Rede:
ID0618602900

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 17
    1. Meine: 1
    2. Damen: 1
    3. und: 1
    4. Herren,: 1
    5. die: 1
    6. unterbrochene: 1
    7. Sitzung: 1
    8. ist: 1
    9. wieder: 1
    10. eröffnet.Das: 1
    11. Wort: 1
    12. hat: 1
    13. der: 1
    14. Herr: 1
    15. Abgeordnete: 1
    16. Dr.: 1
    17. Barzel.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 186. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Inhalt: Abg. Helms wird Gast bei der Fraktion der CDU/CSU 10865 A Amtliche Mitteilungen 10865 A Fragestunde (Drucksache V1/3424) 10866 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache V1/3395) — Erste Beratung — 10866 A Mündlicher Bericht des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhaus-Pflegesätze (Drucksache V1/3416) Russe (CDU/CSU) 10866 B Burger (CDU/CSU) 10867 D Dr. Bardens (SPD) 10868 B Spitzmüller (FDP) 10868 D Namentliche Abstimmung 10869 A Mündlicher Bericht des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsgesetz) (Drucksache V1/3417) Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) 10871 A Dr. Gruhl (CDU/CSU) 10871 C Müller (Mülheim) (SPD) 10872 A Zur Geschäftsordnung Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) 10872 C Wienand (SPD) 10872 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. August 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache V1/3156) ; Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen 171/3397, zu V1/3397) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen (Drucksache V1/3157); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen V1/3396, zu V1/3396) — Zweite Beratung und Schlußabstimmung — Dr. Achenbach (FDP) 10873 C Dr. Heck (CDU/CSU) 10880 A Dr. Haack (SPD) 10882 C Dr. Ing. Bach (CDU/CSU) 10885 D Brandt, Bundeskanzler 10888 D, 10912 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 10898 C Scheel, Bundesminister 10907 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 10910 C Nächste Sitzung 10913 D II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Anlagen Anlage 1 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Werner (CDU/CSU) betr. Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an dem Aufbau eines europäischen Informatiknetzes und an der Durchführung einer europäischen Aktion auf dem Gebiet des Fernmeldewesens zum Thema „Antennen mit kleinen hauptkeulennahen Nebenmaxima und möglichst großem G/T-Verhältnis" 10915 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Übernahme neuer Forschungsaufgaben durch die vom Bund unterhaltenen Forschungseinrichtungen 10915 B Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Gründung des Instituts für Innovationsforschung 10915 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) betr. Übernahme neuer Aufgaben im Bereich der Systemanalysen und der Innovationsforschung durch die Forschungszentren des Bundes 10915 D Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) betr. Äußerung von Bundeskanzler Brandt auf der Kundgebung zum 1. Mai 1972 in Dortmund 10915 D Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Geisendörfer (CDU/ CSU) betr. Hilfe für Unfallopfer 10916 A Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) betr. Verteilung des Forschungsberichts IV 10916 C Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Kahn-Ackermann (SPD) betr. Neuregelung der Auslandsbesoldung und Ermittlungsverfahren für den Kaufkraftausgleich 10916 D Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) betr. Einreiseverbot für den Belgier Mandel und betr. Beschäftigung von Radikalen im öffentlichen Dienst 10917 B Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Giulini (CDU/CSU) betr. Ausscheiden des Dr. van Briessen aus der Programmredaktion Asien der Deutschen Welle 10917 C Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Hansen (SPD) betr. Vertrieb von Säuglings- und Kleinkindernahrung 10917 D Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Hansen (SPD) betr. Verzinsung von Einlagen auf Lohn- und Gehaltskonten 10918 B Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. infrastrukturelle Maßnahmen im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig 10918 C Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Röhner (CDU/CSU) betr. Textilimporte 10919 A Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Röhner (CDU/CSU) betr. Investitionen in der Textilindustrie 10919 C Anlage 16 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Strohmayr (SPD) betr. Befreiung der Kontoinhaber mit geringem Einkommen von der Gebührenerhebung und betr. Gebühren bei unbaren Zahlungen an caritative Verbände und Vereine 10919 D Anlage 17 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage der Abg. Frau Herklotz (SPD) betr. Koordinierung der europäischen Bemühungen im Rahmen des Welternährungsprogramms der FAO 10920 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 III Anlage 18 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Rinderspacher (SPD) betr. Verwendung von Lebensmittelvorräten für von Hungersnot bedrohte Entwicklungsländer 10920 D Anlage 19 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Hermesdorf (Schleiden) (CDU/CSU) betr. Preise für Agrarprodukte der Entwicklungsländer 10921 A Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Schachtschabel (SPD) betr. Zusammenlegung der Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg 10921 B Anlage 21 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. gebührenpflichtige Verwarnungen für verbotenes Parken auf Gehwegen 10921 C Anlage 22 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über Maßnahmen gegen luftverunreinigende Gase aus Dieselmotoren von Kraftfahrzeugen 10921 D Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Pieser (CDU/CSU) betr. das „Private Bevorschussungsbüro für bezahlte Straßenbenutzungsgebühren" in Berlin 10922 A Anlage 24 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Hanz (CDU/CSU) betr. Unterbringung der Telefonortsnetze Diez, Hahnstätten, Holzappel, Katzenelnbogen, Nentershausen und Wallmerod in den Amtlichen Fernsprechbüchern 10922 C Anlage 25 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dichgans (CDU/CSU) betr. Bauerlaubnisse in Gebieten der Fluglärmzonen 1 und 2 10922 D Anlage 26 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Wuwer (SPD) betr. Erstattung der Kosten für den Anstaltsaufenthalt eines Angehörigen an Beamte 10923 B Anlage 27 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) betr. Steuererleichterungen für die Ausbildung hauswirtschaftlicher Lehrlinge . 10923 D Anlage 28 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. Entschädigung für Enteignungen gegenüber früheren Einwohnern der DDR 10924 B Anlage 29 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Strohmayr (SPD) betr. Befreiung von der Grunderwerbsteuer beim Grunderwerb zum Bau von Altenheimen, Altenpflegeheimen und Altenwohnungen 10924 D Anlage 30 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Hussing (CDU/CSU) betr. britische Gastarbeiter 10925 A Anlage 31 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Nutzung der Kaserne Broitzem (Standort Braunschweig) 10925 B Anlage 32 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Rock (CDU/CSU) betr. Auswirkung der Aufhebung der 5-t-Klassen im EGT auf Betriebe im Zonenrandgebiet 10925 C Anlage 33 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) betr. Bau der Anschlüsse an die B 407 und an die L 147 im Zuge der A 76 im Bereich Hermeskeil 10925 D Anlage 34 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Schmidt (Kempten) (FDP) betr. Ausbau der Autobahn Ulm—Füssen 10926 A Anlage 35 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dasch (CDU/CSU) betr. Fertigstellung der Ortsumgehung der B 12 in Haag (Oberbayern) 10926 B IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Anlage 36 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dasch (CDU/CSU) betr. Planungen für den Neubau der Bahnhofsgebäude in Mühldorf (Oberbayern) und Burghausen (Oberbayern) 10926 C Anlage 37 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) betr. Auswirkung der Zusammenlegung von Zustellpostämtern in Großstädten 10926 D Anlage 38 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Schaffung eines Bildungszentrums für die EWG 10927 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10865 186. Sitzung Bonn, den 10. Mai 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.05 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung In der 184. Sitzung, Seite 10790 B, Zeile 4 in der Klammer, ist statt „15.40 Uhr" zu lesen: „15.14 Uhr". Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10915 Anlage 1 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 5. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3393 Frage A 28) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung ein Forschungsabkommen mit der UdSSR abzuschließen beabsichtigt, sich aber an den gemeinsamen europäischen Forschungsaufnahmen, Vereinbarung über den Aufbau eines europäischen Informatiknetzes und Vereinbarung über die Durchführung einer europäischen Aktion auf dem Gebiet des Fernmeldewesens zum Thema „Antennen mit kleinen hauptkeulennahen Nebenmaxima und möglichst großem G/T-Verhältnis", nicht beteiligen will, und welches sind die Gründe für die Nichtbeteiligung an diesem wichtigen Vorhaben? 1. Es trifft zu, daß ein Regierungsabkommen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR vorbereitet wird. 2. Die beiden speziellen, in der Frage genannten Vereinbarungen gehören zu einer Reihe von insgesamt sieben Vorhaben, die auf der Forschungsministerkonferenz im November letzten Jahres in Brüssel beschlossen wurden. Keiner der 19 europäischen Staaten, die auf der Konferenz vertreten waren, beteiligt sich an allen diesen Vorhaben. Daß die Bundesregierung an den beiden genannten Vorhaben nicht teilnimmt, hat vor allem technische Gründe. Nach den Feststellungen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen ist nämlich unsicher, ob die technische Ausrichtung des ersten Projekts dem von einem deutschen Unternehmen entwickelten Datenvermittlungssystem entspricht, das die Deutsche Bundespost z. Z. einführt. Das zweite Projekt zielt auf eine Koordinierung nationaler Forschungsarbeiten zu einem sehr speziellen Thema der Fernmeldetechnik, für dessen Bearbeitung dem Fernmeldetechnischen Zentralamt der Deutschen Bundespost in den nächsten Jahren keine personellen und finanziellen Kapazitäten zur Verfügung stehen. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 5. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3393 Frage A 29) : In welchem Umfange wird von der Bundesregierung geprüft, ob die vorhandenen Forschungszentren und Forschungsinstitute die neuen anstehenden Forschungsprobleme übernehmen können, da durch Erledigung von gestellten Forschungsproblemen stets neue Kapazitäten frei werden? Wo in den vom Bund unterhaltenen Forschungseinrichtungen Kapazitäten frei werden, prüft die Bundesregierung gründlich, wie sie für neue Aufgaben eingesetzt werden können. Hierzu wird auch bei der Besprechung der Forschungs- und Wirtschaftspläne der Anstalten regelmäßig geprüft, ob die derzeit laufenden Aufgaben fortgeführt oder zur Freisetzung von Kapazitäten beendet werden sollen. Bereits in der Antwort auf die großen An- Anlagen zum Stenographischen Bericht fragen zur Technologiepolitik im Herbst vergangenen Jahres (Drucksache VI/2789, S. 16) ist gesagt worden, daß die Großforschungszentren zunehmend neue Aufgaben übernehmen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf meine auf eine entsprechende Zusatzfrage des Kollegen Lenzer am 4. Mai gegebene mündliche Antwort hinweisen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 5. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3393 Frage A 30) : Auf Grund welcher Expertisen kam die Bundesregierung zu der Schlußfolgerung, daß die Gründung des Instituts für Innovationsforschung Im Rahmen der Fraunhofer-Gesellschaft notwendig sei? Es wurden OECD-Studien herangezogen, insbesondere „The conditions for success in technological innovation", Paris 1971; „Science, growth and society", Paris 1971; „The research system" (Entwurf 1971) sowie „Die Fraunhofer Gesellschaft im Innovationssystem der BRD" von H. Krupp, April 1972. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 5. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache VI/3393 Frage A 31): Inwieweit ist geprüft worden, ob die vorhandenen Forschungszentren des Bundes, insbesondere die Kernforschungszentren, die neuen Aufgaben im Bereich der Systemanalysen und der Innovationsforschung übernehmen können? Die Teilaufgaben des Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) sind als Einheit und zusammen mit der zukünftigen Rolle der FhG als Trägergesellschaft für die angewandte Forschung zu sehen. Sie können daher nicht von anderen Institutionen übernommen werden. Enge Zusammenarbeit zwischen dem ISI und anderen Einrichtungen ist selbstverständlich vorgesehen. Im übrigen erinnere ich an eine Ihnen auf Ihre Frage vom 3. 2. bereits gegebene schriftliche Antwort zu Problemen der Innovation. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Ehmke vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ott (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 1): Welche Abgeordneten des Deutschen Bundestages hat Bundeskanzler Brandt gemeint, als er auf einer Mai-Kundgebung in Dortmund von „wankelmütigen und sogar treulosen Abgeordneten" sprach, und welche Beweisgründe hat er hierfür? 10916 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Rede zum 1. Mai 1972 in Dortmund wörtlich gesagt: „Eines sollte allerdings klar sein: Ich bin jeden Tag bereit, den Weg für Neuwahlen zu öffnen. Aber ich bin nicht bereit, auf ein taktisches Manöver einzugehen, das — statt Neuwahlen — die Entscheidung über die Entwicklung in der Bundesrepublik in die Hände einiger wankelmütiger oder sogar treuloser Abgeordneten geraten ließe." Der Sinn dieser Ausführungen ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Rede. Darf ich anregen, Herr Kollege Ott, daß Sie den gesamten Text einmal nachlesen. Ich bin gern bereit, ihn Ihnen zur Verfügung zu stellen. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 9. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Geisendörfer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 6 und 7) : Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um den Unfallopfern, deren Schäden durch keine Versicherung gedeckt sind, in ihrer oft sehr großen Notlage zu helfen? Gibt es Möglichkeiten, bei Rechtsstreitigkeiten über die Frage, wer einen solchen Schaden, und in welcher Höhe, zu ersetzen hat, die lange Wartefrist durch Hilfsmaßnahmen materieller oder sonstiger Art zu überbrücken? Zu Frage 6 Soweit nichtversicherte Unfallopfer in Not geraten sind, kommen für sie die Hilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz in Betracht, die unabhängig von den Gründen der Hilfsbedürftigkeit gewährt werden und sowohl Hilfe zum Lebensunterhalt als auch Hilfen in besonderen Lebenslagen umfassen. Hierzu gehören Hilfen zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage, vorbeugende Gesundheitshilfe, Krankenhilfe, Eingliederungshilfe für Behinderte, Hilfe zur Pflege und Altenhilfe. Dem Hilfesuchenden steht beim Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen auf die meisten Hilfeleistungen einschließlich der Hilfe zum Lebensunterhalt ausdrücklich ein Rechtsanspruch zu. Die Leistungen des Bundessozialhilfegesetzes sollen durch den bereits dem Bundesrat zugeleiteten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes verbessert werden. Darüber hinaus sind Vorarbeiten für ein Gesetz im Gange, durch das Opfern von Straftaten geholfen werden soll. Opfern aus Kraftfahrzeugunfällen kann aus dem seit 1965 bestehenden Entschädigungsfonds für Schäden aus diesen Unfällen geholfen werden. Eine andere Lücke ist bereits durch die am 1. April 1971 in Kraft getretene Einbeziehung von Schülern und Studenten sowie Kindern beim Besuch gemeinnütziger Kindergärten in die Unfallversicherung nach der Reichsversicherungsordnung geschlossen worden. Zu Frage 7 Wie ich in meiner Antwort zur vorherigen Frage ausgeführt habe, kann ein in Not Geratener Sozialhilfe in Anspruch nehmen, falls ihm von anderer Seite keine Hilfe zuteil wird. Der Sozialhilfeträger muß ungeachtet des Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe sofort helfen. Die Aufwendungen für seine Vorleistungen macht er dann gegenüber den anderen, vorrangig zur Hilfe verpflichteten Personen oder Stellen geltend. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache U/3424 Fragen A 8 und 9) : Treffen Meldungen zu, nach denen das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft 70 000 Exemplare des Forschungsberichtes IV an Wissenschaftler und andere Persönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland, zusammen mit einem Fragebogen, verschickt? Welche Kosten entstehen beim Versand dieser 70 000 Exemplare des Forschungsberichtes IV, und aus welchem Titel werden die entsprechenden Mittel entnommen? Die Meldungen treffen zu. Die Fragebogen und ihre Auswertung sind Maßnahmen mit dem Ziel einer stärkeren Beteiligung der Öffentlichkeit, und hier besonders der Wissenschaftler, an der Diskussion über forschungspolitische Fragestellungen. Druck und Versand des Forschungsberichts werden etwa 157 000 DM kosten; die Ausgaben gehen zu Lasten von Kapitel 31 01 Titel 531 02 („Kosten der Veröffentlichung wissenschaftlicher Fachinformationen"). Die Kosten der Vorbereitung und Auswertung des Fragebogens betragen rund 23 000 DM und werden aus dem Titel 685 03 des Kapitels 31 04 („Förderung von Vorhaben, die für die Planungen des Ressorts allgemein bedeutsam sind") bestritten. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kahn-Ackermann (SPD) (Drucksache VI/3424 Fragen A 10 und 11) : Wie verträgt sich die Auskunft, die die Bundesregierung am 1. Dezember 1971 auf die seinerzeitige schriftliche Frage des Kollegen Dr. Schmitt-Vockenhausen nach dem Stand der Neuregelung der Auslandsbesoldung erteilt hat, mit der schriftlichen Antwort des Bundesministers des Innern vom 12. April 1972 auf eine Frage des Kollegen Storm, in der offenkundig die Tatsache ausgeklammert wird, daß der Bundesminister des Innern diese wichtige Maßnahme, die schon auf einen Antrag des Auswärtigen Ausschusses vom 25. Juni 1969 zurückgeht und von Abgeordneten aller Parteien dieses Hauses mehrfach in Erinnerung gebracht wurde, von der Tagesordnung abgesetzt hat, obwohl die zu treffenden Maßnahmen verabschiedungsreif vorliegen und finanziell gesichert sind? Was gedenkt die Bundesregierung angesichts der anhaltenden Beschwerden, insbesondere von Angehörigen von deutschen, im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland arbeitenden Organisationen, zu unternehmen, um das schwerfällige und häufig zu Unausgewogenheiten führende System der Kaufkraftausgleichsermittlungen zu reformieren, und besteht Aussicht, daß die Ermittlungsverfahren zur Berechnung des Kaufkraftausgleichs realistisch und zeitbezogen gestaltet werden? Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10917 Die beiden zitierten Antworten stimmen insofern überein, als in beiden erklärt wird, daß die beteiligten Ressorts sich um die Klärung noch offener Fragen bemühen. Eine ganz andere Frage ist es, ob die Bundesregierung den Entwurf einer entsprechenden Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes beschließen und noch in dieser Legislaturperiode dem Bundestag vorlegen kann. Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung unter den gegebenen Umständen bisher nur das Erste Bundesbesoldungserhöhungsgesetz vorgelegt, das zur Zeit im Innenausschuß beraten wird. Eine ganze Reihe, auch wichtiger, besoldungsrechtlicher Strukturänderungen sind dagegen im Bereich der Bundesregierung zunächst zurückgestellt worden, bis ein Überblick über die vorhandenen Möglichkeiten gegeben ist. Hierzu gehört auch das Vorhaben Neuregelung der Auslandsbesoldung. Eine Beschlußfassung der Bundesregierung über die Weiterverfolgung von Strukturvorhaben liegt noch nicht vor; ob der Deutsche Bundestag etwa bei den interfraktionellen Beratungen im Innenausschuß in dieser Hinsicht initiativ werden wird, läßt sich noch nicht absehen. Das Ermittlungsverfahren für den Kaufkraftausgleich folgt aus dem gesetzlichen Auftrag des § 2 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes; danach darf dem Besoldungsempfänger aus Kaufkraftdisparitäten weder ein Vorteil noch ein Nachteil entstehen. Das System des hier anzuwendenden Preisvergleichs ist von den Ressorts unter intensiver fachlicher Beratung durch das Statistische Bundesamt vor Jahren entwickelt und bis heute immer mehr verfeinert worden. Angesichts der ständigen Schwankungen der Devisenkurse und der Preisverhältnisse allein an den weit über 200 Dienstorten des Auswärtigen Amtes muß ich andererseits darauf hinweisen, daß es schwer ist, hier ein Verfahren zu entwickeln, das zugleich korrekt und praktikabel ist. Ohne Pauschalierungen zeitlicher und örtlicher Art kommt man aber in diesem Bereich nicht aus; dies ist kürzlich auch vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich anerkannt worden. Sie dürfen versichert sein, daß die Bundesregierung im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags alles tut, damit der Kaufkraftausgleich möglichst zeitnah und realistisch ist. Leider sind ihr dabei aus der Natur der Sache heraus Grenzen gesetzt. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 12 und 13) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, das Einreiseverbot gegenüber dem belgischen Trotzkisten Mandel sei eine ,,unglaubliche Schweinerei und ein großes Unrecht", siehe u. a. „Die Welt" vom 24. April 1972? Wie beurteilt die Bundesregierung die in gleichem Zusammenhang wie bei der vorhergehenden Frage gefallene Äußerung, der gemeinsame Beschluß des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten zur Beschäftigung von Radikalen im öffentlichen Dienst werde noch einmal diskutiert? Die Bundesregierung hat ,den belgischen Staatsangehörigen Ernest Mandel als Zurückweisungsfall in die Grenzüberwachungsliste aufnehmen lassen. Die Gründe für diese Entscheidung sind mehrfach öffentlich dargelegt worden, u. a. auch in diesem Hohen Hause. Die Bundesregierung weist deshalb Ansichten, wie sie von Ihnen zitiert worden sind, zurück. Die von Ihnen gewünschte Wertung ist Sache des Ministerpräsidenten ,des Landes Niedersachsen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Giulini (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 14 und 15) : Weiß die Bundesregierung vom Ausscheiden des Dr. van Briessen aus der von ihm aufgebauten Programmredaktion Asien, Deutsche Welle, Köln, der ein Kenner ostasiatischer Sprachen und Mentalitäten ist? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Kenntnisse eines versierten Ostasien-Korrespondenten für die Verbreitung bundesdeutscher Interessen in diesem Raum zu nutzen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Leiter der Asien-Redaktion der Deutschen Welle, Herr Dr. van Briessen, Ende Juli vorigen Jahres mit Vollendung seines 65. Lebensjahres in den Ruhestand getreten ist. Die Bundesregierung vermag keinen Einfluß darauf zu nehmen, daß die Deutsche Welle die Kenntnisse von Herrn Dr. van Briessen nach Vollendung seines 65. Lebensjahres in der einen oder anderen Weise weiter nutzt. Nach § 13 Abs. 2 und § 11 Abs. 4 des Gesetzes über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts vom 29. November 1960 (BGBl. I S. 862) ist der Intendant, der vom Verwaltungsrat bei seiner Geschäftsführung überwacht wird, für derartige Entscheidungen alleine verantwortlich. Die Frage ist in der Deutsche Welle unter Beachtung dieser gesetzlichen Zuständigkeiten geprüft und verneint worden. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 16) : Ist die Bundesregierung bereit, den § 56 Abs. 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung in der Weise zu ergänzen, daß der Vertrieb von Säuglings- und Kleinkindernahrung untersagt wird, um mögliche gesundheitliche Schädigungen von Säuglingen und Kleinkindern z. B. durch Kindernährzucker zu verhindern? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, in § 56 Abs. 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung ein Vertriebsverbot für Säuglings- und Kleinkindernahrung im Reisegewerbe auszusprechen. Es ist der Bundesregierung zwar bekannt, daß beim Vertrieb von Säug- 10918 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 lings- und Kleinkindernahrung „an der Haustür" vereinzelt Mißstände auftreten. Diese liegen jedoch generell nicht auf gesundheitlichem Gebiet. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß es beim Verzehr von Kindernährzucker im Einzelfall zu Unverträglichkeitserscheinungen kommen kann, was aber vom Ernährungszustand und den besonderen Stoffwechsellagen des Kindes abhängt. Um sicherzustellen, daß alle zur Verwendung als Nährzucker in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse für die Ernährung von Säuglingen geeignet sind, hat der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit vor kurzem eine Änderung der Verordnung über diätetische Lebensmittel in die Wege geleitet, die an die Zusammensetzung von Nährzucker besondere Anforderungen stellen wird. Gerügt wird indessen vor allem das unlautere Geschäftsgebaren von Gewerbetreibenden, die u, a. durch Überrumpelung und Täuschung der Käufer langfristige Abnahmeverträge von Kindernährzucker zu erhöhten Preisen erzielen. Solche Mißstände sind nicht symptomatisch für den Vertrieb von Säuglings- und Kleinkindernahrung, sondern können allgemein bei Geschäften „an der Haustür" auftreten. Die Gewerbeordnung bietet auch ohne Ergänzung des § 56 der Gewerbeordnung ausreichende Handhaben, um hiergegen wirksam vorgehen zu können: Nach § 58 in Verbindung mit § 57 der Gewerbeordnung kann die erforderliche Reisegewerbekarte entzogen werden, wenn der Gewerbetreibende unzuverlässig ist. Der Schutz der Verbraucher könnte durch die Verabschiedung des dem Bundestag vorliegenden Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Abzahlungsgesetzes noch verbessert werden. Hiernach soll dem Käufer bei Haustürgeschäften ein Widerrufsrecht binnen einer Woche eingeräumt werden, sofern er einen Vertrag auf wiederkehrende Leistungen abgeschlossen hat. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 17): Ist die Bundesregierung bereit, sich bei den Banken- und Sparkassenverbänden dafür einzusetzen, daß Lohn- und Gehaltskonten nach Schweizer Vorbild mit 3 bis 3,5 % verzinst werden? Die Kreditinstitute sind bei der Festsetzung der Zinsen für Lohn- und Gehaltskonten ebenso wie bei den sonstigen Habenzinsen und den Sollzinsen keinen staatlichen Vorschriften unterworfen. Wie bereits mein Kollege Dr. Emde in der Fragestunde am 27. Januar 1972 ausgeführt hat, beabsichtigt die Bundesregierung nicht, auf die Gebühren- und Zinspolitik der Kreditinstitute Einfluß zu nehmen. Im übrigen möchte ich auf folgende Gesichtspunkte hinweisen: Eine Verzinsung der Guthaben auf Lohn- und Gehaltskonten mit 3 bis 3,5 v. H. würde die bei diesen Konten bestehende Kostenunterdeckung noch vergrößern und höhere Gebührenforderungen auslösen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Überwachung der Zinsstaffel einen höheren Verwaltungsaufwand und damit höhere Kosten verursachen würde. Nur bei nicht unwesentlichen Guthaben würde eine Verzinsung nennenswert ins Gewicht fallen. Für derartige Guthaben bieten sich Sparkonten mit gesetzlicher Kündigungsfrist als eine flexible Anlageform an, von denen jederzeit monatlich bis zu 2 000 DM abgehoben werden können. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 18) : Welche infrastrukturelle Maßnahmen im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig wurden bisher durch Mittel des Zonenrandförderungsgesetzes bevorzugt gefördert, und wann ist mit welchen Förderungsmaßnahmen auf Grund der besonderen wirtschaftlichen Situation in diesem Bereich zu rechnen? Im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig wurden im Jahr 1971 durch Mittel des Zonenrandförderungsgesetzes folgende Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur und folgende kulturelle Maßnahmen gefördert: DM Schaffung von Turn- und Sportstätten 1 250 000 Schaffung von Stätten der Jugendarbeit 134 000 Schaffung von Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation 5 277 000 Einrichtungen der beruflichen Bildung 320 000 Schaffung von Schulen und Kindergärten 3 532 000 Kulturelle Maßnahmen 1 245 000 insgesamt 11 757 000 Zum zweiten Teil Ihrer Frage, wann mit welchen Förderungsmaßnahmen im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig zu rechnen ist, ist folgendes zu sagen: Im Rahmen des Zonenrandförderungsgesetzes betragen die zusätzlichen Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur 1972 aufgrund des Zonenrandförderungsgesetzes 80 Millionen DM für das gesamte Zonenrandgebiet. Eine Aufteilung dieser Mittel auf einzelne Gebiete und auf einzelne Maßnahmen ist noch nicht erfolgt. Dies wird jedoch in Kürze geschehen. Ein beachtlicher Teil der Mittel wird aller Voraussicht nach wiederum im Verwaltungsbezirk Braunschweig eingesetzt werden. Im übrigen möchte ich noch folgendes bemerken: Den Umfang der staatlichen Wirtschaftsförderung darf man nicht nur nach den Maßnahmen nach dem Zonenrandförderungsgesetz beurteilen. Weit bedeutungsvoller sind die Hilfen im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung. Der Verwaltungsbezirk Braunschweig ist auf diesem Gebiet in den letzten Jahren in ganz besonderem Maße gefördert worden. So sind in den Jahren 1969 bis 1971 mit Hilfe von Mitteln des Bundes und des Landes Niedersachsen in diesem Gebiet rd. 16 500 neue gewerbliche Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10919 Arbeitsplätze entstanden oder im Entstehen begriffen. Zur Schaffung dieser Arbeitsplätze wurden gewerbliche Investitionen in Höhe von 1,4 Milliarden DM gefördert. Seit dem 1. Januar 1972 wird die regionale Wirtschaftsförderung von Bund und Ländern im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" durchgeführt, wobei im laufenden Jahr für Infrastrukturmaßnahmen im Regionalen Aktionsprogramm „Niedersächsisches Zonenrandgebiet" 41,9 Millionen DM vorgesehen sind. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 19) : Was gedenkt die Bundesregierung gegen die geradezu bedrohliche Entwicklung der Textilimporte, die 1971 eine Rekordhöhe von über 10 Milliarden DM und einen Einfuhrüberschuß von 2,5 Milliarden DM erreichten, zu unternehmen, und wie stellt sich die Bundesregierung einen Ausgleich der Importlastverteilung innerhalb der EWG vor? Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie haben sich 1971 und im bisherigen Verlauf dieses Jahres günstiger als der Durchschnitt der gesamten Industrie entwickelt. Der Einfuhrüberschuß in Höhe von 2,5 Mrd. DM im vergangenen Jahr weist zwar eine Steigerung um 702 Millionen DM auf, ihm steht jedoch ein Umsatzzuwachs der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie um 2,9 Mrd. DM gegenüber. Die Bundesregierung hält deshalb die Entwicklung der Textilimporte nicht für bedrohlich und ist daher nicht der Auffassung, daß hiergegen — über die gerade auf diesem Sektor bestehenden Einfuhrhemmnisse hinaus — weitere Schutzmaßnahmen ergriffen werden müßten. Solche Maßnahmen würden auch mit bestehenden internationalen Verpflichtungen, z. B. gegenüber dem GATT, kollidieren; sie widersprächen darüber hinaus auch den Grundsätzen unserer liberalen Außenhandelspolitik und wären im Hinblick auf den hohen Grad außenwirtschaftlicher Verflechtungen unserer Volkswirtschaft gefährlich. Eine ausgewogenere Importlastverteilung innerhalb der EWG kann nur von Fall zu Fall bei der innergemeinschaftlichen Vorbereitung von Verhandlungen der Gemeinschaft mit Drittländern verfolgt werden. Auf dem Gebiet der Zollpräferenzen hat die Bundesregierung bereits erreicht, daß der Anteil der Bundesrepublik an den zollfreien Plafonds für Einfuhren aus Entwicklungsländern bei sensiblen Textilerzeugnissen auf 37,5 °/o begrenzt wurde. Auch bei den anstehenden Verhandlungen der Gemeinschaft über Handelsabkommen mit Drittländern wird sie sich bemühen, eine gleichmäßigere Verteilung der Einfuhren insbesondere aus Niedrigpreisländern auf die einzelnen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zu erreichen. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 20) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß auf Grund der unbefriedigenden Ertragslage in der Textilwirtschaft die Investitionen 1971 um 7 % für Bruttoanlagegüter und um 15 % für Maschinen unter der Vorjahreshöhe liegen, und wie beurteilt die Bundesregierung die Auftragslage für das zweite Halbjahr 1972? Nach vorläufigen Erhebungen des Ifo-Instituts — endgültige Daten liegen noch nicht vor — dürften sich die Gesamtinvestitionen der Textilindustrie im vergangenen Jahr um etwa 8 % verringert haben, während diejenigen der Bekleidungsindustrie konstant geblieben sein dürften. Die Entwicklung des Investitionsvolumens ist auch in der Textil- und Bekleidungsindustrie konjunkturellen Schwankungen unterworfen. Der Rückgang in der Textilindustrie ist zu sehen im Zusammenhang mit der allgemein verringerten Investitionsneigung im vergangenen Jahr und mit den hohen Steigerungsraten des Investitionsvolumens der Textilindustrie in den beiden Vorjahren. Was die Auftragslage der Textil- und Bekleidungsindustrie im zweiten Halbjahr 1972 anbetrifft, so stimmen die Ergebnisse der letzten Messen ebenso optimistisch wie der Umstand, daß der Textileinzelhandel in den ersten vier Monaten dieses Jahres eine Zuwachsrate von 15 % zu verzeichnen hatte. Angesichts der sich abzeichnenden positiven Konjunkturentwicklung wird diese günstige Prognose auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht gestützt. Der Auftragsboom der Bekleidungsindustrie im ersten Quartal dieses Jahres — der Auftragseingang betrug +18,9 % — dürfte allerdings in den nächsten Monaten abflachen. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Strohmayr (SPD) (Drucksache VI/3424 Fragen A 21 und 22) : Hält es die Bundesregierung trotz der Vereinbarungen am 31. Januar 1972 nicht doch für notwendig, auf die Kreditinstitute dahin gehend Einfluß zu nehmen, daß Kontoinhaber, die Bezieher kleiner Einkommen und Rentner sind, aus sozialen Gründen von der Gebührenerhebung verschont werden? Würde in diesem Zusammenhang die Bundesregierung veranlassen, daß unbare Zahlungen an caritative Verbände und Vereine von den Kreditinstituten gebührenfrei abgewickelt werden? Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, auf die Kreditinstitute dahin einzuwirken, finanziell schwächere Bevölkerungskreise von etwaigen Gebühren für Lohn- und Gehaltskonten freizustellen oder unbare Zahlungen an karitative Einrichtungen nicht mit Gebühren zu belasten. Die Kreditinstitute sind Wirtschaftsunternehmen, denen man zugestehen muß, daß sie auf Kostendeckung bedacht sind. Soziale Erwägungen der in Ihrer Frage angesprochenen Art würden aber gerade zu einem kosten- 10920 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 erhöhenden Verwaltungsaufwand bei den Kreditinstituten führen. Ich meine deshalb, daß es verständlich ist, wenn die Kreditinstitute Gebührenbefreiungen, wie Sie sie mit Ihrer Frage anstreben, nicht gewähren. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß Bezieher kleiner Einkommen, wie z. B. Rentner, von den Gebührenerhebungen häufig überhaupt nicht oder nur in geringem Maße betroffen werden, weil bei der überwiegenden Zahl der Kreditinstitute zumindest 3 bis 4 Buchungen pro Monat gebührenfrei sind. Diese Regelung kommt in erster Linie finanziell schwächeren Bevölkerungskreisen zugute, die in der Regel ihre Konten nicht allzu häufig bewegen und daher oft keine Gebühren zahlen werden. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Eppler vom 10. Mai 1972 auf ,die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Herklotz (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 23) : Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend der Empfehlung 668 (1972) der Beratenden Versammlung des Europarats mit den Regierungen der übrigen Mitgliedsländer zusammenzuarbeiten, um die europäischen Bemühungen im Rahmen des Welternährungsprogramms der FAO zu koordinieren, und welche Schritte gedenkt sie hier zu unternehmen, um diese Empfehlung zu verwirklichen? Die Bundesregierung hält es für wichtig und notwendig, die europäischen Programme der Nahrungsmittelhilfe im Rahmen des Welternährungsprogramms zu koordinieren. Das WEP wurde 1963 als gemeinsame Tochterorganisation der Vereinten Nationen und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gegründet; es ist in ,diesen 10 Jahren zu der international maßgebenden Organisation für Nahrungsmittelhilfe an Entwicklungsländer geworden und verfügt über die meisten Erfahrungen auf diesem nicht unproblematischen Sondergebiet der Entwicklungshilfe. Zur Koordination der Nahrungsmittel-Soforthilfe bei Katastrophenfällen haben die Niederlande im Juni 1970 ,dem Zweiten Welternährungskongreß in Den Haag den Vorschlag vorgelegt, eine „Internationale Nahrungsmittelbank" zu errichten. Im Rahmen dieser vom WEP zu verwaltenden „Bank" sollten unter anderem in verschiedenen Teilen der Welt internationale Nahrungsmittelläger als Katastrophenreserven angelegt werden. Diesem Vorschlag stimmte der Regierungsausschuß des Welternährungsprogramms erst dann im Grundsatz zu, als er 1971 in neuer, realistisch reduzierter Gestalt und unter dem neuen Namen „Emergency Food Supply Scheme" (Nahrungsmittel-SofortlieferungsSchema) erneut eingebracht wurde. Er sieht vor: 1. Die Schaffung eines Netzwerks bilateraler Vereinbarungen WEP und Geberländern zum Zwecke einer größeren Beschleunigung von WEP-Nahrungsmittellieferungen in Katastrophenfällen. 2. Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen WEP und anderen internationalen Organisationen, die auch in der Katastrophenhilfe tätig werden (z. B. dem Internationalen Roten Kreuz, dem UN-Hochkommissar für das Flüchtlingswesen, dem UN-Weltkinderhilfswerk, usw.). Im Interesse ,der größtmöglichen Beschleunigung der Lieferungen hat die Bundesregierung dem WEP gegenüber im Januar 1972 ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, in diesem Emergency Food Supply Scheme (EFSS) mitzuarbeiten. Die deutsche Mitwirkung geschieht mit folgenden Maßgaben: — Die Bundesrepublik Deutschland hat dem WEP angeboten, aus ihrem regulären jährlichen Nahrungsmittelbeitrag an das WEP bestimmte Warenarten und -mengen auf Abruf des WEP vorrangig und binnen kürzester Frist zu liefern. — Aus der deutschen Mitarbeit dürfen der Bundesrepublik Deutschland keine zusätzlichen Kosten entstehen. Auch die Schaffung eines zusätzlichen Apparates, über den beim WEP bestehenden hinaus, erscheint der Bundesregierung nicht erforderlich (ist auch nicht vorgesehen). — Weitergehenden Vorschlägen, insbesondere auf Errichtung besonderer Lagerhaltung, kann die Bundesregierung nicht zustimmen, da eine Notwendigkeit hierfür gegenwärtig nicht erkennbar ist. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Rinderspacher (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 24) : Wird die Bundesregierung entsprechend der Empfehlung 668 (1972) der Beratenden Versammlung des Europarats zusammen mit den Regierungen der übrigen Mitgliedsländer in Europa Lebensmittelvorräte anlegen, die Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden, die infolge von großen Katastrophen von Hungersnot bedroht sind, und welche Mittel wird sie hier- für zur Verfügung stellen? Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer organisatorischen und finanziellen Möglichkeiten bereits bisher ihr Möglichstes getan, um die Folgen von Katastrophen, von denen Völker in dieser Welt betroffen wurden, zu lindern. Gerade die jüngsten Erfahrungen auf dem indischen Subkontinent und anderen Teilen der Welt haben erkennen lassen, daß eine schnelle und gut koordinierte Aktion aller Geberländer vielen Menschen das Leben retten und Not lindern kann. Diese Erfahrungen haben für die Bundesrepublik gezeigt, daß es im Augenblick nicht erforderlich ist, spezielle Lagerbestände für den Katastrophenfall aufzubauen. Die Vorräte der öffentlichen Hand an Getreide, Magermilchpulver und Fleischkonserven, ergänzt durch kurzfristig auf dem Markt beschaffbare Produkte wie Kindernahrungsmittel haben sich als voll ausreichend erwiesen. Die Zusammenarbeit zwischen den helfenden Ländern ist jedoch noch verbesserungsbedürftig. Die Bundesregierung hat sich daher aktiv an der Schaffung eines Verteilungsschemas für Nahrungsmittel in Katastrophenfällen beim Welternährungspro- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10921 gramm der Vereinten Nationen und der FAO beteiligt. Sie stellt gewisse Mengen hochwertiger Nahrungsmittel für die sofortige Verschiffung in Katastrophenfällen zur Verfügung. Dies geschieht jedoch unabhängig von den in solchen Fällen durchzuführenden, der jeweiligen Situation anzupassenden bilateralen Direktmaßnahmen der Bundesregierung, die das unmittelbare Überleben der betroffenen Bevölkerung zum Ziele haben. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hermesdorf (Schieiden) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 25) : Teilt die Bundesregierung die Meinung einzelner Entwicklungsländer, daß die Preise für die von ihnen exportierten Agrarprodukte, aus der Sicht dieser Länder gesehen, völlig unzulänglich sind, und was gedenkt die Bundesregierung entsprechend der Empfehlung Nr. 668 der Beratenden Versammlung des Europarats zu unternehmen, um den Entwicklungsländern zu höheren Preisen für ihre Exporte, besonders für die exportierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse, zu verhelfen? Die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung, daß die Preise für die von Entwicklungsländern exportierten Agrargüter im allgemeinen völlig unzulänglich sind; von Fall zu Fall treten allerdings bei schwerwiegenden Marktungleichgewichten ungenügende Erlössituationen auf. Dies sind u. a. auf die in den tropischen Gebieten entstehenden Ernteschwankungen und auf die Wettbewerbseinflüsse von synthetischen Substituten zurückzuführen. Die Stabilisierung der Weltmarktpreise ist ein weltweites Problem; es kann nur in enger internationaler Zusammenarbeit gelöst werden. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in den internationalen Organisationen (WHK, GATT, FAO) aktiv und konstruktiv an den Bemühungen beteiligt, durch internationale Vereinbarungen zu einer Stabilisierung der Weltmarktpreise und zu besseren Exporterlösen für die Entwicklungsländer zu gelangen. Ferner unterstützt die Bundesregierung im Rahmen der Technischen Hilfe durch Studien- und Beratungsprojekte die Bemühungen von Entwicklungsländern, ihre Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen zu verbessern, damit höhere Exporterlöse erzielt werden. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schachtschabel (SPD) (Drucksache VI/3424 Fragen A 26 und 27) : Wann ist mit dem Abschluß der Überprüfung der Zusammenlegung der Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg zu einem großen Kreiswehrersatzamt zu rechnen, und ist bereits abzusehen, ob bei einer Zusammenlegung als Sitz des neuen großen Kreiswehrersatzamts Mannheim oder Heidelberg in Frage kommt? Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des Kultusministers des Landes Baden-Württemberg, daß wegen der gegenwärtig noch ausstehenden Entscheidung über die Zusammenlegung der beiden Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg Unruhe unter der Bevölkerung aufgekommen sei? Die Prüfung, ob die Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg zusammengelegt werden können, wird voraussichtlich in 6-8 Wochen abgeschlossen sein. Es kann daher zur Zeit noch nicht gesagt werden, ob nach einer Zusammenlegung der Ämter der Behördensitz in Mannheim oder in Heidelberg sein wird. Nach Auffassung der Bundesregierung besteht wegen der gegenwärtig noch ausstehenden Entscheidung über die Zusammenlegung der beiden Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg für die Bevölkerung kein Grund zur Beunruhigung. Ich darf darauf hinweisen, daß auch bei der Neuorganisation von Wehrersatzbehörden die publikumsnahe Wahrnehmung der Wehrersatzangelegenheiten sichergestellt wird. Darüber hinaus werden bei solchen Organisationsmaßnahmen die berechtigten Belange der bei den Wehrersatzbehörden Beschäftigten berücksichtigt. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 30) : Sieht die Bundesregierung im Falle der Heraufsetzung der Eintragungsgrenzen von Bußgeldern in der Verkehrssünderkartei Anlaß dafür, auch für das verbotene Parken auf Gehwegen wirksame, mit den Geldbußen in anderen Ländern vergleichbare gebührenpflichtige Verwarnungen einzuführen? Der Deutsche Bundestag hat zwar in seinem Entschließungsantrag in der vergangenen Woche die Überprüfung der im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelsätze angeregt, jedoch nur für „stark verkehrsgefährdende Ordnungswidrigkeiten". Hierzu zählt das verbotene Gehwegparken — so lästig es im Einzelfall sein kann — in der Regel nicht. Die Bundesregierung wird aber im Benehmen mit den Ländern klären, ob eine Anhebung des Verwarnungsgeldes für diese Ordnungswidrigkeiten erfolgen sollte. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 31) : Ist die Bundesregierung bereit, sich beim Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften dafür einzusetzen, daß die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Emissionen von luftverunreinigenden Gasen aus Dieselmotoren von Kraftfahrzeugen auf der Grundlage geeigneter Grenzwerte in Kraft gesetzt werden, um für den Bereich der EWG Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern und für die Bevölkerung, besonders in Ballungsgebieten und Großstädten, durch große Konzentrationen von Abgasen Gesundheitsschäden zu verhindern? 10922 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat am 30. Dezember 1971 dem Rat einen Vorschlag für eine Richtlinie über Maßnahmen gegen die Emission von luftverunreinigenden Gasen aus Dieselmotoren von Kraftfahrzeugen vorgelegt. Der Wortlaut wurde im Amtsblatt der EG Nr. C 26 vom 15. März 1972 veröffentlicht. Vorausgesetzt, daß Bundestag und Bundesrat, denen der Wortlaut am 5. Mai 1972 zugeleitet wurde, sich nicht ablehnend äußern, wird die Bundesrepublik dem Vorschlag zustimmen. Er setzt strengere Maßstäbe als z. B. die z. Z. in den USA geltenden Bestimmungen. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Pieser (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 32 und 33) : Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherige Tätigkeit des „Privaten Bevorschussungsbüros für gezahlte Straßenbenutzungsgebühren" in Berlin, das über 14 Jahre hinweg die Auszahlung der Erstattungsbeträge an die Unternehmer gegen geringe Gebühren durchgeführt und damit der öffentlichen Hand erhebliche Aufwendungen erspart und so wesentlich zur Erleichterung der Abwicklung des lebenswichtigen Güterfernverkehrs von und nach Berlin beigetragen hat? Ist der Bundesregierung bekannt, daß dieses Unternehmen mit 26 Angestellten durch die vorzeitige Inkraftsetzung des Artikels 18 des Transitabkommens unerwartet seine Existenzgrundlage verloren hat, und ist die Bundesregierung bereit, in diesem Fall aus politischen, sozialen und moralischen Gründen, unabhängig von der Rechtslage, dafür einzutreten, daß möglichst schnell ein angemessener Härteausgleich gewährt wird? Die Straßenbenutzungsgebühren wurden von der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr seit dem 2. Mai 1955 zuerst als Darlehn, vom 1. Februar 1959 als Betriebsbeihilfe gezahlt bzw. erstattet. Schwierigkeiten in der Abwicklung dieser Aufgabe hat es auch in der Zeit nicht gegeben, in der ein „Privates Bevorschussungsbüro" nicht bestand. Die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr war zu jeder Zeit, sowohl in personeller als auch in organisatorischer Hinsicht in der Lage, die Auszahlungen zügig abzuwickeln. Eines „Privaten Bevorschussungsbüros" hätte es dazu nicht bedurft. Der Bundesregierung ist bekannt, daß durch die vorzeitige Inkraftsetzung des Artikels 18 des Transitabkommens die Grundlage für das „Private Bevorschussungsbüro" entfallen ist. Sie sieht sich allerdings nicht in der Lage, „aus politischen, sozialen und moralischen Gründen" einen Härteausgleich zu gewähren. Für die Firmengründung und die Tätigkeit des „Privaten Bevorschussungsbüros" waren öffentliche Interessen nicht maßgebend. Auch ohne die Gründung dieses Büros, das ausschließlich auf eigenem Risiko gearbeitet hat, wären Verzögerungen in der Erstattung der Straßenbenutzungsgebühren nicht eingetreten. Ein Anspruch könnte nur dann anerkannt werden, wenn eine Rechtsgrundlage dafür vorhanden wäre; hieran fehlt es aber. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hanz (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 34 und 35) : Welche Gründe haben die Deutsche Bundespost veranlaßt, die Telefonortsnetze Diez, Hahnstätten, Holzappel, Katzenelnbogen, Nenterhausen und Wallmerod, die seit dem 1. Juli 1971 aus dem Fernmeldeamt Koblenz in das von Gießen umgegliedert worden sind, auch künftig aus dem Amtlichen Fernsprechbuch 15 (Rheinland-Pfalz Nord-Ost) in das Amtliche Fernsprechbuch 36 (Hessen-Süd) zu übernehmen? Ist die Bundesregierung bereit, angesichts der verwaltungsmäßigen Zugehörigkeit der genannten Ortsnetze zum Land Rheinland-Pfalz sowie ihrer weitaus überwiegenden wirtschaftlichen Orientierung innerhalb der Landesgrenzen, die bisher geltende und bewährte Regelung beizubehalten? Durch die ständig wachsende Zahl neuer Fernsprechteilnehmer werden die Amtlichen Fernsprechbücher immer umfangreicher. In den letzten Jahren mußten deshalb wiederholt die Geltungsbereiche verschiedener Amtlicher Fernsprechbücher neu aufgeteilt werden, weil Bücher mit einem Umfang von mehr als 1800 Seiten nicht mehr rationell gebunden werden können. Die von Ihnen genannten Ortsnetze gehören zum Knotenvermittlungsstellen-Bereich Limburg. Sie wurden in das Amtliche Fernsprechbuch 36 Hessen-Süd übernommen, weil auf diese Weise alle Teilnehmer des Knotenvermittlungsstellen-Bereichs Limburg in einem Amtlichen Fernsprechbuch zusammengefaßt werden können. Dabei muß noch erwähnt werden, daß die Knotenvermittlungsstellen-Bereiche bei Einführung des Selbstwählferndienstes nicht willkürlich, sondern nach dem Verkehrsfluß der Gesprächsabwicklung gebildet worden sind. Bei der Neuabgrenzung von Geltungsbereichen der Amtlichen Fernsprechbücher kann nicht immer auf die Übereinstimmung mit den Landesgrenzen Rücksicht genommen werden. Die Deutsche Bundespost muß vor allem bestrebt sein, die Geltungsbereiche der Amtlichen Fernsprechbücher mit den fernmeldetechnischen Bereichsgrenzen, die aufgrund der Verkehrsstruktur zustande gekommen sind, in Dekkung zu bringen. Aus vorstehenden Gründen kann von der nunmehr bestehenden Abgrenzung nicht wieder abgegangen werden. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dichgans (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 1) : Was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun, daß die Gemeinden in Gebieten, die unzweifelhaft späterhin zu den unter Baubeschränkung stehenden Fluglärmzonen 1 und 2 gehören werden, jetzt vorweg Bauerlaubnisse in großer Zahl erteilen, unter Berufung darauf, daß diese Lärmzonen wegen des Fehlens der gesetzlichen Vorschriften noch nicht fixiert seien? Ihre Frage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Städtebau und Wohnungs- Deutscher Bundestag 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10923 wesen wie folgt: Die Durchführung des Bundesbaugesetzes obliegt den Ländern bzw. den Gemeinden. Der Bund hat deshalb im allgemeinen keinen Einfluß auf die Aufstellung von Bauleitplänen und auf die Entscheidung über Bauanträge in bauplanerischer Hinsicht. Das Bundesbaugesetz ermöglicht es den zuständigen Landesbehörden, die Aufstellung von Bauleitplänen und die Erteilung von Baugenehmigungen in Gebieten, die von den Lärmschutzbereichen nach den Vorschriften des Gesetzes gegen Fluglärm erfaßt werden, zu verhindern. In Grenzfällen werden die Landesbehörden leichter entscheiden können, wenn die Lärmschutzbereiche nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm durch Verordnung festgesetzt sind. In mehreren Antworten auf mündliche Anfragen habe ich bereits dargelegt, daß den Arbeiten zur Vorbereitung der Festsetzung von Lärmschutzbereichen Vorrang eingeräumt wird. Das für die Berechnung der Lärmschutzzonen notwendige Datenerfassungssystem ist inzwischen von der Göttinger Expertengruppe erarbeitet und am 25. April 1972 zwischen den beteiligten Bundesressorts, den für den Immissionsschutz zuständigen obersten Landesbehörden und den obersten Luftfahrtbehörden der Länder abschließend beraten worden. Der Bundesminister für Verkehr hat die Einholung der zur Festsetzung der Lärmschutzbereiche relevanten Daten für die zivilen Flughäfen übernommen. Die Bundesregierung ist darum bemüht, die Verordnung baldmöglichst in Kraft treten zu lassen. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage B 2): Aus welchen Gründen sieht die Bundesregierung die Tatsache, daß Beamte ohne Rücksicht auf Einkommensgrenzen die Kosten für den Anstaltsaufenthalt eines Angehörigen voll bezahlt bekommen und zusätzlich noch die Steuerpauschale gemäß § 33 EStG in Anspruch nehmen können, während Nichtbeamte insoweit anders behandelt werden, als gerechtfertigt an? Die Vorschrift über die Anstaltsunterbringung ist mit Wirkung vom 1. Oktober 1965 in die Beihilfevorschriften eingefügt worden. Anlaß hierfür war das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Oktober 1965 — VIII C 63.63. In dem Urteil stellte das Gericht fest, die Beihilfevorschriften in der bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung wären dadurch, daß sie die Gewährung einer Beihilfe zu den Kosten der dauernden Unterbringung körperlich oder geistig unheilbarer Kranker in Siechen-, Heil- und Pflegeanstalten nicht vorsähen, der Fürsorge- und Alimentationspflicht nicht gerecht geworden. Der Dienstherr sei verpflichtet, seinen Beamten und deren Familien einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stelle der Dienstherr mit den laufenden Bezügen einen Durchschnittssatz der zu erwartenden Aufwendungen zur Verfügung. Sofern darüber hinaus Aufwendungen entstehen, so wie hier in den Fällen einer dauernden Anstaltsunterbringung, sei eine zusätzliche Hilfe des Dienstherrn notwendig. Die Aufwendungen werden keineswegs voll bezahlt. Zunächst sehen die Beihilfevorschriften nach dem Familienstand gestaffelte Anrechnungsbeträge vor, die monatlich 80 DM bis 120 DM, bei Alleinstehenden 60 v. H. bzw. 80 v. H. der gesamten Dienst- oder Versorgungsbezüge betragen. Sodann sind die über diesen Selbstbehalt hinausgehenden Aufwendungen nur bis zum niedrigsten Satz der für die Unterbringung in Betracht kommenden öffentlichen Krankenanstalt am Ort der Unterbringung beihilfefähig. Zu den dann verbleibenden Aufwendungen wird wiederum eine nach dem Familienstand gestaffelte Beihilfe in Höhe von 60 bis 80 v. H. gezahlt. Die Erfahrung hat gezeigt, daß diese einschränkende Regelung in zahlreichen Fällen eine erhebliche Dauerbelastung zur Folge hat. Damit ist Ihre Annahme, daß neben voller Erstattung durch den Dienstherrn noch die Inanspruchnahme des Kinderfreibetrages nach § 32 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes möglich ist, nicht begründet. Diese Beihilfevorschrift ist im übrigen nicht, wie Sie meinen, Herr Kollege, auf Beamte beschränkt, sondern findet auch auf Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst Anwendung. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 3) : Beabsichtigt die Bundesregierung, im Rahmen der Steuerreform für die Ausbildung hauswirtschaftlicher Lehrlinge Steuererleichterungen vorzusehen? Nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) über die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen (§§ 33, 33 a Abs. 3 EStG) wird die Beschäftigung einer Hausgehilfin unter den dort genannten Voraussetzungen in der Weise begünstigt, daß die Aufwendungen hierfür bis zu 1 200 DM im Kalenderjahr vom Einkommen abgezogen werden. Hausgehilfin in diesem Sinne ist auch ein hauswirtschaftlicher Lehrling; besondere Vorkenntnisse im Haushalt sind nicht erforderlich, damit eine Hausangestellte als Hausgehilfin im Sinne des § 33 a Abs. 3 EStG anerkannt werden kann. Ihre Frage zielt darauf ab, Aufwendungen für die Beschäftigung eines hauswirtschaftlichen Lehrlings über die bezeichneten Vorschriften hinaus allgemein zum Abzug zuzulassen. Eine solche Regelung würde jedoch mit dem Grundsatz des § 12 Ziff. i EStG, wonach Lebenshaltungskosten bei der Ermittlung des Einkommens nicht abgesetzt werden können, im Widerspruch stehen. Denn es kann nicht 10924 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 übersehen werden, daß der Lehrling Arbeitsleistungen erbringt, die die Hausfrau entlasten und ausschließlich den privaten Lebensbereich betreffen. Aufwendungen können aber — soweit in diesem Zusammenhang von Interesse — nur nach Maßgabe der Vorschriften über die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen, d. h. nicht allgemein, sondern nur unter den besonderen Voraussetzungen dieses Rechtsinstituts berücksichtigt werden. Hieran muß auch künftig festgehalten werden, zumal jede Ausnahmeregelung auf diesem Gebiet weitere, nicht absehbare Berufungsfälle zur Folge hätte. Ich kann deshalb eine Änderung der einkommensteuerlichen Vorschriften auch im Rahmen der Steuerreform nicht befürworten. Dabei verkenne ich nicht die Bedeutung, die der Ausbildung hauswirtschaftlicher Lehrlinge zukommt. Ich halte jedoch das Einkommensteuergesetz seiner Natur nach nicht für geeignet, um als Instrument zur Heranbildung von Nachwuchskräften für bestimmte Dienstleistungsberufe ausgebaut zu werden. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 10. Mai 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen B 4 und 5) : In welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung, die früheren Einwohner der DDR zu entschädigen, die in der DDR enteignet wurden und deren Bankkonten gesperrt worden sind? Ist beabsichtigt, die Entschädigungsforderungen dieser Bürger mti den Zahlungen zu verrechnen, die im Rahmen der vertraglichen Abmachungen mit der DDR an die DDR von der Bundesregierung geleistet werden? Vermögensschäden im Gebiet der DDR werden nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz in der Fassung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1897), geändert durch das 23. Änderungsgesetz zum Lastenausgleichsgesetz vom 23. Dezember 1970 (BGBl. I S. 1870), festgestellt und als Zonenschäden nach den Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes in der Fassung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1909), zuletzt geändert durch das 24. Änderungsgesetz zum Lastenausgleichsgesetz vom 22. Februar 1972 (BGBl. I S. 189), wie die Vertreibungsschäden und die Schäden der einheimischen Kriegssachgeschädigten durch eine Hauptentschädigung abgegolten. Zu Ihrer Frage B 5 teile ich Ihnen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen folgendes mit: Eine Verrechnung der Leistungen an geschädigte frühere Bewohner der DDR mit den vertraglich vereinbarten Zahlungen an die DDR ist nicht möglich, weil sie das Gegenteil dessen bewirken müßte, was die Bundesregierung mit den Zahlungen an die DDR anstrebt und schon erreicht hat. Ich darf dies für die beiden Komplexe der Postzahlungen und der Gebührenpauschalierung im Berlin-Verkehr näher erläutern: Die Leistungen an die DDR auf dem Gebiet des Postwesens dienen zum einen zum Ausgleich nachweisbarer Mehrleistungen der Deutschen Post der DDR infolge des größeren Umfangs der Postsendungen aus der Bundesrepublik Deutschland in die DDR. Zum anderen konnten dadurch bedeutende Verbesserungen auf dem Gebiet des Post- und Fernmeldewesens erreicht werden, vor allem die Wiederaufnahme des Telefonverkehrs in Berlin nach einer Unterbrechung von etwa 20 Jahren. Daneben darf ich die wesentliche Vermehrung der Telefonverbindungen zwischen Westdeutschland und der DDR erwähnen, die zu einer spürbaren Reduzierung der früher erheblichen Wartezeiten geführt hat. Außerdem wurde auch die Zahl der Telegramm- und Telexleitungen beträchtlich erhöht. Die Pauschalabgeltung der Gebühren im Berlin-Verkehr seit 1. Januar 1972 hat die bisherige individuelle Gebührenerhebung abgelöst und damit den Verkehr nach und von Berlin bedeutend erleichtert und beschleunigt. Einer Verrechnung stünden damit nicht nur rechtliche Hindernisse entgegen; sie würde auch die erreichten Verbesserungen gefährden. Unabhängig davon muß eine Lösung des Problems der Konten früherer Bewohner der DDR gesucht werden. Dies wird nur durch Vereinbarungen mit der DDR möglich sein. Die Bundesregierung ist nach wie vor bemüht, Verhandlungen hierüber aufzunehmen. Anlage 29 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Strohmayr (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage B 6) : Ist die Bundesregierung bereit, die im Wohnungsgemeinnützig keitsgesetz liegende Diskrepanz zu beseitigen, nach dem be Erwerb von Grundstücken für den sozialen Wohnungsbau Grund erwerbsteuerfreiheit besteht, während beim Grunderwerb zurr Bau von Altenheimen, Altenpflegeheimen und Altenwohnungen von den freien Wohlfahrtsverbänden Grunderwerbsteuer erhoben wird? Ich darf zunächst bemerken, daß sich die Grunderwerbsteuerfreiheit beim Grunderwerb zur Errichtung von Alten- und Pflegeheimen durch Wohlfahrtsverbände nicht nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, sondern nach landesrechtlichen Grunderwerbsteuervorschriften in Verbindung mil der Gemeinnützigkeitsverordnung richtet. Diese Vorschriften stimmen in den verschiedenen Bundesländern nicht ganz überein. In der Regel wird jedoch der Grunderwerb zum Bau von Alten- und Pflegeheimen von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn die Heime in besonderem Maße bedürftigen oder minderbemittelten Personen dienen. Diese Regelung gilt auch für Bayern. Insofern dürfte Ihrem Anliegen schon Rechnung getragen sein. Ob darüber hinaus für die Fälle der Alten- und Pflegeheime Grunderwerbbsteuerbefreiungen gewährt werden können wenn die o. a. Voraussetzungen nicht vorliegen wird erst im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuerreform entschieden werden können. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10925 Anlage 30 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 8. Mai 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hussing (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen B 7 und 8) : Mit welcher Zuwanderungsquote britischer Gastarbeiter in die Bundesrepublik Deutschland rechnet die Bundesregierung in den nächsten Jahren? Mit welcher beruflichen Zusammensetzung rechnet die Bundesregierung bei den britischen Gastarbeitern? Die Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten britischen Arbeitnehmer hat sich von Ende Januar 1970 bis Ende Januar 1972 von 12 349 auf 18 137 erhöht. Mit einem weiteren Anstieg ist zu rechnen, insbesondere wenn am 1. Januar 1973 die Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der erweiterten Gemeinschaft in Kraft treten. Zuverlässige Aussagen über die künftigen Zuwachsraten lassen sich zur Zeit nicht machen. Schätzungen nichtamtlicher Stellen, von denen unterschiedliche Zahlenangaben vorliegen, können deshalb auch nur mit Vorbehalt bewertet werden. Zu Ihrer 2. Frage möchte ich anmerken: Von den Ende Januar 1972 in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten britischen Arbeitnehmern waren 11 288 Männer und 6 849 Frauen. Die männlichen Arbeitnehmer waren hauptsächlich in der Eisen- und Metallindustrie, im Bereich des Handels, im Geld- und Versicherungswesen sowie im verarbeitenden Gewerbe beschäftigt. Schwerpunkt der Beschäftigung weiblicher Arbeitnehmer war der Dienstleistungsbereich. Hinsichtlich der beruflichen Zusammensetzung liegen keine Statistiken vor. Die Nachfrage nach britischen Arbeitnehmern ist vornehmlich auf Fachkräfte gerichtet. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 9) : Nachdem die Bundesregierung auf meine Frage, welche Planungen bei der Bundesregierung in bezug auf die endgültige Verwendung der Kaserne Broitzem (Standort Braunschweig) bestünden, im Jahre 1969 antwortete, daß die endgültige Verwendung im Rahmen der neuen Heeresplanung überprüft werde, frage ich, ob damit zu rechnen ist, daß die von der Panzergrenadierbrigade 2 dem Bundesministerium unterbreitete Vorstellung, daß die Nutzung der Kaserne auf Grund der Maßnahmen des Weißbuchs auf infrastrukturellem Gebiet im Standort Braunschweig erfolgen soll, realisiert wird? Ihre Frage nach der zukünftigen Nutzung der Kaserne Broitzem im Standort Braunschweig beantworte ich wie folgt: Die Kaserne Broitzem ist nach wie vor in der Stationierungsplanung des Heeres für die Unterbringung von Truppen des Feldheeres vorgesehen. Es ist beabsichtigt, die Kaserne auszubauen, um hierdurch — die Unterbringung der Soldaten im Standort Braunschweig entsprechend den Forderungen des Weißbuches zu verbessern, und — Stationierungsprobleme im Großraum Hannover, die sich als Folgen der neuen Heeresstruktur und im Zusammenhang mit der Umstellung auf die 15monatige Wehrdienstzeit sowie der Erweiterung der HOS I ergeben haben, zu lösen. Die Infrastrukturuntersuchungen- und -planungen sind eingeleitet. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Rock (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen B 10 und 11) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, die 5-t-Klassen im EGT aufzuheben, und daß mit dieser Maßnahme die Betriebe der am Rande der EWG liegenden Gebiete besonders hart getroffen werden? Ist die Bundesregierung bereit, unter Berücksichtigung dieser Tatsache die sich kostenverteuernden Maßnahmen von der Landmaschinenindustrie fernzuhalten und damit gleichzeitig einen Beitrag dazu zu leisten, daß zusätzliche Kostensteigerungen von der Landwirtschaft ferngehalten und die zwangsläufig damit verbundenen Schwierigkeiten für Betriebe und Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet vermieden werden? Der Bundesregierung waren die Pläne der Deutschen Bundesbahn, die 5-t-Klasse im Eisenbahngütertarif gänzlich aufzuheben, bekannt. Nach den neuesten Beratungen hierüber ist jedoch nur mit einem wesentlich gemilderten Antrag zu rechnen. Ich kann aber zu der Frage der Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Betriebe der am Rande der EWG liegenden Gebiete, auf die Landmaschinenindustrie und damit auf die Landwirtschaft im Augenblick leider noch keine konkrete Antwort geben. Anlage 33 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen B 12 und 13) : Hält das Bundesministerium für Verkehr an seiner Absicht fest, im Zuge der A 76 im Bereich Hermeskeil sowohl eine Anschlußstelle an die B 407 (Schurkopf) als auch einen Anschluß an die L 147 zu errichten? Für welchen Zeitpunkt kann mit dem Bau der beiden Anschlußstellen gerechnet werden? Zu Frage 12 Im Zuge der Bundesautobahn-Neubaustrecke Trier—Pirmasens—Karlsruhe (A 76) sind im Bereich Hermeskeil Anschlußstellen an der B 407 (Hermeskeil-Nord) und an der L 147 (Hermeskeil-West) vorgesehen. 10926 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Zu Frage 13 Die Anschlußstelle an der B 407 wird mit dem südlich anschließenden Streckenabschnitt voraussichtlich im Jahre 1975 für den Verkehr freigegeben werden. Der Bau der Anschlußstelle an der L 147 wird vorerst zurückgestellt, da Hermeskeil zunächst über die Anschlußstellen an der B 407 und an der B 327 (Nonnenweiler) ausreichend an die A 76 angebunden werden wird. Beim Bau der Bundesautobahn werden jedoch die für einen späteren Bau der Anschlußstelle an der L 147 erforderlichen Voraussetzungen geschaffen. Anlage 34 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (FDP) (Drucksache VI/3424 Frage B 14) : Welche Konsequenzen bezüglich des rascheren Ausbaus der Autobahn Ulm—Füssen gedenkt die Bundesregierung aus dem Ergebnis der Besprechung zwischen dem Tiroler Landeshauptmann Wallnöfer und dem Mailänder Regionalpräsidenten Bassetti zu ziehen, in der gemeinsam der Autobahn Ulm—FüssenReschenpaß—Mailand die erste Priorität bezüglich einer auszubauenden Nord-Süd-Verbindung vor dem Alemania-Projekt (Venedig—München) und dem Splügen-Vorhaben eingeräumt wird? Das Ergebnis der genannten Besprechung ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die Autobahn Ulm—Füssen-Fernpaß—Reschenpaß- Mailand ist auf deutscher Seite von Ulm über Memmingen und Kempten bis nach Oy in die 1. Dringlichkeit des Bedarfsplanes eingestuft worden. Die kurze Teilstrecke von Oy bis zum Grenzübergang bei Füssen hat die 3. Dringlichkeit erhalten. Der Termin zum Bau der Teilstrecke Kempten—Füssen wird mit der anschließenden österreichischen Strecke Grenzübergang Füssen—Fernpaß—Reschenpaß abgestimmt. Hierzu finden regelmäßige Kontakte zwischen den Fachbeamten beider Länder statt. Die Bundesregierung ist bei der Aufstellung des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen nicht von einer Autobahnverbindung München—Kufstein—Bruneck—Venedig ausgegangen. Eine solche Verbindung würde im übrigen auf österreichischem Gebiet von der Bundesautobahn München—Kufstein—Innsbruck abzweigen und läge daher in der Zuständigkeit der Republik Österreich und der Republik Italien. Auch das Splügen-Projekt (Schweiz) liegt nicht in der Zuständigkeit der Bundesrepublik. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 15) : Bis wann ist mit der Fertigstellung der Ortsumgehung der B 12 in Haag (Oberbayern) zu rechnen, nachdem der Baubeginn schon um mehrere Jahre verzögert wurde? Die Verlegung der B 12 bei Haag/Oberbayern sollte gegen Ende des 1. Fünfjahresplanes (1971 bis 1975) begonnen werden. Ob dies jedoch möglich ist, läßt sich z. Z. bei dem begrenzten Finanzvolumen für die Bundesfernstraßen und den hohen Kosten des Projektes (rd. 9,3 Millionen DM) noch nicht endgültig übersehen. Anlage 36 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 16) : Sind die Planungen für den Neubau der Bahnhofsgebäude in Mühldorf (Oberbayern) und in Burghausen (Oberbayern) bereits abgeschlossen, und bis wann ist mit dem Beginn der Bauarbeiten zu rechnen? Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilte, sind die Planungen für den Neubau der Bahnhofsgebäude in Mühldorf (Obb.) und Burghausen (Obb.) noch nicht endgültig abgeschlossen; die Bundesbahndirektion München ist aber angewiesen, die überarbeiteten Pläne bis spätestens Mitte nächsten Jahres der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn vorzulegen. Nach der Investitionsplanung der Deutschen Bundesbahn ist vorgesehen, in Burghausen im Jahre 1974 und in Mühldorf im Jahre 1975 mit den Bauarbeiten zu beginnen. Anlage 37 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 17) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die durch Zusammenlegung von Zustellpostämtern in Großstädten, z. B. in München, insbesondere für die berufstätigen Postkunden entstehenden Belastungen zu vermeiden, die durch die größeren Entfernungen, z. B. bei der Abholung von Sendungen, entstehen? Aus betriebsorganisatorischen und wirtschaftlichen Gründen zentralisiert die Deutsche Bundespost den Zustelldienst in den Großstädten. Diese langfristig angelegte Rationalisierungsmaßnahme führt grundsätzlich nicht zu einer Benachteiligung der Postkunden. Die Zustellung wird weiterhin innerhalb der vorgegebenen Zeit ausgeführt, Verschiebungen in der Gangordnung für die einzelnen Zustellbezirke gleichen sich aus. Wenn der Empfänger selbst nicht angetroffen wird, erleichtern die recht weitgehenden Vorschriften über die Ersatzzustellung und die Postvollmacht die Aushändigung auch der nachzuweisenden Sendungen. Bei sehr ausgedehnten Zustellbereichen ist darüber hinaus zur Vermeidung unangemessener Härten die Möglichkeit vorgesehen, daß Briefsendungen, für die dem abwesenden Empfänger nur eine Benachrichtigung hinterlassen werden kann, bei Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10927 einem nähergelegenen Postamt ohne Zustelldienst abgeholt werden dürfen. Im Paketdienst kann der Empfänger nach einem erfolglosen Zustellversuch auf der Benachrichtigungskarte vermerken, an welchem Tage ihm die Sendung nochmals zugeführt werden soll. Der Postkunde braucht also das Paketzustellamt gar nicht aufzusuchen, um in den Besitz einer Sendung zu kommen. Dieses Verfahren hat sich in der Praxis gut bewährt. Nach den bisherigen Erfahrungen können die vorgenannten Regelungen, die auch die besonderen Belange der Berufstätigen gebührend berücksichtigen, als ausreichend angesehen werden. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 18) : Ist die Bundesregierung bereit, gemäß einem Vorschlag der französischen Regierung für die EWG ein Bildungszentrum zu schaffen, um nicht nur zu einer Zusammenarbeit der Universitäten und aller Institutionen des Bildungswesens zu kommen, sondern auch um den Wissensstoff zu fixieren, der für die Erreichung und Anerkennung von Staatsprüfungen, Diplomen und Berechtigungsnachweisen für erforderlich gehalten wird? Der Rat und die Konferenz der Bildungsminister der Europäischen Gemeinschaft haben in ihrer ersten Sitzung am 16. November 1971 festgestellt, daß über die in den Gemeinschaftsverträgen vorgesehenen Aktivitäten hinaus eine erweiterte Zusammenarbeit im Bildungswesen geschaffen werden muß. Eine Sachverständigengruppe wurde beauftragt, den französischen Vorschlag zur Schaffung eines Europäischen Entwicklungszentrums für das Bildungswesen zu prüfen und gegebenenfalls Vorschläge hinsichtlich anderer Mittel zur Verwirklichung einer aktiven Zusammenarbeit im Bildungswesen vorzulegen. Diese Gruppe prüft gegenwärtig entsprechend ihrem Mandat und anhand der französischen Vorschläge, welche Aufgaben einem solchen Zentrum übertragen werden könnten. Dabei wird sie zugleich prüfen, ob zur Erfüllung solcher im einzelnen noch zu präzisierender Aufgaben überhaupt eine neue Einrichtung im Rahmen der Gemeinschaft 'geschaffen werden muß oder inwieweit auf die Hilfe und die Erfahrung bestehender nationaler oder internationaler Gremien zurückgegriffen werden kann. Die Bundesregierung hat mehrfach ihre Bereit" schaft bekundet, diese Fragen konstruktiv zu prüfen. Ich darf insoweit vor allem auch auf die Antwort der Bundesregierung vom 23. Dezember 1971 (Drucksache VI/2990) auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Europäische Kultur- und Bildungspolitik Bezug nehmen. Die Aufgaben der bildungspolitischen Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften müssen in den Verhandlungen mit unseren Partnern noch im einzelnen konkretisiert werden. Es erscheint jedoch sicher, daß die Fragen der Mobilität, zu denen auch der Problembereich ,der gegenseitigen Anerkennung von Prüfungen, Diplomen und Berechtigungsnachweisen gehört, mit an erster Stelle ,des Interesses stehen werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren, es ist interfraktionell eine zweistündige Mittagspause vereinbart. Ich darf folgendes bekanntgeben: Die Fraktion der CDU/CSU hat eine Sitzung um 14 Uhr, die Fraktion der SPD um 14.30 Uhr, die Fraktion der FDP um 15 Uhr.
    Ich unterbreche die Sitzung bis 15.30 Uhr.

