Rede:
ID0619922500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 18
    1. hat: 2
    2. der: 2
    3. Das: 1
    4. Wort: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Mischnick.: 1
    7. Für: 1
    8. ihn: 1
    9. die: 1
    10. Fraktion: 1
    11. Freien: 1
    12. Demokraten: 1
    13. eine: 1
    14. Redezeit: 1
    15. von: 1
    16. 30: 1
    17. Minuten: 1
    18. beantragt.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 199. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. September 1972 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 11725 A Fragestunde (Drucksachen VI/3783, VI/3812) Frage des .Abg. Rollmann (CDU/CSU) : Rechtsstellung der Parlamentarischen Staatssekretäre nach Auflösung des Bundestages Jahn, Bundesminister . 11725 C, 11726 B, C, 11727 A, B, D, 11728 A, B, C, D, 11729 A, B, C, D Rollmann (CDU/CSU) 11726 B Ott (CDU/CSU) 11726 C Fellermaier (SPD) 11726 D Dr. Mikat (CDU/CSU) . . . . . 11727 A, C Dr. Schmid, Vizepräsident . . . . 11727 D Dr. Haack (SPD) . . . . . . . 11728 A Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . 11728 B Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . . 11728 C Lemmrich (CDU/CSU) . . . . . . 11728 C Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 11728 D Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . . . 11729 A Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) . 11729 B Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 11729 C Kunz (CDU/CSU) . . . . . . . 11729 D Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) : Erklärungen des früheren Bundeswirtschaftsministers Schiller über die Preissteigerungsrate Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär 11730 A, B, C, D Ott (CDU/CSU) 11730 A, C Fellermaier (SPD) 11730 B Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) 11730 D Fragen des Abg. Lemmrich (CDU/CSU): Übernahme des Fehlbetrags der Deutschen Bundesbahn durch den Bund — Zinskosten der Bundesbahn für nicht erstattete Fehlbeträge Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär 11730 D, 11731 A, B , C, D, 11732 A Lemmrich (CDU/CSU) 11731 A, B , C, 11732 A Dr. Jobst (CDU/CSU) 11731 D Frage des Abg. Dr. Dübber (SPD) : Erbschaftsteuerpflicht für betriebliche Hinterbliebenenrenten Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 11732 B II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 Frage des Abg. Dr. Czaja (CDU/CSU) : dpa-Meldung über eine Äußerung des Bundesaußenministers zur Ausreise „polnischer Staatsangehöriger deutscher Abstammung" Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär . . 11732 C, D, 11733 A, B Dr. Czaja (CDU/CSU) . . . 11732 D, 11733 A Dr. Hupka (CDU/CSU) . . . . . 11733 B Frage des Abg. Dr. Hupka (CDU/CSU) : Vertrauliche Erläuterungen zur „Information der Volksrepublik Polen" über die Aussiedlung von Deutschen Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär . 11733 C, 11734 A, B, C, D Dr. Hupka (CDU/CSU) . . . . 11734 A, B Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . 11734 B Dr. Czaja (CDU/CSU) 11734 C Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 11734 D Frage des Abg. Dr. Hupka (CDU/CSU) : Möglichkeiten der Bundesregierung bezüglich der Behandlung der Anträge von Aussiedlern durch polnische Behörden Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär . 11734 D, 11735 A, B, C, D Dr. Hupka (CDU/CSU) 11735 A Dr. Giulini (CDU/CSU) 11735 B Dr. Czaja (CDU/CSU) 11735 C Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 11735 C Fragen des Abg. Kunz (CDU/CSU) : Reise einer Professoren-Kommission der Freien Universität Berlin nach Brüssel als Umgehung des gegen Ernest Mandel verhängten Einreiseverbots Genscher, Bundesminister . . . . 11735 D, 11736 A, B, C, D Kunz (CDU/CSU) 11736 A, C Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) . 11736 C Fragen des Abg. Hansen (SPD) : Gemeingefährliches Ablagern von giftigen Abfallstoffen, Einrichtung von Sonderdezernaten der Staatsanwaltschaften für Umweltschutzdelikte und Schaffung besonderer Strafvorschriften Genscher, Bundesminister . . . . 11736 D, 11737 A, B, D Hansen (SPD) 11737 A, C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 11. November 1971 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über den Luftverkehr (Drucksache VI/3559); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache V1/3819) Zweite Beratung und Schlußabstimmung — Horten (CDU/CSU) 11738 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. August 1971 über die Internationale Fernmeldesatellitenorganisation „INTELSAT" (Drucksache V1/3451) — Absetzung von der Tagesordnung — 11738 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 16. Dezember 1970 zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen (Drucksache V1/3272); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache VI/3820) — Zweite Beratung und Schlußabstimmung — 11738 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Mai 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über Fragen des Verkehrs (Drucksache V1/3770) ; Mündlicher Bericht des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen (Drucksache V1/3811) -- Zweite Beratung und Schlußabstimmung — Dr. von Bismarck (CDU/CSU) . . . 11738 D Dr. Geßner (SPD) . . . . . . . 11739 B Antrag des Bundeskanzlers gemäß Art. 68 des Grundgesetzes — Fortsetzung der Aussprache — Scheel, Bundesminister . . . . . 11740 D Dr. Schröder (CDU/CSU) . . . . . 11743 D Dr. Schulz (Berlin) (CDU/CSU) . . 11744 C Dr. Haack (SPD) 11748 B Dr. Müller (München) (CDU/CSU) . 1 1750 A Dr. Mende (CDU/CSU) . . . . . 11752 B Ertl, Bundesminister . . 11754 D; 11755 B Dr. Starke (Franken) (CDU/CSU) . . 11755 A Kleinert (FDP) . . . . . . . . 11755 C Wehner (SPD) . . . . . . . . 11757 B Brandt, Bundeskanzler . . . . . 11763 C Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 11773 D Kirst (FDP) . . . . . . . . . 11783 B Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 11786 A Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 1 1786 C Mischnick (FDP) . . . . . . . . 11795 D Schmidt, Bundesminister . . . . 11798 C Katzer (CDU/CSU) . . . . . . . 11809 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 III Erklärungen nach § 35 bzw. § 36 GO Dr. Mende (CDU/CSU) . . . . . 11811 D Schmidt (München) (SPD) . . . . 11812 A Strauß (CDU/CSU) . . . 11813 B, 11814 A Schmidt, Bundesminister . . . 11813 D Namentliche Abstimmung 11814 D Ansprache des Präsidenten von Hassel zum Abschluß der 6. Wahlperiode des Bundestages und zur Würdigung des Wirkens des Vizepräsidenten Dr. Schmid 11816 C Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 11819 A Analge 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) betr. Verantwortung für die Ermordung des israelischen Sportler 11819 A Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Reddemann (CDU/CSU) betr. Vorwurf des Parlamentarischen Staatssekretärs im Auswärtigen Amt gegen Bonner Journalisten in bezug auf Agententätigkeit . . . . . . . . . 11819 B Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Löffler (SPD) betr. Maßnahmen der Bundesregierung zur Abwendung der der Bundesrepublik Deutschland von palästinensischen Terroristen drohenden Gefahr . . . . . . . . . 11819 C Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Slotta (SPD) betr. Pressemeldung über die Kürzung der bisherigen finanziellen Unterstützung des Bundes für den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes . . . . . . . . . . 11820 D Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Riedel (Frankfurt) (CDU/ CSU) betr. Gleichstellung des durch das Häftlingshilfegesetz erfaßten Personenkreises, insbesondere der 9b-Häftlinge, mit den Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung . . . . . . . . . 11821 B Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Riedel (Frankfurt) (CDU/ CSU) betr. §§ 2 und 3 der Ersten Verordnung über die Auszahlung von zusätzlichen Eingliederungshilfen und Ausgleichsleistungen nach dem Häftlingshilfegesetz . . . . . . . . . . . 11821 D Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schulz (Berlin) (CDU/ CSU) betr. Unterbindung sämtlicher Aktivitäten palästinensischer Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland . . . 11822 B Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) betr. Maßnahmen der Bundesregierung gegen die im Bundesgebiet bestehenden, zu terroristischen Betätigungen neigenden Ausländergruppen . 11822 C Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) betr. Maßnahmen gegen die im Bundesgebiet tätigen palästinensischen Organisationen . . . . . . . 11823 A Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Miltner (CDU/CSU) betr. Terrororganisation „Schwarzer September" als Unterorganisation der „AL FATAH" und Zusammenarbeit mit deutschen linksradikalen Organisationen . . 11823 B Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) betr. Beziehungen linksextremistischer Gruppen zu palästinensischen Gruppen 11823 C Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) betr. Rückzahlung der Beamten, Richtern und Soldaten gewährten Vorschußzahlungen 11823 D Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für verheiratete Ausländer, die als Touristen ihren Ehepartner in der Bundesrepublik Deutschland besuchen . . . . . . . 11823 D IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Engelsberger (CDU/ CSU) betr. Erklärungen des Bundeskanzlers und des Bundesinnenministers über die Beteiligung des Bundesinnenministeriums an den Beratungen über das Vorgehen gegen die palästinensischen Terroristen in München und Fürstenfeldbruck 11824 B Anlage 16 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg Giulini (CDU/CSU) betr. Wahlrecht von Auslandsdeutschen . . 11824 C Anlage 17 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Schulhoff (CDU/CSU) betr. Versand einer Erklärung der Bundesregierung zur Inneren Sicherheit an mittelständische Adressaten . . . . . 11825 A Anlage 18 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wohlrabe (CDU/CSU) betr. Zusammenarbeit linksradikaler deutscher Studenten und Jugendorganisationen mit militanten palästinensischen Gruppen 11825 C Anlage 19 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Dübber (SPD) betr. Erbschaftsteuerpflicht für betriebliche Hinterbliebenenrenten . . . . . . . 11825 D Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Neemann (SPD) betr. Verlängerung der in den §§ 25 und 26 des Umwandlungs-Steuergesetzes enthaltenen Fristen 11826 B Anlage 21 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. Zahl der vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft vergebenen Gutachten und Studien — Gründe für die Vergabe und Auswertung der Gutachten 11826 C Anlage 22 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) betr. Verschlechterung der Zulassungschancen der Studienbewerber für in das zentrale Registrierverfahren einbezogene Fächer — Erklärungen der Bundesregierung bezüglich der Beteiligung des Numerus clausus 11826 D Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. von Bockelberg (CDU/ CSU) betr. Zahl der Studierenden aus den arabischen Ländern an den wissenschaftlichen Hochschulen und an Fachbereichen mit Numerus clausus . . . . 11827 C Anlage 24 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Corterier (SPD) betr. Katastrophenschutzplan für das Kernforschungszentrum Karlsruhe und Gefahren für die Umwelt durch das von den Pfalzwerken Ludwigshafen geplante Großkraftwerk in Wörth . . . . . . . . 11828 A Anlage 25 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Kotowski (CDU/ CSU) betr. Gründe für die Streichung des finanziellen Beitrags der Bundesregierung für INTERDOC 11828 D Anlage 26 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) betr. Veröffentlichung des Rücktrittsschreibens des ehemaligen Bundesfinanzministers Dr. Möller . . . . 11829 B Anlage 27 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Berger (CDU/CSU) betr. Vorlage des Entwurfs einer Novelle zum Personalvertretungsgesetz und Verlängerung der Amtszeit der Personalräte im Bundesdienst 11829 C Anlage 28 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. politisch motivierte Terror- und Gewaltakte von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland und Möglichkeiten zu ihrer Verhinderung . . 11830 A Anlage 29 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) betr. „Negativkatalog der zivilen Verteidigung" des Deutschen Städtetages 11830 D Anlage 30 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) betr. Arbeitsgruppen zur Beratung der Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung — Ergebnisse der Projektgruppe . . . . 11831 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 V Anlage 31 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Biechele (CDU/CSU) betr. Pressemeldungen über den Abbau der beim Grenzübergang Konstanz-Kreuzlinger Tor erstellten Anlage zum Absaugen von Autoabgasen — Versuche mit einem neuen Absaugegerät 11832 C Anlage 32 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Biechele (CDU/CSU) betr. Klärung von Abwässern durch Binseneinheiten 11832 D Anlage 33 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Mick (CDU/CSU) betr. Genehmigungspflicht für den Abbruch von Wohnhäusern und Modernisierung des Altbaubestands . . . . . . . . 11833 B Anlage 34 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Riedl (München) (CDU/ CSU) betr. Nachteile des Gesetzes über die Veranlagung von Brennereien zum Brennrecht im Betriebsjahr 1972/1973 für die bayerischen Kartoffelbrennereien und Wettbewerbssituation der deutschen Kartoffelbrennereien nach Inkrafttreten der EWG-Alkoholmarktordnung . . . . . 11833 D Anlage 35 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Looft (CDU/CSU) betr. Einbeziehung des Kindergarten- und Schulbaus in die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" 11834 C Anlage 36 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. überregionale Schwerpunktorte (Doppelorte) im Zonenrandgebiet 11834 D Anlage 37 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Arnold (CDU/CSU) betr. Vereinbarkeit einer Zweitwohnungssteuer mit den Vorschriften des Grundgesetzes 11835 A Anlage 38 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) betr. Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes zur Unterbindung mißbräuchlicher Ausnützung . . . . . . . . . . . . 11835 B Anlage 39 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Seefeld (SPD) betr. Vernichtung gebrauchsfähiger Bundeswehrkleidung und Verwertbarkeit für karitative Zwecke 11835 C Anlage 40 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Wohlrabe (CDU/CSU) betr. Aufhebung der Selbständigkeit des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen und Einbeziehung in eine gemeinsame elektronische Dokumentation 11836 A Anlage 41 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Katzer (CDU/CSU) betr. Ersatz der den PH-Studenten in Niedersachsen durch das Praktikum entstehenden Kosten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz 11836 B Anlage 42 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) betr. Einrichtung der Gebäude des Deutschen Krebsforschungszentrums, Situation der deutschen Krebsforschung im internationalen Vergleich und Verabschiedung eines umfassenden Forschungsprogramms 11836 D Anlage 43 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Löffler (SPD) betr. Einfuhr von mit Phosphat behandeltem gekochtem Schinken aus Dänemark, Belgien und den Niederlanden — Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher und der einheimischen Erzeuger 11837 B Anlage 44 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Rollmann (CDU/CSU) betr. einheitliche Handhabung des Ausbildungsförderungsgesetzes in bezug auf Unterbringungs- und Fahrtkosten bei auswärtigen Schulpraktika von Studenten 11837 D Anlage 45 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Kater (SPD) betr. Entwicklung der Tuberkuloseerkrankungen in der Bundesrepublik Deutschland und in den benachbarten Staaten — Röntgenreihenuntersuchungen zur rechtzeitigen Erkennung tuberkulöser Infektionen . . 11838 B VI Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 Anlage 46 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Beschleunigung des Ausbaues der alten B 44 von Biebesheim bis zum Ortsanfang Stockstadt 11839 A Anlage 47 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Maucher (CDU/CSU) betr. Aufhebung der Stückgutabfertigung bei verschiedenen Bahnhöfen der Deutschen Bundesbahn . . . . . . . . 11839 B Anlage 48 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. den vorzeitigen Ausbau der B 299 Erbendorf—Reuth 11839 C Anlage 49 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) betr. Beförderung eines Beamten des höheren Postdienstes und gemeinnützige Stiftung „Postwaisenhort" 11839 D Anlage 50 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) betr. Verwendung der Bezeichnung „DBP" auf Wagen der Deutschen Bundespost . . . 11840 B Anlage 51 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Slotta (SPD) betr. Kündigung der Mietverträge über werkseigene Wohnungen von Bergleuten der Saarbergwerke AG nach Eintritt in den Ruhestand 11840 D Anlage 52 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/ CSU) betr. Auswirkungen des Graduiertenförderungsgesetzes auf die Steigerung des Hochschullehrernachwuchses . . . 11841 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11725 199. Sitzung Bonn, den 22. September 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigungen 198. Sitzung, Seite 11572 D: In den letzten vier Zeilen müssen die Worte „Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit" gestrichen werden. 198. Sitzung, Seite 11701 A: Vor den Worten „Wir kehren damit zurück zu Punkt 5 der Tagesordnung" ist einzufügen: „Bevor ich in der Tagesordnung fortfahre, darf ich folgendes sagen. Es ist inzwischen interfraktionell Übereinstimmung hinsichtlich der Aufnahme dreier weiterer Tagesordnungspunkte erzielt worden. Es handelt sich um das Abkommen vom 11. November 1971 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über den Luftverkehr — Drucksache VI/3559 —, um das Gesetz zum Übereinkommen vom 20. August 1971 über die internationale Fernmeldesatellitenorganisation Intelsat — Drucksache VI/3451 — und um das Gesetz zu dem Übereinkommen vom 16. Dezember 1970 zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen — Drucksache VI/3272 —. Diese drei Vorlagen sollen morgen früh aufgerufen werden. Ich gebe das bekannt, weil im Ältestenrat noch keine endgültige Entscheidung getroffen wurde. — Ich sehe keinen Widerspruch dagegen, daß wir diese Punkte morgen früh aufrufen." Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11819 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Schiller 22. 9. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage A) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß für die Ermordung der israelischen Sportler auch jene Länder Verantwortung tragen, die diese Menschen nicht an ihrem Tun hindern, und wie ist bejahendenfalls diese Auffassung mit der Erklärung von Bundesaußenminister Scheel, daß die arabischen Staaten für den Terroranschlag in München nicht verantwortlich gemacht werden können, in Einklang zu bringen? Nach Ansicht der Bundesregierung tragen alle Staaten im Rahmen der ihnen gegebenen Möglichkeiten Verantwortung dafür, daß gegen unschuldige Menschen gerichtete Terroranschläge wie der von München verhindert werden. Deshalb hat die Bundesregierung auch Initiativen ergriffen, die zu einer wirksamen internationalen Bekämpfung des Terrorismus beitragen sollen. So sind die Außenminister der erweiterten EWG auf ihrer Sitzung am 12. September 1972 in Rom übereingekommen, ihre Haltung bei der Diskussion in der Generalversammlung der VN abzustimmen, wenn die Frage des Terrorismus entsprechend dem Vorschlag Generalsekretär Waldheims als Tagesordnungspunkt behandelt werden wird. Hinsichtlich der Probleme ihrer inneren Sicherheit haben die Außenminister beschlossen, eine engere Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen ihrer Länder herbeizuführen. Ein Widerspruch zwischen der Erklärung des Bundespräsidenten anläßlich der Trauerfeier für die Opfer des Anschlags von München und der Auffassung des Bundesministers des Auswärtigen brachte zum Ausdruck, daß der Bundesregierung keine Beweise oder konkreten Anhaltspunkte für eine Verantwortlichkeit einzelner arabischer Regierungen für das von palästinensischen Terroristen in München verübte Attentat vorliegen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Reddemann (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen A 11 und 12) : Anlagen zum Stenographischen Bericht Wie haben die Sicherheitsbehörden festgestellt, daß sich der vom Parlamentarischen Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Moersch, gegen Bonner Journalisten erhobene Vorwurf, sie seien als Agenten tätig, nicht erhärtet hat? Sind die betroffenen Journalisten, deren Verlagshäuser, ihre Besucher, ihre Telefongespräche und ihre Post überwacht worden, oder erwiesen sich die Verdächtigungen des Staatssekretärs Moersch als so substanzlos, daß auch ohne Recherchen der Sicherheitsbehörden die Schuldlosigkeit der angeschuldigten Journalisten erwiesen war? Den Sicherheitsbehörden liegen keine Erkenntnisse über eine Agententätigkeit Bonner Journalisten vor. Im Zusammenhang mit dem gegen Bonner Journalisten geäußerten Verdacht sind keine Überwachungsmaßnahmen getroffen worden. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache VI/3783 Frage A 17): Nachdem die palästinensischen Terroristen für den Fall des Scheiterns ihres verbrecherischen Anschlags in München gedroht haben, die Bundesrepublik Deutschland als ihr bevorzugtes Aktionsfeld zu wählen, frage ich die Bundesregierung, welche Maßnahmen sie zu ergreifen gedenkt, um diese Gefahr abzuwenden. Um Mißverständnissen vorzubeugen erlauben Sie mir, zu Beginn der Antwort auf Ihre Frage darauf hinzuweisen, daß die Bundesregierung nicht erst aus Anlaß der jüngsten Ereignisse in München besondere Schutzmaßnahmen gegen terroristische Ausländer und Ausländergruppen — gleich welcher Nationalität — ergriffen hat. Auf diese Gruppen und Personen richtete sich schon vorher das besondere Augenmerk der Sicherheitsorgane des Bundes und der Länder. In Erkenntnis der von ihnen ausgehenden Gefahr hat dieses Hohe Haus am 22. Juni d. J. die Änderung des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (BGBl. I S. 1382) verabschiedet, die die rechtliche Möglichkeit gibt, die genannten Gruppen und Personen noch effektiver als bisher zu beobachten. Von den exekutiven Maßnahmen möchte ich beispielhaft folgende erwähnen: Namentlich bekannte Führer und Mitglieder terroristischer Ausländergruppen, deren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden würde, wurden seit Jahren auf Weisung des Bundesministers des Innern in die Grenzüberwachungsliste aufgenommen. Dies hat sich als durchaus wirkungsvolle Maßnahme erwiesen. Eine Reihe von Personen konnte an der Grenze zurückgewiesen werden. Ebenfalls seit Jahren führt die Grenzschutzdirektion weitere Fahndungslisten mit Namen bekanntgewordener verdächtiger Personen. Diese Listen werden laufend ergänzt. Anhand dieser Listen werden verdächtige Personen überprüft und ggf. entsprechende Maßnahmen eingeleitet. 11820 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 Darüber hinaus wurden Ausländer, bei denen der begründete Verdacht gegeben war, daß sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen, durch die zuständigen Länderbehörden nach den Vorschriften des Ausländergesetzes aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und abgeschoben. Soweit Angehörige radikaler Ausländergruppen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in der Bundesrepublik Straftaten begangen haben, wurden sie der Bestrafung durch die Gerichte zugeführt. Nach dem verabscheuungswürdigen Verbrechen in München und Fürstenfeldbruck, insbesondere auf Grund der danach bekanntgewordenen Drohungen mit weiteren Terrorakten, wurden die Vorkehrungen zur Bekämpfung palästinensischer Terroristen noch verschärft. -- Das Bundeskabinett beschloß in seiner Sitzung am 6. September 1972 — also bereits am Tage nach dem Ereignis in Fürstenfeldbruck — die Wiedereinführung des Sichtvermerkszwangs für die Staatsangehörigen der arabischen Länder Libyen, Marokko und Tunesien. Der entsprechenden 5. Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes stimmte der Bundesrat in einer Sondersitzung am 13. September 1972 zu, so daß die Verordnung am 14. September 1972 in Kraft treten konnte. Nunmehr bedürfen die Staatsangehörigen aller arabischen Länder eines Sichtvermerks, um in die Bundesrepublik Deutschland einreisen zu können. — Das Auswärtige Amt hat alle deutschen Auslandsvertretungen auf meine Veranlassung angewiesen, Sichtvermerke an Staatsangehörige der arabischen Staaten nur nach besonders sorgfältiger Prüfung unter Anlegung eines strengen Maßstabes zu erteilen. — Die Ein- und Ausreisekontrollen wurden erheblich verschärft. Die Grenzdienststellen sind angewiesen, bei der grenzpolizeilichen Kontrolle alle ein- und ausreisenden Araber zu erfassen und eingehend fahndungsmäßig zu überprüfen. Jeder Araber, bei dem nicht ausgeschlossen werden kann, daß er ein Sicherheitsrisiko darstellt, wird zurückgewiesen. — Der Personen- und Objektschutz wurde erheblich verschärft. Er bezieht sich u. a. auf den Schutz der Auslandsvertretungen der Bundesrepublik und auf exponierte Persönlichkeiten in der Bundesrepublik. Im Zuständigkeitsbereich des Bundes wird er durch Kräfte des Bundeskriminalamtes und des Bundesgrenzschutzes ausgeführt. Nähere Einzelheiten möchte ich — wofür ich Sie um Verständnis bitte — im Interesse der Wirksamkeit nicht mitteilen. — Im Rahmen des Objektschutzes habe ich die obersten Bundesbehörden und die Länder am 7. September 1972 fernschriftlich um erhöhten behördlichen Selbstschutz gebeten. Bereits am 6. September 1972 hatte ich die Länder ersucht, alle israelischen und arabischen diplomatischen und konsularischen Einrichtungen sowie Büros und Zweigstellen von Luftfahrtgesellschaften, Schiffahrtsgesellschaften unter besonderen polizeilichen Schutz zu stellen. — Die Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Luftverkehrs wurden ebenfalls erhöht. Seit dem 24. August 1972 war bereits eine 100%ige Personen- und Gepäckkontrolle für den gesamten grenzüberschreitenden Linienverkehr angeordnet. Nach dem 5. September 1972 wurden die verstärkten Sicherungsmaßnahmen auch auf den innerdeutschen Linienverkehr und Charterverkehr sowie auf die Flugreisen einiger großer Touristik-Unternehmen ausgedehnt. Schließlich sollen künftig auch die Einrichtungen der Deutschen Lufthansa im Ausland verstärkt geschützt werden. Die entsprechenden Verhandlungen zwischen der Lufthansa, dem Bundesminister für Verkehr und dem Bundesminister des Innern sind weitgehend abgeschlossen, Ausbildungslehrgänge bereits angelaufen. — Am 13. September 1972 hat sich auf meine Veranlassung auch die Innenministerkonferenz eingehend mit der Sicherheitslage befaßt und beschlossen, zur Verhinderung weiterer Terroranschläge alle rechtlichen Möglichkeiten nach dem Ausländergesetz auszuschöpfen, u. a. illegal in das Bundesgebiet eingereiste Ausländer, vor allem aus arabischen Staaten, zu ermitteln und sofort abzuschieben. Dieser Maßnahme kommt im Rahmen einer wirksamen Bekämpfung der Terroristen im Bundesgebiet besondere Bedeutung zu, weil illegal in die Bundesrepublik eingereiste arabische Staatsangehörige von Terroristen erfahrungsgemäß leicht erpreßt werden. — Auf Vorschlag der Bundesregierung hat sich schließlich auch die Konferenz der Außenminister der erweiterten europäischen Gemeinschaften am 12. September 1972 mit der Frage der gemeinsamen Bekämpfung des internationalen Terrorismus befaßt. Die Angelegenheit wird in der Sitzung des „Politischen Komitees" am 21. und 22. September 1972 in Den Haag und danach voraussichtlich auf der geplanten Konferenz der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft über Fragen der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der inneren Sicherheit behandelt werden. Die Bundesregierung strebt dabei eine rasche Behandlung mit dem Ziel einer verstärkten — auch polizeilichen — Zusammenarbeit bei der Bekämpfung terroristischer Aktionen an, ferner eine Verbesserung des Nachrichtenaustausches sowie eine Koordinierung des Ausländerrechts und des Paßwesens. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11821 Dr. Slotta (SPD) (Drucksache VI/3783 Fragen A 18 und 19) : Ist die in der „Frankfurter Rundschau" vom 19/20. August 1972 veröffentlichte Meldung zutreffend, wonach die bisherige finanzielle Unterstützung des Bundes für den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes in der Finanzplanung für 1973 gekürzt werden soll, und ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß die bisher gewährte Unterstützung in voller Höhe beibehalten werden sollte, um eine Personaleinschränkung beim DRK-Suchdienst und damit eine zeitliche Streckung aller Nachforschungen zu vermeiden? Gedenkt die Bundesregierung, die bisher gewährte Unterstützung in voller Höhe aufrechtzuerhalten und damit auch der Bitte des Verbands der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Sozialrentner Deutschlands (VDK) zu entsprechen? Im Finanzplan des Bundes bis 1975 sind Zuwendungen für die Erfüllung von Suchdienstaufgaben des DRK und des Kirchlichen Suchdienstes in folgender Höhe vorgesehen: 1972 12,4 Mio. DM 1973 9,1 Mio. DM 1974 9,0 Mio. DM 1975 9,0 Mio. DM Eine Kürzung dieser Beträge ist nicht beabsichtigt. Der Finanzplan des Bundes berücksichtigt unter anderem, daß nach dem Bericht der Bundesregierung an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages über die Fortführung der Suchdienstarbeiten des DRK vom 21. Dezember 1967 (BT-Drucksache V/2435) in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung vom 22. Juni 1966 die aktive Suchdiensttätigkeit bis Ende 1972 einen gewissen Abschluß gefunden haben sollte. Entsprechendes gilt für den Kirchlichen Suchdienst. Inzwischen hat der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung in einer von Mitgliedern des Deutschen Bundestages veranlaßten gutachtlichen Stellungnahme vom 17. August 1972 die Fortführung der Suchdienstarbeiten in München in ihrem bisherigen Umfange für die Dauer von weiteren vier Jahren befürwortet. Hierüber wird bei den Beratungen über den Haushaltsentwurf 1973 entschieden werden. Dabei müssen wegen des Sachzusammenhangs auch der Suchdienst des DRK in Hamburg und der Kirchliche Suchdienst einbezogen werden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Riedel (Frankfurt) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage A 20) : Betrachtet die Bundesregierung das Fünfte Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Häftlingshilfegesetzes vom 29. Juli 1971 (BGBl. I S. 1173) bereits als eine dem Bundesentschädigungsgesetz vergleichbare Lösung — vgl. Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung vom 29. Juni 1956 (BGBl. I S. 562) i. d. F. des BEG-Schlußgesetzes vom 14. September 1965 (BGBl. I S. 1315, zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. August 1971 — BGBl. I S. 1426) —, oder aus welchem Grunde ist die Bundesregierung der Meinung, daß die ungefähr 17 000 Freiheitskämpfer unter der Roten Diktatur in der Sowjetischen Besatzungszone — d. h. die sogenannten 9 b-Häftlinge, die allein wegen ihres persönlichen Einsatzes nach 1945 verschleppt worden sind — unbedingt und auf die Dauer schlechter gestellt werden müssen als diejenigen, die Freiheit und Leben unter der braunen Diktatur aufs Spiel gesetzt haben? Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage am 20. August 1970 — BT-Drucksache VI/1119 — habe ich darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung an der bisherigen Rechtsauffassung des Gesetzgebers zur Häftlingshilfe festhält, wonach die Bundesrepublik Deutschland für einen Freiheitsentzug im Sinne des Häftlingshilfegesetzes nicht haftet. Diese Auffassung wurde von der damaligen Bundesregierung bei Erlaß des Häftlingshilfegesetzes im Jahre 1955 und auch von den nachfolgenden Bundesregierungen vertreten. In der Begründung zum Entwurf der 5. Novelle zum Häftlingshilfegesetz ist daher ausgeführt, daß das Bundesentschädigungsgesetz eine in sich geschlossene Regelung darstellt. Gleichwohl hat sich die Bundesregierung nie der Tatsache verschlossen, daß zahlreiche politische Häftlinge ein besonders schweres Schicksal erlitten haben, unter dessen Auswirkungen sie heute noch stehen. Sie hat deshalb in ihrem Gesetzentwurf der 5. Novelle zum Häftlingshilfegesetz spürbare Hilfen für die Betroffenen vorgeschlagen, die dann bekanntlich von diesem Hohen Hause auch beschlossen wurden, um einen angemessenen Ausgleich für den durch ihr persönliches Verhalten verursachten Freiheitsentzug zu erwirken. Die zusätzlichen Eingliederungshilfen für Berechtigte nach § 9 b des Gesetzes stehen nunmehr den entsprechenden Sätzen nach dem Bundesentschädigungsgesetz annähernd gleich. Es ist bekannt, daß die durch die 5. Novelle geschaffenen Verbesserungen haushaltsrechtlich nur schwer durchsetzbar waren und sich nur durch eine Streckung der Auszahlung der Leistungen über einen längeren Zeitraum ermöglichen lassen. Das voraussichtliche Volumen dieser Novelle mit rd. 140 Millionen Deutsche Mark ist fast achtmal so groß wie das der 3. und 4. Novelle zu dem Gesetz aus dem Jahre 1969 zusammen. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Riedel (Frankfurt) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage A 21) : Aus welchem Grunde hat die Bundesregierung — entgegen ihrer Ankündigung auf die Schriftlichen Fragen der CDU/CSU-Abgeordneten Gerhard Kunz und Jürgen Wohlrabe (Anlagen 38 und 40 des Stenographischen Berichts über die 170. Sitzung vom 4. Februar 1972, S. 9728) — in den §§ 2 bis 3 der Ersten Verordnung über die Auszahlung von zusätzlichen Eingliederungshilfen und Ausgleichsleistungen nach dem Häftlingshilfegesetz vom 26. April 1972 (BGBl. I S. 745) schließlich doch nicht solchen am härtesten betroffenen politischen Häftlingen Prioritäten eingeräumt, die „im Gewahrsam gesundheitliche Schäden erlitten haben" oder „lange inhaftiert waren"? Wie sich aus der Beantwortung der Schriftlichen Fragen der Herren Kollegen Kunz und Wohlrabe 11822 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 (Anlagen 38 und 40 zur 170. BT-Sitzung vom 4. Februar 1972 — S. 9728 f) ergibt, hätte die Bundesregierung gern den Personen, die „lange inhaftiert waren", Priorität in der Ersten Verordnung über die Auszahlung von zusätzlichen Eingliederungshilfen und Ausgleichsleistungen nach dem Häftlingshilfegesetz vom 26. April 1972 (BGBl. 1972, I, S. 745 f) eingeräumt. Ich habe aber damals auch darauf hingewiesen, daß der Erlaß der Verordnung von den in den Ländern durchzuführenden Erhebungen zu verschiedenen Fragen abhängig sei. Die Erhebungen zur Frage der Haftdauer verzögerten sich leider erheblich. Um die Verordnung nicht noch länger zurückstellen zu müssen, wurde deshalb. der Punkt „lange Haftdauer" ausgeklammert. Er wird nunmehr in der Zweiten Verordnung berücksichtigt, die noch in diesem Jahre erlassen werden wird. Die in Gewahrsam erlittenen Gesundheitsschäden sind in der Ersten Verordnung berücksichtigt, indem für Berechtigte, bei denen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 70 v. H. festgestellt ist, die Einkommensgrenze als Vorausetzung zur Gewährung der zusätzlichen Leistungen auf 700 DM (bei den übrigen Berechtigten auf 500 DM) festgesetzt ist. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulz (Berlin) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage A 22) : Ist die Bundesregierung bereit, nach dem Blutbad in München und Fürstenfeldbruck sämtliche Aktivitäten palästinensischer Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland radikal zu unterbinden und alle Angehörigen arabischer Staaten, die auch nur entfernt im Verdacht terroristischer Neigungen und Umtriebe stehen, auszuweisen? Die Bundesregierung hat bereits in der Vergangenheit, besonders aber nach dem verabscheuungswürdigen Verbrechen in München und Fürstenfeldbruck besondere Maßnahmen zur Bekämpfung der terroristischen palästinensischen Gruppen ergriffen. Wegen der Einzelheiten darf ich auf die Antwort zur Frage des Herrn Kollegen Löffler verweisen. Sie hat damit gezeigt, daß sie bereit und entschlossen ist, alle gesetzwidrigen Aktivitäten ausländischer Gruppen in der Bundesrepublik zu unterbinden. Zum zweiten Teil Ihrer Frage darf ich folgendes bemerken: Der Vollzug der Bestimmungen des Ausländergesetzes, also auch die Ausweisung, ist Sache der Länder. Diese haben, wie ich schon ausgeführt habe, auf der Innenministerkonferenz am 13. September 1972 erklärt, alle gesetzlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung gegen Gewalttaten radikaler Ausländer zu schützen. Soweit über ausländische, also auch arabische Staatsangehörige hinreichende und gerichtsverwertbare Erkenntnisse vorliegen, die den Verdacht einer Unterstützung oder Förderung terroristischer Aktivitäten begründen, werden die betreffenden Ausländer von den Ausländerbehörden der Länder aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und abgeschoben. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage A 23) : Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung bisher keine Maßnahmen gegen die nach ihren eigenen Angaben etwa 50 im Bundesgebiet bestehenden, zu terroristischen Betätigungen neigenden Ausländergruppen verschiedener Nationalität ergriffen? Es trifft nicht zu, daß die Bundesregierung bisher keine Maßnahmen gegen ihr bekannte im Bundesgebiet bestehende, zu terroristischen Betätigungen neigende Ausländergruppen ergriffen habe. Ich verweise insoweit auf meine Ausführungen auf die Frage des Herrn Kollegen Löffler. Ich möchte allerdings dabei nicht unerwähnt lassen, daß die lose Struktur und konspirative Tätigkeit der genannten Gruppen ihre Bekämpfung sehr erschwert. Im übrigen kann bei der losen Struktur und der konspirativen Betätigung solchen Gruppen nicht wirkungsvoll mit vereinsrechtlichen Mitteln begegnet werden. Es handelt sich bei diesen Gruppen in der Regel nicht um festgefügte Organisationen, sondern nur um einzelne Aktivisten, so daß ein Vereinsverbot nahezu ins Leere ginge. Gleichwohl hält die Bundesregierung vereinsrechtliche Maßnahmen für unentbehrliche Instrumente zur Sicherung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Erfolgversprechender sind nach meiner Ansicht strafrechtliche und vor allem ausländerrechtliche Maßnahmen wie Ausweisung und Abschiebung. Die ausländerrechtlichen Maßnahmen obliegen den Ländern. Soweit Maßnahmen aus dem Bereich der Strafverfolgung in Frage kommen, verweise ich darauf, daß hier die Möglichkeiten des Bundes begrenzt sind. Der Bundesminister des Innern kann das Bundeskriminalamt nach § 4 Abs. 2 Buchst. b des Gesetzes über das Bundeskriminalamt nur in Einzelfällen aus schwerwiegenden Gründen mit der Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben bei der Strafverfolgung beauftragen. Ich habe hinsichtlich terroristischer Aktivitäten arabischer Untergrundorganisationen nicht gezögert, von dieser Möglichkeit bis an die dem Bundeskriminalamt von seiner Aufgabenstellung und Kapazität her gesetzten Grenzen Gebrauch zu machen. Ich nenne folgende Fälle: a) Sprengstoffanschlag auf die israelische Botschaft (Auftrag vom 8. September 1969) b) Geheimbündlerische und terroristische Betätigung von Angehörigen arabischer Organisationen (Auftrag vom 16. September 1970) Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11823 c) Entführung eines Jumbo-Jets zum Nachteil der Deutschen Lufthansa (Auftrag vom 24. Februar 1972). Neben diesen Fällen, in denen das Bundeskriminalamt die polizeilichen Aufgaben bei der Strafverfolgung selbst wahrgenommen hat, ist das Bundeskriminalamt in anderen Fällen —,z. B. Brandanschlag auf das jüdische Altersheim in München — nach § 4 a des Bundeskriminalamt-Gesetzes durch Entsendung von Kriminalbeamten zu der die Ermittlung führenden Polizeidienststelle des jeweiligen Landes unterstützend tätig geworden. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage A 24) : Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung bis zum heutigen Tag keine Maßnahmen gegen die zehn im Bundesgebiet tätigen palästinensischen Organisationen ergriffen, an ihrer Spitze „AL FATAH" mit ihren 36 Zweiggruppen und Kontaktstellen? Zur Beantwortung darf ich mich auch hier auf meine Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Löffler sowie auf meine Ausführungen zu Ihrer ersten Frage beziehen. Die dort genannten Maßnahmen richteten und richten sich auch gegen palästinensische Organisationen, soweit sich diese gesetzwidrig betätigen. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Miltner (CDU/CSU) (DrucksacheVI/3783 Fragen A 25 und 26) : Trifft es zu, daß die Gruppe „Schwarzer September', die die Verantwortung für den Anschlag auf die israelische Olympia-Mannschaft übernommen hat, eine Unterorganisation der „AL FATAH" darstellt, und daß ihr Führer gleichzeitig Mitglied der Führungsspitze der „AL FATAH" ist? Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über eine enge Zusammenarbeit der palästinensischen Untergrundorganisation mit deutschen linksradikalen Organisationen vor? Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden ist die Terrororganisation „Schwarzer September" wahrscheinlich eine Unterorganisation der „AL FATAH". Die „AL FATAH" streitet dies ab. Der Anführer des „Schwarzen September" war nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden früher ein führendes Mitglied der „AL FATAH". Erkenntnisse darüber, daß deutsche linksradikale Vereinigungen mit der Untergrundorganisation „Schwarzer September" zusammenarbeiten, liegen nicht vor. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage A 27): Trifft es zu, daß fast alle linksextremistischen Gruppen nach den Feststellungen der Sicherheitsorgane Beziehungen zu palästinensischen Gruppen unterhalten und zum Teil sogar im Guerillakampf geschult werden? Es trifft nicht zu, daß „fast alle" linksextremistischen Gruppen Beziehungen zu palästinensischen Gruppen unterhalten. Nur bei einigen wenigen linksradikalen Vereinigungen konnten solche Kontakte festgestellt werden. Hinsichtlich einer Guerilla-Ausbildung von Angehörigen deutscher Gruppen durch palästinensische Widerstandsorganisationen liegen Erkenntnisse darüber vor, daß im Sommer 1970 mehrere Mitglieder der Baader-Meinhof-Bande in der Nähe von Amman in Lagern arabischer Guerilla-Organisationen in subversiver Kampftätigkeit ausgebildet werden. Anhaltspunkte dafür, daß in neuerer Zeit ähnliche Schulungen deutscher Linksextremisten im Nahen Osten stattgefunden haben, liegen nicht vor. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) (Drucksache VI/3783 Frage A 28) : Trifft die von einigen Presseorganen aufgestellte Behauptung zu, daß die Vorschußzahlungen, die Beamten, Richtern und Soldaten seit Anfang 1972 auf vorgesehene Besoldungserhöhungen gewährt werden, ab 1. Januar 1973 zurückgezahlt werden müssen, wenn bis dahin eine gesetzliche Regelung nicht erfolgt ist? Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Ersten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Drucksache VI/3169) ist nach Abschluß der Ausschußberatungen gestern von diesem Hause verabschiedet worden. Ich gehe davon aus, daß Ihre Frage damit gegenstandslos geworden ist. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache V/3783 Frage A 29) : Besteht bei verheirateten Ausländern, die als Touristen ihren Ehepartner in der Bundesrepublik Deutschland besuchen und denen während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland eine Arbeitsstelle und eine angemessene Wohnung angeboten werden, für die Ausländerbehörde die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, ohne daß die Betreffenden zum 11824 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 Zwecke der Familienzusammenführung zunächst in ihr Heimatland zurückreisen und von dort aus ihre Anwerbung betreiben müssen? Ausländer, die in der Bundesrepublik Deutschland eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen, benötigen nach den geltenden ausländerrechtlichen Bestimmungen für die Einreise grundsätzlich eine vorher einzuholende Aufenthaltserlaubnis in der Form des Sichtvermerks oder eine von einer Anwerbekommission ausgestellte Legitimationskarte. Das gilt auch dann, wenn die Einreise zugleich der Zusammenführung der Familie dient. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise ist in diesen Fällen nur möglich, wenn der Ausländer die Einreisebestimmungen nicht schuldhaft verletzt hat. Bei Touristen und Besuchsreisenden, die bald nach der Einreise zu erkennen geben, daß sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen, wird nach den vorliegenden Erfahrungen in den meisten Fällen davon ausgegangen werden müssen, daß dies von vornherein der Einreisezweck gewesen ist. Die nachträgliche Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dürfte daher nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache W3783 Frage A 30) : Wie ist die Feststellung des Bundeskanzlers während eines Informationsgesprächs mit Journalisten, das Bundesinnenministerium sei von den bayerischen Sicherheitsbehörden nicht in genügender Weise an den Beratungen über das Vorgehen der Polizei beteiligt worden, vereinbar mit der wiederholten Beteuerung von Bundesinnenminister Genscher, lückenlos an den Beratungen des Krisenstabs teilgenommen zu haben, und mußte die Bundesregierung auf Grund der außenpolitischen Zusammenhänge nicht sowieso zwingend an der Lagebesprechung teilnehmen und damit auch die Verantwortung für die gescheiterte Befreiungsaktion mitübernehmen, zumal Regierungssprecher Ahlers nach dem scheinbaren Erfolg noch erklärt hatte, daß es der „feste Wille der Bundesregierung" gewesen sei, die Terroristen mit ihren Opfern ,nicht zum Abflug kommen zu lassen"? Nach Rücksprache mit und im Auftrag von Bundeskanzler Brandt habe ich am 7. September 1972 erklärt, die Meldungen über eine angebliche Kritik des Bundeskanzlers an dem Vorgehen der bayerischen Polizei und dem Verhalten der bayerischen Behörden sei eine irreführende Wiedergabe eines Hintergrundgesprächs. Darüber hinaus sei es falsch, daß der Bundeskanzler den Einsatz des Bundeskriminalamts angeboten hätte und das Vertretern des Innenministeriums im Laufe des Dienstags der Zugang zu den Beratungen verweigert worden sei. Im übrigen habe der Bundeskanzler sich für eine Unterstützung zur Aufklärung des Sachverhalts durch die zuständigen Behörden ausgesprochen. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Giulini (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage A 31): Kann die Bundesregierung Auskunft geben, warum Auslandsdeutsche nicht wahlberechtigt sind? Nach § 12 Abs. 2 des Bundeswahlgesetzes besitzen Angehörige des öffentlichen Dienstes, die auf Anordnung ihres Dienstherrn ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Ausland genommen haben sowie die Angehörigen ihres Hausstandes seit jeher die Wahlberechtigung zum Deutschen Bundestag. Einer Beteiligung der übrigen Auslandsdeutschen ohne inländischen Wohnsitz an Wahlen stehen, wie schon der im Jahre 1955 erstattete Bericht der vom Bundesminister des Innern eingesetzten Wahlrechtskommission festgestellt hat, insbesondere politische, völkerrechtliche und praktische Gesichtspunkte entgegen. Bundesregierung wie Bundestag haben in der Erkenntnis, daß der gegenwärtige Rechtszustand wenig befriedigend ist, die Ausdehnung des aktiven Wahlrechts auf einzelne Gruppen von im Ausland lebenden Deutschen vorgeschlagen. Ich darf hier nur auf die gesetzgeberischen Vorhaben in der 5. und in der laufenden Legislaturperiode hinweisen: — Ein Initiativ-Gesetzentwurf im Jahre 1968 sah die Ausdehnung des aktiven Wahlrechts auf „Bedienstete zwischen- oder überstaatlicher Organisationen für die Dauer ihres Dienstverhältnisses" vor. — In einer Initiative des Ausschusses für Entwicklungshilfe im Jahre 1969 wurde die Ausweitung des aktiven Wahlrechts auf Entwicklungshelfer für die Zeiten des Entwicklungsdienstes gefordert. Beide Bemühungen sind nach Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat gescheitert. Die Bundesregierung hat den Gesamtkomplex in dieser Wahlperiode erneut überprüft und im Rahmen des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes Anfang dieses Jahres eine neue Initiative entfaltet. Diese sah die Verleihung des aktiven Wahlrechts an alle in den europäischen Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften lebenden Deutschen vor. Die Bundesregierung ist jedoch mit ihren Vorstellungen nicht durchgedrungen. Nach Einwendungen des Bundesrates hat sich der Deutsche Bundestag am 9. Juni 1972 gegen die vorgesehene Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten ausgesprochen, im wesentlichen mit der Begründung, die verfassungs- und europapolitischen sowie die verfassungsrechtlichen Aspekte einer solchen Regelung seien noch nicht hinreichend geklärt. In einer Entschließung vom gleichen Tag ist die Bundesregierung jedoch ersucht worden, Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11825 die Problematik um die Ausweitung des Wahlrechts unter Berücksichtigung der Entwicklung in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften weiter zu untersuchen und den gesetzgebenden Körperschaften eine befriedigende Lösung zu unterbreiten. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schulhoff (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen A. 32 und 33) : Trifft es zu, daß die vom Referat Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums des Innern herausgegebene Broschüre „Erklärung der Bundesregierung zur Inneren Sicherheit" an etwa 110 000 vorwiegend mittelständische Adressaten (freiberufliche Akademiker, Selbständige, Lehrer etc.) versandt worden ist und die für die Herstellung und Versendung der Broschüre verwendeten Haushaltsmittel die Summe von 70 000 DM übersteigen? Aus welchen Gründen hat der Bundesminister des Innern die genannte Broschüre zu diesem Zeitpunkt gerade an diesen Personenkreis versenden lassen? Die „Erklärung der Bundesregierung zur Inneren Sicherheit", die ich am 7. Juni 1972 vor dem Hohen Hause abzugeben die Ehre hatte, ist aufgrund starker Nachfrage in der Öffentlichkeit von meinem Referat Öffentlichkeitsarbeit zunächst in 44 000 Exemplaren und als diese nach wenigen Tagen vergriffen waren — in weiteren 120 000 Exemplaren hergestellt worden. Ihre Frage bezieht sich offenbar auf diese zweite Auflage. Davon sind 110 000 Exemplare im Einzelversand verteilt worden. Bei der Bestimmung der Zielgruppen für den Einzelhandel bemüht man sich normalerweise sogenannte Multiplikatoren, also Meinungsbildner, und Personen, von denen man aufgrund ihres Berufs oder ihrer Ausbildung ein spezielles Interesse erwarten kann, herauszufinden. So ist auch hier verfahren worden. Es kam zu drei Zielgruppen: 1. Leitende Personen Wirtschaft 2. Rechtsanwälte und Notare 3. Steuer- und wirtschaftsberatende Berufe. Der Druckauftrag für die Broschüre ist bereits am 9. Juni, also zwei Tage nach Abgabe der Regierungserklärung, erteilt worden. Sie werden sich erinnern, aus welchem Anlaß diese Erklärung abgegeben worden war. Ich hielt und halte es für erforderlich, der Öffentlichkeit den vollständigen Text einer aus solchem Anlaß abgegebenen Regierungserklärung zugänglich zu machen. In diesem Fall mit einem besonders guten Gewissen, weil der Führer der Opposition der Erklärung in der Debatte vom 7. Juni doch immerhin das Prädikat „beachtlich" erteilt hat. Es trifft zu, daß die Kosten des Einzelversands der Broschüre die Summe von 70 000 DM übersteigen. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wohlrabe (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage A 34) : Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Zusammenarbeit linksradikaler deutscher Studenten und Jugendorganisationen mit militanten palästinensischen Gruppen vor? Seit Beginn der „Palästina-Kampagne" der radikalen Neuen Linken im Sommer 1969, die sich gegen den als „rassistisch und zionistisch" bezeichneten Staat Israel richtet und überwiegend von Studenten getragen wird, sind in mehreren Universitätsstädten der Bundesrepublik sogenannte „Palästinakomitees" gegründet worden. Über diese Komitees, aber auch auf andere Weise ist es zu einer Zusammenarbeit zwischen linksradikalen deutschen Studenten und palästinensischen Gruppen gekommen. Diese Zusammenarbeit erstreckte sich auf den Bezug größerer Mengen von Schriften palästinensischer Gruppen durch deutsche Studenten, auf gemeinsame Demonstrationen und Aktionen und auf gelegentliche Reisen deutscher Studenten in arabische Länder. Es sind auch Informationen darüber vorhanden, daß Mitglieder deutscher anarchistischer Vereinigungen Kontakte zu Arabern im Bundesgebiet hatten, um von den Arabern Waffen und Sprengmittel zu beziehen. Einige der deutschen Kontaktpersonen konnten, insbesondere soweit sie der Baader-Meinhof-Bande angehörten, inzwischen festgenommen werden. Weitere Einzelheiten können öffentlich nicht bekanntgegeben werden. Ich bin jedoch bereit, dem Parlamentarischen Vertrauensmännergremium für die Nachrichtendienste weitere Auskunft zu erteilen, wenn das gewünscht wird. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Offergeld vom 22. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Dübber (SPD) (Drucksache VI/3783 Frage A 57): Hält die Bundesregierung die fortdauernde Belegung betrieblicher Hinterbliebenenrenten mit Erbschaftsteuer noch für zeitgemäß und sozial gerecht, oder warum hat sie dieses Problem nicht in ihrem Sozialbericht 1972 erwähnt? Wie mein Kollege Hermsdorf bei der Antwort auf die mündliche Anfrage des Kollegen Luda am 3. 3. d. J. erklärt hat, hält die Bundesregierung den ge.genwärtigen Rechtszustand, nach dem vertragliche Hinterbliebenenbezüge, also auch betriebliche Hinterbliebenenrenten, erbschaftsteuerpflichtig sind, Versorgungsbezüge aufgrund eigenen Rechtsanspruchs der Erbschaftsteuer dagegen nicht unterliegen, für unbefriedigend. Im Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes hat die Bundesregierung da- 11826 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 her vorgesehen, dem überlebenden Ehegatten künftig neben dem allgemeinen Freibetrag von 250 000 DM einen zusätzlichen besonderen Versorgungsfreibetrag in Höhe von gleichfalls 250 000 DM zu gewähren. Durch die dem überlebenden Ehegatten damit zustehenden Freibeträge in Höhe von insgesamt 500 000 DM soll erreicht werden, daß eine besondere steuerliche Belastung wegen der vertraglichen und damit auch der betrieblichen Hinterbliebenenbezüge nur noch in ganz seltenen Fällen eintreten wird. Die Bundesregierung gibt dieser Lösung den Vorzug gegenüber einer Regelung, die lediglich die vertraglichen Hinterbliebenenbezüge von der Erbschaftsteuer befreit, da die Neuregelung allen Hinterbliebenen zugute kommt, also auch denen, die ihre Versorgung aus den Erträgen oder dem Verbrauch des ererbten Vermögens sicherstellen müssen. Ich darf ergänzend darauf hinweisen, daß für betriebliche Hinterbliebenenbezüge gegenwärtig besondere Billigkeitsregelungen der Länder bestehen. Diese sind in dieser Legislaturperiode in Zusammenarbeit mit dem Bund erheblich ausgedehnt worden. Die seit 1961 bestehende Regelung, nach der für die Witwe jährliche Beträge in Höhe von 5000 DM und für jedes Kind van 1500 DM erbschaftsteuerfrei waren, wurde 1970 auf 8000 DM für die Witwe und 2500 DM für jedes Kind angehoben. Zum zweiten Teil Ihrer Frage, warum die Bundesregierung das Problem der Erbschaftbesteuerung betrieblicher Hinterbliebenenrenten nicht im Sozialbericht 1972 behandelt hat, möchte ich darauf hinweisen, daß der Entwurf des Zweiten Steuerreformgesetzes bereits am 1. März d. J. von der Bundesregierung beschlossen und am 4. Mai dem Bundestag zugeleitet worden ist. Eine besondere Ansprache des Problems im Sozialbericht 1972 erschien deshalb nicht mehr erforderlich. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Offergeld vom 19. September 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Neemann (SPD) (Drucksache VI/3783 Frage A 59) : Beabsichtigt die Bundesregierung, die Geltungsdauer der §§ 25 udn 26 des Umwandlungs-Steuergesetzes über den 31. Dezember 1972 hinaus zu verlängern? Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, den gesetzgebenden Körperschaften einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Verlängerung der in den §§ 25 und 26 des Umwandlungs-Steuergesetzes enthaltenen Fristen vorsieht. Ganz abgesehen von der Frage, ob sich für eine solche Verlängerung überhaupt gute Gründe finden ließen, hält es die Bundesregierung angesichts der vorzeitig zu Ende gehenden Legislaturperiode nicht für sinnvoll, jetzt noch Gesetzesvorlagen einzubringen, von denen anzunehmen ist, daß sie durch den Bundestag aus zeitlichen Gründen nicht mehr verabschiedet werden können. Sie wissen, daß dem Bundestag ohnehin eine Vielzahl von Gesetzentwürfen zur Beschlußfassung vorliegen, die wegen der eingetretenen parlamentarischen Situation nicht mehr erledigt werden können. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. von Dohnanyi vom 22. September 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen A 91 und 92) : Wieviel Gutachten und Studien wurden vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft mit welchen Bewilligungsgeldern seit 1969 vergeben? Welche Gründe sind im allgemeinen für die Vergabe von Gutachten maßgebend, und wie werden die Gutachten im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft ausgewertet? Zu Frage 91: In dieser Legislaturperiode bis einschließlich 1. Quartal 1972 wurden 176 Studien und Gutachten vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft vergeben. Für diese Studien und Gutachten wurden insgesamt 27 262 260,00 DM bewilligt. Außerdem sind für Einzelstudien auf dem Gebiet der Dokumentation insgesamt 55 900,00 DM bewilligt worden. Zu Frage 92: Gutachten werden vergeben, wenn das Ministerium den Sachverstand im Lande für die Lösung von Problemen einsetzen will. Dies erscheint der Bundesregierung besser als ein Aufblähen der Bundesverwaltung. Die Gutachten werden zur Lösung der Probleme ausgewertet. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. von Dohnanyi vom 22. September 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen A 93 und 94) : Wie beurteilt die Bundesregierung angesichts früherer Äußerungen der Bundesminister Prof. Dr. Leussink und Dr. von Dohnanyi, bis 1975 werde es — abgesehen von der Fachrichtung Medizin — an den deutschen Hochschulen keinen Numerus clausus mehr geben, die neuesten Feststellungen der Westdeutschen Rektorenkonferenz, die Zulassungschancen für Studienbewerber, die im kommenden Semester eines der in das zentrale Registrierverfahren einbezogenen Fächer belegen wollen, hätten sich gegenüber dem Vorjahr weiter verschlechtert? Worauf führt die Bundesregierung diese neuerliche Verschlechterung der Studienchancen für die Abiturienten zurück, und hält sie noch an ihren Versprechungen fest, bis 1975 werde der Numerus clausus in allen Fachrichtungen mit Ausnahme des Fachs Medizin beseitigt sein? Die Bundesregierung hat nie davon gesprochen, daß es bis 1975 keinen Numerus clausus an den Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11827 Hochschulen mehr geben wird, sondern hat im Gegenteil immer darauf aufmerksam gemacht, daß trotz aller Anstrengungen von Bund und Ländern nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich im Planungszeitraum von 1972 bis 1975 in Einzelstudiengängen auch weiterhin Engpässe ergeben werden; ich verweise hierzu insbesondere auf die Berichte über Sofortmaßnahmen über den Abbau des Numerus clausus vom Oktober 1970 und Februar 1972. Die gegenwärtigen Zulassungsbeschränkungen an den Hochschulen sind nicht zuletzt das Ergebnis der Versäumnisse früherer Bundesregierungen, die ihre Verantwortung zur Förderung von Bildung und Wissenschaft, die auch vor den Verfassungsänderungen vom Mai 1969 auf Grund des Artikels 20 GG (Sozialstaatsprinzip) sowie von Artikel 74 Ziff. 13 GG geboten und möglich gewesen wäre, nicht wahrgenommen hat. In den Beratungen zum Bundeshaushalt 1966 hat die sozialdemokratische Fraktion auf die Notwendigkeit des verstärkten Hochschulausbaus nachdrücklich hingewiesen und bewirkt, daß Bundesausgaben für den Hochschulausbau gegenüber der Regierungsvorlage um fast 80 Mio. DM erhöht worden sind. Die damalige Bundesregierung hatte also schon zu dieser Zeit die Dringlichkeit des Hochschulausbaus und die Entwicklung der Studentenzahlen verkannt (vgl. BT-Drucksache V/2153 — Lohmar — und V/2156 — Stoltenberg —). Bezeichnend dafür ist auch, daß 1969, also im letzten Jahr der vorherigen Bundesregierung, die Ausgaben für den Hochschulausbau gegenüber dem Vorjahr nicht nur nicht gesteigert, sondern zurückgegangen sind, nämlich um rd. 26 Mio. DM, obgleich sich schon 1969 deutlich zeigte, daß nur mit massiven und schnellen Maßnahmen die wachsenden Studentenzahlen zu bewältigen sein würden. Unmittelbar nach Antritt dieser Bundesregierung ist deshalb der Ausbau beschleunigt und das Ausbauvolumen, insbesondere durch das Schnellbauprogramm, ganz erheblich gesteigert worden. Die Bundesausgaben stiegen von 616 Mio. DM im Jahre 1969 auf rd. 939 Mio. DM im Jahre 1970 und 1270 Mio DM im Jahre 1971. Für 1972 sind rd. 1,6 Mrd. DM vorgesehen. Allen diesen Bemühungen der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern ist es zu verdanken, daß im Jahre 1972 97 000 Studenten gegenüber 1970 mehr einen Studienplatz erhalten können; demgegenüber gab es von 1968 bis 1970 nur zusätzlich 72 000 Studenten und von 1966 bis 1968 nur 33 000 Studenten zusätzlich. Bis 1976 werden zusätzlich 240 000 Studienplätze geschaffen werden, selbst bei Berücksichtigung der Preissteigerungen. Dies setzt allerdings voraus, daß die CDU/CSU in Bund und Ländern bereit ist, bei den notwendigen strukturellen Reformen mitzuwirken, damit gewährleistet ist, daß die für den Hochschulausbau zur Verfügung stehenden enormen Mittel so effektiv und rationell wie möglich eingesetzt werden können. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. von Dohnanyi vom 22. September 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten von Bockelberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen A 95 und 96) : Wie groß ist die Zahl der Studierenden aus den arabischen Ländern an den Wissenschaftlichen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland, und welchen Anteil an dieser Zahl haben die einzelnen arabischen Länder? Wie groß ist die Zahl der an Wissenschaftlichen Hochschulen oder Fachbereichen mit Numerus clausus Studierenden aus arabischen Ländern, und welchen Anteil an dieser Zahl haben die einzelnen Disziplinen? Zu Frage 95: Die Zahl der an wissenschaftlichen Hochschulen Studierenden aus arabischen Ländern betrug im Wintersemester 1969/70 insgesamt 2557 und im Wintersemester 1970/71 2552. Davon entfallen auf: Wintersemester Wintersemester 1969/70 1970/71 Ägypten (VAR) 538 545 Algerien 19 20 Irak 330 318 Jemen 6 6 Jordanien 385 396 Kuwait 2 4 Libanon 134 138 Libyen 120 138 Marokko 52 58 Saudi-Arabien 185 159 Sudan 45 51 Syrien 597 564 Tunesien 144 155 Zu Frage 96: Die Zahl der Studierenden aus arabischen Ländern an Fachbereichen mit Numerus clausus beträgt etwa 920 Personen. Der Anteil der auf einzelne Fachbereiche entfallenden Studierenden beträgt etwa: Wintersemester Wintersemester 1969/70 1970/71 Allgemeine Medizin 644 621 Biologie 54 54 Chemie 180 172 Pharmazie 36 45 Sonstige Fachbereiche 29 28 943 920 Der Anteil ist also rückläufig. 11828 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 Anlage 24 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. von Dohnanyi vom 22. September 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Corterier (SPD) (Drucksache VI/3783 Fragen A 97 und 98) : Ist der in den letzten Wochen in verschiedenen Zeitungen veröffentlichte Katastrophenschutzplan für das Kernforschungszentrum Karlsruhe mit dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft abgestimmt worden, und ist die Bundesregierung der Ansicht, daß dieser Plan und insbesondere das darin vorgesehene Verbleiben der betroffenen Menschen in dem verseuchten Gebiet den optimalen Schutz für die Bevölkerung gewährleistet? Trifft eine Meldung der Stuttgarter Zeitung vom 24. August 1972 zu, Bundesminister von Dohnanyi habe erklärt, das von den Pfalzwerken Ludwigshafen geplante Großkraftwerk in Wörth gegenüber dem Karlsruher Rheinufer habe „unter den gegenwärtigen Bedingungen durchaus Aussicht auf Genehmigung" durch das zuständige Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, und ist die Befürchtung der in der ,,Rheintal-Aktion" zusammengeschlossenen Umweltschutzbürgerinitiativen berechtigt, daß durch das Projekt in Wörth und die außerdem auf deutscher und französischer Seite geplanten oder bereits in Bau befindlichen Kernkraftwerke in der Oberrheinebene die größte Konzentration von Kernkraftwerken auf der Welt mit unabsehbaren Gefahren für die Umwelt entstehen könnte? Zu Frage 97: a) Die Katastrophenabwehr einschließlich ihrer Planung ist nicht Sache der Länder im Auftrage des Bundes, sondern eigene Angelegenheit der Länder, der Bund hat insoweit keine Kompetenz. Der Katastrophenabwehrplan der GfK ist weder vor 1962 noch danach — auch nicht nach 1970 — mit dem Minister abgestimmt worden. b) Im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren kann eine Genehmigung u. a. nur erteilt werden, wenn die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist (vgl. z. B. § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Atomgesetzes). Demgegenüber steht die ausschließliche Zuständigkeit des Landes für die Katastrophenabwehr aufgrund der allgemeinen Bestimmungen. c) Beim Zusammenwirken der atomrechtlichen Behörden des Landes und der für die Katastrophenabwehr zuständigen Landesbehörden wird der Katastrophenschutzplan auf Landesebene abgestimmt. d) Der Katastrophenschutzplan sieht, je nach den gebotenen Notwendigkeiten und dem Ausmaß des Schadens verschiedene Stufen von Maßnahmen vor, darunter u. a. das Verbleiben der Bevölkerung in dem betroffenen Gebiet mit vor, wenn der Umfang der Strahlenbelastung in keinem Verhältnis zu den Gefahren einer voreiligen und überstürzten Räumung des Gebietes stünden. e) Ergibt das Ausmaß der Katastrophe eine andere Würdigung durch die Katastropheneinsatzleitung, so wird sie weitere Maßnahmen, insbesondere auch die vorübergehende Räumung des Gebietes vorsehen können. Auf diese Möglichkeiten und Umstände nimmt jeder Katastrophenplan Rücksicht. Schon mehrmals — zuletzt anläßlich der Konstituierung des Kerntechnischen Ausschusses am 19. 9. 1972 — habe ich darauf aufmerksam gemacht, daß für die Bundesregierung die Sicherheit der Bevölkerung immer Vorrang vor der Förderung der Kernenergie genießt, eine Auffassung, die schon als Grundsatz im Atomgesetz verankert ist und die kürzlich das Bundesverwaltungsgericht im Würgassen-Urteil vom 16. 3. 1972 deutlich unterstrichen hat. Die Bundesregierung wird im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Länder bei der Katastrophenabwehr stets unterstützen. Zu diesem Zwecke hat sie bereits vor Jahren die Errichtung des Kerntechnischen Hilfszuges — Standort bei dem Kernforschungszentrum Karlsruhe — ermöglicht und gemeinsam mit dem BMJFG eine Sachverständigenkommission eingesetzt, die sogenannte „Notfallschutz-Richtwerte" erarbeitet hat. Zweck dieser Richtwerte ist es, der Katastropheneinsatzleitung Empfehlungen für die zu treffenden Maßnahmen bei Überschreitung gewisser Strahlendosen zu geben. Zu Frage 98: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Pfalzwerke Ludwigshafen Pläne für den Bau eines Kraftwerks auf einem linksrheinischen Gelände in der Gemarkung Neupotz haben. Es ist bisher jedoch noch nicht entschieden, ob ein solches Kraftwerk als fossil befeuerte Anlage oder als Kernkraftwerk entstehen soll. Ein Antrag auf Erteilung eines Standortvorbescheides oder einer Baugenehmigung nach dem Atomgesetz liegt bisher nicht vor. Bei einem Zusammentreffen mit dem Aufsichtsrat der Pfalzwerke habe ich Verständnis für die Befürchtungen der Rheintalaktion geäußert, daß die Häufung von Kraftwerken in der Oberrheinebene einer besonders sorgfältigen Prüfung bedarf, insbesondere im Hinblick auf die thermischen Effekte (Abwärme). Dabei ist es selbstverständlich, daß nicht nur jede Anlage getrennt für sich betrachtet wird, sondern daß auch mögliche Wechselwirkungen mehrerer Projekte untersucht werden. Die von Ihnen zitierte Aussage bedeutet, daß bisher keine Tatsachen bekannt sind, die eine Genehmigung eines Kernkraftwerkes von vornherein ausschließen würden. Eine konkrete Aussage über den Ausgang eines atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist daraus nicht abzuleiten, weil dazu erst, entsprechend den Vorschriften des Atomgesetzes, die umfassenden Prüfungen der Genehmigungsvoraussetzungen unter Einschaltung aller zuständigen Behörden abgewartet werden müßten. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. von Dohnanyi vom 22. September 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Kotowski (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen A 99 und 100) : Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11829 Welche Gründe haben die Bundesregierung veranlaßt, den finanziellen Beitrag für INTERDOC (International Documentation and Information Centre) zu streichen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Publikationen von INTERDOC auf hohem wissenschaftlichen Niveau und unter Mitarbeit prominenter Gelehrter aus vielen Staaten erarbeitet werden? Zu Frage 99: INTERDOC (International Documentation and Information Center) hat in den vergangenen Jahren mit einer Gruppe von Wissenschaftlern zusammengearbeitet, die mit finanzieller Unterstützung des Auswärtigen Amtes eine vergleichende Enzyklopädie „Sowjetsystem und Demokratische Gesellschaft" erarbeitet hat. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit sind Beiträge an INTERDOC gezahlt worden. Die Enzyklopädie ist jetzt fertiggestellt. Den Wissenschaftlern der Arbeitsgruppe wird durch Beihilfen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) weiterhin eine wissenschaftliche Tätigkeit ermöglicht. Nach der Satzung und den Richtlinien der DFG sowie nach der Zweckbestimmung der Finanzmittel meines Ministeriums ist es allerdings nicht möglich, weitere Beiträge an INTERDOC zu zahlen. Zu Frage 100: Der Bundesregierung ist die wissenschaftliche Qualifikation der Publikationen von INTERDOC bekannt. Weitere Beiträge können aber, wie zu A 99 dargelegt, aus rechtlichen und haushaltstechnischen Gründen nicht gezahlt werden. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Ehmke vom 18. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 1): Ist die Bundesregierung bereit, den seinerzeitigen Brief des ehemaligen Bundesministers der Finanzen, Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Alex Möller, der Offentlichkeit zugänglich zu machen, mit dem dieser seinen Rücktritt begründet hat? Ihr Frage ist von der Bundesregierung bereits beantwortet worden. In der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. finanz- und währungspolitische Absichten der Regierung wird zu Frage 2 mitgeteilt, daß eine Veröffentlichung des Schreibens von Herrn Dr. Möller an den Herrn Bundeskanzler nicht beabsichtigt ist (Bundestagsdrucksache VI/2326). Der Herr Bundeskanzler hat diese Antwort in der Bundestagssitzung am 23. Juni 1971 erläutert (vgl. Protokoll über die 130. Sitzung des Deutschen Bundestages, Seite 7517). An dem Sachstand hat sich nichts geändert. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 21. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Berger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 2 und 3) : Welche Gründe haben die Bundesregierung veranlaßt, den Entwurf eines geänderten Bundespersonalvertretungsgesetzes dem Deutschen Bundestag nicht entsprechend dessen einstimmigem Ersuchen bis zum 31. August 1970, sondern erst im August 1972 vorzulegen? Beabsichtigt die Bundesregierung im Hinblick darauf, daß die in Erwartung des neuen Gesetzes bereits verlängerte Amtszeit der Personalräte im Bundesdienst am 30. April 1973 abläuft, dem Deutschen Bundestag eine nochmalige gesetzliche Verlängerung der Amtszeit vorzuschlagen, oder ist sie der Auffassung, daß die nach dem 1. Mai 1973 neu zu bildenden Personalvertretungen nunmehr doch nach „altem" Recht gewählt werden sollen? 1. Der in der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 27. Februar 1970 für die Einbringung einer Novelle zum Personalvertretungsgesetz genannte Termin konnte wegen des Sachzusammenhangs dieses Gesetzgebungsvorhabens mit der ebenfalls anstehenden Reform des Betriebsverfassungsgesetzes nicht eingehalten werden. Darauf habe ich in meinem Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 20. August 1970 — D I 2 —212 100/8 — hingewiesen. Die Schwierigkeit der Materie, die auch in den zu einem großen Teil kontroversen Forderungen der Gewerkschaften zum Ausdruck kommt, haben den Deutschen Bundestag veranlaßt, mit einer längeren Frist für die Neuordnung des Personalvertretungsrechts zu rechnen. Dies ergibt sich daraus, daß er auf Initiative der drei Fraktionen durch das sogenannte Vorschaltgesetz vom 5. August 1971 die Amtszeit der derzeitigen Personalvertretungen bis zum 30. April 1973 verlängerte. Eine rechtzeitige Verabschiedung des neuen Bundespersonalvertretungsgesetzes vor diesem Termin wäre ohne die nicht vorherzusehende Abkürzung der laufenden Legislaturperiode sicherlich möglich gewesen. Meine Bemühungen, eine abschließende Beratung des Gesetzentwurfs noch vor der voraussichtlichen Auflösung des Deutschen Bundestages zu erreichen, sind leider erfolglos geblieben. Ich rechne aber damit, daß der Entwurf zu einem möglichst frühen Zeitpunkt im neuen Deutschen Bundestag wieder eingebracht wird. 2. Ich beabsichtige nicht, eine weitere Verlängerung der bis zum 30. April 1973 verlängerten Amtszeit der Personalvertretungen durch ein zweites Vorschaltgesetz vorzuschlagen. Eine nochmalige Verlängerung der Amtszeit der Personalräte durch Gesetz würden den das Mandat tragenden Wählerwillen vernachlässigen. Aus Zweckmäßigkeitserwägungen mag eine Verlängerung von verhältnismäßig kurzer Dauer hingenommen werden. Eine Ausschaltung der Wählerentscheidung für einen längeren Zeitraum wäre aber mit demokratischen Grundsätzen nicht vereinbar. Auch praktische Erwägungen sprechen gegen eine weitere Verlängerung der Amtszeit. Schon jetzt haben viele Personalvertretungen nicht mehr ihre ur- 11830 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 sprüngliche Stärke, weil nach dem Ausscheiden von Mitgliedern infolge der üblichen Personalfluktuation die Wahlvorschlagslisten erschöpft sind und daher Ersatzmitglieder nicht mehr eintreten können. Diese Entwicklung würde sich bei einer nochmaligen Verlängerung der Amtszeit verstärken. Ich halte es daher für richtiger, im kommenden Frühjahr Personalratswahlen nach dem z. Z. geltenden Recht durchzuführen. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 21. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 4 und 5) : Welche politisch motivierten Terror- und Gewaltakte, einschließlich der Androhung von solchen, wurden seit dem 1. Januar 1972 von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland begangen, welcher Nationalität sind diese Ausländer und welchen Organisationen sind diese Akte zuzuschreiben? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung auf dem Gebiet der Gesetzgebung und bei der Handhabung des Ausländerrechts in der Praxis, um durch Erschwerung der Einreise und Erleichterung der Ausweisung extremistischer Ausländer sowie durch Verbote extremistischer Ausländerorganisationen die politisch motivierte Ausländer-Kriminalität in Deutschland so weit wie möglich zu unterbinden? Zu Frage 4: Die Sicherheitsbehörden haben für die Zeit vom 1. Januar 1972 bis zum 15. September 1972 insgesamt 55 Gewaltakte und 85 Androhungen von Gewaltakten in der Bundesrepublik Deutschland erfaßt, deren Urheber nach dem jetzigen Erkenntnisstand Ausländer sind. Von den 55 Gewaltakten sind etwa drei Fünftel Kapitalverbrechen oder gemeingefährliche Verbrechen (Morde, Sprengstoffanschläge, Brandstiftungen, Geiselnahme) ; sie sind vorwiegend arabischen, zum Teil auch jugoslawischen, bulgarischen, spanischen, italienischen und griechischen Tätern zuzurechnen. Es gibt Anhaltspunkte, daß hinter den arabischen Tätern die Organisation „Schwarzer September" steht. Die meisten Ausschreitungen mit jugoslawischem Hintergrund dürften kroatischen Terroristengruppen zuzuschreiben sein. Für die italienischen und spanischen Täter liegen konkrete Anhaltspunkte nicht vor. Zu Frage 5: Auf dem Gebiet der Gesetzgebung hat das Bundeskabinett am 6. September 1972 auf meinen Vorschlag die Wiedereinführung des Sichtvermerkszwangs gegenüber Libyen, Marokko und Tunesien beschlossen. Der Bundesrat stimmte der entsprechenden 5. Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes in einer Sondersitzung am 13. September 1972 zu. Seit Inkrafttreten der Verordnung am 14. September 1972 ist nunmehr für Angehörige aller arabischer Staaten zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland ein Sichtvermerk erforderlich. Auf meine Veranlassung hat das Auswärtige Amt die deutschen Auslandsvertretungen und Konsulate angewiesen, Sichtvermerke an Staatsangehörige der arabischen Staaten nur nach besonders sorgfältiger Prüfung unter Anlegung eines strengen Maßstabes zu erteilen. Im Zweifelsfall ist der Sichtvermerk zu versagen. Auf dem Gebiet der Handhabung des Ausländerrechts in der Praxis sind die Innenminister von Bund und Ländern der Auffassung, daß die vorhandenen und nach ihrer Auffassung ausreichenden gesetzlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen sind. Ausländer, bei denen der begründete Verdacht gegeben ist, daß sie die öffentliche Ordnung und Sicherheit stören oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen, werden an der Grenze zurückgewiesen bzw. aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und abgeschoben. Solche Individualmaßnahmen nach dem Ausländerrecht stellen in der Praxis auch das wirksamste Mittel gegen die Tätigkeit extremistischer Ausländerorganisationen dar. Denn die gefährlichen radikalen Ausländerorganisationen arbeiten überwiegend im geheimen und beeinträchtigen schon dadurch die Wirksamkeit etwaiger vereinsrechtlicher Maßnahmen. Gleichwohl prüft die Bundesregierung immer wieder sorgfältig, ob gegen Vereinigungen radikaler Ausländer u. U. auch solche vereinsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden sollten. Anlage 29 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 21. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache V1/3783 Frage B 6) : Wie stellt sich die Bundesregierung zu dem vom Deutschen Städtetag herausgegebenen „Negativkatalog der zivilen Verteidigung" vom 14. April 1972? Der vom Deutschen Städtetag veröffentlichte „Negativkatalog" befaßt sich mit zahlreichen Einzelproblemen des Zivilschutzes. Dieser „Negativkatalog" hat bereits zu einer inhaltlich gleichen Anfrage im Deutschen Bundestag geführt (Protokoll der 182. Sitzung, Seite 10 633 vom 26. April 1972). Auf wesentliche Teile des „Negativkatalogs" werden Sie Antworten im Weißbuch zur 'zivilen Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland finden, das am 25. Mai d. J. veröffentlicht und allen Mitgliedern des Deutschen Bundestages vorgelegt worden ist; es gibt Auskunft über Gesamtkonzeption, Aufgaben und Probleme, auch über die noch nicht gelösten. Es wird abzuwarten sein, in welcher Weise sich die inzwischen in Kraft getretenen Verwaltungsvorschriften zum Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes auswirken werden. Sie stellen einen bemerkenswerten Schritt nach vorn dar. Letztlich hängt ihre Wirksamkeit allerdings von den Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199, Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11831 Mitteln ab, die hierfür in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen. Hier konnte jedoch der Tiefpunkt des Jahres 1969 bei der finanziellen Ausstattung zunächst immerhin aufgefangen werden. Auch in Zukunft betrachtet die Bundesregierung die zivile Verteidigung als unverzichtbaren Bestandteil der Gesamtverteidigung. Sie wird sich deshalb darum bemühen, daß die Haushaltsmittel hierfür verstärkt und in angemessenem Umfang an die Ausgaben der militärischen Verteidigung herangeführt werden. Anlage 30 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 21. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 7 und 8) : Welche Arbeitsgruppen und wie viele Personen der Bundesregierung beschäftigen sich z. Z. mit dem Problem der Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung? Welche Ergebnisse hat die Projektgruppe „Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung" (Innenministerium, Kapitel 0612) seit ihrer Gründung erzielt, und wie haben sich ihre Vorschläge in der praktischen Arbeit der Bundesregierung niedergeschlagen? Zu Frage 7: In allen Bundesministerien bestehen Organisationsreferate, die für die laufenden Organisationsangelegenheiten zuständig sind. Für die allgemeinen Organisationsangelegenheiten der Bundesverwaltung, die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Geschäftsordnungen und die Beratung der Bundesbehörden in organisatorischen Fragen arbeiten im Bundesministerium des Innern insgesamt 3 Beamte des höheren und 2 Beamte des gehobenen Dienstes. Im Jahre 1968 sah sich die damalige Bundesregierung im Hinblick auf die gestiegenen Anforderungen an die staatliche Leistungsfähigkeit veranlaßt, Maßnahmen für eine umfassende Lösung der strukturellen Probleme in Bundesregierung und Bundesverwaltung einzuleiten. Sie setzte hierfür gegen Ende 1968 einen besonderen Kabinettausschuß sowie eine interministerielle Projektgruppe ein. Ihr gehören z. Z. 8 Beamte des höheren Dienstes als Mitglieder sowie 5 Beamte des höheren und 2 Beamte des gehobenen Dienstes als Mitarbeiter an. Daneben sind einige Dienstkräfte für Sekretariatsaufgaben und Bürohilfsdienste eingesetzt. Im Zusammenhang mit der auf Beschluß des Deutschen Bundestages beim Bundesminister des Innern gebildeten Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechtes wurde als Hilfsorgan eine Arbeitsgruppe „Reform des öffentlichen Dienstrechtes" geschaffen, die aus 12 Beamten des höheren Dienstes und 6 Beamten des gehobenen Dienstes besteht. Außerdem ist im April 1970 die interministerielle Arbeitsgruppe „Datenbanksystem" beim Bundesminister des Innern eingerichtet worden. Ihre Mitglieder sind indessen nicht von ihren sonstigen Aufgaben in den entsendenden Ressorts freigestellt. Der Arbeitsgruppe gehören 12 Dienstkräfte an, davon 11 des höheren Dienstes. Schließlich ist noch auf die auf Empfehlung des Deutschen Bundestages im März 1968 beim Bundesminister des Innern geschaffene Koordinierungs- und Beratungsstelle für die elektronische Datenverarbeitung in der Bundesverwaltung hinzuweisen, die über 16 Beamte des höheren Dienstes und 12 Beamte des gehobenen Dienstes verfügt. Zu Frage 8: I. Die genannte Projektgruppe befaßte sich ab Januar 1969 mit folgenden Fragenkreisen: 1. Neuabgrenzung der Geschäftsbereiche 2. Stellung und Aufgaben der Parlamentarischen Staatssekretäre/ Staatsminister 3. Verbesserung des Führungsinstumentariums von Bundeskanzler und Bundesregierung Sie legte hierzu am 31. August 1969 ihren Ersten Bericht vor. Zur Frage der Neuabgrenzung der Geschäftsbereiche hatte sie drei Grundmodelle entwickelt, die darauf angelegt waren, Zuständigkeiten nach ihrem Sachzusammenhang zusammenzuführen und die Zahl der Bundesministerien im Interesse einer Straffung der Kabinettsarbeit und der Beseitigung von Zuständigkeitsüberlagerungen zu verringern. Die Bundesregierung ist bei ihrer Neubildung im Herbst 1969 diesen Vorschlägen — wenn auch mit Modifizierungen — in erheblichem Umfange gefolgt. Die Vorschläge der Projektgruppe zur Stellung der Parlamentarischen Staatssekretäre zielten darauf ab, dieses Institut im Interesse einer Entlastung der Bundesminister weiter auszubauen. Sie regte die Umwandlung der Parlamentarischen Staatssekretäre in Staatsminister an, die ihnen übertragene Aufgaben des Bundesministers erfüllen sollten, ohne eine zusätzliche hierarchische Stufe zu bilden; sie sollten vielmehr in dem von dem Bundesminister bestimmten Umfang nach innen weisungsberechtigte Ressortspitze sein. Die Bundesregierung ist diesem Vorschlag nicht gefolgt. Sie hat aber ressortinterne Regelungen zugelassen, die eine Stärkung der Stellung der Parlamentarischen Staatssekretäre bezweckten. In den Mittelpunkt ihrer Überlegungen zu einer Verbesserung des Führungsinstrumentariums von Bundeskanzler und Bundesregierung hatte die Projektgruppe den Ausbau der „politischen Planung" und in diesem Zusammenhang die Fortentwicklung bestehender Planungseinrichtungen gestellt. Ihr Bericht enthielt drei Organisationsmodelle, von denen eines besonders die kollegiale Komponente der Bundesregierung betonte. Die Bundesregierung ist diesem Modell sowie den weiteren Empfehlungen im wesentlichen gefolgt. Diese enthielten allerdings nur erste Ansätze, die auch aus der Sicht der Projektgruppe weitere Untersuchungsarbeiten im organisatorischen und methodischen Bereich erforderten. 11832 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 II. Nach dem Regierungswechsel 1969 wurde der Kabinettausschuß neu konstituiert und die Projektgruppe beauftragt, das Problem einer Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung nunmehr umfassend aufzugreifen. Sie entwikkelte hierzu zunächst grundsätzliche Vorstellungen und erstattete hierüber dem Kabinettsausschuß Bericht. Ein darauf gestützter abschließender Arbeitsplan wurde gebilligt. Die Projektgruppe hat auf der Grundlage ihrer Arbeitsplanung neben eigenen Feststellungen und der Auswertung in- und ausländischen Schrifttums eine Reihe von Untersuchungsaufträgen an Wissenschaftler und Beratungsfirmen vergeben. Im einzelnen ist hierzu auf den Bundesbericht Forschung IV (Übersichtsbericht) — Ergänzung zu Drucksache VI/3251 des Deutschen Bundestages, 6. Wahlperiode — zu verweisen. Die Untersuchungen sind im wesentlichen abgeschlossen und liegen jetzt vor. Arbeitsschwerpunkte der Projektgruppe waren in der abgelaufenen Zeit — Grundfragen der Planung (Planungsorganisation, Planungsverfahren, Verbindung von fachlicher Ziel- und Finanzplanung) — ressortinterne Organisation mit Schwerpunkt Führungsorganisation und Führungsinstrumente, — Verlagerung von Aufgaben auf nachgeordnete Bereiche sowie deren Gestaltung, — Möglichkeiten einer Zentralisierung von Querschnittsaufgaben, — Modellentwicklung für eine programmorientierte Ressortorganisation, — interministerielle Zusammenarbeit (interministerielle Ausschüsse usw.), — Neuzuschnitt der Ressorts. Die Arbeiten zu diesen Themenkreisen sind im wesentlichen beendet. Zur Zeit arbeitet die Projektgruppe an der Fertigstellung ihres Schlußberichtes, der im Spätherbst vorliegen wird. Ein Grundsatzbericht über die Möglichkeiten einer Verlagerung von Aufgaben auf nachgeordnete Bereiche wurde bereits im Frühjahr d. J. von der Projektgruppe vorgelegt. Die Arbeiten an der Modellentwicklung für eine programmorientierte Ressortorganisation sind noch im Gange. Sie werden nicht vor Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Die Bundesregierung verspricht sich von dem abschließenden Bericht der Projektgruppe wertvolle Anregungen für die Anpassung der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung an die modernen Bedürfnisse. Es ist darüber hinaus nicht zu verkennen, daß die Tätigkeit der Projektgruppe und die von ihr veranlaßten Untersuchungen sowie deren Ergebnisse schon bisher zu einem verstärkten Problembewußtsein innerhalb der Bundesverwaltung beigetragen und Anstöße zu laufenden organisatorischen Verbesserungen in den Bundesressorts vermittelt haben. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 21. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 9) : Sind Pressemeldungen zutreffend, daß die im Jahr 1964 beim Grenzübergang Konstanz-Kreuzlinger Tor erstellte Absaugeanlage für Autoabgase sich als völlig unwirksam erwiesen hat und deswegen abgebaut werden soll, und erwägt deswegen die Bundesregierung Versuche mit dem neuen Absaugegerät „Clean Air" des Schweizer Ingenieurs Georges Schwienbacher zur Beseitigung giftiger Autoabgase zu machen, das sich in Zürich und anderen Großstädten bewährt haben soll? Die Anlagen zum Absaugen von Autoabgasen, die von der Bundeszollverwaltung zum Schutz der Zollbeamten und der Beamten des Bundesgrenzschutzes an den stark belasteten Grenzübergängen zur Schweiz in Konstanz-Kreuzlinger Tor und Weil- Otterbach errichtet worden sind, haben sich im großen und ganzen bewährt. Leider sind die Wirkungen und die Einsatzmöglichkeiten dieser Absaugeeinrichtungen infolge ihrer Größe, der Geräuschentwicklung und der Notwendigkeit, sie in unmittelbarer Nähe der haltenden Kraftfahrzeuge aufzustellen, begrenzt. Zur Zeit der Aufstellung der Geräte waren jedoch keine wirkungsvolleren Absaugeanlagen verfügbar, so daß diese Nachteile bisher in Kauf genommen werden mußten. Das in der Schweiz entwickelte neue Absaugegerät beruht auf einer völlig anderen Konstruktion, die diese Nachteile vermeidet. Nach Auskunft des schweizerischen Amts für Lufthygiene, Zürich, ist das neue Gerät noch nicht öffentlich im Einsatz. Der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen (F), der für die Aufstellung der Geräte an den stark belasteten deutschen Grenzübergängen zuständig ist, steht seit längerer Zeit mit Schweizer Stellen hinsichtlich der Prüfung der Erprobung der neuen Absaugeanlage in Verbindung. Dem BMWF wird am 28. September 1972 das neue Gerät in Konstanz beim Schweizer Zollamt vorgeführt werden. Sofern die Prüfung ergibt, daß das neue Gerät gegenüber den alten Absaugeanlagen leistungsfähiger ist und bessere Einsatzmöglichkeiten bietet, soll beschleunigt mit der Erprobung des Gerätes an einem geeigneten Grenzübergang begonnen werden. Bei positivem Abschluß der Erprobung ist beabsichtigt, die alten Absaugeanlagen auf lange Sicht durch die neuen Anlagen zu ersetzen. Wie ich in Beantwortung Ihrer schriftlichen Fragen B 8/9 für die Fragestunde im Deutschen Bundestag am 23./25. Februar 1972 bereits mitgeteilt habe, stellen sämtliche Absaugeanlagen nur eine Übergangslösung dar. Hauptziel der Bundesregierung ist die im Umweltprogramm erklärte Absicht, die Kraftfahrzeuge bis 1980 um 90 % des Wertes von 1969 zu entgiften. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 21. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 10) : Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11833 Wie beurteilt die Bundesregierung die seit einigen Jahren am Bodenseeufer bei Lindau betriebenen Forschungen für eine funktionsfähige Klärung von Abwässern durch Binseneinheiten, mit denen nicht nur die Nachreinigung geklärter Abwässer betrieben werden soll, sondern die auch die vollständige Reinigung der Abwässer kleinerer Gemeinden ermöglichen sollen, und ist sie bereit, diese Forschungen, die jetzt von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Dozent Dr. R. Kickuth vom Göttinger Institut für Bodenkunde durchgeführt werden, zu unterstützen? Die Untersuchungen über Reinigung von Abwasser durch Binsen wurden in den Jahren 1966 bis 1970 in dem Forschungsvorhaben: ,,Versuchsanlage für eine dritte Reinigungsstufe der Abwasserklärung unter Verwendung höherer Wasserpflanzen auf hydrobotanischer Basis" durch die Bundesregierung gefördert. Die wissenschaftliche Leitung dieses Vorhabens lag bei Frau Dr. K. Seidel, Limnologische Station Niederrhein, der Max-Planck- Gesellschaft. Unterstützt wurden diese Versuche durch das Bayerische Landesamt für Wasserversorgung und Gewässerschutz und die Stadtverwaltung Lindau. Die Ergebnisse dieser ersten Versuchsphase zeigen, daß dieses Verfahren im derzeitigen Stadium noch keine Hinweise auf eine baldige technische Einsatzbereitschaft gibt. Seit 1971 führt die Arbeitsgruppe Professor Dr. Kickuth, Hannover, Bilanzierungsversuche über die Inhaltsstoffe der Abwässer und Herausnahme durch die Vegetation durch. Sollte sich aus diesen Versuchen die Erwartung auf ein einsatzfähiges Reinigungssystem ergeben, so kann die Bereitstellung von Förderungsmitteln des Bundes erwogen werden. Anlage 33 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 20. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Mick (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 11 und 12) : Ist der Abbruch von Wohnhäusern auch dann nach Artikel 6 § 1 des Mietrechtsverbesserungsgesetzes genehmigungspflichtig, wenn durch den folgenden Neubau mehr und bessere Wohnungen erstellt werden, und können insbesondere auch bei erfolgter Genehmigung Abstandssummen verlangt werden? Erhofft sich die Bundesregierung — bei einer Beantwortung der Frage 11 mit Ja -- von einer solchen Auslegung des Gesetzes eine durchgreifende Modernisierung des Altbaubestands und des Abbruchs von Bruchbuden? Nach Artikel 6 § 1 des sogenannten Artikelgesetzes werden die Landesregierungen ermächtigt, für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf. Von dieser Ermächtigung haben die meisten Länder Gebrauch gemacht und entsprechende Rechtsverordnungen erlassen. Es ist bereits von anderer Seite die Frage aufgeworfen worden, ob auch der Abbruch von Wohnraum als genehmigungspflichtige Zweckentfremdung anzusehen ist. Das Bundesministerium der Justiz hat deshalb die Landesjustizverwaltungen hierzu um Stellungnahme gebeten. Die meisten Landesjustizverwaltungen, die sich bisher geäußert haben — einige Stellungnahmen stehen noch aus —, sind der Auffassung, daß nach dem mit der Vorschrift verfolgten Zweck der Abbruch von Wohnraum die stärkste Form der Zweckentfremdung und daher ebenfalls genehmigungspflichtig sei; eine Klarstellung im Gesetz sei allerdings zweckmäßig. Bei dieser Auslegung, über die die Ansichten im Schrifttum auseinandergehen (bejahend: Schmidt- Futterer, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1971, 196; Schubert NJW 1972, 1348; verneinend: Otto, Deutsche Wohnungswirtschaft 1972, 159), kann davon ausgegangen werden, daß im Falle eines beabsichtigten Abbruchs die Genehmigung erteilt wird, wenn der Verfügungsberechtigte sich verpflichtet, alsbald etwa ebensoviel Wohnraum zu schaffen, wie durch den Abbruch verlorengeht, und diese Wohnungen zu der für vergleichbaren Wohnraum ortsüblichen Miete zu vermieten. In diesem Sinne hat das Bayerische Staatsministerium des Innern die nachgeordneten Behörden in einem Rundschreiben angewiesen. Da nach Absatz 2 der erwähnten Vorschrift die Genehmigung auch unter Bedingungen oder Auflagen erteilt werden kann, wird es zulässig sein, die Genehmigung unter der Voraussetzung der Zahlung einer Abstandssumme zu erteilen, soweit der Verfügungsberechtigte selbst keinen entsprechenden Wohnraum wiedererstellt, damit mit der Abstandssumme der Bau von Ersatzwohnungen an anderer Stelle gefördert werden kann. Eine solche Handhabung steht einer Modernisierung von Wohnungen nicht im Wege, solange unter Modernisierung nicht der Abbruch von preisgünstigem Wohnraum in ordentlichem Bauzustand und seine Ersetzung durch teure Luxusappartements oder Komfortwohnungen verstanden wird. Anlage 34 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 21. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 13 und 14) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das Gesetz über die Veranlagung von Brennereien zum Brennrecht im Betriebsjahr 1932/1933 durch die Erweiterung der Ausschußfristen für die betriebsfertige Herrichtung neuer Brennereien, insbesondere für die bayerischen Kartoffelbrennereien, erhebliche Nachteile bringt, und ist der Bundesregierung bekannt, daß in Bayern keine Neuerrichtungen von Kartoffelgemeinschaftsbrennereien erfolgten, während im norddeutschen Raum eine Vielzahl neuer Anlagen geschaffen wurden? Wie gedenkt die Bundesregierung die in Bayern betriebswirtschaftlich unumgängliche, für die Branntweinherstellung vorgesehene Kartoffelerzeugung unterzubringen, und wie beurteilt die Bundesregierung die Wettbewerbssituation der deutschen Kartoffelbrennereien nach Inkrafttreten der EWG-Alkoholmarktordnung? Im Entwurf des Gesetzes über die Veranlagung von Brennereien zum Brennrecht im Betriebsjahr 11834 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 1972/73 hatte die Bundesregierung als Stichtag für die Veranlagung den 31. März 1972 vorgeschlagen. Infolge der Verzögerung bei der parlamentarischen Beratung konnte dieser Termin nicht beibehalten werden. Die Frist wurde zunächst bis zum 31. März 1973 erweitert, dann aber schließlich auf den 30. September 1972 vorgezogen. Die Vertreter der Bundesregierung hatten sich in den Ausschußberatungen übrigens für den Tag des Inkrafttretens des Gesetzes als maßgebenden Stichtag ausgesprochen. Das wäre der 5. August 1972 gewesen. Zielvorstellung des Gesetzes war es, die Zahl der zur Veranlagung heranstehenden Brennereien im Hinblick auf die in naher Zukunft zu erwartende EWG- Alkoholmarktregelung zu beschränken und durch gleichzeitig vorgesehene Strukturverbesserungsmaßnahmen (Erleichterungen bei der Übertragung von Brennrechten) die Wettbewerbsposition der deutschen landwirtschaftlichen Brennereien im Gemeinsamen Markt zu stärken. Das Hinzutreten neuer Brennereien im Wege der Brennrechtsveranlagung führt bei gleichbleibender Branntweinabsatzlage zwangsläufig zu einer Einschränkung der Erzeugung für die bereits vorhandenen Brennereien. Diese Folge sollte durch das Vorziehen des Stichtages gemildert werden. Soweit bekanntgeworden ist, handelt es sich bei den Kartoffelgemeinschaftsbrennereien, die bis zum 30. September 1972 betriebsfähig hergerichtet werden, überwiegend um norddeutsche Betriebe. Außer diesen Brennereien können aber gemäß Artikel 1 Abs. 5 des Gesetzes über die Veranlagung von Brennereien im Betriebsjahr 1972/73 innerhalb eines Kontingents von 30 000 Hektolitern Weingeist bis zum 30. September 1973 noch weitere Kartoffelgemeinschaftsbrennereien errichtet werden, wenn der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein besonderes agrarwirtschaftliches Bedürfnis dafür anerkennt. Die Möglichkeit der Brennrechtsveranlagung steht demnach auch für bayerische Kartoffelgemeinschaftsbrennereien durchaus noch offen. Die Erweiterung des Kreises der landwirtschaftlichen Brennereien durch die Brennrechtsveranlagung 1972/73 führt zu einem unausweichlichen Opfer, das jede bereits bestehende Brennerei im Interesse der gesamten Landwirtschaft zu erbringen hat. Die Einschränkung der Erzeugung trifft nicht nur die bayerischen, sondern alle landwirtschaftlichen Brennereien im gleichen Maße. Die Gesamtmenge der zur Branntweinerzeugung vorgesehenen Kartoffeln wird durch die Veranlagung jedoch nicht berührt. Es läßt sich im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen, welche Gesamtmenge an Kartoffelbranntwein nach Inkrafttreten der EWG-Alkoholmarktordnung hergestellt werden kann. Die Bundesregierung wird sich aber dafür einsetzen, daß die bisherige Gesamterzeugung der deutschen Kartoffelbrennereien nicht geschmälert wird. Nach dem Entwurf der Marktordnung sollen bei der Festsetzung der Ankaufspreise die unterschiedlichen Erzeugungskosten der Brennereibetriebe berücksichtigt werden, um eine möglichst gleiche Wettbewerbssituation im Gemeinsamen Markt zu schaffen. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 21. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Looft (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 15) : Hält es die Bundesregierung für notwendig und möglich, durch die Einbeziehung des Kindergarten- und Schulbaus in die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur das Angebot an Bildungseinrichtungen in den wirtschaftlich schwachen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland zu erhöhen, damit sich die Randgebiete auch dadurch gegenüber der Anziehungskraft der Ballungsräume behaupten können? Für die Verbesserung der Lebensverhältnisse in den wirtschaftsschwachen Gebieten ist es nicht ausreichend, die gewerbliche Wirtschaft zu fördern und die wirtschaftsnahe Infrastruktur auszubauen; die Entwicklung des Bildungs-, Wohn- und Freizeitwertes dieser Gebiete gewinnt zunehmend an Bedeutung. Der Bundesregierung ist es jedoch verfassungsrechtlich nicht möglich den Bau von Kindergärten und allgemeinbildenden Schulen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" zu fördern. Das ist Aufgabe der Gemeinden und Länder. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, daß im Rahmen des ERP-Gemeindeprogramms für Schwerpunktorte der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" der Bau von Kindergärten gefördert werden kann. Außerdem möchte ich erwähnen, daß der Bau von allgemeinbildenden Schulen und Kindergärten im Zonenrandgebiet vom Bund gemäß §§ 6 und 7 Zonenrandförderungsgesetz gefördert wird. Anlage 36 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 21. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 16) : Ist es richtig, daß überregionale Schwerpunktorte (Doppelorte) im Zonenrandgebiet, z. B. Marktredwitz-Waldershof, nicht akzeptiert werden können, wenn der Doppelort Gemeinden umfaßt, die zu zwei Regierungsbezirken gehören? Grundsätzlich steht die Tatsache, daß zwei Orte durch eine Verwaltungsgrenze getrennt sind, der Anerkennung der Orte als Doppelschwerpunktort nicht entgegen. So hat der Planungsausschuß für regionale Wirtschaftsstruktur sogar zwei Orte als Doppelort anerkannt, die in zwei verschiedenen Bundesländern liegen. Es ist Aufgabe des Planungsausschusses für regionale Wirtschaftsstruktur, in einem konkreten Fall darüber zu entscheiden, ob zwei Orte, wie z. B. die von Ihnen genannten Orte, als Doppelschwerpunktort anerkannt werden können. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11835 Anlage 37 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 21. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Arnold (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 19) : Ist nach Auffassung der Bundesregierung die Einführung einer „Zweitwohnsteuer", wie sie von einigen Städten geplant wird, mit den Vorschriften des Grundgesetzes vereinbar? Nach Art. 105 Abs. 2 a GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sind. Die von einigen Gemeinden geplante Zweitwohnungssteuer könnte als örtliche Aufwandsteuer ausgestaltet und auf Grund einer entsprechenden landesrechtlichen Ermächtigung von den Gemeinden eingeführt werden. Sie ist verfassungsrechtlich zulässig, wenn das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG beachtet wird. Eine Gleichartigkeit käme in diesem Falle gegenüber der Grundsteuer und — wenn die Einnahmen aus Vermietungen von Eigentumswohnungen versteuert werden sollen — gegenüber der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer in Betracht. Die Einführung einer Zweitwohnungssteuer wäre aber evtl. möglich, wenn die Unterhaltung einer zweiten Wohnung für den eigenen Bedarf, d. h. der Aufwand, besteuert würde. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 20. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 20) : Sieht die Bundesregierung in laufenden Beitragserhöhungen zum Ausgleich des Haushalts der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg, insbesondere zur Finanzierung des Arbeitsförderungsgesetzes, die einzige Lösung, oder ist daran gedacht, das Arbeitsförderungsgesetz so zu ändern, daß dringende Umschulungsmaßnahmen und sinnvolle Förderungsmöglichkeiten bleiben, eine mißbräuchliche Ausnützung jedoch nicht mehr möglich ist? Die Frage einer etwaigen mißbräuchlichen Ausnutzung von Förderungsmöglichkeiten der Bundesanstalt für Arbeit, ist mehrfach in Fragestunden behandelt worden. Ich habe darauf ausführlich geantwortet und darf insofern auf meine Stellungnahme in den Fragestunden vom 16. Dezember 1971 und vom 21. Februar 1972 verweisen. Darin habe ich insbesondere auf die am 1. Januar d. J. in Kraft getretene neue Anordnung der Bundesanstalt für Arbeit über die Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung hingewiesen, die teils strengere, teils präzisere Förderungsvoraussetzungen aufgestellt und für einige Leistungen Höchstbeträge vorgesehen hat. Im übrigen hat unser Haus vor kurzem den Sachverhalt hinsichtlich der Finanzlage der Bundesanstalt für Arbeit aufgrund einer Frage des Abgeordneten Dr. Freiwald dargelegt. Sie können versichert sein, daß sowohl die Bundesanstalt für Arbeit als auch unser Haus sorgfältig die Erfahrungen prüfen, die mit der von mir genannten neuen Anordnung vom 1. Januar d. J. gemacht werden. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung nach § 239 AFG einen Bericht erstellen wird, in dem u. a. eingehend die Entwicklung der beruflichen Förderungsmaßnahmen dokumentiert wird. Anlage 39 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 21. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Seefeld (SPD) (Drucksache VI/3783 Fragen B 21 und 22) : Trifft es zu, daß, wie z. B. in Bruchsal geschehen, durchaus gebrauchsfähige Bundeswehrkleidung (z. B. Unterwäsche, Socken, Gummistiefel, Lederhandschuhe) sauber und gebündelt zur Vernichtung hergerichtet und auf Müllhalden abgeladen wird, und billigt die Bundesregierung dies? Teilt die Bundesregierung meine Meinung, daß gebrauchte Bundeswehrkleidungsstücke auf ihre weitere Verwertbarkeit geprüft und gegebenenfalls caritativen Zwecken zugeführt werden sollten? Ausgesonderte Bekleidung und persönliche Ausrüstung ist nach einem Erlaß des Bundesministeriums der Verteidigung vom Oktober 1968 grundsätzlich über die bundeseigene Treuhandgesellschaft VEBEG — Verwertungsgesellschaft m.b.H. mit Sitz in Frankfurt — zugunsten des Bundeshaushalts zu veräußern. Für Unterwäsche, die der VEBEG aus hygienischen Gründen gereinigt angeboten werden muß, war jedoch eine abweichende Regelung zu treffen, da sich in jüngster Zeit ergab, daß die Erlöse der VEBEG erheblich unter den Reinigungs-, Lohn- und Transportkosten blieben. Das Bundesministerium der Verteidigung hat daher im März 1972 folgendes angeordnet: 1. Den ausscheidenden Soldaten wird die in ihrem Besitz befindliche Unterwäsche unentgeltlich überlassen. 2. Mit der Unterwäsche, die von ausscheidenden Soldaten zurückgelassen wird, ist wie folgt zu verfahren: a) Die besten Stücke sind für besondere Fälle dem Vorrat der Standortverwaltung zuzuführen. b) Die restlichen Stücke können unentgeltlich an Angehörige der Bundeswehr abgegeben werden. Kosten dürfen hierdurch dem Bund nicht erwachsen. c) Verbleiben nunmehr noch Restbestände — es kann sich hierbei nur um eine geringe Menge abgetragener oder stark verschmutzter Stücke handeln — sind diese, soweit entsprechende Vorrichtungen vorhanden sind, 11836 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 bei den Standortverwaltungen zu vernichten. Der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen hat dieser Regelung zugestimmt; der Bundesrechnungshof ist durch Übersendung des Erlasses unterrichtet worden. Nach Auffassung der Bundesregierung ist durch diese Erlasse sichergestellt, daß die Vernichtung noch brauchbarer Bekleidung vermieden wird. Bei dem Ihren Fragen zugrunde liegenden Vorfall in Bruchsal sind irrtümlich, außer tatsächlich unbrauchbaren Bekleidungsstücken (Socken, Gummistiefeln, Lederhandschuhen) einige Kartons mit gebündelter Unterwäsche zur Vernichtung verladen worden, obgleich sie einer weiteren Verwendung zugeführt werden sollten. Die Bundesregierung bedauert dieses Versehen. Anlage 40 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 19. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wohlrabe (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 23 und 24) : Ist beabsichtigt, die Selbständigkeit des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen durch eine Statutenänderung aufzuheben und, wenn ja, warum? Ist beabsichtigt, das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen in eine gemeinsame elektronische Dokumentation aller im sozialen Bereich tätigen Organisationen einzubeziehen und, wenn ja, wann sind diese Arbeiten abgeschlossen? Mit der Frage der Aufhebung der Selbständigkeit des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen ist das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit bisher nicht befaßt worden. Es fördert die Arbeit des Instituts durch jährliche Zuwendungen, ist aber im Stiftungsvorstand nicht vertreten. Hier ist lediglich bekannt, daß von kommunaler Seite dem Herrn Senator für Arbeit und Soziales in Berlin eine Erörterung vorgeschlagen worden ist. Die von Ihnen erwähnte gemeinsame elektronische Dokumentation besteht bisher nicht; nach meiner Kenntnis ist sie zur Zeit auch nicht geplant. Das Institut prüft zur Zeit die Möglichkeiten der Umstellung auf eine elektronische oder maschinelle Dokumentation. Anlage 41 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 20. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Katzer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 25) : Trifft es zu, daß PH-Studenten in Niedersachsen die durch das vorgesehene Praktikum entstehenden Kosten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ersetzt erhalten, während dies in Nordrhein-Westfalen nicht der Fall ist, und was gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls dagegen zu tun? Der Bedarf im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes der Studenten der Erziehungswissenschaft, die im Rahmen des Studiums ein Praktikum von vier- bzw. sechswöchiger Dauer abzuleisten haben, richtet sich auch während dieses Praktikums nach § 13 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Nach dieser Vorschrift kann Ausbildungsförderung für die Kosten der täglichen Fahrt zur Ausbildungsstätte nur nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 geleistet werden. Sind die Voraussetzungen hierfür (der Auszubildende wohnt während der Ausbildung bei seinen Eltern und die Wohnung der Eltern liegt nicht am Ort der Ausbildungsstätte) während des Praktikums erfüllt, so kann für dessen Dauer der Fahrkostenpauschalbetrag von 30,— DM geleistet werden. Die Schule, an der das Praktikum durchgeführt wird, ist Ausbildungsstätte. Die Leistung von Ausbildungsförderung für die Unterkunft ist in § 13 Abs. 2 BAföG und Tz 13.5.7 bis 13.5.9 BAföGVwv-E abschließend geregelt. Insbesondere können nicht gleichzeitig für die Unterkunft am Hochschulort und am Praktikumsort Leistungen erbracht werden. Diese nach Art. 85 GG für die Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes verbindliche Rechtsauffassung des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit ist den obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung durch Runderlaß vom 24. Juli 1972 — Az.: J 3 — 1982-20-72/8 — bekanntgemacht worden. Aus Anlaß der Beantwortung dieser Anfrage habe ich Auskünfte der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen eingeholt. Danach sind die Ämter für Ausbildungsförderung in Nordrhein-Westfalen angewiesen, entsprechend dem vorbezeichneten Runderlaß zu verfahren. Nach der Auskunft des Landes Niedersachsen führt die dort beachtete Förderungspraxis auch derzeit schon zu demselben Ergebnis. Der förmliche Erlaß des Niedersächsischen Kultusministers wird derzeit überarbeitet mit dem Ziel, ihn der vorbezeichneten Weisung des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit anzupassen. Anlage 42 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 20. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 26 und 27) : Wie gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, daß die neu errichteten Gebäude des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg trotz des Fortfalls der „einmaligen Sonderleistung des Bundes zu den Betriebskosten der Stiftung Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg" in Höhe von 1,2 Millionen DM, Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11837 die von der Bundesregierung beschlossen worden ist, in notwendigem Ausmaß eingerichtet werden? Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation der deutschen Krebsforschung im internationalen Vergleich, und gedenkt sie in diesem Zusammenhang ein umfassendes Forschungsprogramm „Krebsforschung" zu verabschieden? Zu Frage 26 In der Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages am 14. September 1972 ist die einmalige Sonderzahlung des Bundes in Höhe von rund 1,2 Mio DM für das Deutsche Krebsforschungszentrum wieder in Ansatz gebracht worden. Ihre Anfrage ist also von den Ereignissen überholt worden. Zu Frage 27 Die Bundesregierung beurteilt die Situation positiv. Sie ist der Auffassung, daß kein Krebsforschungszentrum allein die erforderlichen Aufgaben in der Krebsforschung bewältigen kann. Sie ist daher bestrebt, gemeinschaftliche Projekte zu fördern und arbeitet eng zusammen mit internationalen Institutionen und Organisationen insbesondere mit der WHO. Außerdem ist die Bundesrepublik Deutschland Mitglied der Internationalen Zentralstelle für Krebsforschung in Lyon, die im Rahmen der WHO errichtet wurde und ist damit auch im internationalen Forschungsprogramm integriert. In diesem internationalen Rahmen werden Forschungsprogramme beschlossen und Forschungsaufträge vergeben. In meiner schriftlichen Antwort auf die Frage des Kollegen Dr. Probst am 13. Juni 1972 (Protokoll der 193. Sitzung vom 16. Juni 1972, Seite 11292 D) habe ich dargelegt, daß der Schwerpunkt der von der Bundesregierung geförderten Forschung beim Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg liegt. Dort wird ein wissenschaftliches Gesamtforschungsprogramm auf mittlere und längere Sicht ausgearbeitet. Es besteht die Absicht, einen ausgewählten Kreis in-und ausländischer Experten zu einer mehrtägigen Sitzung Anfang des nächsten Jahres nach Heidelberg einzuladen. Auf dieser Tagung werden die Institutsdirektoren ihr Forschungsprogramm vorstellen, es mit den Experten diskutieren und von diesen begutachten lassen. Das auf diese Weise erarbeitete Forschungsprogramm soll dann der Offentlichkeit übergeben werden. Anlage 43 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 20. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache VI/3783 Fragen B 28 und 29) : Trifft es zu, daß mangels zentraler Lebensmittelüberwachungsämter an den Grenzen aus Dänemark, Belgien und den Niederlanden gekochter Schinken eingeführt wird, der mit Phosphat behandelt worden ist und nach deutschen Bestimmungen nicht in den Handel gelangen dürfte? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um Verbraucher und einheimische Erzeuger dieser Produkte vor Schaden und Nachteilen zu bewahren, die sich aus dem Import solcher Produkte ergeben? Nach den Vorschriften der Auslandsfleischbeschau-Verordnung wird jede Sendung von Fleischwaren bei der Einfuhr in eigens hierfür eingerichteten Untersuchungsstellen bei den Zollstellen, die als Einlaßstellen für die Einfuhr von frischem und zubereitetem Fleisch zugelassen sind, stichprobenweise untersucht. Die Proben können in Verdachtsfällen auch einer bakteriologischen, histologischen, serologischen oder chemischen Überprüfung unterworfen werden. Nach Bekanntwerden des Verdachtes, daß Kochschinken ausländischer Herkunft unerlaubte Phosphatzusätze enthalten könnten, sind die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden vom Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit gebeten worden, zum Import anstehende Kochschinken einer verstärkten Kontrolle zu unterziehen. Nach mir vorliegenden Berichten sind im Verlauf des Jahres 1971 einzelne Sendungen von der Einfuhr zurückgewiesen worden. In jüngster Zeit sind mir Feststellungen über Phosphatzusätze bei Kochschinken ausländischer Herkunft nicht mehr bekanntgeworden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die von der Lebensmittelüberwachung der Länder durchgeführten Maßnahmen, die eine verstärkte Kontrolle der zum Import anstehenden Kochschinken zur Folge hatten, geeignet waren, den Verbraucher und einheimische Erzeuger vor Schaden und Nachteilen zu bewahren. Anlage 44 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 20. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 30 und 31) : Ist der Bundesregierung bekannt und billigt sie, daß offenbar nach einem Erlaß des niedersächsischen Kultusministers vorn 20. Dezember 1971 (Az. 2031 — B V 2 n — 35/71) Studenten, die Ausbildungsförderung erhalten, für Unterbringungs- und Fahrtkosten bei auswärtigen Schulpraktika einen Mehrbedarf nach § 13 Abs. 5 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes geltend machen können, während der Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen nach einem Runderlaß vom 7. Juli 1972 (Az. I B 7 44-39 Nr. 01182/72) dies nicht zulassen will? Wird die Bundesregierung durch Präzisierung der Ausführungsbestimmungen sicherstellen, daß § 13 Abs. 5 des Ausbildungsförderungsgesetzes in den Bundesländern einheitlich gehandhabt wird (damit die Chancengleichheit der Studenten wiederhergestellt wird)? Aufwendungen, die Studenten der Erziehungswissenschaft für die Durchführung des im Rahmen dieses Studiums abzuleistenden vier- bis sechswöchigen Praktikums treffen, können nicht als „besondere Aufwendungen" nach § 13 Abs. 5 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) angesehen werden. Für die Unterbringungs- und Fahrkosten während eines auswärtigen Schulpraktikums kann ihnen Ausbildungsförderung daher nur nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 bis 3 BAföG geleistet werden. Danach kann zur Abgeltung von Fahrkosten für die Dauer des Praktikums der Pauschalbetrag von 11838 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 30,— DM gezahlt werden, wenn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 BAföG vorliegen (der Auszubildende wohnt während der Ausbildung bei seinen Eltern und die Wohnung der Eltern liegt nicht am Ort der Ausbildungsstätte). Die Leistung von Ausbildungsförderung für die Unterkunft ist in § 13 Abs. 2 BAföG und Tz 13.5.7 bis 13.5.9 BAföGVwv-E abschließend geregelt. Insbesondere können nicht gleichzeitig für die Unterkunft am Hochschulort und am Praktikumsort Leistungen erbracht werden. Diese nach Art. 85 GG für die Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes verbindliche Rechtsauffassung des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit ist den obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung durch Runderlaß vom 24. Juli 1972 — Az.: J 3 — 1982-20-72/8 — bekanntgemacht worden. Aus Anlaß der Beantwortung dieser Anfrage habe ich Auskünfte der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen eingeholt. Danach sind die Ämter für Ausbildungsförderung in Nordrhein-Westfalen angewiesen, entsprechend dem vorbezeichneten Runderlaß zu verfahren; der Erlaß des Ministers für Wissenschaft und Forschung vom 7. Juli 1972 ist geändert worden. Nach der Auskunft des Landes Niedersachsen führt die dort beachtete Förderungspraxis auch derzeit schon zu demselben Ergebnis. Der förmliche Erlaß des Niedersächsischen Kultusministers vom 20. Dezember 1971 wird derzeit überarbeitet mit dem Ziel, ihn der vorbezeichneten Weisung des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit anzupassen. Die Bundesregierung hat durch ihren Runderlaß vom 24. Juli 1972 — Az.: J 3 — 1982-20-72/8 — bereits alles Erforderliche getan, um sicherzustellen, daß § 13 BAföG gegenüber den Studenten der Erziehungswissenschaft in den Bundesländern einheitlich gehandhabt wird. Anlage 45 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 20. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache VI/3783 Fragen B 32 und 33) : Kann die Bundesregierung Angaben über die Entwicklung der Tuberkuloseerkrankungen in der Bundesrepublik Deutschland und in den benachbarten Staaten in den letzten Jahren machen? Sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit und Möglichkeit, vorbeugende alljährliche Röntgenreihenuntersuchungen zur rechtzeitigen Erkennung tuberkulöser Infektionen für alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland verbindlich festzulegen? Auf Grund der Meldungen der Gesundheitsämter stehen der Bundesregierung jährlich Angaben über die an aktiver Tuberkulose Erkrankten, d. h. der offenen und geschlossenen Tuberkulose der Atmungsorgane sowie der Tuberkulose anderer Organe, zur Verfügung. Hiernach ist seit Jahren ein kontinuierlicher Rückgang der Erkrankungen festzustellen. So hat sich seit 1958 die Zahl der an aktiver Tuberkulose Erkrankten von 401 817 auf 189 122 Kranke im Jahre 1970 verringert, davon waren 120 523 Männer und 68 599 Frauen. Bezogen auf 100 000 Einwohner gleichen Geschlechts ergibt sich eine Bestandsziffer von 413,0 für das männliche und von 214,3 für das weibliche Geschlecht. Im Vergleichsjahr 1958 lauten diese Ziffern 924,4 für die Männer und 570,3 für die Frauen. Ein Viertel der 189 122 Kranken hatte eine offene Tuberkulose der Atmungsorgane. Auch die Bestandsziffer der Personen mit offener Tuberkulose der Atmungsorgane ist in den letzten Jahren zurückgegangen und zwar beim männlichen Geschlecht von 244,0 im Jahre 1958 auf 100,1 im Jahre 1970 und beim weiblichen Geschlecht von 88,5 auf 30,2. Die Zugänge der an aktiver Tuberkulose Erkrankten sind wesentlich zurückgegangen von 84 744 im Jahre 1958 auf 48 262 im Jahre 1970. Die Erkrankungsziffer (Erkrankte auf 100 000 Einwohner) ist damit von 155,8 im Jahre 1958 auf 79,3 im Jahre 1970 gefallen. Rund ein Drittel aller Zugänge an Tuberkulose beim männlichen Geschlecht entfielen im Jahre 1970 auf die offene Tuberkulose der Atmungsorgane, während beim weiblichen Geschlecht dieser Anteil bei 23 % lag; etwa 23 % der Zugänge waren Wiedererkrankte. Ein internationaler Vergleich ist durch sehr uneinheitliche Methoden der Erfassung wie unterschiedliche Definitionen außerordentlich eingeschränkt. Angaben können deshalb nur unter größtem Vorbehalt gemacht werden. Die Entwicklung der Tuberkuloseinzidenz von 1958 bis 1968 läßt beispielsweise in nachstehenden Bereichen folgenden Rückgang erkennen: in England und Wales um 67 % in Japan um 62 % in der DDR um 60 % in der BRD um 44 % in den USA um 41 % in Frankreich um 15 %. Die Bundesregierung hält ein Gesetz über eine jährliche Röntgenreihenuntersuchung aller Bürger zur Zeit nicht für notwendig. Einer regelmäßigen Überwachung bedürfen außer den Erkrankten in erster Linie die sogenannten „gesunden Befundträger", d. h. Menschen mit abgeheilten Organmanifestationen, da sich 80 % der Tuberkuloseerkrankungen von zur Zeit etwa 48 000 im Jahr aus dieser Personengruppe rekrutieren. Ob es für diesen Personenkreis — es dürfte sich um 4-5 % der erwachsenen Bevölkerung handeln, die im übrigen als aus früheren Untersuchungen bekannt angesehen werden können — erforderlich ist, die Röntgen-Überwachung gesetzlich vorzuschreiben, soll im Zuge der Erörterungen über „Vorschläge zur Neuordnung der Tuberkulosebekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland" geklärt werden, die jüngst vom Deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose vorgelegt worden sind. Deutscher Bundestag -- 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11839 Anlage 46 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 20. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3783 Frage B 34) : Was kann geschehen, damit der Ausbau der alten B 44 von Biebesheim bis zum Ortsanfang Stockstadt, insbesondere durch eine vordringliche Durchführung der Verbreiterung zweier zu schmaler und verkehrsgefährdender Brücken, beschleunigt werden kann? Im Bereich der beiden vorhandenen Brücken (über Modau und Fanggraben) im Zuge der B 44 befindet sich ein verkehrstechnisch ungünstiger und enger Bogen. Um diesen Bogen auszuschalten, muß die Trasse der bestehenden B 44 geringfügig verlegt, und die beiden Brückenbauwerke neu gebaut werden. Eine Verbreiterung der beiden Brückenbauwerke brächte dagegen keine Verbesserung. Die Planungsarbeiten sind im Gange, so daß Anfang 1973 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden kann. Sobald die rechtlichen und baulichen Voraussetzungen geschaffen sind, soll Ende 1973 bzw. Anfang 1974 mit den Bauarbeiten begonnen werden. Eine Beschleunigung des Bauvorhabens ist kaum möglich, da — wie die Erfahrung zeigt — die noch zur Verfügung stehende Zeit für die Bauvorbereitungsarbeiten voll genutzt werden muß. Anlage 47 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 20. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Maucher (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 35 und 36) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei verschiedenen Bahnhöfen der Deutschen Bundesbahn die Stückgutabfertigung aufgehoben werden soll, so z. B. in Mengen, Riedlingen und Saulgau? Ist die Bundesregierung bereit, sich dafür einzusetzen, daß diese Maßnahme wegen ihrer wirtschaftlichen und personellen Auswirkungen nicht durchgeführt wird? Die Organisation des Sütckgutdienstes liegt in der Hand der Deutschen Bundesbahn. Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn hat mir zu ihren Planungen für den Stückgutverkehr in dem von Ihnen genannten Raum folgendes mitgeteilt: In Anbetracht des geringfügigen Stückgutaufkommens in Mengen, Riedlingen und Saulgau hat die zuständige Bundesbahndirektion Stuttgart interne Untersuchungen darüber angestellt, welche Möglichkeiten einer weiteren Konzentration im Stückgutverkehr mit dem Ziel der Verbesserung des wirtschaftlichen Ergebnisses im genannten Raum gegeben sind. Nach dem vorläufigen Ergebnis dieser Überlegungen erscheint es zweckmäßig, Mengen als Stückgutort per Lkw im Haus-Haus-Stückgutflächendienst von Sigmaringen und Saulgau als Stückgutort von Aulendorf aus zu bedienen. Die ersten Überlegungen, den bisherigen Stückgutbahnhof Riedlingen in einen Stückgutort umzuwandeln, wurden vorläufig fallengelassen. Die Konzentration des Gutaufkommens bei den Stückgutbahnhöfen Sigmaringen bzw. Aulendorf hätte den Vorteil, daß dann von diesen Stellen direkte Wagen nach entfernt gelegenen Umlade-stellen gebildet werden könnten. Bei der bisherigen Zersplitterung des Gutaufkommens ist dies bislang von keiner dieser Stellen aus möglich. Die Bildung direkter Wagen bedeutet für die darin beförderten Stückgüter eine wesentliche Verkürzung der Beförderungszeit und für die Bundesbahn durch den Wegfall von Umladungen eine Verringerung ihrer Kosten. Das Wirtschaftsergebnis des Stückgutverkehrs könnte somit verbessert werden. Eine endgültige Entscheidung über das weitere Vorgehen ist noch nicht getroffen worden. Dies ist erst nach Anhörung der Gemeinden sowie der Verbände von Industrie und Handel im dortigen Bereich möglich. Die Bundesbahndirektion Stuttgart hat hierzu erste Gespräche bereits mit der zuständigen Industrie- und Handelskammer Ravensburg geführt. Anlage 48 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 20. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache 171/3783 Frage B 37) : Wird die Bundesregierung nach der in Bayern vollzogenen Gebietsreform die Planungen für den Bundesstraßenbau, bzw. -ausbau, auf die Erfordernisse der neuen Landkreise hin überprüfen, z. B. durch den vorzeitigen Ausbau der B 299 zwischen Erbendorf—Reuth—Falkenberg als der wichtigsten Verbindungsstraße des neuen Kreises Tirschenreuth? Die Gebietsreform in Bayern hat auf den Ausbau der Bundesfernstraßen keinen Einfluß. Dieser Ausbau wird nach dem Ausbauplan für die Bundesfernstraßen und dem 1. Fünfjahresplan (19711975) vollzogen. Zur Zeit wird im Raum Weiden/Tirschenreuth die B 22 zwischen Altenstadt und Erbendorf ausgebaut. Im Anschluß daran soll der Ausbau der B 299 Erbendorf—Reuth erfolgen. Anlage 49 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 20. September 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Fragen B 38 und 39) : Trifft es zu, daß ein Postbeamter des höheren Dienstes — mindestens zunächst — nicht befördert wurde, weil sich dieser Beamte als Mitglied der Hauptversammlung der gemeinnützigen Stiftung „Postwaisenhort" gegen eine vom Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen gewünschte Zweckentfremdung von Geldmitteln dieser Stiftung ausgesprochen hatte? 11840 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 Wie soll für den Fall, daß die vorstehende Frage bejaht wird, sichergestellt werden, daß derartige Fehlentscheidungen künftig vermieden werden? Vorab möchte ich mit aller Entschiedenheit den in Ihrer Frage versteckten Vorwurf zurückweisen, das Bundesministerium für das Post und Fernmeldewesen habe Mittel der gemeinnützigen Stiftung Postwaisenhort zweckentfremdet verwenden wollen. Es handelt sich vielmehr um einen vom Vorstand des Postwaisenhorts erarbeiteten und der Hauptversammlung zur Beschlußfassung vorgelegten Satzungsentwurf, nach dem u. a. die Mitgliedschaft in den Organen der Stiftung paritätisch vertreten sein und auch die Altenbetreuung in den Aufgabenkreis aufgenommen werden sollte. Der Hauptpersonalrat beim Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen hat zwar wegen der bei dieser Hauptversammlung des Postwaisenhorts zutage getretenen Einstellung eines Beamten des höheren Dienstes gegen dessen Verwendung im personellen Bereich Bedenken erhoben; diese Bedenken haben jedoch auf die Beförderung des Beamten keinen Einfluß gehabt, sondern sind ihm lediglich aus Gründen der Transparenz zur Stellungnahme zugeleitet worden. Die Nichtberücksichtigung der Bewerbungen des Beamten war in 11 Fällen darauf zurückzuführen, daß die Präsidenten der Oberpostdirektionen dienstältere oder für den Dienstposten geeignetere Beamte vorgeschlagen haben. Bei der 12. Bewerbung bei der dann erstmals Bedenken des Hauptpersonalrates gegen den Einsatz des Beamten im personellen Bereich vorgetragen wurden — sind auch alle anderen Bewerber abschlägig beschieden worden. Die entsprechende Ausschreibung des Dienstpostens wurde nicht gewertet, weil der Akademische Senat der Fachhochschule Berlin der Deutschen Bundespost bei der Auswahl der Bewerber nicht beteiligt worden war. Bei der 2. Ausschreibung hat sich der Beamte nicht mehr um diesen Dienstposten beworben. Ihm wurde inzwischen aufgrund einer anderen Bewerbung vom 19. 12. 71 ein höherwertiger Dienstposten übertragen. Der Vorwurf einer personellen Fehlentscheidung ist unbegründet. Anlage 50 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 20. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 40) : Welche Gründe veranlassen die Bundesregierung, den Begriff „Deutsch" bei Aufschriften auf Wagen der Deutschen Bundespost nicht mehr zu verwenden, und zwar statt der Bezeichnung Deutsche Bundespost nur noch .DBP" zu schreiben? Es waren ausschließlich wirtschaftliche Gründe„ die die Bundesregierung veranlaßt haben, für die Beschriftung der Fahrzeuge der Deutschen Bundespost die Abkürzung „DBP" zu wählen. Um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, im Postreisedienst die wirtschaftliche Situation zu verbessern, wurden Anfang 1971 auch die Außenflächen der Kraftpost-Omnibusse für die Werbung freigegeben. Dies hatte zur Folge, daß an beiden Seiten der Fahrzeuge nur eng begrenzte Flächen für die Eigenbeschriftung zur Verfügung blieben. Deshalb wurde in Verbindung mit dem Posthorn die Abkürzung „DBP" gewählt. Zugleich erfolgte damit eine Anpassung an die seit einiger Zeit mit uns im Verbund verkehrenden Omnibusse der Deutschen Bundesbahn, deren Beschriftung seit Jahren „DB" lautet. Um eine Einheitlichkeit der Beschriftung im Fahrzeugpark der DBP zu erzielen, wurde diese Maßnahme Mitte 1971 auf die übrigen Kraftfahrzeuge und Anhängerfahrzeuge zunächst nur bei Neufahrzeugen — ausgedehnt. Diese Vereinheitlichung bringt Ersparnisse u. a. beim Beschaffen und Anbringen der Folien. Ich darf feststellen, daß auch in der eben geschilderten Änderung ein — wenn auch kleiner Beitrag zu sehen ist, um die wirtschaftliche Gesamtlage der Post zu verbessern. Keinesfalls ist in dieser Maßnahme eine Aufgabe der Bezeichnung „Deutsche Bundespost" zu sehen; der Begriff „deutsch" ist damit nicht aus dem Sprachgebrauch der Deutschen Bundespost verdrängt worden. Zudem darf ich noch darauf hinweisen, daß die Abkürzung „DBP" für „Deutsche Bundespost" nicht nur in meinem Hause seit längerem gebräuchlich ist. Anlage 51 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 21. September 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Slotta (SPD) (Drucksache VI/3783 Frage B 41) : Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß in Pension getretene Bergleute der Saarbergwerke AG nach Aufkündigung des Mietvertrags aus den werkseigenen Wohnungen in Jägersfreude ausziehen müssen, nachdem einem Teil durch das vorzeitige Eintreten in den Ruhestand bereits Einbußen beim Altersruhegeld entstanden sind, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung zur Verhinderung dieser Maßnahme? Die Saarbergwerke AG hat in 8 Fällen Werkswohnungen gekündigt, die von pensionierten Belegschaftsangehörigen bewohnt sind; keiner dieser Pensionäre ist vorzeitig in den Ruhestand getreten. Der Grund für die Kündigung ist der erhebliche Bedarf an größeren Wohnungen für Belegschaftsmitglieder mit mehreren Kindern. Der Vorstand hat den Mietern zugesagt, keine Zwangsmaßnahmen zu ergreifen. Vielmehr werden sich die Mieter und die Saarbergwerke AG um andere Wohnungen bemühen. Das Unternehmen prüft z. Z. den Verkauf eines Grundstücks in Jägersfreude an eine Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft, die dort Wohnungen für ältere Menschen errichten will. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um eine Angelegenheit der Saarbergwerke AG. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1972 11841 Anlage 52 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. von Dohnanyi vom 22. September 1,972 auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache VI/3783 Frage B 42) : Wie hat sich das Graduiertenförderungsgesetz zur Steigerung des Hochschullehrernachwuchses, zahlenmäßig auf Länder aufgeschlüsselt, ausgewirkt, und trifft es zu, daß einzelne Länder schon bestehende Promotionsförderungen aus Landesmitteln in Graduiertenförderung umfunktioniert haben, ohne die auf Grund des neuen Gesetzes gestellten Anträge zufriedenstellend zu berücksichtigen? Mit der Vergabe der ersten Stipendien nach dem Graduiertenförderungsgesetz (GFG) konnte von den Ländern bzw. Hochschulen erst nach dem Inkrafttreten der Durchführungsverordnung zum GFG am 1. November 1971 begonnen werden. Infolge dieses relativ kurzen Zeitraums seit der Gewährung der ersten Graduiertenstipendien und unter Berücksichtigung der Regelförderungsdauer von zwei Jahren kann sich dieses Gesetz noch nicht auf eine Steigerung des Hochschullehrernachwuchses ausgewirkt haben. Erst vom nächsten Jahr an wird sich in zunehmendem Maße die Bedeutung dieses Gesetzes für den Hochschullehrernachwuchs zahlenmäßig offen erkennen lassen. Es ist also zu früh, um Ihre Frage wirklich zu beantworten. Die Länder sind gemäß § 14 Abs. 2 GFG verpflichtet, mir durch jährliche Mitteilung über die Zahl der im Jahr gewährten Graduiertenstipendien Auskunft zu geben. Folglich werde ich erst nach Ablauf dieses Jahres nach Ländern aufgeschlüsselte Angaben machen können. Aus den Angaben der Länder für 1971 — soweit diese vorliegen — läßt sich aber für eine Auswirkung des GFG deshalb nichts entnehmen, weil lediglich der Zeitraum von zwei Monaten — die Durchführungsverordnung trat erst am 1. November 1971 in Kraft - erfaßt wird. Die Länder können nach § 15 GFG die Stipendien, die bisher auf Grund von Vergaberichtlinien der Länder gewährt worden sind und die dem Zweck des GFG entsprechen, auf das GFG überleiten. Soweit mir bekannt ist, haben alle Länder hinsichtlich ihrer Promotionsstipendien von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Nach § 13 Abs. 1 GFD trägt zunächst bis 1974 der Bund 75 vom Hundert und tragen die Länder 25 vom Hundert der durch die Ausführung dieses Gesetzes entstehenden Ausgaben. Der Bundesanteil an der Graduiertenförderung für 1972 ist von den vorgesehenen 76 Millionen DM im Juni 1972 auf 59,5 Millionen DM reduziert worden, weil in den Ländern — nach deren Vorausschätzungen von Anfang 1972 — nur Komplementärmittel in entsprechender Höhe zur Verfügung stehen. Nach neuesten Angaben aus den einzelnen Ländern wird selbst dieser Bundesanteil nicht in voller Höhe von den Ländern in Anspruch genommen werden. Folglich werden für die Graduiertenförderung im Jahre 1972 weniger Mittel benötigt und von den Ländern angefordert, als es den Vorstellungen der Bundesregierung entspricht; die Gesamtzahl der in diesem Jahr gewährten Graduiertenstipendien wird nicht die von der Bundesregierung gewünschte Höhe erreichen. Dies hat zur Folge, daß die Zahl der zur Verfügung stehenden Stipendien an einigen Hochschulen noch nicht dem Bedarf entspricht. Es ist zu hoffen, daß die Länder die für die Finanzierung ihres 25 v. H.-Anteils erforderlichen Mittel im nächsten Jahr in wünschenswertem Umfang steigern werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, auch wenn der Herr Bundeskanzler jetzt da wäre, auf die Oppositionsbeschimpfung zu antworten, die er in seiner Rede vorgenommen hat. Ich glaube, daß diese Rede nach Art und Inhalt gegen alle Zukunftserwartungen für die Fortsetzung einer solchen Regierungspolitik spricht. Das waren starke Worte, die schlechte und ungenügende Ergebnisse verbergen sollten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir halten uns an die Tatsachen, wir halten uns an die Serie der Landtagswahlergebnisse, wir halten uns an diese Woche mit dem Sieg unseres Konzepts in der Rentenreform. Das sind die Tatsachen, die wirken werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir halten uns an die Geschlossenheit und die Kraft dieser Opposition, und wir halten uns daran, was zuständige und sachkundige Instanzen erklären. Es ist sicher in einem solchen Augenblick, wo natürlich der Wahlkampf die Schatten vorauswirft, richtig, hier objektive Instanzen, die in mancher Frage sachkundiger sind als wir — natürlich wollen wir dies einräumen —, zu hören.
    Da haben wir zunächst die jüngste Mahnung der Deutschen Bundesbank. Es wird niemand sagen können, daß deren Spitze etwa mit der Opposition in Verbindung stünde. Die Deutsche Bundesbank urteilt in ihrem letzten Monatsbericht vom 19. September, das ist also ganz druckfrisch, wie folgt — ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten —:
    Die Erzeugerpreise sind nicht mehr schwächer und die Verbraucherpreise sogar wieder etwas stärker gestiegen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Der weitere Preisanstieg wird aber nur dann nachhaltig eingedämmt werden, wenn auf breiter Basis die Entschlossenheit zu einer antiinflatorischen Politik bekundet und in entsprechenden Handlungen umgesetzt wird.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Eine besondere Rolle bei diesen gemeinsamen Anstrengungen sollte die öffentliche Finanzpolitik spielen. Im laufenden Jahr wirken die öffentlichen Haushalte in der Bundesrepublik eindeutig expansiv.
    Das heißt, der Hüter der Währung spricht von Inflation, spricht von hausgemachter Inflation, spricht



