den Versicherungsträgern bleiben allein 1973 Überschüsse von voraussichtlich 6 Milliarden, die nicht für Rentenzahlungen benötigt, sondern in Vermögenswerten angelegt werden. Bei dieser Finanzsituation der Rentenversicherungsträger ist die zeit- liche Streckung eines Teils der Bundeszuschüsse vertretbar.
    An dieser Stelle machte Herr Kollege Katzer den Zwischenruf „Unerhört!".

    (Zuruf von der SPD: Heuchler!)

    Außerdem wurde an dieser Stelle der Zwischenruf gemacht — ich hoffe, daß das morgen im Protokoll zu lesen sein wird, wenn es gedruckt sein wird —: „Soziale Demontage der Rentner". Daraufhin habe ich mich veranlaßt gesehen, Herrn Kollegen Katzer zuzurufen, er möge sich bitte selbst in Erinnerung rufen, daß zu der Zeit, als er Arbeitsminister war, Bundeszuschüsse nicht nur etwa gestundet, sondern für mehrere Jahre um insgesamt 4 Milliarden DM gestrichen worden sind.

    (Abg. Rawe: Sein Zuruf bezog sich darauf, daß Sie mit in der Regierung saßen!)

    — Ja sicherlich. Tun Sie mir mal den Gefallen, den Versuch zu machen, der Aufhellung dieser Kontroverse zu folgen.
    Ich habe also gestern diese Bemerkung gemacht auf einen Zwischenruf von Herrn Katzer, der nicht qualifiziert war bei jemandem, der genau wie Sie und wie ich heute vor sechs Jahren an jener Streichung beteiligt war und der es also aus eigener Erfahrung besser wissen muß. Man kann doch heute gegenüber einer Stundung nicht behaupten, das sei soziale Demontage oder das sei unerhört.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie sind heute hergekommen, Herr Strauß, und haben das verdreht dahingehend, als wolle ich weglaufen von etwas, das Sie und viele hier im Saal und ich in einer Notlage gemeinsam beschlossen haben. Dem ist nicht so.
    Ich wäre dankbar, wenn Sie das zur Kenntnis nähmen. Auf andere Punkte Ihrer Ausführungen will ich morgen zurückkommen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kreile.

(Zuruf von der SPD: Dann machen wir aber Schluß!)

— Herr Kollege, das liegt selbstverständlich im Ermessen des Hohen Hauses; wenn die Wortmeldungen erschöpft sind, dann werden wir Schluß machen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nicht wenn die Zuhörer erschöpft sind, sondern wenn die Wortmeldungen erschöpft sind?!)




Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
— Nein, Herr Kollege, wenn die Wortmeldungen erschöpft sind! An der Zahl der Zuhörer sehen Sie, daß ein gewisser Erschöpfungszustand bereits eingetreten ist.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kreile.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Reinhold Kreile


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben soeben ein kleines Kolleg oder ein Seminar oder eine Volkshochschulvorlesung über die Vergangenheit erlebt. Ich glaube aber, es geht weniger darum, was einmal während der Zeit der Großen Koalition geschehen ist, es geht auch nicht darum, was nun wirklich jener zu jenem gesagt hat, sondern es geht um den Tagesordnungspunkt, der heute zur Diskussion steht; es geht um die Steuererhöhungsgesetze 1973: das Steueränderungsgesetz 1973 und das Mineralölsteuergesetz 1973.
    Wer über Steuererhöhungen heute und zu dieser Stunde spricht, damit darüber hier beschlossen wird, muß sich zunächst einmal Rechenschaft geben, wie sehr sich die steuerpolitische Landschaft und die steuerliche Belastung in den letzten Jahren durch die wachsende Inflation verändert haben. In diesem Jahr werden in die öffentlichen Kassen mindestens 22,6 Milliarden DM mehr Steuern fließen, als ursprünglich von den Steuerschätzern angenommen worden ist.

    (Abg. Strauß: 22?)