    (Unterbrechung der Sitzung von 13.26 Uhr bis 15.29 Uhr.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Barzel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist, wie wir glauben — und zwar für keinen im Hause —, weder ein Tag des Triumphes noch ist dies ein Tag der Trauer. Ein Tag des Triumphes wird in diesem Hause erst sein, wenn das deutsche Volk im Einklang mit den Interessen seiner Nachbarn in Freiheit selbst bestimmen kann, wie es leben will.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ein Tag der Trauer wäre dies, wenn wir etwa aus Gründen anderer oder aus Gründen, die wir selbst erfinden oder uns solange einreden, bis wir sie glauben, die Freiheit über unser eigenes Handeln verloren hätten und gezwungen wären, ein Ja zu sagen zu Entwicklungen, die unseren Überzeugungen und Interessen zutiefst zuwiderlaufen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ist nicht so. Dies ist ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat, der Mitglied eines wirksamen Bündnisses ist, in dem jeder, insbesondere der Parlamentarier, das Vorrecht genießt, nach sorgfältiger Prüfung ja oder nein zu sagen. Das ist hier die Lage.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dies sollte — ich sage das trotz einiger Passagen der Rede des Herrn Bundeskanzlers — ein Tag der Nüchternheit, des Maßes und der Einsicht sein. Nüchternheit ist am Platz, weil wir uns alle etwas vormachen würden, wenn einer unter uns glaubte — und er müßte dann blind sein —, nicht in den Abgrund der möglichen Agonie des demokratischen Kräftespiels geschaut zu haben.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.) Das haben wir wohl alle gemacht.

