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    Deutscher Bundestag 14. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 Inhalt: Amtliche Mitteilungen 531 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 7/153) — Erste Beratung — Brandt, Bundeskanzler 534 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 538 D Wehner (SPD) . . . . . . . 543 C Dr. Achenbach (FDP) 545 C Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) 549 C Mattick (SPD) . . . . . . . . 554 D Flach (FDP) 558 D Franke, Bundesminister (BMB) . 561 B Dr. Abelein (CDU/CSU) 565 B Metzger (SPD) 584 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) 590 A Bahr, Bundesminister 595 A Ronneberger (FDP) . . . . . . 600 D Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) 603 D Moersch, Parl. Staatssekretär (AA) 610 C, 631 A Höhmann (SPD) 616 A Dr. Wallmann (CDU/CSU) . . . 621 B Wienand (SPD) (zur GO) 628 B Windelen (CDU/CSU) 628 D Dr. Kreutzmann (SPD) 631 B Reddemann (CDU/CSU) 634 D Fragestunde (Drucksache 7/156) Fragen A 12 und 13 des Abg. Reddemann (CDU/CSU) : Forschungsauftrag lokaler Zeitungen — Veröffentlichung des Ergebnisses Freiherr von Wechmar, Staatssekretär (BPA) . . . 571 A, B, C Reddemann (CDU/CSU) . . . 571 A, B, C Fragen A 43 und 44 des Abg. Schedl (CDU/CSU) : Doppelbesteuerungsabkommen mit Ostblockstaaten — Wettbewerbsvorteile für staatliche Baufirmen dieser Länder in der Bundesrepublik Deutschland Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 571 D, 572 A Schedl (CDU/CSU) . . . . . . . 572 A II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 Fragen A 48 und 49 des Abg. Leicht (CDU/CSU) : Überschreitung der im Haushaltsplan 1972 vorgesehenen Gesamtausgaben von 108,9 Milliarden DM — Sonderzahlung der Bundesregierung von 1170 Millionen DM an die Deutsche Bundesbahn und von 230 Millionen DM zur Ablösung der Zwischenfinanzierung der VEBA-Bezugsrechte Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 572 B, C, D, 573 B, C, D Leicht (CDU/CSU) . . . 572 D, 573 A, C Haehser (SPD) . . . . . . . . 573 C Fragen A 83 und 84 der Abg. Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) : Gesundheitsvorsorge und gesetzgeberische Maßnahmen in der Jugendzahnpflege Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär (BMJFG) . 574 A, B, C, D Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) 574 B, C, D Fragen A 85 und 86 des Abg. Geldner (FDP) : Zulassung des Konservierungsmittels Baycovin Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär (BMJFG) . . . . 574 D, 575 B, C, D Geldner (FDP) . . . . . . . . 575 B, C Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . . 575 C Fragen A 87 und 88 der Abg. Frau Stommel (CDU/CSU) : Neuordnung der Krankenpflegeausbildung Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär (BMJFG) . 576 A, B, C, D, 577 A, B Frau Stommel (CDU/CSU) . . 576 B, C, D Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 577 A Braun (CDU/CSU) 577 B Frage A 91 des Abg. Reiser (SPD) : Ämterhäufung beim Präsidenten der Bundesärztekammer Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär (BMJFG) . . . 577 C, D Reiser (SPD) . . . . . . . . . 577 C Frage A 93 des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Taschengeld von Altenheimbewohnern Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär (BMJFG) . . . . 577 D, 578 A, B Kiechle (CDU/CSU) 578 A, B Fragen A 95 und 96 des Abg. Dr. Enders (SPD) : Verwechslungsgefahr bei Spülmitteln mit Zitronenabbildungen Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär (BMJFG) . . . 578 C, D, 579 A Dr. Enders (SPD) . . . . . . . . 578 D Dr. Hammans (CDU/CSU) . 578 D Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . . 579 A Frage A 75 des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Verbesserung der ärztlichen Versorgung in den strukturschwachen Gebieten Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) 579 B, D, 580 A, B Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 579 D, 580 A Nordlohne (CDU/CSU) 580 B Frage A 76 des Abg. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) : Abgeltung der einem verrenteten Bergmann bis zur Flucht aus der DDR zugewiesenen Deputatkohle Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) . 580 C, 581 A, B Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 581 A Niegel (CDU/CSU) 581 B Frage A 77 des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Berichte betr. schleppende Bearbeitung der den landwirtschaftlichen Kranken- kassen vorliegenden Befreiungsanträge Rohde, Parl. Staatssekretär (BMA) 581 C, D, 582 A Niegel (CDU/CSU) . . . 581 D, 582 A Frage A 99 des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Ausbau der Verkehrswege im Zonenrandgebiet Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) 582 B, C, D Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 582 B, C Franke (Osnabrück) (CDU/CSU) . . 582 D Deutscher Bundestag -7. Wahlperiode— 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 III Frage A 100 des Abg. Löffler (SPD) : Kontrolle des Umlandverkehrs mit Schiffen von Hamburg zum Rhein durch die Behörden der DDR Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) . . 582 D Fragen A 101 und 102 des Abg. Picard (CDU/CSU) : Überfliegen der Bundesrepublik Deutschland mit Überschallflugzeugen — Verbot in anderen Staaten Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) . . 583 A, B, C, D Picard (CDU/CSU) . . . . . . 583 B, D Frage A 107 des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Verbilligte Eisenbahnfahrten für Rentner bei der Deutschen Bundesbahn Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) 584 A, B, C Kiechle (CDU/CSU) 584 A, B Haehser (SPD) 584 B Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) 584 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 638 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 639* A Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/ BMP) auf die Fragen A 2 und 3 — Drucksache 7/156 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. Forschungszentren der Euratom — Kooperation zwischen den europäischen Forschungszentren und der Industrie 639* B Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/ BMP) auf die Frage A 4 —Drucksache 7/156 — des Abg. Gallus (FDP) betr. Sicherung des Nachwuchsbedarfs für die Deutsche Bundespost und die Deutsche Bundesbahn . . . . . . . . . . . 639* D Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Frage A 5 — Drucksache 7/156 — des Abg. Dr. Böhme (Freiburg) (SPD) betr. Pressemeldung über die Einstellung des Personenverkehrs der Deutschen Bundesbahn . . . . . . . 640* B Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl (BMJ) auf die Frage A 41 — Drucksache 7/156 — des Abg. Dürr (SPD) betr. Verbesserung des Verwaltungsrechtsschutzes durch Einrichtung einer unabhängigen Widerspruchsinstanz . . . . 640* B Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Fragen A 45 und 46 — Drucksache 7/156 — des Abg. Dr. Nölling (SPD) betr. Beendigung des Versicherungsschutzes gegen Unfall im Rahmen der Verträge privater Versicherungsunternehmen mit Ablauf des 70. Lebensjahres 641* A Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage A 47 — Drucksache 7/156 — des Abg. Dr. Böhme (Freiburg) (SPD) betr. Auflösung der Bundesvermögensabteilung der Oberfinanzdirektion Freiburg . . . . . . . . . . . 641* B Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Fragen A 53 und 54 — Drucksache 7/156 — des Abg. Wolfram (SPD) betr. Neuregelung des Systems der Beihilfen für Kokskohle und Koks . . . 641* C Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage A 57 — Drucksache 7/156 — des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Äußerung des Mitglieds der EG-Kommission Lardinois über den innerdeutschen Handel 641* D Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Fragen A 60 und 61 — Drucksache 7/156 — des Abg. Zebisch (SPD) betr. Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und des regionalstatistischen Materials 642* A Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Fragen A 64 und 65 — Drucksache 7/156 — des Abg. Müller (Nordenham) (SPD) betr. Ein- und Verkauf von Arzneimitteln durch Apotheken bei Preiserhöhungen — Preisgestaltung auf dem Arzneimittelmarkt . . . . . 642* C IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode —14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Fragen A 66 und 67 — Drucksache 7/156 — des Abg. Dr. Schwörer (CDU/CSU) betr. Rationierungen für private und gewerbliche Energieverbraucher und betr. Prognosen über den Anteil der Kernenergie am gesamten Primärenergieverbrauch . . . . . . . . . 643 * C Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Fragen A 72 und 73 — Drucksache 7/156 — des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. die defizitäre Haushaltsentwicklung zahlreicher Allgemeiner Ortskrankenkassen — Abwälzung des Defizits der Krankenversicherung der Rentner auf Pflichtversicherte und freiwillig Versicherte 644* A Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage A 74 — Drucksache 7/156 — des Abg. Dr. Slotta (SPD) betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Gewährleistung besserer Ausbildung und zusätzlicher Arbeitsplätze für Zivildienstleistende 644* B Anlage 15 Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig (BMJFG) auf die Fragen A 89 und 90 — Drucksache 7/156 — des Abg. Kater (SPD) betr. Kadmium- und Bleivergiftungen durch Küchengeräte und -gefäße 644* D Anlage 16 Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig (BMJFG) auf die Frage A 92 — Drucksache 7/156 — des Abg. Rollmann (CDU/CSU) betr. Vorlage des Familienberichts 645* A Anlage 17 Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig (BMJFG) auf die Frage A 94 — Drucksache 7/156 — des Abg. Dr. Sperling (SPD) betr. Ausbildung der Mediziner 645* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode —14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 531 14. Sitzung Bonn, den 15. Februar 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 13 Sitzung, Seite 496 C, Zeile 14: Hinter „Drucksache 7/159" ist anzufügen „(neu)". Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 16. 2. Adams * 16. 2. Dr. Aigner * 16. 2. Dr. Arndt (Berlin) * 15. 2. Dr. Artzinger * 16. 2. von Alten-Nordheim 12. 3. Dr. Bangemann 24. 2. Behrendt * 16. 2. Buchstaller 17. 2. Dr. Burgbacher * 16. 2. Fellermaier * 16. 2. Flämig * 16. 2. Gerlach (Emsland) * 16. 2. von Hassel 15. 2. Hauser (Krefeld) 15. 2. Dr. Jahn (Braunschweig) * 16. 2. Kiep 23. 2. Dr. Kraske 15. 2. Dr. Kreile 16. 2. Freiherr von Kühlmann-Stumm 18. 2. Lange * 16. 2. Lautenschlager * 16. 2. Lemmrich** 16. 2. Lücker * 16. 2. Dr. Martin 17. 2. Memmel * 16. 2. Frau Dr. Orth * 16. 2. Schluckebier 15. 2. Schmidhuber 16. 2. Schmöle 15. 2. Dr. Schröder (Düsseldorf) 16. 2. Dr. Schulz (Berlin) 23. 2. Schwabe * 16. 2. Dr. Schwörer * 16. 2. Seefeld * 16. 2. Springorum * 16. 2. Dr. Starke (Franken) * 16. 2. Todenhoefer 15. 3. Weber (Heidelberg) 17. 2. Frau Will-Feld 24. 2. Wischnewski 23. 2. Wolfram * 16. 2. Baron von Wrangel 24. 2. Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 15. Februar 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/156 Fragen A 2 und 3): Wie gedenkt die Bundesregierung dafür zu sorgen, daß die Forschungszentren der EURATOM erhalten bleiben und zukunftsAnlagen zum Stenographischen Bericht weisende Aufgaben im Rahmen ihrer Forschungstätigkeit bearbeiten? Wie gedenkt die Bundesregierung im Rahmen ihrer nationalen Forschungspolitik eine Kooperation zwischen den europäischen Forschungszentren und der Industrie zu erreichen? Ihre Frage hat sich in erfreulicher Weise inzwischen erledigt. Denn der Ministerrat hat am 5./6. Februar 1973 ein Vier-Jahresprogramm für die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Atomgemeinschaft verabschiedet. Die Bundesregierung glaubt nach wie vor, daß die Arbeiten der Gemeinsamen Forschungsstelle einen wertvollen Beitrag zur europäischen Forschung leisten können. Forschungsthemen wie Reaktorsicherheit, Verhalten der Transurane, Kernmessungen, Materialforschung, Umweltschutz und Behandlung radioaktiver Abfälle zeigen beispielhaft, daß in der Gemeinsamen Forschungsstelle Arbeiten von aktuellem und auch zukünftigem Interesse durchgeführt werden. Eine Zusammenarbeit zwischen den europäischen Forschungszentren und der Industrie ist im Rahmen der nationalen Forschungspolitik schon in vielen Fällen erzielt worden und wird vom Bundesministerium für Forschung und Technologie gefördert. In der Regel handelt es sich dabei um Fälle der Zusammenarbeit zwischen Industrie, nationalen Forschungszentren und den europäischen Forschungsanlagen. Beispielsweise hat Euratom in der SchnellBrüter-Entwicklung, der Hochtemperatur-ReaktorEntwicklung und bei der Reaktorsicherheit eine Reihe von Forschungsaufträgen übernommen und ist auch in den kommenden Jahren auf diesem Gebiet tätig. Außerdem kann die Industrie direkt Forschungsaufträge an die Gemeinsame Forschungsstelle vergeben. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 15. Februar 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gallus (FDP) (Drucksache 7//156 Frage A 4) : Was wird die Bundesregierung unternehmen, um bei dem allgemeinen Mangel an Ingenieuren und Diplom-Ingenieuren den Nachwuchsbedarf für die Deutsche Bundespost und die Deutsche Bundesbahn zu sichern? Für die Laufbahn des höheren posttechnischen und des höheren fernmeldetechnischen Dienstes kann der Personalbedarf ohne Schwierigkeiten gedeckt werden. Dagegen ist das Bewerberangebot für den höheren hochbautechnischen Dienst unzureichend. Hier versucht die Deutsche Bundespost durch Werbemaßnahmen in verstärktem Umfang Nachwuchskräfte zu gewinnen. Außerdem wird die Einstellung von „anderen Bewerbern" im Sinne der Bundeslaufbahnverordnung in Erwägung gezogen. In den Laufbahnen des gehobenen technischen Dienstes versucht die Deutsche Bundespost im Rahmen ihres Handlungsspielraumes den Fehlbestand an Ingenieuren durch folgende Maßnahmen abzubauen: 640* Deutscher Bundestag —7. Wahlperiode —14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 a) Gewährung von Ausbildungsbeihilfen für Fachoberschüler, b) Gewährung von Studienbeihilfen für IngenieurStudenten, c) Bereitstellung von Studienplätzen an posteigenen Fachschulen des Ingenieurwesens, d) intensive Nachwuchswerbung. Im höheren technischen Bundesbahndienst besteht z. Z. nur in der Fachrichtung Bauingenieurwesen ein Fehlbestand von 25 Diplomingenieuren. Durch Gewährung von Studienbeihilfen (z. Z. werden 68 Studenten gefördert) und gezielte Werbemaßnahmen wird versucht, die fehlenden Diplomingenieure für die Deutsche Bundesbahn zu interessieren. In den übrigen Fachrichtungen des höheren Dienstes können Nachwuchskräfte z. Z. in ausreichender Zahl gewonnen werden, Im gehobenen technischen Dienst fehlen z. Z. rd. 300 Ingenieure, überwiegend solche der Fachrichtung Bauingenieurwesen. Die Bundesbahn hat zum Abbau dieses Fehlbestandes folgende Maßnahmen ergriffen: a) Gewährung von Studienbeihilfen Zur Zeit werden rd. 700 Studierende an Fachhochschulen gefördert, b) Intensive Werbemaßnahmen, c) Freistellung von Mitarbeitern zur Durchführung eines Studiums an einer Fachhochschule, ) d) Vermittlung der Vorbildungsvoraussetzungen an Mitarbeiter für die spätere Aufnahme des Studiums an einer Fachhochschule. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 15. Februar 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Böhme (Freiburg) (SPD) (Drucksache 7/156 Frage A 5) : Besteht die Absicht, wie in der Presse (Zeitschrift „Bus-Fahrt" Januar 1973) diskutiert, daß möglicherweise die Deutsche Bundespost 1973 den Personenverkehr mit eigenen Linienbussen einstellt und den Omnibusverkehr der Deutschen Bundesbahn überträgt? Es ist nicht beabsichtigt, den Personenverkehr der Deutschen Bundespost mit eigenen Linienbussen einzustellen und den Omnibusverkehr der Bundesbahn zu übertragen. Anlage 5 Antwort des Par]. Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 15. Februar 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dürr (SPD) (Drucksache 7/156 Frage A 41): Teilt die Bundesregierung die von der Enquetekommission Verfassungsreform des 6. Deutschen Bundestages in ihrem Zwischenbericht geäußerte Auffassung (Drucksache VI 3829, S. 34), daß durch die Einrichtung einer unabhängigen Widerspruchsinstanz im Bereich der Verwaltung der Verwaltungsrechtsschutz verbessert werden kann? Die Enquetekommission für Fragen der Verfassungsreform hat in ihrem Zwischenbericht keinen Bedarf für die Einführung eines „Ombudsmans" gesehen, jedoch die Einrichtung einer Widerspruchsinstanz in der Verwaltung angeregt, die — so wörtlich aus dem Zwischenbericht, Bundestagsdrucksache VI /3829 S. 34 unter 3.4.2. — „mit richterlicher Unabhängigkeit und voller Verwaltungskompetenz das beanstandete Verhalten hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit überprüfen kann". Die Bundesregierung ist dabei, diesen ihr erst kürzlich zugegagenen Bericht zu prüfen. Auch zu dem in Ihrer Frage angesprochenen Punkt liegt daher noch keine abschließende Meinung vor. Die von der Enquetekommission vorgeschlagene Regelung wäre möglicherweise mit Vorteilen verbunden. In manchen Fällen mag der Bürger einem unabhängigen Gremium mehr Vertrauen entgegenbringen als einer weisungsgebundenen Behörde. Mit der Einrichtung eines solchen Gremiums könnte daher ein zu begrüßender Befriedigungseffekt verbunden sein. Dies würde zu einer gewissen Entlastung der Verwaltungsgerichte führen. Andererseits sind Nachteile nicht zu verkennen, die eine solche Regelung mit sich brächte. Die von der Enquetekommission vorgeschlagene unabhängige Widerspruchsinstanz wäre aus der parlamentarischen Kontrolle der Exekutive entlassen. Dies erschiene wegen des Demokratieprinzips nicht unbedenklich. Auch die Gleichbehandlung aller Bürger erscheint durch das für die Verwaltung bisher typische Hierarchieprinzip besser gewährleistet. Soweit im übrigen die Enquetekommission von „richterlicher Unabhängigkeit" spricht, dürfte sie die Freiheit von Weisungen, also eine sachliche Unabhängigkeit meinen. Die richterliche Unabhängigkeit ist durch Art. 97 GG festgelegt. Sie umfaßt die sachliche und die persönliche Unabhängigkeit. Würden die Mitglieder der von der Kommission angeregten Instanz auch persönlich unabhängig, so wäre die Instanz keine Einrichtung „in der Verwaltung" mehr, sondern ein Gericht. Auch eine sachliche Unabhängigkeit ist grundsätzlich nur beim gesetzesgebundenen Richter gerechtfertigt. Auf die Verwaltung mit ihrem weiten Gestaltungsspielraum läßt sich diese Unabhängigkeit nicht ohne weiteres übertragen. Die Frage, ob unabhängige Entscheidungsgremien eingeführt werden sollten, läßt sich deshalb nicht allgemein beantworten. Die Antwort setzt vielmehr eine Untersuchung für jedes einzelne Aufgabengebiet der Verwaltung voraus. In diesem Zusammenhang muß auch jeweils gesondert geprüft werden, ob der Bund für eine etwaige Regelung eine Gesetzgebungskompetenz hätte. Im Rahmen des § 73 der Verwaltungsgerichtsordnung und aufgrund bestimmter Bundesgesetze bestehen in einzelnen Ländern und in Teilbereichen der Bundesverwaltung bereits Ausschüsse zur Überprüfung von Verwaltungsakten. Diese Ausschüsse sind zum Teil, so etwa nach dem Ausführungsgesetz des Landes Rheinland Pfalz zur VwGO, frei von Weisungen anderer Stellen. Bei einer endgültigen Entscheidung der Bundesregierung werden die Erfahrungen, die mit diesen Gremien bisher gemacht worden sind, zu berücksichtigen sein. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vorn 15. Februar 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Nölling (SPD) (Drucksache 7/156 Fragen A 45 und 46) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß private Versicherungsunternehmen in ihren Verträgen über Versicherungsschutz gegen Unfall ausdrücklich vorsehen, daß der Versicherungsschutz mit Ablauf des 70. Lebensjahres endet? Hält die Bundesregierung solche Klauseln angesichts der besonderen Schutzbedürftigkeit der älteren Menschen sozialpolitisch für vertretbar? Der Bundesregierung ist bekannt, daß die privaten Versicherungsunternehmen die Unfallversicherungsverträge wegen des höheren Unfallrisikos in der Regel auslaufen lassen, wenn der Versicherte das 70. Lebensjahr vollendet hat. Der Zweck einer privaten Unfallversicherung besteht primär darin, die im Erwerbsleben stehenden Personen gegen unfallbedingte Verdienstausfälle zu versichern. Bei Personen, die bereits im Ruhestand leben, ist eine solche Einkommensschmälerung in der Regel nicht mehr zu befürchten, da die Altersversorgung ohne Rücksicht auf den Unfall fortbesteht. Ist der Versicherte dagegen noch berufstätig, besteht bei einem großen Teil der Versicherer die Möglichkeit, den Unfallversicherungsschutz — wenn auch zu eingeschränkten Bedingungen und zu einem höheren Beitrag über das 70. Lebensjahr hinaus forzuführen. Wenn man darüber hinaus noch berücksichtigt, daß die betroffenen Personen für Unfallschäden auch nicht ohne Krankenversicherungsschutz sind, da dieser — sei es auf Grund eines privaten Versicherungsvertrages, sei es auf Grund der Sozialversicherung — nach Vollendung des 70. Lebensjahres fortbesteht, wird man sagen können, daß der von Ihnen genannte Personenkreis in der Regel ausreichend sozial abgesichert ist. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 15. Februar 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Böhme (Freiburg) (SPD) (Drucksache 7/156 Frage A 47): Besteht die Absicht, die Bundesvermögensabteilung der Oberfinanzdirektion Freiburg aufzulösen und ihren bisherigen Dienstbereich der Oberfinanzdirektion Karlsruhe zuzuordnen? Es wird erwogen, die Bundesvermögensabteilungen der Oberfinanzdirektionen Freiburg und Karlsruhe wegen ihrer geringen Größe zusammenzulegen. Über den zukünftigen Sitz einer vereinigten Bundesvermögensabteilung Freiburg/ Karlsruhe ist noch nicht entschieden worden. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 14. Februar 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Wolfram (SPD) (Drucksache 7/156 Fragen A 53 und 54) : Wie beurteilt die Bundesregierung die durch den Ministerrat der EWG-Gemeinschaften erfolgte Ablehnung einer Neuregelung des Systems der Beihilfen für Kokskohle und Koks, und welche Auswirkungen ergeben sich daraus sowohl für den deutschen Steinkohlenbergbau und die deutsche Stahlindustrie? Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, anstelle des am 31. Dezember 1972 ausgelaufenen Beihilfesystems ab 1. Januar 1973 eine Übergangs- und Abschlußregelung zu schaffen, und welche Schritte gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um möglichst bald auf Gemeinschaftsebene ein wirkungsvolles neues Beihilfesystem zu erreichen? Die Bundesregierung hat sich zu den von Ihnen, Herr Kollege Wolfram, gestellten Fragen im wesentlichen bereits in der Fragestunde am 31. Januar 1973 anläßlich der Beantwortung entsprechender Fragen des Kollegen Brück geäußert. Ich darf Sie insoweit auf die bei dieser Gelegenheit von mir gegebenen Antworten verweisen. Ergänzend dazu möchte ich darauf hinweisen, daß der Ministerrat eine Neuregelung des Systems der Beihilfen für Kokskohle und Koks nicht abgelehnt, sondern die Ständigen Vertreter mit einer erneuten Prüfung des Fragenkreises und der Ausarbeitung eines entsprechenden Vorschlages an den Rat beauftragt hat. Aufgrund dieses Mandats ist die zuständige Arbeitsgruppe des Ministerrats zur Zeit damit beschäftigt, die Elemente eines Lösungsvorschlages für das Kokskohleproblem in der Gemeinschaft auszuarbeiten. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sollen dem Ministerrat bis zum 31. März 1973 vorgelegt werden. Unter diesen Umständen hält es die Bundesregierung auch nicht für opportun, eine Übergangslösung anzustreben oder darüber in den Gremien des Ministerrates zu verhandeln. Die Auswirkungen der Entscheidung des Ministerrates lassen sich erst beurteilen, wenn der Ministerrat erneut über das Problem beraten haben wird. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 14. Februar 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/156 Frage A 57): Nachdem die Bundesregierung mehrfach geäußert hat, daß der innerdeutsche Handel auch nach der Ratifizierung des Grundvertrags aufrechterhalten bleibt, frage ich die Bundesregierung, wie sie die Äußerung des für Agrarfragen in der EWG-Kommission zuständigen Kommissars Lardinois in Berlin wertet, „daß sich der Status des innerdeutschen Handels nach der Mitgliedschaft beider deutscher Staaten in der UNO ändern könne", und was sie zu tun gedenkt, um dies zu verhindern. Die Bundesregierung steht auf dem Standpunkt, daß der innerdeutsche Handel, der abschöpfungs- und zollfrei abgewickelt wird, auch künftig durch das Protokoll im Anhang zum EWG-Vertrag abgesichert bleibt. Diese Rechtslage wird weder durch den Abschluß des Grundvertrages noch durch die Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die UNO berührt. Das EWG-Protokoll geht davon aus, daß 642* Deutscher Bundestag-7. Wahlperiode— 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 der Handel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik „innerdeutscher Handel", also Handel innerhalb Deutschlands ist. Beide deutsche Staaten sind nach Auffassung der Bundesregierung weiterhin Teil einer Nation. Eines der Elemente, in denen dies zum Ausdruck kommt, ist gerade der innerdeutsche Handel, dessen besondere Regelung auch von der DDR akzeptiert wird. Es besteht daher keinerlei Anlaß, an dem Status des innerdeutschen Handels, wie er durch das EWG-Protokoll garantiert wird, etwas zu ändern. Das Protokoll ist eine vertragliche Bestimmung des EWG-Vertrages, welche alle EWG-Mitgliedstaaten ebenso bindet wie die übrigen Vertragsvorschriften. Bei etwa auftretenden Schwierigkeiten werden wir natürlich Verbindung mit anderen Mitgliedstaaten in der Gemeinschaft aufnehmen, um wie bisher nach geeigneten Lösungen zu suchen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 14. Februar 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/156 Fragen A 60 und 61): Wie beurteilt die Bundesregierung auf Grund der bisherigen Erfahrungen die Auswirkungen des EWG-Regionalfonds im Hinblick auf die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland? Welche Möglichkeiten eröffnen nach Auffassung der Bundesregierung die Bestrebungen zur Automatisierung von Verwaltungsvorgängen im Hinblick auf die Verbesserung des regionalstatistischen Materials? Zu Frage A 60: Auf der Pariser Gipfelkonferenz haben die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der erweiterten Gemeinschaft die Gemeinschaftsorgane aufgefordert, bis zum 31. Dezember 1973 einen Fonds für Regionalentwicklung einzurichten, der von Beginn der 2. Stufe zur Wirtschafts- und Währungsunion an seine Tätigkeit aufnehmen und aus eigenen Einnahmen der Gemeinschaft finanziert werden soll. Die Bundesregierung wird sich in den nun beginnenden Beratungen für eine enge Verzahnung des gemeinschaftlichen Mitteleinsatzes mit den regionalen Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten einsetzen. Auf diese Weise erwarten wir einen wirksamen Beitrag zur Lösung der vordringlichsten Regionalprobleme der Gemeinschaft. Zu Frage A 61: Die Bundesregierung widmet seit geraumer Zeit der Verbesserung des regionalstatistischen Materials ihre besondere Aufmerksamkeit. Ein gemeinsames Programm für Bund und Länder ist entwickelt worden, das einen Gesamtüberblick über die gesellschaftliche und wirtschaftliche Struktur und Entwicklung von Regionen ermöglicht. Das regionalstatistische Programm wurde als erste Aufgabe für die in Entwicklung befindlichen Datenbänke bei Bund und Ländern aufgenommen. Dabei wurde zunächst von den Statistiken ausgegangen, die von den Statistischen Ämtern erhoben und durchgeführt werden. Die Bestrebungen zur Automatisierung in der öffentlichen Verwaltung werden es ermöglichen, noch zusätzliches Material für Regionaluntersuchungen zu gewinnen. Durch den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung bei der Einrichtung und Führung von Einwohnerregistern, durch die Automatisierung der Steuerverwaltung und der entsprechenden Pläne für die Sozialversicherung, durch automatisierte Register in der Justizverwaltung, in der Hochschul- und Schulverwaltung usw. werden in der öffentlichen Verwaltung in Zukunft eine Reihe von Unterlagen laufend in einer Form zur Verfügung stehen, die in verstärktem Maße Regionalangaben bereitstellen. Allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis alle diese Register automatisiert und funktionsfähig sind. Anlage 11 Antwort des Pari. Staatssekretärs Grüner vom 14. Februar 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Müller (Nordenham) (SPD) (Drucksache 7/156 Fragen A 64 und 65) : Entspricht die Möglichkeit, daß Apotheken vom Großhandel oder vom Hersteller (pharmazeutische Industrie) bei eintretenden Preiserhöhungen noch vor dein bestimmten Termin Arzneimittel zum alten Preis einkaufen können und diese dann, obwohl sie sie noch billiger eingekauft haben, zum neueren höheren Verkaufspreis verkaufen können, der zur Zeit gültigen rechtlichen Regelung? Wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um auf dem Arzneimittelmarkt eine Preisgestaltung, die den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft und dem Ziel der Wiedergewinnung einer gewissen Preisstabilität widerspricht, so schnell wie möglich zu beenden? Zu Frage A 64: In der Deutschen Arzneitaxe — letzte Ausgabe 1968 — sind für die von der Industrie hergestellten Arzneimittel (etwa 95 % des Arzneimittelumsatzes) Höchstspannen nach Preisklassen in Form von degressiv gestaffelten Zuschlägen festgesetzt. Für die Rezepturen und die galenische Zubereitung der Apotheken (etwa 5 % des Arzneimittelumsatzes) gelten Höchstpreise. Sie sprechen, Herr Abgeordneter, in Ihrer Frage die Industrieerzeugnisse an. Nach der derzeitigen preisrechtlichen Regelung — freie Preisbildung auf der Erzeugerstufe, mit Preisempfehlungen an den Großhandel und staatlich geregelten Apothekenhöchstspannen — müßte Verbraucherpreisdifferenzierung das Ergebnis sein. Tatsächlich haben wir aber für jedes Arzneimittel einen einheitlichen Verbraucherpreis. Dieser wird mit Hilfe von Preislisten herbeigeführt, die von der Arbeitsgemeinschaft der Berufsvertretungen Deutscher Apotheker (ABDA) herausgegeben werden. Preiserhöhungen der Hersteller werden der ABDA so gemeldet, daß die Apotheker in der Regel mit Hilfe der Preislisten zum Stichtag über die Preiserhöhungen unterrichtet sind. Wenn Apotheker nach billigerem Einkauf die inzwischen erfolgten Preiserhöhungen beim Verkauf Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 643* berücksichtigen, widerspricht dies nicht der gegenwärtigen Rechtslage. Was mit dem geltenden Preis- und Kartellrecht unvereinbar ist, ist das Verfahren, das zur Einheitlichkeit der Verbraucherpreise für jedes Arzneimittel führt. Dies ist aber bisher vom Bundeskartellamt gebilligt worden. Im Zuge der Arbeiten eines interministeriellen Arbeitskreises für die Preisgestaltung auf dem Arzneimittelmarkt soll auch dieses Verfahren neu geregelt werden. Der Arbeitskreis setzt sich zusammen aus Vertretern des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, des Bundesministeriums für Wirtschaft, dem die Federführung der Arbeiten obliegt, und des Bundeskartellamtes. Zu Frage A 65: Wie ich bereits den Herren Abgeordneten Vogt und Dr. Geßner mitgeteilt habe, hat der Vorsitzende des von mir erwähnten interministeriellen Arbeitskreises, Ministerialrat Karl Bauer aus meinem Hause, auf Grund umfangreichen Materials und unter Berücksichtigung zahlreicher Beiträge aus Wirtschaft und Wissenschaft ein Arbeitspapier erstellt, das in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist und zur Zeit in einer Gesprächsrunde mit allen Marktbeteiligten erörtert wird. Das Ziel ist folgendes: 1. Herbeiführung von klaren Verhältnissen bei der Preisbildung von den industriellen Herstellern über den Großhandel bis zum Apotheker. Dabei geht es darum, rechtlich einwandfrei zumindest für jedes apothekenpflichtige Arzneimittel einen einheitlichen Verbraucherpreis in der Bundesrepublik herbeizuführen. In diesem Zusammenhang steht auch eine grundlegende Neuordnung der Deutschen Arzneitaxe zur Diskussion. 2. Schaffung einer nach Indikationen geordneten pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Transparenz als Grundlage für die Dispositionen aller Marktbeteiligten. Die Transparenz soll umfassend und so objektiv wie möglich gestaltet und daher vom Staat durchgeführt werden. Diese für das Ganze sehr bedeutungsvolle Aufgabe soll dem Bundesgesundheitsamt in Berlin übertragen werden. 3. Stärkung der Marktstellung der Krankenversicherung, die in der Lage sein soll, hinsichtlich der Höhe der Arzneimittelpreise wesentlich wirkungsvoller als bisher die Interessen der Verbraucher zur Geltung zu bringen. Zur Zeit ist die Gesprächsrunde mit den Marktbeteiligten unterbrochen, um zunächst in einer Ressortberatung Zwischenbilanz und Folgerungen aus den zusätzlich gewonnenen Erkenntnissen zu ziehen. Die Arbeiten sollen dann, auch unter weiterer Beteiligung der Wirtschaftskreise, so fortgesetzt werden, daß der interministerielle Arbeitskreis so bald wie möglich endgültige Vorschläge unterbreiten kann. Die Bundesregierung wird selbstverständlich, Herr 1 Abgeordneter, bemüht sein, so bald wie möglich eine Neuordnung auf dem Arzneimittelmarkt aus preis- und wettbewerbspolitischer Sicht zu erreichen, die der Bedeutung dieses Marktes für uns alle entspricht. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 14. Februar 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/CSU) (Drucksache 7/156 Fragen A 66 und 67) : Ist unter dem Aspekt der derzeitig vorliegenden Planungen für den Aus- und Aufbau von Kraftwerken gesichert, daß Rationierungen für private und gewerbliche Energieverbraucher, wie sie — bei besonders niedrigen Temperaturen — in den USA vom Direktor der US-Notstandsbehörde, General George A. Lincoln, in diesem Winter als möglich angekündigt wurden, in der Bundesrepublik Deutschland auch auf Dauer ausgeschlossen sind? Welchen Wirklichkeitsgehalt mißt die Bundesregierung angesichts der heute gültigen Genehmigungsverfahren und der vielseitigen Schwierigkeiten bei der Standortwahl für Kernkraftwerke solchen Prognosen hei, die von einem 20%igen Anteil der Kernenergie am gesamten Primarenergieverbrauch ausgehen? Zu Frage A 66: Die in der Elektrizitätswirtschaft derzeitig vorliegenden Planungen sind darauf abgestellt, die Sicherheit der Versorgung in den nächsten 10 Jahren, also bis etwa 1982, zu gewährleisten. Die Planungen betreffen den Bau neuer Kraftwerke, davon etwa 50 % Kernkraftwerke und der erforderlichen Verbundleitungen. Sie schließen diejenigen Reserven ein, die auch extremen Verhältnissen, d. h. des Zusammentreffens technischer Ausfälle, kalter und wasserarmer Winter und einer Überkonjunktur Rechnung tragen würden. Zu Frage A 67: Die Kernenergie wird — bezogen auf die Stromerzeugung — noch vor 1980 einen Anteil von 20 % erreichen und, bezogen auf die gesamte Primärenergieversorgung der Bundesrepublik, einen Anteil von 20 % etwa um die Mitte des nächsten Jahrzehnts. Soweit es sich heute beurteilen läßt, wird die Sicherheit der Versorgung durch die bereits im Bau befindlichen Kraftwerke und Leitungen trotz einiger Verzögerungen bis zur Jahreswende 1977/78 voll gewährleistet sein. Danach gibt es aber für die bis etwa 1982 in Betrieb zu nehmenden und jetzt noch in der Planung befindlichen Vorhaben mannigfache Schwierigkeiten bei den Standort- und Baugenehmigungen. Die Bundesregierung ist bemüht, diesen Schwierigkeiten zu begegnen. Einer der Schwerpunkte des neuen Energiewirtschaftsrechts wird die Sicherung der Versorgung sein. Auch bei ihren Überlegungen zum energiepolitischen Programm wird die Bundesregierung prüfen, wie weit die vorausschauende Vorklärung möglicher Standorte und eine Straffung der Genehmigungsverfahren erreicht werden kann. Diese Voraussetzungen müssen erfüllt werden, um der Kernkraft als sicheren und umweltfreundlichen Energieträger die ihr zukommende tragende Rolle in der Stromversorgung zu geben. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 15. Februar 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/156 Fragen A 72 und 73): Ist der Bundesregierung die defizitäre Haushaltsentwicklung zahlreicher Allgemeiner Ortskrankenkassen bekannt, die sich daraus ergibt, daß die Pflichtversicherten und die freiwillig Versicherten der Allgemeinen Ortskrankenkassen durch ihre Beiträge das Defizit der Krankenversicherung der Rentner decken müssen, was nur durch eine kontinuierliche Erhöhung der Beitragssätze zu Lasten der bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen Versicherten möglich ist? Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu ergreifen, um ohne zusätzliche Belastung der Rentner sicherzustellen, daß die dem Gleichheitsgrundsatz widersprechende Abwälzung der Defizite auf einen verhältnismäßig kleinen Versichertenkreis durch eine gerechtere Lösung ersetzt wird? Die von Ihnen genannte finanzielle Entwicklung der Krankenversicherung der Rentner ist insbesondere durch die folgenden zwei strukturellen Probleme gekennzeichnet: 1. ist der Finanzierungsanteil der Krankenversicherung an der Krankenversicherung der Rentner, der durch Gesetz festgelegt ist, von 1968 bis 1972 von 20 v. H. auf rd. 40 v. H. angestiegen. Bei unveränderter Rechtslage würde dieser Anteil in Zukunft weiter ansteigen, wobei allerdings das Rentenreformgesetz mittelfristig zu einer gewissen Stabilisierung der Finanzentwicklung führen würde. Die Ursache dieser Entwicklung liegt vor allem darin, daß der Leistungsaufwand in der Krankenversicherung der Rentner — trotz der Leistungsverbesserungen durch das Rentenreformgesetz — wesentlich schneller ansteigt als das Rentenvolumen der Rentenversicherung, nach dem sich die Beiträge der Rentenversicherung bemessen. 2. führt die gegenwärtige KVdR-Beitragsformel zu einer ungleichen Belastung der Krankenkassen. Diese Entwicklung würde sich bei unveränderter Rechtslage noch verstärken. Die Bundesregierung hat daher eine umfassende Überprüfung der Finanzierung der Rentner-Krankenversicherung eingeleitet. Auch die Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung erarbeitet gegenwärtig Lösungsvorschläge. Dabei ist neben der Überprüfung der Aufteilung der Finanzierung der Rentner-Krankenversicherung zwischen Rentenversicherung und Krankenversicherung insbesondere eine gleichmäßigere Beteiligung der Krankenversicherten an der Finanzierung der Rentner-Krankenversicherung vordringlich. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 15. Februar 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Slotta (SPD) (Drucksache 7/156 Frage A 74): Wann will die Bundesregierung dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorlegen, der insbesondere fur die Zivildienstleistenden eine bessere Ausbildung und mehr Arbeitsplätze gewährleistet, und wie beurteilt die Bundesregierung die Feststellung des Präsidenten des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland, Theodor Schober, „daß sich die Mehrzahl der Ersatzdienstpflichtigen im diakonischen Bereich als hervorragende und verläßliche Mitarbeiter bewährt haben" und mit ihrer Verweigerung des Kriegsdienstes eine überdurchschnittlich hohe Bereitschaft zum sozialen Engagement verbinden? Dem Deutschen Bundestag wird in diesen Tagen der Entwurf eines Dritten Änderungsgesetzes zum Gesetz über den zivilen Ersatzdienst zugeleitet. Dieses Gesetz greift die von Ihnen aufgeworfenen Fragen auf. Es sieht u. a. vor, daß die Dienstleistenden des zivilen Ersatzdienstes zu Beginn ihres Dienstes in Lehrgängen über Wesen und Aufgabe des Zivildienstes sowie über ihre Rechte und Pflichten als Dienstleistende unterrichtet und in die Tätigkeit, für die sie vorgesehen sind, eingeführt werden. Durch die Möglichkeit, auf den Kostenbeitrag der Beschäftigungsstellen ganz oder teilweise zu verzichten, soll künftig die Bereitschaft zur Beschäftigung von Dienstleistenden gefördert werden. Die vorgesehene Übertragung von Verwaltungsaufgaben des zivilen Ersatzdienstes auf Verbände von Beschäftigungsstellen, wobei die entstehenden Kasten erstattet werden, soll gleichfalls zusätzliche Plätze schaffen. Außerdem wird der Gesetzentwurf die bisherigen Tätigkeitsbereiche ausweiten. Soweit es die Äußerung des Präsidenten des Diakonischen Werkes angeht, darf ich auf die Antwort der Bundesregierung in der Fragestunde vom 1. Februar 1973 auf die entsprechende Frage 112 des Herrn Kollegen Dr. Schmude verweisen. Anlage 15 Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom 14. Februar 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache 7/156 Fragen A 89 und 90) : Kann die Bundesregierung den Inhalt des Berichtes „Tod aus dem Topf" im „Stern" (Heft Nr. 5/1973) bestätigen, wonach vor allem importierte Küchengeräte und -gefäße die Ursache für Kadmium- und Bleivergiftungen sein können? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun bzw zu veranlassen, uni dafür zu sorgen, daß die Vergiftungsgefahren durch kadmiumhaltige Emaillierungen gußeiserner Küchengeräte oder bleihaltige Farben keramischer Töpfe und Schüsseln in Zukunft beseitigt werden? Zu Frage A 89: Die Bundesregierung kann die Feststellungen in dem von Ihnen zitierten Artikel im „STERN" nicht bestätigen. Vergiftungsfälle mit Todesfolge infolge des Übergangs von Cadmium- und Bleiverbindungen aus Küchengeräten und -gefäßen sind hier nicht bekanntgeworden. Von den obersten Landesgesundheitsbehörden ist lediglich ein Fall berichtet worden, bei dem eine Bleivergiftung infolge der Verwendung eines aus dem Ausland mitgebrachten Keramiktopfes eingetreten ist. Zu Frage A 90: Küchengeräte und Küchengefäße sind Bedarfsgegenstände im Sinne des Lebensmittelgesetzes. Diese müssen so hergestellt und verpackt sein, daß sie bei bestimmungsgemäßen oder vorauszusehendem Gebrauch nicht geeignet sind, die menschliche Deutscher Bundestag-7. Wahlperiode— 14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 645e Gesundheit durch ihre Bestandteile oder Verunreinigungen zu schädigen. Außerdem dürfen von ihnen keine fremden Stoffe auf Lebensmittel oder deren Oberfläche übergehen. Hiervon ausgenommen sind gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche Anteile, die technisch unvermeidbar sind. Hersteller und Inverkehrbringer haften für die Einhaltung dieser Anforderungen. Die Bedarfsgegenstände werden von den für die Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen zuständigen Behörden der Bundesländer kontrolliert. Die Überwachung erstreckt sich sowohl auf inländische als auch auf importierte Erzeugnisse. Um die Durchführung der Kontrolle zu verbessern, ist das Bundesgesundheitsamt beauftragt worden, Grenzwerte für die Abgabe von Cadmium und Blei aus Bedarfsgegenständen festzulegen, die als gesundheitlich unbedenklich und technisch unvermeidbar im Sinne des Lebensmittelgesetzes angesehen werden können. Anlage 16 Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom 14. Februar 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/156 Frage A 92) : Wann gedenkt die Bundesregierung, den für den vergangenen Herbst vorgesehenen Familienbericht vorzulegen? Nach dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 18. Juni 1970 ist der nächste Bericht über die Lage der Familien in der Bundesrepublik Deutschland zum 30. Juni 1974 zu erstatten. Bei dem in Ihrer Frage angesprochenen Bericht handelt es sich offensichtlich um den für die 6. Legislaturperiode erbetenen Zwischenbericht. Infolge der vorzeitigen Auflösung des 6. Deutschen Bundestages konnte der Auftrag zur Vorlage des Zwischenberichts nicht mehr erfüllt werden. Hierüber ist der Präsident des Deutschen Bundestages mit meinem Schreiben vom 16. Oktober 1972 unterrichtet worden. Die für den Zwischenbericht erarbeiteten Expertisen sollen in Kürze in der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit veröffentlicht werden. Der nächste Familienbericht wird dem Deutschen Bundestag zum 30. Juni 1974 vorgelegt werden. Anlage 17 Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom 14. Februar 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Sperling (SPD) (Drucksache 7/156 Frage A 94) : Hält die Bundesregierung eine universitäre Medizinerausbildung für angemessen, bei deren Ende 33 % der Examenskandidaten keine Blutgruppenbestimmung, 52 % keine Wundversorgung, 61 % keine Schockbehandlung vornehmen können und ein guter Teil derjenigen, die sich diese Kenntnisse zutrauen, dieselben hei Nachtwachen gelernt haben, die sie der Finanzierung ihres Studiums wegen, aber nicht im Rahmen ihrer geplanten Ausbildung leisteten? Eine ärztliche Ausbildung, die die von Ihnen gerügten Mängel aufweisen würde, hielte die Bundesregierung selbstverständlich nicht für angemessen. Die von Ihnen zitierten Zahlen — Ergebnis einer soeben veröffentlichten Umfrage unter 101 Examenskandidaten der Freien Universität Berlin, können allerdings keinen Anspruch erheben, repräsentativ für die Situation der Medizinerausbildung in der Bundesrepublik zu sein. Da jedoch die Notwendigkeit zu einer Verbesserung der Ausbildung auf den von Ihnen genannten Gebieten seit langem bekannt war, sind sie in den Prüfungsstoffkatalogen der am 28. Oktober 1970 erlassenen neuen Approbationsordnung für Ärzte, die am 1. Oktober 1970 in Kraft trat, ausdrücklich aufgeführt worden. Damit auch die praktische Ausbildung auf diesen Gebieten sichergestellt ist, wurde zusätzlich der Nachweis der regelmäßigen und erfolgreichen Teilnahme an einem „Kursus der allgemeinen klinischen Untersuchungen in dem nichtoperativen und dem operativen Stoffgebiet" sowie an „Praktischen Übungen für akute Notfälle und Erste ärztliche Hilfe" ausdrücklich vorgeschrieben. Mit der Einführung des sogenannten Internatsjahres (das ist das letzte Ausbildungsjahr vor dem Dritten, die ärztliche Ausbildung abschließenden Abschnitt der Ärztlichen Prüfung), das in Form einer ganztätigen Ausbildung am Krankenbett durchgeführt wird, wird die praktische Ausbildung weiterhin vertieft, so daß ich annehme, daß die von Ihnen aufgezeigten Mängel in Zukunft nicht mehr auftreten werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Egon Bahr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    er wird es sicher erklären können; denn für Bundesminister — da stimmen Sie sicher mit mir überein — gilt die Vermutung besonders entwickelten Scharfsinns.

