Rede:
ID0702000400

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 19
    1. Ich: 1
    2. danke: 1
    3. dem: 1
    4. Herrn: 1
    5. Bundesminister: 1
    6. für: 1
    7. Wirtschaft: 1
    8. und: 1
    9. eröffne: 1
    10. die: 1
    11. Aussprache.: 1
    12. —: 1
    13. Das: 1
    14. Wort: 1
    15. hat: 1
    16. Herr: 1
    17. Abgeordneter: 1
    18. Dr.: 1
    19. Narjes.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 20. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 Inhalt: Beratung des Jahresgutachtens 1972 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 7/2) in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1973 der Bundesregierung (Drucksache 7/225) Dr. Friderichs, Bundesminister (BMW) 903 B Dr. Narjes (CDU/CSU) 909 D Brandt, Bundeskanzler 917 D Strauß (CDU/CSU) 920 A Dr. Ehrenberg (SPD) 924 B Dr. Graf Lambsdorff (FDP) . . . 929 D Dr. Zeitel (CDU/CSU) 936 A Dr. Schachtschabel (SPD) . . . . 969 B Kirst (FDP) 973 B Schmidt, Bundesminister (BMF) . 977 A Pieroth (CDU/CSU) 980 A Rapp (Göppingen) (SPD) . . . . 984 D Dr. Warnke (CDU/CSU) 987 C Dr. Lauritzen, Bundesminister (BMV) 990 D Dr. Wendig (FDP) 992 B Höcherl (CDU/CSU) 994 A Vogt (CDU/CSU) 995 D Gewandt (CDU/CSU) 996 B Wurbs (FDP) . . . . . . . . 998 B Fragestunde (Drucksache 7/296) Frage A 1 des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) : Antwort des Bundesministers Eppler auf die Aufforderung, Demonstrationen gegen den Extremistenerlaß zu organisieren Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . 941 D, 942 A, B, C Pfeifer (CDU/CSU) 942 A Frau Däubler-Gmelin (SPD) . . . 942 B Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . 942 B von Hassel, Vizepräsident . . . 942 C Reddemann (CDU/CSU) 942 C Fragen A 2 und 3 des Abg. Seiters (CDU/ CSU) : Erklärung des Bundesministers Bahr im Deutschlandfunk am 25. Februar 1973 und Abdruck im Bulletin Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . 942 D, 943 B, C Seiters (CDU/CSU) 943 A Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 943 B Mick (CDU/CSU) 943 C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 Frage A 4 des Abg. Reddemann (CDU/ CSU) : Vereinbarkeit des „Journalistenerlasses" der DDR-Regierung mit den zwischen dieser und der Bundesregierung abgeschlossenen Abmachungen Freiherr von Wechmar, Staatssekretär (BPA) . 943 C, 944 B, D, 945 A, C, D, 946 A, B, C, D, 947 A, B, C Reddemann (CDU/CSU) 944 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 944 C von Hassel, Vizepräsident . . . 944 D Dr. Marx (CDU/CSU) 945 A Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) . 945 A Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) . 945 B Wohlrabe (CDU/CSU) 945 B Dr. Abelein (CDU/CSU) 945 D Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 945 D Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . . . 946 A Dr. Kreutzmann (SPD) 946 B Dr. Slotta (SPD) . . . . . . . 946 C Pfeffermann (CDU/CSU) 946 D Eilers (Wilhelmshaven) (CDU/CSU) 947 A Baier (CDU/CSU) 947 A Seiters (CDU/CSU) 947 B Dr. Schmude (SPD) 947 C Frage A 119 des Abg. Saxowski (SPD) : Einfuhr von Düngemitteln aus den drei neuen EWG-Mitgliedsländern Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 947 D Frage A 121 des Abg. Dr. Waffenschmidt (CDU/CSU) : Vereinbarkeit der letzten steuer- und finanzpolitischen Beschlüsse der Bundesregierung mit den Erklärungen der Bundesregierung zur Chancengleichheit in den einzelnen Bereichen der Bundesrepublik Deutschland Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 948 A, C, D, 949 A, B, C Dr. Waffenschmidt (CDU/CSU) . 948 B, D Dr. Jobst (CDU/CSU) 948 D Eilers (Wilhelmshaven) (CDU/CSU) 949 A Dr. Warnke (CDU/CSU) 949 B Milz (CDU/CSU) 949 C Frage A 122 des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Kürzung der Investitionszulage und Aufstockung der Investitionszuschüsse aus Mitteln des regionalen Aktionsprogramms Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 949 C, D, 950 A, B Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . . 949 D, 950 A Dr. Warnke (CDU/CSU) 950 A Fragen A 123 und 124 des Abg. Eilers (Wilhelmshaven) (CDU/CSU) : Pressemeldungen betr. Verteuerung des Haushaltsstromes und des leichten Heizöls Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 950 B, C, D, 951 A, B, C, D, 952 A Eilers (Wilhelmshaven) (CDU/CSU) 950 C, D, 951 B, C Wolfram (SPD) . . . . . 950 D, 951 D Brück (SPD) 951 D Dr. Warnke (CDU/CSU) 952 A Frage A 130 der Abg. Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) : Ausschluß der über 60jährigen Selbständigen von der Sondervorschrift des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes zur Anrechnung von beitragslosen Zeiten Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) . 952 C Frage A 133 des Abg. Rawe (CDU/CSU) : Änderungsbedürftigkeit der rentenversicherungsrechtlichen Regelung betr. Wiederaufleben des Anspruchs auf Witwen- oder Witwerrente Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) 952 D, 953 B Rawe (CDU/CSU) 953 B Fragen A 134 und 135 der Abg. Frau Däubler-Gmelin (SPD) : Sachverständigenkommission zur Erstellung eines Arbeitsgesetzbuchs Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) . 953 C Frau Däubler-Gmelin (SPD) . . . . 954 B Fragen A 136 und 139 der Abg. Maucher und Dr. Jenninger (CDU/CSU) : Nachteile für Kriegerwitwen durch das Absinken oder Fortfallen des Schadensausgleichsbetrages Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) . 954 B, C, D Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 954 D Weitere Abwicklung der Tagesordnung . 952 B, 954 D, 955 A Baron von Wrangel (CDU/CSU) (zur GO) 955 A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 III Wahl der Mitglieder kraft Wahl des Richterwahlausschusses (Drucksache 7/202 [neu]) in Verbindung mit Wahl der Wahlmänner (Drucksache 7/203 [neu]) von Hassel, Vizepräsident . . . 955 A Ergebnis 968 C Aktuelle Stunde „Journalistenerlaß" der DDR Dr. Abelein (CDU/CSU) . . . . . 956 A Dr. Kreutzmann (SPD) 957 A Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . . 958 A Franke, Bundesminister (BMB) 959 A, 961 A Frau Funcke, Vizepräsident . . . 961 A Hoppe (FDP) 961 B Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) . 962 A Dr. Geßner (SPD) . . . . . . 963 A Flach (FDP) 9G4 A Kunz (Berlin) (CDU/CSU) . . . 964 D Mattick (SPD) 965 C Dr. Gradl (CDU/CSU) 966 B Wehner (SPD) . . . . . . . 967 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 1001 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1003* A Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Fragen A 89 und 90 — Drucksache 7/296 — des Abg. Picard (CDU/CSU) betr. Einrichtung kostenfreier Notrufstellen an öffentlichen Münzfernsprechern . . . . . . . . 1003* B Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl (BMJ) auf die Fragen A 93 und 94 — Drucksache 7/296 — des Abg. Dr. Eyrich (CDU/CSU) betr. Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte — Erhöhung der Gebühren . . . 1003* D Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Fragen A 137 und 138 — Drucksache 7/296 — des Abg. Nordlohne (CDU/CSU) betr. Zahl der Anträge auf vorgezogenes Altersruhegeld in den Monaten Januar und Februar 1973 — Inanspruchnahmequote 1004* A Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage A 140 — Drucksache 7/296 — des Abg. Dr. Jenninger (CDU/ CSU) betr. vorgezogene Erhöhung der Kriegsopferrenten . . . . . . . . . 1004 * C Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (EMA) auf die Frage A 141 — Drucksache 7/296 — des Abg. Immer (SPD) betr. fachärztliche Versorgung der ländlichen Bevölkerung . . . . . . . . . . . . 1005* A Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage A 152 — Drucksache 7/296 — des Abg. Immer (SPD) betr. Belastung der Gemeinden durch die Auflagen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes . . . . . . . 1005* C Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Fragen A 153 und 154 — Drucksache 7/296 — des Abg. Zebisch (SPD) betr. Angaben im „Spiegel" über Kindesmißhandlungen 1005* D Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 166 — Drucksache 7/296 — des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Teilnahme von Ärzten aus der DDR an der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie 1006* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 903 20. Sitzung Bonn, den 15. März 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 17. 3. Adams * 17. 3. Dr. Aigner * 17. 3. Dr. Arndt (Berlin) * 17. 3. Dr. Artzinger * 17. 3. Dr. Bangemann * 17. 3. Behrendt * 16. 3. Blumenfeld * 17. 3. Dr. Burgbacher * 17. 3. Dr. Corterier * 17. 3. Dr. Dollinger * 17. 3. Dr. Erhard 16. 3. Fellermaier * 16. 3. Flämig * 17. 3. Frehsee * 16. 3. Dr. Früh * 17. 3. Gerlach (Emsland) * 17. 3. Härzschel 17. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) 17. 3. Kater * 17. 3. Dr. Klepsch * 17. 3. Krall * 17. 3. Lange * 17. 3. Lautenschlager * 17. 3. Frau Dr. Lepsius 7. 4. Dr. Lohmar 16. 3. Lücker * 17. 3. Dr. Martin 23. 3. Memmel * 17. 3. Mertes (Stuttgart) 17. 3. Müller (Mülheim) * 17. 3. Mursch (Soltau-Harburg) * 17. 3. Frau Dr. Orth * 17. 3. Rosenthal 17. 3. Schmidt (München) * 17. 3. Dr. Schulz (Berlin) * 17. 3. Schwabe * 17. 3. Dr. Schwörer * 17. 3. Seefeld* 16. 3. Springorum * 17. 3. Dr. Starke (Franken) * 17. 3. Walkhoff * 17. 3. Frau Dr. Walz * 16. 3. Frau Will-Feld 31. 3. Dr, Wittmann 16. 3. Wrede 24. 3. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 15. März 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Picard (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Fragen A 89 und 90) : Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht An wie vielen öffentlichen Münzfernsprechern, deren es rund 80 000 in Bundesgebiet geben soll, sind inzwischen kostenfreie Notrufstellen eingerichtet worden? Auf welche Weise will die Bundesregierung dafür sorgen, daß die Einrichtung kostenfreier Notrufstellen beschleunigt wird? Mit Notrufmeldern für den münzfreien Notruf sind inzwischen 524 öffentliche Münzfernsprecher ausgerüstet worden. Die Einrichtungen, die den münzfreien Notruf von öffentlichen Münzfernsprechern ermöglichen, sind Bestandteil des von der Deutschen Bundespost entwickelten neuen Notrufsystems. Um den Ländern die Einführung dieses Systems zu erleichtern, hat die Deutsche Bundespost im vorigen Jahr angeboten, die ihr dabei entstehenden Investitionskosten vorzufinanzieren und sie dann über laufende Gebühren zu amortisieren. Außerdem steht die Deutsche Bundespost in enger Verbindung mit dem Vorsitzenden der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder, die für Maßnahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, denen auch die Bereithaltung von Notrufanlagen zugeordnet werden muß, zuständig sind. Wegen der Bedeutung des Notrufs für eine Verbesserung des Rettungswesens hat auch der Herr Bundeskanzler bei seinem Gespräch am 23.2. 1973 mit den Herren Ministerpräsidenten der Länder dieses Problem erörtert und sich dabei für eine schnelle Einführung des neuen Notrufsystems eingesetzt. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 14. März 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Fragen A 93 und 94) : Beabsichtigt die Bundesregierung eine Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte in der Weise, daß eine Erhöhung der Gebühren vorgesehen wird? Ist die Bundesregierung in der Lage, bereits konkrete Angaben über eine evtl. derartige Änderung zu machen? Die Bundesregierung prüft zur Zeit noch, ob es geboten ist, die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung in der Weise zu ändern, daß eine Erhöhung der Gebühren vorgenommen wird. An dieser Untersuchung sind der Deutsche Anwaltsverein, andere Ressorts, das Statistische Bundesamt sowie die Landesjustizverwaltungen beteiligt. Da diese Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, kann ich Ihnen auch noch keine konkrete Angabe darüber machen, ob und in welcher Weise eine Gebührenerhöhung vorgenommen werden wird. Eine Gebührenerhöhung beabsichtigen wir mit dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts, das demnächst den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden wird, vorzunehmen. Es ist vorgesehen, den Betrag von 3 000 DM in § 8 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, § 14 des Gerichtskostengesetzes und § 30 der Kostenordnung, der vor allem für die nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten Bedeutung hat, auf 4 000 DM zu erhöhen. Hieraus ergeben sich auch höhere Anwaltsgebühren. 1004* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 15. März 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Nordlohne (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Fragen A 137 und 138) : Wie hoch ist die Zahl der Anträge auf vorgezogenes Altersruhegeld nach dem derzeit geltenden Recht bei voller Weiterbeschäftigung in den Monaten Januar und Februar 1973 gewesen, und zwar bei sämtlichen Landesversicherungsanstalten und bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte? Hält die Bundesregierung ihre im Zusammenhang mit der Beratung des Vierten Rentenversicherungsänderungsgesetzes im Bundestag am 19. Dezember 1972 gemachten Aussagen aufrecht, wonach die Inanspruchnahmequote statt 70 % bis zu 90 % aller anspruchsberechtigten Arbeitnehmer betragen werde und die gegenwärtige Regelung damit die langfristige finanzielle Solidität der Rentenversicherung gefährde? Nach Mitteilung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger ist für den Bereich der Arbeiterrentenversicherung noch nicht bekannt, wie hoch die Zahl der Anträge auf — wie Sie formulieren — vorgezogenes Altersruhegeld in den Monaten Januar und Februar 1973 gewesen ist. Ich gehe davon aus, daß Sie Ihre Frage auf Altersruhegelder beziehen, die nach dem Rentenreformgesetz im Rahmen der flexiblen Altersgrenze beantragt werden. Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger hat die ihm angeschlossenen 20 Landesversicherungs- und Sonderanstalten um Auskunft bis zum 16. März 1973 ersucht. Ich bitte um Ihr Verständnis dafür, daß ich vor Eingang der Stellungnahme des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger den ersten Teil Ihrer Frage nicht beantworten kann. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat folgende Zahlen mitgeteilt: 1. Im Monat Februar 1973 sind bei der BfA insgesamt 6 519 Anträge im Sinne Ihrer Fragestellung eingegangen, davon 275 Anträge von Bewerbern im Alter von 62 Jahren und 6 244 Anträge von Bewerbern im Alter von 63 bzw. 64 Jahren. 2. Die Antragseingänge des Monats Januar 1973 sind nicht gesondert erfaßt worden. Insgesamt sind im möglichen Antragszeitraum, also von Ende 1972 bis einschließlich Februar 1973, 23 466 Rentenanträge eingegangen, die unter Ihre Fragestellung fallen. Davon wurden 894 Anträge von Bewerbern im Alter von 62 Jahren gestellt — also Schwerbeschädigten und 22 572 Anträge von Versicherten im Alter von 63 und 64 Jahren. Im Hinblick auf die Kürze des Zeitraumes, der seit dem Inkrafttreten der flexiblen Altersgrenze verstrichen ist, kann eine auch nur einigermaßen zuverlässige Schätzung über den tatsächlichen Grad der Inanspruchnahme nicht vorgenommen werden. Dies um so weniger, als noch nicht die Angaben aller Träger der Rentenversicherung vorliegen. Ferner hat die Ablehnung des von der Regierungskoalition eingebrachten Entwurfs eines 4. Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes durch die Mehrheit im Bundesrat verhindert, die für die Beantwortung Ihrer Frage notwendige Stetigkeit des statistischen Bildes zu begünstigen. Deshalb kann der Vergleich der von Ihnen genannten Annahmen und tatsächlichem Verlauf zur Zeit noch nicht vorgenommen werden. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 15. März 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Frage A 140) : Warum beabsichtigt die Bundesregierung, die Kriegsopferrenten nicht wie die Sozialrenten schon zum 1. Juli 1973 um 11,35 % zu erhöhen? Die Bundesregierung hat Verständnis dafür, daß der Termin der Dynamisierung in der Kriegsopferversorgung die sozialpolitische Diskussion beschäftigt, und ist sich der damit verbundenen gesellschaftspolitischen Problematik bewußt. Die Frage einer vorgezogenen Anpassung in der Kriegsopferversorgung hat bereits bei der Rentenreform im Jahre 1972 eine Rolle im Hinblick auf die haushaltspolitischen Auswirkungen gespielt. Diese haushaltspolitischen Erwägungen haben auch heute ihr besonderes Gewicht. Ich darf dies anhand einiger Zahlen verdeutlichen: 1. Durch die Einführung der jährlichen Dynamisierung in der Kriegsopferversorgung haben sich gegenüber 1969 die Beschädigtenrenten bis heute um insgesamt 42 % und die Witwenrenten um insgesamt 53 % erhöht. Darüber hinausgehende Erhöhungen ergaben sich für eine Reihe von Fällen noch aus strukturellen Verbesserungen des Leistungsrechts. Das erforderte für den Bund Mehraufwendungen von 1970 bis 1973 von insgesamt 5,8 Milliarden DM. In der Geschichte der Kriegsopferversorgung hat es für die Kriegsbeschädigten und ihre Hinterbliebenen Leistungsverbesserungen in diesem Ausmaß in einem vergleichbaren früheren Zeitraum nicht gegeben. 2. In der laufenden Legislaturperiode ist eine noch stärkere Leistungsentwicklung zu erwarten, weil die Kriegsopferrenten sich im Durchschnitt jährlich um über 10 % erhöhen werden. Das erfordert allein für das Haushaltsjahr 1974 Mehraufwendungen für den Bund von rund 780 Millionen DM, im Laufe der mittelfristigen Finanzplanung für 1974 bis 1977 insgesamt rund 7 Milliarden DM. Der Kriegsopferhaushalt, der 1969 noch 5,9 Milliarden DM umfaßte, wird in diesem Jahre 8,3 Milliarden betragen und bis zum Jahre 1976 auf insgesamt 11,1 Milliarden DM angestiegen sein. 3. Eine auf den 1. Juli vorgezogene Anpassung in der Kriegsopferversorgung würde allein für das Jahr 1973 Mehraufwendungen des Bundes in Höhe von rund 350 Millionen DM erfordern. Für den gesamten Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahre 1976 wären es insgesamt 1,5 Milliarden DM. Ihre Frage kann also von mir nicht isoliert behandelt werden. Sie gehört in den Zusammenhang der Haushaltsberatungen und der Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung. Die Bundesregierung wird ihre Verantwortung gegenüber den Kriegsopfern auch in Zukunft beweisen. Sie wird auch weiterhin für eine sozial ge- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 1005* rechte Entwicklung des Kriegsopferrechts Sorge tragen und um eine ausgewogene Gestaltung des Leistungsrechts innerhalb unseres gesamten sozialen Sicherungssystems bemüht sein. Als ersten Schritt in diese Richtung hat die Bundesregierung in dem von ihr beschlossenen Entwurf eines 16. Rentenanpassungsgesetzes vorgesehen, ,daß die Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung jeweils für den Zeitraum von Juli bis Dezember anrechnungsfrei bleiben, so daß diese Rentenerhöhungen den Kriegsopfern voll zugute kommen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 14. März 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/296 Frage A 141): Welche Maßnahmen sind geplant, damit die fachärztliche Unterversorgung der ländlichen Bevölkerung auf Dauer beseitigt wird? Die von Ihnen angesprochene fachärztliche Versorgung der ländlichen Bevölkerung ist ein Teilaspekt des umfassenderen Problems der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung insbesondere in ländlichen Gebieten und Stadtrandgebieten. Für die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung der versicherten Bevölkerung — darauf möchte ich zunächst hinweisen — tragen die Kassenärztlichen Vereinigungen in den einzelnen Ländern die Verantwortung. Die Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung hat eine allgemeine Analyse über die ärztliche Versorgung in ländlichen Bereichen und in Stadtrandgebieten in der Bundesrepublik vorgenommen und zugleich auf die Maßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigungen (z. B. Umsatzgarantien, Darlehen, gezielte Niederlassungsberatung) zum Abbau von Schwierigkeiten hingewiesen. Zusätzlich unterstützen auch die Länder auf verschiedene Weise diese Bemühungen. Darüber hinaus ist die Bundesregierung bestrebt, durch finanzielle Maßnahmen die Niederlassung von Kassenärzten zu begünstigen. Wegen der Einzelheiten darf ich Sie, Herr Kollege, auf die ausführliche schriftliche Antwort der Bundesregierung vom 12. September 1972 auf eine Kleine Anfrage, die sich insbesondere mit der ärztlichen Versorgung in den Zonenrandgebieten befaßt hat, hinweisen (Drucksache VI/ 3787). Die Sachverständigenkommission hat inzwischen in einer Empfehlung Vorschläge zur Verbesserung der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung in ländlichen Gebieten und in Stadtrandgebieten unterbreitet. Diese Empfehlung ist auch veröffentlicht worden, um den für die Durchführung der kassenärztlichen Versorgung Verantwortlichen Anregungen zu intensiver Ausschöpfung des geltenden Rechts zu geben. Die Bundesregierung wird im übrigen in Zusammenarbeit mit den Ländern erörtern, welche weiteren Schritte unternommen werden können, um die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung auch langfristig zu gewährleisten. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 14. März 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/296 Frage A 152) : Welche Ursachen führen dazu, daß die Gemeinden durch die Auflagen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes stärker belastet werden als vor Inkrafttreten dieses Gesetzes, und wie sollen in Zukunft die Gemeinden davon entlastet werden? Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz haben der Bund ein Drittel, die Länder zwei Drittel des Gesamtaufwands zu tragen. Es obliegt den Ländern zu entscheiden, ob und in welcher Höhe sie die Gemeinden zur Finanzierung mit heranziehen. In den Bundesländern werden hierzu unterschiedliche gesetzliche Regelungen vorbereitet. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen werden die Gemeinden danach insgesamt jedoch nicht stärker belastet als bisher, sondern im Gegenteil entlastet. Dies schließt jedoch nicht aus, daß einzelne Gemeinden, die bisher gemessen am Landesdurchschnitt zu geringe oder keine Beträge für die Krankenhausversorgung ihrer Einwohner aufgebracht haben, in Zukunft zu höheren Zahlungen herangezogen werden. Eine solche Regelung führt zu einer gleichmäßigen Verteilung der Lasten und kann daher nicht als unzumutbare Härte angesehen werden. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 14. März 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/296 Fragen A 153 und 154) : Ist nach Auffassung der Bundesregierung die in einem Beitrag im Magazin „Der Spiegel" vom 5. März 1973 dargestellte Einschätzung von Experten, „daß alljährlich mindestens 30 000 Kinder schwer mißhandelt werden", zutreffend? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um Kindesmißhandlungen wirksam entgegenzutreten? Zu Frage A 153: Ich beantworte Ihre Fragen im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz. Nach den Aburteilungsstatistiken des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden sind in den Jahren 1954 bis 1971 jährlich durchschnittlich zwischen 300 und 400 Kindesmißhandlunqen nach § 223 b StGB abgeurteilt worden; davon haben jährlich zwischen 200 und 300 Verfahren zu Verurteilungen geführt. § ist StGB b 223 der Haupttatbestand gegen 223 b StGB t schwerwiegende Kindesmißhandlungen. Nach diesem Tatbestand werden die Obhutspflichtigen bestraft, die Kinder oder Jugendlichen quälen oder roh mißhandeln oder sonst an der Gesundheit schädigen. Daneben gibt es eine Reihe von Tatbeständen, die direkt oder indirekt auch dem Schutz von Kindern oder Jugendlichen dienen. Hervorzuheben ist hier neben den anderen Körperverletzungsdelikten der Tatbestand des § 170 d StGB, der Kinder gegen Gefährdung durch Vernachlässigung von Fürsorge- oder Erziehungspflichtigen schützt. 1006* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1973 Für 1967 und 1970 sind besondere Statistiken herausgegeben worden, die in umfassender Weise die Taten gegen Kinder ausweisen. Nach diesen Statistiken sind 1 084 (1967) bzw. 1 087 (1970) Männer und Frauen wegen Straftaten, bei denen Kinder Opfer waren, verurteilt worden (Sittlichkeitsdelikte sind ausgenommen). Die Frage, wie hoch die Dunkelziffer ist, ist in der kriminologischen Literatur vielfach erörtert worden. Eine Reihe von Autoren nennen im Zusammenhang mit § 223 b StGB, aber auch mit anderen dem Schutz des Kindes dienenden Tatbeständen, eine „Dunkelziffer" von 95 %. Ob diese in der Literatur bereits vor 10 Jahren genannte Zahl den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, ist schwer nachzuprüfen. Bei den angegebenen Zahlen handelt es sich um grobe Schätzungen, was sich schon daraus ergibt, daß die genannten Zahlen in der Literatur auf unterschiedliche Bezugspunkte zurückgreifen. Als Bezugspunkte werden genannt: Aburteilungen vor Gericht, strafrechtliche Verfolgung; zur Kenntnis der Behörden gelangte Fälle. Die vom „Spiegel" in der Ausgabe vom 5. März genannte Zahl von 30 000 Fällen hat als Bezugspunkt, von dem aus die theoretische Ziffer errechnet wurde, offensichtlich die Polizeiliche Kriminalstatistik von 1971, welche die zur Kenntnisnahme der Polizeibehörden gelangten Fälle nennt. Zu Frage A 154: Bereits in ihrer Antwort auf die Frage des Abgeordneten Dr. Haack in der Sitzung am 22. April 1970 hat die Bundesregierung ausgeführt, daß Kindesmißhandlungen in vielen Fällen nicht in der Persönlichkeitsstruktur des Elternteils, sondern in sozialen Notständen verschiedener Art begründet sind: Unzureichende Wohnverhältnisse, Doppelbelastung der Mutter durch Beruf und Kindererziehung und Störungen des Ehelebens. Ziel aller Maßnahmen muß dann die Behebung der sozialen Notlage oder die Wiederherstellung der gestörten Familienbeziehungen sein. Da unerwünschte Kinder die Hauptleittragenden unter den Opfern sind, ist eine vernünftige Familienplanung durch die Elternbildung zu unterstützen. Die Einrichtung von Kindertagesstätten muß in Fortsetzung der bisherigen Bemühungen noch stärker gefördert werden. Bei der Überwindung von Aggressionshaltungen kommt der Erziehungs- und Eheberatung eine bedeutende Rolle zu. Über den Stand der Erziehungsberatung hat die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage betr. die Situation der Jugendhilfe in der Bundesrepublik Deutschland eingehend am 22.2. 1972 — Drucksache VI/3175 — berichtet. Zahl und Leistungsfähigkeit der Erziehungsberatungsstellen sollten gesteigert und eine bessere regionale Streuung erreicht werden. Die obersten Landesjugendbehörden haben inzwischen Richtlinien für eine Neuordnung der Erziehungsberatung erarbeitet, die in Kürze verabschiedet werden soll. Im Rahmen der vorbeugenden Maßnahmen kommt es vor allem darauf an, das Verantwortungsbewußtsein der Öffentlichkeit wachzurufen. Hier liegen wichtige Aufgaben der Jugendämter und der Kinderschutzorganisationen, aber auch der Massenmedien. Wird das Wohl des Kindes durch die Eltern gefährdet, so kann das Vormundschaftsgericht nach § 1666 BGB eingreifen und erforderlichenfalls das Kind von den Eltern trennen. Eltern, die in dieser Hinsicht auffällig geworden sind, unterliegen der Kontrolle des Jugendamts und des Vormundschaftsgerichts. Der Bundesminister der Justiz hat entsprechend den Forderungen der Jugendhilfe in einem Entwurf zur Neuregelung des elterlichen Sorgerechts vorgesehen, das Eingreifen des Gerichts nicht mehr von der Feststellung eines schuldhaften Versagens der Eltern abhängig zu machen, wenn eine objektive Beeinträchtigung des Kindeswohls vorliegt. Die Möglichkeit des beschuldigten Elternteils und seines Ehegatten, die Wahrheitsfindung im Strafprozeß durch Verweigerung der Aussagegenehmigung für das Kind oder seiner körperlichen Untersuchung zu erschweren, soll nach den Vorschlägen des dem Parlament vorliegenden Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts — es handelt sich um die Bundesrats-Drucksache 117/73 — künftig beseitigt werden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 14. März 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Frage A 166) : Treffen Meldungen zu, wonach bei der Zweiten Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie in Bad Nauheim vom 15. bis 17. Februar 1973 die Teilnehmer der DDR geschlossen kurzfristig absagten, und ist die Bundesregierung bereit, bei der DDR vorstellig zu werden und den Grund für die geschlossene Absage zu erfragen? Laut Telegramm des 1. Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Prof. Rodewald, wurde den Ärzten aus der DDR keine Möglichkeit zur Teilnahme an der diesjährigen Jahrestagung in Bad Nauheim vom 15. bis 17. 2. 1973 gegeben. Die Absage erfolgte ohne Angabe von Gründen. Die Bundesregierung ist bereit, alle ihr gebotenen Möglichkeiten zu nutzen, um auch im Einzelfalle wie diesem zu der vereinbarten praktischen Zusammenarbeit zu gelangen und unerwartete Absagen für die Zukunft auszuschließen. Sie wird im Rahmen der nach Art. 7 des Grundvertrages vorgesehenen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Gesundheit bestrebt sein, auch die Frage der Teilnahme von Wissenschaftlern an Veranstaltungen im jeweiligen anderen deutschen Staat grundsätzlich zu regeln. Ich darf hierzu auf das Zusatzprotokoll zum Grundvertrag verweisen, in dem es unter Nr. 2 heißt: „Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik bekunden ihren Willen, zum beiderseitigen Nutzen die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wissenschaft und Technik zu entwikkeln und die hierzu erforderlichen Verträge abzuschließen."
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich werde Ihnen im Laufe des Tages sicher Gelegenheit geben, Herr Abgeordneter Müller-Hermann, mir noch eine oder mehrere Fragen zu stellen; denn ich freue mich immer darauf, einen Dialog zu führen.
    Mit der Beseitigung der Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als Sonderausgaben, der Reduzierung der Investitionszulagen zur Regional- und Forschungsförderung und der Aufhebung der degressiven Abschreibung bei Gebäuden hat die Bundesregierung endlich einmal ein Kapitel des Buches „Abbau von Subventionen" aufgeschlagen. Und siehe da, dies wird von denen kritisiert, die ständig den Abbau von Subventionen fordern. Für jede Subvention gibt es eine gute Begründung.