    Das eine Gebot des demokratischen Umgangs ist das der Parteilichkeit. Daran ist nichts Unehrenhaftes. Das andere aber, das wir allen Diktaturen voraus haben und das insbesondere der Kunst der Verantwortlichen anvertraut ist, ist die notwendige, gleichzeitige, gemeinsame Überzeugung von gemeinsamen Pflichten und Interessen. Es ist ein Kunststück, das zu zeigen, zu beweisen und durchzuhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dies ist, wie ich sagte, ein Tag des Maßes, weil uns, wie ich denke, in diesem Hause nach dem Ringen all der Tage klargeworden ist, wie weit hier jeder gehen kann, was er durchsetzen kann und was nicht, daß niemand über den Raum hinaus, den ihm die Verfassung zu politischem Handeln gibt, Einfluß nehmen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Dr. Barzel
    Dies mag jeder im Sinne eigener Vorstellungen und Wünsche, Überlegungen und Vorhaben, des eigenen politischen Wollens bedauern, aber dies ist die Wirklichkeit unserer demokratischen Verfassung. Und ich füge hinzu: Ich glaube, je mehr Erfahrungen wir mit solchen Dingen sammeln, desto mehr erkennen wir doch die Weisheit unseres Grundgesetzes, das eben Machtausübung ebenso wie Einfluß zu teilen vermag. Und in der Lage sind wir, wie heute morgen gesehen worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Hier kann keiner mit dem Kopf durch die Wand, und wer das heute abend versuchen will, — —

    (Abg. Ollesch: Bumm!)

    — Ja, bumm! Genau das ist es, und ich brauche es nicht zu erklären. Der Kopf ist nicht so stark wie die Wand, es sei denn, es handelt sich um eine Gummizelle.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dies ist, meine Damen und Herren, ein Tag der Einsicht, weil, wie jeder gesehen hat, es nur eine gewisse Bandbreite für jeden von uns gibt. Deshalb meine ich — jetzt gucke ich einmal besonders die Kollegen auf der Regierungsbank und in den vorderen Sitzen der Fraktionen an —: Wir müssen ja nun sehen, was wir eigentlich aus dieser Lage machen. Das ist eine schwere Sache, eine schwere Entscheidung. Eine besondere Konstellation ist eingetreten. Das gebietet doch eigentlich, innezuhalten und die eigenen Positionen zu prüfen.
    Davon hätten wir gern etwas mehr gehört, Herr Bundeskanzler; denn der zweite Teil Ihrer Rede war ja wohl für jeden Fall aufgeschrieben und hatte die reale Lage in diesem Hause, von der in den Verträgen die Rede ist, mindestens außer acht gelassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich bin froh, daß in diesem Hause niemand mehr bestreitet, daß wir uns, die Union, nicht erst jetzt, sondern schon vorgestern unter den vorigen Kanzlern Adenauer, Erhard und Kiesinger um Frieden und Ausgleich mit Ernst und Seriosität bemüht haben. Vielleicht haben nicht alle in diesem Hause, die schon hier waren, als die Jaksch-Resolution gemacht wurde, vergessen, was eigentlich dazu gehörte, diese mutigen er st en Schritte zu machen.

    (Abg. Frau Griesinger: Sehr gut!)