    Dr. Barzel
    von ihrer Wirkung durch den Haushalt und ermahnt uns, auf breiter Basis zur Entschlossenheit einer antiinflationären Politik zu kommen. Dies werden wir vom Wähler erbitten, dies werden wir ihm vortragen, und das werden wir bekommen, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das andere: Der Sachverständigenrat zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stellt, was die Möglichkeit von Reformen betrifft, folgendes fest:
    Fatal bleibt in jedem Falle — dies sei wiederholt —, wie wenig auf Grund der stark expansiven öffentlichen Gesamthaushalte zweier Jahre, 1970 und 1971, für die Erfüllung der staatlichen Aufgaben gewonnen wurde. Nach einer Ausgabensteigerung um zusammen 27 % war wegen der Preisentwicklung im Bereich der Nachfrage des Staates dessen realer Anteil am Produktionspotential niedriger als zuvor.
    Meine Damen und Herren, Sie hatten versprochen, die Steuern zu senken; Sie haben sie zweimal erhöht — und schon spricht die Regierung von neuen Steuererhöhungen. Sie kann nicht sagen, daß sie mit diesem neuen Geld irgendeine zusätzliche öffentliche Aufgabe wird finanzieren können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es wird, wenn sie Glück hat, gelingen, einige der Inflationslöcher zu stopfen. Dies ist die Realität. Deshalb frage ich mich, Herr Bundeskanzler, woher Sie den Mut nahmen zu sagen: Eine erfolgreiche Bewältigung der Zukunft sei nur durch eine Politik möglich, wie Sie sie zusammen mit Herrn Scheel betreiben. Sehen Sie die Bilanz dieser drei Jahre — und das Gegenteil ist bewiesen. Sie waren nicht einmal imstande, die Stabilität zu wahren, als Sie die Regierung übernahmen!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Da wir bei den Tatsachen bleiben wollen, möchte ich einige Zahlen — ich glaube, die Politik hat es mit nüchternen Dingen zu tun — hier in die Debatte einführen. In den Jahren 1960 bis 1969 stieg das reale Bruttosozialprodukt im Durchschnitt um jeweils 4,8 %; in den drei Jahren dieser Regierung ist es auf 3,8 % gesunken. Die Lebenshaltungskosten stiegen von 1950 bis 1969 im Jahr durchschnittlich um 2,2 %; in den drei Jahren der SPD/ FDP-Regierung verteuerten sich die Lebenshaltungskosten um knapp 5 % pro Jahr.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Die Tendenz ist steigend: 5,71)/o in diesem Juli. Der Zuwachs der Realeinkommen ist von mir am Mittwoch hier in die Debatte eingeführt worden.
    Herr Bundeskanzler, ich verstehe nicht, wie Sie nach den traurigen Ergebnissen dieser drei Jahre auch heute noch den Mut haben können, die 20 Jahre Wiederaufbau und Sozialer Marktwirtschaft anzugreifen, in denen wir bewiesen haben — Herr Kollege Schmidt sollte sich einmal die Zahlen besorgen — daß Vollbeschäftigung und Stabilität zugleich möglich sind. Hier sitzt Ludwig Erhard; er hat gezeigt, wie dies zu machen ist.