    — Ja. — Daß sich die Steuerschätzer hier verschätzt haben, liegt nicht an deren mangelnder Kenntnis der volkswirtschaftlichen Entwicklung; dies sind Herren von großer Erfahrung und großem praktischen und wissenschaftlichen Ruf. Aber es liegt an einem durchaus zu begrüßenden Mangel an Phantasie; man konnte sich nämlich, als die Schätzung durchgeführt wurde, nicht vorstellen, daß sich die Inflationsrate so steigern könnte, wie es nunmehr geschehen ist.
    Niemand aber darf und niemand wird wahrscheinlich auch verkennen, daß diesen Mehreinnahmen ebenso ein gewaltiger Mehrbedarf der öffentlichen Hände gegenübersteht, der sich ebenfalls aus der Inflation ergibt. Unter diesen Umständen wird es für alle Betroffenen, für die Bundesregierung, die Tarifpartner und die Öffentlichkeit, immer schwerer, den Zusamenhang zu durchschauen und festzustellen, wer nun der eigentliche Verlierer der Inflation ist, der Staat, nämlich die öffentlichen Hände, oder die Bevölkerung.

    (Abg. Höcherl: Alle!)

    — Die Antwort ist natürlich: alle. Aber an dieser Stelle muß auch immer wieder laut und deutlich folgende Antwort in bezug auf einen besonderen Bereich gegeben werden, nämlich: Verlierer der Inflation ist in jedem Fall die große Masse unserer Bevölkerung, ob sie nun durch stagnierende oder abnehmende Staatsleistungen oder durch höhere Steuern oder gar durch beides getroffen wird.
    Welche Antwort aber gibt die Bundesregierung? Sie versucht verzweifelt — und dies muß sie auch —, Schritt mit der wachsenden inflationsbedingten Ausgabenflut zu halten. Statt dies aber freimütig zu sagen, redet sie uns — teilweise mit demagogischen Formeln — ein, es gehe darum, einen Gegensatz zwischen öffentlicher Armut und privatem Reichtum aufzuheben. Während Steuerfreibeträge und Entlastungen in den unteren Einkommensbereichen jetzt ihre Wirkung verlieren, weil die Bevölkerung durch die Inflation zunehmend in höhere Tarifzonen hineinwächst, wird die Bundesregierung nicht müde, mehr steuerliche Gerechtigkeit für die Bezieher niedriger Einkommen anzukündigen.
    Wie verhält es sich aber mit der steuerlichen Gerechtigkeit für die niedrigen Einkommen wirklich? Ein Arbeitnehmer, der z. B. in den Jahren 1968 bis 1972 von der Bruttolohngruppe 12 000 bis 16 000 DM nunmehr in die Bruttolohngruppe 16 000 DM bis 20 000 DM aufgestiegen ist, hat eine Zunahme der durchschnittlichen Lohnsteuerbelastung von 70,4 % zu tragen. Diesen Vorgang darf man in Inflationszeiten nicht etwa mit sozialem Aufstieg verwechseln. Diese Verwechslung nimmt nur das Steuersystem vor, wenn es die Sicherung des Realeinkommens durch höhere Löhne mit einem Einkommenszuwachs echter Art verwechselt und diesen Einkommenszuwachs nach dem höheren Steuersatz besteuert. Wir müssen hier eine Entwicklung bremsen, die dazu führen könnte, daß der Durchschnittsarbeiter schon in rund 20 Jahren bei fortschreitender Inflation dem Einkommenspitzensteuersatz unterliegen würde, ohne daß eine Zunahme des realen Einkommens bei ihm eingetreten ist.

    (Abg. Haehser: Halten Sie es für möglich, daß wir dem tatlos zusehen?)