    (Abg. Leicht: Nicht von vornherein!)

    Ich komme nun zu dem Art. 5 des Vertrages, bei dem ich beim besten Willen gar keinen Vorbehalt habe und dem meine politischen Freunde aus vollem Herzen zustimmen. Warum das so unmittelbar einleuchtend ist, das sieht man ganz einfach, wenn man ihn nur vorliest. Dieser Art. 5 —

    (Abg. Frau Berger [Berlin]: Seite 4!) — Ja, ja, ich habe ihn schon.

    Die Bundesrepublik Deutschland -- so lautet der Art. 5 —
    und die Deutsche Demokratische Republik werden friedliche Beziehungen zwischen den europäischen Staaten fördern und zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa beitragen. Sie unterstützen die Bemühungen um eine Verminderung der Streitkräfte und Rüstungen in Europa, ohne daß dadurch Nachteile für die Sicherheit der Beteiligten entstehen dürfen.
    Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden mit dem Ziel einer allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter wirksamer internationaler Kontrolle der internationalen Sicherheit dienende Bemühungen um Rüstungsbegrenzung und Abrüstung, insbesondere auf dem Gebiet der Kernwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen, unterstützen.
    Ich finde, wir sollten doch zufrieden sein, daß die beiden deutschen Staaten diese vernünftigen Absichten haben und sich hier auch dazu verpflichten.
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode —14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 547
    Dr. Achenbach
    Nun komme ich zu dem Art. 6. Dort steht folgendes drin:
    Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik gehen von dem Grundsatz aus, daß die Hoheitsgewalt jedes der beiden Staaten sich auf sein Staatsgebiet beschränkt.
    Auch hier würde ich in aller Unbefangenheit sagen, daß das doch wohl etwas Selbstverständliches ist. Denn wenn jemand sagte „Die Hoheitsgewalt eines Staates erstreckt sich auch auf das Staatsgebiet anderer Staaten", würde man eine solche These doch nur mit einem gewissen ungläubigen Erstaunen zur Kenntnis nehmen.

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    Auch der zweite Satz dieses Artikels, nämlich daß die Vertragspartner die Unabhängigkeit und Selbständigkeit jedes der beiden Staaten in seinen inneren und äußeren Angelegenheiten respektieren, enthält ein Element der Selbstverständlichkeit. Es bleibt einem ja kaum etwas anderes übrig, wenn man nicht den anderen mit Gewalt zu einem bestimmten Verhalten zwingen kann und will. Daß man das nicht ohne Friedensgefährdung kann, wird doch jedem einleuchten, und daß wir es auch gemeinsam nicht wollen, ergibt sich aus dem Gewaltverzicht, den wir gerade im Begriff sind zu unterschreiben.
    Ich muß jedoch hinzufügen: dieser Satz bedeutet selbstverständlich nicht, wie einige Leute zu meinen scheinen, daß das, was ein Staat und seine Regierung auf Grund seiner Unabhängigkeit und Selbständigkeit tun, in jedem Falle gebilligt wird. Wenn die Regierung der DDR Goethe und Schiller als große deutsche Schriftsteller feiert, so billigen wir das. Wenn sie erklärt, auch diese Schriftsteller seien schon immer für den Klassenkampf gewesen, so stimmt das nicht, und wir billigen das nicht. Aber selbst wenn es stimmte, wären wir immer noch gegen den Klassenkampf. Wenn die DDR morgen erklärt, alle ihre Staatsbürger könnten von nun an frei und unbehindert, was wir alle wollen, und ohne besondere Erlaubnis in alle Länder der Welt reisen, so billigen wir das und freuen uns darüber.

    (Zuruf des Abg. Strauß.)

    Wenn die DDR auch in Zukunft, wie sie es jetzt tut, die Freizügigkeit ihrer Bürger nicht zuläßt, so billigen wir das heute nicht und werden es auch in Zukunft nicht billigen. Das liegt doch auf der Hand.
    Wir meinen aber in diesem Zusammenhang, daß der Briefwechsel zwischen Herrn Bahr und Herrn Kohl vom 21. Dezember 1972 zur Familienzusammenführung, zu Reiseerleichterungen und Verbesserungen des nichtkommerziellen Warenverkehrs und die dazu gehörenden Erläuterungen, die in der Drucksache abgedruckt sind, einen Schritt in eine zu billigende Richtung darstellen.
    In Art. 7 erklären die Vertragspartner ihre Bereitschaft, „im Zuge der Normalisierung ihrer Beziehungen praktische und humanitäre Fragen zu regeln". Sie erklären weiter, daß sie Abkommen schließen werden, „um auf der Grundlage dieses
    Vertrages und zum beiderseitigen Vorteil die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, der Wissenschaft und Technik, des Verkehrs," — einem Verkehrsvertrag haben wir ja bereits zugestimmt —„des Rechtsverkehrs, des Post- und Fernmeldewesens, des Gesundheitswesens, der Kultur, des Sports, des Umweltschutzes und auf anderen Gebieten zu entwickeln und zu fördern". Im einzelnen darf ich auf das Zusatzprotokoll verweisen. Ich meine, wir alle sollten hier unseren ehrlichen Wunsch zum Ausdruck bringen, daß dieser in die Zukunft weisende Art. 7 mit seinem weitgespannten Programm zum Wohle der Menschen diesseits und jenseits der Elbe reiche Früchte trägt. Unter loyalen Partnern enthält dieser Artikel die echte Verpflichtung zu nachhaltigen und konstruktiven Bemühungen mit gutem Willen auf beiden Seiten. Es dient sicher nicht den Interessen der Menschen, gerade diesen Artikel durch allzu laut verkündete Skepsis hier und heute zu entwerten. Die Zukunft wird zeigen, was er bringt. Er ist eine gute Ausgangsbasis für eine vernünftige Entwicklung.

    (Zuruf der Abg. Frau Berger [Berlin].)

    Was nun die Art. 8 und 9 angeht, so kann ich in bezug auf Ihre Interpretation vollinhaltlich die Darlegungen der Denkschrift der Bundesregierung unterschreiben. Sie wissen, es geht darum, daß sich die Vertragspartner geeinigt haben, ständige Vertretungen zu errichten. Es geht aber insbesondere um den sehr entscheidenden Art. 9, der dem Art. 4 des Moskauer Vertrages entspricht und in dem eindeutig und klar mitgeteilt ist, daß dieser Vertrag die früher abgeschlossenen Verträge nicht berührt.
    Meine Damen und Herren, wenn ich nunmehr noch einmal den Text des Vertrages durchgegangen bin und mich, Herr Kollege Gradl, der gemeinsamen Diskussion im Kontaktausschuß erinnere, in dem wir den Gang der Verhandlungen auf Grund der Berichte von Herrn Bahr genau verfolgen konnten, so komme ich zu dem Ergebnis, daß ich Herrn Bahr bescheinigen möchte, daß er zäh und geschickt verhandelt hat.

    (Aha! bei der CDU/CSU.)

    Er hat nicht alles erreicht, was er erreichen wollte. Aber bei sorgfältiger Abwägung aller Umstände verdient das erreichte Ergebnis der Verhandlungen unsere Billigung. Kein Mensch kann ernsthaft bestreiten, daß dieser Vertrag für die nächsten Jahre einen besseren Modus vivendi zwischen den beiden deutschen Staaten schafft als den, den wir in den letzten Jahren hatten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich weiß nicht, ob der Herr Kollege Blumenfeld anwesend ist. Sie sprachen von Helsinki, Herr Kollege Barzel. Wenn Sie dagewesen wären, dann hätten Sie festgestellt, daß eigentlich alle Vertreter der verschiedensten Staaten aus Ost und West diesen Vertrag so empfunden haben, wie ich ihn eben vorgetragen habe.
    Dann möchte ich noch einmal folgendes unterstreichen. Eines ist ganz sicher und juristisch klar: dieser Vertrag, wie es in dem Brief der Regierung der Bundesrepublik Deutschland zur deutschen Einheit an



    Dr. Achenbach
    den Vertragspartner vom 21. Dezember 1972 heißt, „steht nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der Bundesregierung, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt".

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Dieses Ziel bleibt unverändert unser aller Ziel. Ihm mit aller uns zu Gebote stehenden Willenskraft und Intelligenz zu dienen, ist mehr denn je unser aller Aufgabe. Daß nur die Erreichung dieses Zieles, bei dem wir für unser Volk nicht mehr verlangen, als wir auch jedem anderen Volk zu geben bereit sind, den Frieden in Europa und ein glückliches und entkrampftes Zusammenleben der europäischen Völker auf die Dauer sichert, haben unsere westlichen Verbündeten begriffen. Sie haben uns deshalb in Art. 7 des Deutschland-Vertrages zugesichert, daß dieses Ziel auch das ihre sei. Dieser Art. 7 ist ja nach wie vor gültig.
    Dieses Ziel konnte, wie ich seinerzeit als Berichterstatter zum Moskauer Vertrag vor diesem Hohen Hlause ausgeführt habe, bis heute nicht erreicht werden, weil infolge des kalten Krieges in West und Ost die Zustimmung der Sowjetunion dazu nicht zu erhalten war und damit auch nicht die Zustimmung der mit der Sowjetunion verbündeten DDR.
    Diese Zustimmung ist natürlich nur dann zu verwirklichen — die Zustimmung, die wir im Westen haben und im Osten noch brauchen —, wenn die Bemühungen der Weltmächte um Entspannung und Ausgleich Erfolg haben und wenn statt des totalen Mißtrauens zwischen Ost und West eine Vertrauensgrundlage geschaffen werden kann. Zu dieser Vertrauensgrundlage zwischen Ost und West — der Herr Bundeskanzler hat es ausgeführt — gehört elementar auch eine Vertrauensgrundlage zwischen den beiden deutschen Staaten. Wer sein Mißtrauen und die sich daraus naturnotwendig entwickelnde schizophrene Verkrampfung nicht überwinden kann, wer nicht den Mut zum Vertrauen hat, der kann keine Vertrauensgrundlage schaffen. So ist das nun einmal in der Welt. Das gilt ebenso für unsere Landsleute in der DDR wie für uns.

    (V o r sitz : Vizepräsident Dr. Jaeger.)