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    Aber ich bin auch, und zwar entschieden, der Meinung, daß wir einen Subventionsdschungel haben und daß dieser Dschungel endlich einmal gelichtet werden muß. Wenn man damit nicht schon zu Beginn einer Legislaturperiode anfängt, wann denn sonst?!

    (Abg. Wehner: Herr Friderichs, das haben schon viele gesagt! Mal sehen!)

    Wir haben mit einem wohl dosierten Abbau begonnen, indem wir zunächst einmal die Investitionszulage von 10 % auf 7,5 % zurückgenommen haben. Draußen im Lande heißt es dann: dies ist ein Schlag gegen die Regionalförderung.

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    Am 21. Februar 1973 bin ich mit den Wirtschaftsministern der Länder zusammengetroffen. Wir haben den 2. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" verabschiedet. In der Zeit von 1973 bis 1976 werden danach in den schwach entwickelten Gebieten der Bundesrepublik 460 000 neue Arbeitsplätze geschaffen und rund 250 000 Arbeitsplätze gesichert: ein Ziel, das auch mit der gekürzten Investitionszulage zu erreichen ist. Darüber gab es



    Bundesminister Dr. Friderichs
    zwischen den Länderministern und mir keine Meinungsverschiedenheit. Die Konzentration dieser Mittel müssen wir allerdings fortsetzen; auch darüber sind wir uns einig.
    Lassen Sie mich noch, weil ich darüber ständig in den Regionalzeitungen lese — bezeichnenderweise sind diese Äußerungen aus oppositionellen Kreisen dieses Hauses nicht in überregionalen Zeitungen zu finden —, ein Wort zur Größe sagen, weil draußen immer wieder behauptet wird, dies sei ein Raubbau und Abbau sinnvoller Strukturveränderungen. Bei der Einführung dieser Investitionszulage ist die Bundesregierung und ist dieses Parlament davon ausgegangen, daß diese Förderung ein Mittelvolumen von bis zu 300 Millionen DM im Jahr in Anspruch nehmen solle. Wir sind mittlerweile beim Doppelten, nämlich bei 600 Millionen DM angelangt. Das bedeutet: wenn wir von 10 auf 7,5 heruntergehen, liegen wir immer noch beim doppelten des mit Ihnen zusammen beschlossenen Ansatzes.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen die Inflation einkalkulieren! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Ich hatte die Absicht, die Diktion, die bis zum 19. November angewandt wurde, bei ökonomischen Debatten in diesem Parlament nicht mehr zu verwenden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich wollte es Ihnen überlassen, das draußen weiter zu tun, obwohl Sie sich angesichts der wahlpolitischen Ergebnisse dieser Ihrer politischen Diskussion vor dem 19. November auf dem Stabilitätsgebiet überlegen müssen, ob es sinnvoll ist, so weiterzumachen. Das ist aber Ihr Problem, nichts meins.

    (Beifall bei Abgeordneten der Regierungsparteien.)

