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    Deutscher Bundestag 20. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 Inhalt: Beratung des Jahresgutachtens 1972 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 7/2) in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1973 der Bundesregierung (Drucksache 7/225) Dr. Friderichs, Bundesminister (BMW) 903 B Dr. Narjes (CDU/CSU) 909 D Brandt, Bundeskanzler 917 D Strauß (CDU/CSU) 920 A Dr. Ehrenberg (SPD) 924 B Dr. Graf Lambsdorff (FDP) . . . 929 D Dr. Zeitel (CDU/CSU) 936 A Dr. Schachtschabel (SPD) . . . . 969 B Kirst (FDP) 973 B Schmidt, Bundesminister (BMF) . 977 A Pieroth (CDU/CSU) 980 A Rapp (Göppingen) (SPD) . . . . 984 D Dr. Warnke (CDU/CSU) 987 C Dr. Lauritzen, Bundesminister (BMV) 990 D Dr. Wendig (FDP) 992 B Höcherl (CDU/CSU) 994 A Vogt (CDU/CSU) 995 D Gewandt (CDU/CSU) 996 B Wurbs (FDP) . . . . . . . . 998 B Fragestunde (Drucksache 7/296) Frage A 1 des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) : Antwort des Bundesministers Eppler auf die Aufforderung, Demonstrationen gegen den Extremistenerlaß zu organisieren Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . 941 D, 942 A, B, C Pfeifer (CDU/CSU) 942 A Frau Däubler-Gmelin (SPD) . . . 942 B Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . 942 B von Hassel, Vizepräsident . . . 942 C Reddemann (CDU/CSU) 942 C Fragen A 2 und 3 des Abg. Seiters (CDU/ CSU) : Erklärung des Bundesministers Bahr im Deutschlandfunk am 25. Februar 1973 und Abdruck im Bulletin Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . 942 D, 943 B, C Seiters (CDU/CSU) 943 A Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 943 B Mick (CDU/CSU) 943 C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 Frage A 4 des Abg. Reddemann (CDU/ CSU) : Vereinbarkeit des „Journalistenerlasses" der DDR-Regierung mit den zwischen dieser und der Bundesregierung abgeschlossenen Abmachungen Freiherr von Wechmar, Staatssekretär (BPA) . 943 C, 944 B, D, 945 A, C, D, 946 A, B, C, D, 947 A, B, C Reddemann (CDU/CSU) 944 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 944 C von Hassel, Vizepräsident . . . 944 D Dr. Marx (CDU/CSU) 945 A Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) . 945 A Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) . 945 B Wohlrabe (CDU/CSU) 945 B Dr. Abelein (CDU/CSU) 945 D Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 945 D Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . . . 946 A Dr. Kreutzmann (SPD) 946 B Dr. Slotta (SPD) . . . . . . . 946 C Pfeffermann (CDU/CSU) 946 D Eilers (Wilhelmshaven) (CDU/CSU) 947 A Baier (CDU/CSU) 947 A Seiters (CDU/CSU) 947 B Dr. Schmude (SPD) 947 C Frage A 119 des Abg. Saxowski (SPD) : Einfuhr von Düngemitteln aus den drei neuen EWG-Mitgliedsländern Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 947 D Frage A 121 des Abg. Dr. Waffenschmidt (CDU/CSU) : Vereinbarkeit der letzten steuer- und finanzpolitischen Beschlüsse der Bundesregierung mit den Erklärungen der Bundesregierung zur Chancengleichheit in den einzelnen Bereichen der Bundesrepublik Deutschland Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 948 A, C, D, 949 A, B, C Dr. Waffenschmidt (CDU/CSU) . 948 B, D Dr. Jobst (CDU/CSU) 948 D Eilers (Wilhelmshaven) (CDU/CSU) 949 A Dr. Warnke (CDU/CSU) 949 B Milz (CDU/CSU) 949 C Frage A 122 des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Kürzung der Investitionszulage und Aufstockung der Investitionszuschüsse aus Mitteln des regionalen Aktionsprogramms Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 949 C, D, 950 A, B Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . . 949 D, 950 A Dr. Warnke (CDU/CSU) 950 A Fragen A 123 und 124 des Abg. Eilers (Wilhelmshaven) (CDU/CSU) : Pressemeldungen betr. Verteuerung des Haushaltsstromes und des leichten Heizöls Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 950 B, C, D, 951 A, B, C, D, 952 A Eilers (Wilhelmshaven) (CDU/CSU) 950 C, D, 951 B, C Wolfram (SPD) . . . . . 950 D, 951 D Brück (SPD) 951 D Dr. Warnke (CDU/CSU) 952 A Frage A 130 der Abg. Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) : Ausschluß der über 60jährigen Selbständigen von der Sondervorschrift des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes zur Anrechnung von beitragslosen Zeiten Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) . 952 C Frage A 133 des Abg. Rawe (CDU/CSU) : Änderungsbedürftigkeit der rentenversicherungsrechtlichen Regelung betr. Wiederaufleben des Anspruchs auf Witwen- oder Witwerrente Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) 952 D, 953 B Rawe (CDU/CSU) 953 B Fragen A 134 und 135 der Abg. Frau Däubler-Gmelin (SPD) : Sachverständigenkommission zur Erstellung eines Arbeitsgesetzbuchs Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) . 953 C Frau Däubler-Gmelin (SPD) . . . . 954 B Fragen A 136 und 139 der Abg. Maucher und Dr. Jenninger (CDU/CSU) : Nachteile für Kriegerwitwen durch das Absinken oder Fortfallen des Schadensausgleichsbetrages Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) . 954 B, C, D Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 954 D Weitere Abwicklung der Tagesordnung . 952 B, 954 D, 955 A Baron von Wrangel (CDU/CSU) (zur GO) 955 A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 III Wahl der Mitglieder kraft Wahl des Richterwahlausschusses (Drucksache 7/202 [neu]) in Verbindung mit Wahl der Wahlmänner (Drucksache 7/203 [neu]) von Hassel, Vizepräsident . . . 955 A Ergebnis 968 C Aktuelle Stunde „Journalistenerlaß" der DDR Dr. Abelein (CDU/CSU) . . . . . 956 A Dr. Kreutzmann (SPD) 957 A Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . . 958 A Franke, Bundesminister (BMB) 959 A, 961 A Frau Funcke, Vizepräsident . . . 961 A Hoppe (FDP) 961 B Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) . 962 A Dr. Geßner (SPD) . . . . . . 963 A Flach (FDP) 9G4 A Kunz (Berlin) (CDU/CSU) . . . 964 D Mattick (SPD) 965 C Dr. Gradl (CDU/CSU) 966 B Wehner (SPD) . . . . . . . 967 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 1001 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1003* A Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Fragen A 89 und 90 — Drucksache 7/296 — des Abg. Picard (CDU/CSU) betr. Einrichtung kostenfreier Notrufstellen an öffentlichen Münzfernsprechern . . . . . . . . 