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    Deutscher Bundestag 26. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. April 1973 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . 1219 A Aussprache über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 (Haushaltsgesetz 1973) (Drucksache 7/250) in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1972 bis 1976 (Drucksache 7/370), mit Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1973 (Druckache 7/419) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 und des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Drucksache 7/422) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Zweites Bundesbesoldungserhöhungsgesetz) (Drucksachen 7/411, 7/442) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über die Sechzehnte Rentenanpassung und zur Regelung der weiteren Anpassungen der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Drucksache 7/427) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV) (Abg. Geisenhofer Dr. Althammer, Ziegler, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Riedl [München], Dr. Waigel, Maucher, Burger, Dr. Götz, Müller [Remscheid], Dr. Blüm und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache 7/315) — Erste Beratung —Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 1220 D Haehser (SPD) . . . . . . . . 1232 D Kirst (FDP) . . . . . . . . 1241 A Leicht (CDU/CSU) 1246 B Dr. von Bülow (SPD) 1252 B Gallus (FDP) . . . . . . . . 1254 B Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 1255 D Schmidt, Bundesminister (BMF) . . 1260 B Dr. Kreile (CDU/CSU) . . 1261 A Porzner, Parl. Staatssekretär (BMF) 1264 A Offergeld (SPD) 1265 C Dr. Vohrer (FDP) 1267 D Nächste Sitzung 1269 D Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1271* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. April 1973 1219 26. Sitzung Bonn, den 4. April 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 15.00 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 7. 4. Adams * 7. 4. Dr. Aigner * 7. 4. Dr. Artzinger * 7. 4. Dr. Bangemann * 7. 4. Dr. Becher (Pullach) 6. 4. Behrendt * 7. 4. Blumenfeld 7. 4. Buchstaller 6. 4. Dr. Burgbacher * 4. 4. Buschfort 6. 4. Dr. Corterier * 7. 4. Frau Däubler-Gmelin 6. 4. Dr. Dregger ** 16. 4. Fellermaier * 8. 4. Flämig * 7. 4. Frehsee " 7. 4. Dr. Früh * L1. Früh 7. 4. Gerlach (Emsland) * 7. 4. Gewandt 7. 4. Härzschel * 7. 4. Hofmann 6. 4. Dr. Jaeger 6. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 7. 4. Kahn-Ackermann ** 7. 4. Kater 30. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kirst 6. 4. Dr. Klepsch * 7. 4. Lange * 7. 4. Lautenschlager * 6. 4. Frau Dr. Lepsius 7. 4. Löffler 6. 4. Lücker * 7. 4. Dr. Martin 7. 4. Memmel * 7. 4. Mikat 6. 4. Müller (Mülheim) * 6. 4. Mursch (Soltau-Harburg) * 6. 4. Dr. Oldenstädt 6. 4. Frau Dr. Orth * 7. 4. Picard 7. 4. Richter ** 7. 4. Dr. Riedl (München) 18. 4. Ronneburger 4. 4. Frau Schleicher 6. 4. Schmidt (München) * 7. 4. Schmidt (Wattenscheid) 7. 4. Frau Schuchardt 8. 4. Dr. Schulz (Berlin) " 7. 4. Schwabe * 7. 4. Dr. Schwencke ** 7. 4. Dr. Schwörer * 7. 4. Seefeld * 8. 4. Spillecke 6. 4. Springorum * 7. 4. Dr. Starke (Franken) * 7. 4. Walkhoff * 7. 4. Frau Dr. Wex 6. 4. Frau Dr. Wolf ** 6. 4. Wrede 7. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege Lambsdorff, ich setze bei Ihnen die Grundkenntnis voraus, daß Abschreibungen Kosten sind und daß Kosten in einem ordentlich geführten Betrieb verdient werden müssen, ansonsten er in absehbarer Zeit liquidiert werden muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es wäre unbedingt nötig gewesen, daß sich der Bundesfinanzminister in seiner Rede ernsthaft mit den Ursachen der anhaltenden inflationären Entwicklung befaßt, statt sich in Hinweise zu flüchten, daß die uns bedrängenden Probleme eine weltweite Dimension hätten, die einzelnen Länder die wirtschafts- und finanzpolitische Autonomie verloren hätten und die Preise des einen eben die Preise des anderen nach sich zögen. Herr Kollege Schmidt, das darf heute in dieser Form nicht einmal an einer Volkshochschule dem mündigen Bürger erzählt werden; in dieser Form, sage ich.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Natürlich gibt es keine Zweifel, daß eine rein nationale Stabilitätspolitik mit dem Ziele voller Geldwertstabilität überhaupt nicht mehr möglich ist —oder nur unter Inkaufnahme unzumutbarer Nachteile wie Arbeitslosigkeit oder Verzicht auf Wachstum. Dies ist indiskutabel. Es ist aber auch nicht so, daß nationale Stabilitätspolitik, die alle zur Verfügung stehenden Instrumente rechtzeitig einsetzt, keinen Sinn mehr hätte. Zwar kann niemand um sich herum einen unübersteigbaren Zaun errichten und damit für sich eine Oase nationaler Stabilität schaffen, aber es gilt immer noch der alte Grundsatz, den einer Ihrer Vorgänger, Herr Minister, so formulierte: Stability begins at home;

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    wir sind bescheidener und sagen: Stabilität beginnt zu Hause.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Haase [Kassel] : Sein Lehrer!)

    — Ich erwähne den Namen eh nicht, weil er ja in parteiamtlicher, offiziöser Diktion zur Unperson geworden ist. Die Tatsache, daß derselbe aus der Regierung und der SPD ausgetreten ist, hat doch aber nicht zur Folge, daß seine von Bundesbankpräsident Klasen im gleichen Wortlaut getroffene
    Feststellung falsch ist, daß nämlich unsere Inflation in erster Linie hausgemacht ist.
    Hat der Bundesfinanzminister die Luxemburger Beschlüsse vergessen, an denen er mitgewirkt hat? Auch den Finanzministern der EG-Länder ist doch nichts anderes eingefallen, als die einzelnen Mitgliedsländer beschwörend aufzufordern, nationale Stabilitätspolitik zu betreiben, weil es sonst in der Gemeinschaft keine Stabilitätspolitik gibt. Hat denn nicht der Februar-Bericht der Bundesbank eindeutig herausgestelllt, daß die öffentlichen Haushalte einen entscheidenden Beitrag zur Stabilitätspolitik liefern müssen, und damit festgestellt, daß sich die Haushalte bisher dieser Aufgabe entzogen hätten?
    Dasselbe gilt auch für den Bundeshaushalt 1973
    wie sagt man so schön: für das Sterben zuviel
    und für das Leben zuwenig —, der für die Finanzierung des Fortschrittes zuwenig enthält und für
    die Wiedereinführung der Stabilität trotzdem zu
    groß geraten ist. Wir müssen natürlich die Verantwortung dieser Bundesregierung für mangelnde nationale Stabilitätspolitik und damit für schuldhafte
    Förderung inflationärer Entwicklung vom Jahre 1969
    an als einen kontinuierlichen Prozeß festhalten und herausstellen. Seit Herbst 1969 sind in der Bundesrepublik die Preise und das Preisniveau für alle spürbar so stark angestiegen, daß die Regierung Brandt die Warnungen vor der kommenden Inflation und den Ruf nach einer Antiinflationspolitik nicht so in den Wind hätte schlagen dürfen, wie es damals leider geschehen ist.
    Wir haben es — das möchte ich gerade im Hinblick auf die höhnischen Aufforderungen Ihrerseits sagen, wie wir es denn machen würden — als Opposition allmählich satt, uns zuerst wegen unserer Warnungen und Vorschläge auslachen oder in der Öffentlichkeit angreifen zu lassen