    Diese von der FDP und der SPD getragene Koalition, diese Bundesregierung, der Bundeskanzler, der Außenminister haben bei aller selbstverständlichen Wachsamkeit und Vorsicht diesen Mut zum Vertrauen. Ich wünsche und hoffe, daß die Herren Stoph und Honecker, der ja auch seinerseits mehrfach von den Wunsch zum friedlichen Miteinander gesprochen hat, diesen Mut zum Vertrauen ebenfalls aufbringen und daß ihre Freunde in der Sowjetunion, denen wir sie weder abspenstig machen wollen noch können, sie in dieser Haltung bestärken werden.
    Die von der sozialliberalen Koalition getragene Bundesregierung wird die so notwendige Politik des konstruktiven Miteinanders zwischen den beiden deutschen Staaten — davon sind meine politischen Freunde und ich überzeugt, und wir werden
    darüber hinaus darüber wachen — redlich, zuver-
    lässig und beharrlich in den nächsten Jahren fortführen. Ich appelliere an die Regierung der DDR, das gleiche zu tun. Ich unterstreiche mit Befriedigung in diesem Zusammenhang die Vereinbarung über die zukünftige ständige Konsultation zwischen den beiden deutschen Staaten über Fragen von beiderseitigem Interesse, insbesondere über solche, die für die Sicherung des Friedens in Europa von Bedeutung sind.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß — damit komme ich indirekt auch auf das zu sprechen, was Herr Kollege Barzel hier vortrug - einige Worte zur Stellungnahme des Bundesrats sagen, der ich bei allem Respekt gegenüber diesem Gremium beim besten Willen nicht zu folgen vermag. Ich schließe mich im Gegenteil in vollem Umfang der Gegenäußerung der Bundesregierung zu dieser Stellungnahme an. Ich will hier nicht auf alle Einzelheiten eingehen; dazu wird später Gelegenheit sein. Aber ich fühle mich getrieben, zu zwei Punkten in den Formulierungen des Bundesrats etwas zu sagen.
    Die Mehrheit des Bundesrats erklärte, der Vertrag könne in der Weltöffentlichkeit als ein Einverständnis der Deutschen mit der ihnen aufgezwungenen Teilung verstanden werden. So etwas ähnliches haben eben auch Sie gesagt, Herr Barzel. Meine Damen und Herren, eine solche Vermutung zu haben ist abwegig und sie auszusprechen noch abwegiger.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber nachdem sie ausgesprochen worden ist, lassen Sie mich wenigstens von dieser Stelle aus der Weltöffentlichkeit schlicht und klar mitteilen, daß sich die Deutschen mit der ihnen aufgezwungenen Teilung nicht einverstanden erklären.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich nehme an, daß dies die einmütige Meinung dieses Hohen Hauses ist. Es gehört nun einmal zu den Realitäten dieser Zeit, daß sich die Deutschen — das habe ich auch in Moskau immer erklärt -nicht selber gespalten haben, sondern ihnen diese Spaltung aufgezwungen worden ist. Ihre Überwindung mit friedlichen Mitteln dient dem Frieden und ist darüber hinaus ein Gebot elementarer Selbstachtung, die auch wiederum dem Frieden dient.
    Die Mehrheit des Bundesrats erklärte weiter, der uns vorliegende Vertrag sei geeignet, die Verpflichtung der drei Westmächte im Deutschland-Vertrag, auf ein wiedervereinigtes Deutschland auf freiheitlich-demokratischer Grundlage hinzuwirken, auszuhöhlen. Diese Behauptung ist angesichts des Art. 9 des Grundvertrags, der Art. 4 des Moskauer Vertrags entspricht, schlicht absurd. Der DeutschlandVertrag und die darin enthaltenen Verpflichtungen der Westmächte werden weder durch den Moskauer Vertrag noch durch diesen Vertrag berührt. Wir haben das Vertrauen zu unseren Verbündeten, daß wir uns auf ihr gegebenes Wort verlassen können. Hier gibt es nichts auszuhöhlen.
    Lassen Sie mich schließlich, meine Damen und Herren, noch ein Wort zu einer Bemerkung sagen,
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode —14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 549
    Dr. Achenbach
    die der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Dr. Kohl, in seiner Rede im Bundesrat zur Begründung der Stellungnahme der Mehrheit des Bundesrats gemacht hat. Herr Kohl behauptete, die Bundesregierung beraube sich durch die starke Betonung der Rechte und Verantwortlichkeiten aller vier Siegermächte in weiten Bereichen der eigenen Handlungsfreiheit in der deutschen Frage. Die wiederholte Bestätigung der Siegermächte der Vier Mächte als völkerrechtlicher Instanz erwecke den Eindruck, daß wir dieser Instanz gegenüber die deutsche Einheit möglicherweise selber zur Disposition stellen werden oder wollen.
    Wie ich annehme, weiß Herr Kohl so gut wie ich, daß wir bis heute, nunmehr fast 28 Jahre nach Beendigung der Feindseligkeiten des letzten Weltkriegs, immer noch nicht die in Art. 7 des Deutschland-Vertrags als Ziel angesprochene, zwischen Deutschland und seinen ehemaligen Gegnern frei vereinbarte friedensvertragliche Regelung für ganz Deutschland haben, welche die Grundlage für einen dauerhaften Frieden bilden soll. Daß es bis heute nicht möglich gewesen ist, eine Friedensregelung in Europa zu finden, die kein Volk diskriminiert, die allen Völkern, auch dem deutschen, die Selbstbestimmung gewährt und bei niemandem, auch bei uns nicht, den Stachel verletzten Rechts zurückläßt, ist nicht Schuld der Deutschen und sicherlich nicht Schuld der jetzigen Bundesregierung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir Deutsche wurden Opfer der Tatsache und sind
    ) es bis heute geblieben, daß bald nach Beendigung der Feindseligkeiten des zweiten Weltkriegs die Spannung zwischen Ost und West und das wechselseitige Mißtrauen zwischen den Blöcken so groß wurden, daß für die Völker, die von der Trennungslinie zwischen Ost und West gespalten wurden, eine konstruktive und grechte Lösung ihrer Probleme nicht zu verwirklichen war.
    Die Politik der Entspannung zwischen Ost und West ist allein geeignet, den gespaltenen Völkern diese gerechte Lösung ihrer Probleme möglich zu machen. Wenn die Bundesregierung in aller Redlichkeit bei der jetzt noch geltenden Rechtslage von den Rechten der Verantwortlichkeiten der Vier Mächte spricht und sie sogar betont, dann doch nicht, um diese zu verewigen, meine Damen und Herren, sondern um die Vier Mächte aufzufordern, nach nunmehr fast 30 Jahren auch dem deutschen Volk Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und ihm in absehbarer Zeit auf Grund eines frei ausgehandelten Friedensvertrags die volle Souveränität zurückzugeben, die die Charta der Vereinten Nationen grundsätzlich für alle Völker vorsieht.
    Hierüber sollte es in diesem Hause keine Meinungsverschiedenheiten geben, und in Wahrheit gibt es auch keine. Herr Kohl täte gut daran, Herr Kollege Barzel, diese Einmütigkeit zu unterstreichen, statt durch solche Äußerungen wie die von mir zitierten den Eindruck zu erwecken, wir seien uns weniger einig, als wir es in Wahrheit sind.
    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist gut!)

    Auch wir, das sage ich freimütig, könnten uns einen besseren Vertrag denken als den, der uns vorliegt. Aber so, wie er ist, ist er nach unserer Auffassung ein guter Anfang. Hier und heute war eben beim besten Willen nicht mehr zu erreichen. Nicht umsonst sagt man: Das Bessere ist des Guten Feind. Wir müssen in der Zukunft vereint dafür sorgen, den Vertrag zu verbessern. Die Freien Demokraten jedenfalls werden diesem Vertrag zustimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Carstens.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Carstens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte des Deutschen Bundestages gehört nach meiner Auffassung zu den wichtigsten Debatten, die in diesem Flohen Hause seit seiner Konstituierung im Jahre 1949 geführt worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich habe die Ehre gehabt, auf den verschiedenen Bänken dieses Hauses an den meisten großen Debatten teilzunehmen. Es geht darum, in einer sich wandelnden Welt und angesichts großer Veränderungen im Verhältnis der Staaten zwischen Ost und West unser eigenes Verhältnis zu unserem Volk, zur deutschen Nation richtig zu bestimmen.
    In diesen Wochen ist in ausländischen Zeitungen und an anderer Stelle viel davon die Rede gewesen, daß jetzt — hundert Jahre nach seiner Gründung — das Birsmarcksche Reich untergegangen sei. Meine Damen und Herren, dies empfinde ich als eine unvollständige und bis zu einem gewissen Grade auch irreführende Bezeichnung des Sachverhalts, um den es geht. Das Bismarcksche Reich, der Bund — wie er sich nannte — souveräner Fürsten und freier Städte mit seinen sozialen und politischen Strukturen, in seinen Grenzen hat im ersten Weltkrieg sein Ende gefunden und ist durch die Weimarer Republik abgelöst worden.
    Es geht heute um etwas viel Grundlegenderes noch als das Bismarcksche Reich: es geht um die deutsche Nation mit ihrem weit über das Jahr 1870 hinausgehenden Wurzeln,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    die im hohen Mittelalter ihre ersten Ursprünge haben, als das Heilige Römische Reich Deutscher Nation entstand. Ich kann die Geschichte des deutschen Nationalbewußtseins hier nicht bis in das 19. Jahrhundert nachzeichnen, als in den Freiheitskriegen und vor allen Dingen in der 1848er Bewegung das moderne deutsche Nationalbewußtsein entstand. Herr Kollege Flach hat hier in der Debatte zur Regierungserklärung dem Sinne nach gesagt, daß er und seine politischen Freunde ihre politischen Wurzeln stärker im Jahre 1848 als im Jahre 1871 sehen. Ich möchte ihm darin, was meine Person betrifft, voll zustimmen. Aber ich möchte auch daran erinnern dürfen, daß die Bewegung von 1848 von einem großen, starken, das ganze Deutschland um-
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    Dr. Carstens (Fehmarn)

    I fassenden Nationalgefühl erfüllt war, dessen wir
    uns heute ganz gewiß nicht zu schämen brauchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Erlauben Sie mir, Herr Präsident, aus einer Resolution der Heidelberger Versammlung vom März 1848 hier nur einen einzigen Satz vorzulesen:
    Heute waren hier in Heidelberg 51 Männer versammelt, aus Preußen, Bayern, Württemberg, Baden, Hessen, Nassau und Frankfurt, um in diesem Augenblick der Entscheidung über die dringendsten Maßnahmen für das Vaterland sich zu besprechen, einmütig entschlossen in der Hingebung für Freiheit, Einheit, Selbständigkeit und Ehre der deutschen Nation.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Mehr noch an diese 1848er Tradition als an die Bismarcksche Reichsgründung knüpft die Weimarer Reichsverfassung an, wenn sie in ihrem bekannten Vorspruch sagt:
    Das Deutsche Volk, einig in seinen Stämmen und von dem Willen beseelt, sein Reich in Freiheit und Gerechtigkeit zu erneuern und zu festigen, dem inneren und dem äußeren Frieden zu dienen und den gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern, hat sich diese Verfassung gegeben.
    Die gleiche Sprache finden wir un unserem Grundgesetz wieder, wenn es in den uns alle bis heute verpflichtenden Sätzen der Präambel heißt:
    von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen,
    hat sich das Deutsche Volk in den dann im einzelnen genannten Ländern dieses Grundgesetz gegeben.
    Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
    Meine Damen und Herren, das deutsche Nationalbewußtsein hat, wie wir alle wissen, extreme Schwankungen durchgemacht. In unserer jüngeren Geschichte entwickelte es exzessive Formen, die viele Menschen in der Welt und auch in unserem Lande noch in der Erinnerung mit Schrecken erfüllen. Das Pendel ist dann nach dem Zweiten Weltkrieg weit in die entgegengesetzte Richtung ausgeschlagen. Zugleich entstand ein neues Bewußtsein: die europäische Idee. Die Erkenntnis der weltweiten Interdependenz aller Staaten und Völker und das Bekenntnis zum Frieden verbanden sich darin miteinander. Aber wenn in diesem Sinne von Frieden gesprochen wird, dann nicht nur so, daß die Armeen der Staaten nicht aufeinander losmarschieren sollen und dürfen, sondern daß überhaupt friedliche Verhältnisse in Europa und besonders in unserem Lande eintreten. Frieden bedeutet in diesem Sinne auch, daß innerhalb unseres Landes an seiner Grenze nicht mehr geschossen werden soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir davon sprechen, daß das vereinte Europa Franzosen, Engländer, Italiener, Deutsche
    sowie eine Reihe anderer Völker umfassen soll, so meinen wir damit, daß diese großen europäischen Nationen ihr eigenes Bewußtsein behalten sollen, und wir meinen, wenn wir von Deutschen sprechen, die Deutschen insgesamt und nicht nur die Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland, auch wenn wir nicht wissen, wann und wie die getrennten Teile unsere Volkes sich wieder zusammenfinden werden.