    Das ist meistens ein bißchen schwieriger als etwas anderes. Deshalb, so glaube ich, sollten wir hier ruhig auch unseren Kollegen Schröder nennen, weil er daran wie die anderen Bundeskanzler besonderen Anteil hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, in diesem Hause sind, worüber ich mich freue, noch sehr viele, die in den Legislaturperioden der fünfziger Jahre hier waren. Auf jeden Fall sind es. zu viele, als daß hier eine Mehrheit nicht wissen könnte, mit welchem Ernst, welcher Festigkeit und welchem Erfolg Konrad Adenauer 1955 nach Moskau ging und dann mit welcher Sorge, welcher Gewissenhaftigkeit er in den Jahren von 1958 bis 1962 — wie später seine Nachfolger — Wege zu unserem großen Nachbarn im Osten suchte. Der Bundeskanzler selbst hat hier vor dem Hause doch seinen Respekt vor seinen Vorgängern bekundet, nachdem er alle vertraulichen Akten kenne. Also nehmen wir das mal weg: daß Friedenspolitik erst am 29. Oktober 1969 begonnen habe!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich meine, Friedenspolitik muß auch bedenken — jetzt appelliere ich an die Kollegen, die sich auch an die erste Hälfte der fünfziger Jahre erinnern —, daß es damals doch Situationen gab, wo die Kraft des Bündnisses nachzulassen drohte und die Friedenspolitik darin bestand, dies zu überwinden und das Bündnis eng zusammenzuhalten. Walter Hallstein könnte Ihnen eine ganze Vorlesungsreihe darüber halten; er ist ein Zeuge dieser Entwicklung.

    (Zuruf von der SPD: Das soll er doch machen!)

    — Bitte? — Das war, glaube ich, nicht ernst zu nehmen.
    Das, meine Damen und Herren, sind doch unvergessene Beiträge für den Frieden und für die Menschenrechte hier. Warum sage ich dies? Weil hier zwischen den Zeilen doch wieder etwas von der Oberflächlichkeit, Geschichtslosigkeit und Erinnerungsschwäche von Leuten wie Wieland Deutsch zu hören war, als ob wir jemals den Menschen in Deutschland hinsichtlich der Chance der deutschen Einheit Sand in die Augen gestreut hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es heißt doch einfach blind sein wollen, wenn man übersieht, was es heißt, daß dieses Volk, seine Heimatvertriebenen und Flüchtlinge eingeschlossen, trotz der extremen nationalen Lage nicht dem Radikalismus verfallen ist. Dies war doch ein Beitrag zum Frieden, weil eben innerer und äußerer Frieden nicht zu trennen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es war ein wesentlicher Beitrag zum Frieden, die deutsche Politik allein europäisch anzulegen.
    Deshalb ist es, wie ich finde, doch eigentlich arrogant, wenn Leute sagen, unser Volk sei so dumm oder jemand mache es so dumm oder versuche, es für so dumm zu verkaufen, daß man ihm sagen könne, die Wiedervereinigung liege hinter der nächsten Straßenbiegung. Ich kenne keinen Politiker der Union, der dies je gesagt hätte.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Nein, dazu bedarf dieses Volk dieser Regierung und ihrer in dieser Frage bestimmt falschen Aufklärungspolitik nicht.
    Herr Bundeskanzler, Sie haben mich in einer etwas hitzigen Debatte an Konrad Adenauer erinnert. Sie haben gesagt: „Da sitzen Sie nun auf dem Stuhl, den er früher als Vorsitzender innehatte. Wie verwalten Sie das Erbe? Daraus ist doch etwas ganz anderes geworden." Das tat weh. Ich nehme nicht

    Dr. Barzel
    an, daß es das sollte. Er hat jenen Grundsatz geprägt — ich spreche deshalb so lange von ihm, um darzutun, was hier eigentlich los ist —, der auch für die heutige Politik gelten muß: Für uns steht nicht das Nationale, sondern das Menschliche an erster Stelle. Wir sind bereit, über vieles mit uns reden zu lassen, wenn unser Volk selbst bestimmen kann, wie es während der Teilung lebt. Fragen Sie doch einmal unser Volk. Ich bin gerne bereit, die Stimmen der Opposition im Haushaltsausschuß für so eine Meinungsumfrage zur Verfügung zu stellen. Ich habe den Kollegen Leicht jetzt zwar nicht gefragt, aber ich glaube, er wird mir erlauben, diese Erklärung abzugeben.

    (Abg. Rösing: Das ist richtig!)

    Fragen Sie einmal unser Volk, ob es Adenauer für einen Nationalisten oder für einen großen Realisten hält. Fragen Sie doch einmal, wer heute in diesem Volk und in der freien Welt Konrad Adenauer in einem Test hinsichtlich seines Freiheits- und Friedenswillens übertrifft. Das muß hier doch einmal gesagt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD.)

    — Meine Damen und Herren, Sie müssen mir doch erlauben, das zu sagen. Sie verstehen: Der Bundeskanzler hält hier heute die dritte Rede, in der er sagt: ... und dann Bismarck! und dann Adenauer!
    Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen — und jeder darf dann dreimal denken. Dazu werden wir dann doch etwas sagen dürfen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir an dem Grundsatz der deutschen Einheit und am Recht der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts festhalten, so doch deshalb, weil wir wissen — und dies ist ein ernstes Argument für uns, für die jungen Menschen und für unsere Nachbarn in allen Himmelsrichtungen —, daß dieses Volk — wie oft hat es der Bundeskanzler Kiesinger von dieser Stelle aus amtlich gesagt! — nicht gesund bleiben kann und bleiben wird, wenn man ihm die Hoffnung nimmt, eines Tages so leben zu können, wie es das zusammen will. Das ist doch ein wichtiger Punkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, wir kennen natürlich die komplexe Interessenlage in Europa und in der Welt. Uns braucht keiner zu sagen, wo wir geographisch und machtpolitisch liegen. Das braucht uns keiner zu erzählen. Uns braucht keiner etwas von den Bedingungen des Atomzeitalters zu erzählen. Kein Mensch! Das kennen wir alles. Wir kennen die Machtlage. Meine Damen und Herren, das Ziel muß doch aber dasselbe bleiben! Oder haben wir nicht mehr die Courage und die Geduld, an dem Ziel festzuhalten, das wir gehabt haben, als es uns ökonomisch und sozial nicht so gut ging wie jetzt? Haben wir die Kraft nicht mehr? Unser Ziel ist eine ausgehandelte Lösung, die die Beseitigung der Ursachen der Spannung und der Gefahr zur Voraussetzung hat. Voraussetzung dafür ist doch aber, daß wir jetzt nicht den Weg für diese Lösung verbauen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Deshalb, Herr Bundeskanzler — das sage ich auch den Kollegen und allen anderen, die zuhören; im konkreten Teil werde ich nachher noch näher darauf eingehen —, ist es, wenn wir jetzt um Begriffe wie „offenhalten" oder „zumindest nicht präjudizieren" ringen, doch kein Streit von Rechtsgelehrten oder von Pädagogen. Dahinter stehen doch die Fragen: Halten wir dies offen für die Zukunft? Tun wir jetzt das, was wir cien Nachkommen in dieser Frage schuldig sind? Das ist eine der Fragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Deshalb ist es eben erforderlich, den Charakter der Übergangsregelung, des Modus vivendi, des Vorläufigen, des Beschreibens und nicht des Festschreibens unmißverständlich zu machen. Wenn das nicht klar ist, wenn das im Zwielicht ist, wenn dies nicht zweifelsfrei ist, kann doch dieses auf das Selbstbestimmungsrecht verpflichtete Haus zu einer Entwicklung nicht ja sagen. Nach den Vorgängen seit gestern nachmittag bedarf es z. B. dieser zusätzlichen Klarheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich weiß, nun werden viele kommen und sagen: Da redet der also über Grundsätze, und das ist ja auch alles gut und schön. Warum tut er das? Meine Damen und Herren, ich möchte Sie an eines erinnern, und zwar deshalb, weil sich manche — ich räume ein: mit einem gewissen Recht; ich werde dieses gewisse Recht präzisieren — des Berlin-Abkommens wegen besonders loben. Wer dies heute tut, darf eines nicht vergessen. 1958 gab es das Ultimatum gegen Berlin; der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin erinnert sich daran ganz genau. Was gab es damals von verschiedenen Seiten, auch aus Berlin, auch natürlich in Kreisen der Westmächte, alles für Pläne. Es gab alle möglichen Pläne, bis zum Sonderstatus und bis zur ideologischen Neutralisierung. Das haben wir doch alles in Erinnerung.

    (Abg. Mattick: Einund Ausreisegesetz von Herrn Schröder!)

    — Lassen Sie mich das ganz ruhig sagen, weil Sie mir nämlich in einem zustimmen; denn damals haben Sie ja mit an der richtigen Front gekämpft.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    — Nein, verzeihen Sie, ich war an einem Punkt angelangt und wollte einen anderen Satz sagen.

    (Abg. Wehner: Das braucht man nicht zu kommentieren, wenn man so redet! — Abg. Dr. Apel: So kann man auch miteinander umgehen!)

    Herr Kollege Mattick, darf ich folgendes sagen. Ich habe das so gemeint — —

    (Abg. Wehner: Wie es rauskam! — Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Wenn der Wehner immer alles so meinte, wie er es sagt!)

    — Herr Kollege Wehner, ich wünschte, Sie täten, wenn Sie uns hier laut ansprechen, einmal das, was ich jetzt tue.

    (Abg. Leicht: Sehr gut!)




    Dr. Barzel
    Ich habe in dieser Lage, in der wir alle hart arbeiten — ich komme darauf zurück —, natürlich nur eine Punktation. Auf einen Zuruf des Kollegen Mattick habe ich gesagt: damals haben wir zusammengewirkt. Dies wollte ich sagen und gar nichts anderes.
    Jetzt möchte ich folgendes sagen: Wir haben doch etwas erreicht. Wir haben damals zusammen mit der Bundesregierung und allen anderen einen kühlen Kopf und die Nerven behalten und gesagt. Alle diese zu billigen Angebote machen wir nicht. Dann hat man sich eine Zeitlang von den verschiedensten Seiten beschimpfen lassen müssen: Kalte Krieger, keine Realisten, das ist doch nicht zu machen! Das hat man damals durchgehalten. Das heißt, die Verteidigung von Grundsätzen — deshalb bringe ich dies, und das sollte keinem weh tun — zum richtigen Zeitpunkt ermöglicht die bessere Lösung zum richtigen Zeitpunkt. Das ist der Grund, und hier sollte sich niemand beschwert fühlen, selbst nicht der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschland.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist also nicht so, als wäre das Festhalten an Grundsätzen und an Rechtspositionen ein Ladenhüter, sondern das ist sehr oft, vor allem im geschichtlichen Prozeß, die Voraussetzung dafür, daß es zu einem späteren Zeitpunkt bessere Lösungen gibt. Ich betone hier: Das Berlin-Abkommen, an dem wir manches zu kritisieren haben, ist natürlich besser als das, was 1958 von manchen ins Gespräch gebracht wurde. Jetzt, glaube ich, ist es nun wirklich klar, und jetzt kann sich nur noch aufregen, wer sich aufregen will. Ich will mich hier nicht aufregen.
    Was den internationalen Zeitplan betrifft — damit leite ich zu den aktuellen Dingen über —, so muß ich doch sagen, Herr Bundeskanzler, daß sich Ihre Regierung dieses Arguments etwas willkürlich bedient.

    (Abg. Leicht: Sehr gut!)

    Ich sage sehr vorsichtig: etwas willkürlich bedient. Ich komme in anderem Zusammenhang auf diesen Punkt zurück. Ich teile völlig das, was Sie vorhin mit sehr ernstem Gesicht, weil es dazu allen Anlaß gibt, über den Ernst der internationalen Lage mit dem Blick auf Vietnam gesagt haben. Daß das ein zsuätzliches Argument für Nüchternheit und Besonnenheit ist, haben wir wohl alle in diesem Hause begriffen.
    Es war aber ein Schlaglicht auf die internationale Lage, daß die plötzliche Rückkehr des amerikanischen Außenministers passierte. Wenn der wichtigste Termin, den es überhaupt gebe, nun die Verabschiedung und die Beschlußfassung über das Vertragswerk hier wäre — und so wird es doch dargetan —, hätte er sich doch mindestens die fünf Stunden genommen, um mit der Regierung und mit dieser Opposition die neueste Lage zu erörtern.
    Ich will da gar nicht weitergehen. Aber Sie sollten die internationale Lage nicht so willkürlich interpretieren. Auch was die Zustimmung oder die Nichtzustimmung anderer Regierungen betrifft, so haben Sie sich, Herr Bundeskanzler, hier heute mit sehr starken Worten bewegt. Ich möchte Ihnen dazu nur sagen: Sie haben sicherlich nicht überhört, was der amerikanische Außenminister dazu gesagt hat, nämlich einen einzigen Satz: Dies ist eine deutsche Sache. Und deshalb wollen wir sie hier auch unter uns abmachen und nicht mit Argumenten anderer.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, ich möchte noch hinzufügen, daß der Zeitdruck, der hier hergestellt wird, auf den ich auch im einzelnen eingehen werde, doch deutlich macht — das zu sagen müssen Sie mir schon erlauben —, daß auf seiten der Koalition — Sie werden uns ja sicherlich auch noch etwas ins Stammbuch schreiben — die Zeit des Erfahrungssammelns hinsichtlich der wirklichen parlamentarischen Lage vielleicht doch noch nicht ganz gelangt hat. Denn hier ist eine Situation, wie wir sie heute morgen gesehen haben. Wer trotzdem in dieser ungeklärten parlamentarischen Situation

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    ein Vertragswerk, das einen so großen Rang hat, wie die Regierung behauptet,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unverantwortlich!)

    heute hier auf jeden Fall zur Abstimmung bringen will,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    der handelt nicht nur unverantwortlich hinsichtlich seiner eigenen Einlassung und den Partnern gegenüber; sondern ich füge eines hinzu: dies würde ich auch für unverantwortlich halten im Blick auf den inneren Frieden in der Bundesrepublik Deutschland. Dazu sage ich nachher noch ein paar Sätze.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie, Herr Bundeskanzler, haben in einer vorsichtigen Form, die ich verstehe und die bei der Lage angemessen ist, den Beitrag der Opposition zu den Berlin-Abkommen und zu den anderen Fragen gewürdigt. Das war ein Ton, der, glaube ich, zu dieser Debatte paßte. Ich finde, das muß man auch anerkennen. Aber da möchte ich doch hinzufügen — und dies ist, glaube ich, denen, die es vorher nicht glaubten, in den letzten Tagen deutlich geworden —: Wir haben hier das „so nicht" nicht als einen Vorwand gesagt, sondern wir haben das gemeint. Das war eine Alternative. Und dann haben wir immer gesagt: keiner fragt uns: „Wie denn?". Wir haben das grundsätzlich formuliert. Ich glaube, es kann nun niemand mehr sagen, daß wir die Frage „wie denn?" nicht beantwortet hätten — vielleicht allerdings noch nicht sichtbar genug für das ganze Haus, weil wir ja noch nicht zum Ende gekommen sind. Aber ich weiß nicht, ob wir zum Ende gekommen sind; das muß der Bundeskanzler wissen.
    Nun konkret und sehr präzise zu der aktuellen Lage, zunächst in drei Punkten zum Zeitfaktor. Weil es, glaube ich, wichtig ist, im ganzen Hause möglichst viel Klarheit und wechselseitige Information zu geben, benutze ich gern diese Gelegenheit, beim Zeitfaktor von folgendem auszugehen. Unter uns gab es nach der Freitag-Rede des Bundeskanzlers eine Überlegung, ob wir sagen sollten: na, dieser Versuch, etwas Gemeinsames herzustellen, ist doch also