    — Nein, das halte ich nicht für möglich, Herr Kollege, aber ich halte es für notwendig, Sie immer wieder darauf hinzuweisen.
    Die Bundesregierung meint nämlich — damit möchte ich Ihren Zwischenruf gleich beantworten —, gerade die Steuererhöhungen nach dem Steueränderungsgesetz 1973 und die Mineralölsteuererhöhung seien ein solcher Bremsvorgang, um den es uns allen doch geht. Es läuft aber etwa darauf hinaus, inflationäre Steuererhöhungen durch zusätzliche gesetzliche Steuererhöhungen beseitigen zu wollen. Dies kann so wenig gelingen, wie es jemals gelungen ist, den Teufel durch Beelzebub auszutreiben.
    Der große Streich dieser Gesetzesvorlagen wird durch einen gewaltigen Griff in die Kasse des sogenannten kleinen Mannes getan. Er nämlich trägt die Hauptlast, wenn Benzin und Dieselkraftstoff um einen Steuerbetrag von 6 °A) pro Liter teurer werden. Wir sollten nicht verkennen, daß sich auch die Erdölländer diesen Vorgang betrachten und zu dem Schluß kommen werden, wenn Benzin und Kraftstoff eine solche Quelle zur Finanzierung des Staatsbedarfs darstellen, dann seien möglicherweise auch die Abgabepreise zu erhöhen. Getroffen wird von beiden in erster Linie doch die arbeitende Bevölkerung, und zwar insbesondere die, die auch von der Kürzung der Investitionszulage in den ohnehin unterprivilegierten dünnbesiedelten Flächenstaaten betroffen wird.
    Offenbar haben die Urheber dieses fiskalischen Handstreichs die jüngeren Untersuchungen des Wis-



    Dr. Kreile
    senschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium sehr genau gelesen. Dort wird nachgewiesen, daß dem Staat die Finanzierung einer höheren Staatsquote nur dann gelingen kann, wenn das reale Verfügungseinkommen seiner Bürger gemindert wird. Diese Untersuchung wird doch aber nicht nur von der Bundesregierung, sondern auch von den Gewerkschaften gelesen. Diese wissen ganz genau, daß eine Minderung des realen Verfügungseinkommens nur dann eintritt, wenn sie als Gewerkschaften darauf verzichten, zusätzliche steuerliche Belastungen des Arbeitnehmereinkommens durch erhöhte Lohnforderungen zu kompensieren. Dies wird niemand von ihnen erwarten können.
    Gerade um diesen Zusammenhang zu verwischen, hat der Bundesfinanzminister in seiner Haushaltsrede den Versuch der Verniedlichung gemacht, indem er einen idealtypischen Arbeitnehmer erfunden hat, der 10 km von seiner Arbeitsstätte entfernt wohnt und nach der Steuererhöhung durchschnittlich nur 2,15 DM monatlich mehr an Mineralölsteuer für Benzin aufwenden muß. Wie wenig realistisch diese Betrachtungsweise ist, hat dem Herrn Bundesfinanzminister hoffentlich gestern die an dieser Stelle seiner Rede durch das ganze Haus gehende Heiterkeit gezeigt. Er wird mit Bemerkungen dieser Art jedoch nicht das vermeiden, was ihm bevorsteht und was eine ihm durchaus gewogene Tageszeitung als eine hochbrisante Kollision zwischen der Bundesregierung und den Gewerkschaften bezeichnet hat.

    (Abg. Seiters: Die Regierung hat ihre Plätze allerdings bereits verlassen!)

    Ist eigentlich — und zwar auf der Grundlage einer jährlichen Inflationsrate von zirka 7 %, die der Bundesfinanzminister gestern als eine optimale Stellung in dem von ihm beschworenen internationalen Geleitzug gefeiert hat

    (Abg. Haehser: Das stimmt doch gar nicht!)

