Rede von
Max
Seidel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Herr Dr. Althammer, was Sie jetzt als aktuelle Stunde eröffnet haben, war eine Replik von 1970 bis heute. Sie verwechseln die Aktuelle Stunde mit der zweiten Lesung des Haushalts, die wir jetzt noch nicht haben, aber das können wir noch nachholen.
Ich möchte nur noch einmal an den einmaligen Vorgang von gestern abend erinnern, und zwar insofern, als die CDU/CSU-Fraktion die Öffentlichkeit auf diese Besonderheit des Tages hin mobilisiert hat. Und was war denn am Ende? — Am Ende war ein Kneifen von seiten der CDU/CSU!
Sie haben nicht gewagt, eine Auszählung vorzunehmen, weil Sie sich einfach scheuten, die Tatsache,
daß Sie nicht die notwendige Anzahl von Stimmen
aufbrachten, zu demonstrieren. Das ist ein reines Kneifen.
Wenn Sie Ihre 21 Soldaten zum Betriebsverfassungsgesetz abstellen, ist das ebenfalls ein gesellschaftspolitisches Kneifen vor einer wichtigen sozialpolitischen Frage.
Bezüglich der Etatvolage für 1972 kann ich Ihnen nur sagen, daß bei einem Volumen von 109,3 Milliarden DM eine Kürzung in Höhe von 2,5 Milliarden DM, wie sie jetzt zur Beratung steht, nichts Sensationelles ist. Sie wissen ganz genau, daß wir z. B. im Jahre 1959 bei der absoluten Mehrheit der CDU/CSU unter dem Finanzminister Schäffer bei einem Volumen von 40 Milliarden DM 2,5 Milliarden DM eingespart haben.
Nun können Sie sich ausrechnen, wieviel Prozent das damals waren und welches Prozentverhältnis heute vorliegt.
1964 sind bei einer Koalition zwischen CDU/CSU und FDP von 60 Milliarden DM 2,2 Milliarden DM als Minderausgabe unter dem Finanzminister Dahlgrün eingespart worden, und wir haben 1969 im Rahmen der Großen Koalition unter einem Finanzminister Strauß von 83,3 Milliarden DM 1,7 Milliarden DM eingespart.
1959, 1964 oder 1969 haben Sie nicht von einer „Finanzkrise", vom „schlechtesten Haushalt" oder vom „Offenbarungseid" gesprochen. Wenn Sie etwas machen, ist alles in Ordnung, wenn es aber die Koalition Brandt/Scheel macht, ist es natürlich unrecht, ist alles falsch. So ist Ihre Methode!
Selbst bei dieser Kürzung von 2,5 Milliarden DM, die wir eventuell als Ergebnis herausarbeiten, verdient dieser Haushalt in seinem Volumen eine positive Beurteilung. Die soziale Sicherung ist in Höhe von 28,6 Milliarden DM gewährleistet, die militärische und zivile Verteidigung in der Größenordnung von 25,5 Milliarden DM,
die Verkehrsprobleme werden mit 14,5 Milliarden DM berücksichtigt,
Bildung und Wissenschaft finden mit 5,2 Milliarden DM Berücksichtigung. Die Probleme von Jugend, Familie und Gesundheit werden mit 4,5 Milliarden DM und diejenigen des Ministeriums für Städtebau und Wohnungswesen mit 3,4 Milliarden DM berücksichtigt.
Ich kann Ihnen nur sagen: Auch nach dieser Korrektur ist eine positive Beurteilung und Benotung des Haushalts 1972 angebracht. An diesem Urteil werden Sie keinen Faden abbeißen können!
11082 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode —189. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Juni 1972