    (Abg. Wehner: Die Römischen Verträge müssen Sie dann aber auch berücksichtigen!)

    — Nein, die brauchen nicht aufgehoben zu werden, denn durch entsprechende Zusatzprotokolle zu den Römischen Verträgen, Herr Kollege Wehner,

    (Abg. Wehner: Ich habe nicht von „aufheben" gesprochen, sondern von „berücksichtigen"!)

    hat sich die damalige Bundesregierung die Möglichkeit einer gesamtdeutschen Politik auch im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften offengehalten.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Wehner.)

    In jedem Fall kann und wird dies nach unserer Überzeugung nur auf friedliche Weise geschehen, und in jedem Fall soll nach unserer Vorstellung unser Volk in einer freiheitlich-rechtsstaatlich-demokratischen Ordnung leben.
    Es scheint mir wichtig zu sein, dies auch in diesem Augenblick noch einmal ausdrücklich hervorzuheben. Keiner von uns weiß, was uns die Zukunft bringt. Aber wir sehen vor unser aller Augen revolutionäre Gruppen in unserem Lande, die darauf aus sind, unsere freiheitliche Ordnung zu zerstören. Werden sie sich eines Tages — so müssen wir fragen — mit kommunistischen Kräften in unseren östlichen Nachbarstaaten, deren Ziel ja auch der ideologische Kampf gegen unser System ist, zusammentun, und wird dann unsere Freiheit durch eine Art Zangenbewegung von außen und innen gleichzeitig bedroht werden?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, niemand von uns wird diese Gefahr bagatellisieren.
    Man muß das Spannungsverhältnis zwischen unseren politischen Zielen, der Bewahrung unserer Freiheit, der Erhaltung des Friedens, der Einheit der Nation und der europäischen Integration klar erkennen. Aber diese Schwierigkeit darf uns nicht dazu verleiten, eines dieser Ziele preiszugeben. Wir können aus der geschichtlichen Lage, in die wir gestellt sind, nicht entfliehen.
    Wenn ich dies alles sage, so könnte es scheinen, als befände ich mich in Übereinstimmung mit der Auffassung der Bundesregierung. In der Denkschrift, die uns heute zum Grundvertrag vorgelegt wird, vermitteln gleich die ersten Sätze den Eindruck, als gehe es der Bundesregierung bei diesem Vertrag — auch der Bundeskanzler hat dies heute morgen in seinen einleitenden Worten wieder zum Ausdruck gebracht — in erster Linie darum, die Einheit und den Fortbestand der deutschen Nation zu sichern.
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode —14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Februar 1973 551
    Dr. Carstens (Fehmarn)

    Meine Damen und Herren, uns liegt aber nicht die Denkschrift zur Beschlußfassung vor, sondern der Vertrag.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Und in diesem Vertrag ist nun sehr viel die Rede von den beiden Staaten, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. Sie bekräftigen einander die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen, sie erklären, daß keiner den anderen international vertreten kann. Herr Kollege Achenbach hat das hier alles vorgetragen.
    Der Vertrag vermittelt den Eindruck, daß er auf die Dauer angelegt ist. „Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen" lautet seine Überschrift. Herr Bundesminister Bahr hat gesagt, dieser Vertrag sei das Fundament, auf dem die Beziehungen dieser beiden deutschen Staaten zueinander wachsen sollen. „Jetzt und in der Zukunft" heißt es in Art. 3. Keine Kündigungs- oder Revisionsklausel deutet auch nur von ferne die Möglichkeit einer Beendigung an. Aber im Vertragstext findet sich kein Wort und kein einziger Hinweis darauf, daß diese beiden deutschen Staaten noch ein einigendes Band verbindet.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Begriffe „Deutschland", „deutsche Nation", „deutsche Einheit" suchen Sie in diesem Vertrag vergebens. Ja, da, wo offenbar dem Sinne nach von Deutschland als Ganzem die Rede ist, wenn nämlich von den Verantwortlichkeiten und Rechten der Vier Mächte gesprochen wird, wird sorgfältig vermieden, zu sagen, um welche Verantwortlichkeiten und Rechte es sich handelt, nur damit das Wort „Deutschland" in diesem Vertrag nicht erscheint.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Rawe: Und das soll ein anständiger Vertrag sein?!)

    Darin, meine Damen und Herren, in der Nichterwähnung unseres politischen Zieles der deutschen Einheit in diesem Vertrag, liegt ein schweres, möglicherweise nicht wieder gutzumachendes historisches Versäumnis.
    Das ist nicht der einzige Mangel, der diesen Vertrag und die mit ihm verfolgte Politik kennzeichnet. Andere Redner meiner Fraktion werden die verschiedenen Aspekte dieser Politik beleuchten. Ich will mich hier nur auf den deutschlandpolitischen Komplex beschränken.
    Weil der Vertrag über die deutsche Nation und Deutschland als Ganzes kein Wort enthält, ist in der Welt, Herr Kollege Achenbach, weitgehend der Eindruck entstanden, daß nach dem Willen der Bundesrepublik nunmehr unter die deutsche Frage der Schlußstrich gezogen worden sei. Ich bedaure das ebenso wie Sie, aber ich muß es zur Kenntnis nehmen. Ich halte fast in jedem Monat einen Vortrag im Ausland, und ich setze mich ebenso wie Sie, Herr Kollege Achenbach, dafür ein, daß die Welt in ihrem Bewußtsein die Tatsache weiter registriert, daß hier ein Volk in Europa lebt, das seine Einheit sucht und wiederzugewinnen erhofft. Aber ich muß Ihnen sagen: Ich stoße bei sehr vielen
    meiner ausländischen Zuhörer auf Widerspruch, auf ein mitleidiges Lächeln. Man sagt mir: Das ist ja die Sprache des kalten Krieges, die du da führst; das ist doch alles längst vorbei. Man hält mir den Grundvertrag und die früheren Verträge entgegen, die für die Bundesrepublik Deutschland durch die Bundesregierung geschlossen worden sind. Dann fange ich an — ebenso wie Sie, Herr Kollege Achenbach —, darauf hinzuweisen, daß es einen Brief zur deutschen Einheit gibt, der ja gut ist, der aber eben nicht Bestandteil des Vertrages ist

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und der eben die andere Seite zu nichts verpflichtet. Ich weise auf Art. 9 hin und fange mit aller juristischen Akribie, deren ich fähig bin, nachzuweisen an, daß in diesem Art. 9 auf den Deutschland-Vertrag und über den Deutschland-Vertrag auch auf das gemeinsame Ziel zur Wiederherstellung der deutschen Einheit verwiesen wird. Dabei stoße ich — ich muß es Ihnen leider sagen — durchweg auf völlige Verständnislosigkeit. Die Leute sagen mir: Herrgott noch einmal, wenn das wirklich ein so hohes und wichtiges und großes Ziel ist, für das du kämpfst und für das nach deiner Behauptung dein ganzes Land, dein ganzes Volk und deine Regierung kämpft, wie ist es dann möglich, daß dieses dein Land einen Vertrag nach dem anderen schließt, worin diese Worte, von denen du hier so viel sprichst, überhaupt nicht vorkommen?

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, noch ein Wort zum Brief zur deutschen Einheit, von dessen Inhalt ich nochmals sage, daß er gut ist. Ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern, daß Herr Kohl, als die Unterzeichnungszeremonie in Ost-Berlin uns allen im Fernsehen vor Augen geführt wurde, auf eine entsprechende Frage sagte, er kenne diesen Brief nicht.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Er war ihm auch nicht bei der Unterzeichnung des Vertrages übergeben, sondern wohl ungefähr gleichzeitig in seinem Büro zugestellt worden. Trotzdem figuriert er in der Denkschrift, in den Materialien und Annexen zum Vertrag an erster Stelle.

    (Abg. Dr. Marx: Grotesk ist das! — Abg. Rawe: Das ist „sonderbahrsche" Politik!)

    Die Regierung, die diesen Tatbestand ja im Grunde auch nicht bestreitet, sagt nun, mehr wäre nicht erreichbar gewesen. Meine Damen und Herren, ich habe selbst zu lange in der Diplomatie und in der Außenpolitik gestanden, um nicht zu wissen, wie schwer es für einen Außenstehenden ist, genau zu ermessen, was ein Unterhändler in Verhandlungen erreichen kann und was nicht. Aber in diesem Falle liegt ja die Verhandlungstaktik der Bundesregierung ganz klar vor unseren Augen. Die Bundesregierung hat in den ersten sieben Monaten ihres Bestehens, von Oktober 1969 bis Mai 1970, die wichtigsten bis dahin von uns allen gemeinsam und von unseren westlichen Verbündeten
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    Dr Carstens (Fehmarn)

    vertretenen deutschlandpolitischen Positionen preisgegeben.

    (Abg. Dr. Dregger: So ist es!)

    Sie hat die DDR als zweiten deutschen Staat anerkannt. Sie hat auf das Recht der Bundesrepublik Deutschland, in gewissen Fragen für ganz Deutschland zu sprechen, verzichtet. Sie hat die Grenzen anerkannt, sowohl die Westgrenze Polens wie die innerdeutsche Grenze als Staatsgrenze. Sie hat der Aufnahme der DDR in die UNO zugestimmt, und sie hat grünes Licht dafür gegeben, daß die DDR weltweit anerkannt wurde. Damit erfüllte die Bundesregierung die von der Sowjetunion und der DDR seit vielen Jahren erhobenen Forderungen, ohne sich überhaupt irgend eine Gegenleistung verbindlich zusagen zu lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es lohnt sich auch jetzt noch nach Ablauf von drei Jahren, das sogenannte Bahr-Papier, also den Text, auf den sich der sowjetische Außenminister Gromyko und der damalige Staatssekretär Bahr einigten, genau zu lesen. Es finden sich darin alle die von mir genannten deutschen Konzessionen, es findet sich kein Wort von menschlichen Erleichterungen oder größerer Freiheit im Verkehr zwischen Ost und West,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    kein Wort über Deutschland als Ganzes und über die Einheit der deutschen Nation und übrigens auch kein Wort über die Bindungen West-Berlins an die Bundesrepublik.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Der Schock, den dieses Papier damals in der Bundesrepublik auslöste, ist noch in allgemeiner Erinnerung. Die Bundesregierung suchte die Öffentlichkeit zunächst dadurch zu beschwichtigen, daß sie sagte, es handele sich um einen unverbindlichen Text, und die eigentlichen Vertragsverhandlungen würden erst später beginnen. Aber als dann die Verhandlungen kurz danach in Moskau begannen, stellte sich heraus, daß die sowjetische Regierung in diesem Punkte ganz anderer Ansicht war. Sie war nämlich nicht bereit, über den Text dieses Papiers neu zu verhandeln. Und so finden wir denn nahezu wortwörtlich den Inhalt des Bahr-Papiers im Moskauer Vertrag wieder. Es gelang der Bundesregierung, es gelang den Bemühungen des Außenministers, dem Vertrag eine Präambel hinzuzufügen, und es gelang ihm mit großer Mühe, die sowjetische Seite zur Annahme eines Briefes zu bewegen, des gleichen Briefes zur deutschen Einheit, den die Bundesregierung jetzt am Tage der Unterzeichnung des Grundvertrages an die DDR gerichtet hat.
    Meine Damen und Herren, wenn ich diesen Sachverhalt zusammenfasse und ein Urteil darüber abgeben soll, so möchte ich sagen: In der entscheidenden Verhandlungsphase im Frühjahr 1970 hat die Bundesregierung darauf verzichtet, ihren Standpunkt in der Deutschlandfrage zu wahren. Sie hat dieses von ihr selbst erkannte Versäumnis niemals wettmachen können. Es findet seinen deutlichen Niederschlag in dem uns vorliegenden Vertrag.

