Rede:
ID0700918800

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
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    4. der: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 9. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Januar 1973 Inhalt: Verzicht des Abg. Augstein (Hamburg) auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 243 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Opitz (FDP) . . . . . .. . . 243 B Dr. Wulff (CDU/CSU) . . . . . . 244 D Dr. Eppler, Bundesminister (BMZ) . 246 A, 249 D Dr. Freiherr von Weizsäcker (CDU/CSU) . . . . . . . . . 249 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . 250 B, 252 C, 257 A, 263 B Brandt, Bundeskanzler . 251 B, 262 B Wehner (SPD) . . . . 253 C, 262 B Scheel. Bundesminister (AA) . . . 257 A Dr. Mikat (CDU/CSU) . . . . . . 262 A Dr. Ehmke, Bundesminister (BMP) . 264 A Mischnick (FDP) . . . . . . . . 264 C Dr. Friderichs, Bundesminister (BMW) 264 D Dr. Narjes (CDU/CSU) . . . . . 268 D Junghans (SPD) 273 D Dr. Graf Lambsdorff (FDP) . . . 277 B Frau Dr. Wex (CDU/CSU) . . . 280 B Arendt, Bundesminister (BMA) . . 283 C Frau Dr. Focke, Bundesminister (BMJFG) . . . . . . . . 286 B Katzer (CDU/CSU) 288 D Dr. Schellenberg (SPD) 293 D Frau Funcke (FDP) 296 D Frau Eilers (Bielefeld) (SPD) . . 300 D Genscher, Bundesminister (BMI) . 303 B, 323 D Dr. Dregger (CDU/CSU) 307 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 312 C Vogel (Ennepetal) (CDU/CSU) . . 318 A Dr. Hirsch (FDP) . . . . . . . 321 A Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) . 324 D Dr. Martin (CDU/CSU) 327 C Frau Schuchardt (FDP) . . . . . 331 A Dr. von Dohnanyi, Bundesminister (BMBW) 333 A Nächste Sitzung 336 C Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 337* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Januar 1973 243 9. Sitzung Bonn, den 25. Januar 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Adams * 26. 1. Dr. Ahrens ** 27. 1. Alber ** 27. 1. Amrehn ** 27. 1. Augstein (Hattingen) 26. 1. Behrendt * 26. 1. Blumenfeld ** 27. 1. Dr. Dollinger 10. 2. Dr. Enders ** 27. 1. Flämig * 26. 1. Gerlach (Emsiand) * 26. 1. Hösl ** 27. 1. Jung ** 27. 1. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Kahn-Ackermann ** 27. 1. Dr. Kempfler ** 27. 1. Dr. h. c. Kiesinger 27. 1. Lampersbach 25. 1. Lemmrich ** 27. 1. Memmel * 26. 1. Dr. Miltner 2. 2. Dr. Müller (München) ** 27. 1. Pawelczyk ** 27. 1. Richter ** 27. 1. Roser ** 27. 1. Schmidt (Wattenscheid) 25. 1. Schmidt (Würgendorf) ** 27. 1. Dr. Schulz (Berlin) ** 27. 1. Sieglerschmidt ** 27. 1. Dr. Slotta 2. 2. Springorum * 26. 1. Stücklen 26. 1. Dr. Todenhoefer 24. 2. Frau Dr. Walz ** 27. 1. Westphal 26. 1. Frau Will-Feld 24. 2. Wolfram * 26. 1.
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    Rede von Dr. Friedrich Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Zur ersten Frage. Herr Kollege Dregger, daß jemand ein Brief an den Bundeskanzler schreibt, kann für Sie bestenfalls ein Anlaß sein, ihm zu sagen: Bitte, folgen Sie dem nicht!

    (Abg. Dr. Dregger: Das zu sagen, habe ich nicht einmal gewagt!)

    — Bitte, ziehen Sie doch einmal die Folgerung aus
    dem, was Sie selber vorschlagen! Sie sagen, der
    Bundeskanzler habe eine koordinierende Funktion.

    Dr. Schäfer (Tübingen)

    Die hat er, soweit es die politische Führung nach Art. 53 des Grundgesetzes zuläßt, ausgeübt. Oder wollen Sie Ihren Freunden eine Änderung des Art. 74 a des Grundgesetzes vorschlagen? Ich bin mit dabei, weil es nämlich 1970 falsch gemacht wurde, weil die CSU das letzte Mal nicht mehr mitgemacht hat. Ich freue mich, daß Sie heute selber sehen, daß hier eine koordinierende Funktion des Bundeskanzlers, der Bundesregierung tatsächlich notwendig wäre. Wir haben sie nicht; Sie können das deshalb nicht rügen. Wenn wir sie nicht haben, werden wir uns verfassungsgemäß verhalten. Das werden Sie sehr bald in der Praxis merken.

