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    Deutscher Bundestag 186. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Inhalt: Abg. Helms wird Gast bei der Fraktion der CDU/CSU 10865 A Amtliche Mitteilungen 10865 A Fragestunde (Drucksache V1/3424) 10866 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache V1/3395) — Erste Beratung — 10866 A Mündlicher Bericht des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhaus-Pflegesätze (Drucksache V1/3416) Russe (CDU/CSU) 10866 B Burger (CDU/CSU) 10867 D Dr. Bardens (SPD) 10868 B Spitzmüller (FDP) 10868 D Namentliche Abstimmung 10869 A Mündlicher Bericht des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsgesetz) (Drucksache V1/3417) Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) 10871 A Dr. Gruhl (CDU/CSU) 10871 C Müller (Mülheim) (SPD) 10872 A Zur Geschäftsordnung Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) 10872 C Wienand (SPD) 10872 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. August 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache V1/3156) ; Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen 171/3397, zu V1/3397) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen (Drucksache V1/3157); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen V1/3396, zu V1/3396) — Zweite Beratung und Schlußabstimmung — Dr. Achenbach (FDP) 10873 C Dr. Heck (CDU/CSU) 10880 A Dr. Haack (SPD) 10882 C Dr. Ing. Bach (CDU/CSU) 10885 D Brandt, Bundeskanzler 10888 D, 10912 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 10898 C Scheel, Bundesminister 10907 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 10910 C Nächste Sitzung 10913 D II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Anlagen Anlage 1 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Werner (CDU/CSU) betr. Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an dem Aufbau eines europäischen Informatiknetzes und an der Durchführung einer europäischen Aktion auf dem Gebiet des Fernmeldewesens zum Thema „Antennen mit kleinen hauptkeulennahen Nebenmaxima und möglichst großem G/T-Verhältnis" 10915 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Übernahme neuer Forschungsaufgaben durch die vom Bund unterhaltenen Forschungseinrichtungen 10915 B Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Gründung des Instituts für Innovationsforschung 10915 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) betr. Übernahme neuer Aufgaben im Bereich der Systemanalysen und der Innovationsforschung durch die Forschungszentren des Bundes 10915 D Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) betr. Äußerung von Bundeskanzler Brandt auf der Kundgebung zum 1. Mai 1972 in Dortmund 10915 D Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Geisendörfer (CDU/ CSU) betr. Hilfe für Unfallopfer 10916 A Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) betr. Verteilung des Forschungsberichts IV 10916 C Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Kahn-Ackermann (SPD) betr. Neuregelung der Auslandsbesoldung und Ermittlungsverfahren für den Kaufkraftausgleich 10916 D Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) betr. Einreiseverbot für den Belgier Mandel und betr. Beschäftigung von Radikalen im öffentlichen Dienst 10917 B Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Giulini (CDU/CSU) betr. Ausscheiden des Dr. van Briessen aus der Programmredaktion Asien der Deutschen Welle 10917 C Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Hansen (SPD) betr. Vertrieb von Säuglings- und Kleinkindernahrung 10917 D Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Hansen (SPD) betr. Verzinsung von Einlagen auf Lohn- und Gehaltskonten 10918 B Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. infrastrukturelle Maßnahmen im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig 10918 C Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Röhner (CDU/CSU) betr. Textilimporte 10919 A Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Röhner (CDU/CSU) betr. Investitionen in der Textilindustrie 10919 C Anlage 16 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Strohmayr (SPD) betr. Befreiung der Kontoinhaber mit geringem Einkommen von der Gebührenerhebung und betr. Gebühren bei unbaren Zahlungen an caritative Verbände und Vereine 10919 D Anlage 17 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage der Abg. Frau Herklotz (SPD) betr. Koordinierung der europäischen Bemühungen im Rahmen des Welternährungsprogramms der FAO 10920 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 III Anlage 18 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Rinderspacher (SPD) betr. Verwendung von Lebensmittelvorräten für von Hungersnot bedrohte Entwicklungsländer 10920 D Anlage 19 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Hermesdorf (Schleiden) (CDU/CSU) betr. Preise für Agrarprodukte der Entwicklungsländer 10921 A Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Schachtschabel (SPD) betr. Zusammenlegung der Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg 10921 B Anlage 21 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. gebührenpflichtige Verwarnungen für verbotenes Parken auf Gehwegen 10921 C Anlage 22 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über Maßnahmen gegen luftverunreinigende Gase aus Dieselmotoren von Kraftfahrzeugen 10921 D Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Pieser (CDU/CSU) betr. das „Private Bevorschussungsbüro für bezahlte Straßenbenutzungsgebühren" in Berlin 10922 A Anlage 24 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Hanz (CDU/CSU) betr. Unterbringung der Telefonortsnetze Diez, Hahnstätten, Holzappel, Katzenelnbogen, Nentershausen und Wallmerod in den Amtlichen Fernsprechbüchern 10922 C Anlage 25 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dichgans (CDU/CSU) betr. Bauerlaubnisse in Gebieten der Fluglärmzonen 1 und 2 10922 D Anlage 26 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Wuwer (SPD) betr. Erstattung der Kosten für den Anstaltsaufenthalt eines Angehörigen an Beamte 10923 B Anlage 27 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) betr. Steuererleichterungen für die Ausbildung hauswirtschaftlicher Lehrlinge . 