    — schon überdacht worden, welche Auswirkungen die von der SPD im Langzeitprogramm geplante Anhebung der Steuerquote auf 34 % im Jahre 1985 haben wird? Projiziert man dieses Programm auf die Verhältnisse des Jahres 1972 mit einem Bruttosozialprodukt von etwa 820 Milliarden DM zurück, so müßten die Staatsausgaben heute um 85 Milliarden DM höher als geplant sein. Man hat hier zwar gesagt, daß diese projektierten 85 Milliarden DM durch Gebührenerhöhungen, Kreditaufnahmen und Steuererhöhungen finanziert werden sollen; man wird aber doch wohl nicht in der Annahme fehlgehen, daß die Hauptfinanzierungsquelle — dies wird und muß bei einem Staat doch immer der Fall sein — die Steuern sein werden. Eine Finanzierung etwa aus der Einkommen- oder Körperschaftsteuer einschließlich Lohnsteuer würde dann eine Erhöhung dieser Steuern um 280 % bedingen. Das ist ein völlig unmöglicher Vorgang. Andererseits wäre eine Finanzierung aus der Umsatzsteuer nicht ohne eine Verdoppelung des Satzes von 11 % auf 22 % gewährleistet. Auch dieser Weg mag ausscheiden.
    Wenn solche Steuern nicht von der Masse der Bevölkerung zu Lasten der realen Verfügungseinkommen erbracht werden, sind sie nur durch Inflation zu. finanzieren. Die hier vorliegenden Gesetzesvorlagen bedeuten aber bereits einen beachtlichen Schritt auf diesen Inflationsweg, denn die neue Steuer — dies hat die Debatte der letzten Wochen doch wirklich jedem klargemacht — wird längerfristig nicht auf eine Minderung der realen Verfügungseinkommen der Arbeitnehmer hinauslaufen, mag sie zunächst auch wohl so gedacht sein. Vielmehr wird sie der Inflation einen neuen und ungeahnten Auftrieb geben. Was das heißt, kann die Bundesregierung in einer Untersuchung der Bundesbank nachlesen. Dort ist nämlich ausgeführt: Die Inflation läßt den Anteil des Staates am realen Sozialprodukt absinken, und zwar um so mehr, je mehr die öffentliche Hand über Steuern und Kredite vom nominellen Sozialprodukt beansprucht. Am Ende ist dann weder Steuergerechtigkeit noch Stabilität, noch öffentlicher Reichtum bewirkt worden, sondern von allem das Gegenteil.
    Wir haben schon mehrfach erfahren, daß die Bundesregierung bestimmte Maßnahmen als Gegenteil dessen darstellt, was diese bewirken. Die Mineralölsteuererhöhung wird als Stabilitätsmaßnahme bezeichnet, obwohl von einer Stillegung im Gesetz keine Rede ist. Sie wird zur gleichen Zeit und widerspruchsvoll als Maßnahme zur Bedarfsdeckung
    im Einzelhaushalt des Verkehrsministers angepriesen, obwohl uns zunächst die Mitglieder der kleineren Partei dieser Regierungskoalition bis vor kurzem immer wieCer versichert haben, daß Steuererhöhungen für einen Ausgleich des Bundeshaushalts 1973 überflüssig seien. Die Widersprüchlichkeit dieser Steuererhöhungsmaßnahmen wird immer deutlicher. Die Mineralölsteuererhöhung soll also stabilitätsfördernd sein, wo sie in Wirklichkeit gerade das Gegenteil zur Folge hat. Sie soll Einnahmeverbesserung sein, wo in Wirklichkeit die Inflation und damit auf längere Sicht die Haushaltsschwierigkeiten verschärft werden. Diese Steuererhöhungsgesetzentwürfe sind im Grunde genommen nur eines: eine Flucht in Aktivität und Geschäftigkeit um ihrer selbst willen.
    Die Verfasser dieses Steuererhöhungsgesetzes unter der falschen Flagge der Stabilität glaubten, die Öffentlichkeit hiervon dadurch ablenken zu können, daß sie als flankierende Maßnahme die sogenannte Stabilitätsabgabe erfunden haben, eine massive Steuererhöhung bei jeder Körperschaft, den großen und den kleinen Körperschaften, den Aktiengesellschaften und den kleinen GmbHs, und bei natürlichen Personen, deren Einkommen eine Spitzenzone erreichen.
    Wir wollen durchaus anerkennen, daß man sich hier innerhalb der Regierungskoalition viele Gedanken gemacht hat und wenn das, was man so hört, richtig ist - der mehr der Wirtschafts- als der der Gesellschaftspolitik verhaftete Teil der Koalition einer nach dem Stabilitätsgesetz gestalteten Stabilitätsabgabe oder einem Konjunkturzuschlag den Vorzug gegeben hätte. Hierüber könnte man durchaus reden, insbesondere, daß diese Stabilitätsabgabe auch nicht die sogenannten kleinen Einkommen treffen sollte. Da könnte man bei einer erheblichen Größenordnung anfangen.