    (Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Ihre Darstellung hinsichtlich der Verfassungsänderung bezüglich Art. 74 a ist verfälschend und unvollständig!)

    — Ich verstehe Sie so nicht.
    Lassen Sie mich bezüglich des Bund-Länder-Verhältnisses noch zu zwei Gebieten etwas sagen. Das eine ist das Gebiet der Kultur- und der Bildungspolitik im weitesten Sinne. Wir haben hier in den letzten Jahren etwas Erfahrung gesammelt und dürfen feststellen, daß man, wenn man sich zu einer sachgebundenen, sachlichen Verhandlung zusammengefunden hat, auch Ergebnisse erzielt hat. Wir haben z. B. für den Hochschulbau recht ordentliche Gesamtregelungen erreicht. Wir müssen heute aber auch an die Adresse der Länder sagen: Man könnte es so machen, wie es Herr Kollege Mischnick vorgeschlagen hat. Das ist sehr schwer, weil die Kompetenzänderung notwendig wäre. Ich meine aber, daß sich die Länder selber einen guten Dienst im Sinne des Föderalismus erweisen, wenn sie sich auf dem Gebiete der Bildungsplanung kooperativ verhalten; denn Gewinner sind beide Seiten, wenn man sich hier einigen kann. Sie sollten sich nicht in der Weise verhalten, wie es wiederholt festgestellt werden mußte.
    Auf dem Gebiet des Sports ist die Verantwortung ebenfalls geteilt. Wir freuen uns, daß der Herr Bundeskanzler in der Regierungserklärung die gesellschaftspolitische Rolle des Sports ausdrücklich hervorgehoben hat. Wir erinnern daran, daß der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft wirkungsvoll dazu beigetragen hat, daß erstmals ein gemeinsames Aktionsprogramm „Schulsport" mit den Bundesländern, den kommunalen Spitzenverbänden und dem Deutschen Sportbund verabschiedet werden konnte. Nach unserer Meinung kommt es nun darauf an, daß dieses Programm realisiert wird. Dafür sind aber die Länder zuständig, und da können Sie, meine Damen und Herren, auch in Ihrem Bereich, in Ihrer Partei darauf einwirken.
    Wir meinen, Sie sollten auch mithelfen, daß die Deutsche Sportkonferenz, die seither hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, aktiviert wird. Auch halten wir es für sehr wichtig, die Sportkontakte mit der DDR lebendig auszugestalten. Auch hier sind gerade die Sportverbände und die Länderorganisationen zuständig.
    Meine Damen und Herren, wir ermutigen die Bundesregierung, auf dem seither eingeschlagenen
    Weg, der sich auch in dieser Regierungserklärung deutlich ausdrückt, fortzufahren, enge Kooperationen mit den Ländern zu pflegen und darauf Bedacht zu nehmen, daß die Strukturpolitik und die Finanzpolitik im Rahmen des Stabilitätsgesetzes und der gemeinsamen Möglichkeiten auch tatsächlich ausgestaltet und praktiziert werden. Das ist eine Mahnung an beide Seiten. Es ist für die öffentliche Finanzwirtschaft von gleicher Bedeutung, ob der Bund oder ob die Länder oder die Gebietskörperschaften überhaupt Geld ausgeben und wofür sie es ausgeben. Wir haben nicht umsonst den Art. 109 des Grundgesetzes im Jahre 1967 vollkommen umformuliert. Ich sage auch hier noch einmal dankbar: das war nur möglich, weil die Länder dieses Problem selbst erkannt haben.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß auf eine ganz entscheidende Frage des BundLänder-Verhältnisses wenigstens noch hinweisen. Die Regierung hat auf der Gipfelkonferenz erklärt — und die Gipfelkonferenz hat das im ganzen beschlossen , daß wir bis zum Jahre 1980 eine europäische Union wollen. Der Vorsitzende Ihrer Fraktion, der Opposition, hat erklärt, daß Sie bis 1980 einen europäischen Bundesstaat wollen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße].)

    - So steht es wörtlich im Protokoll, Herr Lenz. Ich zitiere nur das Protokoll. Soll ich Ihnen das Protokoll wörtlich vorlesen? Aber lassen Sie mich erst den Satz zu Ende reden.

    (Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Sie sagen doch hier etwas Falsches!)

    - Sie können Ihre Frage gleich stellen, seien Sie nicht so aufgeregt.

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Wenn Sie die Rede Ihres Vorsitzenden nicht kennen und ich die Liebenswürdigkeit habe, Ihnen das vorzulesen, ist doch kein Grund für Aufregung.