    (Abg. Wehner: Das sagen Sie Bankrotteur!)

    — Ich komme auf Sie noch zurück, Herr Wehner,

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Marx: Das ist ein toller Zwischenruf! Unglaublich von diesem Mann!)

    -- Herr Kollege Marx, lassen Sie mich doch darauf zurückkommen, wenn das in den Text meiner Vorstellungen besser hineinpaßt.

    (Abg. Wehner: Ihres Manuskripts, meinen Sie!)

    Herr Kollege Wehner nennt mich abwechselnd Buchhalter und Bankrotteur. Da kann ich mir aussuchen,
    welcher dieser beiden Ausdrücke mir besser gefällt.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU CSU.)

    Der Herr Bundeskanzler reagiert nun, wie wir wissen, außerordentlich empfindlich, wenn jemand gegen ihn oder seine Regierung den Vorwurf ungenügender Vertretung nationaler Interessen erhebt. Er sieht darin, wie er hier gesagt hat, eine unerträgliche Zumutung. Aber ich frage Sie, meine Damen und Herren, wie anders soll denn der Sachverhalt, den ich soeben dargelegt habe, gekennzeichnet werden. ich unterstelle ja, daß die Einheit der Nation, die Sicherung der Lebensfähigkeit West-Berlins und menschliche Erleichterungen von der Bundesregierung angestrebt werden. Aber wie ist es dann möglich so frage ich Sie , daß der Bundeskanzler einem Verhandlungsergebnis zustimmt, welches sein Beauftragter in Moskau erzielt hatte und in dem von allen diesen Dingen kein Wort steht?

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Opposition in einem demokratischen Staat ist — jedenfalls nach meinem Verständnis — kein Jubelchor, der die Schritte derer, die da auf der Bühne agieren,

    (erneuter Beifall bei der CDU CSU)

    mit anschwellendem oder abflauendem Applaus zu begleiten hätte, sondern die Aufgabe der Opposition ist es, zu kritisieren. Dies ist ihre Pflicht und, wie ich meine, keine unerträgliche Zumutung.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/ CSU. — Zuruf von der SPD: Und Alternativen zu bieten!)

    Die Bundesregierung sagt nun weiter, sie habe nichts weggegeben, was nicht schon vorher verloren gewesen sei.

    (Zuruf von der SPD: Oder von Ihnen verspielt wurde!)

    Aber diese Behauptung ist falsch. Als die Regierung Brandt/ Scheel 1969 ihr Amt antrat, war die deutschlandpolitische Position der Bundesrepublik im wesentlichen intakt;

    (Lachen bei Abgeordneten der SPD)

    die Bemühungen der DDR um weltweite Anerkennung als zweiter deutscher Staat waren bis dahin erfolglos geblieben.

    (Unruhe bei der SPD. Zuruf von der SPD: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

    — Meine verehrten Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, tun Sie doch bitte nicht



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    so, als ob das nicht Ihre Bemühungen gewesen wären! Es hat tatsächlich — Sie werden sich vielleicht noch daran erinnern — eine Zeit gegeben, in der beide Seiten dieses Hauses diesen Kampf heftig und gemeinsam miteinander geführt haben!

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir wollen doch hier die Dinge in der richtigen Reihenfolge aufeinander stehenlassen!
    Und wenn der Herr Kollege Wehner mit Bezug auf das, was der Herr Kollege Barzel ausgeführt hatte, vorhin gesagt hat, er appelliere an uns, immer mit derselben Zunge zu reden,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    dann muß ich sagen: Herr Kollege Wehner, nehmen Sie es mir nicht übel, aber da ist mir auch Verschiedenes eingefallen.

    (Sehr wahr! und Beifall bei der CDU/ CSU.)

    Ich hatte vor einer Reihe von Jahren die Aufgabe,

    (Zurufe von der SPD)

    die damalige Bundesregierung auf dieser Tribüne zu vertreten, und ich habe seinerzeit Ausführungen zur Oder-Neiße-Frage und zu den Ostgebieten gemacht — wie ich glaubte, maßvolle Ausführungen, die man vertreten konnte. Sie, Herr Kollege Wehner, haben mich in der Ihnen eigenen Weise heftig attakkiert; Sie haben mir vorgeworfen, ich gäbe hier heilige Rechte, Heimatrechte preis,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    ich genügte der Fürsorgepflicht der Bundesrepublik für die Vertriebenen nicht.

    (Anhaltende Hört-Hört-Rufe bei der CDU/ CSU.)

    Das, verehrter Herr Kollege Wehner, kam aus Ihrem Munde.
    Ich will damit nicht sagen — damit wir uns nicht falsch verstehen, meine Damen und Herren —, daß ich jemals der Auffassung gewesen wäre, die Bundesrepublik könne unverändert auf den Positionen stehenbleiben, die sie in den 50er Jahren vertreten habe.

    (Zurufe von der SPD.)

    Ich bin immer der Meinung gewesen, daß eine Anpassung dieser Positionen an die sich verändernde Weltlage notwendig wäre. Aber ich habe mir doch nicht vorgestellt, daß man diese Positionen Hals über Kopf und ohne irgendeine vernünftige Gegenleitung aufgeben würde.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Herr Bundeskanzler hat nun heute morgen von einigen der positiven Auswirkungen der Ostpolitik gesprochen. Er hat z. B. die wirtschaftliche Kooperation mit der Sowjetunion hervorgehoben. Das ist ja auch ein Ziel, bei dem wir alle miteinander übereinstimmen. Aber meine Damen und Herren, ich möchte doch daran erinnern dürfen, daß es eine gute wirtschaftliche Kooperation mit der Sowjetunion schon lange, lange gegeben hat, bevor die Bundesregierung anfing, ihre neue Ostpolitik zu entwickeln. Das sind eben zwei verschiedene Ströme. Merkwürdigerweise
    — das ist eines der auch für mich schwer verständlichen Phänomene der neueren Geschichte ist der
    deutsche Handel mit der Sowjetunion, in Prozenten gerechnet, nie so groß gewesen wie im Jahre 1961, als die Berliner Mauer gebaut wurde.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Hier zwischen wirtschaftlichem Austausch und Handelsverkehr einerseits, Entspannung andererseits eine Parallele zu ziehen, das ist etwas kühn.
    Was die sachlichen Gespräche mit Warschau anlangt
    — die in großer Offenheit geführten Gespräche; so hat es wohl der Herr Bundeskanzler gesagt , so
    möchte ich doch darauf hinweisen, daß in der Zeit, als Heinrich von Brentano noch Außenminister war, der damalige Botschafter Duckwitz - von dem ich glaube, daß der Herr Bundeskanzler und ich ihn gleichermaßen hoch schätzen solche vertraulichen
    und offenen Gespräche mit Polen geführt hat, und zwar mit voller Billigung der damaligen Bundesregierung. Dies als Erfolg der jetzigen Ostpolitik hinzustellen, meine Damen und Herren, scheint mir zuwenig.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Bundesregierung sagt schließlich, um ihre Politik zu rechtfertigen, sie habe sich in die allgemeine Entspannungspolitik unserer Alliierten einfügen und Deutschland vor einer Isolierung bewahren müssen. Das ist sicherlich ein Gesichtspunkt, den jeder, der sich mit den auswärtigen Belangen unseres Landes beschäftigt, ernst nehmen wird. Aber, meine Damen und Herren, in dem von mir hier erörterten Zusammenhang sticht dieses Argument nicht. Keiner unserer Verbündeten hat jemals von uns verlangt, einen Vertrag mit der DDR zu schließen, in dem die Worte „deutsche Nation", „Deutschland" und -deutsche Einheit" nicht vorkommen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich darf Sie daran erinnern, daß General de Gaulle noch 1966, als er in Moskau war

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    — in Moskau! —, die Wiederherstellung der deutschen Einheit in den jetzigen Grenzen, wie er hinzufügte, als notwendig bezeichnet hat. Es kann also keine Rede davon sein, daß unsere Alliierten einen Druck auf uns ausgeübt hätten, diese Politik zu betreiben. Dies zu tun war der freie Entschluß der Bundesregierung.
    Jetzt allerdings, nachdem die Verträge geschlossen sind, ist es zutreffend und richtig, daß unsere westlichen Verbündeten diesen Verträgen weitgehend zustimmen. Wenn man sie fragt, so antworten sie einem, sie hatten den Eindruck, sie bräuchten für deutsche Interessen nicht stärker einzutreten als die deutsche Bundesregierung. Meine Damen und Herren, das ist auch eine bittere Antwort, die man da zu hören bekommt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber es beginnt sich bei unseren westlichen Verbündeten doch zugleich auch eine doppelte Sorge einzuschleichen: Zum einen die Sorge, über den offenkundigen Machtzuwachs, den die Sowjetunion und die
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    Dr. Carstens (Fehmarn)

    DDR als Folge der deutschen Ostpolitik erfahren haben. Wird, so fragt man sich in westlichen Ländern, die deutsche Bundesregierung nun auch bei den gerade beginnenden Verhandlungen über Sicherheit, Zusammenarbeit und Truppenabbau in Europa in dem Maße auf sowjetische Wünsche eingehen, wie sie das in ihren Ostverträgen getan hat?

    (Abg. Rawe: Eine schwerwiegende Frage! — Zuruf von der SPD.)

    Zum anderen die Sorge, die im westlichen Ausland spürbar wird — sie klang hier schon an — und die ihren Ausdruck in der Frage findet, ob nicht eines Tages der Osten das Thema der deutschen Wiedervereinigung unter östlichen Vorzeichen aufgreifen könnte,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich! Art. 8!)

    nachdem — jedenfalls nach einer im Westen weit verbreiteten Meinung — die Bundesrepublik Deutschland die Verfolgung dieses Zieles, wenn nicht zurückgestellt, so doch in den Hintergrund gestellt hat.
    Auf alle diese Bedenken antwortet die Bundesregierung schließlich, indem sie auf die Reihe menschlicher Erleichterungen hinweist, die im Verhältnis zwischen den beiden Teilen Deutschlands zueinander durchgesetzt worden seien. Darüber wird ein anderes Mitglied meiner Fraktion sprechen.
    Ich möchte hier nur soviel sagen: Es ist niemand unter uns, der nicht das Ziel der Verstärkung menschlicher Begegnungen zwischen Deutschen unterstützen würde; darüber gibt es keinen Streit. Unsere Vorwürfe und unsere Kritik gehen dahin, daß die entsprechenden Verpflichtungen von der DDR nicht einwandfrei und klar genug im Vertrag übernommen und präzisiert worden sind und daß der Vertrag deswegen unausgewogen ist.
    Aber zur Wiederherstellung der Einheit der Nation ist doch zweierlei nötig — darüber werden wir uns ja auch alle einig sein der Wille der Deutschen und die Bereitschaft der Welt, dieses Ziel, daß die Deutschen aus eigener Kraft nicht erreichen können, zu unterstützen.
    Wenn eine dieser Vorbedingungen entfällt, ist unsere Deutschlandpolitik gescheitert. Zur Erhaltung der Bereitschaft der Welt zur Unterstützung dieses Zieles genügt es nicht, einseitige Briefe zu schreiben, genügt es nicht, noch so gute Denkschriften an Bundestag und Bundesrat zu richten, genügen auch NATO-Kommuniqués, so gut sie sein mögen, nicht, sondern es muß für dieses Ziel an den Stellen gerungen werden, auf die es in erster Linie ankommt, nämlich in Moskau und Ost-Berlin.