    Die Bundesregierung ist sich jedenfalls bewußt, daß ihre Maßnahmen nicht von heute auf morgen Stabilität bringen. Wenn aber jemand, meine Damen und Herren, ein besseres Programm hat, soll er es heute hier vortragen. Ich habe bis zur Stunde außer Kritik keine konstruktiven Beiträge zur Kenntnis nehmen können.
    Ordnungs- und Strukturpolitik haben für diese Bundesregierung grundsätzlich denselben Stellenwert wie die Konjunkturpolitik. Die Bundesregierung hat ihren Standpunkt und ihre Absichten in diesem Bereich im Jahreswirtschaftsbericht dargelegt. Ich möchte es mir heute ersparen, über strukturpolitische Fragen zu sprechen, da wir im Laufe dieses Jahres bei einer Reihe von Anlässen ausreichend Gelegenheit dazu haben werden.
    Ich möchte aber die Diskussion des Jahreswirtschaftsberichts auch dazu nutzen, einige Bemerkungen zur Ordnungspolitik zu machen. Diese Bundesregierung hat ihre ordnungspolitische Position im Jahreswirtschaftsbericht unzweideutig, wie ich meine, mit dem Satz beschrieben:
    Bewährtes Leitbild der Wirtschaftsordnung in der Bundesrepublik ist die nach freiheitlichen Grundsätzen gestaltete und dem sozialen Fortschritt dienende Marktwirtschaft.
    Marktwirtschaft ist aber — und diese Aussage ist zur obigen komplementär — kein Denkmal, sie ist kein starres System, das der Weiterentwicklung nicht bedürfte und nicht fähig wäre. Ihr Vorteil liegt vielmehr eben darin, daß sie ein dynamisches Ordnungssystem ist, dessen Fähigkeit gerade darin liegt, sich besser als alle anderen Systeme auf wirtschaftlich-technischen ebenso wie auf gesellschaftlichen Wandel einzustellen.
    Der Weiterentwicklung des Wettbewerbsrechts mißt die Bundesregierung eine für den Bestand dieser Ordnung entscheidende Bedeutung bei. Ich möchte hier meine Genugtuung darüber zum Ausdruck bringen, daß die Beratung der Kartellnovelle im Parlament nach den schlechten Erfahrungen in der letzten Legislaturperiode rasche Fortschritte macht. Ich möchte nicht unterlassen, allen Parteien dieses Hohen Hauses, die dabei mithelfen, zu danken. Ich vermerke an dieser Stelle aber auch dankbar, daß Kräfte in der Wirtschaft mittlerweile die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung des Wettbewerbsrechts eingesehen haben und dem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung nunmehr positiv gegenüberstehen. Ich glaube, gerade die Fälle der letzten Zeit — Sie wissen, welche ich meine -
    haben die Notwendigkeit eines wirksamen Instrumentariums deutlich gezeigt, wenn nicht Grundelemente unserer Wirtschaftsordnung entscheidend geschwächt werden sollen.
    Eine aktuelle Herausforderung begegnet der Marktwirtschaft in der Frage nach den Grenzen des Wachstums. Ich glaube, es ist richtig, in einer Debatte über den Jahreswirtschaftsbericht diese Frage nach den Grenzen des Wachstums aufzunehmen. Wir können es uns nicht mehr leisten, über diese und ähnliche Fragen einfach hinwegzugehen. Die Frage nach der Qualität des Wachstums zu stellen ist legitim. Ich finde es auch gar nicht schlimm, wenn bei der Diskussion über diese Frage gelegentlich Übertreibungen vorkommen. Die Übertreibungen und Vereinfachungen, die beispielsweise den viel zitierten Thesen der MIT-Studie anhaften, berauben diese Studie nicht ihres Wertes an sich. Ich möchte hier nicht näher darauf eingehen, aber so viel bemerken, daß die entscheidende Schwäche des MIT-Modells meines Erachtens darin liegt, daß die der Marktwirtschaft eigenen Korrektur- und Substitutions-mechanismen nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wann kommen Sie endlich zur Wirtschaftspolitik der Bundesregierung?)

    Dennoch sind solche Projektionen der Gegenwart in die Zukunft nützlich, um auf gewisse Konsequenzen unseres Handelns aufmerksam zu machen.
    Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß wir den qualitativen Aspekten des wirtschaftlichen Wachstums mehr Beachtung schenken müssen als bisher. Doch brauchen wir uns dabei nicht in sogenannten Alternativ-Radikalismen oder Verbal-Radikalismen zu bewegen wie beispielsweise der Aussage: 6 % Wachstum oder gar keines. Die sinnvolle Alternative für diese Regierung bedeutet: 4 % quali-



    Bundesminister Dr. Friderichs
    fiziertes Wachstum oder 5 bis 6 % unqualifiziertes Wachstum. Dazwischen haben wir uns zu entscheiden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie unterscheidet man das?)

    — Das sollte jedem Wachstumskritiker klar sein; Wachstum ist zur Steigerung der Lebensqualität notwendig. Das soll gesagt sein. Es scheint mir eine Binsenwahrheit zu sein, daß wir zur Finanzierung der dringend notwendigen Infrastrukturinvestitionen im Bildungs- und Verkehrsbereich und beim Umweltschutz — um nur drei Bereiche zu nennen —, aber insbesondere auch zur Aufrechterhaltung unseres sozialen Sicherungssystems auf eine respektable jährliche Wachstumsrate angewiesen sind. Auf der anderen Seite sollte jedoch unbestritten sein, daß im Interesse von mehr Lebensqualität Abstriche vom Wachstum notwendig sein können.
    Wachstumseinbußen können sich auch ergeben, wenn wir uns einem Problem stellen, das wir bisher mehr oder weniger vor uns hergeschoben haben: nämlich dem Problem der Beschäftigung von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland. Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung darauf hingewiesen, daß unsere Aufnahmefähigkeit für ausländische Arbeitskräfte nicht unbegrenzt sei. Ich meine, wir sollten diese schwierige Frage, die nicht nur ökonomische, sondern auch politische und insbesondere menschliche Bedeutung hat, bald anpacken. Ich sage heute in der wirtschaftspolitischen Debatte folgendes dazu.
    Bei aller Anerkennung des Beitrages der ausländischen Arbeitnehmer zu unserem Bruttosozialprodukt müssen wir uns unter längerfristigen strukturpolitischen Aspekten die Frage vorlegen, ob nicht die andauernde Zuwanderung den Zwang zur Rationalisierung und damit Produktivitätssteigerung hemmt und ob sie nicht den ohnehin vorhandenen Fehlbedarf an Infrastruktur qualitativ und quantitativ verschärft.

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    Ich möchte zu der Frage, welcher Beitrag zur Dekkung dieses zusätzlichen Bedarfs an Infrastruktur eigentlich geleistet werden müßte, hier noch nicht Stellung nehmen. Aber ich hoffe, daß wir in dieser Debate mit dem nötigen Ernst und dem nötigen Respekt vor der Situation der Betroffenen noch darüber sprechen können. Insgesamt gesehen scheinen mir die menschlichen und gesellschaftlichen Probleme bei einer weiter steigenden Zahl ausländischer Arbeitnehmer schwerwiegender zu sein als eine eventuelle Abschwächung des Wirtschaftswachstums. Schließlich sollte uns das Zusammenrücken der Wirtschaftsräume auch den Gedanken nahelegen, dem Kapitalexport in die betreffenden Länder den Vorrang vor einem Arbeitskräfteimport zu geben.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das wird nicht überall gerne gehört, aber es muß gesagt sein.
    Worauf es mir hier ankommt, ist, zu betonen, daß wir zur Qualifizierung und Sinngebung des Wachstums das System, das wir haben, nicht auf den
    Kopf zu stellen brauchen. Es genügt eine Änderung der Datenkonstellation. Die allerdings brauchen wir auch. Zum Teil geschieht dies schon, zum Teil ist es unsere Aufgabe, Aufgabe dieser Regierung, Aufgabe dieses Parlaments, diese Datenkonstellationen einzuleiten. Darunter verstehe ich und darunter versteht auch diese Bundesregierung in erster Linie eine effiziente Reformpolitik.
    Es ist auch nicht notwendig — ja es wäre geradezu absurd —, zur Lösung unserer Umweltprobleme das System verändern zu wollen. Diese Umweltprobleme sind keine spezifischen Probleme der marktwirtschaftlichen Ordnung, sie existieren auch in anderen Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen. Ich meine sogar, die Marktwirtschaft kann uns bei der Lösung dieser Probleme ein gutes Stück weiterbringen. Allerdings müssen wir ernst damit machen — und dazu gehört politische Kraft —, die Kasten der Umweltgefährdung den sie verursachenden Produkten anzulasten, um damit auch durch höhere Preise einen Zwang zur Umstellung auf andere Produkte zu bewirken. Es hat manchmal an dem Mut gefehlt, dies zu tun.
    Niemand möchte natürlich leugnen, daß in einer ganzen Anzahl von Fällen Verbote und Gebote unumgänglich sind.
    An diesem Punkt hat die Feststellung ihre besondere Richtigkeit, daß nicht wenige Mängel, die der Marktwirtschaft angelastet werden, darauf zurückgehen, daß sie nicht oder nicht konsequent genug angewendet worden ist.
    Gleichwohl stellen die Probleme, die in der Wirtschaftspolitik in der nächsten Zeit auf uns zukommen, an uns alle, Politiker, Unternehmer, Arbeitnehmer, hohe Anforderungen. Es bedarf, meine Damen und Herren, einerseits der Standfestigkeit und des Festhaltens an bewährten Prinzipien. Andererseits müssen wir flexibel auf neue Datenkonstellationen reagieren oder sie herbeiführen. Die Szenerie ändert sich, insbesondere bei den internationalen Wirtschaftsbeziehungen, von Tag zu Tag.
    Ich glaube, daß der Jahreswirtschaftsbericht 1973, den ich hiermit dem Hohen Hause vorlege, Möglichkeiten eröffnet, über die nationalen und internationalen Zusammenhänge von Wirtschaftspolitik im Interesse unseres gesamten Volkes zu sprechen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich danke dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft und eröffne die Aussprache. — Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Narjes.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl-Heinz Narjes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der Bundestag hat heute das Jahresgutachten 1972 des Sachverständigenrates zu diskutieren, ein Gutachten, das wie die der früheren Jahre auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau abgefaßt ist und zugleich mit großem Sinn für das Notwendige und Mögliche Strategien für die Wirtschaftspolitik des Jahres 1973 entwickelt hat. Es trägt so zur Vertiefung