1003* B Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl (BMJ) auf die Fragen A 93 und 94 — Drucksache 7/296 — des Abg. Dr. Eyrich (CDU/CSU) betr. Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte — Erhöhung der Gebühren . . . 1003* D Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Fragen A 137 und 138 — Drucksache 7/296 — des Abg. Nordlohne (CDU/CSU) betr. Zahl der Anträge auf vorgezogenes Altersruhegeld in den Monaten Januar und Februar 1973 — Inanspruchnahmequote 1004* A Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage A 140 — Drucksache 7/296 — des Abg. Dr. Jenninger (CDU/ CSU) betr. vorgezogene Erhöhung der Kriegsopferrenten . . . . . . . . . 1004 * C Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (EMA) auf die Frage A 141 — Drucksache 7/296 — des Abg. Immer (SPD) betr. fachärztliche Versorgung der ländlichen Bevölkerung . . . . . . . . . . . . 1005* A Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage A 152 — Drucksache 7/296 — des Abg. Immer (SPD) betr. Belastung der Gemeinden durch die Auflagen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes . . . . . . . 1005* C Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Fragen A 153 und 154 — Drucksache 7/296 — des Abg. Zebisch (SPD) betr. Angaben im „Spiegel" über Kindesmißhandlungen 1005* D Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 166 — Drucksache 7/296 — des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Teilnahme von Ärzten aus der DDR an der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie 1006* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 903 20. Sitzung Bonn, den 15. März 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 17. 3. Adams * 17. 3. Dr. Aigner * 17. 3. Dr. Arndt (Berlin) * 17. 3. Dr. Artzinger * 17. 3. Dr. Bangemann * 17. 3. Behrendt * 16. 3. Blumenfeld * 17. 3. Dr. Burgbacher * 17. 3. Dr. Corterier * 17. 3. Dr. Dollinger * 17. 3. Dr. Erhard 16. 3. Fellermaier * 16. 3. Flämig * 17. 3. Frehsee * 16. 3. Dr. Früh * 17. 3. Gerlach (Emsland) * 17. 3. Härzschel 17. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) 17. 3. Kater * 17. 3. Dr. Klepsch * 17. 3. Krall * 17. 3. Lange * 17. 3. Lautenschlager * 17. 3. Frau Dr. Lepsius 7. 4. Dr. Lohmar 16. 3. Lücker * 17. 3. Dr. Martin 23. 3. Memmel * 17. 3. Mertes (Stuttgart) 17. 3. Müller (Mülheim) * 17. 3. Mursch (Soltau-Harburg) * 17. 3. Frau Dr. Orth * 17. 3. Rosenthal 17. 3. Schmidt (München) * 17. 3. Dr. Schulz (Berlin) * 17. 3. Schwabe * 17. 3. Dr. Schwörer * 17. 3. Seefeld* 16. 3. Springorum * 17. 3. Dr. Starke (Franken) * 17. 3. Walkhoff * 17. 3. Frau Dr. Walz * 16. 3. Frau Will-Feld 31. 3. Dr, Wittmann 16. 3. Wrede 24. 3. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 15. März 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Picard (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Fragen A 89 und 90) : Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht An wie vielen öffentlichen Münzfernsprechern, deren es rund 80 000 in Bundesgebiet geben soll, sind inzwischen kostenfreie Notrufstellen eingerichtet worden? Auf welche Weise will die Bundesregierung dafür sorgen, daß die Einrichtung kostenfreier Notrufstellen beschleunigt wird? Mit Notrufmeldern für den münzfreien Notruf sind inzwischen 524 öffentliche Münzfernsprecher ausgerüstet worden. Die Einrichtungen, die den münzfreien Notruf von öffentlichen Münzfernsprechern ermöglichen, sind Bestandteil des von der Deutschen Bundespost entwickelten neuen Notrufsystems. Um den Ländern die Einführung dieses Systems zu erleichtern, hat die Deutsche Bundespost im vorigen Jahr angeboten, die ihr dabei entstehenden Investitionskosten vorzufinanzieren und sie dann über laufende Gebühren zu amortisieren. Außerdem steht die Deutsche Bundespost in enger Verbindung mit dem Vorsitzenden der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder, die für Maßnahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, denen auch die Bereithaltung von Notrufanlagen zugeordnet werden muß, zuständig sind. Wegen der Bedeutung des Notrufs für eine Verbesserung des Rettungswesens hat auch der Herr Bundeskanzler bei seinem Gespräch am 23.2. 1973 mit den Herren Ministerpräsidenten der Länder dieses Problem erörtert und sich dabei für eine schnelle Einführung des neuen Notrufsystems eingesetzt. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 14. März 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Fragen A 93 und 94) : Beabsichtigt die Bundesregierung eine Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte in der Weise, daß eine Erhöhung der Gebühren vorgesehen wird? Ist die Bundesregierung in der Lage, bereits konkrete Angaben über eine evtl. derartige Änderung zu machen? Die Bundesregierung prüft zur Zeit noch, ob es geboten ist, die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung in der Weise zu ändern, daß eine Erhöhung der Gebühren vorgenommen wird. An dieser Untersuchung sind der Deutsche Anwaltsverein, andere Ressorts, das Statistische Bundesamt sowie die Landesjustizverwaltungen beteiligt. Da diese Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, kann ich Ihnen auch noch keine konkrete Angabe darüber machen, ob und in welcher Weise eine Gebührenerhöhung vorgenommen werden wird. Eine Gebührenerhöhung beabsichtigen wir mit dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts, das demnächst den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden wird, vorzunehmen. Es ist vorgesehen, den Betrag von 3 000 DM in § 8 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, § 14 des Gerichtskostengesetzes und § 30 der Kostenordnung, der vor allem für die nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten Bedeutung hat, auf 4 000 DM zu erhöhen. Hieraus ergeben sich auch höhere Anwaltsgebühren. 