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ID0700404800

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    Deutscher Bundestag 4. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 25 A Bekanntgabe der Bildung der Bundesregierung 25 A Eidesleistung der Bundesminister 25 D Abgabe einer Erklärung des Bundeskanzlers Brandt, Bundeskanzler 27 B Dr. Barzel (CDU/CSU) 30 B Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Einsetzung des Rechtsausschusses (Drucksache 7/21) Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) 32 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1972 (Haushaltsgesetz 1972) (Drucksachen 7/10, 7/11) — Erste Beratung — Leicht (CDU/CSU) 32 D Haehser (SPD) 34 B Kirst (FDP) 36 B Nächste Sitzung 38 C Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten 39 A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972 25 4. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 10 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972 39 Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Augstein (Hamburg) 15. 12. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 15. 12. Blumenfeld ** 15. 12. Dr. Burgbacher 15. 12. Dr. Franz 15. 12. Handlos 15. 12. Lücker * 15. 12. Frau Schroeder (Detmold) 15. 12. Strauß 15. 12. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats
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    Rede von Victor Kirst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion äußert ihre Befriedigung darüber, daß es möglich ist — oder zumindest mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit möglich scheint —, in der nächsten Woche den Haushalt 1972 zu verabschieden, so daß nicht eintritt, was gelegentlich einmal als Möglichkeit erörtert wurde: ein haushaltspolitisches Vakuum, bei dem wir uns sicher alle gemeinsam nicht wohlgefühlt hätten.
    Ich darf wie der Kollege Haehser diese Befriedigung verbinden mit einem Dank an das Ministerium, das die technische Vorbereitung geleistet hat, auch mit einem ausdrücklichen Dank an den Bundesrat, der bereit war, uns die heutige Beratung durch Verzicht auf Fristen zu ermöglichen, und auch mit einem Dank an die Opposition, die geschäftsordnungsmäßig bereit war, die Voraussetzungen dafür zu 'schaffen, daß wir heute in erster und nächste Woche in zweiter und dritter Lesung beraten können. Ich ergänze den Kollegen Haehser, indem ich den Dank noch an eine zusätzliche Gruppe richte: Ich meine, wir sollten diesen Dank auch an die — ich glaube, es sind 149 — neuen Abgeordneten im 7. Deutschen Bundestag aussprechen, für die es eine besondere Lage ist, den Haushalt 1972 in dieser Form zu verabschieden; denn für uns ist er ja ein alter Bekannter.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Feststellung, er sei ein alter Bekannter, veranlaßt mich zu der Erinnerung, daß wir diesen Haushalt, wie er jetzt von der Regierung vorgelegt wird — aus formalen Gründen wegen des Prinzips der Diskontinuität von Vorlagen zwischen zwei Legislaturperioden vorgelegt werden muß —, in der gleichen Form Mitte September im Haushaltsausschuß verabschiedet und verabschiedungsreif für das Plenum vorbereitet hatten, und zwar in einer absolut aktualisierten Form, in einer Form, wie er damals im September aktueller, aktualisierter nicht sein konnte, und auch in einer Form, die ihn nicht nur formal verabschiedungsreif erscheinen ließ, sondern für uns als Regierungsparteien von damals und heute auch inhaltlich verabschiedungsreif erscheinen ließ.
    Wir bitten allerdings nachträglich um Verständnis, daß wir diesen so erarbeiteten Haushalt damals nicht der Zufallsmehrheit von einer Stimme, wie sie im September gegeben war und mit der anderes angerichtet wurde, überantwortet haben, sondern ihn zurückgestellt haben, bis ein neuer Bundestag zusammengetreten ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir werden über die Einzelheiten in der zweiten und dritten Beratung zu sprechen haben. Zur Zeit scheinen sich mir drei Probleme besonders zu stellen. Das ist einmal die Frage der Aktualisierung, das ist zweitens — nicht neu, immer wieder — die Frage der konjunkturpolitischen Relevanz und schließlich die Frage der Gesetzmäßigkeit bzw. der Verfassungsmäßigkeit des Vollzugs. Lassen Sie mich heute in der ersten Lesung zu allen drei Fragen nur kurze Bemerkungen machen.
    Ich teile im Prinzip, Herr Leicht, den Wunsch, einen möglichst aktualisierten Haushalt zu verabschieden. Nur wenn ich sehe, wie die Dinge technisch sind — wir wollen ja nach Möglichkeit keine Scheinaktualisierung, sondern eine umfassende machen —, dann muß ich doch abwägen, was mir lieber ist: ein Haushaltsplan, wie er jetzt vorliegt, aktuell nach dem Stand von Mitte September, der
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972 37
    Kirst
    vor Weihnachten und damit noch vor Ende des Kalenderjahres — gleich Haushaltsjahr — verabschiedet wird, oder ein weiter zu aktualisierender, dann aber — das wissen Sie auch — aus Zeit- und technischen Gründen nicht mehr vor Ablauf des Kalenderjahres zu verabschiedender Haushalt. Das ist der Zielkonflikt, in dem wir uns zu bewegen haben, und da meine ich, unter Abwägung aller Umstände müssen wir uns dann eben dafür entscheiden, den Haushalt so, wie er jetzt vorliegt, zu verabschieden.