    Dr. Narjes
    und zur Versachlichung der Wirtschaftspolitik in Deutschland bei und zeigt, wie fruchtbar empirische Wissenschaft und politische Entscheidungsinstanzen einander in der Durchdringung des Tatbestandes und in der Suche nach den besten Strategien ergänzen können. Ich möchte deshalb den Sachverständigen und ihren Mitarbeitern namens der CDU/CSU-Fraktion Dank und Anerkennung für ihre Leistung aussprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Des weiteren liegt dem Hohen Hause der Jahreswirtschaftsbericht 1973 der Bundesregierung vor, der, so wie auch die Rede des Bundeswirtschaftsministers, eine deutlich liberalere Handschrift verrät als die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers.
    Im Gegensatz zu früheren Jahren fehlt uns die mittelfristige Projektion der Wirtschaftspolitik und die schon seit 1972 fällige fortgeschriebene mittelfristige Finanzplanung.
    Überdies müssen wir die Wirtschaftspolitik des Jahres 1973 heute im Schatten einer Weltwährungs- und auch Welthandelskrise diskutieren, deren Verlauf uns kurzfristig neue Daten gesetzt hat und auch weiterhin noch setzen kann. Sodann müssen wir hier im Bewußtsein der erneut sichtbar gewordenen Schwächen des Entscheidungsprozesses der europäischen Gemeinschaften sprechen. Schließlich haben wir zu berücksichtigen, daß seit der Abfassung des Gutachtens und des Berichts erhebliche Veränderungen der außenwirtschaftlichen Daten eingetreten sind und bereits Teile beider Dokumente hinfällig gemacht, anderen ein entsprechend größeres Gewicht gegeben haben.
    Ich werde auf die Weltwährungskrise erst im späteren Verlauf meiner Ausführungen eingehen. Im Mittelpunkt dieser Debatte, so meinen wir, sollte die Frage nach der Lage der Wirtschaft in Deutschland stehen. Das Jahresgutachten des Sachverständigenrates bestätigt dazu in weitem Umfange die Analyse, die Argumente und die nüchterne Darstellung unserer Aktionsmöglichkeiten, die die Opposition schon im Wahlkampf 1972 gegeben hat. Wir haben dem wenig hinzuzufügen.
    Von den Zielen des Stabilitätsgesetzes erfordern heute die der Vollbeschäftigung und der ausgeglichenen Zahlungsbilanz keine besondere Stellungnahme. Wohl aber scheint mir ein Hinweis auf das Ziel des angemessenen Wachstums angesichts einiger Stimmen aus dem Regierungslager nötig zu sein, sofern man weiß, wo es anfängt, und vor allen Dingen wo es aufhört. Ich meine damit nicht den Herrn Bundeswirtschaftsminister, dessen Ausführungen insbesondere zur MIT-Studie ich voll zustimmen kann. Mein Hinweis betrifft die Notwendigkeit, auch weiterhin eine Politik des qualitätsbewußten Wachstums zu verfolgen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    eine Politik also, die weder seiner hemmungslosen Maximierung dient — dies war niemals die Politik der CDU/CSU — noch den unsozialen Ratschlägen jener linken Romantiker folgt, die in ab-
    geschiedenen Studierstuben die Welt verbessern wollen oder die ihr persönliches Wohlstandsziel schon erreicht haben und jetzt meinen, dem ganzen Volk von einem weiteren Wachstum abraten zu sollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Eine solche Politik, die weder ökonomische oder demographische Gesichtspunkte noch solche des Umweltschutzes für sich anführen kann, verkennt gründlich die soziale Wirklichkeit in Deutschland. Der durchschnittliche Arbeitnehmerhaushalt hatte im Jahre 1972 nur ein Einkommen von etwa 1500 DM und damit einen Lebensstandard, dessen reale Verdoppelung und Vervielfachung ein selbstverständliches Ziel aller ist, die, wie die CDU/CSU, diese Wirklichkeit kennen und ihre Verbesserung zum Ziel ihrer Politik gemacht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir sind auch der Ansicht — lassen Sie mich das an dieser Stelle hinzufügen --, daß die individuellen Realeinkünfte in Deutschland keineswegs so glänzend sind, daß ihren Beziehern über die bestehenden Belastungen hinaus ein Zuwachsverzicht zugunsten wirklicher oder vermeintlicher kollektiver Bedürfnisse zugemutet werden kann. Im Gegenteil, die Entlastung dieser Gruppen von den sich aus Progression und Inflation ergebenden steuerlichen Mehrbelastungen ist für uns ein Ziel der steuerlichen und sozialen Gerechtigkeit. Eine soziale Volkspartei, die die Interessen der Arbeitgeber nicht nur mit dem Mundwerk vertritt und die von der wahren sozialen und wirtschaftlichen Lage der Arbeitnehmer ausgeht, ohne ihnen vorschreiben zu wollen, was sie zu denken haben, kann deshalb auf absehbare Zeit nicht auf eine Wachstumspolitik verzichten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Für uns ist eine Politik in hohem Maße unsozial, die bei gedrosseltem Wachstum und verstärkter Besteuerung ideologische Tempel des Kollektivis mus bauen möchte, um den hemmungslosen Machttrieb einiger besessener Missionare zu befriedigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Der eigentliche Kern der Wirtschaftspolitik der Jahre 1973 bis wenigstens 1975 wird der Kampf gegen die Geißel und das soziale Unrecht der trabenden Geldentwertung sein. Dieser Kampf wird über mehrere Jahre Priorität haben müssen, weil sich die inflationäre Entwicklung in den Jahren 1970 bis 1972 bereits so tief in unser Wirtschaftsleben eingefressen hat, daß eine kurzfristige Lösung ohne Gefährdung der Vollbeschäftigung heute nicht mehr möglich ist. Zu Recht fordert das Jahresgutachten der Sachverständigen den Vorrang für den Geldwert im Falle von Zielkonflikten. Vorrang heißt auch Konzentration des Handelns auf dieses Ziel und den Verzicht, es bei Lippendiensten oder zynischen Anspielungen auf das „Modewort" der Stabilität bewenden zu lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Dr. Narjes
    Inflation ist kein Betriebsunfall der Konjunkturpolitik und auch kein Kavaliersdelikt. Inflation ist schweres soziales Unrecht an der Mehrzahl unserer Mitbürger und an der marktwirtschaftlichen Ordnung selbst.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wird aber die ganze Ordnung gefährdet, schwächt die Inflation auch unseren Staat nach außen, im Wettkampf der Systeme ebenso wie im Kreise der Industrienationen der westlichen Welt.
    Die Zahlen der Teuerung sprechen eine eindeutige Sprache. Die Meldungen des heutigen Morgens beweisen es. 1969 hatten wir für den Normalhaushalt noch eine Preissteigerungsrate von 2,7 %, im Jahre 1972 waren es 5,8%, und Mitte Februar lagen wir bei 6,8 %. Für den Rentnerhaushalt ist die 7-%Grenze überschritten, und im Lande Berlin beträgt die Preissteigerungsrate für den Normalhaushalt bereits 8,1 %. Alle diese Zahlen weisen eine steigende Tendenz auf. Gerade die Beobachtung dieser Tendenz zu steigenden Preisen setzt sich bei den Bürgern im Lande in noch stärkere Erwartungen auf die künftige Beschleunigung der inflationären Entwicklung um. Sie kaufen schnell unter der Vorwegnahme der von ihnen vermuteten weiteren Steigerung der Preise und Kosten, was wiederum die sich zunehmend selbst nährende Preis-Kosten- und Kosten-Preis-Spirale kräftig fördert und anheizt. Es sollte doch nicht nötig sein, die Gefahren, die durch dieses Streben der Bürger nach Sicherheit durch Sachwertbesitz ausgelöst werden, hier im einzelnen aufzuzeigen. Ich beschränke mich auf den ernsten Hinweis, daß das Sparverhalten der Bevölkerung sich auch an einem nicht zu kalkulierenden Punkt der Geldentwertung in sein deutliches Gegenteil verkehren kann. Aus alledem sollte vielmehr deutlich werden, daß der erste Ansatzpunkt jeder erfolgreichen Strategie gegen die inflationäre Entwicklung mit dem Bemühen beginnen muß, die Inflationsmentalität, die spekulative Erwartung weiterer Preissteigerungen zu brechen.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Sehr wahr!)

    Groß ist die Zahl der Opfer und Geschädigten des inflationären Prozesses. Alle Bürger, die mehr Geldforderungen als Schulden haben — und das ist die Masse der Haushalte mit kleineren und mittleren Einkommen —, insbesondere die Sparer und Bausparer, sind von seinen Folgen betroffen. So werden die Verluste der Sparer im Jahre 1972 auf 26 Milliarden DM — das sind rund 47 % der Ersparnisse dieses Jahres — geschätzt.
    Der inflationäre Prozeß beeinträchtigt auch das reale Wachstum. Er gefährdet auf mittlere Sicht die Sicherheit der Arbeitsplätze. Die Preise verlieren ihre Lenkungsfunktion am Markt; das Sachwertdenken tritt in den Vordergrund. Damit verbunden ist die Fehllenkung der Produktivkräfte mit langfristigen Strukturschäden als Konsequenz.
    Daß die Flucht in die Sachwerte insbesondere auch die Bodenpreise unnötig in die Höhe treibt, die ohnehin faktisch unter höchst verzerrten Marktbedingungen zustande kommen, sei hier nur zur Korrektur des zuständigen Bundesministers vermerkt, der anzunehmen scheint, daß die Bodenpreisentwicklung kaum etwas mit der Inflation zu tun habe.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Sehr wahr!)

    Dadurch, daß der inflationäre Prozeß nur die Nettogläubiger trifft, führt er zu einer unsozialen, weil unausgewogenen Einkommensverteilung, die die Lohnpolitik kaum korrigieren kann. Die Schere zwischen den Besitzenden und den Nichtbesitzenden wird so weiter geöffnet. Der Verteilungskampf unter den gesellschaftlichen Gruppen wird verschärft. Daß bei alledem unter dem Strich keine reale Lohnsteigerung für den einzelnen Arbeitnehmer mehr herauskommen wird, möchte ich nur all denen in Erinnerung rufen, die die Wahlreden des Herrn Bundeskanzlers vor dem 19. November ernst genommen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Schon in diesem Jahr kann das für die Masse unserer Arbeitnehmer, wie die Debatte noch zeigen wird, nicht mehr behauptet werden.
    Für die Politik ist es schließlich nötig zu wissen, daß das Nominalprinzip, der Grundsatz, daß Mark
    gleich Mark ist, unter dem Druck von lndexierungs-
    und Anpassungswünschen aller Geschädigten auf die Dauer nicht zu halten sein wird. Eine allgemeine Indexierung unseres Kosten-, Lohn- und Preisniveaus wäre dann aber eine Automatik, die zwangsläufig zu einer Unumkehrbarkeit der inflationären Entwicklung führen müßte. Die gesamte freiheitliche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung wäre am Ende gefährdet, weil der Mann auf der Straße die Inflation und ihre Folgen auf die Dauer nicht der fehlerhaften Politik einer einzelnen Regierung, sondern dem ganzen System anlasten wird, weil er nicht erkennen kann, daß wir es nicht mit einer fehlerhaften Wirtschaftsordnung, sondern mit einer Serie von Fehlern der Wirtschaftspolitik der beiden Regierungen Brandt/Scheel zu tun haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Inflation ist also krasses Unrecht, nicht zuletzt weil sie die Bürger ungleichmäßig trifft, sie um ihr Erspartes bringt und ihre Chancen mindert, das Realeinkommen so zu verbessern, wie es unter den Bedingungen der Stabilität möglich wäre. Wenn andere damit leben wollen, — wir werden niemals damit zufrieden sein, weder national noch in den Europäischen Gemeinschaften.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Welche Schäden müssen eigentlich noch eintreten, bis allseits umfassender und tatkräftiger gehandelt wird!
    Dazu will ich gleich darauf hinweisen, daß es in der Europäischen Gemeinschaft kein isoliertes deutsches Inflationsthema gibt. In unseren Partnerländern spricht man eher von sozialen Spannungen als dem wesentlichen Aspekt der Verteilungsungerechtigkeit, weil man die deutsche leidvolle historische Inflationserfahrung nicht kennt, die uns zu Recht die Ursache sozialer Spannungen stärker in der wirtschaftspolitischen Gleichgültigkeit gegenüber dem Geldwertverfall suchen läßt. Mir scheint aber, daß



    Dr. Narjes
    auch bei unseren Partnern das Problembewußtsein für diese Zusammenhänge wächst.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen.)

    Die Inflation ist kein Naturereignis, sie ist eine Folge fehlerhafter Wirtschaftspolitik. Sie ist bei uns auch überwiegend hausgemacht entstanden, ohne daß ich Herrn Präsidenten Klasen oder den Vizepräsidenten Barre im einzelnen noch einmal zitieren möchte, also auf Fehler der nationalen Politik zurückzuführen.
    Was das für 1972 heißt, ergibt sich z. B. aus einem Rückblick auf den Jahreswirtschaftsbericht des vergangenen Jahres. Dort heißt es — ich darf zitieren —:
    Der Sachverständigenrat hat bestätigt, daß die Wirtschaftspolitik die Chance für eine Rückkehr zur Stabilität noch einmal geschaffen hat ... diese Chance gilt es zu nutzen.
    Wenn wir diese von der ersten Regierung Brandt/ Scheel selber festgestellte Chance mit den tatsächlichen Ergebnissen des Jahres 1972 vergleichen, so lernen wir, daß sie vertan wurde. Das Jahresgutachten der Sachverständigen spricht deshalb bitter von einer „Vorbelastung eines bedrohlichen Fehlschlags", mit dem die Konjunkturpolitik dieses Jahres zu leben hat. Im Zeichen des neuen Aufschwungs ist das Stabilitätsziel nämlich ungleich schwerer als vor einem Jahr zu erreichen.
    Die europäischen und weltweiten Einflüsse auf unser Konjunkturgeschehen werden indessen wachsen. Aber gerade in dem Maße, wie diese Einflüsse in Zukunft wachsen werden, wächst zugleich auch die politische Mithaftung der Bundesregierung für das, was in den europäischen Gemeinschaften und im Weltwährungs- und Welthandelssystem geschieht. Dabei wird nämlich jetzt sichtbar, wie gut oder wie schlecht die Bundesregierung in den europäischen und weltweiten Systemen verhandelt hat. Es ist insbesondere die Pflicht des Bundestages, das europäische Handeln oder Unterlassen dieser Bundesregierung um so schärfer zu kontrollieren, als sie es unterläßt, auf eine wirksame europäische parlamentarische Kontrolle hinzuwirken, was immerhin seit 1958 die vertragliche Verpflichtung einer jeden deutschen Bundesregierung ist.
    Die Bundesregierung hat also die gegenwärtige inflationäre Entwicklung zu vertreten und zu verantworten. Sie hat den Karren in den Sumpf gefahren,