    Dr. Kreile
    Aber worüber wir nicht mit uns reden lassen, ist eine Quasi-Außerkraftsetzung des von diesem Deutschen Bundestag einstimmig gebilligten Stabilitätsgesetzes. Dort sind die Instrumente vorgezeichnet. Es ist unverständlich bzw. nur zu verständlich — aber man will es nicht sagen —, warum man ein bereitgestelltes Instrument nicht handhabt, nur um ein neues, nicht von dem Stabilitätsgesetz gedecktes Instrument zu erfinden, zumal ein Instrument, meine Damen und Herren, das so erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet wie die geplante Ausgestaltung der Stabilitätsabgabe als einer Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes.
    Dankenswerterweise hat der ehemalige Bundesfinanzminister Alex Möller bereits am 24. Januar im Bundestag darauf hingewiesen, indem er erklärt hat, er sei der Meinung, daß es verfassungsrechtlich nicht möglich sei, die Ergänzungsabgabe einfach bis ins Unendliche fortlaufen zu lassen und sie auch noch zu erhöhen. Wir sind seiner Meinung. Wenn es aber so ist, dann kann man nicht neben einer fortlaufenden Ergänzungsabgabe eine zweite Ergänzungsabgabe mit dem Namen Stabilitätsabgabe erfinden. Wer wirklich eine Stabilitätsabgabe einführen will, wird solches nach den Vorschriften des Stabilitätsgesetzes machen. Der Bundesrat hat dies gefordert. Die Gegenäußerung der Bundesregierung zu dieser Stellungnahme des Bundesrats erscheint mir reichlich lapidar, wenn gesagt wird, sie habe aus wohlerwogenen Gründen vorgeschlagen, die Stabilitätsabgabe nicht als Zuschlag zur Einkommensteuer, sondern als Ergänzungsabgabe zu erheben. Auf das verfassungsrechtliche Argument aber geht die Bundesregierung überhaupt nicht ein, nämlich auf das Argument, das das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 9. November 1972 herausgestellt hat: daß der Bund keine Ergänzungsabgabe einführen darf, die wegen ihrer Ausgestaltung, insbesondere wegen ihrer Höhe, die Bund und Ländern gemeinschaftlich zustehende Einkommen- und Körperschaftsteuer aushöhlen würde.
    Immerhin haben wir neben der bisherigen 3%igen Ergänzungsabgabe nunmehr eine weitere, wenn auch auf ein Jahr begrenzte 10%ige Erhöhung. Selbst wenn man sie auf zwei Kalenderjahre aufteilt — ich bin ganz sicher, daß dieses Argument kommen wird , bleibt sie immer noch in dem Erhebungszeitraum von einem Jahr eine Erhöhung von 10 %. Der Bund vervierfacht also das Gewicht der bestehenden Ergänzungsabgabe und schöpft damit, und zwar für sich allein, die Steuerkraft der betreffenden Körperschaften und natürlichen Personen in einer Weise aus, die für das normale Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz keinen Spielraum mehr läßt. Mit dieser Maßnahme höhlt der Bund aber die Einkommen- und Körperschaftsteuer mit der Zusammenkompetenz der Länder aus.
    Daß diese förderativ-verfassungsrechtlichen Bedenken ernst zu nehmen sind, beweist auch die ungeordnete Art, in welcher das Steueränderungsgesetz 1973 die Stillegung der Stabilitätsabgabe vorsieht. Es ist aus dem Gesetzestext heraus nicht klar, wer die Stillegung aufheben kann, der Bundesfinanzminister allein — etwa durch den mehrfach zitierten Telefonanruf —, die Bundesregierung oder, worauf es durchaus einen Hinweis in der Begründung des Gesetzes gibt — ich gestehe das zu —, der Gesetzgeber. Wo aber fließt bei einer Auflösung der Milliardenbetrag hin? Dies sollte und müßte eine gesetzgebende Körperschaft wissen, bevor sie ein solches Gesetz verabschiedet. Sie darf sich nicht damit begnügen, daß zum geeigneten Zeitpunkt die Bundesregierung vorschlagen will, die stillgelegten Gelder für eine breit gestreute Vermögensbildung einzusetzen. Solche Erklärungen der Bundesregierung ermangeln der Verbindlichkeit. Unverbindliche Erklärungen aber sollten in einem geordneten Gesetzgebungsverfahren keinen Platz haben.
    So entpuppt sich also die angebliche Stabilitätsabgabe als einfache Steuererhöhung. Sie ist der FDP zuliebe, der es nach den Erklärungen von Herrn Dr. Arndt doch immer schwerer fallen muß, immer noch an eine Begrenzung der Abgabe auf Jahresfrist zu glauben, nur anders verpackt worden. Der Bundesfinanzminister hat den Belastungseffekt der Stabilitätsabgabe erst gestern wieder mit dem Belastungseffekt der Mineralölsteuer in Bezug gesetzt. Gerade diese Bezugnahme müßte doch auch Arglose zu dem Verdacht bringen, daß die Erhöhung von Einkommensteuer und Körperschaftsteuer genausowenig zeitlich begrenzt ist wie die auf Dauer angelegte Erhöhung der Mineralölsteuer.
    Mit der Verpackung als Stabilitätsabgabe glaubt sich die Bundesregierung der Mühe enthoben, die Steuererhöhung als solche zu rechtfertigen. Mir scheint, daß es dem Anspruch dieses Hauses widerspricht, sich zum Vollzugsorgan zur Verabschiedung von Gesetzen zu machen, die hier nicht offen und eindeutig mit ihrem Ziel und ihrer Auswirkung begründet worden sind.