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    und uns dann bei jeweils schubartig gestiegenem Preisfieber fragen zu lassen, welche Rezepte wir denn für die sofortige Heilung des Patienten zur Verfügung hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie sind seit 1969, wo der Preisauftrieb trotz des letzten Vierteljahres nur 2,8 % betrug, an der Regierung. Sie hätten eine Inflation dieses Ausmaßes verhindern können, Herr Bundeskanzler. Sie tragen dafür mit Ihren Mitarbeitern und Ihrer Mehrheit allein die Verantwortung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie haben damals das Angebot der CDU/CSU zu einem Stabilitätspakt mit auch unpopulären Maßnahmen glatt zurückgewiesen.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Sie haben das Ganze damals als Propaganda und Panikmache einer Opposition, die es nicht verwinden könne, aus dem Regierungssessel verdrängt worden zu sein, sozusagen mit der wirklich linken Hand abgetan.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Strauß
    Das war noch die Zeit, als der Bundeskanzler sagte, wenn der Preisanstieg einmal 4 % erreiche, dann werde es ernst, dann werde er sich persönlich darum kümmern;

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    er glaube aber nicht, daß es dazu kommen werde. Dieselbe Versicherung hat er ungefähr bei jedem weiteren Prozent wiederholt.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir wissen als verwirrte Zeitgenossen jetzt tatsächlich nicht mehr, ob der Preisauftrieb trotz Ihres Eingreifens, wegen Ihres Eingreifens oder ohne Ihr Eingreifen

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    nunmehr die 7-%-Marke erreicht hat und noch unverdrossen am Klettern ist.
    Haben wir nicht als Opposition Ihre heute nur mehr als schlechten Witz zu empfindenden Zusagen auf Steuersenkung seinerzeit unter Vertauschung der Rollen und Inkaufnahme unpopulärer Konsequenzen und Öffnung verwundbarer politischer Flanken damals eindeutig abgelehnt! Haben nicht wir — ich im besonderen — damals vorgeschlagen, den Konjunkturzuschlag rechtzeitig einzuführen!
    Sie haben einfach nicht das Recht, uns die Stimmenthaltung vom Juli 1970 vorzuhalten für eine zu spät ergriffene und dann wirkungslose Maßnahme. Wir sind auch heute nicht bereit, die Mitverantwortung zu tragen. Im Herbst 1969 haben wir es angeboten. Man hätte das Angebot damals nur aufzugreifen brauchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Haben nicht wir Ihre großsprecherischen Ausgabenzusagen als Inflationsmotor gekennzeichnet! Und wie haben Sie damals von der Regierung und von den Regierungsparteien darauf reagiert! Sie haben mit Erklärungen reagiert wie: „Herr Althammer will den Straßenbau kürzen; wir aber wollen den Straßenbau aufrechterhalten und ausdehnen." Auch dies ist eine Aussage, der man heute, wenn man gut veranlagt ist, überhaupt nur noch mit einem milden Lächeln nähertreten kann.
    Ich sage das nur, weil Sie vom Anfang Ihrer Machtübernahme an die inflationäre Gefahrenquellen nicht verstopft, sondern verstärkt haben.

    (Abg. Haase [Kassel] : Sehr richtig!)

    Sie waren von Anfang an inflationistisch und sind es auch heute noch.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie hatten die Mehrheit seit 1969, eine noch stärkere Mehrheit, aus welchen Gründen auch immer, seit 1972.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Ich habe mir diesen Satz

    (Abg. Wehner: „Aufschreiben lassen"?!)

    unter Einkalkulierung Ihres Gelächters sehr wohl
    überlegt. Das ist kein Lapsus linguae, meine sehr
    verehrten Damen und Herren. Denn die Mehrheit
    zu haben heißt noch lange nicht, recht zu haben. Das Ende der Rechnung gerade auf diesem Gebiet wird noch einmal aufgemacht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU. Zuruf des Abg. Wehner.)

    Einmal kommt das Ende der Propaganda und beginnt die Stunde der Wahrheit. Dann werden manche erkennen, was in diesem Land los ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und ironischer Beifall bei der SPD.)

    Sie tragen die ganze Verantwortung. Sie hatten und haben alle Vollmachten, nationale- Stabilitätspolitik als Voraussetzung für gemeinschaftliche Stabilitätspolitik zu betreiben. Sie tun es aber nicht, suchen nach Sündenböcken im Ausland und haben den erstaunlichen Mut, bei dieser Vorgeschichte der Opposition heute die politische Last der Mitverantwortung aufbürden zu wollen. Ich sage Ihnen mit allem Nachdruck: Wenn die Bundesregierung von Anfang an nationale Stabilitätspolitik getrieben hätte, dann wäre unsere D-Mark heute noch erheblich mehr wert.

    (Lachen bei der SPD. Zuruf von der SPD: Noch mehr?)

    Sie wäre dann erheblich mehr wert, als sie heute ist.

    (Abg. Wehner: Wieviel Dollar hätten Sie dann?)

    — Herr Wehner, wenn Sie mich so dumm anreden,

    (Lachen bei der SPD)

    muß ich sagen: Ich bin froh, wenn wir noch in Dollars rechnen und nicht schon in Rubeln zu rechnen beginnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. Zuruf des Abg. Wehner.)