1004* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 15. März 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Nordlohne (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Fragen A 137 und 138) : Wie hoch ist die Zahl der Anträge auf vorgezogenes Altersruhegeld nach dem derzeit geltenden Recht bei voller Weiterbeschäftigung in den Monaten Januar und Februar 1973 gewesen, und zwar bei sämtlichen Landesversicherungsanstalten und bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte? Hält die Bundesregierung ihre im Zusammenhang mit der Beratung des Vierten Rentenversicherungsänderungsgesetzes im Bundestag am 19. Dezember 1972 gemachten Aussagen aufrecht, wonach die Inanspruchnahmequote statt 70 % bis zu 90 % aller anspruchsberechtigten Arbeitnehmer betragen werde und die gegenwärtige Regelung damit die langfristige finanzielle Solidität der Rentenversicherung gefährde? Nach Mitteilung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger ist für den Bereich der Arbeiterrentenversicherung noch nicht bekannt, wie hoch die Zahl der Anträge auf — wie Sie formulieren — vorgezogenes Altersruhegeld in den Monaten Januar und Februar 1973 gewesen ist. Ich gehe davon aus, daß Sie Ihre Frage auf Altersruhegelder beziehen, die nach dem Rentenreformgesetz im Rahmen der flexiblen Altersgrenze beantragt werden. Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger hat die ihm angeschlossenen 20 Landesversicherungs- und Sonderanstalten um Auskunft bis zum 16. März 1973 ersucht. Ich bitte um Ihr Verständnis dafür, daß ich vor Eingang der Stellungnahme des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger den ersten Teil Ihrer Frage nicht beantworten kann. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat folgende Zahlen mitgeteilt: 1. Im Monat Februar 1973 sind bei der BfA insgesamt 6 519 Anträge im Sinne Ihrer Fragestellung eingegangen, davon 275 Anträge von Bewerbern im Alter von 62 Jahren und 6 244 Anträge von Bewerbern im Alter von 63 bzw. 64 Jahren. 2. Die Antragseingänge des Monats Januar 1973 sind nicht gesondert erfaßt worden. Insgesamt sind im möglichen Antragszeitraum, also von Ende 1972 bis einschließlich Februar 1973, 23 466 Rentenanträge eingegangen, die unter Ihre Fragestellung fallen. Davon wurden 894 Anträge von Bewerbern im Alter von 62 Jahren gestellt — also Schwerbeschädigten und 22 572 Anträge von Versicherten im Alter von 63 und 64 Jahren. Im Hinblick auf die Kürze des Zeitraumes, der seit dem Inkrafttreten der flexiblen Altersgrenze verstrichen ist, kann eine auch nur einigermaßen zuverlässige Schätzung über den tatsächlichen Grad der Inanspruchnahme nicht vorgenommen werden. Dies um so weniger, als noch nicht die Angaben aller Träger der Rentenversicherung vorliegen. Ferner hat die Ablehnung des von der Regierungskoalition eingebrachten Entwurfs eines 4. Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes durch die Mehrheit im Bundesrat verhindert, die für die Beantwortung Ihrer Frage notwendige Stetigkeit des statistischen Bildes zu begünstigen. Deshalb kann der Vergleich der von Ihnen genannten Annahmen und tatsächlichem Verlauf zur Zeit noch nicht vorgenommen werden. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 15. März 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Frage A 140) : Warum beabsichtigt die Bundesregierung, die Kriegsopferrenten nicht wie die Sozialrenten schon zum 1. Juli 1973 um 11,35 % zu erhöhen? Die Bundesregierung hat Verständnis dafür, daß der Termin der Dynamisierung in der Kriegsopferversorgung die sozialpolitische Diskussion beschäftigt, und ist sich der damit verbundenen gesellschaftspolitischen Problematik bewußt. Die Frage einer vorgezogenen Anpassung in der Kriegsopferversorgung hat bereits bei der Rentenreform im Jahre 1972 eine Rolle im Hinblick auf die haushaltspolitischen Auswirkungen gespielt. Diese haushaltspolitischen Erwägungen haben auch heute ihr besonderes Gewicht. Ich darf dies anhand einiger Zahlen verdeutlichen: 1. Durch die Einführung der jährlichen Dynamisierung in der Kriegsopferversorgung haben sich gegenüber 1969 die Beschädigtenrenten bis heute um insgesamt 42 % und die Witwenrenten um insgesamt 53 % erhöht. Darüber hinausgehende Erhöhungen ergaben sich für eine Reihe von Fällen noch aus strukturellen Verbesserungen des Leistungsrechts. Das erforderte für den Bund Mehraufwendungen von 1970 bis 1973 von insgesamt 5,8 Milliarden DM. In der Geschichte der Kriegsopferversorgung hat es für die Kriegsbeschädigten und ihre Hinterbliebenen Leistungsverbesserungen in diesem Ausmaß in einem vergleichbaren früheren Zeitraum nicht gegeben. 2. In der laufenden Legislaturperiode ist eine noch stärkere Leistungsentwicklung zu erwarten, weil die Kriegsopferrenten sich im Durchschnitt jährlich um über 10 % erhöhen werden. Das erfordert allein für das Haushaltsjahr 1974 Mehraufwendungen für den Bund von rund 780 Millionen DM, im Laufe der mittelfristigen Finanzplanung für 1974 bis 1977 insgesamt rund 7 Milliarden DM. Der Kriegsopferhaushalt, der 1969 noch 5,9 Milliarden DM umfaßte, wird in diesem Jahre 8,3 Milliarden betragen und bis zum Jahre 1976 auf insgesamt 11,1 Milliarden DM angestiegen sein. 3. Eine auf den 1. Juli vorgezogene Anpassung in der Kriegsopferversorgung würde allein für das Jahr 1973 Mehraufwendungen des Bundes in Höhe von rund 350 Millionen DM erfordern. Für den gesamten Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahre 1976 wären es insgesamt 1,5 Milliarden DM. Ihre Frage kann also von mir nicht isoliert behandelt werden. Sie gehört in den Zusammenhang der Haushaltsberatungen und der Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung. Die Bundesregierung wird ihre Verantwortung gegenüber den Kriegsopfern auch in Zukunft beweisen. Sie wird auch weiterhin für eine sozial ge- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 1005* rechte Entwicklung des Kriegsopferrechts Sorge tragen und um eine ausgewogene Gestaltung des Leistungsrechts innerhalb unseres gesamten sozialen Sicherungssystems bemüht sein. Als ersten Schritt in diese Richtung hat die Bundesregierung in dem von ihr beschlossenen Entwurf eines 16. Rentenanpassungsgesetzes vorgesehen, ,daß die Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung jeweils für den Zeitraum von Juli bis Dezember anrechnungsfrei bleiben, so daß diese Rentenerhöhungen den Kriegsopfern voll zugute kommen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 14. März 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/296 Frage A 141): Welche Maßnahmen sind geplant, damit die fachärztliche Unterversorgung der ländlichen Bevölkerung auf Dauer beseitigt wird? Die