10923 D Anlage 28 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. Entschädigung für Enteignungen gegenüber früheren Einwohnern der DDR 10924 B Anlage 29 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Strohmayr (SPD) betr. Befreiung von der Grunderwerbsteuer beim Grunderwerb zum Bau von Altenheimen, Altenpflegeheimen und Altenwohnungen 10924 D Anlage 30 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Hussing (CDU/CSU) betr. britische Gastarbeiter 10925 A Anlage 31 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Nutzung der Kaserne Broitzem (Standort Braunschweig) 10925 B Anlage 32 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Rock (CDU/CSU) betr. Auswirkung der Aufhebung der 5-t-Klassen im EGT auf Betriebe im Zonenrandgebiet 10925 C Anlage 33 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) betr. Bau der Anschlüsse an die B 407 und an die L 147 im Zuge der A 76 im Bereich Hermeskeil 10925 D Anlage 34 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Schmidt (Kempten) (FDP) betr. Ausbau der Autobahn Ulm—Füssen 10926 A Anlage 35 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dasch (CDU/CSU) betr. Fertigstellung der Ortsumgehung der B 12 in Haag (Oberbayern) 10926 B IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Anlage 36 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dasch (CDU/CSU) betr. Planungen für den Neubau der Bahnhofsgebäude in Mühldorf (Oberbayern) und Burghausen (Oberbayern) 10926 C Anlage 37 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) betr. Auswirkung der Zusammenlegung von Zustellpostämtern in Großstädten 10926 D Anlage 38 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Schaffung eines Bildungszentrums für die EWG 10927 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10865 186. Sitzung Bonn, den 10. Mai 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.05 Uhr
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    Berichtigung In der 184. Sitzung, Seite 10790 B, Zeile 4 in der Klammer, ist statt „15.40 Uhr" zu lesen: „15.14 Uhr". Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10915 Anlage 1 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 5. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3393 Frage A 28) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung ein Forschungsabkommen mit der UdSSR abzuschließen beabsichtigt, sich aber an den gemeinsamen europäischen Forschungsaufnahmen, Vereinbarung über den Aufbau eines europäischen Informatiknetzes und Vereinbarung über die Durchführung einer europäischen Aktion auf dem Gebiet des Fernmeldewesens zum Thema „Antennen mit kleinen hauptkeulennahen Nebenmaxima und möglichst großem G/T-Verhältnis", nicht beteiligen will, und welches sind die Gründe für die Nichtbeteiligung an diesem wichtigen Vorhaben? 1. Es trifft zu, daß ein Regierungsabkommen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR vorbereitet wird. 2. Die beiden speziellen, in der Frage genannten Vereinbarungen gehören zu einer Reihe von insgesamt sieben Vorhaben, die auf der Forschungsministerkonferenz im November letzten Jahres in Brüssel beschlossen wurden. Keiner der 19 europäischen Staaten, die auf der Konferenz vertreten waren, beteiligt sich an allen diesen Vorhaben. Daß die Bundesregierung an den beiden genannten Vorhaben nicht teilnimmt, hat vor allem technische Gründe. Nach den Feststellungen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen ist nämlich unsicher, ob die technische Ausrichtung des ersten Projekts dem von einem deutschen Unternehmen entwickelten Datenvermittlungssystem entspricht, das die Deutsche Bundespost z. Z. einführt. Das zweite Projekt zielt auf eine Koordinierung nationaler Forschungsarbeiten zu einem sehr speziellen Thema der Fernmeldetechnik, für dessen Bearbeitung dem Fernmeldetechnischen Zentralamt der Deutschen Bundespost in den nächsten Jahren keine personellen und finanziellen Kapazitäten zur Verfügung stehen. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 5. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3393 Frage A 29) : In welchem Umfange wird von der Bundesregierung geprüft, ob die vorhandenen Forschungszentren und Forschungsinstitute die neuen anstehenden Forschungsprobleme übernehmen können, da durch Erledigung von gestellten Forschungsproblemen stets neue Kapazitäten frei werden? Wo in den vom Bund unterhaltenen Forschungseinrichtungen Kapazitäten frei werden, prüft die Bundesregierung gründlich, wie sie für neue Aufgaben eingesetzt werden können. Hierzu wird auch bei der Besprechung der Forschungs- und Wirtschaftspläne der Anstalten regelmäßig geprüft, ob die derzeit laufenden Aufgaben fortgeführt oder zur Freisetzung von Kapazitäten beendet werden sollen. Bereits in der Antwort auf die großen An- Anlagen zum Stenographischen Bericht fragen zur Technologiepolitik im Herbst vergangenen Jahres (Drucksache VI/2789, S. 16) ist gesagt worden, daß die Großforschungszentren zunehmend neue Aufgaben übernehmen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf meine auf eine entsprechende Zusatzfrage des Kollegen Lenzer am 4. Mai gegebene mündliche Antwort hinweisen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 5. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3393 Frage A 30) : Auf Grund welcher Expertisen kam die Bundesregierung zu der Schlußfolgerung, daß die Gründung des Instituts für Innovationsforschung Im Rahmen der Fraunhofer-Gesellschaft notwendig sei? Es wurden OECD-Studien herangezogen, insbesondere „The conditions for success in technological innovation", Paris 1971; „Science, growth and society", Paris 1971; „The research system" (Entwurf 1971) sowie „Die Fraunhofer Gesellschaft im Innovationssystem der BRD" von H. Krupp, April 1972. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 5. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache VI/3393 Frage A 31): Inwieweit ist geprüft worden, ob die vorhandenen Forschungszentren des Bundes, insbesondere die Kernforschungszentren, die neuen Aufgaben im Bereich der Systemanalysen und der Innovationsforschung übernehmen können? Die Teilaufgaben des Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) sind als Einheit und zusammen mit der zukünftigen Rolle der FhG als Trägergesellschaft für die angewandte Forschung zu sehen. Sie können daher nicht von anderen Institutionen übernommen werden. Enge Zusammenarbeit zwischen dem ISI und anderen Einrichtungen ist selbstverständlich vorgesehen. Im übrigen erinnere ich an eine Ihnen auf Ihre Frage vom 3. 2. bereits gegebene schriftliche Antwort zu Problemen der Innovation. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Ehmke vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ott (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 1): Welche Abgeordneten des Deutschen Bundestages hat Bundeskanzler Brandt gemeint, als er auf einer Mai-Kundgebung in Dortmund von „wankelmütigen und sogar treulosen Abgeordneten" sprach, und welche Beweisgründe hat er hierfür? 10916 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Rede zum 1. Mai 1972 in Dortmund wörtlich gesagt: „Eines sollte allerdings klar sein: Ich bin jeden Tag bereit, den Weg für Neuwahlen zu öffnen. Aber ich bin nicht bereit, auf ein taktisches Manöver einzugehen, das — statt Neuwahlen — die Entscheidung über die Entwicklung in der Bundesrepublik in die Hände einiger wankelmütiger oder sogar treuloser Abgeordneten geraten ließe." Der Sinn dieser Ausführungen ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Rede. Darf ich anregen, Herr Kollege Ott, daß Sie den gesamten Text einmal nachlesen. Ich bin gern bereit, ihn Ihnen zur Verfügung zu stellen. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 9. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Geisendörfer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 6 und 7) : Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um den Unfallopfern, deren Schäden durch keine Versicherung gedeckt sind, in ihrer oft sehr großen Notlage zu helfen? Gibt es Möglichkeiten, bei Rechtsstreitigkeiten über die Frage, wer einen solchen Schaden, und in welcher Höhe, zu ersetzen hat, die lange Wartefrist durch Hilfsmaßnahmen materieller oder sonstiger Art zu überbrücken? Zu Frage 6 Soweit nichtversicherte Unfallopfer in Not geraten sind, kommen für sie die Hilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz in Betracht, die unabhängig von den Gründen der Hilfsbedürftigkeit gewährt werden und sowohl Hilfe zum Lebensunterhalt als auch Hilfen in besonderen Lebenslagen umfassen. Hierzu gehören Hilfen zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage, vorbeugende Gesundheitshilfe, Krankenhilfe, Eingliederungshilfe für Behinderte, Hilfe zur Pflege und Altenhilfe. Dem Hilfesuchenden steht beim Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen auf die meisten Hilfeleistungen einschließlich der Hilfe zum Lebensunterhalt ausdrücklich ein Rechtsanspruch zu. Die Leistungen des Bundessozialhilfegesetzes sollen durch den bereits dem Bundesrat zugeleiteten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes verbessert werden. Darüber hinaus sind Vorarbeiten für ein Gesetz im Gange, durch das Opfern von Straftaten geholfen werden soll. Opfern aus Kraftfahrzeugunfällen kann aus dem seit 1965 bestehenden Entschädigungsfonds für Schäden aus diesen Unfällen geholfen werden. Eine andere Lücke ist bereits durch die am 1. April 1971 in Kraft getretene Einbeziehung von Schülern und Studenten sowie Kindern beim Besuch gemeinnütziger Kindergärten in die Unfallversicherung nach der Reichsversicherungsordnung geschlossen worden. Zu Frage 7 Wie ich in meiner Antwort zur vorherigen Frage ausgeführt habe, kann ein in Not Geratener Sozialhilfe in Anspruch nehmen, falls ihm von anderer Seite keine Hilfe zuteil wird. Der Sozialhilfeträger muß ungeachtet des Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe sofort helfen. Die Aufwendungen für seine Vorleistungen macht er dann gegenüber den anderen, vorrangig zur Hilfe verpflichteten Personen oder Stellen geltend. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache U/3424 Fragen A 8 und 9) : Treffen Meldungen zu, nach denen das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft 70 000 Exemplare des Forschungsberichtes IV an Wissenschaftler und andere Persönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland, zusammen mit einem Fragebogen, verschickt? Welche Kosten entstehen beim Versand dieser 70 000 Exemplare des Forschungsberichtes IV, und aus welchem Titel werden die entsprechenden Mittel entnommen? Die Meldungen treffen zu. Die Fragebogen und ihre Auswertung sind Maßnahmen mit dem Ziel einer stärkeren Beteiligung der Öffentlichkeit, und hier besonders der Wissenschaftler, an der Diskussion über forschungspolitische Fragestellungen. Druck und Versand des Forschungsberichts werden etwa 157 000 DM kosten; die Ausgaben gehen zu Lasten von Kapitel 31 01 Titel 531 02 („Kosten der Veröffentlichung wissenschaftlicher Fachinformationen"). Die Kosten der Vorbereitung und Auswertung des Fragebogens betragen rund 23 000 DM und werden aus dem Titel 685 03 des Kapitels 31 04 („Förderung von Vorhaben, die für die Planungen des Ressorts allgemein bedeutsam sind") bestritten. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kahn-Ackermann (SPD) (Drucksache VI/3424 Fragen A 10 und 11) : Wie verträgt sich die Auskunft, die die Bundesregierung am 1. Dezember 1971 auf die seinerzeitige schriftliche Frage des Kollegen Dr. Schmitt-Vockenhausen nach dem Stand der Neuregelung der Auslandsbesoldung erteilt hat, mit der schriftlichen Antwort des Bundesministers des Innern vom 12. April 1972 auf eine Frage des Kollegen Storm, in der offenkundig die Tatsache ausgeklammert wird, daß der Bundesminister des Innern diese wichtige Maßnahme, die schon auf einen Antrag des Auswärtigen Ausschusses vom 25. Juni 1969 zurückgeht und von Abgeordneten aller Parteien dieses Hauses mehrfach in Erinnerung gebracht wurde, von der Tagesordnung abgesetzt hat, obwohl die zu treffenden Maßnahmen verabschiedungsreif vorliegen und finanziell gesichert sind? Was gedenkt die Bundesregierung angesichts der anhaltenden Beschwerden, insbesondere von Angehörigen von deutschen, im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland arbeitenden Organisationen, zu unternehmen, um das schwerfällige und häufig zu Unausgewogenheiten führende System der Kaufkraftausgleichsermittlungen zu reformieren, und besteht Aussicht, daß die Ermittlungsverfahren zur Berechnung des Kaufkraftausgleichs realistisch und zeitbezogen gestaltet werden? Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10917 Die beiden zitierten Antworten stimmen insofern überein, als in beiden erklärt wird, daß die beteiligten Ressorts sich um die Klärung noch offener Fragen bemühen. Eine ganz andere Frage ist es, ob die Bundesregierung den Entwurf einer entsprechenden Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes beschließen und noch in dieser Legislaturperiode dem Bundestag vorlegen kann. Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung unter den gegebenen Umständen bisher nur das Erste Bundesbesoldungserhöhungsgesetz vorgelegt, das zur Zeit im Innenausschuß beraten wird. Eine ganze Reihe, auch wichtiger, besoldungsrechtlicher Strukturänderungen sind dagegen im Bereich der Bundesregierung zunächst zurückgestellt worden, bis ein Überblick über die vorhandenen Möglichkeiten gegeben ist. Hierzu gehört auch das Vorhaben Neuregelung der Auslandsbesoldung. Eine Beschlußfassung der Bundesregierung über die Weiterverfolgung von Strukturvorhaben liegt noch nicht vor; ob der Deutsche Bundestag etwa bei den interfraktionellen Beratungen im Innenausschuß in dieser Hinsicht initiativ werden wird, läßt sich noch nicht absehen. Das Ermittlungsverfahren für den Kaufkraftausgleich folgt aus dem gesetzlichen Auftrag des § 2 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes; danach darf dem Besoldungsempfänger aus Kaufkraftdisparitäten weder ein Vorteil noch ein Nachteil entstehen. Das System des hier anzuwendenden Preisvergleichs ist von den Ressorts unter intensiver fachlicher Beratung durch das Statistische Bundesamt vor Jahren entwickelt und bis heute immer mehr verfeinert worden. Angesichts der ständigen Schwankungen der Devisenkurse und der Preisverhältnisse allein an den weit über 200 Dienstorten des Auswärtigen Amtes muß ich andererseits darauf hinweisen, daß es schwer ist, hier ein Verfahren zu entwickeln, das zugleich korrekt und praktikabel ist. Ohne Pauschalierungen zeitlicher und örtlicher Art kommt man aber in diesem Bereich nicht aus; dies ist kürzlich auch vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich anerkannt worden. Sie dürfen versichert sein, daß die Bundesregierung im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags alles tut, damit der Kaufkraftausgleich möglichst zeitnah und realistisch ist. Leider sind ihr dabei aus der Natur der Sache heraus Grenzen gesetzt. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 12 und 13) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, das Einreiseverbot gegenüber dem belgischen Trotzkisten Mandel sei eine ,,unglaubliche Schweinerei und ein großes Unrecht", siehe u. a. „Die Welt" vom 24. April 1972? Wie beurteilt die Bundesregierung die in gleichem Zusammenhang wie bei der vorhergehenden Frage gefallene Äußerung, der gemeinsame Beschluß des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten zur Beschäftigung von Radikalen im öffentlichen Dienst werde noch einmal diskutiert? Die Bundesregierung hat ,den belgischen Staatsangehörigen Ernest Mandel als Zurückweisungsfall in die Grenzüberwachungsliste aufnehmen lassen. Die Gründe für diese Entscheidung sind mehrfach öffentlich dargelegt worden, u. a. auch in diesem Hohen Hause. Die Bundesregierung weist deshalb Ansichten, wie sie von Ihnen zitiert worden sind, zurück. Die von Ihnen gewünschte Wertung ist Sache des Ministerpräsidenten ,des Landes Niedersachsen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Giulini (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 14 und 15) : Weiß die Bundesregierung vom Ausscheiden des Dr. van Briessen aus der von ihm aufgebauten Programmredaktion Asien, Deutsche Welle, Köln, der ein Kenner ostasiatischer Sprachen und Mentalitäten ist? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Kenntnisse eines versierten Ostasien-Korrespondenten für die Verbreitung bundesdeutscher Interessen in diesem Raum zu nutzen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Leiter der Asien-Redaktion der Deutschen Welle, Herr Dr. van Briessen, Ende Juli vorigen Jahres mit Vollendung seines 65. Lebensjahres in den Ruhestand getreten ist. Die Bundesregierung vermag keinen Einfluß darauf zu nehmen, daß die Deutsche Welle die Kenntnisse von Herrn Dr. van Briessen nach Vollendung seines 65. Lebensjahres in der einen oder anderen Weise weiter nutzt. Nach § 13 Abs. 2 und § 11 Abs. 4 des Gesetzes über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts vom 29. November 1960 (BGBl. I S. 862) ist der Intendant, der vom Verwaltungsrat bei seiner Geschäftsführung überwacht wird, für derartige Entscheidungen alleine verantwortlich. Die Frage ist in der Deutsche Welle unter Beachtung dieser gesetzlichen Zuständigkeiten geprüft und verneint worden. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 16) : Ist die Bundesregierung bereit, den § 56 Abs. 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung in der Weise zu ergänzen, daß der Vertrieb von Säuglings- und Kleinkindernahrung untersagt wird, um mögliche gesundheitliche Schädigungen von Säuglingen und Kleinkindern z. B. durch Kindernährzucker zu verhindern? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, in § 56 Abs. 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung ein Vertriebsverbot für Säuglings- und Kleinkindernahrung im Reisegewerbe auszusprechen. Es ist der Bundesregierung zwar bekannt, daß beim Vertrieb von Säug- 10918 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 lings- und Kleinkindernahrung „an der Haustür" vereinzelt Mißstände auftreten. Diese liegen jedoch generell nicht auf gesundheitlichem Gebiet. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß es beim Verzehr von Kindernährzucker im Einzelfall zu Unverträglichkeitserscheinungen kommen kann, was aber vom Ernährungszustand und den besonderen Stoffwechsellagen des Kindes abhängt. Um sicherzustellen, daß alle zur Verwendung als Nährzucker in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse für die Ernährung von Säuglingen geeignet sind, hat der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit vor kurzem eine Änderung der Verordnung über diätetische Lebensmittel in die Wege geleitet, die an die Zusammensetzung von Nährzucker besondere Anforderungen stellen wird. Gerügt wird indessen vor allem das unlautere Geschäftsgebaren von Gewerbetreibenden, die u, a. durch Überrumpelung und Täuschung der Käufer langfristige Abnahmeverträge von Kindernährzucker zu erhöhten Preisen erzielen. Solche Mißstände sind nicht symptomatisch für den Vertrieb von Säuglings- und Kleinkindernahrung, sondern können allgemein bei Geschäften „an der Haustür" auftreten. Die Gewerbeordnung bietet auch ohne Ergänzung des § 56 der Gewerbeordnung ausreichende Handhaben, um hiergegen wirksam vorgehen zu können: Nach § 58 in Verbindung mit § 57 der Gewerbeordnung kann die erforderliche Reisegewerbekarte entzogen werden, wenn der Gewerbetreibende unzuverlässig ist. Der Schutz der Verbraucher könnte durch die Verabschiedung des dem Bundestag vorliegenden Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Abzahlungsgesetzes noch verbessert werden. Hiernach soll dem Käufer bei Haustürgeschäften ein Widerrufsrecht binnen einer Woche eingeräumt werden, sofern er einen Vertrag auf wiederkehrende Leistungen abgeschlossen hat. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 17): Ist die Bundesregierung bereit, sich bei den Banken- und Sparkassenverbänden dafür einzusetzen, daß Lohn- und Gehaltskonten nach Schweizer Vorbild mit 3 bis 3,5 % verzinst werden? Die Kreditinstitute sind bei der Festsetzung der Zinsen für Lohn- und Gehaltskonten ebenso wie bei den sonstigen Habenzinsen und den Sollzinsen keinen staatlichen Vorschriften unterworfen. Wie bereits mein Kollege Dr. Emde in der Fragestunde am 27. Januar 1972 ausgeführt hat, beabsichtigt die Bundesregierung nicht, auf die Gebühren- und Zinspolitik der Kreditinstitute Einfluß zu nehmen. Im übrigen möchte ich auf folgende Gesichtspunkte hinweisen: Eine Verzinsung der Guthaben auf Lohn- und Gehaltskonten mit 3 bis 3,5 v. H. würde die bei diesen Konten bestehende Kostenunterdeckung noch vergrößern und höhere Gebührenforderungen auslösen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Überwachung der Zinsstaffel einen höheren Verwaltungsaufwand und damit höhere Kosten verursachen würde. Nur bei nicht unwesentlichen Guthaben würde eine Verzinsung nennenswert ins Gewicht fallen. Für derartige Guthaben bieten sich Sparkonten mit gesetzlicher Kündigungsfrist als eine flexible Anlageform an, von denen jederzeit monatlich bis zu 2 000 DM abgehoben werden können. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 18) : Welche infrastrukturelle Maßnahmen im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig wurden bisher durch Mittel des Zonenrandförderungsgesetzes bevorzugt gefördert, und wann ist mit welchen Förderungsmaßnahmen auf Grund der besonderen wirtschaftlichen Situation in diesem Bereich zu rechnen? Im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig wurden im Jahr 1971 durch Mittel des Zonenrandförderungsgesetzes folgende Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur und folgende kulturelle Maßnahmen gefördert: DM Schaffung von Turn- und Sportstätten 1 250 000 Schaffung von Stätten der Jugendarbeit 134 000 Schaffung von Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation 5 277 000 Einrichtungen der beruflichen Bildung 320 000 Schaffung von Schulen und Kindergärten 3 532 000 Kulturelle Maßnahmen 1 245 000 insgesamt 