    (Heiterkeit bei der SPD. — Abg. Dr. Jenninger: Nicht so aufgeregt, Herr Schäfer!)

    Herr Barzel hat ausdrücklich davon gesprochen, daß er einen europäischen Bundesstaat will.

    (Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Aber ohne Jahreszahl, Herr Schäfer!)

    Sicher, ohne Jahreszahl. Lassen Sie mich doch
    meinen Satz aussprechen.

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Jenninger: Sie haben gesagt: bis 1980!)

    Sie können anscheinend nicht mehr zuhören. Ich wollte Ihnen damit deutlich machen, daß so unqualifizierte Aussagen auf diesem schwierigen Gebiet nicht hilfreich sind.

    (Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Sachen, die man nicht gelesen hat, soll man nicht zitieren!)

    So unqualifizierte Aussagen nebulöser Art, wie Sie
    selber sagen, helfen politisch nicht weiter; denn
    wenn wir hier eine Weiterentwicklung haben, wird



    Dr. Schäfer (Tübingen)

    sie sich auch in unserer eigenen bundesstaatlichen Ordnung auswirken und ausprägen, weil wir in der europäischen Ordnung, wie sie kommen wird, funktionsfähig sein müssen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Vogel (Ennepetal).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wundere mich immer über den Verwandlungsprozeß, der in dem Kollegen Professor Schäfer vorgeht, wenn er hier oben auf das Podium im Deutschen Bundestag tritt.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Sehr geehrter Herr Kollege Schäfer, ich möchte Ihnen eines sagen: Die Art und Weise, wie Sie versucht haben, über das Verhältnis zwischen CDU und CSU eine Verdachtsglocke zu hängen, ist infam.

    (Zurufe von der SPD.)

    Herr Kollege Schäfer, das ist böses Gift, das hier verspritzt wird. Sie haben den § 10 der Geschäftsordnung zitiert. Sie hätten ihn am besten ganz zitiert; dann wäre deutlich geworden, worum es geht und was Sie hier hineinzulegen versucht haben. Dort ist vom Zusammenschluß von Angehörigen solcher Parteien die Rede, die auf Grund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen. Das ist exakt das Verhältnis zwischen CDU und CSU. Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren. Im übrigen könnte ich mir vorstellen, Herr Kollege Schäfer, daß Sie wohl etwas mehr an die Rolle der FDP innerhalb der Koalition gedacht haben. Das mag Sie allerdings bedrücken, wenn es um die Verfolgung Ihrer sozialdemokratischen politischen Ziele geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Das ist infam!)

    Ich hoffe, daß Sie angetreten sind, um sozialdemokratische politische Ziele zu verfolgen. Nur sollten wir dann auch darüber sprechen.
    Meine Damen und Herren, der Bundesinnenminister ist in diese Debatte offenbar mit dem Motto gegangen: Angriff ist die beste Verteidigung.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße].)