von Ihnen angesprochene fachärztliche Versorgung der ländlichen Bevölkerung ist ein Teilaspekt des umfassenderen Problems der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung insbesondere in ländlichen Gebieten und Stadtrandgebieten. Für die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung der versicherten Bevölkerung — darauf möchte ich zunächst hinweisen — tragen die Kassenärztlichen Vereinigungen in den einzelnen Ländern die Verantwortung. Die Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung hat eine allgemeine Analyse über die ärztliche Versorgung in ländlichen Bereichen und in Stadtrandgebieten in der Bundesrepublik vorgenommen und zugleich auf die Maßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigungen (z. B. Umsatzgarantien, Darlehen, gezielte Niederlassungsberatung) zum Abbau von Schwierigkeiten hingewiesen. Zusätzlich unterstützen auch die Länder auf verschiedene Weise diese Bemühungen. Darüber hinaus ist die Bundesregierung bestrebt, durch finanzielle Maßnahmen die Niederlassung von Kassenärzten zu begünstigen. Wegen der Einzelheiten darf ich Sie, Herr Kollege, auf die ausführliche schriftliche Antwort der Bundesregierung vom 12. September 1972 auf eine Kleine Anfrage, die sich insbesondere mit der ärztlichen Versorgung in den Zonenrandgebieten befaßt hat, hinweisen (Drucksache VI/ 3787). Die Sachverständigenkommission hat inzwischen in einer Empfehlung Vorschläge zur Verbesserung der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung in ländlichen Gebieten und in Stadtrandgebieten unterbreitet. Diese Empfehlung ist auch veröffentlicht worden, um den für die Durchführung der kassenärztlichen Versorgung Verantwortlichen Anregungen zu intensiver Ausschöpfung des geltenden Rechts zu geben. Die Bundesregierung wird im übrigen in Zusammenarbeit mit den Ländern erörtern, welche weiteren Schritte unternommen werden können, um die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung auch langfristig zu gewährleisten. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 14. März 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/296 Frage A 152) : Welche Ursachen führen dazu, daß die Gemeinden durch die Auflagen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes stärker belastet werden als vor Inkrafttreten dieses Gesetzes, und wie sollen in Zukunft die Gemeinden davon entlastet werden? Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz haben der Bund ein Drittel, die Länder zwei Drittel des Gesamtaufwands zu tragen. Es obliegt den Ländern zu entscheiden, ob und in welcher Höhe sie die Gemeinden zur Finanzierung mit heranziehen. In den Bundesländern werden hierzu unterschiedliche gesetzliche Regelungen vorbereitet. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen werden die Gemeinden danach insgesamt jedoch nicht stärker belastet als bisher, sondern im Gegenteil entlastet. Dies schließt jedoch nicht aus, daß einzelne Gemeinden, die bisher gemessen am Landesdurchschnitt zu geringe oder keine Beträge für die Krankenhausversorgung ihrer Einwohner aufgebracht haben, in Zukunft zu höheren Zahlungen herangezogen werden. Eine solche Regelung führt zu einer gleichmäßigen Verteilung der Lasten und kann daher nicht als unzumutbare Härte angesehen werden. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 14. März 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/296 Fragen A 153 und 154) : Ist nach Auffassung der Bundesregierung die in einem Beitrag im Magazin „Der Spiegel" vom 5. März 1973 dargestellte Einschätzung von Experten, „daß alljährlich mindestens 30 000 Kinder schwer mißhandelt werden", zutreffend? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um Kindesmißhandlungen wirksam entgegenzutreten? Zu Frage A 153: Ich beantworte Ihre Fragen im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz. Nach den Aburteilungsstatistiken des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden sind in den Jahren 1954 bis 1971 jährlich durchschnittlich zwischen 300 und 400 Kindesmißhandlunqen nach § 223 b StGB abgeurteilt worden; davon haben jährlich zwischen 200 und 300 Verfahren zu Verurteilungen geführt. § ist StGB b 223 der Haupttatbestand gegen 223 b StGB t schwerwiegende Kindesmißhandlungen. Nach diesem Tatbestand werden die Obhutspflichtigen bestraft, die Kinder oder Jugendlichen quälen oder roh mißhandeln oder sonst an der Gesundheit schädigen. Daneben gibt es eine Reihe von Tatbeständen, die direkt oder indirekt auch dem Schutz von Kindern oder Jugendlichen dienen. Hervorzuheben ist hier neben den anderen Körperverletzungsdelikten der Tatbestand des § 170 d StGB, der Kinder gegen Gefährdung durch Vernachlässigung von Fürsorge- oder Erziehungspflichtigen schützt. 1006* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 Für 1967 und 1970 sind besondere Statistiken herausgegeben worden, die in umfassender Weise die Taten gegen Kinder ausweisen. Nach diesen Statistiken sind 1 084 (1967) bzw. 1 087 (1970) Männer und Frauen wegen Straftaten, bei denen Kinder Opfer waren, verurteilt worden (Sittlichkeitsdelikte sind ausgenommen). Die Frage, wie hoch die Dunkelziffer ist, ist in der kriminologischen Literatur vielfach erörtert worden. Eine Reihe von Autoren nennen im Zusammenhang mit § 223 b StGB, aber auch mit anderen dem Schutz des Kindes dienenden Tatbeständen, eine „Dunkelziffer" von 95 %. Ob diese in der Literatur bereits vor 10 Jahren genannte Zahl den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, ist schwer nachzuprüfen. Bei den angegebenen Zahlen handelt es sich um grobe Schätzungen, was sich schon daraus ergibt, daß die genannten Zahlen in der Literatur auf unterschiedliche Bezugspunkte zurückgreifen. Als Bezugspunkte werden genannt: Aburteilungen vor Gericht, strafrechtliche Verfolgung; zur Kenntnis der Behörden gelangte Fälle. Die vom „Spiegel" in der Ausgabe vom 5. März genannte Zahl von 30 000 Fällen hat als Bezugspunkt, von dem aus die theoretische Ziffer errechnet wurde, offensichtlich die Polizeiliche Kriminalstatistik von 1971, welche die zur Kenntnisnahme der Polizeibehörden gelangten Fälle nennt. Zu Frage A 154: Bereits in ihrer Antwort auf die Frage des Abgeordneten Dr. Haack in der Sitzung am 22. April 1970 hat die Bundesregierung