    (Hu-Rufe von der SPD)

    und sie ist deshalb in allererster Linie verpflichtet, ihn dort wieder herauszuholen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie muß handeln. Sie muß wissen, daß es keine politisch schmerzlose Geburt von mehr Stabilität gibt, daß für mehrere Jahre, ich sagte es schon: wahrscheinlich für die ganze Legislaturperiode die volle Führungskraft und der Einsatz der politischen Existenz dieses Kabinetts und vor allem des Bundeskanzlers persönlich gefordert ist. Sie muß schließlich wissen, daß eine Bundesregierung, die die Inflation nicht stoppt, ob sie es will oder oder nicht, mit den „Systemüberwindern" kollaboriert". Sie muß die Stabilität ernsthaft wollen und glaubwürdig anstreben und die von ihr verkündete Politik im eigenen Bereich vorbildlich praktizieren, wenn sie das wesentlichste Ziel, die Brechung der Inflationsmentalität, erreichen will.
    Diese Überzeugung vermittelt der Bundesfinanzminister nicht uneingeschränkt. Da seine Glaubwürdigkeit durch frühere Äußerungen zu diesem Thema ohnehin belastet ist, wäre Sorgsamkeit heute besonders am Platze.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Statt dessen läßt er in einem Interview mit der Londoner „Times" Ende Januar hieran erneut erhebliche Zweifel aufkommen. Ebenso läßt die fast mißbräuchliche Verwendung des Begriffs der Stabilität für das finanzpolitische Sammelsurium, das am 16. Februar verkündet worden ist, Zweifel an seinem Willen zur Priorität der Inflationsbekämpfung aufkommen. Hierüber wird in dieser Debatte sicherlich noch gesprochen werden.
    Aber auch die durchschnittliche europäische Inflationsrate, auf die sich der Bundesfinanzminister in seinem Interview mit der „Times", übrigens im Widerspruch zu den Zielen des Jahreswirtschaftsberichts, bezogen hat, ist keine extraterrestrische Größe. In ihr stecken vielmehr zu knapp einem Drittel die deutschen Zahlen und indirekt auch noch die Zahlen solcher europäischer Nachbarn, die wir durch unseren Inflationsexport in den vergangenen Jahren negativ beeinflußt haben. So einfach können wir uns also nicht aus der uns schon kraft unserer Größe zufallenden wirtschaftspolitischen Verantwortung in der Europäischen Gemeinschaft herausstehlen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Die entscheidende Frage, die sich nach der vorliegenden Analyse der derzeitigen konjunkturellen Lage — über die wohl weitgehend Einmütigkeit unter den Parteien herrscht — stellt, ist, mit welchen Mitteln die Stabilitätspolitik in diesem Jahr betrieben werden soll und welche Zielvorstellungen den zu ergreifenden Maßnahmen zugrunde liegen sollen. Es handelt sich also um die Frage nach der Strategie der Stabilitätspolitik. Die Bundesregierung hat im Jahreswirtschaftsbericht das Ziel der Tendenzumkehr beim Preisauftrieb genannt. Wir stimmen diesem Ziel ohne Einschränkung zu, weil die entscheidenden Sätze fast wörtlich unseren Wahlkampfaussagen entsprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Zielrate von 51/2 bis 6 % ist indessen — und diese Feststellung kennzeichnet die ganze Situation, in der wir stehen — schon heute als sehr, sehr ehrgeizig zu beschreiben.
    Die Bundesregierung hat dann aber in ihrer Regierungserklärung gesagt, daß sie zur Erreichung von mehr Stabilität in erster Linie die Geld- und Kreditpolitik einzusetzen wünsche. Wir haben in der Debatte sogleich eine Reihe skeptischer Fragen gestellt, weil wir große Zweifel haben, ob die Geld-



    Dr. Narjes
    und Kreditpolitik schon jetzt die ihr zugeschriebene Rolle übernehmen kann.
    Wir sind bestätigt worden, als nur eine Woche später dieser Versuch der Bundesregierung, die Stabilitätspolitik auf die Bundesbank abzuwälzen, von der ersten Dollarwelle hinweggespült worden ist. Die Bundesbank hat in ihrem Februarbericht festgestellt, daß die starken Devisenzuflüsse seit Anfang Februar einer solchen Strategie die Erfolgsaussichten genommen hat. Durch den sehr kostspieligen Feldzug des Finanzministers gegen die sogenannte Spekulation wurde nämlich mehr Zentralbankgeld geschaffen, als den Banken in der gesamten vorangegangenen Periode seit Juli 1972 durch Devisenabflüsse oder kreditpolitische Maßnahmen entzogen worden war.
    Infolge dieser unzweckmäßigen Strategie haben wir noch zu einem Zeitpunkt, als die Aufrechterhaltung der Paritäten schon eine Illusion war, Milliarden von überbewerteten Dollar gegen D-Mark gekauft und damit einen Teil der mit dem Fleiß unserer arbeitenden Bevölkerung erstellten Güter an das Ausland verschenkt. Darum handelt es sich und nicht um die Verrechnung bloßer Buchverluste.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Binnenwirtschaftlich kann nach der zweiten Dollarwelle die Zunahme der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage durch die Geldpolitik allein fürs erste kaum noch in dem notwendigen Umfang gedämpft werden. Mit durchgreifenden Maßnahmen der Bundesbank können wir erst wieder rechnen, wenn die starke Verflüssigung außerhalb des Bankapparates wieder aufgesogen und abgebaut ist, also wohl kaum vor dem letzten Quartal dieses Jahres. Da außerdem geld- und kreditpolitische Maßnahmen nur mit Wirkungsverzögerungen arbeiten und greifen, fällt eine Strategie der Dämpfung der monetären Nachfragegrößen, die sich in erster Linie oder ausschließlich auf die Bundesbank stützt, in diesem Jahre und vielleicht auch noch Anfang 1974 aus.
    Um so dringlicher erscheint unter diesen Umständen, daß die öffentlichen Hände bei ihren Haushaltsplanungen 1973 und beim Haushaltsvollzug alles tun, um durch kontraktive Maßnahmen dem äußerst bedrohlichen Preisauftrieb im Inland und den noch weiter steigenden Inflationserwartungen der Bevölkerung entgegenzuwirken. So mühevoll das politisch sein mag, die Finanzpolitik muß 1973 soweit wie irgend möglich aktiviert werden, und zwar auf der Ausgaben- und auf der Einnahmenseite.
    Das gute Beispiel des Staates ist dabei unverzichtbar, gerade auch wegen der Finanzierung der großen Zukunftsaufgaben. Die öffentlichen Hände gehören nämlich zu den größten Inflationsverlierern. Der Haushalt des Bundes darf deshalb nicht, wie man aufgrund der vorliegenden Zahlen erwarten muß, die Konjunktur weiter anheizen, also prozyklisch wirken, und die sonstigen nachfragedämpfenden Maßnahmen der Regierung praktisch konterkarieren.
    Im Mai des vergangenen Jahres hatte der damalige Wirtschafts- und Finanzminister Professor Schiller noch ein Haushaltvolumen von ungefähr 116 Mililarden D-Mark in Aussicht genommen. Das wäre ein Volumen, das dem Bundeshaushalt heute das Prädikat konjunkturgerecht verleihen könnte. Die Ausweitung auf 120 Milliarden D-Mark kann hingegen auch nicht mit einem Hinweis auf ein europäisches Alibi gerechtfertigt werden. Das gibt es nicht.
    Der Wirtschaftsbericht 1973 der Kommission der EWG war vielmehr im vergangenen Herbst von der Absicht getragen, den Mitgliedstaaten eine geringere Zuwachsrate als die der nominalen Steigerung des Bruttosozialprodukts nahezulegen. Erst der Ministerrat hat diese Formel aufgegeben, vielleicht sogar mit der deutschen Stimme. Jedenfalls markieren auch die EWG-Empfehlungen nur Obergrenzen dessen, was zulässig ist, und hindern niemanden, darunter zu bleiben.
    Aber selbst diese — wie behauptet wird — EWGkonforme Zuwachsrate der Ausgaben des Bundes wird für das Jahr 1973 nicht eingehalten. Durch die vorweggenommene Zahlung an die Bundesbahn in Höhe von 1,2 Milliarden DM kurz vor Jahresende 1972 wurde der Haushalt 1973 und seine Steigerungsrate durch einen Buchhaltertrick verringert, ebenso durch die Heranziehung der Rentenversicherungsträger zur Finanzierung des Haushalts in ´Höhe von weiteren 2,5 Milliarden DM auf dem Wege der Stundung fälliger Bundeszuschüsse an die Rentenversicherungsträger. Zählt man allein diese beiden Posten dem Etat hinzu, kommen wir beim Bund auf einen Haushaltszuwachs in Höhe von fast 14 %. Hinzu kommt noch alles, was im Laufe des Jahres auf Grund der heute noch nicht berücksichtigten Haushaltsrisiken das Haushaltsvolumen noch weiter aufblähen wird.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Mit Sicherheit!)

    Was die Kreditaufnahme anlangt, so hat der Bund mit einer Nettoverschuldung von 4 Milliarden DM unter den gegebenen konjunkturellen Umständen eine relativ hohe Neuverschuldung ins Auge gefaßt, höher als die faktische Neuverschuldung des vergangenen Jahres. Aber auch diese 4-MilliardenGrenze wird schon heute überschritten, wenn man, wie es konjunkturpolitisch richtig wäre, die soeben erwähnte Zwangsverschuldung bei den Rentenversicherungsträgern mit einbeziehen würde.
    Was die Einnahmenseite anlangt, so hat die Bundesregierung das bereits erwähnte, irreführend mit der Überschrift „Stabilitätspolitik" versehene, Maßnahmenbündel vorgelegt, das den Anforderungen zur Wiedergewinnung der Stabilität nicht gerecht werden kann. Zwar stimme ich im Prinzip dem Gedanken der Stabilitätsanleihe zu und würde sogar zu erwägen geben, ihren Betrag im Lauf des Jahres zu erhöhen, falls sich das als notwendig erweisen sollte und die Bundesbank ihre Offenmarktpolitik nicht stärker einsetzen kann oder will. Meine Fragen betreffen zu dieser Anleihe den Zeitpunkt und die Art der späteren Verwendung der stillgelegten Mittel. Ein Julius-Schmidt-Turm scheint mir kein erstrebenswertes Ziel der deutschen Finanzpolitik zu sein. Fast alle steuerlichen Maßnahmen fordern er-



    Dr. Narjes
    hebliche Kritik heraus, vor allem die Absicht, in einer konjunkturellen Aufschwungsphase Verbrauchsteuern zu erhöhen. Wir hätten den Zielkonflikt, Herr Bundeswirtschaftsminister, vor dem Sie gestanden und den Sie geschildert haben, anders gelöst.
    Dieser Plan läßt sich nämlich nicht — das wollte ich gleich hinzufügen — mit dem Hinweis rechtfertigen, daß die daraus resultierenden Mehreinnahmen stillgelegt werden; denn dieser Hinweis ist infolge der Fluchtklausel in dem Kommuniqué auch nicht glaubwürdig, wonach die Stillegungsabsicht nur insoweit gilt, wie dem nicht unabweisbare Haushaltserfordernisse entgegenstehen.
    Der Sachverständigenrat hat der Bundesregierung vorgeschlagen, 9 Milliarden DM stillzulegen. Vielleicht würde er heute noch mehr vorschlagen. Die Maßnahmen der Regierung werden auf dem Papier allenfalls 5 bis 6 Milliarden DM Stillegungen bewirken; sie reichen also nicht aus. Da der Haushalt aber außerdem — ich sagte es schon — eine Reihe von Risiken nicht berücksichtigt hat, die als unabweisbar dargestellt werden können oder unabweisbar sind, etwa Stationierungskosten, Energiekonzept, Bundesbahndefizite, Sondermaßnahmen für aufwertungsgeschädigte Branchen, um nur einige zu nennen, dürfte der Stillegungseffekt in Wirklichkeit noch wesentlich geringer sein.
    Da außerdem die revidierten Steuerschätzungen für 1973 offenkundig Mehreinnahmen ergeben, die bei der Verkündung der steuerpolitischen Maßnah- men am 16. Februar noch nicht bekannt waren, besteht ohnehin kein Grund, wenigstens im Jahre 1973 nicht, überhaupt an eine Erhöhung der Mineralölsteuer zu denken. Die Erhöhung der Mineralölsteuer in der vorgesehenen Form kann deshalb auch aus diesem Grunde ersatzlos gestrichen werden, zum Nutzen des Preisindex — denn woran sonst wollen Sie die Tendenzwende, die Sie anstreben, messen —