    — Denken Sie einmal an das, was die Ihnen so ans Herz gewachsene Parteijugend auf diesem Gebiet an langfristigen Empfehlungen bereits heute von sich gibt!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn Sie nationale Stabilitätspolitik getrieben hätten, dann wäre auch der Preisauftrieb bei unseren Nachbarländern nicht so hoch ausgefallen,

    (Lachen bei der SPD)

    wie es aus der vom Bundesfinanzminister gestern verlesenen Statistik zu entnehmen ist. Wir hätten das Tempo des internationalen Geleitzuges, so wie es auch früher 20 Jahre lang der Fall war, erheblich vermindern, aber nicht ganz abbremsen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die österreichischen Preise haben doch nicht die deutschen Preise hochgetrieben,

    (Abg. Leicht: Sehr gut! — Lachen bei der SPD)

    sondern der rasche Anstieg der deutschen Preise hat in den Ländern unserer Haupthandelspartner zum dortigen Preisanstieg nicht unerheblich beigetragen.
    Wir glauben Ihnen auch Ihre Stabilitätsbeteuerungen nicht mehr. Denn sooft noch diese Regierung betont hat, daß Preis- und Geldwertstabilität unbe-



    Strauß
    streitbar zu den obersten Zielen der Wirtschaftspolitik gehören müsse, so regelmäßig sind die Preise gestiegen und ist der Geldwert gesunken, und zwar mit deutlich zunehmenden Jahresraten.
    Nicht mit Unrecht hat der Bundesfinanzminister darauf hingewiesen, daß die Länder der Gemeinschaft unterschiedliche Wirtschaftsprobleme haben, was eine gemeinsame Konjunkturpolitik erschwert, nämlich neben dem gemeinsamen Problem der Inflation einige auch die Arbeitslosigkeit, z. B. England. Er hat aber vergessen, hinzuzufügen, daß die Arbeitslosigkeit nicht die Folge zu harter Stabilitätspolitik, sondern lang anhaltender Inflationspolitik gewesen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich sage ausdrücklich: Soweit sind wir noch nicht. Aber es ist erschreckend und muß in das Schuldbuch der Regierung eingetragen werden, daß sich der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 1972 genötigt sieht, eine sehr unangenehme Feststellung zu treffen, über die Sie sich noch mehr Gedanken machen müssen als wir; denn wer schuldig ist und die Macht hat, der ist dran.

    (Lachen bei der SPD.)

    — Ach so, Sie wollen zwar die Macht haben, aber nicht schuldig sein? Das geht nicht.

    (Abg. Wehner: Auch so eine Anmerkung!) Es heißt dort:


    (Es) darf nicht verkannt werden: Eine Rückkehr zu mehr Geldwertstabilität ohne die Bereitschaft, notfalls auch vorübergehend geringe Abstriche bei den Zielen Wachstum und hoher Beschäftigungsstand zu machen, erscheint nicht mehr möglich.

    — So der Sachverständigenrat, nicht Franz Josef Strauß.
    Wer proklamiert, es solle jetzt die Stabilität des Geldwerts Vorrang haben, jedoch dürften Einbußen bei anderen Zielen ... keinesfalls hingenommen werden, der leugnet entweder, daß es hier Zielkonflikte gibt — und er müßte nachweisen können, daß die gegenwärtige Teuerung allein das Ergebnis eines wirtschaftspolitischen Kunstfehlers war
    — was auch wieder zu Lasten der Regierung ginge —
    und nicht auch das eines einseitigen Zielkompromisses —, oder er weiß, daß er die Stabilität nur verlangt, daß er sie jedoch nicht erhalten wird.
    Unter diese Überschrift setzen wir die Stabilitätsbeteuerungen der Regierungserklärung des Herrn Bundesfinanzministers, genau unter diese Überschrift.
    Dahin haben Sie von den Regierungsparteien uns gebracht: Einerseits erscheint Ihnen nur anhaltende Inflation als Garantie für Vollbeschäftigung; andererseits aber bedeutet anhaltende Inflation eine Aushöhlung unseres politischen Ordnungssystems, einen allmählichen Abbau marktwirtschaftlicher Funktionsfähigkeit, wachsende soziale Härten und auf lange Sicht noch das Gespenst drohender Unterbeschäftigung.
    Der Bundesfinanzminister hat keine Rede zur Durchleuchtung der Probleme gehalten, sondern er hat durch propagandistische Formulierungen die Probleme verschleiert. Es kommt sicherlich gut an, wenn er sagt, daß die Sozialdemokratie mehr zu den Arbeitnehmern neigt, oder an anderer Stelle, daß die Bundsregierung alle verfassungsmäßigen Instrumente benutzen werde, um der Gerechtigkeit zu dienen. Wer Inflation verschuldet, gleichgültig, ob durch Versäumnisse oder falsche Handlungen, begeht das größte Unrecht an den sozial schwächeren Schichten unseres Volkes,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    das heißt an den Arbeitnehmern, Rentnern und den kleinen Sparern. Inflationspolitik ist die unsozialste Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die laufende Geldentwertung wird zwar dadurch gemindert, daß in Lohn- und Gehaltsverhandlungen der Ausgleich für die inzwischen erfolgten Preissteigerungen als Minimum für Erhöhungen angesehen wird. Je stärker aber die Inflationsrate und je höher damit die Grenze steigt, von der an erst reale Einkommensverbesserungen eintreten, desto mehr besteht die Gefahr, daß wirkliche Einkommensverbesserungen überhaupt nicht mehr möglich werden — was ja der Sinn des Wachstums war — und die Gewähr für vollen Inflationsausgleich nicht mehr gegeben wird, jedenfalls bei den Tariflöhnen.
    Wir hatten im Februar einen Preisanstieg von 6,8 % für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte, von 7,5 % für Zwei-Personen-Haushalte von Rentnern und Sozialhilfeempfängern, von 7,4 % für die einfache Lebenshaltung eines Kindes, von 7 % für die Vier-Personen-Haushalte mit mittleren Einkommen, von 6,3 % für Vier-Personen-Haushalte mit höheren Einkommen. Hieraus ergibt sich die Frage: Wie hoch müssen Lohnsteigerungen sein, wenn nur der Besitzstand an Kaufkraft gewahrt werden soll? Denn hier tritt ein Problem auf, dem die Bundesregierung bis jetzt aus dem Wege geht. Sie hätte diesem Problem bei ihren steuerpolitischen Vorschlägen jetzt nicht mehr aus dem Wege gehen dürfen, einem Problem, das auch nicht mehr auf die ganz lange Bank geschoben werden darf.
    Der Bundesminister der Finanzen hat preisend mit vielen schönen Reden die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit seiner finanzpolitischen Maßnahmen begründet, ist aber nicht auf die Tatsache eingegangen, daß infolge der starken Nominallohnsteigerungen in den letzten Jahren, die in den Jahren 1970/71 auch zu echten Einkommensverbesserungen geführt hatten, nunmehr etwa 50 0/0 aller Arbeitnehmer bereits der Steuerprogression der rasch steigenden Tarife unseres Lohn- und Einkommensteuersystems unterworfen werden. Der Finanzminister hat selbstgefällig erklärt, daß die beträchtlichen Steuermehreingänge eine ordentliche Finanzierung des Haushalts ermöglichen, daß also von einer Finanzkrise gar keine Rede sein könne, daß die