    (Beifall bei der CDU//CSU.)

    Ich halte fest, was mein Kollege Schröder heute morgen zu Recht sagte: Eine Regierung, die nicht einmal imstande ist, einen Haushalt zu verabschieden, verabschiedet sich auf ihre Weise von einem Parlament, nämlich durch Eingeständnis des Scheiterns, durch Selbsteingeständnis.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Und ich füge hinzu: Würde es um die öffentlichen Finanzen anders stehen — da beziehe ich mich auch auf den Kollegen Kirst —, dann hätte sich diese Regierung doch nicht nur um den Haushalt 1972 bemüht, dann hätte sie sich doch an das Gesetz und an die Pflicht gehalten und diesem Hause die Bestandsaufnahme und die erneuerte mittelfristige Finanzplanung vorgelegt. Dies hat sie nicht getan, weil sie nach den Worten Karl Schillers „nicht über den Tellerrand des Wahltags hinaus denkt", weil sie eine Politik „nach uns die Sintflut" macht. Das muß hier festgehalten werden. —

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, wir hatten für diese Legislaturperiode, die heute vorzeitig zu Ende gehen wird, eigene Prioritäten und eigene Alternativen, wie z. B. in dieser Woche in der Rentenfrage zu sehen war. Ich möchte jetzt nicht gerne noch einmal, wie wir das hier oft taten, nur an Hand ihrer Regierungserklärung vorgehen. Da müßte ich 24 oder 25 wichtige Punkte herausnehmen, und ich würde zwei oder drei finden, von denen man sagen könnte: bei denen ist vielleicht angefangen worden, sie zu erfüllen.