ausgeführt, daß Kindesmißhandlungen in vielen Fällen nicht in der Persönlichkeitsstruktur des Elternteils, sondern in sozialen Notständen verschiedener Art begründet sind: Unzureichende Wohnverhältnisse, Doppelbelastung der Mutter durch Beruf und Kindererziehung und Störungen des Ehelebens. Ziel aller Maßnahmen muß dann die Behebung der sozialen Notlage oder die Wiederherstellung der gestörten Familienbeziehungen sein. Da unerwünschte Kinder die Hauptleittragenden unter den Opfern sind, ist eine vernünftige Familienplanung durch die Elternbildung zu unterstützen. Die Einrichtung von Kindertagesstätten muß in Fortsetzung der bisherigen Bemühungen noch stärker gefördert werden. Bei der Überwindung von Aggressionshaltungen kommt der Erziehungs- und Eheberatung eine bedeutende Rolle zu. Über den Stand der Erziehungsberatung hat die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage betr. die Situation der Jugendhilfe in der Bundesrepublik Deutschland eingehend am 22.2. 1972 — Drucksache VI/3175 — berichtet. Zahl und Leistungsfähigkeit der Erziehungsberatungsstellen sollten gesteigert und eine bessere regionale Streuung erreicht werden. Die obersten Landesjugendbehörden haben inzwischen Richtlinien für eine Neuordnung der Erziehungsberatung erarbeitet, die in Kürze verabschiedet werden soll. Im Rahmen der vorbeugenden Maßnahmen kommt es vor allem darauf an, das Verantwortungsbewußtsein der Öffentlichkeit wachzurufen. Hier liegen wichtige Aufgaben der Jugendämter und der Kinderschutzorganisationen, aber auch der Massenmedien. Wird das Wohl des Kindes durch die Eltern gefährdet, so kann das Vormundschaftsgericht nach § 1666 BGB eingreifen und erforderlichenfalls das Kind von den Eltern trennen. Eltern, die in dieser Hinsicht auffällig geworden sind, unterliegen der Kontrolle des Jugendamts und des Vormundschaftsgerichts. Der Bundesminister der Justiz hat entsprechend den Forderungen der Jugendhilfe in einem Entwurf zur Neuregelung des elterlichen Sorgerechts vorgesehen, das Eingreifen des Gerichts nicht mehr von der Feststellung eines schuldhaften Versagens der Eltern abhängig zu machen, wenn eine objektive Beeinträchtigung des Kindeswohls vorliegt. Die Möglichkeit des beschuldigten Elternteils und seines Ehegatten, die Wahrheitsfindung im Strafprozeß durch Verweigerung der Aussagegenehmigung für das Kind oder seiner körperlichen Untersuchung zu erschweren, soll nach den Vorschlägen des dem Parlament vorliegenden Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts — es handelt sich um die Bundesrats-Drucksache 117/73 — künftig beseitigt werden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 14. März 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Frage A 166) : Treffen Meldungen zu, wonach bei der Zweiten Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie in Bad Nauheim vom 15. bis 17. Februar 1973 die Teilnehmer der DDR geschlossen kurzfristig absagten, und ist die Bundesregierung bereit, bei der DDR vorstellig zu werden und den Grund für die geschlossene Absage zu erfragen? Laut Telegramm des 1. Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Prof. Rodewald, wurde den Ärzten aus der DDR keine Möglichkeit zur Teilnahme an der diesjährigen Jahrestagung in Bad Nauheim vom 15. bis 17. 2. 1973 gegeben. Die Absage erfolgte ohne Angabe von Gründen. Die Bundesregierung ist bereit, alle ihr gebotenen Möglichkeiten zu nutzen, um auch im Einzelfalle wie diesem zu der vereinbarten praktischen Zusammenarbeit zu gelangen und unerwartete Absagen für die Zukunft auszuschließen. Sie wird im Rahmen der nach Art. 7 des Grundvertrages vorgesehenen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Gesundheit bestrebt sein, auch die Frage der Teilnahme von Wissenschaftlern an Veranstaltungen im jeweiligen anderen deutschen Staat grundsätzlich zu regeln. Ich darf hierzu auf das Zusatzprotokoll zum Grundvertrag verweisen, in dem es unter Nr. 2 heißt: „Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik bekunden ihren Willen, zum beiderseitigen Nutzen die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wissenschaft und Technik zu entwikkeln und die hierzu erforderlichen Verträge abzuschließen."
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Zeitel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Wirtschaftsminister hat nicht zu Unrecht gesagt, wir sollten den Wirtschaftsbericht zum Anlaß einer etwas mehr grundsätzlich ausgerichteten Debatte nehmen. Lassen Sie mich wenigstens in einem Teilbereich, nämlich vornehmlich im Bereich der Finanz- und Steuerpolitik, einen solchen Versuch unternehmen.
    Dazu zunächst ein paar Vorbemerkungen. Das herausragendste Merkmal der gegenwärtigen wirtschaftlichen Entwicklung ist vielleicht, daß wir es nicht mit einem üblichen Konjunkturablauf zu tun haben, sondern mit einer Überlagerung von konjunkturellen und strukturellen tiefergreifenden Wandlungstendenzen. Die entscheidende Frage, die sich in dieser Situation stellt, lautet: wohin treibt — gewollt oder ungewollt — die Entwicklung in der Bundesrepublik, und wie steht es mit den öffentlichen Bekundungen der Regierung und den Realitäten in diesem Land?
    Ich kann an das anknüpfen, was Herr Kollege Strauß vorhin gesagt hat. Wenn man die Verlautbarungen der Regierungsvertreter hört und liest, muß man den Eindruck gewinnen, daß wir im wesentlichen forsch und natürlich progressiv von Problemlösung zu Problemlösung eilen, von Reform zu Reform, und daß, wo sich Flankeneinbrüche zeigen, diese in optimaler Weise begradigt werden. Es ist in einigen Bereichen heute bereits zu fragen, ob wir nicht laufend rückwärts begradigen statt nach vorn.
    Ich will hier nicht noch einmal auf technische Detailfragen der währungspolitischen Situation zurückkommen. Aber es ist doch einfach eine Vortäuschung falscher Tatsachen, zu glauben, daß die internationale Währungssituation mit diesen Maßnahmen auch nur annähernd bereinigt sei. So wie der nächste Winter, kommt die nächste Währungskrise. Und wir haben in unserem Lande noch immer keine zuverlässige, rechtzeitig aufgebaute Sicherung gegen mögliche Einbrüche. Wir werden wohl erst dannwieder etwas tun, wenn das Kind noch einmal in den Brunnen gefallen ist und noch einmal Milliarden hereingeströmt sind.