    Strauß
    Finanzen gesund seien und nur Panikmacher das Gegenteil behaupteten.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ist es denn wirklich ordentlich und gesund, wenn die Lohnsteuererträge in der Hauptsache die Steuermehreinnahmen aus inflationären Gründen erbringen, man also ruhig von einer Lohnsteuerexplosion inflationsbedingter Art sprechen kann und muß?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Jede Lohn- und Gehaltserhöhung führt angesichts dieser Tatsache zu einem rasch ansteigenden Steuersatz für das gesamte steuerpflichtige Einkommen. Deshalb hat sich die Regierung doch in eine unmögliche Lage manövriert. Denn Lohn- und Gehaltsabschlüsse von 8,5 % bei Preissteigerungen von 7 % ergeben doch nur äußerlich ein beruhigendes Bild. In Wirklichkeit bedeuten sie einen Verlust an Kaufkraft, der durch Preisanstieg und überproportional wachsende Steuer- und Soziallasten verursacht wird, also eine Minderung des Lebensstandards. 1973 werden durch den Anstieg der Lohneinkommen — allein durch den Anstieg der Lohneinkommen! — 4,5 Milliarden DM Mehreinnahmen erzielt werden, die doch nichts weiter sind als heimliche Steuererhöhungen, die zusätzlich zu den offenen Steuererhöhungen — Mineralölsteuer — treten.
    Ich darf zu diesem letzten Gedanken noch eine Bemerkung anfügen. Die Verbindung von Preisanstieg und überproportionaler Besteuerung, weil über 50 % der Arbeitnehmer die Proportionalzone verlassen haben und in die Progressionszone eingetreten sind, machen heute Ausgleichsbeträge bei Lohnerhöhungen erforderlich, die — und das ist doch das Dilemma, in das Sie sich hineinmanövriert haben —

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    ihrerseits nicht mehr preisneutral bleiben können. Das heißt, ein Übel nährt das andere. Und da sollen wir als Komplizen Wache stehen, damit sich das weiterhin ungestört vollziehen kann. Nein, wir nicht!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ähnliche Probleme ergeben sich für die Sparer und die Rentner. Darauf werden andere Redner im Laufe der Debatte, so nehme ich an, noch eingehend zu sprechen kommen.
    Für die Sparer darf ich nur bemerken: Selbst wenn ein Sparer heute von den langfristigen Anlagen Gebrauch macht, die man ihm empfiehlt — z. B. die Stabilitätsanleihe der Bundesregierung, die mit einem inflationären Zinssatz ausgestattet sein muß, wenn sie Absatz finden soll; darüber gibt es keinen Zweifel —, erhält er 8,5 °/o Zinsen. Von diesen 8,5 % Zinsen muß er schon 7 °/o für Preiserhöhungen abziehen. Dann bleiben ihm noch 1,5 °/o. Gehen wir davon aus, daß er keine Vermögensteuer zu zahlen braucht, daß das also entfällt. Dann werden ihm aber trotzdem die 8,5 °/o Zinsen von 1 000 DM also 85 DM — auf sein Arbeitseinkommen als zu versteuernder Mehrbetrag draufgeschlagen. Da nunmehr 50 % aller Arbeitnehmer schon 19 0/o zahlen, weitere 50 % von 19 bis zu 40 % — im Durchschnitt um die 30 % herum — zahlen, ist die Besteuerung dieser 85 DM eine weitere Belastung in Höhe von 2 bis 2,5 % für den Sparer, d. h. zu den 7 % Preiserhöhungen muß er noch 2,5 % mehr Steuerbelastung für dieses zu versteuernde Einkommen in Kauf nehmen. Daran kommt niemand vorbei. Da nützen weder gehässige Zwischenrufe noch höhnisches Gelächter etwas.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir hätten erwartet, daß der Herr Bundesfinanzminister zu diesem Problem in seiner Haushaltsrede Stellung nimmt.
    Ich habe kein Verständnis dafür, wenn sich Herr Staatssekretär Hermsdorf — so sympathisch er mir persönlich ist — die Sache so leichtmacht und die Sparerverluste für völlig fiktiv erklärt und die volle Steuerbelastung der Zinserträge ausdrücklich rechtfertigt.

    (Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört!)

    Die Sparerverluste sind nicht fiktiv, sehr verehrter Herr Kollege Hermsdorf, die Sparerverluste sind herbe Wirklichkeit der von Ihnen betriebenen Politik und von Ihnen verschuldeten Inflation und nichts anderes.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    In dieser Landschaft heimlicher Steuererhöhungen werden nun neue Steuererhöhungen und der darauf aufgebaute Haushalt angesiedelt. Im Jahr 1972 waren es Branntwein, Mineralöl und Tabak, obwohl der damalige Finanzminister im September 1971 erklärt hatte, wir hätten den Bundeshaushalt 1972 in bezug auf dem Gesamtstaat — Bund, Länder und Gemeinden — an sich ohne Steuererhöhungen finanzieren können. Auch Sie, Herr Kollege Helmut Schmidt, haben in der gemeinsamen Fernsehsendung am 16. November 1972 erklärt: Was den Bundeshaushalt angeht, so könnte er wahrscheinlich, wenn man ganz knapp rechnet und sehr sparsam ist, 1973 noch ohne Steuererhöhungen auskommen. Auch die zweite Steuererhöhung erfolgt also, wenn man den Worten und Ankündigungen der verantwortlichen Minister Glauben schenkt, ohne Notwendigkeit; offenbar, weil diese Regierung nicht bereit ist, knapp zu rechnen und sehr sparsam zu sein.
    Zugegeben, Herr Kollege Schmidt, Sie haben in derselben Sendung davon gesprochen, daß nicht die Steuern erhöht, sondern Steuervergünstigungen abgebaut werden. Aber was jetzt unternommen wird, ist nur zum geringen Teil ein Abbau von Steuervergünstigungen — möglicherweise sogar fragwürdiger Art —, sondern die Erhöhung der Mineralölsteuer ist eine echte Steuererhöhung. Wenn sie für den Haushalt nun nicht benötigt wird, sollte sie doch wenigstens stabilitätsfördernden Charakter haben. Aber eine Steuer, die einerseits die Lebenshaltung der sozial Schwächeren belastet — gerade der Arbeiter auf dem Lande mit größeren Anmarschstrecken zum Arbeitsplatz oder zu den Massenverkehrsmitteln —