    (Abg. Matthöfer: Dafür haben wir ja die Mehrheit!)

    — Eben; aber wie lange, das werden Sie nach solchen Gesetzen merken.
    Zuletzt noch eines. Diese Strukturerhöhungsgesetze stehen in einem nicht zu leugnenden Zusammenhang mit der Steuerreform. Ich darf deswegen zum Schluß auszugsweise mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten ein Zitat vorlesen. Das Zitat lautet:
    Auch die zehnprozentige Stabilitätsabgabe ... ist ein Vorgriff auf die Steuerreform, so daß in diesem Bereich die Manövriermasse ebenfalls verbraucht sein dürfte. Tatsächlich ergibt sich bei der Einkommensteuer ... nunmehr ein Spitzensatz ... von knapp 60 % ... Für die Körperschaftsteuer wird sogar der Satz des SPD-Steuerparteitags von 56 %, der in Kampfabstimmung durchgehalten werden konnte, mit über 57,5 % überrundet.
    Der Verfasser dieses Zitats hält — und ich darf noch weiter zitieren —
    beide Steuererhöhungsmaßnahmen politisch und
    moralisch für ungerechtfertigt ..., schlichtweg
    unverantwortlich und auch als vordergrün-



    Dr. Kreile
    dige konjunkturpolitische Maßnahmen unangebracht.
    Dies sagt der SPD-Steuerpolitiker und Vorsitzende des Bundes der Steuerbeamten, der Gewerkschaftler Fredersdorf. Diesem Zitat brauche ich hier nichts mehr hinzuzufügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)