    (Abg. Matthöfer: Sagen Sie doch mal jetzt, was Sie machen wollen!)

    — Ich komme noch darauf, Herr Kollege Matthöfer. Die Standardformel — wir mäkelten nur herum und hätten keine Alternative — kennen wir. Ich werde noch darauf eingehen, warten Sie ein bißchen zu.
    Was ergibt eine nüchterne Analyse der gegenwärtigen Situation?
    Wir haben in der Konjunkturanalyse keine wesentlichen Differenzen mit ihnen. Wir anerkennen auch, lassen Sie mich das deutlich sagen, daß es gelungen ist, die Vollbeschäftigung zu sichern, und daß die Produktionskapazitäten gut ausgelastet sind. Auch diese Feststellung gehört zu einer nüchternen Analyse. Aber es muß ebenso deutlich festgestellt werden, daß trotz wiederholter Ankündigungen — wir erleben ja diese Ankündigung fast von Vierteljahr zu Vierteljahr erneut — die Preise nicht stabilisiert werden, sondern sich erneut Beschleunigungstendenzen bei der Verschlechterung des Geldwertes abzeichnen.
    Ebensowenig wie von einer Preisstabilisierung kann bis zur Stunde von einer befriedigenden Lösung der finanziellen Probleme gesprochen werden. Die Entwicklung läuft ebenfalls im Bereich der Einkommens- und Vermögensverteilung — und Sie legen ja großen Wert darauf, die soziale Optik zu wahren — eher in ungünstiger Richtung als in Richtung auf einen besseren Ausgleich von Einkommen und Vermögen. Wir werden das im Herbst noch deutlicher sehen, wenn die nächste Lohnrunde ansteht und die Probleme noch schwieriger werden. Nicht zuletzt aber werden Grundelemente einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung untergraben und in Frage gestellt; nicht von heute auf morgen, aber langsam und stetig.
    Wir verkennen ganz gewiß nicht, daß die entstandenen Schwierigkeiten zum Teil auf die zunehmende internationale Verflechtung und Integration der Bundesrepublik zurückzuführen sind; aber eben nur zum Teil. Es gibt eine Mitschuld der Regierung, die auf eine zureichende und rechtzeitige Flankentherapie verzichtet hat. Dies ist doch nicht zu leugnen, bis hin zur zu späten Schließung der Devisenbörsen.
    Gravierender sind freilich die Versäumnisse bei den binnenwirtschaftlichen Maßnahmen, insbesondere in der Finanzpolitik. Wir diskutieren hier das Gutachten des Sachverständigenrates. Es ist nicht Mäkelei der CDU, sondern desjenigen Gremiums, das von diesem Parlament eingesetzt ist. Der Sachverständigenrat hat eindeutig darauf hingewiesen — entgegen dem, was Sie dauernd in der Öffentlichkeit verkünden —, daß die Finanzpolitik inflationsfördernd und expansiv war. Das haben wir immer betont, und darum geht es.
    Entgegen dem, was Sie glauben machen wollen, ist der Anteil der öffentlichen Hand nicht größer geworden, sondern gleichgeblieben. Das ist doch das Fatale. Sie meinen — und wir stimmen Ihnen darin zu —, daß zur Lösung bestimmter Aufgaben viel-