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Strauß
    und andererseits einen gestiegenen Kostenfaktor in der Wirtschaft — nicht nur im Transportgewerbe, sondern auch in der allgemeinen Wirtschaft darstellt, ist dann doch nicht notwendig, wie Sie zugeben, bedeutet eine soziale Belastung, was Sie nicht leugnen können, und bei ihr heben sich stabilitätsfördernde und stabilitätshemmende, d. h. inflationsfördernde und inflationshemmende Kräfte doch gegenseitig auf. Dann verzichten Sie doch jetzt auf diese fragwürdige Steuererhöhung! Sie bringt Ihnen doch nichts.
    Sie sagen: Dann können wir die Nettokreditaufnahme vermindern. Ja, wenn Sie die Nettokreditaufnahme vermindern, bleibt der Kreditspielraum bei den meisten Arten der Bundeskreditaufnahme für andere natürlich wieder im gleichen Umfange zur Verfügung.
    Der Koalitionspartner, die FDP, hat vor der Wahl jede Steuererhöhung für 1973 entschieden abgelehnt. Der Außenminister Scheel hat damals als FDP-Vorsitzender in der Sendung „Panorama" am 23. Oktober erklärt: „Ich kann doch nicht permanent Steuererhöhungen zu einem Fetisch machen; etwa der Offentlichkeit vorgaukeln, mit Steuerhöhungen wäre die Qualität des Lebens gesichert."

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Ich kann mich völlig auf diese Ausführungen beschränken. Wenn ich recht unterrichtet bin, wurden die Steuererhöhungen gleichwohl für 1973 im Kabinett unter seinem Vorsitz und mit seiner Stimme beschlossen.
    Noch nach der Wahl am 28. Januar 1973 erklärte der Kollege Mischnick im Namen der FDP-Fraktion: „Wir sind überzeugt, daß sich der Haushalt 1973 ohne Steuererhöhungen ausgleichen lassen wird." Am Tage nach der Kabinettssitzung, also noch nach der Bekanntgabe der Steuererhöhungen auf einer Pressekonferenz veröffentlichte das „Handelsblatt" ein Interview mit dem sehr verehrten Kollegen Lambsdorff. Er sagte: „Aus etatpolitischen Gründen kommen für die FDP Steuererhöhungen unter keinen Umständen in Frage."

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wenn das keine etatpolitischen Gründe sein sollten, müßten es stabilitätspolitische sein. Stabilitätspolitisch ist eine Steuer, die sich auf die Schwachen unsozial auswirkt und von der Wirtschaft in vollem Umfang auf die Preise abgewälzt werden kann, gelinde gesagt, ein stumpfes Schwert oder — wie hätte man früher in diesem Hause gesagt? ein „self-defeating instrument".

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die FDP ist bis zuletzt zu ihren Worten hart geblieben. Als es aber zum Schwur kam, hat sie vor Helmut Schmidt, wie es zu erwarten war, kapituliert. Mit Recht schreibt das „Handelsblatt", das der FDP sehr nahe steht:

    (Lachen bei der FDP.)

    Selbstverständlich kann in einer Regierungskoalition keine der Parteien ihr Programm uneingeschränkt durchsetzen. Der Kompromiß
    wird jedoch dann zum Umfall, wenn Bedingungen zuerst zur Koalitionsfrage promoviert und bis zur Stunde des stillen Verzichts ausdrücklich aufrechterhalten worden sind.
    Ich könnte hier noch eine ganze Reihe weiterer Stellungnahmen gegen die Steuererhöhungen anführen. Ich will es mit den bisherigen Kostproben sein Bewenden haben lassen.
    Aber auch Sie, Herr Bundesfinanzminister, haben vor den Wahlen noch anders gesprochen. Sie haben damals, am 16. November in der gemeinsamen Sendung, von leichten Steuererhöhungen gesprochen und zwar in der Form, daß bisherige Steuervergünstigungen abgebaut werden. Der im Steueränderungsgesetz vorgeschlagene Abbau von Subventionen bringt rund 900 Millionen DM, wenn man die Beseitigung des Schuldzinsenabzuges als den Hauptposten anrechnen darf. Die Mineralölsteuererhöhung bringt fast 2 Milliarden DM. Sie tritt bereits 1973 in Kraft, der Subventionsabbau teilweise erst im nächsten Jahr.
    Aber der Bundeskanzler erklärte vor der Wahl am 1. August in der „Bunten Illustrierten":
    Wenn insgesamt mehr Mittel aufzubringen sind, muß es auch darum gehen, die Lasten gerechter zu verteilen, d. h. die Bezieher höherer Einkommen stärker heranzuziehen als die kleinen Leute.
    Helmut Schmidt sagte auf dem Dortmunder Parteitag in der Westfalenhalle:
    Die Steuern müssen dahin gepackt werden, wo die Schultern breit und stark genug sind, um zusätzliche Steuern zu tragen.
    Trifft die Erhöhung der Steuern auf Benzin und Dieseltreibstoffe wirklich in erster Linie die Bezieher höherer Einkommen, die doch die erhöhten Treibstoffkosten entweder überhaupt nicht spüren, weil sie Dienstwagen fahren, oder von der Steuer absetzen und damit in die ganze Kostengestaltung eingehen lassen können.
    Trifft die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen wirklich in erster Linie die Reichen? Daß die Reichen etwas davon haben, ist richtig. Daß sie aber Schuldzinsen als Werbungskosten abziehen können, und zwar in größerem Umfang als der kleine Mann, ist ebenfalls richtig. Aber in erster Linie trifft die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen diejenigen, die vielleicht auch infolge der Versprechungen der Bundesregierung an der „erhöhten Lebensqualität" durch höhere Konsumgüter, durch Teilzahlungs- und Abzahlungsverträge — auch bei jungen Familien — früher teilhaben wollen und sich deshalb manches zu Lasten der Zukunft jetzt schon beschaffen. Die werden stärker getroffen als die anderen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie brauchen hier nur nachzulesen, was der Vorsitzende des Bundes der Steuerbeamten, Ihr Parteifreund, dazu gesagt hat — das möchte ich beinahe aus Gründen der Rücksichtnahme nicht wiederholen —,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)