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und auch zum Nutzen der Bundesregierung. Sie gewinnt nämlich Zeit, die unausgegorenen und widersprüchlichen regionalpolitischen und verkehrspolitischen Konsequenzen ihres Steuerpakets noch einmal ernsthaft zu prüfen.
    Zur Ausgabenseite werden wir in der Haushaltsdebatte sprechen. Wir werden uns dann vergegenwärtigen, daß der Bundeshaushalt 1973 in dem vorgesehenen Volumen nicht konjunkturgerecht, nicht einmal konjunkturneutral ist, obwohl er kontraktiv wirken müßte. Die Bundesregierung wird ihre Ausgaben weiter beschränken müssen. Ohne Stabilitätspolitik wird es keinen nennenswerten realen Zuwachs der öffentlichen Haushalte geben können.
    Nun einige Sätze zur Finanzwirtschaft der Länder und Gemeinden, die bei dieser Gelegenheit gerne angezogen werden. Der Bund trägt auch für die Finanzwirtschaft der Länder und Gemeinden eine konjunkturpolitische Mitverantwortung. Wir alle sollten uns hierbei nicht auf jährlich neu aufgelegte „Schwarze-Peter-Spiele" konzentrieren, sondern uneingeschränkt feststellen, daß die Finanzwirtschaft der Gesamtheit der öffentlichen Hände unter konjunkturpolitischen Gesichtspunkten heute nicht in der Ordnung ist. So kann es nicht weitergehen. Der Bund macht es sich zu leicht, wenn er die vertretbare Zuwachsrate für seinen eigenen Haushalt voll ausschöpft und sich darauf beschränkt, die Länder und Gemeinden aufzufordern, ebenso zu verfahren. Ein solches Verfahren ist nicht ganz redlich, weil der Bund genau weiß, daß die unterschiedliche Ausgabenstruktur von Bund, Gemeinden und Ländern bei den Ländern und Gemeinden höhere Zuwachsraten erforderlich macht, wenn diese den Status quo gegenüber dem Vorjahr jeweils erreichen wollen. Die Notwendigkeit differenzierter Zuwachsraten für Bund, Länder und Gemeinden ist deshalb auch schon seit Jahren Gegenstand des Gesprächs im Finanzplanungsrat und im Konjunkturrat der öffentlichen Hände, ohne daß bisher irgendwelche Fortschritte erzielt worden sind. Zuletzt enthielt noch das Kommuniqué des Konjunkturrats Ende Januar einen entsprechenden Absatz.
    Im Interesse der Stabilität darf diese Frage nicht weiter schleifen. Art. 109 GG und das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz geben genügend Ansatzpunkte für eine sofortige Initiative des Bundeskanzlers bei den Ministerpräsidenten. Wenn über das notwendige Zahlenwerk keine Einigung zu erzielen ist, warum wird dann nicht der Sachverständigenrat aufgefordert, unverzüglich ein Gutachten zu erstellen und Lösungsstrategien zu entwerfen? Es wäre pflichtwidrig, wenn auch die Haushalte 1974 in der bisherigen Art und Weise aufgestellt würden. Sollte die Einbeziehung der Gemeinden Schwierigkeiten machen, sind entsprechende gesetzliche Maßnahmen zu erwägen. Wenn das Stabilitätsziel Vorrang hat, muß hier gehandelt werden.
    Die Finanzierung der Länderhaushalte durch Kredite ist ein weiterer Punkt, der heute stabilitätspolitische Aufmerksamkeit und Aktion erfordert. Ein Versuch der Begrenzung der Neuverschuldung der Länder erst im Laufe des Haushaltsjahres wird zunehmend wirkungslos, weil bis dahin schon vollendete Tatsachen geschaffen sein können.
    Was schließlich die Einkommens- und Lohnpolitik anlangt, so ist einiges dazu bereits in der Debatte über die Regierungserklärung gesagt worden. Wir haben das Dilemma hervorgehoben, in dem sich die Sozialpartner befinden. Die weitere Entwicklung hat uns bestätigt. Sie hat vor allem unsere Annahme bestätigt, daß der notwendige lange Feldzug gegen die Inflation nur gewonnen werden kann, wenn vermögensbildende Maßnahmen mit in die Tarifverhandlungen eingeführt werden. — Hierzu wird der Kollege Pieroth noch ausführlich Stellung nehmen. — Das dürfte nicht ohne die engagierte Hilfe der Bundesregierung möglich sein. Es ist offenkundig, daß der Sachverständigenrat seine mehrjährigen Bemühungen um das, was man einen „Stabilitätspakt" genannt hat, nicht mehr mit derselben Energie wie in seinen früheren Gutachten betreibt, aber dies nicht, weil der Gedanke an Zugkraft verloren hätte, sondern weil der Sachverständigenrat es anscheinend nicht mehr für „realistisch" hält, auf eine solche Abstimmung der Sozialpartner und der öffentlichen Hände zu hoffen.



    Dr. Narjes
    In diesem pessimistischen Realismus liegt aber ein Vorwurf und zugleich eine Herausforderung an die Adresse der Bundesregierung, denn deren Aufgabe ist es, die allgemeine Einsicht in die Notwendigkeit einer gemeinsamen nationalen Anstrengung aller Beteiligten zu fördern, das Vertrauensklima zu schaffen und die Gesprächsbereitschaft so weit zu entwickeln, daß eine solche Abstimmung zustande kommt.
    Dazu bedarf es der Führungskraft des Bundeskanzlers und seiner Bereitschaft, auch gegen solche anzugehen — wer immer es sein mag —, die Sonderwünsche und Gruppenegoismus pflegen möchten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dazu können auch die Massenmedien beitragen, wenn sie diesen Sonderwünschen einzelner Gruppen deutlich Grenzen aufzeigen, und dazu kann nicht zuletzt auch die Wirtschaft beitragen, indem sie nicht alle Preiserhöhungsspielräume ausnutzt.
    Dazu gehört schließlich auch eine Aufforderung an die Gewerkschaften, überzogenen Erwartungen in ihren Reihen zu begegnen und den Kampf gegen die Vertreter der extremen Linken aufzunehmen, die von innen und von außen die soziale Marktwirtschaft und die freiheitliche Ordnung überhaupt durch eine raffinierte Taktik der Überforderung des Systems überwinden möchten.
    Sie alle werden bei einer solchen Politik unsere Unterstützung finden. Mit den bisherigen Maßnahmen jedenfalls ist das stabilitätspolitische Ziel der Tendenzwende in diesem Jahr nicht zu erreichen.
    Die Lage unserer Wirtschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in diesen Monaten von der Weltwährungskrise überschattet. Da Währungspolitik immer auch eine nationale Aufgabe ist, scheint mir eine gewisse Zurückhaltung in der Diskussion geboten zu sein. Die seit 5 Jahren in immer kürzeren Abständen auftretenden Währungskrisen haben inzwischen weltweit Politik und Wirtschaft belehrt, daß es keine Rückkehr zum veralteten Weltwährungssystem von Bretton Woods mehr geben kann.
    Die schleppenden Verhandlungen in Brüssel und Paris zeigen aber auch, welch ein Knäuel von technischen Schwierigkeiten, Unterschieden in der wirtschaftspolitischen Auffassung und Macht- und Prestigegesichtspunkten zu entwirren ist und wie schwerfällig die dazu herangezogenen Instrumente arbeiten.
    Über die bekannten währungspolitischen Gründe des Niedergangs des Golddollarstandards hinaus solite auch beachtet werden, daß, während die moderne Weltwirtschaft zu immer engeren Verflechtungen führt, insbesondere in der Nachkriegszeit die Entwicklung des Weltwährungssystems gegenläufig verlief. Mehrere Dutzend neuer Währungen sind entstanden. Damit sind viele tausend Kilometer neuer Währungsgrenzen geschaffen worden. Jede Währungsgrenze kann aber auch immer eine Grenze des Handels sein. Währungspolitische Desintegration und handelspolitische Integration können auf die Dauer aber nicht ohne erhebliche Spannungen miteinander koexistieren. Darum handelt es sich heute.
    Zum anderen waren die Befugnisse des Weltwährungsfonds viel zu schwach, als daß den zentrifugalen Kräften ausreichend hätte entgegengewirkt werden können. Das Währungssystem von Bretton Woods hat aber nicht nur schwerfällig gearbeitet; es erwies sich auch als nicht reformfähig.
    Drittens war es unter dem Goldstandard und noch in den Verhandlungen von Bretton Woods zwangsläufig oder galt es als selbstverständlich, daß wirtschaftspolitische Signale auch dann binnenwirtschaftlich durchschlugen, wenn das nicht in die jeweilige konjunkturpolitische Landschaft paßte. In den letzten Jahren haben die führenden Länder der westlichen Welt zunehmend eine gegenteilige Politik, nämlich den absoluten Vorrang ihrer binnenwirtschaftlichen Ziele, verkündet und praktiziert.
    Es fragt sich heute, ob diese radikale Umkehr der Prioritäten unverändert fortgesetzt werden kann, ob nicht wieder mehr Disziplin in der einen oder anderen Form erreicht werden muß.
    Auch im Weltwährungssystem — lassen Sie mich das deutlich sagen -- hat sich der Geist des Nationalismus verfestigt. Es fühlt sich keine Regierung mehr hinreichend verantwortlich für sein Funktionieren, obwohl die Kommentare aus dem Osten uns täglich zu Recht darüber belehren, daß in dieser wohl größten Währungskrise der Nachkriegszeit das ganze arbeitsteilige, liberale Weltwirtschaftssystem auf dem Spiele steht. Wir haben es also mit einer Systemkrise der freien Weltwirtschaft zu tun. Sie ist eine Herausforderung an alle, die für den Bestand der liberalen Weltwirtschaft Verantwortung tragen oder tragen sollten. Sie müssen wissen, daß sich, wenn nicht unverzüglich umfassend und umsichtig gehandelt wird, der Verfallprozeß des Welt-währungs- und Weltwirtschaftssystems noch beschleunigen kann. Die Eskalation von überzogenen Positionen, Drohungen und versteckten Sanktionsankündigungen ist leider nicht mehr zu übersehen. Besonnenheit und gemeinsame Besinnung auf gemeinsame Verantwortung sind deshalb das Gebot der Stunde.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Pokern ist, so scheint es mir, kein angemessenes Verfahren des Krisen-Managements. Der neomerkantilistische Export von Schwierigkeiten und Problemen in die Partnerländer hat schon einmal in der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre Unheil für uns alle gebracht.
    Der europäische Beitrag zur Lösung der gegenwärtigen Krise ist bisher eher dürftig gewesen. Europa ist nicht so konzeptionsfähig und so handlungsfähig, wie es seiner Größe und damit seiner Verantwortung und wie es auch seiner elementaren wirtschaftlichen und politischen Interessen entspräche. Dafür tragen alle Mitglieder der Europäischen Gemeinschaften ein erhebliches Maß an Mitschuld. Die politische Abwertung der Kommission in den 60er Jahren und die nur unzulänglichen Versuche, ihr danach wieder eine größere politische