    Dr. Barzel
    nur glaubhaft, wenn die Regierung vorher erklärt, wir stehen nicht unter Zeitdruck, wenn sie also nicht die ganze Zeitplanung vorwegnimmt. Das war die eine Überlegung.
    Die andere Überlegung, die sich schließlich durchgesetzt hat, war die, zu sagen: nein, versuchen wir, zunächst festzustellen, ob es in zentralen Punkten eine Chance gibt, einander näherzukommen. — Das haben wir dann versucht, freilich in der Hoffnung, daß dann, wenn das Gefühl, man könne sich näherkommen, da sei, im selben Ausmaß der Zeitdruck etwas weniger wichtig würde.
    Nun, Herr Bundeskanzler, Sie haben hier in einer vorsichtigen Form Ihre Eindrücke und Wertungen von dem bisherigen Gang dargetan. Es war interessant, wie Sie das werteten. Aber dann können Sie unmöglich hier zugleich diesen Zeitdruck hinsichtlich der Abstimmung heute aufrechterhalten. Das beides zugleich geht auf gar keinen Fall!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es entstand dann immer mehr Hektik mit der wachsenden Gefahr, daß hier Flüchtiges und deshalb Unsolides und deshalb Unverantwortbares entstehen könnte. Ich glaube, dies wäre bei diesem Anlaß besonders unverantwortlich. Auch dieses Parlament sollte, wie das sonst in Deutschland üblich ist, solide Arbeit zu leisten sich bemühen.
    Diese Gefahr wuchs gestern so an, daß wir heute — und so mußten wir uns gestern entschließen — nur darum baten, angemessene Zeit zu gewähren. Ich will einmal versuchen, dies den Kollegen hier zu erklären, weil ich weiß, daß bei Ihnen manche glauben, wenn wir sagten „Zeit", meinten wir ganz etwas anderes. Gehen Sie mal davon aus, daß sich die Führungen hier im Hause davon überzeugt haben, daß in dieser Lage mit Vorwänden nichts zu wollen ist. Wenn wir sagen „Zeit", meinen wir: Wir wollen wirklich alles ausloten, um hier etwas erreichen zu können. Das ist der Punkt, und das meinen wir dann auch, und sonst meinen wir damit überhaupt gar nichts. Sonst hätten wir das als Vorbedingung gestellt.
    Sehen Sie, ich hatte meiner Fraktion gesagt — die Fraktion hat das gewünscht —, daß wir einen ganzen Tag für die Entscheidung brauchen, und so wie das bei uns ist, wünscht dann die Fraktion — ich erzähle das hier —, daß der Vorsitzende dabei ist; mit Recht. Dieser ganze Tag, den wir uns nehmen wollten, verlief so, daß wir uns morgens um andere Sachen kümmern mußten, die mit dem Bemühen zusammenhingen, zusammenzukommen, daß wir uns sogar aufteilen mußten. Die eine Abteilung, Redaktion, machten die Kollegen Strauß und Marx, die andere Abteilung machten Stücklen und ich. Da waren wir ganz verteilt und mußten deshalb der Fraktion Zeit wegnehmen. Dann gab es das Gespräch mit dem Botschafter Falin; das nahm uns zwei Stunden von dem gestrigen Tag. Dann gab es die Entwicklung nachmittags, und da war ich nicht der einzige, der sagte: Jetzt brauchen wir ein bißchen Zeit, um Ruhe zu haben; nicht wahr, Herr Bundeskanzler? Das hat uns wieder zwei Stunden weggenommen. Da können Sie sich ungefähr ausrechnen, was von dem gestrigen Tag, den die Fraktionen ganz zu diskutieren wünschten, für diese Fraktion übrigggeblieben ist. Das sollte man hier einmal würdigen.
    Deshalb sage ich: Wir haben heute morgen darum gebeten, ohne die möglichen Tricks der Geschäftsordnung. Wir haben den Platzvorteil der einen möglichen Stimme — wenn es umgekehrt gewesen wäre, hätten wir heute morgen gewonnen, wie Sie wissen
    aufgegeben, weil wir hier wirklich nicht taktieren wollten. Wir meinen das, was wir sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Angemessene Zeit wollten wir haben. Warum? Weil es unmöglich war, für alle Kollegen jene Klarheit und jene Übersicht sowie jenen Stand der Information und der Diskussion herzustellen, ohne die kein Abgeordneter seine Gewissensentscheidung mit der ihm gebotenen Sorgfalt treffen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    In dieser Lage baten wir um Vertagung und erklärte ich gestern abend — das wollte ich dem Kollegen Wehner sagen, weil er seiner Fraktion dazu etwas erklärt hat; das ist nachzulesen und war auch über die Schirme zu sehen —: „Wer jetzt etwas Vernünftiges erreichen will, muß sich Zeit nehmen. Wir werden uns morgen bemühen, die Sache nicht auf die Tagesordnung zu bringen. Ich selbst gucke nicht mehr durch, und wenn man uns zwingt, morgen zu lesen, dann werden wir mit Nein stimmen müssen." Das haben wir gestern abend beschlossen und gesagt. Das ist doch eine ganz klare Situation.
    Es gibt nämlich, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, einen Zusammenhang zwischen Zeitplanung und Solidität der Arbeit. Das sollten gerade die Kollegen von uns, die im Gewerkschaftsleben mit Tarifverträgen zu tun haben, wissen. Da gibt es ja Abreden, welche Zeit zumutbar ist.

    (Unruhe und Zurufe von der SPD.)

    — Na gut, ich nehme das zur Kenntnis, meine Damen und Herren. — Es gibt also — dies wird keiner bestreiten — einen Zusammenhang zwischen Zeitplanung und Solidität der Arbeit, und das gilt auch für ein Parlament. Die Verfahrensregeln in den Fraktionen und im Hause haben den guten Sinn, daß keiner überfahren wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es sind Schutzvorschriften im Hinblick auf Art. 38 des Grundgesetzes.
    Es gibt auch — und das sage ich, wie ich hinzufüge, auch für mich persönlich, aber sicher für alle — einen Zusammenhang zwischen der Leistungsfähigkeit und der Verantwortungsfähigkeit. Ich glaube, jeder von uns war einmal in der Lage, sagen zu müssen: „Du bist jetzt nicht auf der vollen Höhe deiner Leistungsfähigkeit, weil du zu sehr strapaziert bist; in der Lage möchtest du folgende schwere Verantwortung nicht übernehmen." Das ist eine ganz normale Erfahrung, und gerade das kann doch ein Gesetzgeber nicht für sich selbst leugnen. Wir verantworten doch direkt oder indirekt z. B., daß ein Fahrer eines Omnibusses oder eines Lastwagens bestraft wird, wenn er zu viele Stunden fährt; daß ein



    Dr. Barzel
    Pilot nur dann fliegen darf, wenn er seine Ruhezeiten hatte; daß der Soldat sich nur beschweren darf nach Schlafen und 24 Stunden. Warum räumen wir uns diese selben Vernunftgründe nicht ein und stellen uns unter einen Zeitdruck, bei dem nichts Gutes herauskommen kann?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Man hat uns diese Zeit von gestern auf heute nicht gegeben. Dies war unverantwortlich.
    Zweitens zur parlamentarischen Lage: Was hier hineingehört und worüber wir alle nicht reden, obwohl es natürlich wirklich zu den wichtigsten Punkten gehört, will ich mit einem Satz abmachen: Die Bundesregierung hat sich entschlossen, weiterzuregieren, obwohl der Kanzlerhaushalt abgelehnt wurde. Das verantwortet die Regierung selbst.
    Die Abstimmung von heute morgen weist aus, wie die parlamentarische Lage ist. Sie macht sehr wohl erkennbar, wie heute abend, wenn dieser Zeitdruck bleibt, die Entscheidung zur Sache aussieht. Ich halte es für unverantwortlich, daß die Bundesregierung ohne gesicherte Mehrheit diese Diskussion und diese Abstimmung mit einem ungewissen Ausgang für diese wichtige Sache eingeht,
    ungewiß nur deshalb, weil hier zwar alle da sind und wir alle wissen, wie jeder denkt, aber keiner weiß, ob plötzlich — das haben wir doch in diesem Parlament erlebt — einer aus gesundheitlichen Gründen hier nicht mehr ganz mitwirken kann.
    Meine Damen und Herren, ich füge hinzu, kein internationaler Fahrplan zwingt uns. Wir können doch nicht übersehen: alle Bündnispartner atmen auf, seit wir uns hier um eine gemeinsame Außenpolitik bemühen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Alle hoffen, daß dies Erfolg hat, und alle Terminplanungen sind demgegenüber absolut zweitrangig.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich fürchte, Herr Bundeskanzler, daß das heutige Drängen auf Entscheidung, wenn es dabei bleibt, auch bei unseren Bündnispartnern Kopfschütteln hervorrufen wird, und dies insbesondere anläßlich des doch bewiesenen, anerkannten und bestätigten guten Willens der Opposition.
    Im Volk wird das nicht anders sein. Wir wollen doch bei einem Streit, der bis in die Familien geht, eine Lösung suchen, und wir wollen doch versuchen, das befriedigend zu beenden. Das darf nicht an einer Zeitfrage scheitern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, ich habe zu Beginn dieses parlamentarischen Patts gesagt, die Ursache all der Dinge im Parlament, die Ursache des Zerbröckelns der Koalition, des innenpolitischen Klimas, der Kluft, der Sorgen um die politische Stabilität, die Ursache all der Dinge liegt im Streit um die Außenpolitik. Wer hier eine Lösung will, muß nicht an Symptomen kurieren, sondern muß versuchen, dieses Problem von der Ursache aus zu lösen. Das, meine Damen und Herren, ist wichtig, und ich wiederhole den Satz: Für das Richtige ist es nie zu spät.
    Ich komme nun zum Inhalt dessen — das ist der dritte Punkt —, was hier trotz der Erwägungen meiner ersten zwei Punkte durchgezwungen werden soll. Meine Damen und Herren, ich möchte hier vor dem Hause zunächst als Abgeordneter erklären, daß ich zu dieser Stunde nicht imstande bin, nach den verwirrenden Vorgängen seit gestern nachmittag den Inhalt und das Ausmaß dessen, worüber wir heute unter Zeitdruck abstimmen sollen, so klar, so präzise, so sorgfältig zu erkennen, wie ich es erkennen muß, wenn ich in dieser wichtigen historischen Gewissensentscheidung verantwortlich handeln will.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Weil dies bei mir so ist, habe ich als Fraktionsvorsitzender meinen Kollegen den Rat gegeben, nein zu sagen, falls man uns heute zur Abstimmung zwingt. Denn wir können zu nichts ja sagen, was wir nicht genau kennen, was wir uns nicht genau haben überlegen und sorgfältig unter uns haben diskutieren können.

    (Unruhe bei der SPD.)

    — Ich bringe das nachher mit der Begründung. Sie sollten sich das wirklich noch anhören; das wäre, glaube ich, schon ganz richtig. Sie können dann hier darauf reagieren, wie Sie es für richtig halten.
    Ich möchte hinzufügen: Meine Fraktion hat diesen meinen Rat einstimmig angenommen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Und man wird uns im Volk verstehen; denn kein Verantwortlicher unterschreibt einen Vertrag, ohne das Kleingedruckte und die Rückseite wirklich gelesen und verstanden zu haben.

    (Erneuter lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU.)

    Ich weiß — das sage ich an die Adresse der Bundesregierung —, daß die Koalition hier natürlich theoretisch einen Einwand erheben könnte, nämlich den, daß der, der sich in dieser Lage befinde, wie ich sie soeben beschrieben habe, alle Gesprächsangebote der Koalition annehmen müsse. Hierauf möchte ich gleich erwidern.
    Einmal möchte ich auf den schon betonten Zusammenhang zwischen Hektik, Solidität und Leistungs- und Verantwortungsfähigkeit hinweisen, und ich möchte sagen: auch zur Entgegennahme verantwortlicher Informationen und zu ihrer Verarbeitung braucht man Zeit. Ungeduld und Zeitdruck führen zu nichts Gutem.
    Heute früh sah es praktisch so aus, daß um 8 Uhr Botschafter Falin dem Kollegen Stücklen und mir die Freundlichkeit erwies, uns einen Besuch abzustatten. Um 8.30 Uhr hatten wir eine Sitzung der Bundestagsfraktion. Für den gleichen Zeitpunkt lag eine Einladung des Kanzlers und des Außenministers zu einem neuen Gespräch vor. Und für 9 Uhr war der Beginn des Plenums vorgesehen. Wer diesen Zeitplan kennt, muß einräumen, daß



    Dr. Barzel
    in ihm für verantwortliche Aufklärung, Information und Meinungsbildung nichts möglich war.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun hatte ich eigentlich erwartet, Herr Bundeskanzler, daß Sie hier im Hause zu dem entscheidenden Punkt die nötigen und möglichen Informationen geben würden. Das ist nicht — oder bisher nicht — geschehen.
    Das Zweite, was ich hier anmerken möchte — und das, glaube ich, ist doch ganz wichtig —: Das, was wir hier, ob wir wollen oder nicht, bei im übrigen unveränderter Gegnerschaft zwischen Regierung und Opposition wegen des parlamentarischen Patts ernsthaft versuchen müssen, nämlich eine gemeinsame Außenpolitik herbeizuführen, um auf diese Weise die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland zu stabilisieren, gehört — das wird unstreitig sein — zu den menschlich und politisch schwierigsten Unternehmen, die es überhaupt gibt, in einer parlamentarischen Demokratie schon ganz sicher. Mir ist kein Vorgang ähnlicher Art erinnerlich.
    Dabei spielt natürlich die tatsächliche Chancenungleichheit zwischen Regierung und Opposition nicht nur hinsichtlich technischer und anderer Ausstattungen eine Rolle, sondern auch — sagen wir das doch offen — hinsichtlich der Verfassungsvorteile, die der Kanzler gegenüber seiner Koalition hat, während sich der Führer der Opposition in allem mit seinen Kollegen sehr viel mehr abstimmen muß, dazu gezwungen ist und dazu mehr Zeit braucht. Wenn diese Chancenungleichheit ausgeglichen werden soll, dann muß mindestens Zeit sein. Ich kann nur sagen: dieses Kapitel der letzten vierzehn Tage wird viel Stoff sein für Politologen, für Juristen, für Soziologen, für Historiker, völlig neue Lehrbücher zu schreiben über das, was hier geht, und das, was hier nicht geht. Meine Damen und Herren: der Versuch, dieses schwierige Stück zu machen, konnte und kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten, was immer sonst sie trennt und was sie gegeneinander haben, einander glauben. Das ist das Wichtigste.

    (Beifall bei 'der CDU/CSU.)