    Strauß
    oder was ein Organ gesagt hat, das beinahe den Charakter eines offiziösen Veröffentlichungsorgans, jedenfalls für Geheimprobleme der Bundesregierung, bekommen hat, ein berühmtes Hamburger Wochenmagazin. Aber ich möchte den Katalog der Zitate abschließen.
    Jetzt hat der Finanzplanungsrat empfohlen, den Schuldendeckel nach dem Stabilitätsgesetz anzuwenden. Das wäre ein, wenn auch für sich allein noch unzureichender, aber trotzdem richtiger Schritt in der richtigen Richtung. Aber selbst diese Entscheidung ist in der vorigen Woche auf den Mai vertagt worden, vielleicht auch deshalb, weil die Bundesausgaben bei Anwendung des Grundsatzes, daß die Verschuldung nicht höher sein darf als im Ist-Ergebnis des Vorjahres, um fast 1 Milliarde DM gekürzt werden müßten.
    Herr Kollege Lambsdorff, Sie haben mich vorhin angesprochen. Sie haben noch vor einigen Wochen im Saarländischen Rundfunk bemerkt, daß das erwähnte 15-Punkte-Programm zur Wiedergewinnung der Stabilität eine Art weißer Salbe im Wahlkampf gewesen sei. Das war doch das Stabilitätsprogramm, mit dem die Bundesregierung von damals und die SPD lautstark durchs Land gezogen sind, um die Ehrlichkeit und Wirksamkeit ihrer Stabilitätsbemühungen nachzuweisen.
    Ich muß auch wirklich noch einmal die hier ja nicht zum erstenmal gestellte Frage ansprechen, warum man denn — der Bundeskanzler hat noch in seiner Rede vor dem Bundesverband der Deutschen Industrie auf das fortschrittliche, moderne Instrumentarium des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes hingewiesen und gesagt: Dieses Gesetz steht uns zur Verfügung von diesem Gesetz zur Dämpfung der Inflation bis jetzt noch keinen Gebrauch gemacht hat. Wenn man glaubt, keinen Gebrauch von ihm machen zu können — aus den Gründen, die in einer vorhergehenden Debatte hier genannt worden sind , dann muß man dieses Gesetz so ändern, daß es politisch anwendbar ist. Es ist ein Unfug, ein Stabilitätsgesetz mit sich herumzuschleppen, bei stark steigender Inflation immer stolz auf dieses Gesetz als Geheimwaffe hinzuweisen und dann niemals von ihm Gebrauch zu machen mit der Begründung, das sei aus politischen Gründen nicht möglich. Das ist eine Inkonsequenz, die nicht fortgesetzt werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wie steht es denn mit der Verbesserung der Lebensqualität durch diesen Haushalt? Bei den vielzitierten Reformen, die von dieser Koalition und der Bundesregierung versprochen worden sind, handelt es sich doch — auch nach Ihren Worten, Herr Kollege Alex Möller — insbesondere um Investitionen, mit denen wir wieder Anschluß an die private Wohlstandsentwicklung gewinnen müssen, ohne die in Zukunft ein höherer Lebensstandard der Barger unseres Landes einfach nicht mehr möglich ist.
    Die Wirklichkeit in dem jetzt vorliegenden neuen Finanzplan bis zum Jahre 1976 sieht aber ganz anders aus. Nach diesem Regierungsprogramm ist geplant, beim Bund den Anteil der Investitionsausgaben an den Gesamtausgaben Jahr für Jahr kontinuierlich sinken zu lassen: von 13,4 % im Jahre 1972 auf 15,2 % im Jahre 1976. Der noch verbleibende Anstieg der Investitionsausgaben, der mit 4,7 % für 1973 gegenüber 1972 noch nicht einmal die Hälfte des Zuwachses der Gesamtausgaben erreicht, außerdem noch der Kaufkraftentwertung durch anhaltende Inflation unterliegt, reicht doch nicht einmal aus, um vorhandene Leistungen zu erhalten, geschweige denn neue Leistungen in Angriff zu nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir müssen doch von einem Bundesfinanzminister in einer Haushaltsrede erwarten, daß er einmal sagt, wie hier Theorie und Wirklichkeit aussehen. Es gibt doch eine Bildungsplanung, über die unterschiedlich hohe Zahlen veröffentlicht werden; aber alle bewegen sich in astronomischen Größenordnungen, und die Bildungspolitiker der Regierungskoalition brüsten sich mit diesen großen, kostenwirksamen und finanzvoluminösen Ausgaben. Es gibt ein 15-Jahre-
    Straßenbauprogramm der Bundesregierung. Geben Sie doch zu, daß das zu einem Märchenbuch geworden ist, dem gegenüber Grimms Märchen noch eine hohe Aussicht auf Verwirklichung haben!

    (Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir müssen doch, da wir nicht den Apparat haben, das im einzelnen nachrechnen zu können, von dem dafür zuständigen Minister der Regierung erwarten, daß er uns sagt, wie die wirtschaftliche Entwicklung, die finanzielle Entwicklung, einerseits und die Erfüllung der regierungsamtlichen Versprechungen — Bildungsplanung, Umweltschutz, Straßenbau — andererseits sich zueinander verhalten. Bei den Zuwachsraten werden zudem meistens noch heterogene Dinge zusammengepackt. Da heißt es dann: Steigerung der Verkehrsausgaben. Das bedeutet aber doch nicht Steigerung der Ausgaben für den Straßenbau; die bleiben nominal gleich, werden in der Kaufkraft real geringer. Für den Nahverkehr in den Gemeinden geschieht nicht mehr, als ohnehin vorgesehen war. Das andere geht in das inflationäre Defizit-Loch der Bundesbahn mit den Milliarden-Beträgen hinein, die im Haushalt 1972 wahrscheinlich noch zu niedrig angesetzt sind. Darüber wollen wir doch einmal die Wahrheit hören. Wir sind ja bereit, gemeinsame Verantwortung zu tragen. Aber gemeinsame Verantwortung setzt eine Bestandsaufnahme, setzt Kassensturz und den Offenbarungseid voraus, damit man in der Offentlichkeit dann einmal weiß, worum es geht, und hier nicht weiter ein Schatten- und Gespensterboxen durchführt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Zu dem, was die Länder zu erklären haben, wird sicherlich Ministerpräsident Stoltenberg im Laufe der Debatte einiges zu sagen haben.

    (Zurufe von der SPD.)

    Ich nehme es jedenfalls an, da der Herr Bundesfinanzminister ihn und Herrn Filbinger hier in ungewöhnlicher Weise besonders angegriffen hat.

    (Zuruf von der SPD: Wo ist er denn?)




    Strauß
    Aber ist denn Ministerpräsident Kühn bescheidener mit seinen Forderungen? Ist er bescheidener mit seinen Zuwachsraten?

    (Zuruf von der CDU/CSU: 21 %! — Weitere Zurufe.)

    Hat er nicht 1973 eine Zuwachsrate von über 20 %? Verlangt er nicht 42 % Anteil an der Umsatzsteuer für die Länder? Man soll doch nicht so tun, als wäre das ein CDU/CSU-Problem!