    Dr. Narjes
    Eigenständigkeit zu geben, behindern sie, unabhängig von nationalen Tagesinteressen, das europäische Gesamtinteresse weitschauend zu formulieren und mit dem notwendigen politischen Eigengewicht im Ministerrat auch durchzusetzen. Die Europäische Gemeinschaft tritt folglich noch immer als gelähmter Dinosaurier auf, als ein großer Koloß mit kleinem Gehirn und geringer Bewegungsmöglichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie stellt so die Geduld unserer Partner auf eine harte Probe und überschreitet zuweilen die Grenze des Zumutbaren.
    Der Sachverständigenrat hat dankenswerterweise eine sehr gründliche Analyse der gegenwärtigen und künftigen europäischen Einbindung der Bundesrepublik dargestellt. Die Währungskrisen der letzten sechs Wochen haben diese Darstellung in eine besondere Aktualität gestellt, weil inzwischen auch den Skeptikern die Bedeutung der europäischen Komponente für unser wirtschaftspolitisches Handeln offenkundig geworden sein dürfte.
    Es ist notwendig, so scheint es mir, den erreichten Integrationsstand heute, nach den Erfahrungen dieser Krise, kritisch zu überprüfen. Ich knüpfe dazu an die gängige Formel der Bundesregierung an, nach der der Ministerratsbeschluß unter den gegebenen Umständen die optimale Lösung war. Die kritische Frage dazu muß lauten: Welche Verantwortung trägt die Bundesregierung für diese gegebenen Umstände durch das, was sie in ihrer Europapolitik seit 1969 getan oder unterlassen hat?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Stehen Wort und Tat ihrer Europapolitik in Einklang? Das gilt hier besonders für die wortreichen Beschlüsse zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, die wir seit 1969 ununterbrochen vernommen haben. Eine nüchterne Einschätzung des Standes dieser Bemühungen finden wir im Sachverständigen-Bericht in den Teilziffern 12 bis 35, deren Lektüre ich nur empfehlen kann und denen ich nichts hinzuzufügen habe.
    Nach der Aussage der Bundesregierung ist der monetäre Besitzstand der Gemeinschaft durch den Beschluß vom letzten Wochenende nicht verschlechtert worden. Dieser muß aber sehr gering gewesen sein, wenn die Feststellung der Bundesregierung zutreffen soll. Seit dem vergangenen Wochenende haben wir nämlich einen Ministerratsbeschluß vor uns, der das freie Europa — um einen Ausdruck der Presse zu benutzen — in ein „Hart- und Weichwährungslager" unterteilt. Währungsgebiete und Außenhandelsgebiet sind seitdem nicht mehr deckungsgleich. Die Faktoren, die innerhalb der Europäischen Gemeinschaft auf so viel Homogenität hinwirken sollten, daß wir zu einem gemeinsamen Währungsgebiet kommen, sind — zunächst jedenfalls — erheblich geschwächt. Eine Desintegrationsgefahr ist heute nicht von der Hand zu weisen. Ich möchte es mir versagen, die Währungspolitik der Bundesregierung seit dem 9. Mai 1971 im einzelnen nachzuzeichnen, den Zickzackkurs, die Widersprüche und auch die Fehleinschätzungen, deren teuerster der Bundesfinanzminister zum Opfer fiel, als er seinen Milliardenkampf gegen die Spekulation antrat, von dem ich glaube, daß es die Spekulanten, gegen die er kämpfte, überhaupt nicht gab. Vielleicht ist die Feststellung, daß die Bundesregierung in jede Krise unvorbereitet hineingegangen ist, obwohl nach der Freigabe des Pfundkurses im Sommer 1972 der Bundesbankpräsident damals dem Bundeskanzler nur Ruhe bis zu den Wahlen versprochen haben soll. Es ist kennzeichnend für den Weitblick der Bundesregierung, daß sie diese Feststellung offensichtlich als ein Schlummerkissen interpretiert hat und nicht als das Alarmsignal, das sie hätte sein müssen, um alles vorzubereiten, damit währungspolitische Schäden, die danach wieder möglich wurden, abgewendet werden können.
    Eine Krise ist für eine Organisation häufig eine Chance, immer eine Bewährungsprobe und zuweilen auch eine Gefahr. Außenstehende können an der Art und Weise, wie eine Krise bewältigt wird, am besten erkennen, welcher Zusammenhalt, welche Vitalität und welche politische Kraft in dieser Organisation steckt. So gesehen waren die letzten sechs Wochen eher ein Zeichen der Schwäche der Europäischen Gemeinschaft, weil der erste Teil der Krise praktisch an ihren Institutionen vorbei im Kreise einer mehr oder minder spontan sich herausbildenden Hegemonialgruppe gelöst worden ist. Das war mehr als eine Panne. Eine Gemeinschaft, die Stabilität und Kontinuität gegenüber ihren Beobachtern nachweisen soll und muß, liefert ein Zeichen elementarer Schwäche, wenn sie ihre Krise in einem Pariser Salon statt am Ministerratstisch in Brüssel zu lösen versucht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die selbstverständlichste Grundlage dieser Gemeinschaft des freien Europas muß der Respekt vor der Gleichheit ihrer Mitglieder bleiben. Sie in Zweifel gezogen zu haben, war ein unverzeihlicher Fehler auch der Bundesregierung, den hier zu rügen die erste Voraussetzung dafür ist, die in dieser Krise aufgebauten Befürchtungen der sogenannten kleineren Partner wieder abzubauen.
    In ihrer politischen Substanz war das Problem dieser Krise am besten durch eine schweizerische Zeitung mit der Frage gekennzeichnet, ob der Dollar zum Föderator Europas werde. Diese Frage müssen wir vorerst mit Nein beantworten. Für die wünschenswerte Flucht nach vorne fehlt es offenkundig an politischer und wirtschaftspolitischer Vorbereitung; diese Chance konnte Europa also nicht nutzen. Und das ist kein Zufall, weil sich die Gemeinschaft noch immer nicht von den Rückschlägen und Schwächen erholt hat, die sie in den 60er Jahren erlitt.
    Was die stabilitätspolitischen Folgen der Kursfreigabe anlangt, so haben wir die Erwartungen und Hoffnungen der Bundesregierung gestern und heute hier gehört. Sie werden nur eintreten, wenn die Währungstechnik innerhalb der floatenden Gruppe funktioniert. Die strukturpolitischen Folgen werden teilweise schwerwiegender sein. Wir müssen uns um eine differenzierte Betrachtung bemühen. Vor



    Dr. Narjes
    allem sollten wir uns in der Analyse des Sachverhalts nicht zu sehr von Durchschnittszahlen beeinflussen lassen. Der Export in die Dollarräume ist ganz anders betroffen als der in unsere europäischen Nachbarstaaten. Zu den Branchen, die in der öffentlichen Diskussion bereits genannt wurden, möchte ich ausdrücklich den Luftverkehr und die Seeschifffahrt hinzufügen, denn dies sind Verkehrszweige, deren Raten international in Dollar gehandelt und festgelegt werden.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Und die Landwirtschaft!)

    Insbesondere muß ich aber die Problematik der Landwirtschaft ansprechen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Hier ist offensichtlich versäumt worden, einen Verhandlungsfehler über den Grenzausgleich zu korrigieren, der sich bei früheren Wechselkursänderungen eingeschlichen hat und der darin besteht, daß der Grenzausgleich erstens nur berechnet wird für die Agrarprodukte, die europäischen Marktordnungen unterliegen, zweitens bei tierischen Veredelungsprodukte nicht den vollen Warenwert, sondern lediglich den Getreidewert erfaßt, drittens Nichtmarktordnungswaren überhaupt nicht berücksichtigt, vor allen Dingen Obst und Gemüse, viertens den Differenzbetrag zwischen Interventionspreis und Martkpreis nicht berchnet. Da sich aus diesem Verhandlungsfehler schon bisher für eine Reihe von Agrarprodukten beträchtliche Wettbewerbsnachteile ergeben haben, würden sie durch die Erhöhung des Grenzausgleichs in der jetzigen Form nach den heutigen Raten unerträglich verschärft werden. Die erwähnten Nachteile werden sich nur vermeiden lassen, wenn das System des Grenzausgleichs auf alle Agrarprodukte ausgedehnt wird und den vollen Warenwert erfaßt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Antwort des Bundesfinanzministers auf eine entsprechende Frage gestern schien zu zeigen, daß er sich dieses Problems nicht bewußt ist. Wir erwarten, daß die Bundesregierung alles in ihren Kräften Stehende tut, um bei den bevorstehenden Brüsseler Verhandlungen der Agrarminister über die Anwendung der Währungsbeschlüsse auf dem Agrarmarkt diese Unterlassung zu korrigieren.
    Da in der Krise Währungs- und Handelsprobleme ohnehin erheblich miteinander verquickt sind, muß ich schon hier auf die neomerkantilistische Art hinweisen, mit der eine zunehmend größere Zahl von technologieintensiven Produkten, die meist mit staatlicher Förderung entwickelt worden sind, am internationalen Handelsverkehr teilnehmen. Für sie gilt weniger die Preiswürdigkeit oder das Gesetz der komparativen Kosten als vielmehr die politische Macht, die hinter ihnen steht. Das betrifft moderne Transportsysteme aller Art ebenso wie die Brennelemente von Atomreaktoren, die Farbfernsehsysteme ebenso wie Produkte im Grenzbereich der Rüstungsindustrie. Alle diese Fragen liegen auf dem Tisch. Wir fragen die Bundesregierung nach ihren Antworten und ihren Konzeptionen.
    Im Blick auf die Zukunft ist es das Wichtigste — das darf ich abschließend feststellen —, daß das Vertrauen in die Währungen, in das Geld nicht weiter von innen oder von außen erschüttert wird. Die gemeinsame Analyse der Ursachen und neuen Faktoren, die das Weltwirtschaftssystem erschüttert haben, ist ebenfalls unverzichtbar, ob es sich nun um die gigantische Liquidität handelt, über die die multinationalen Gesellschaften verfügen, oder die Probleme des Kapitalverkehrs und der Investitionen.
    Es scheint uns auch notwendig zu sein, daß möglichst schnell ein ganzes Bündel flankierender Maßnahmen in Europa und mit den Vereinigten Staaten beschlossen wird, die der jetzigen Lösung genug Dauerhaftigkeit verleihen. Dazu gehört eine Stilllegung der Dollarüberhänge, eine wirksame Kontrolle der Euro-Geldmärkte, Absprachen über die Zinspolitik der Notenbanken und schließlich auch eine kurzfristige Einigung der europäischen Staaten über eine gemeinsame Haltung zur Reform des Weltwährungssystems.
    In der EWG selbst ist eine Bestandsaufnahme vonnöten, die ausloten muß, von welcher Basis aus ein neuer Anlauf für die unverzichtbare Wirtschafts- und Währungsunion gefunden werden kann. Es ist aber auch notwendig, die Gemeinschaft krisenfester zu machen, und dazu ist nichts geeigneter als ein direkt gewähltes Europäisches Parlament.
    Für die weltweiten Aufgaben wie für die europäische Integration haben wir keine Zeit zu ver-heren. Jede neue Krise kann noch größere Gefahren auslösen, noch schwieriger unter Kontrolle gebracht werden. Es geht auch hier, Herr Bundeskanzler, um ein Stück Friedenspolitik: um den sozialen Frieden nach innen, insbesondere darum, den Menschen die Furcht vor der Geldentwertung zu nehmen, und um den Frieden in und für Europa. Weder für die Stabilitätspolitik noch für die Europapolitik genügen Halbherzigkeiten und oder billige Aushilfen. Sie, Herr Bundeskanzler, haben die Verantwortung, Sie schulden uns die Tat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)