    Es ist die Basis jedes möglichen Gelingens.
    Weil es so ist, haben wir folgende Methode und folgenden Inhalt unserer Politik für diese ganze Unternehmung gewählt. Unsere Position ist bekannt. Sie kennen sie aus der ersten Lesung. Ich verzichte, sie in Erinnerung zu rufen.
    Wir übersehen auch nicht, Herr Bundeskanzler, was inzwischen, auch 'dank der Festigkeit der Opposition, verändert und verbessert ist. Keine Frage! Weil es also das Wichtigste ist, einander zu glauben, haben wir 'gesagt: Gehen wir doch hin und schreiben die Worte der Bundesregierung auf — nicht flüchtige Worte, sondern amtliche Worte —, machen das zusammen zu einer gemeinsamen Sache, und dann wollen wir doch einmal sehen, wie wir das als ein Dokument der Bundesrepublik Deutschland, als eine verbindliche Aussage der Bundesrepublik Deutschland möglichst weit und möglichst stark der
    Sowjetunion gegenüber verbindlich machen. Das war unsere Politik, und diese Politik war notwendig. Denn wer die Berichte heute morgen gehört hat, weiß, daß das alles um einen Punkt kreist: Ist das, was hier vorliegt, vorläufig, oder ist es endgültig? Dann muß man eben versuchen, hier möglichst viel Klarheit zu schaffen.
    Wir übergaben also der Bundesregierung das, was wir „Rohmaterial" genannt haben. Ich möchte daraus wenigstens einige wenige Sätze vorlesen, weil sie so wichtig sind. Der erste Punkt dieses Rohmaterials heißt — ich zitiere —:
    Der Vertrag führt einen Modus vivendi herbei, der die deutsche Frage bis zu einer friedensvertraglichen Regelung für ganz Deutschland offenhält.
    Quelle dieses Satzes, den wir vorschlugen: die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU vom 11. November 1971, Bundestagsdrucksache VI/2828.
    Der zweite Satz:
    Der Deutsche Bundestag bekräftigt erneut, daß das deutsche Volk ein unveräußerliches Recht auf Selbstbestimmung besitzt und daß die Politik der Bundesrepublik Deutschland eine Wiederherstellung der nationalen Einheit im Rahmen einer europäischen Friedensordnung anstrebt.
    Quelle: dieselbe wie eben und zusätzlich die Denkschrift der Bundesregierung zum Vertragswerk.
    So geht das weiter. So haben wir insgesamt fünf Punkte — ich will sie hier nicht noch einmal in die Debatte einführen —, die sämtlich aus Sätzen bestehen, die die Bundesregierung über die deutsche Auffassung zum wirklichen Vertragsinhalt hier dem Haus verbindlich gesagt, aufgeschrieben hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das war fair, weil es hieß: Gut, wir müssen einander glauben, sonst kommen wir nicht zusammen. Dies war, glaube ich, fair und war auch in Ordnung.
    Ich muß hier sagen, daß es auf unserer Seite zu den schweren Punkten der letzten 14 Tage gehörte und uns natürlich auch Kräfte nahm, daß wir — ich sage dies jetzt ganz ruhig, weil wir uns am Schluß geeinigt haben — zwischendurch immer wieder feststellen mußten, auf welche Art, mit welchen Argumenten man sich auf seiten der Regierung weigerte, die eigenen Sätze in eine gemeinsame Entschließung zu schreiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben dann schließlich — ich glaube, man sollte erwähnen, daß dies den Kollegen Ehmke, Genscher, Strauß und Marx gelang — gestern einen gemeinsamen Text erarbeitet, dem wir, wenn sonst alles stimmt — darauf komme ich noch —, zustimmen können.
    Damit komme ich zum Stand der Unklarheit, den ich hier bei aller Diskretion so formulieren möchte. Ich sage zunächst einmal: unser Partner hier in dem Haus ist diese Bundesregierung und nicht die Sowjetunion. Das ist sehr wichtig. Ich habe heute nacht



    Dr. Barzel
    einen Brief des Bundesaußenministers bekommen, von dem ich sehe, daß er inzwischen durch den Kollegen Wehner sowohl dem Inhalt nach wie der Tatsache nach seiner Fraktion gegenüber bekanntgegeben worden ist. Ich will mich dazu hier jetzt nicht äußern. Aber das setzt mich in den Stand, den Inhalt dieses Briefes, Herr Bundesaußenminister, weil er jetzt auf dem Papier der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion mitgeteilt ist — ich will dazu gar nichts sagen —, in die Debatte einzuführen.
    Da heißt es: „Was die Bedenken der sowjetischen Seite betrifft". Ich lasse einmal das Wort „Bedenken" und nehme es, wie es ist. „Bedenken" haben Sie formuliert; gut, Sie müssen das wissen, Sie haben da Ihre Rechtsberater; die Worte sind ja jetzt hier alle wichtig.
    Die Bedenken bezogen sich auf den letzten Satz der Ziffer 2 und den zweiten Satz der Ziffer 5. Der letzte Satz der Ziffer 2 heißt:
    Die Verträge nehmen eine friedensvertragliche Regelung für Deutschland nicht vorweg und schaffen keine Rechtsgrundlage für die heute bestehenden Grenzen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Quelle: wieder aus den Regierungsdokumenten. Dazu gab es also Bedenken. Der Sprecher der Bundesregierung, der doch sicherlich nicht ohne den Auftrag des Kanzlers Erklärungen abgibt, erklärte gestern abend, die Sachen, die hier strittig seien oder über die überhaupt geredet werde — das wollen wir einmal offenlassen —, das seien Fragen technischer Details. Mit Verlaub, dies ist für uns ein zentraler Punkt.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn ich gestern abend nicht mehr zu Gesprächen zur Verfügung stand, — ich sage hier ganz offen, wie es ist; ich habe mich gefragt: Wo bist du jetzt? Jetzt hast du einen zentralen Punkt, was die Worte der Regierung betrifft, wo wir einstimmig waren, und plötzlich heißt es: Das sind technische Details. Ich wußte nicht mehr, woran ich war. Denken Sie daran: Man muß einander vertrauen und glauben können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es war sicher klug, und es war sicher ein Zeichen guter Nerven, gestern abend nur den Beschluß vorzuschlagen — die Fraktion ist dem einstimmig gefolgt —, heute die Vertagung zu erbitten und in
    dieser Stunde keinen anderen Beschluß — vielleicht aus der Fülle des Gemüts und emotionaler Rufladung — zu fassen.
    Der andere Punkt, der nach diesem Brief strittig war — nach den „Bedenken" — war der zweite Satz der Ziffer 5. Ich lese ihn vor:
    Der Deutsche Bundestag hält angesichts der Tatsache, daß die endgültige Regelung der deutschen Frage im ganzen noch aussteht, den Fortbestand dieser Rechte und Verantwortlichkeiten für wesentlich.
    Gemeint sind die Rechte der Vier. Das ist ein fundamentaler Satz. Da steht ,daß die endgültige Regelung der deutschen Frage im ganzen noch aussteht. Das ist kein „technisches Detail".

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sehen Sie, Herr Außenminister, ich frage, nachdem ich erst einen Satz Ihres Briefes vorgelesen habe — haben Sie keine Sorge, ich mache das nicht weiter —: Welches sind die Bedenken, die vorgetragen worden sind? Wie sind sie ausgeräumt?

    (Bundesminister Scheel: Lesen Sie doch den Brief vor, sonst werde ich ihn gleich vorlesen! Bundeskanzler Brandt: Lesen Sie doch alles vor! — Bundesminister Dr. Ehmke: Steht doch im Brief drin! — Bundeskanzler Brandt: Das ist doch alles Spiegelfechterei hier!)

    — Herr Bundeskanzler, wenn Sie bei diesem ernsthaften Bemühen des Oppositionsführers, der auch in dieser Stunde versucht, nicht alle Türen zuzuschlagen, mir Spiegelfechterei vorwerfen, verwahre ich mich von dieser Stelle dagegen.

    (Lebhafter Beifall und Pfui-Rufe bei der CDU/CSU.)

    Dann wird mir gesagt: Lesen Sie den Brief vor! Ich mache es doch. Der nächste Satz heißt:
    Was den zweiten Satz der Ziffer 5 angeht, konnten sie
    — gemeint sind wohl die Bedenken
    leicht ausgeräumt werden.
    Durch welche Erklärung und wie, ist in diesem Brief nicht enthalten.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Soll ich den Brief hier wirklich ganz vorlesen, oder welchen Brief meinen Sie?

    (Bundeskanzler Brandt: Ja.)

    Ich mache das doch. Glauben Sie einmal ganz, was ich hier soeben gesagt habe. Vielleicht kann man auch hier im Parlament noch etwas machen, was sonst nicht geht. Nehmen wir uns nur die Zeit, wenigstens jetzt einander zuzuhören!
    Also, es geht nun weiter:
    Zum letzten Satz der Ziffer 2 habe ich dem Botschafter noch einmal bestätigt, daß die Bundesrepublik zu den Verpflichtungen, die sie in Art. 1 des Vertrages mit der Volksrepublik Polen übernommen hat, steht. In diesem Artikel haben wir nicht zu den rechtlichen Grundlagen der bestehenden Westgrenzen Polens Stellung genommen, und zwar aus wohlerwogenen Gründen nicht. Wir sind mit der Volksrepublik Polen aber übereingekommen, die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens für die Dauer der Existenz der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr in Frage zu stellen.
    Diese Verdeutlichung, die von mir sowohl im Deutschen Bundestag als auch im Deutschen Bundesrat im Zusammenhang mit der Diskussion über die Ratifizierung der Verträge vorgetragen worden ist, hat die wünschenswerte Klarheit geschaffen.



    Dr. Barzel
    In einem Gespräch, das ich heute nachmittag mit dem Leiter der polnischen Handelsvertretung, Herrn Kwiatkowski, gehabt habe, habe ich auch ihm den in der Entschließung formulierten letzten Satz der Ziffer 2 im gleichen Sinne interpretiert. Nach dieser Verdeutlichung des Textes erklärt der Botschafter Falin, daß er die unveränderte Entschließung entgegennehmen werde. Ein Widerspruch der sowjetischen Regierung sei nicht zu erwarten.
    Bleibt doch mithin eine Reihe von Fragen, wie andere Punkte, die hier involviert sind, beantwortet sind, z. B. die Frage, Herr Kollege Scheel, auch nach der Ziffer 5, wo es ja nur heißt: „Das konnte leicht ausgeräumt werden". Nur muß man wissen: Wie? Denn über eine gemeinsame Entschließung, die nur noch durch einen Brief des Bundesaußenministers zu verstehen ist, den ich heute morgen bekomme und den ich unmöglich bis heute morgen um 9 Uhr in meiner Fraktion diskutieren kann, muß man doch natürlich nachdenken können. Eine Entschließung, zu der es nur eine Interpretation gibt, muß man doch zumindest erörtern können.
    Ich frage mich nun — dies muß man doch wissen —, mit welchen Erklärungen zu den übrigen Punkten die Bedenken der Sowjetunion ausgeräumt worden sind. Hier kommt es auf jedes Wort an. Das muß man auch zu den anderen Fragen — zu einer Frage ist es geklärt, Herr Kollege Scheel — lesen können, weil wir doch alle wissen — das haben wir doch nun beim Redigieren der gemeinsamen Entschließung gemerkt —, wie es hier wirklich aufs Wort ankommt. Wir müssen wissen: Welche Interpretation gilt dazu, welchem Inhalt sollen wir also zustimmen?
    Und es gibt ein anderes! Welchen Rang — und dies bitte ich sehr sorgsam anzuhören; ich habe nicht die Absicht, hier unser aller, ich nehme mich dabei nicht aus, angegriffenes Stabilitätskostüm noch zu überanstrengen, das will ich nicht —, welchen Rang ist die Bundesregierung selbst bereit dieser Entschließung zu geben?

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Eine sehr wichtige Frage! Denn wir haben doch gesagt: Zwei Abteilungen, wir nehmen die Worte der Regierung, machen daraus ein gemeinsames Papier, und dies muß auch gegenüber dem Partner verbindlich werden. Das war unsere Einlassung.
    Gut, nun sind wir bei dem zweiten Punkt. Hier schaue ich nicht durch. Herr Kollege Wehner erklärte heute dazu — und ich zitiere dies; ich glaube, es ist wichtig genug, es kann ja alles aufgeklärt werden —, es handele sich hier um eine Stellungnahme des Deutschen Bundestages und nicht um ein Dokument der Bundesregierung.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Welche Folgerungen man daraus im Innenverhältnis von Bundestag und Bundesregierung ziehe, sei eine Frage für sich.

    (Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Rösing: Gemeinsamkeit!)

    Eine Entschließung des Deutschen Bundestages aber sei nichts, was zum Außenverhältnis der Bundesrepublik gegenüber anderen Staaten gehöre.

    (Widerspruch und Zurufe von der CDU/ CSU. Abg. Rösing: Das ist die Gemeinsamkeit!)

    Was ist dann der Rang dieses Papiers?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben der Regierung gesagt: Natürlich machen wir eine Erklärung mit euren Worten, aber es muß in dem erreichbaren Maße — wir wissen, daß wir auch in dieser Situation weder als Deutsche noch als CDU/CSU eine Weltmacht sind — völkerrechtlich relevant werden. Das ist doch die Frage, die wir hier zu stellen haben. Es gibt dann eine andere Mitteilung von gestern, Herr Kollege Scheel — das kommt eben dabei heraus, wenn dies alles so eilig geht; ich will Ihnen dies überhaupt nicht anlasten —, in der es also hieß: Das kann zwar eine Erklärung werden, aber das ist natürlich nicht die deutsche Interpretation des Vertrages. Was ist es denn dann? Was kommt denn dann zustande?! Das muß doch wohl geklärt sein! Und ohne das zu wissen, soll ich hier heute abstimmen?! Und wollen Sie vielleicht mit diesen unbeantworteten Fragen heute das Patt der Abstimmung und das Ergebnis heute abend in Kauf nehmen!? Das kann doch hier keiner verantworten, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Mir ist da über angebliche Erklärungen noch viel mehr zugegangen; ich lasse das jetzt weg.
    Herr Bundeskanzler und Herr Bundesaußenminister: Es wäre gut, zunächst eine verantwortliche, ruhig formulierte, mit dem Vertragspartner abgestimmte schriftliche Äußerung vertraulich zu erhalten, aus der sich präzise ergibt, in welcher Form die Bundesregierung die Entschließung des Deutschen Bundestages zum Dokument der Bundesrepublik Deutschland zu machen gedenkt, schließlich: in welcher Form und mit welchem Inhalt die Sowjetunion dieses Dokument annehmen, was sie damit machen wird und welcher Grad der Verbindlichkeit dadurch unzweideutig entsteht. Mithin: Geltung, Rang und Verwendung dieser Entschließung sind unerläßlich verbindlich zu klären, bevor hier ernsthaft und verantwortbar beraten, diskutiert, nachgedacht und entschieden werden kann.
    Inzwischen habe ich, Herr Bundeskanzler — ich schildere das, wie es ist —, um 14.30 Uhr einen neuen Brief des Kollegen Scheel bekommen, während meine Fraktion tagte. Die Fraktion war beschäftigt, die Antwort auf die Rede des Bundeskanzlers zu beschließen; das dauert ja auch ein bißchen. Ich bekomme also diesen Brief um 14.30 Uhr und habe ihn inzwischen nach der Fraktionssitzung einmal flüchtig lesen können. Nur ist dies ein Brief, der, wenn ich jetzt aus dem Handgelenk votierte, ganz unverantwortliche Mißverständnisse hier ins Plenum bringen würde. Ich habe nicht einmal Zeit gehabt, auch nur dem Justitiar der Bundestagsfraktion, viel weniger den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, des Innerdeutschen Ausschusses, des



    Dr. Barzel
    Rechtsausschusses und meinen Freunden aus der Führung diesen Text auch nur zuzuleiten, geschweige denn zu beraten. Es kann sein, Herr Kollege Scheel, daß einige ihrer Fragen darin beantwortet sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, muß ich doch diese Fragen mit meinen Freunden ausdiskutieren, um festzustellen: Was ist dazu die verantwortliche Meinung der Fraktion?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, ich bitte Sie und die Verantwortlichen — alle hier sind verantwortlich; da möchte ich es anders sagen —, also Sie und die, die in den letzten Tagen die schwere Aufgabe hatten zu versuchen, für die hier geschilderte Lage eine Lösung zu finden, folgendes so ernst zur Kenntnis zu nehmen, wie wir einander begegnet sind. Und ich möchte das Wort vom Respekt aufnehmen, das Sie, Herr Bundeskanzler, sagten. Dies alles ausreichend zu erklären und mit einer demokratischen Fraktion zu besprechen und zu entscheiden ist heute und morgen nicht möglich.
    Bestehen Sie, Herr Bundeskanzler, heute oder in dieser Woche auf der Abstimmung ohne die für uns notwendige Zeit der gewissenhaften Prüfung, so werden wir alle, trotz der langen Bemühungen, heute abend „So nicht!" sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und meine Herren, Sie sollten diesen Hinweis nicht überhören und dazu vielleicht etwas sagen. Ich möchte am Schluß — ich hoffe, daß wir damit nicht so allein stehen —, sagen, daß ich gestern — ebenso wie bei meinen Gesprächen in Moskau im Dezember — den Botschafter der Sowjetunion nachhaltig gebeten habe, die Sowjetunion, mit der wir Frieden und Zusammenarbeit wollen, die mit verantwortlich für Berlin und ganz Deutschland ist, möge sich doch voll dafür einsetzen, einen Herzenswunsch aller Deutschen zu erfüllen: Wenn nämlich wirklich die Völker Vertrauen zueinander finden sollen, dann muß das Schießen in Deutschland auf Deutsche aufhören.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU.)