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Die Länder als die Träger der großen Investitionen und als die Finanziers der von der Bundesregierung zu ihrem Ruhme und zur Verbesserung der Lebensqualität verkündeten Reformen sowie die Gemeinden als die Träger der Personalkörper sind doch die Opfer dieser Situation geworden und schreien deshalb entweder nach Kürzung der Programme oder nach Verbesserung ihrer Finanzausstattung. Das sollte man hier einmal zugeben!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Eines, Herr Bundesfinanzminister, wird Ihnen
    nicht so leicht hinausgehen, wie Sie es hier mit leichter Hand, zwischen den Zahlen hintergründig versteckt, im Untergrunde grollend und drohend, was Sie zum Teil auch noch charmant tun können, offensichtlich vorhaben, nämlich wenn die Länder mehr Geld haben wollen, zu sagen: aus der heutigen Finanzmasse des Bundes ist das nicht möglich. Das ist die Ankündigung der nächsten Steuererhöhungswelle für das Jahr 1974.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die gleiche Regierung, die 1969 ausgezogen ist und Steuersenkungen versprochen hat, hat die erste große Steuerwelle im Jahre 1972 durchgeführt, hat die zweite im Jahre 1973 eben in Angriff genommen und hat die dritte bereits angekündigt, weil sonst die Länder nicht in der Lage sein werden, ihre finanziellen Erfordernisse zu erfüllen. So geht das in diesem Staate nicht weiter! Hier muß einmal in vollem Umfange die Wahrheit über das, was Sie vorhaben, auf den Tisch gelegt werden!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Bis jetzt sind durch die Steuererhöhungen nicht wachsende Staatsleistungen finanziert worden, sondern es sind damit die Folgen der Inflation im großen und ganzen ausgeglichen worden. Auch das ist ein Stück bitterer Wahrheit, das man besser zugeben sollte.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir machen nicht in Panik.

    (Zurufe von der SPD.)

    Wir nehmen nicht Begriffe in den Mund, die nicht durch die Tatsachen gerechtfertigt sind. Aber wir "haben es auch satt, daß wir immer nur Unwahrheiten oder halbe Wahrheiten bekommen und daß die Herren in den Ämtern die richtigen Wahrheiten im Herzen oder im Hirn tragen, aber glauben, die Öffentlichkeit sei noch nicht lange genug vorbereitet, um mit den neuen Wahrheiten — sei es auf
    dem Gebiet der Wirtschaft und der Finanzen, sei es in der Außenpolitik — vertraut gemacht werden zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie haben als Leistung erwähnt, daß der Haushalt auf 120 Milliarden DM begrenzt worden ist. Aber das ist doch mit Methoden geschehen, die außerordentlich fragwürdig sind. Es stimmt doch nicht, daß der Zuwachs nur 9,5 °/o beträgt. Wenn Sie die Zuschüsse an die Rentenversicherungsträger hinzurechnen, wenn Sie die anderen Schattenhaushalte hinzurechnen, dann sind es 14 bis 15 °/o. Und Sie können sich das nur leisten, weil die Beitragszahler für die Rentenversicherung seit dem 1. Januar mit 1 °/o mehr zur Kasse gebeten werden und Sie damit in der Lage sind, sich selber Ihre Verpflichtungen bis zum Jahre 1981 zinslos zu stunden.

    (Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Das ist doch vor Jahren beschlossen worden!)

    Herr Kollege Schmidt, Sie haben ja die Hände in vieler Leute Taschen. Natürlich, das gehört zu Ihrem Berufe. Das haben Sie auch mit den Bankiers gemeinsam,

    (Zurufe von der SPD)

    nur daß die Bankiers das Geld wieder zurückzahlen müssen, und Sie brauchen es nicht zurückzuzahlen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. Zurufe von der SPD.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, haben Sie die Absicht, in den folgenden Jahren, auch wenn es in der Finanzplanung nicht steht, vielleicht zu dem gleichen Mittel der Finanzierung zu greifen, oder sind Sie in der Lage, hier ein definitives Nein mit der Begründung zu sagen, das sei eine einmalige Ausnahme, die nicht mehr erfolgen dürfe?

    (Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]: Wie haben Sie es denn gemacht? Sie haben es ganz gestrichen!)

    Sehr verehrter Herr Schäfer, ich habe im Jahre 1967 unter massiver Kritik des Rechnungshofes zum letzten Mal Schuldscheine an die Rentenversicherungsträger gegeben, und die sind verzinst worden, wenn auch nicht sehr hoch. Aber Sie erlassen sich jetzt ihre eigenen Schulden gegenüber den Rentenversicherungsträgern, und das auch noch zinslos.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Rawe: Genau das ist der Unterschied! Aber davon versteht Herr Schäfer nichts!)

    Und wenn Sie es schon hören wollen, darf ich Ihnen auch noch eines dazu sagen: Es ist abgeschmackt — um nicht das Wort „schäbig" zu nehmen —, wenn gemeinsame Beschlüsse der Großen Koalition, die seinerzeit zum Teil von Ihrer Seite vorgeschlagen worden sind zum Teil auch von uns , in der Öffentlichkeit jetzt so behandelt werden, als hätte damals die CDU/CSU allein diese Maßnahmen zu Lasten der sozial Schwächeren durchgeführt. Das war Gemeinschaftsarbeit der Großen Koalition.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Strauß
    Sich daraus fortzustehlen ist ebenso wahrheitswidrig wie in der Methode schäbig. Unterlassen Sie das bitte in Zukunft!

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Lassen Sie mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, im letzten Teil meiner Ausführungen zu Ihrer Beruhigung

    (Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]) noch einige grundsätzliche Bemerkungen machen.

    Herr Kollege Schmidt hat wiederholt erklärt, eine baldige Reform des Weltwährungssystems sei dringend nötig; sie hänge allerdings von einer Tendenzwende im internationalen Vertrauen zum US-Dollar ab. Das ist eine unzulässige Vereinfachung, Herr Kollege Schmidt. Das ist natürlich richtig. Aber von einem Finanzminister muß man erwarten, daß er danach in die Tiefe der Probleme geht. Denn warum leidet der Dollar an zu wenig Glaubwürdigkeit oder Vertrauen?! Er leidet darunter nicht zuletzt deshalb, weil sich innerhalb von zehn Jahren die Handelsbilanz der Amerikaner von 6,5 Milliarden Dollar aktiv auf 6,5 Milliarden Dollar passiv entwickelt hat.
    Hier müßte ich angesichts Ihrer erweiterten Zuständigkeit gerade von Ihnen erwarten, daß Sie einmal den Zusammenhang der Probleme zwischen der Reform des Weltwährungssystems, handelspolitischem Arrangement und verteidigungspolitischen Konsequenzen offen darlegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Natürlich müssen die Interessen der Industriestaaten, der Entwicklungsländer, Japans, der USA und Europas in einen von konstruktiver Partnerschaft getragenen Geist auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden! Natürlich haben Sie recht, wenn Sie sagen, eine politische Kontinentaldrift zwischen den USA und den Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft könnte auf die Dauer für alle verhängnisvolle Folgen haben. Ich möchte Ihnen für diesen Satz ausdrücklich danken

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und hinzufügen, daß wir voll hinter diesem Satz stehen. Allerdings möchten wir Sie bitten, aus diesem Satz dann auch in der Praxis der Politik der Bundesregierung die Konsequenzen zu ziehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wo immer man mit führenden Amerikanern zusammentrifft, ist die Rede von der antiamerikanischen Kampagne in der Bundesrepublik sowie von dem wachsenden antideutschen Ressentiment in den den Vereinigten Staaten von Amerika.