    Dr. Zeitel
    leicht der Staatsanteil erhöht werden muß. Aber das schaffen wir auf diesem Wege, Herr Matthöfer, mit Sicherheit nicht.
    Auf dem finanzpolitischen Wege der Bundesregierung, jedenfalls dem, den sie bisher beschritten hat, wird keine großzügige Reformpolitik realisiert werden, sondern eher eine Deformationspolitik. Solange der Bund in seiner Finanzpolitik nicht ernstlich deutlichere Signale setzt, so schwer das auch sein mag, werden wir die Inflationsglut nicht eindämmen.
    Lassen Sie mich noch eine grundsätzliche Berner-kung zur Finanzpolitik machen, weil eine bestimmte falsche Argumentation ständig in der Öffentlichkeit wiederholt wird. Die Anpassung der öffentlichen Ausgabenerhöhung an die nominale Steigerungsrate des Sozialprodukts ist eben nicht konjunkturgerecht. Es bedeutet einen der zahlreichen die Öffentlichkeit irreführenden Relativierungsversuche der Regierung, wenn auf noch höhere Ausgabensteigerungen der Länder und Gemeinden hingewiesen wird. Lassen Sie mich auch sagen, daß man endlich aufhören soll, immer nur auf die CDU-regierten Länder hinzuweisen, so als ginge es nur um diese. Nordrhein-Westfalen wird, wenn ich richtig informiert bin, in diesem Jahr eine 18%ige Steigerungsrate des Haushalts vorlegen. Interessant ist, daß alle Länder und zum Teil auch die Gemeinden betroffen sind, und das ist eben nicht zufällig.