    (Lachen bei der SPD.)

    Nein, Herr Bundeskanzler, ich möchte anfangen mit dem Punkt, der übereinstimmend nach Ihrer und unserer Prioritätenliste ganz vorne in diesem 6. Bundestag stehen sollte, mit dem Punkt, der in dem letzten Wahlkampf eine große Rolle gespielt hat und den Sie nun möglichst aus der kommenden Auseinandersetzung heraushalten wollen. Diesen Gefallen werden wir Ihnen natürlich nicht tun. Es ist das der Punkt von Bildung, Ausbildung usw.
    Sie hatten versprochen, Herr Bundeskanzler — ich zitiere Ihre Worte ,
    Bildung und Ausbildung, Wissenschaft und Forschung stehen an der Spitze der Reformen, die es bei uns vorzunehmen gilt.... Besonders dringlich ist ein langfristiger Bildungsplan für die Bundesrepublik für die nächsten 15 bis 20 Jahre.
    Sie kündigten gleichzeitig an, den Ländern bei der Überwindung des Numerus clausus in wesentlichen Fachbereichen zu helfen. Soweit Ihre Versprechungen.
    Wir haben Ihnen damals gesagt, — da Sie einen parteilosen Minister, den Kollegen Leussink, berufen hatten —, daß dieser Kollege, weil wir hier eine übereinstimmende Priorität festgestellt ha-



    Dr. Barzel
    ben, auf unsere besondere Unterstützung würde rechnen können. Sie können also nicht sagen, der böse Bundesrat — wie Herr Wehner heute — oder die böse Opposition, sondern hier müssen Sie sagen: diese Regierung selbst — allein Sie und Ihre Führung — wird sich überlegen, warum auch dieser Minister zu den ausgewechselten gehört.
    Was ist denn geworden? Diese Zusage der Regierungserklärung hat die Bundesregierung — wie die vielen anderen nicht eingehalten. Sie legte einen Bildungsbericht vor, der einen Katalog utopischer Grundvorstellungen enthielt; einen Bildungsgesamtplan ohne jede finanzielle Absicherung; ein Hochschulrahmengesetz, das nicht in der Lage war, die Funktionsfähigkeit der Hochschulen zu garantieren. Außerdem legte die Bundesregierung ein „Aktionsprogramm zur beruflichen Bildung" vor, das lediglich aus einer Ansammlung verbaler Wunschvorstellungen bestand, ohne konkrete Schritte zur Verwirklichung aufzuzeigen.
    Die Bund-Länder-Kommission, Herr Bundeskanzler, für die Bildungsplanung hat inzwischen zwar einen Zwischenbericht verabschiedet, sie konnte aber bisher keine Aussagen über die finanzielle Absicherung der bildungspolitischen Zielvorstellungen machen. Das Versprechen, zu erklären, wie der Plan verwirklicht werden könnte, ausgerechnet dieses Versprechen in der wichtigsten Priorität wurde nicht erfüllt. Ein nationales Bildungsbudget für einen Zeitraum von 5 bis 15 Jahren ist nicht einmal in den Ansätzen vorhanden. Statt zu einer Milderung des Numerus clausus beizutragen, haben sich die Zulassungsbeschränkungen in wesentlichen Fachbereichen noch verschärft.
    Die Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung führte dazu, daß die Hochschulbaumittel zwar nominal, aber kaum real gesteigert werden konnten. Das ist eine nüchterne Bilanz. Sind Sie darauf auch „stolz", Herr Bundeskanzler und Herr Kollege Scheel? Sollten Sie nicht wenigstens kommen und sagen: Wir haben uns hier überschätzt; wir haben unsere Möglichkeiten nicht gesehen; wir hatten nicht den Mut, wegen dieser Priorität Nummer 1 zu anderen Dingen „bitte, etwas später" zu sagen? Und wollen Sie bestreiten, daß wir zu einem Zeitpunkt, als Sie die Steuern noch senken wollten, die Steuersenkung nicht nur aus konjunkturpolitischen Gründen, sondern auch mit folgender Begründung abgelehnt haben: Nehmt einen Teil dieses Geldes — es war damals noch stabil — zur Überwindung der zwingendsten Probleme in Sachen des Numerus clausus?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das können Sie doch nicht bestreiten.
    Als der Kollege Leussink dann merkte, daß in diesem Bereich keiner mit dem Kopf durch die Wand kann, als er sich ernsthaft zu bemühen anfing, sich an das Nötige und Mögliche und deshalb auch an die Opposition zu erinnern, war er nicht mehr sehr lange im Amt.
    Sie haben nicht erkannt, Herr Bundeskanzler, daß man nicht nur Pläne für übermorgen haben muß; man muß diese Pläne auch in ein Gesamtkonzept einordnen, das finanziell abgesichert ist. Man kann heute nicht nur, wie Sie dies in Ihrer Regierung taten, von übermorgen sprechen und dabei die Probleme von heute und morgen übersehen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir haben deshalb vor geraumer Zeit aus unserer Sicht ein Prioritätenprogramm für den Bereich des Bildungswesens vorgetragen. Es zeigt sich — die Nüchternheit gebietet es, das einzugestehen: Wenn man sagt, die Bildung stehe an erster Stelle, und dabei einen besonderen Nachdruck auf die berufliche Bildung legt, damit die Kopflastigkeit der Universitätsbetrachtung endlich aufhört, muß man sich wiederum klarwerden, welche Bereiche innerhalb des Gesamtbereichs der Bildung Vorrang haben sollen; also auch dann muß man wieder sagen: erstens, zweitens, drittens, viertens, fünftens usw. Meine Damen und Herren, unser Prioritätenkatalog sieht deshalb so aus: Ausbau der Vorschulerziehung, Reform und Ausbau der beruflichen Bildung, Durchführung der Hochschul- und Studienreform sowie Erweiterung der Studienkapazität, verbesserte Ausbildung der Lehrer und ausreichende Versorgung mit Lehrern.
    Wir ziehen die Bilanz auf diesem Gebiet. Wir leugnen nicht, daß es hier viele gute Absichten gab; aber wenn wir nach dem Erfolg urteilen — und dies ist der Maßstab für verantwortliches Handeln —, stellen wir fest, daß wir in den vergangenen drei Jahren nicht so nach vorn gekommen sind, wie dies nötig und möglich war.
    Indem ich Sie mit diesem Prioritätenkatalog vertraut mache, sage ich Ihnen zugleich, was im nächsten Bundestag unter unserer Führung auf diesem Gebiet geschehen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Schmidt [München] : Sollten Sie nicht erst den Wähler fragen?)