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    Das schließt ja nicht aus, daß wir im Haushaltsausschuß eine umfassende Unterrichtung über die Haushaltslage, über die Entwicklung seit der letzten Beratung im Haushaltsausschuß erhalten.
    Das zweite Problem — wie gesagt, die konjunkturpolitische Qualität des Bundeshaushalts —, ein Standardthema der 6. Legislaturperiode, und ich könnte mir vorstellen, auch der 7. Legislaturperiode. In diesem Zusammenhang muß man die Bemerkungen des Kollegen Barzel zurückweisen, daß das Sachverständigengutachten dem Wähler vorenthalten worden sei. Dieses Sachverständigengutachten ist, so würde ich sagen, mit der normalen Verzögerung gegenüber dem im Gesetz festgelegten Stichtag —15. November — veröffentlicht worden. Wenn Sie Wert darauf legen, können wir ja einmal eine Anfrage stellen, damit wir schwarz auf weiß vorgelegt bekommen — das ist einfach eine Fleißarbeit —, zu welchem Termin das Sachverständigengutachten in den vergangenen Jahren jeweils vorgelegt worden ist. Mit Sicherheit käme bei einer Überprüfung heraus, daß es nie zum 15. November vorgelegt wurde. Nach meiner Erinnerung war es meistens Anfang Dezember.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Deshalb wollen wir doch nicht gleich weiter mit Unterstellungen anfangen, die so naiv sind, daß jeder merkt, daß etwas nicht stimmt.

    (Abg. Wehner: Das ändert auch nichts mehr am Wahlergebnis!)

    — Nein, das sowieso nicht, Herr Kollege Wehner.

    (Abg. Dr. Wagner [Trier] : Deswegen könnte man es doch jetzt zugeben, Herr Wehner! Es ist doch vorbei!)

    — Nein, da gibt es gar nichts zuzugeben. Wir wollen doch nicht, nur um Ihnen einen Gefallen zu tun, etwas zugeben, was nicht zuzugeben ist. Das wäre doch nun wirklich zu viel verlangt.

    (Abg. Dr. Wagner [Trier] : Aber das Gutachten war doch fertig! — Abg. Wehner: Wie wollen Sie das mit ihrer christlichen Haltung auf einen Nenner bringen? — Abg. Dr. Jenninger: Wir haben doch von etwas ganz anderem gesprochen! — Abg. Dr. Wagner [Trier] : S i e haben doch vom Wahlergebnis gesprochen!)

