Rede von
Dr.
Richard
von
Weizsäcker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz auf das erwidern, was Herr Eppler soeben gesagt hat. Herr Eppler, wollen Sie hier eigentlich eine Diskussion über die politische Bedeutung ethischer und christlicher Kategorien, oder wollen Sie das nicht? Gestern haben Sie mir unterstellt — so kann ich nur sagen —, ich hätte der Kategorie der Moral das Kalkül gegenübergestellt. Das war nicht richtig zitiert. Heute haben Sie, wie Sie wissen, aus dem Zusammenhang herausgerissen zitiert, obwohl Sie meine Position und auch unsere Diskussion über dieses Thema natürlich kennen.
Herr Präsident, erlauben Sie mir, daß ich einen kurzen Passus über diese Frage aus einem Buch zitiere, in dem sowohl Herr Eppler als auch ich und einige andere Kollegen aus diesem Hause ihre Positionen dargelegt haben. Dort heißt es:
Frieden und Versöhnung ist eine Sache der Menschen und der Völker. Sie ist eine moralische Kategorie. Diese spielt in der Politik eine wichtige Rolle. Wer die moralische Basis seiner Politik nicht klarzumachen weiß, macht schlechte Politik. Moral, auch im Sinne der Versöhnung, ist nicht auf das persönlich-mitmenschliche Verhältnis beschränkt, sondern gehört auch zu den Elementen staatlicher Beziehungen. Freilich, man kann nicht die Moral zum eigentlichen Inhalt der Friedenspolitik machen. Es gibt zwar keine Friedenspolitik ohne moralische Komponente, aber es gibt eben auch keinen moralischen Ersatz für die nüchterne Suche nach dem richtigen Weg.
Herr Eppler, Sie wissen doch so gut wie ich, daß gerade das Element der Nüchternheit ein in hohem Maße christlich-ethisches Element ist, das wir anwenden müssen, wenn es überhaupt einen Sinn haben soll, diese Grundsätze in der Politik zu verwirklichen.
Herr Eppler, ich habe Sie in den Diskussionen außerhalb dieses Hauses als einen Mann kennengelernt, der sowohl die Redlichkeit als auch den Verstand hat, diese meine Position zu verstehen und zu würdigen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese Eigenschaften auch in diesem Hause praktizierten, nicht aber Beiträge dazu leisteten, die immer wieder beweisen sollen, daß die christlichethische Substanz nur außerhalb der CDU/CSU zu finden sei.