    — Ich komme darauf.
    Ich nehme einen anderen Punkt, Herr Bundeskanzler. Sie werden vielleicht glauben, daß er eigentlich völlig am Rande der Wichtigkeit liege. Ich glaube, jedermann, der sich mit der Zukunft der Bundesrepublik Deutschland ernsthaft befaßt —, ob er nun die Fragen des Umweltschutzes, die Fragen künftiger Sozialleistungen, die Fragen künftiger Humanität und Wirtschaftskraft, was immer Sie angucken — betrachtet, wird wissen: Wenn es in der Energiepolitik nicht stimmt, dann wird es für eine gute, soziale und humane Zukunft zu spät sein. Das wird so sein, wenn Energie zu knapp oder zu teuer wird. Herr Bundeskanzler, Sie haben in dieser Hinsicht in Ihrer Regierungserklärung einen ganzen Warenhauskatalog angeführt. Was ist daraus geworden? Sie sprachen von der Gesundung des Steinkohlenbergbaus. Bisher haben Sie nur die Verkürzung der Fristen zum fraglichen Gesundschrumpfen der Kohle zuwege gebracht. Dadurch verschlechtert sich die Kostenerlössituation für die Kohle rapide. Die jetzt in Aussicht genommenen Maßnahmen reichen, wenn Sie Glück haben werden, für eine kurzfristige Stabilisierung aus; sie sind



    Dr. Barzel
    weit entfernt davon, die Probleme zu lösen oder eine Konzeption zu enthalten. Der Steinkohlenbergbau, als ein sicheres Standbein unserer Energieversorgung, hat durch diese Regierung keine Hilfe bekommen; er hat keine klare Zukunft. Diese Politik, die eine Nichtpolitik war, hat die Kumpels an der Ruhr durch ihre Konzeptionslosigkeit in der Energiepoltik m Stich gelassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Frage der eigenen Mineralölerzeugung, die Frage der Kooperation der bestehenden Energieträger, die Verbesserung der Wettbewerbssituation innerhalb der Elektrizitätswirtschaft und das Problem der Krisenvorsorge, — alles das sind Punkte, Herr Bundeskanzler, die Sie versprochen haben. Sie haben sie überhaupt nicht gehalten.
    So könnten wir hier Punkt für Punkt Ihre Regierungserklärung durchgehen. Wir können uns ansehen, was Sie den Bauern gesagt haben. Sie haben ja jedem — alles sollte schöner und moderner werden — etwas versprochen. Ich möchte es bei diesen wenigen Punkten jetzt bewenden lassen, weil ich glaube, daß wir in dieser Stunde nun doch etwas grundsätzlicher fragen müssen.
    Wir müssen nämlich fragen: Was kennzeichnet die innenpolitische Entwicklung seit dieser nun knapp dreijährigen Kanzlerschaft besonders? Wir meinen: Die ungewöhnlich anspruchsvollen Ankündigungen, die dadurch von Ihnen bewirkte Anspruchsinflation, die ja die Mitursache der Inflation des Geldwertes ist, und die ambitiöse Anspielung auf „mehr Demokratie". Herr Bundeskanzler, mehr Demokratie haben wir in diesem Hause, hat die deutsche Presse, haben die Journalisten, hat die Bevölkerung nicht gespürt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn Sie in Ihrer Wahlkampfrede in Oberhausen, von der wir einen erweiterten Auftakt heute hier hörten, vom „blanken Haß" Ihrer Kritiker sprachen und „Konsequenzen" androhten, so muß ich sagen, Herr Bundeskanzler: Diese Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Anregung sollte ein Regierungschef nicht haben. Sie sollten dankbar sein für jede Kritik. Das gibt doch Anregungen. Das gibt Möglichkeiten, Fehler zu vermeiden oder zu berichtigen. Deshalb sind wir dafür, wir drehen hier die Verhältnisse um — durch den Wähler, der wird dies besorgen —, und dann bitten wir um möglichst viel Kritik in den vier Jahren, damit wir weniger Fehler machen als Sie und es nach vier Jahren erneut wieder packen können, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Salatöl! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    — Herr Kollege Wehner, ich freu mich, daß Sie hier wenigstens noch einen Zuruf machen; ich hatte Sie im bisherigen Teil meiner Rede schon etwas vermißt.
    Diese Regierungserklärung, von der ich sprach, versetzte die Menschen in einen Zustand der Erwartungen, die zu erwecken immer gefährlich ist, weil die Enttäuschung unausweichlich wird.

    (Zuruf von der SPD: Aber Angst machen!)

    Niemand wird bestreiten wollen, daß dem Versuch Ihrer Politik sehr viel staatsbürgerlicher Goodwill entgegengebracht wurde. Dieser Goodwill ist längst umgeschlagen in eine große Ernüchterung und Enttäuschung. Unsere Mitbürger kennen mit uns die Liste der nicht gehaltenen Versprechungen, sie erleben die Inflation und den fehlenden Fortschritt und machen sich vielfach Sorge um den Zustand unseres Gemeinwesens. Es gibt manche Erbitterung, und auch Unsicherheit greift um sich.
    Ich kann hier den Punkt nicht verschweigen, daß die anhaltende Tendenz — ich zitierte am Mittwoch Ihre früheren Mitstreiter Knorr und Steinbuch —, jenen Kräften gegenüber auf eine eigentümlich großzügige Weise duldsam zu isein, jenen Kräften gegenüber, die von linksaußen her mit dem Marsch durch die Institutionen unseren freiheitlichen und sozialen Rechtsstaat radikal verändern, ja umstürzen wollen, doch auch dazu führt, die wegweisende Autorität des Kanzlers immer mehr in Frage zu stellen — wie ein flackerndes Licht.
    Und mußten Sie nicht wissen, daß eine Politik des Ausgleichs mit der Sowjetunion und eine Politik der Aufwertung der DDR doch erhöhte Klarheit in der Einstellung gegenüber den Gegnern der Grundprinzipien unserer Verfassung erfordert, wenn dies nicht zu Mißdeutungen und Desorientierungen führen soll? Eine Politik der Reform erfordert doch weniger Überschwang als Nüchternheit, weniger Erhöhung der Konsumerwartung als zunächst Opferbereitschaft. Eine Politik notwendiger Reformen setzt eine Basis der Stabilität im Ideellen und im Materiellen voraus.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ziehen wir, meine Damen und Herren, deshalb eine Bilanz nach dem Maßstab, der uns leitet, und nach den Prinzipien, die der Grund des Erfolges der deutschen Politik in den ersten 20 Jahren nach dem zweiten Weltkrieg waren, so müssen wir nach den Erfahrungen dieser drei Jahren leider dieses sagen: Es sind heute nicht mehr nur die Wege zu den Zielen der Politik, die uns trennen, wir stimmen heute auch in einigen Zielvorstellungen nicht mehr überein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir wollen ,den Fortschritt und den sozialen Ausbau dieser Republik, viele im Lager der Koalition — so formulierte es Karl Schiller — wollen „eine andere Republik".

    (Abg. Dr. Giulini: Sehr wahr!) Dies ist die Frage, vor der wir alle stehen.

    Wir kennen Ihre Steuerpläne. Wir sehen Ihre Verniedlichung der Inflation, Ihr Infragestellen von Stabilität, sozialer Marktwirtschaft und sozialer Partnerschaft. Wir kennen Herrn Bahrs folgenschwere und unwiderrufene Absage an den europäischen Bundesstaat. Wir kennen Ihre intolerante Reaktion auf Kritik, Ihre Haltung zum politischen



    Dr. Barzel
    Radikalismus ebenso wie Ihre Weigerung, von Wiedervereinigung auch nur noch zu reden. Wir haben erlebt, wie Sie Gemeinsamkeit nicht wollten, wie Sie unseren Vorschlag zum inneren Frieden abwerteten.
    Wir sehen Sie am Werk, die wirkliche Lage in ganz Deutschland nicht mehr darzustellen, und wir befürchten, daß Sie bereit sind, sich mit einem innerdeutschen Vertrag abzufinden, der wesentlich hinter den für verbindlich erklärten Kasseler 20 Punkten zurückbleibt.
    Wir können in dieser Regierung und in dieser für die Zukunft sich abzeichnenden Politik weder den Anwalt der Schwachen noch den der Reformen sehen. Hier geht es um grundsätzliche Entscheidungen, die große Anstrengungen erfordern. Hier geht es um die Fundamente dieses freiheitlichen sozialen Rechtsstaates, hier geht es um dessen außenpolitische Zuordnung sowie um seine innenpolitische Ordnung. Das ist ,die Frage, vor der wir alle stehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben unsere Vorstellungen für diesen 6. Deutschen Bundestag — einige erwähnte ich — am 29. Oktober 1969 von dieser Stelle aus vorgetragen. Debatte für Debatte, Gesetz für Gesetz haben wir präzise und konkret unsere Meinung vertreten und unsere Alternative dargetan.

    (Zuruf von der SPD: Präzise?)

    Wir haben die Anstrengungen gefordert, die wir machen müssen, wenn wir modern bleiben und mit anderen Schritt halten wollen. Unsere Prioritäten und unsere Gesetzesinitiativen haben dem entsprochen. Wir ließen uns dabei von dem Gedanken leiten, den wir zu Beginn hier so formulierten und den ich doch in diese Debatte einführen möchte, weil er für uns richtig und wichtig bleibt:
    Die richtige Gesellschaftspolitik entscheidet über die Zukunft der Demokratie. Auf diesem Gefechtsfeld wird der friedliche Kampf zwischen rechter oder linker Diktatur auf der einen und Freiheit auf der anderen Seite gewonnen oder verlor en.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aus diesem Geiste lebte das, was gestern hier die Mehrheit gefunden hat: unser Paket zur Rentenreform.
    Ich möchte eine andere Alternative, die zugleich ein Versagen dieser Regierung markiert, hier doch in diese Debatte und in diese Bilanz einbeziehen. Sie, Herr Bundeskanzler, hatten versprochen — und ich zitiere wieder aus Ihrer Regierungserklärung —:
    Zu den Schwerpunkten der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik dieser Bundesregierung gehört das Bemühen um eine gezielte Vermögenspolitik.
    Auch dieses Versprechen haben Sie nicht gehalten.
    Verwirklicht wurde allein die von Ihnen hier an dieser Stelle nur als „ein nächster Schritt" angekündigte dritte Änderung des von der CDU/CSU eingeführten Vermögensbildungsgesetzes.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Seither ist nichts geschehen außer Vertröstungen und Versprechungen.

    (Abg. Katzer: So ist es!)

    Diese Bundesregierung hat zu der Kernfrage der heutigen Vermögenspolitik, der stärkeren Beteiligung breiter Schichten am wirtschaftlichen Produktivvermögen, weder einen Gesetzentwurf vorgelegt noch auch nur ein taugliches Konzept entwickeln können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Außerdem: der zunächst für Herbst 1970 zugesagte Vermögensbericht mit den versprochenen Maßnahmen zur Vermögenspolitik liegt am Ende dieser Regierung immer noch nicht vor. Die von Ihnen versprochene, notwendige Reform der Sparförderung und ihr Ausbau zu einer vermögenspolitischen Gesamtkonzeption, vor allem in Richtung auf eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer am wachsenden Produktivvermögen der Volkswirtschaft — so Ihre Worte , liegt nicht vor.
    Herr Kollege Wehner wie der Bundeskanzler haben auf die nächste Legislaturperiode vertröstet. Wer soll dem glauben, wenn er diese nicht erfüllten Versprechungen hier heute sieht?
    Sie hatten versprochen, das Sparen der Selbständigen im eigenen Betrieb in die allgemeine Sparförderung mit einzubeziehen; dies ist unterblieben. Sie haben zugesagt, eine Erweiterung der Möglichkeit des Bausparens zu schaffen; dies wurde nicht eingehalten. Selbst der Auftrag dieses ganzen Bundestages — Entschließung vom 4. Juni 1970 —, bis spätestens zum 30. Juni 1971 einen Gesetzentwurf zur Reform der gesamten Sparförderung und gesetzliche Vorschriften zur Sparförderung von Selbständigen vorzulegen, wurde nicht erfüllt.
    Diese negative Bilanz dieser Bundesregierung in einem Kernbereich der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik wiegt, wie wir meinen, besonders schwer, weil die Vermögenspolitik eine der tragenden Säulen der Sozialen Marktwirtschaft ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, Sie können — und dies muß hier einmal gesagt werden, weil Sie draußen anders daherreden — an der Tatsache nicht vorbei, daß in den 20 Jahren, die Sie von dieser Seite des Hauses immer so schelten, kein einziger Antrag als Beitrag zu einer breiteren Vermögensbildung eingegangen ist, kein einziger.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie haben kritisiert und kritisieren immer noch, und Sie waren unfähig, in diesen drei Jahren eine einzige Vorlage zu machen. Als der Bundeskanzler hier heute ein paar Zahlen nannte, hat er nur hinzuzufügen vergessen, daß diese Zahlen auf der Basis der von uns begonnenen Vermögenspolitik möglich geworden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Dr. Barzel
    Meine Damen und Herren, dies wiegt um so schlimmer, als die Bundesregierung Brandt hiermit nicht etwa auf Neuland beginnen mußte. All die Reformen, die Novellen habe ich genannt. Aber für den ausstehenden Bereich — wir räumen dies ein: das stand in der Palette der Vermögensbildung noch aus — der Vermögensbeteiligung breiter Schichten am Produktivkapital waren in der Zeit der Regierung der Koalition vier unter Hilfe unseres Freundes Katzer konkret ausgearbeitete Modelle für die stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen in den Schubladen. Sie hätten also nur, Herr Bundeskanzler, entscheiden müssen, welche davon, ja oder nein, oder welche man zusammenpackt. Dies ist nicht geschehen. Das, Herr Bundeskanzler, stimmt natürlich nachdenklich. Denn das ist entweder das Zeichen für Konzeptionslosigkeit oder für Handlungsunfähigkeit oder dafür, daß sich diejenigen bei Ihnen durchgesetzt haben, die auf Ihrem letzten Parteitag erklärten: Die ganze breitere Vermögensbildung sei schlecht, denn das stabilisiere dieses System.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, wir wollen dieses System fortentwickeln, wir wollen es sozial ausgestalten. Dazu gehört diese breitere Vermögensbildung, und es muß sich um privates Vermögen in breiteren Schichten handeln, nicht um Kollektivfonds, die nur die Macht anonymer Stellen stärken sollen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Alle Gesetzentwürfe der CDU/CSU hierzu wurden von der Regierung blockiert. Ohne die Veränderungen im Parlament wäre ja auch unser Rentenpaket hier blockiert worden; das wollen wir ja doch nach den Reden von gestern und heute noch einmal festhalten.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Blockiert wurde der April 1970 vorgelegte gesetzliche Beteiligungslohn. Blockiert wurde die weitere soziale Privatisierung von Bundesunternehmen, Vorlage vom November 1970. Wir haben dann weitere Initiativen beschlossen, nämlich die der betrieblichen Gewinn- und Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer, die der Schaffung und Förderung von Unternehmensbeteiligungsgesellschaften für den Mittelstand. Zu all dem gibt es von der Koalition keine Alternative, es sei denn, Sie halten die Blockade dieser Ideen für eine Alternative.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dies ist ein umfassendes Gesetzgebungsprogramm der CDU/CSU. Dies ist die bisher einzige vorliegende gesetzesreife, ausformulierte Konzeption zu diesen Fragen. Wir werden — ich wiederhole dies, was ich vorhin für den Bildungsbereich sagte — dieses Gesetzgebungsprogramm im 7. Deutschen Bundestag durchsetzen, so wie wir am Schluß des 6. unser Rentenreformpaket durchgesetzt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es bleibt hier anzumerken: Wäre dieses Programm zur besseren und breiteren Eigentumsstreuung hier bereits verabschiedet worden, was ja durchaus möglich und von uns beantragt war, so wären 1971 und 1972 12 Milliarden Deutsche Mark als persönliches Eigentum den unselbständig Tätigen zugeflossen. Das haben Sie verhindert.

    (Zuruf von der SPD.)

    Wenn ich nun, Herr Bundeskanzler, nachdem Sie uns auf das Adjektiv in unserem Parteinamen angesprochen haben, Sie fragen darf, dann möchte ich sagen: ob dieses Verhindern „sozialistisch" ist, das weiß ich nicht, aber ich weiß: sozial und gerecht ist das nicht, was Sie hier blockiert haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD.)

    Dazu kommen die Inflationsverluste der Sparer in Höhe von mindestens 40 Milliarden Deutsche Mark in den letzten beiden Jahren.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Hinzu kommt — mein Kollege Strauß hat dies dargetan —, daß die Sparzinsen geringer sind als die Inflationsrate. Meine Damen und Herren, Sie sollten wenigstens diesen Bereich aus dem „Stolz" über Ihre Negativbilanz doch herausnehmen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Der Herr Bundeskanzler hat gefragt — und diese Frage muß beantwortet werden, weil die Welt draußen und auch alle hier drinnen einen Anspruch darauf hat, das zu wissen —, wie wir zur Europäischen Sicherheitskonferenz, wie wir zu dem Projekt der multilateralen Truppenverdünnung stehen und wie wir dazu stehen, mit der DDR vertragliche Regelungen zu treffen. Herr Bundeskanzler, ausweislich der Protokolle dieses Hauses ist ganz klar, daß wir dazu bereit sind. Nur eines möchte ich hinzufügen: Der Maßstab in allen diesen Fragen ist für uns der der NATO, der des Westens. Die NATO, der Westen erklären: Maßstab für Entspannung und Frieden ist Freizügigkeit für Menschen, Informationen und Meinungen. Dazu stehen wir, und von diesem Maßstab her beurteilen wir die einzelnen Schritte in den Richtungen, nach denen Sie fragten. Ich darf hinzufügen — nachdem Sie ähnliches sagten —, daß die Verantwortlichen in Washington, Paris, London und Moskau sehr wohl und sehr konkret die Auffassung dieser Opposition zu diesen Fragen kennen.
    Sie haben dann, Herr Bundeskanzler, noch versucht, ein Thema, ich kann nur sagen: zu erfinden. Herr Kollege Scheel hat heute morgen eine Frage gestellt. Gut, das war sein Recht. Es war auch Ihr Recht, die Antwort — Herr Kollege Schröder hat diese Frage beantwortet — zu überhören. Es bedurfte deshalb nicht mehr der Polemik des Herrn Bundeskanzlers.
    Aber lassen Sie mich dies in aller Deutlichkeit sagen: Wir sind — das ist alles andere als das, was Sie hier behaupten oder unterstellen — für eine europäische Gipfelkonferenz. Wir sind nur nicht der Meinung, daß man so viel Geschrei machen sollte, wenn es sich nur um die Errichtung eines Währungsfonds handeln sollte. Wir sind dafür. Wir hätten uns vielleicht eine inhaltsreichere Tagesordnung vorstellen können. Aber wenn Sie von uns



    Dr. Barzel
    noch eine Anregung entgegennehmen wollen, Herr Bundeskanzler, dann setzen Sie dort den Beschluß durch, daß sich die Regierungschefs jedes Jahr einmal treffen! Das wäre ein Beginn verstärkter politischer Zusammenarbeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Für eine solche Sache haben Sie auch sofort die Unterstützung der Opposition.
    Sie müssen doch folgendes verstehen: Wenn eine Opposition in diesem Haus, die, wie Sie gesehen haben, entweder die Mehrheit hat oder nahe daran ist, wie immer die Tage gerade sind, lesen muß, daß Sie ungehindert durch diese parlamentarischer Tatsache und ungehindert dadurch, daß dieses Haus heute aufgelöst wird und es deshalb ein Parlament nicht mehr gibt — daß Sie dann als geschäftsführende Regierung im Amt bleiben, Herr Kollege Scheel, ist allzu selbstverständlich —, gleichwohl noch wichtige Verträge aushandeln wollen, muß dazu gesagt werden: das entspricht nicht parlamentarischer Sitte und demokratischem Stil; das sollte eigentlich selbstverständlich sein.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, zu Beginn Ihrer Regierung haben wir hier auch die außenpolitische Situation bilanziert. Ich habe von dieser Stelle aus für die Opposition am 29. Oktober 1969 folgendes erklärt — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
    Frankreich setzt seine Akzente der Europa-Politik näher zu den unseren. ... Die Sowjetunion denkt ... neu nach über Mitteleuropa. Die Verantwortlichen in Ost-Berlin beginnen, sich von starren Formeln zu lösen. Das weltpolitische Gespräch der beiden Großmächte wendet sich den Raketen-Problemen zu und nimmt damit zugleich — endlich — auch politische Spannungsursachen als Thema auf. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland stand kein Bundeskanzler bei seinem Amtsantritt in einer vergleichbaren Situation.
    Dies war eine einmalige Chance. Ich glaube, man muß heute sagen, daß diese einmalige Chance für die deutsche Politik nicht genügend genutzt worden ist, ja, daß sie wahrscheinlich verbraucht wurde.
    Natürlich gibt es — wer wollte es leugnen! — ein paar Dinge, die besser geworden sind. Aber es gibt doch auch Verschlechterungen und Verhärtungen. Sie sollten doch, wenn immer sie sich bemühen, ein wirklichkeitsnahes Bild zu geben, von der Illusion Abstand nehmen, als hätten sich etwa in den letzten Monaten die Abgrenzungsmaßnahmen der DDR nicht verschärft. Ich nenne erstens die Einführung von Auslandspostgebühren in der DDR gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin, zweitens die drastische Erhöhung der Telefongebühren für den innerstädtischen Telefonverkehr in Berlin, drittens die Anweisung der SED und der Behörden drüben intern an die Bürger der DDR, keine Westberliner in die DDR einzuladen. Ich nenne viertens die Enteignungswelle gegenüber halbstaatlichen und privaten Betrieben in der DDR im ersten Halbjahr 1972. Ich nenne fünftens die Akkreditierung westdeutscher und West-Berliner Journalisten in der DDR als Ausländer beim Außenministerium der DDR.
    Es darf doch, Herr Bundeskanzler, niemand übersehen — es hätte Ihnen wohl angestanden, dies hier zu sagen —, wie teuer diese geringfügigen Verbesserungen erwirkt sind und wie weit sie hinter den Erwartungen zurückbleiben, die Sie 'im Zusammenhang mit der Ostpolitik erweckt haben, welche Sie ausgesprochen und gefördert haben. Dies alles bleibt doch hinter den Erwartungen zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    So greift auch hier allenthalben berechtigte Enttäuschung um sich.
    Dies um so mehr, als Zusagen östlicher Seiten nicht eingehalten wurden. Wir haben erlebt, Herr Bundeskanzler — das interessiert uns sehr, und ich hoffe alle hier im Hause —, daß es auf Grund von Pressemeldungen über eine Sitzung, die die Führungsgremien der CDU und der CSU am 2. Oktober in Berlin im Reichstag abzuhalten wünschen, einen Protest der DDR gibt. Dabei kann es keinem Zweifel unterliegen, daß es unser Recht war und nach dem Vertrag geschrieben ist, mit diesen Gremien in Berlin zu tagen und alle Fragen dort zu besprechen. Dies muß man hier festhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dann sehe ich die nicht gehaltenen Zusagen, etwa hinsichtlich der Behandlung der Sofortbesuche der West-Berliner oder die nicht gehaltenen Zusagen der polnischen Regierung. Herrn Kollegen Wehner blieb es vorbehalten, in einem Brief vom Februar 1971, der veröffentlicht ist, zu erklären, „daß der deutsch-polnische Vertrag die einzige Möglichkeit darstellt, um Familienzusammenführung ... verwirklichen zu können". Dies ist nicht die Wahrheit. Jedermann weiß, daß vor der Unterzeichnung des Vertrages viele Mitbürger aus Polen und den polnisch verwalteten Gebieten zu uns gekommen sind. Es sind von 1955 bis 1970 368 824, im Monatsdurchschnitt als 1921 Menschen. Nach der Unterzeichnung in diesen ersten sieben Monaten waren es 7348 Personen, d. h. im Monatsdurchschnitt 1049. Wenn Sie sich mit diesen Mitbürgern unterhalten und sich vortragen lassen, welchen Beschwerden diese Umsiedlungswilligen ausgesetzt sind, welche Schikanen sie ertragen müssen, gehört dies in den Bereich nicht eingehaltener Zusagen, auf deren Erfüllung eine kommende Regierung wird drängen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn dieser Bundestag jetzt nicht zu Ende gegangen wäre, hätten wir Sie hier mit einer großen Debatte über folgende Frage konfrontiert, mit einer Debatte über die Forderungen des Herrn polnischen Ministerpräsidenten, der von uns immerhin klare Eingriffe in die innere Ordnung verlangt: Das Verbot von Aktivitäten von Landsmannschaften, die Änderung von Schulbüchern, die Einstellung der Tätigkeit von Radio Free Europe, die Bedenken gegen eine ideologische Unterwanderung mittels verstärkter persönlicher und kultureller usw. usw. und die Abschaffung der Rechtsvorschriften, die von