    In der Sache kommt es doch auf folgendes an. Es ist klar und richtig, daß das Sachverständigengutachten, über dessen Vorlagetermin wir eben gesprochen haben, die Haushalts- und Finanzpolitik aller öffentlichen Hände in diesem Staat — das ist das Entscheidende — einer relativ harten Kritik unterzieht. Es bezieht sich also auf den Bund, elf Länder und zigtausend Gemeinden, Städte, Kreise usw. Wer sich die Mühe macht, dieses Sachverständigengutachten genau zu lesen, wird doch wohl feststellen, daß die Zensuren, die die öffentlichen Hände erhalten, vielleicht insgesamt nicht sehr gut sind, wie bisher; man muß doch aber eindeutig feststellen, daß der Bund unverändert noch die besten Zensuren im Vergleich mit all diesen Gebietskörperschaften erhält.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir werden über das Sachverständigengutachten im Zusammenhang mit dem Jahreswirtschaftsbericht noch eingehender zu diskutieren haben. Ich meine, aber auch in diesem Sachverständigengutachten fehlt etwas, was bei fast allen fehlt, die über diese Dinge reden, schreiben und denken. Es fehlt etwas Konkretes, was realistisch ist. Es werden wunderbare Berechnungen angestellt, und die Darstellungsweise ist fast nur noch zu begreifen, wenn man die höhere Mathematik beherrscht. Es wird dargestellt, um wieviel Prozent — oder welche Bezugsgröße auch immer gewählt wird — die öffentlichen Haushalte zu expansiv waren. Wie man es hätte anders machen können, wird auch im Sachverständigengutachten nicht gesagt. Das muß man einmal sehr deutlich feststellen.

    (Abg. Leicht: Da haben Sie vollkommen recht!)

    — Vielen Dank, Herr Leicht, daß wir uns darin einig sind. Wir sollten uns vielleicht auch einmal — wir sind in den letzten Jahren darüber immer hinweggegangen — mit der Rechenmethodik beschäftigen, die dort angewandt wird. Da scheint mir einiges problematisch zu sein.
    Nun zu dem dritten Punkt einige wenige Worte. Wir haben ja dem Antrag zugestimmt, auch den Rechtsausschuß wieder in alter Form zu konstituieren. Wir sind mit der Prüfung dieser Frage einverstanden. Wenn ich Herrn Leicht recht verstanden habe, ging es ihm um die Frage der Einbringung in dieser Form. Es kann kein Zweifel bestehen, daß das vorletzte Wort über die Haushaltswirtschaft und den Haushaltsvollzug des Jahres 1972 der Bundesrechnungshof haben wird. Das ist seine Aufgabe. Das letzte Wort haben wir dann, wenn wir die Rechnung für 1972 zur Entlastung vorgelegt bekommen. Was meine Person angeht, so bin ich bereit, hier folgendes zu sagen. Wir werden die Handlungen der Exekutive an Hand des Berichtes des Rechnungshofes ganz vorurteilsfrei prüfen. Meine Damen und Herren, es gehörte für mich zu den angenehmen Erfahrungen der letzten Legislaturperiode — Kollege Haehser, das darf man wohl so sagen —, daß sich auch die Kollegen der Opposition vorurteilsfrei an der Kritik im Hinblick auf die Rechnungslegung der Jahre bis 1969 beteiligt haben. Wir werden Ihnen, was die kommenden Jahre angeht, darin nicht nachstehen. Das kann ich Ihnen versprechen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    38 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972
    Kirst
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß eine politische Bemerkung machen. Die Opposition hat die Nichtverabschiedung des Haushalts wesentlich in den Mittelpunkt ihrer Wahlkampagne gestellt. Im Zusammenhang mit der gesamten Stabilitätspolitik war das eines Ihrer Standardthemen. Wir, die Freien Demokraten, betrachten das Wahlergebnis vom 19. November als Vollmacht und Auftrag, diesem Haushalt nun endlich zur politischen Legitimität zu verhelfen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, wird weiter das Wort gewünscht? — Das
ist nicht der Fall. Dann schließe ich damit die Aussprache.
Die Geschäftsordnung schreibt Überweisung an den Haushaltsausschuß vor; Mitberatung durch den Rechtsausschuß ist gewünscht. Herrscht mit der Überweisung Einverständnis? — Das ist der Fall; dann ist so beschlossen.
Damit ist die heutige Tagesordnung erschöpft.
Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestages auf Dienstag, den 19. Dezember, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.