    (Zuruf von der SPD.)

    Auch ein Parlament ist dafür da, diese Dinge offen anzusprechen. Denn die Gründe für das wachsende antideutsche Ressentiment in den USA werden nicht durch amerikanische Pflichtübungen

    (Zuruf von der SPD)

    des Lobes für die Politik dieser Bundesregierung aus der Welt geschafft. Was sind die Gründe für dieses Ressentiment?

    (Zuruf von der SPD: Strauß!)

    Ich möchte hier, aus Gründen, die selbstverständlich sind, nicht die Namen der Gesprächspartner nennen, aber in diesem Zusammenhang wird uns Ihre Rede, Herr Kollege Schmidt, genannt, die Sie in den USA gehalten haben,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    in der Sie seinerzeit dem amerikanischen Bündnispartner in aufdringlicher Form — vom Adressaten gar nicht gewünscht, und von ihm auch gar nicht benötigt — als „guter Freund" moralische Belehrungen haben zuteil werden lassen, die dann noch im Bulletin regierungsamtlich übernommen und veröffentlicht wurden.
    Weiter werden in diesem Zusammenhang auch die aggressiven Reden eines SPD-Oberbürgermeisters, nämlich des Herrn Arndt von Frankfurt, erwähnt, der damals in schärfster Agitation gegen die Amerikaner sicherlich auch aus innerparteilichen Gründen — einen unübersehbaren Vertrauensschaden angerichtet hat.
    Es ist die Rede von den antiamerikanischen Gemeinschaftsdemonstrationen junger Sozialisten und Kommunisten in diesem Lande.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist die Rede von den Ausdrücken, die hier fallen: von den Kriegsverbrechen der Amerikaner und vom Kriegsverbrecher Nixon.

    (Abg. Wehner: Das haben Sie wohl gestern schon geschrieben, Herr Strauß!)

    Es ist die Rede von den Jungsozialisten mit ihrer Tendenz zur Neutralisierung Europas,

    (Abg. Wehner: Den Besuch reden Sie nicht mehr weg!)

    zum Abzug der amerikanischen Truppen, zur Auflösung der Atlantischen Allianz. Das sind die Gründe, die drüben wie ein unterirdisch wirkendes Gift allmählich die Vertrauensgrundlage zu zerstören geeignet sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Wehner.)

    —Wenn Sie es schon wünschen, dann sage ich es, wenn auch die Reaktion noch gering ist, auch dazu: nämlich das, was als Bahr-Plan demnächst in „Orbis" erscheinen wird und im Vorabdruck in Teilen der deutschen Presse zu vernehmen war. Wissen Sie, wo Rauch ist, muß auch Feuer sein, und wo so viel Rauch ist wie im Falle Bahr, ist sicherlich auch ein Feuer darunter. Die Gedankengänge, die hier veröffentlicht worden sind, die hat Professor Hahn bestimmt nicht erfunden oder erphantasiert.

    (Abg. Wehner: Sie feiner Herr reden über einen wegen Krankheit Abwesenden!)

    Das ist „Made by Egon Bahr", was hier zu lesen war,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    das ist „Made in Germany".

    (Abg. Wehner: Das ist die alte Planspielerei des Auswärtigen Amts!)




    Strauß
    Wenn sich Herr Hahn verhört haben sollte, was er ausdrücklich verneint hat —

    (Abg. Wehner: Ach so!)

    er ist bereit, zu seinem Artikel zu stehen — —

    (Abg. Wehner: Sie decken ihn schon ab, ehe seine Blöße klar sichtbar wird!)

    — Ich decke ihn nicht ab, ich sage nur, wenn er die Wahrheit gesagt hat, ist das erschreckend.

    (Abg. Wehner: Der Hahn braucht keinen Strauß, hören Sie mal, der hat einen Geflügelhof! — Heiterkeit bei der SPD.)

    — Herr Bahr braucht Herrn Hahn, nicht ich brauche Herrn Hahn, und Herr Hahn braucht nicht mich.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Wehner sowie weitere Zurufe von der SPD und Gegenrufe von der CDU/CSU.)

    — Ach, Herr Wehner, wie empfindlich müssen Sie getroffen sein, welcher Nerv ist jetzt bei Ihnen angesprochen,

    (lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    daß Sie wieder die Maske fallenlassen, daß Sie wieder in Ihre rüdesten Zeit zurückfallen.

    (Zuruf des Abg. Rawe.)

    Aber wenn immerhin von einer offiziösen Stelle ein solcher Plan

    (Abg. Wehner: Notizen! — Gegenrufe von der CDU/CSU. Abg. Wehner: Sie sind der Rüde! — Abg. Rawe: Typisch Wehner, jetzt bellt er wieder!)

    als Vorschlag eines heutigen Bundesministers, der damals schon in verantwortlicher außenpolitischer Position war, veröffentlicht wird, wären wir doch eine miserable Opposition, wenn wir darauf nicht zu sprechen kämen und Klärung verlangten.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Sehr schwach!)

    Herr Bundeskanzler, es genügt auch nicht immer , den Dementierer vom Dienst, einmal Herrn von Wechmar, ein anderes Mal Herrn Grünewald, vorzuschicken. Wenn die SPD in Nürnberg das Denkmal der Mauer, das damals die demokratischen Parteien gemeinsam errichtet haben, einreißen läßt mit der Begründung, es passe nicht mehr in die heutige vom Grundvertrag geprägte Landschaft,

    (Pfui-Rufe bei der CDU/CSU)

    und Demonstranten gegen diese Maßnahme mit Polizeigewalt entfernt werden, Demonstranten der Jungen Union, die bei 'dem geblieben sind, was wir uns damals gemeinsam geschworen haben, wenn das die Freiheit in unserem Lande ist, wenn das mehr Demokratie ist, gehen wir 'allerdings schönen Zeiten entgegen, wenn das so weitergeht.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Haase [Kassel].)

    Es genügt nicht, daß einer Ihrer Sprecher erklärt, die
    Bundesregierung distanziere sich von dem Akt der
    Entfernung dieses Denkmals. Es gibt auch einen innerparteilichen Weg, um diesen empörenden Vorgang wiedergutzumachen und in Ordnung zu bringen. Wir glauben Ihnen Ihr Dementi erst, wenn die Nürnberger SPD bereit ist, das Denkmal mit uns gemeinsam wieder da zu errichten, wo es über zehn Jahre gestanden hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Wehner.)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter Strauß, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Bitte sehr!