    Dr. Barzel
    Deutschland innerhalb der Grenzen von 1937 ausgehen. Das heißt doch nichts anderes, als die Staatsangehörigkeitsfrage auf den Tisch zu legen.
    Wenn wir dies alles sehen, kommen wir zu dem Schluß, daß in diesem Bereich der Ostpolitik mehr Geduld und Bedacht und weniger Eilfertigkeit, mehr Präzision in der Zielsetzung und in der Formulierung als Vertrauensseligkeit, mehr Bestehen auf Grundsätzen als Nachgiebigkeit die künftige deutsche Ostpolitik leiten müssen.
    Wir fügen hinzu: Unsere erste außenpolitische Aufgabe liegt, gerade wenn der Wille nach Frieden und Versöhnung, nach Sicherheit und allgemeiner Wohlfahrt uns leitet, in dem Bestreben, im freien Europa durch praktische Schritte Tatsachen zu schaffen, die der Vereinigung näherkommen und sie endgültig machen.
    Ich betone deshalb — auch auf Grund der Frage des Herrn Bundeskanzlers —: Klarheit und Beharrlichkeit in drei Punkten sollten uns auszeichnen: Erstens geht es darum, unsere Sicherheit durch Bündnis und Bundeswehr zweifelsfrei zu festigen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    zweitens darum, den politischen Zusammenschluß des freien Europa zu fördern, und zwar nicht durch ideologische Überschriften, sondern durch Tatsachen, welche die Gemeinsamkeit festigen,

    (erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

    und drittens um das Ringen um Freizügigkeit für Menschen, Informationen und Meinungen in ganz Deutschland und in ganz Europa. Ich nannte dieses Maß, und ich möchte hinzufügen, daß der DDR zugemutet werden muß, der Realität der Einheit unseres Volkes in dem Maße Rechnung tragen, in dem wir der Realität ins Auge sehen, daß die staatliche Einheit Deutschlands in absehbarer Zeit nicht verwirklicht werden kann.
    Das so zusammen zu sehen, ist, wie wir meinen, eine reale, solide, und, ich füge hinzu, eine westlich verstandene, westlich abgesicherte und westlich definierte Strategie des Friedens und der Aussöhnung.
    Herr Bundeskanzler, treten wir alle in einem Punkt einander in den kommenden Wochen nicht zu nahe: Friedenspolitik gab es vor Ihnen, und Friedenspolitik wird es nach Ihnen geben. Dieses Haus will nichts anderes, weil dieses Volk nichts anderes will. Das sollte hier klar sein. —

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich muß noch einen anderen Punkt behandeln, weil wir, wie wir glauben, festhalten müssen, daß politischer Radikalismus und Kriminalität heute nicht mehr zu trennen sind. Sie haben geglaubt, Herr Bundeskanzler, uns mit einem Hinweis eins auswischen zu können. Ich möchte an eine Debatte erinnern, die wir vor kurzer Zeit geführt haben und in der ich mitgeteilt habe, daß zehn Tage vor der Wahl in Baden-Württemberg eine Konferenz bei Ihnen stattgefunden hat, in der die Frage der Kriminalität besprochen werden sollte. Ich habe damals zusammen mit Richard Stücklen erklärt: Wir kommen trotz der Wahl, bitten aber, dann auch die Frage des politischen Radikalismus auf die Tagesordnung zu setzen, weil dies zusammengehört. Man hat gesagt, dies wolle man tun, weil man aus durchsichtigen Gründen an der Konferenz interessiert war. Dann hat man uns während der Konferenz gefragt: Warum bestehen Sie eigentlich darauf, auch politischen Radikalismus neben der Kriminalität zu beraten? Ist das für Sie nur „unbequem", weil sich hier und da Pfeifer und Störer in den Versammlungen befinden, oder ist das wirklich eine „Gefahr"? Das war im April 1972.
    Deshalb sage ich: Wir alle — ich zitiere nicht noch einmal Professor Steinbruch oder Herrn Knorr — sollten nicht zuerst nach der Polizei rufen, sondern zuerst danach, daß die politische Führung dem Gedanken der kämpferischen Demokratie entsprechend handelt. Dies ist das erste.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Staat, von dem wir reden müssen, ist die Institution, welche die Freiheit sichert. Eine der Wurzeln der inneren Unsicherheit, die viele zu Recht veranlaßt, die Frage zu stellen, ob wohl unsere Staatsautorität zerbröckele, liegt doch in der „Strategie der Systemüberwindung". Diese Strategie nutzt die Freiheiten und die Grundrechte, die unsere freiheitliche Verfassung allen Deutschen gewährt, um die demokratische Grundordnung unseres Gemeinwesens mitsamt seiner wirtschaftlichen Basis zu zerstören. Die Freiheitsrechte der Bürger werden zu Angriffswaffen gegen die rechtsstaatliche Ordnung umfunktioniert.
    Was wir meinen, wenn wir von Freiheit, von Aufklärung, von Toleranz und Humanität sprechen, wird in sein Gegenteil verkehrt. Dies geschieht bewußt, um die Wertordnung des freiheitlichen Rechtsstaates und die sittlichen Grundüberzeugungen seiner Bürger zuerst in Frage zu stellen und sie schließlich zu vernichten. Dieser Verkehrung der Begriffe müssen wir uns widersetzen. Dies ist das allererste. Nur wenn wir diese Demokratie als einen Staat, der nicht wertfrei ist, begreifen und ihn deshalb nicht wertfrei auf eine Stufe mit den Institutionen stellen, die es drüben in der DDR gibt, nur dann, wenn wir den Wert dieser Demokratie begreifen, wird es uns gelingen, diese geistige Auseinandersetzung so zu führen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    daß am Schluß eben weniger nach der Polizei gerufen werden muß.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, nur auf der Basis dieses Wertbewußtseins wird es gelingen, hier alles fortzuentwickeln. Und deshalb dürfen wir uns nicht von denen beeindrucken lassen, die entsprechend dieser Strategie versuchen, uns ein schlechtes Gewissen einzureden, wenn wir von Recht und Ordnung sprechen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Dieser demokratische Staat muß — und jetzt gebrauche ich ein Wort, das für viele, aber ich hoffe,



    Dr. Barzel
    nicht hier im Hause, vielleicht schrecklich ist — seine Machtmittel für Recht und Ordnung einsetzen,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    denn diese Demokratie kann das tun, weil es hier ja kein Gesetz gibt, das anders zustande gekommen wäre als durch eine Mehrheit frei gewählter Abgeordneter, die hier das Volk selbst vertreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Gewiß, es wird zur Zeit etwas weniger demonstriert und auch etwas weniger randaliert. Aber es wird, meine Damen und Herren, mehr terrorisiert und mehr gemordet. Und dies, glaube ich, ist ein wichtiger Punkt. Wir haben zu beklagen — und ich hoffe, daß die Bundesregierung dies trotz des beginnenden Wahlkampfes noch nachholt —, daß die Kriminalstatistik noch nicht vorgelegt worden ist. Ich glaube, dies sollte noch geschehen, damit hier jeder ein vorurteilsloses Bild hat.
    Aber wir haben jetzt im Zusammenhang mit den schrecklichen Ereignissen in München, die keiner von uns zu falschen Zwecken zu mißbrauchen gedenkt, gesehen, daß da plötzlich bekannt wurde, es gebe 50 Stützpunkte ausländischer Organisationen hierzulande, die Gewalt als Mittel der Politik nicht ausschließen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Das hört man plötzlich. Das sind doch 50 Stützpunkte zuviel. Dieses Land darf kein Tummelplatz für solche Art von Terroristen werden!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir dürfen auch nicht die Augen vor denen verschließen, die gewaltlos — mit dem „Marsch durch die Institutionen" — diese Gesellschaftsordnung unterwandern und aushöhlen. Auch wir sind dafür, daß das Instrumentarium der streitbaren Demokratie möglichst differenziert angewandt wird. Wir sind dafür, durch politische Auseinandersetzungen den Radikalismus zu schlagen—möglichst im Wege der Solidarität der Demokraten. Aber wir können doch nicht das in der Verfassung verankerte Damoklesschwert des Verbots, das an einem Seidenfaden hängen muß, nun plötzlich mit einem festen Tau anbinden und denen auch noch sagen: Da bleibt's auch. Das heißt doch, ein Stück der Möglichkeiten des differenzierten Kampfes auszuschalten.
    Wir haben deshalb, meine Damen und Herren, den Beschluß der Ministerpräsidenten von Januar dieses Jahres zur Abwehr verfassungsfeindlicher Kräfte im öffentlichen Dienst begrüßt. Wir sehen mit Bestürzung, wie gegen diesen Beschluß innerhalb der Koalition, vor allen Dingen innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, eine Kampagne des Protestes losgebrochen ist. Und wir sehen, daß die hessische Landesregierung aus der Solidarität der Länder ausgebrochen ist und Durchführungsbestimmungen erlassen hat, die nicht mit der Verabredung übereinstimmen.
    Wir sehen, daß sich die Sozialdemokratie erst nach langem Zögern und sehr massivem — auch öffentlichem — Drängen der Opposition bereitgefunden hat, sich vom Sozialdemokratischen Hochschulbund abzugrenzen, weil dieser an mancher Stelle gemeinsame Sache mit Kommunisten macht. Aber es gibt doch nach wie vor Zusammenarbeit zwischen SPD-Jusos und SHB auf der mittleren und örtlichen Ebene. Und es ist doch so, daß Mitglieder der SPD noch Führungsfunktionen im SHB wahrnehmen, der vielfach Aktionseinheiten mit dem kommunistischen Spartakusbund eingegangen ist. Diese Frage, meine Damen und Herren, muß man aufwerfen. Man muß sie aufwerfen, wenn man es mit dieser streitbaren Demokratie und dem Kampf gegen den Radikalismus ernst nimmt. Das ist die andere Seite der demokratischen Toleranz.
    Meine Damen und Herren, messen wir die Politik dieser Regierung, um die es heute geht, an dem Maßstab, den sie selbst in ihrer Regierungserklärung setzt, und messen wir sie an den Leistungen ihrer Vorgänger, dann müssen wir sagen, an beiden Maßstäben gemessen, ist diese Regierung gescheitert.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Und dies, Herr Bundeskanzler, und nichts anderes wird dieser 6. Deutsche Bundestag heute feststellen, indem er Ihnen das Vertrauen verweigert.
    Dann haben die Wählerinnen und Wähler das Wort, und sie werden entscheiden. Wir werden uns stellen und Rechenschaft geben, unsere Vorschläge sagen und sehen der Entscheidung des Souveräns mit Zuversicht entgegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir meinen aber, meine Damen und Herren, daß neben und nach allem, was demokratisch und parlamentarisch unerläßlich hier an Aufrechnen und Abrechnen geschieht, diese Stunde, sofern wir sie nicht als eine Stunde für uns, sondern als eine Stunde unserer Pflicht gegenüber denen begreifen, die uns hierher gewählt haben, uns, wenn wir diese Stunde so begreifen, zwingt, doch aus dem, was wir in diesen Jahren erlebten, was wir erstrebten, was wir bewirkten oder erlitten, notwendige Lehren zu ziehen. Ich glaube, daß wir dieser — doch für keinen, Herr Bundeskanzler, heiteren — Stunde nur gerecht werden, wenn wir uns dieser Frage stellen. Was können wir aus alledem lernen? Hier ist doch keiner, der nicht immer noch dazulernen müßte. Ich wenigstens bekenne mich dazu.
    So möchte ich versuchen, einiges von dem auszusprechen, was wir als Lehre aus alledem für die Zukunft empfinden. Diese drei Jahre, aufs Grundsätzliche bezogen, geben doch diese Lehre auf: In der Deutschlandpolitik kann hier keiner im Alleingang mit dem Kopf durch die Wand. Die Widrigkeiten, welche die Kommunisten auch dem Gutwilligsten von uns bereiten, sind so stark, und -
    ich spreche es aus — die Möglichkeiten für uns als Deutsche allein sind so gering, daß wir hier, falls wir Erfolg an veränderten, verbesserten Wirklichkeiten, nicht aber an Schlagzeilen oder falschem Beifall messen, nur Erfolg haben können und haben werden, wenn wir alle, wenigstens in diesen Fragen, Gemeinsamkeit finden und wenn wir unsere Probleme in die gemeinsamen Interessen aller Europäer einordnen, die das unveräußerliche Recht auf Selbst-



    Dr. Barzel
    bestimmung so definieren und so meinen wie wir selbst.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dies ist eine Lehre, und die sollte auch jeder beherzigen, dem es um den inneren Frieden hierzulande ernst ist.
    Wir haben ein anderes gelernt, nämlich nur zu versprechen, was konkret geplant, solide durchgerechnet ist und nicht nur als wünschenswert oder als wahrscheinlich gilt, was sich also nach solider sachgerechter Prüfung als möglich erweist. Sich zu bescheiden, sich genau darauf zu bescheiden, sollte künftig für alle nicht als kleinlich, sondern als Größe verstanden werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nicht Illusionen zu wecken, Versprechungen zu machen oder Träume zu nähren, sondern die Grenzen des politisch Machbaren zu erkennen und hier ehrlich die Wahrheit zu sagen und dem zu folgen, das ist die zweite Lehre, die sich aus diesem Scheitern anbietet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben weiter gelernt, daß Fortschritt, den wir wollen, ohne den Mut zu neuen Ufern, also etwa aus Beharren oder Bequemlichkeit, unmöglich ist. Er ist ebenso unmöglich ohne Stabilität und Solidität, wie diese drei Jahre zeigen. Und hier, meine Damen und Herren, soll sich kein Demokrat täuschen: Wenn wir etwa das Unsolide, das Unstabile, also das Unmögliche, zum Maßstab nähmen, so würde der Ruf nach anderen Autoritäten laut, weil man sich gegängelt und genasweist statt geführt, weil man sich unter Niveau regiert fühlte.
    Unsere Mitbürger wissen alle, daß nur bewiesene Leistung, nur konkretes Können weiterführt; nur so kommen sie voran im Beruf und im Leben. Dies ist das Gesetz unserer freien Gesellschaft. Deshalb verlangen diese Mitbürger zu Recht, völlig zu Recht, daß auch die Politiker diesem Maß dieser leistungsfähigen Gesellschaft entsprechen.
    Unsere Mitbürger, die wir hier vertreten — und keiner von uns säße doch hier, wenn er nicht so oder so deren Auftrag hätte —, interessieren sich sehr wenig für die Rankünen, die Rechthabereien oder die Geschäftsordnungen hier. Sie fragen allein, ob wir den Dienst für das Ganze, den wir hier leisten, nach den Maßstäben leisten, die sie selbst erfüllen müssen, d. h. ob wir hier mit Erfolg arbeiten und ob wir verantworten, was wir taten. Deshalb kann es sein, Herr Bundeskanzler, daß Sie das hier heute nicht verdient haben; aber verantworten müssen sie diesen Mißerfolg.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, wir ziehen eine weitere Lehre. Wir wollen, wie unsere Mitbürger, Frieden und Aussöhnung, gute Nachbarschaft und Freizügigkeit nach allen Himmelsrichtungen. Aber ebenso wollen wir entscheiden, hier in Deutschland so zu leben und frei so zu entscheiden, wie wir selbst es wollen. Wohin also immer die Weltpolitik geht, die wir, ob uns das paßt oder nicht, nur wenig beeinflussen: nie darf das etwa auf unsere innere Ordnung hier einwirken.
    Wir wollen endgültig ein freies Land sein, — ohne Rassismus und Gewalt, ohne Einmischung von außen, ohne Intoleranz, Diktatur und Manipulation; ein Land, dessen außenpolitische Friedfertigkeit schon wegen seines inneren Friedens unbezweifelbar ist. Dazu gehört, daß uns die Solidarität der Demokraten über allem steht und der Kampf gegen die Feinde der Freiheit die gemeinsame Selbstverständlichkeit ist.
    Meine Damen und Herren, unsere Mitbürger empfinden mit uns, daß Deutschland- und Außenpolitik eines gespaltenen Landes gemeinsam von allen Demokraten betrieben werden sollte — schon im Interesse des inneren Friedens, auch in dem des Erfolgs. Sie empfinden, daß Fortschritt auf Stabilität und Stabilität auf dem nüchternen, sachgerechten Mut einer entscheidungsfreudigen Regierung gegründet ist. Sie empfinden, daß Demokratie gegen ihre inneren Feinde kein schlapper Staat sein darf; daß ehrliche Nüchternheit demokratische Politik legitimiert; daß deutsche Politik europäisch eingebettet sein muß.
    Vor diesen Maßstäben und Erwartungen sind Sie auch gescheitert, Herr Bundeskanzler. Auch deshalb wird Ihnen heute das Vertrauen verweigert werden. Wir sind durch dieses Scheitern, im Blick wie in der Verantwortung gestärkt. Der neue Anfang, den wir uns zutrauen, wird die Lehren dieser drei Jahre beherzigen.
    Wir stehen vor einer gescheiterten Politik großer Versprechungen. Sie können durch verbale Kraftakte, wie wir sie erlebt haben, nicht beseitigt werden. Der Regierung und der Koalition fehlte es an der nötigen Kraft und Geschlossenheit. Uns hemmen nicht ideologisierte Bilderstürmer. Fortschritt verlangt Augenmaß, nüchternes Denken und den Blick für das Mögliche. Wir haben das hier bewiesen bis 1969. Wir haben dies als Opposition bewiesen. Wir wissen und wußten, daß nicht alles zu gleicher Zeit geschafft werden kann.
    Nach nur drei Jahren Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler, steht zum erstenmal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland der Bundestag vorzeitig vor seiner Auflösung. Keine noch so schönen Worte können darüber hinwegtäuschen, daß Sie gescheitert sind. Sie haben die Chance gehabt. Sie haben die Chance vertan. Der Wähler hat das Wort.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick. Für ihn hat die Fraktion der Freien Demokraten eine Redezeit von 30 Minuten beantragt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten wird dem Herrn Bundeskanzler das Vertrauen aussprechen, da die Zusammenarbeit



    Mischnick
    in der Koalition in den vergangenen Jahren fair und ertragreich war.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Daß wir Freien Demokraten jetzt Neuwahlen befürworten, ist seit langem bekannt. Sie, Herr Dr. Barzel, können mit noch so viel Rhetorik

    (Zuruf von der SPD: Das war doch gar keine!)

    das Bild, das vorhanden ist, nicht retuschieren. Es
    gelingt Ihnen nicht, die Tatsachen zu übertünchen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Daß wir uns heute hier über eine Entscheidung im Zusammenhang mit Art. 68 des Grundgesetzes unterhalten, hat weder etwas mit einer Bankrotterklärung einer Regierung noch mit dem Gewissen oder der Treue einiger Mitglieder dieses Hohen Hauses zu tun. Tatsache ist doch, daß Sie sich als Opposition bis zum heutigen Tage mit dieser Rolle nicht abfinden konnten und verzweifelt bemüht waren, Stein um Stein herauszubrechen, nicht mit klareren Alternativen, sondern mit dem Verlangen, die Macht wieder in die Hand zu bekommen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir wußten sehr genau, welch schweren Weg wir mit der Entscheidung von 1969 gehen. Wir waren uns bewußt, daß es nicht leicht sein würde, mit einer knappen Mehrheit Entscheidungen zu fällen, die im Interesse unseres Volkes notwendig waren und auch für die Zukunft notwendig sind. Wir bekennen uns zu dieser Entscheidung von 1969 heute an diesem Tage genauso wie vor drei Jahren. Sie war richtig, und sie bleibt richtig.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Kollege Barzel hat nun mit beredten Worten versucht, Alternativen, die wirklich deutlich gemacht hätten, welchen anderen Weg eine CDU/CSU-Regierung gehen will, darzulegen. Das ist ihm nicht gelungen. Er hat nur einige wenige Beispiele herausgegriffen und versucht, damit den Beweis zu liefern, daß die CDU/CSU eigentlich auch eine Reformpartei sei.
    Herr Kollege Dr. Barzel hat sich ausgerechnet die Bildungspolitik ausgesucht und geglaubt, bei der Bildungspolitik beweisen zu müssen, daß diese Koalition, daß diese Regierung nicht erfüllt hat, was möglich war. Es bleibt Ihnen überlassen, weshalb Sie diesen Fehlgriff gemacht haben. Sie müßten doch wissen, daß Ihre Landesfürsten, die Landesvorsitzenden Ihrer Partei als Ministerpräsidenten, daß Ihre Parteikollegen als Kultusminister alles getan haben, um zu verhindern, daß wir zu einer einheitlichen Bildungspolitik in Bonn kommen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie haben doch Ihre Mehrheit im Bundesrat immer wieder dazu mißbraucht, Fortschritte auf dem Gebiet der Bildung und der Ausbildung zu bremsen, zu hemmen, ja, unmöglich zu machen. Es ist ein wehleidiges Geschrei, das Sie anstimmen, wenn Sie dieser Koalition das, was sie wirklich erreicht hat, absprechen wollen. Es ist ein umfangreicher Katalog
    von Leistungen, den Sie einmal in Ruhe nachlesen sollten. Auf über neun Seiten wird dargelegt, was diese Koalition mehr geleistet hat als jede Regierung unter CDU/CSU-Führung. Ich erinnere nur an das Ausbildungsförderungsgesetz, an den Ausbau der Hochschulen, an die Mittel, die wir zusätzlich zu dem, was früher an Mitteln vorhanden war, zur Verfügung gestellt haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Kollege Barzel, Sie haben davon gesprochen, daß Sie eine Alternative für die Vermögensbildung mit dem Beteiligungslohn-Plan vorgelegt haben. Wissen Sie wirklich nicht, wie viele Kollegen aus Ihren eigenen Reihen ständig besorgt waren, dieser Gesetzentwurf könnte gar Gesetz werden?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Und warum waren sie besorgt? Weil sie genau wußten, daß dieser Gesetzentwurf über den Beteiligungslohn nach Herrn Burgbachers Vorstellungen gerade die lohnintensiven Betriebe, für die Sie draußen immer auf die Barrikaden zu gehen behaupten, in einer. Weise getroffen hätte, die unverantwortlich gewesen wäre.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir sind sehr froh darüber, daß wir diese Fehlentscheidung Ihrer Fraktion hier nicht gesetzlich verankert haben, denn das wäre zu Lasten der kleinen Selbständigen, zu Lasten aller lohnintensiven Bereiche gegangen. Diese Art Vermögenspolitik lehnen wir Feien Demokraten, lehnt diese Koalition ab.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Lieber Herr Kollege Barzel, Sie haben hier in einer durchaus berechtigten, gemeinsamen, uns alle angehenden Erklärung davon gesprochen, daß wir uns gegen das, was an Verbrechen und Terror in diesem Lande möglich war, wenden müssen. Ich hoffe, daß dies nicht nur verbale Erklärungen sind, sondern daß Sie, wenn es darum geht, zwischen Bund und Ländern in der leidigen Frage der Kompetenzen zu Entscheidungen zu kommen, genauso dazu stehen, wie Sie es eben hier getan haben, und nicht wieder ausweichen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Kollege Barzel, Sie sagten: Die Solidarität der Demokraten geht uns über alles. Wir sind der gleichen Meinung. Wenn das aber Ihre Überzeugung ist ich unterstelle dies —, warum haben Sie sich dann bis zur Stunde nicht von dem bösen Wort distanziert, das Ihr Neu-Kollege Dr. Mende in Hanau gesprochen hat ich zitiere wörtlich —:
    Wenn die Bundestagswahl von dieser Regierung gewonnen werden sollte, würde das die letzte demokratische Wahl in diesem Land gewesen sein.

    (Abg. Dr. Mende: Sehr richtig! — Pfui-Rufe von der SPD.)

    Wer das sagt, stellt sich außerhalb der demokratischen Gemeinschaft.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)




    Mischnick
    Wer das nicht zurückweist, solidarisiert sich damit und bricht damit die Solidarität der Demokraten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)