    Ich habe nur den Eindruck, das ist ein Angriff mit Platzpatronen gewesen, und vielleicht, Herr Bundesminister, ist hier sogar etwas geplatzt.
    Sie dürfen eines zur Kenntnis nehmen: Diese Opposition, diese CDU/CSU steht nicht auf Kommandoton bereit, wenn es um Verfassungsänderungen geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich erinnere mich sehr genau, Herr Kollege Wehner, an die Ausführungen, die Sie zu diesem Thema im Jahre 1965 gemacht haben. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: wir treten nicht dann an, wenn es den Herren der Regierung, den Herren der Koalition gefällt. Das, was der Oppositionsführer hier vorgetragen hat, ist ein verfassungspolitisches Konzept gewesen, und ich glaube, daß es gut ist, sich mit diesem verfassungspolitischem Konzept auseinanderzusetzen, das es nun einmal nicht erlaubt, daß wir scheibchenweise einmal diese Grundgesetzänderung, einmal jene Grundgesetzänderung hier verabschieden, ohne uns vorher genau klar darüber zu werden, wohin denn die Gesamtreise gehen soll.
    Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung die Verfassungsreform und insbesondere die Weiterentwicklung des Bund-Länder-Verhältnisses angesprochen und hat einiges zur Neugliederung des Bundesgebietes gesagt. Es ist der Auffassung zuzustimmen, daß kein Anlaß zu einer Gesamtrevision des bewährten grundgesetzlichen Rahmens für unser staatliches Leben besteht. Aber eine Gestaltungsaufgabe für die Zukunft, und zwar vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der Freiheitssicherung, meine Damen und Herren, ist die Ausgewogenheit des föderativen Staatsaufbaues der Bundesrepublik Deutschland.
    Herr Dr. Barzel hat darauf hingewiesen, daß die Einbahnstraße der Kompetenzverlagerung von den Ländern auf den Bund im Begriff ist, das von der Verfassung gewollte Gleichgewichtssystem der Kräfte zu stören. Wir haben in den hinter uns liegenden Jahren einen umfangreichen Katalog von früheren Länderaufgaben gehabt, die auf den Bund übertragen worden sind. Meine Damen und Herren, wir meinen es ernst mit dem Hinweis, daß es vor Abschluß der Arbeiten der Enquete-Kommission —deren Wiedereinsetzung wir für erforderlich halten — möglichst keine weiteren Einzeländerungen des Grundgesetzes mehr geben sollte. Hier werden wir sehen müssen, wie wir ein Gesamtkonzept für die Gestaltung des Verhältnisses der Länder zum Bund, für unsere föderative Ordnung in der Bundesrepublik finden.
    Wir sehen einen engen Zusammenhang zwischen der Verfassungsreform und der Neugliederung des Bundesgebietes. Die Schaffung gleich leistungsfähiger Länder ermöglicht ein Neudurchdenken der Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Ein auf Teile des Bundesgebietes beschränkter erster Schritt zur Neugliederung, wie ihn Herr Kollege Mischnick als diskutabel angesprochen hat, würde das unmöglich machen. Hier kann es nur die Verwirklichung einer das gesamte Bundesgebiet erfassenden Neugliederung geben. Wir werden darüber zu sprechen haben, sobald Neugliederungskommission und Enquete-Kommission ihre Arbeitsergebnisse vorgelegt haben.
    Mit Recht hat die Regierungserklärung Regelungen im Bereich des öffentlichen Dienstes als einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung angesprochen, wenn auch nur sehr kurz und in sehr allgemein gehaltenen Wendungen. Zur immer neuen Verwirklichung des sozialen und freiheitlichen Rechtsstaates und zur immer neuen Durchsetzung der bürgerlichen Freiheiten im Alltag gehört eine leistungsfähige öffentliche Verwaltung, gehört ein leistungsfähiger und unparteilicher öffentlicher Dienst. Es braucht in jeder Legislaturperiode neue Anstrengun-



    Vogel (Ennepetal)

    gen, um Leistungsfähigkeit und Unparteilichkeit der Verwaltung zu erhalten und fortzuentwickeln.
    Das, was in der Regierungserklärung dazu gesagt worden ist, ist wenig.
    Wir sehen eine Gefährdung der Leistungsfähigkeit und Objektivität der Verwaltung darin, 'daß sich in den Spitzen der Bundesverwaltung, in den Ministerien, die klare Trennung der demokratischen Gewalten Parlament und Exekutive zu vermischen beginnt. Gerade auch dort müssen im Interesse aller Bürger Sachverstand und Sachgesichtspunkte ihre eigenständige Rolle gegenüber der politischen Führung spielen.
    Die Inflation der Parlamentarischen Staatssekretäre — seit der Großen Koalition hat sich ihre Zahl von 7 auf 19, also um rund 150 % erhöht — macht die Situation deutlich, zumal auch die Besetzung der Stellen der beamteten Spitzenpositionen zunehmend politisiert worden ist. Meine Damen und Herren, gestern noch haben wir hier erlebt, daß nach einer Rede des Bundesaußenministers einer seiner beiden Parlamentarischen Staatssekretäre an dieses Rednerpult trat,

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    um in seiner Eigenschaft als Abgeordneter Zustimmung und Unterstützung für die Ausführungen seines Ministers vorzutragen.

    (Abg. Barzel: Ein Blumenstrauß!)

    Das höhlt die parlamentarische Kontrolle der Regierung zum bloßen Scheingefecht aus.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen].)

    Die politisch nichtgebundenen Fachleute, die nach wie vor den wesentlichen Anteil an sachlicher Arbeit leisten müssen, werden ins dritte, vierte oder fünfte Glied zurückgedrängt. Die Staatssekretäre sehen sich praktisch heute auf Grund der Inflationierung ihrer Zahl in die Rolle von Oberabteilungsleitern degradiert. Der Aufstieg eines tüchtigen Fachbeamten in die Position des Staatssekretärs wird immer seltener gemacht.
    Lassen Sie mich auf den Zusammenhang von Leistungsprinzip und Personalpraxis in der Verwaltung noch etwas allgemeiner eingehen. Wir beobachten mit Sorge, daß die Politisierung im Zeichen neuer Heilslehren das Leistungsprinzip im öffentlichen Dienst immer mehr aushöhlt, obwohl man immer stramm die Fahne des Leistungsprinzips vor sich herträgt.