    (Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Das hat der Wirtschaftsminister gesagt!)

    Lassen Sie mich deutlich feststellen: Wenn eine konjunkturgerechte öffentliche Finanzpolitik betrieben werden soll, können die Länder und Gemeinden aus grundsätzlichen Erwägungen nicht den gleichen Beitrag dazu leisten wie der Bund.

    (Abg. Dr. Häfele: Sehr richtig!)

    Die Hauptverantwortung für eine konjunkturgerechte Gestaltung der Finanzpolitik hat der Bund. Wenn die Länder und die Gemeinden, die den wesentlichen Teil der zukunftsweisenden Investitionen durchzuführen haben, darüber hinausgehen, muß eben die Steigerungsrate des Bundeshaushalts unterproportional sein. Anders werden wir mit den Problemen nicht fertig werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Matthöfer: In jedem Einzelfall fordern Sie eine Erhöhung!)

    — Das steht im Augenblick nicht zur Debatte, Herr Matthöfer.

    (Lachen und Zurufe bei der SPD.) Ich bemühe mich, auf die Anregung


    (Abg. Matthöfer: Sie verbreiten nur allgemeine Wahrheiten!)

    — nein, nein — des Wirtschaftsministers einzugehen, der einige grundsätzliche Erwägungen hören will. Hier bin ich mit ihm einer Meinung.
    Es ist ebenso ein prinzipieller Trugschluß, die nicht zu leugnenden Schwierigkeiten einer konjunkturgerechten Finanzgestaltung dadurch umgehen zu wollen, daß der Bundesbank immer mehr Verantwortung zugeschoben wird. Das sieht fast so aus, als wolle man sagen: Wir können nicht, die Bundesbank muß ran. Und wenn es die Bundesbank dann nicht schafft, hat man ihr wenigstens den Schwarzen Peter zugeschoben. So sieht es doch in der Realität aus.

    (Abg. Dr. Wagner [Trier] : Sehr richtig!)

    Gerade die Ereignisse der letzten Wochen sind geeignet, darzutun, daß und warum die Geld- und Kreditpolitik nicht einseitig konjunkturpolitische Aufgaben zu erfüllen vermag. Zu Recht verweist die Notenbank auf die Notwendigkeit konstruktiver Maßnahmen bei der Haushaltsgestaltung. An dieser Notwendigkeit ändert sich auch dann nichts, wenn wir das notenbankpolitische Instrumentarium verbessern. Ich möchte davor warnen — lassen Sie mich das für unsere Seite hier zum Ausdruck bringen —, der Bundesbank bei der Verbesserung des Instrumentariums immer mehr bürokratische Verantwortung zuzuschieben. Wir könnten sonst eines Tages erleben, daß die Bundesbank damit zu einem Element eines ganz anderen, nämlich dirigistischen Staatsgefüges und Befehlsempfängers des Staates wird, was wir gewiß nicht wollen. Aber bestimmte instrumentale Änderungen können in diese Richtung gehen. Wir werden abzuwarten haben, ob die Entwicklung nicht dahin treibt.
    Nun hat die Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen insbesondere steuerlicher Art beschlossen, durch die die eingetretenen und sich vermehrt abzeichnenden konjunktur- und finanzpolitischen Schwierigkeiten überwunden werden sollen. Man wird dabei freilich kaum erwarten können, daß sich Unternehmer und Bürger in unserem Lande keine Inflationsmentalität zueignen, wenn die Regierung von der Projektion einer 6%igen Preissteigerung ausgeht. Die Leute können ja schließlich vor der Entwicklung nicht die Augen zumachen, sondern sie reagieren, und sie reagieren erstaunlich schnell.
    Die von dieser Regierung beschlossenen Maßnahmen sind bereits im Ansatz janusköpfig, da sie nicht nur — ich zitiere wörtlich — „die Gesamtnachfrage nach Verbrauchs- und Investitionsgütern dämpfen sollen, sondern ebenso einen Vorgriff auf notwendig werdende Einnahmeverbesserungen bedeuten". Sieht man etwas genauer hin, dominiert eindeutig das Ziel vermehrter Einnahmebeschaffung.
    Es kann doch ernstlich kaum bestritten werden, daß die Erhöhung der Mineralölsteuer nicht preisdämpfend, sondern inflationstreibend wirkt, unabhängig davon, ob thesauriert wird oder nicht. Ebenso vermag die Stabilitätsabgabe in der gegenwärtigen Konjunkturphase aus quantitativen und qualitativen Gründen keinen tendenzbestimmenden Beitrag zur Inflationsbekämpfung zu leisten. Während in weiten Unternehmungsbereichen Ausweichmöglichkeiten bestehen, die man doch nicht wegreden kann, sind die Maßnahmen etwa im Kreis der besonders betroffenen freiberuflich Tätigen, die nicht die gleichen Ausweichmöglichkeiten haben, doch wenig geeignet, den Verbrauch zu dämpfen. Sie gehen vielmehr im wesentlichen zu Lasten der Er-



    Dr. Zeitel
    sparnisbildung und wirken damit zinstreibend. Das gilt im Prinzip auch für die Stabilitätsanleihe.

    (Abg. Matthöfer: Nun sagen Sie doch einmal, was Sie machen wollen!)

    — Herr Matthöfer, warten Sie doch ab. Ich hatte es Ihnen angekündigt; infolgedessen werde ich auf die Alternativen noch eingehen.


Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ehrenberg?

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Bitte!