11 757 000 Zum zweiten Teil Ihrer Frage, wann mit welchen Förderungsmaßnahmen im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig zu rechnen ist, ist folgendes zu sagen: Im Rahmen des Zonenrandförderungsgesetzes betragen die zusätzlichen Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur 1972 aufgrund des Zonenrandförderungsgesetzes 80 Millionen DM für das gesamte Zonenrandgebiet. Eine Aufteilung dieser Mittel auf einzelne Gebiete und auf einzelne Maßnahmen ist noch nicht erfolgt. Dies wird jedoch in Kürze geschehen. Ein beachtlicher Teil der Mittel wird aller Voraussicht nach wiederum im Verwaltungsbezirk Braunschweig eingesetzt werden. Im übrigen möchte ich noch folgendes bemerken: Den Umfang der staatlichen Wirtschaftsförderung darf man nicht nur nach den Maßnahmen nach dem Zonenrandförderungsgesetz beurteilen. Weit bedeutungsvoller sind die Hilfen im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung. Der Verwaltungsbezirk Braunschweig ist auf diesem Gebiet in den letzten Jahren in ganz besonderem Maße gefördert worden. So sind in den Jahren 1969 bis 1971 mit Hilfe von Mitteln des Bundes und des Landes Niedersachsen in diesem Gebiet rd. 16 500 neue gewerbliche Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10919 Arbeitsplätze entstanden oder im Entstehen begriffen. Zur Schaffung dieser Arbeitsplätze wurden gewerbliche Investitionen in Höhe von 1,4 Milliarden DM gefördert. Seit dem 1. Januar 1972 wird die regionale Wirtschaftsförderung von Bund und Ländern im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" durchgeführt, wobei im laufenden Jahr für Infrastrukturmaßnahmen im Regionalen Aktionsprogramm „Niedersächsisches Zonenrandgebiet" 41,9 Millionen DM vorgesehen sind. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 19) : Was gedenkt die Bundesregierung gegen die geradezu bedrohliche Entwicklung der Textilimporte, die 1971 eine Rekordhöhe von über 10 Milliarden DM und einen Einfuhrüberschuß von 2,5 Milliarden DM erreichten, zu unternehmen, und wie stellt sich die Bundesregierung einen Ausgleich der Importlastverteilung innerhalb der EWG vor? Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie haben sich 1971 und im bisherigen Verlauf dieses Jahres günstiger als der Durchschnitt der gesamten Industrie entwickelt. Der Einfuhrüberschuß in Höhe von 2,5 Mrd. DM im vergangenen Jahr weist zwar eine Steigerung um 702 Millionen DM auf, ihm steht jedoch ein Umsatzzuwachs der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie um 2,9 Mrd. DM gegenüber. Die Bundesregierung hält deshalb die Entwicklung der Textilimporte nicht für bedrohlich und ist daher nicht der Auffassung, daß hiergegen — über die gerade auf diesem Sektor bestehenden Einfuhrhemmnisse hinaus — weitere Schutzmaßnahmen ergriffen werden müßten. Solche Maßnahmen würden auch mit bestehenden internationalen Verpflichtungen, z. B. gegenüber dem GATT, kollidieren; sie widersprächen darüber hinaus auch den Grundsätzen unserer liberalen Außenhandelspolitik und wären im Hinblick auf den hohen Grad außenwirtschaftlicher Verflechtungen unserer Volkswirtschaft gefährlich. Eine ausgewogenere Importlastverteilung innerhalb der EWG kann nur von Fall zu Fall bei der innergemeinschaftlichen Vorbereitung von Verhandlungen der Gemeinschaft mit Drittländern verfolgt werden. Auf dem Gebiet der Zollpräferenzen hat die Bundesregierung bereits erreicht, daß der Anteil der Bundesrepublik an den zollfreien Plafonds für Einfuhren aus Entwicklungsländern bei sensiblen Textilerzeugnissen auf 37,5 °/o begrenzt wurde. Auch bei den anstehenden Verhandlungen der Gemeinschaft über Handelsabkommen mit Drittländern wird sie sich bemühen, eine gleichmäßigere Verteilung der Einfuhren insbesondere aus Niedrigpreisländern auf die einzelnen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zu erreichen. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 20) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß auf Grund der unbefriedigenden Ertragslage in der Textilwirtschaft die Investitionen 1971 um 7 % für Bruttoanlagegüter und um 15 % für Maschinen unter der Vorjahreshöhe liegen, und wie beurteilt die Bundesregierung die Auftragslage für das zweite Halbjahr 1972? Nach vorläufigen Erhebungen des Ifo-Instituts — endgültige Daten liegen noch nicht vor — dürften sich die Gesamtinvestitionen der Textilindustrie im vergangenen Jahr um etwa 8 % verringert haben, während diejenigen der Bekleidungsindustrie konstant geblieben sein dürften. Die Entwicklung des Investitionsvolumens ist auch in der Textil- und Bekleidungsindustrie konjunkturellen Schwankungen unterworfen. Der Rückgang in der Textilindustrie ist zu sehen im Zusammenhang mit der allgemein verringerten Investitionsneigung im vergangenen Jahr und mit den hohen Steigerungsraten des Investitionsvolumens der Textilindustrie in den beiden Vorjahren. Was die Auftragslage der Textil- und Bekleidungsindustrie im zweiten Halbjahr 1972 anbetrifft, so stimmen die Ergebnisse der letzten Messen ebenso optimistisch wie der Umstand, daß der Textileinzelhandel in den ersten vier Monaten dieses Jahres eine Zuwachsrate von 15 % zu verzeichnen hatte. Angesichts der sich abzeichnenden positiven Konjunkturentwicklung wird diese günstige Prognose auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht gestützt. Der Auftragsboom der Bekleidungsindustrie im ersten Quartal dieses Jahres — der Auftragseingang betrug +18,9 % — dürfte allerdings in den nächsten Monaten abflachen. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Strohmayr (SPD) (Drucksache VI/3424 Fragen A 21 und 22) : Hält es die Bundesregierung trotz der Vereinbarungen am 31. Januar 1972 nicht doch für notwendig, auf die Kreditinstitute dahin gehend Einfluß zu nehmen, daß Kontoinhaber, die Bezieher kleiner Einkommen und Rentner sind, aus sozialen Gründen von der Gebührenerhebung verschont werden? Würde in diesem Zusammenhang die Bundesregierung veranlassen, daß unbare Zahlungen an caritative Verbände und Vereine von den Kreditinstituten gebührenfrei abgewickelt werden? Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, auf die Kreditinstitute dahin einzuwirken, finanziell schwächere Bevölkerungskreise von etwaigen Gebühren für Lohn- und Gehaltskonten freizustellen oder unbare Zahlungen an karitative Einrichtungen nicht mit Gebühren zu belasten. Die Kreditinstitute sind Wirtschaftsunternehmen, denen man zugestehen muß, daß sie auf Kostendeckung bedacht sind. Soziale Erwägungen der in Ihrer Frage angesprochenen Art würden aber gerade zu einem kosten- 10920 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 erhöhenden Verwaltungsaufwand bei den Kreditinstituten führen. Ich meine deshalb, daß es verständlich ist, wenn die Kreditinstitute Gebührenbefreiungen, wie Sie sie mit Ihrer Frage anstreben, nicht gewähren. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß Bezieher kleiner Einkommen, wie z. B. Rentner, von den Gebührenerhebungen häufig überhaupt nicht oder nur in geringem Maße betroffen werden, weil bei der überwiegenden Zahl der Kreditinstitute zumindest 3 bis 4 Buchungen pro Monat gebührenfrei sind. Diese Regelung kommt in erster Linie finanziell schwächeren Bevölkerungskreisen zugute, die in der Regel ihre Konten nicht allzu häufig bewegen und daher oft keine Gebühren zahlen werden. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Eppler vom 10. Mai 1972 auf ,die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Herklotz (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 23) : Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend der Empfehlung 668 (1972) der Beratenden Versammlung des Europarats mit den Regierungen der übrigen Mitgliedsländer zusammenzuarbeiten, um die europäischen Bemühungen im Rahmen des Welternährungsprogramms der FAO zu koordinieren, und welche Schritte gedenkt sie hier zu unternehmen, um diese Empfehlung zu verwirklichen? Die Bundesregierung hält es für wichtig und notwendig, die europäischen Programme der Nahrungsmittelhilfe im Rahmen des Welternährungsprogramms zu koordinieren. Das WEP wurde 1963 als gemeinsame Tochterorganisation der Vereinten Nationen und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gegründet; es ist in ,diesen 10 Jahren zu der international maßgebenden Organisation für Nahrungsmittelhilfe an Entwicklungsländer geworden und verfügt über die meisten Erfahrungen auf diesem nicht unproblematischen Sondergebiet der Entwicklungshilfe. Zur Koordination der Nahrungsmittel-Soforthilfe bei Katastrophenfällen haben die Niederlande im Juni 1970 ,dem Zweiten Welternährungskongreß in Den Haag den Vorschlag vorgelegt, eine „Internationale Nahrungsmittelbank" zu errichten. Im Rahmen dieser vom WEP zu verwaltenden „Bank" sollten unter anderem in verschiedenen Teilen der Welt internationale Nahrungsmittelläger als Katastrophenreserven angelegt werden. Diesem Vorschlag stimmte der Regierungsausschuß des Welternährungsprogramms erst dann im Grundsatz zu, als er 1971 in neuer, realistisch reduzierter Gestalt und unter dem neuen Namen „Emergency Food Supply Scheme" (Nahrungsmittel-SofortlieferungsSchema) erneut eingebracht wurde. Er sieht vor: 1. Die Schaffung eines Netzwerks bilateraler Vereinbarungen WEP und Geberländern zum Zwecke einer größeren Beschleunigung von WEP-Nahrungsmittellieferungen in Katastrophenfällen. 2. Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen WEP und anderen internationalen Organisationen, die auch in der Katastrophenhilfe tätig werden (z. B. dem Internationalen Roten Kreuz, dem UN-Hochkommissar für das Flüchtlingswesen, dem UN-Weltkinderhilfswerk, usw.). Im Interesse ,der größtmöglichen Beschleunigung der Lieferungen hat die Bundesregierung dem WEP gegenüber im Januar 1972 ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, in diesem Emergency Food Supply Scheme (EFSS) mitzuarbeiten. Die deutsche Mitwirkung geschieht mit folgenden Maßgaben: — Die Bundesrepublik Deutschland hat dem WEP angeboten, aus ihrem regulären jährlichen Nahrungsmittelbeitrag an das WEP bestimmte Warenarten und -mengen auf Abruf des WEP vorrangig und binnen kürzester Frist zu liefern. — Aus der deutschen Mitarbeit dürfen der Bundesrepublik Deutschland keine zusätzlichen Kosten entstehen. Auch die Schaffung eines zusätzlichen Apparates, über den beim WEP bestehenden hinaus, erscheint der Bundesregierung nicht erforderlich (ist auch nicht vorgesehen). — Weitergehenden Vorschlägen, insbesondere auf Errichtung besonderer Lagerhaltung, kann die Bundesregierung nicht zustimmen, da eine Notwendigkeit hierfür gegenwärtig nicht erkennbar ist. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Rinderspacher (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 24) : Wird die Bundesregierung entsprechend der Empfehlung 668 (1972) der Beratenden Versammlung des Europarats zusammen mit den Regierungen der übrigen Mitgliedsländer in Europa Lebensmittelvorräte anlegen, die Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden, die infolge von großen Katastrophen von Hungersnot bedroht sind, und welche Mittel wird sie hier- für zur Verfügung stellen? Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer organisatorischen und finanziellen Möglichkeiten bereits bisher ihr Möglichstes getan, um die Folgen von Katastrophen, von denen Völker in dieser Welt betroffen wurden, zu lindern. Gerade die jüngsten Erfahrungen auf dem indischen Subkontinent und anderen Teilen der Welt haben erkennen lassen, daß eine schnelle und gut koordinierte Aktion aller Geberländer vielen Menschen das Leben retten und Not lindern kann. Diese Erfahrungen haben für die Bundesrepublik gezeigt, daß es im Augenblick nicht erforderlich ist, spezielle Lagerbestände für den Katastrophenfall aufzubauen. Die Vorräte der öffentlichen Hand an Getreide, Magermilchpulver und Fleischkonserven, ergänzt durch kurzfristig auf dem Markt beschaffbare Produkte wie Kindernahrungsmittel haben sich als voll ausreichend erwiesen. Die Zusammenarbeit zwischen den helfenden Ländern ist jedoch noch verbesserungsbedürftig. Die Bundesregierung hat sich daher aktiv an der Schaffung eines Verteilungsschemas für Nahrungsmittel in Katastrophenfällen beim Welternährungspro- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10921 gramm der Vereinten Nationen und der FAO beteiligt. Sie stellt gewisse Mengen hochwertiger Nahrungsmittel für die sofortige Verschiffung in Katastrophenfällen zur Verfügung. Dies geschieht jedoch unabhängig von den in solchen Fällen durchzuführenden, der jeweiligen Situation anzupassenden bilateralen Direktmaßnahmen der Bundesregierung, die das unmittelbare Überleben der betroffenen Bevölkerung zum Ziele haben. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hermesdorf (Schieiden) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 25) : Teilt die Bundesregierung die Meinung einzelner Entwicklungsländer, daß die Preise für die von ihnen exportierten Agrarprodukte, aus der Sicht dieser Länder gesehen, völlig unzulänglich sind, und was gedenkt die Bundesregierung entsprechend der Empfehlung Nr. 668 der Beratenden Versammlung des Europarats zu unternehmen, um den Entwicklungsländern zu höheren Preisen für ihre Exporte, besonders für die exportierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse, zu verhelfen? Die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung, daß die Preise für die von Entwicklungsländern exportierten Agrargüter im allgemeinen völlig unzulänglich sind; von Fall zu Fall treten allerdings bei schwerwiegenden Marktungleichgewichten ungenügende Erlössituationen auf. Dies sind u. a. auf die in den tropischen Gebieten entstehenden Ernteschwankungen und auf die Wettbewerbseinflüsse von synthetischen Substituten zurückzuführen. Die Stabilisierung der Weltmarktpreise ist ein weltweites Problem; es kann nur in enger internationaler Zusammenarbeit gelöst werden. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in den internationalen Organisationen (WHK, GATT, FAO) aktiv und konstruktiv an den Bemühungen beteiligt, durch internationale Vereinbarungen zu einer Stabilisierung der Weltmarktpreise und zu besseren Exporterlösen für die Entwicklungsländer zu gelangen. Ferner unterstützt die Bundesregierung im Rahmen der Technischen Hilfe durch Studien- und Beratungsprojekte die Bemühungen von Entwicklungsländern, ihre Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen zu verbessern, damit höhere Exporterlöse erzielt werden. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schachtschabel (SPD) (Drucksache VI/3424 Fragen A 26 und 27) : Wann ist mit dem Abschluß der Überprüfung der Zusammenlegung der Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg zu einem großen Kreiswehrersatzamt zu rechnen, und ist bereits abzusehen, ob bei einer Zusammenlegung als Sitz des neuen großen Kreiswehrersatzamts Mannheim oder Heidelberg in Frage kommt? Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des Kultusministers des Landes Baden-Württemberg, daß wegen der gegenwärtig noch ausstehenden Entscheidung über die Zusammenlegung der beiden Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg Unruhe unter der Bevölkerung aufgekommen sei? Die Prüfung, ob die Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg zusammengelegt werden können, wird voraussichtlich in 6-8 Wochen abgeschlossen sein. Es kann daher zur Zeit noch nicht gesagt werden, ob nach einer Zusammenlegung der Ämter der Behördensitz in Mannheim oder in Heidelberg sein wird. Nach Auffassung der Bundesregierung besteht wegen der gegenwärtig noch ausstehenden Entscheidung über die Zusammenlegung der beiden Kreiswehrersatzämter Mannheim und Heidelberg für die Bevölkerung kein Grund zur Beunruhigung. Ich darf darauf hinweisen, daß auch bei der Neuorganisation von Wehrersatzbehörden die publikumsnahe Wahrnehmung der Wehrersatzangelegenheiten sichergestellt wird. Darüber hinaus werden bei solchen Organisationsmaßnahmen die berechtigten Belange der bei den Wehrersatzbehörden Beschäftigten berücksichtigt. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage A 30) : Sieht die Bundesregierung im Falle der Heraufsetzung der Eintragungsgrenzen von Bußgeldern in der Verkehrssünderkartei Anlaß dafür, auch für das verbotene Parken auf Gehwegen wirksame, mit den Geldbußen in anderen Ländern vergleichbare gebührenpflichtige Verwarnungen einzuführen? Der Deutsche Bundestag hat zwar in seinem Entschließungsantrag in der vergangenen Woche die Überprüfung der im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelsätze angeregt, jedoch nur für „stark verkehrsgefährdende Ordnungswidrigkeiten". Hierzu zählt das verbotene Gehwegparken — so lästig es im Einzelfall sein kann — in der Regel nicht. Die Bundesregierung wird aber im Benehmen mit den Ländern klären, ob eine Anhebung des Verwarnungsgeldes für diese Ordnungswidrigkeiten erfolgen sollte. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage A 31) : Ist die Bundesregierung bereit, sich beim Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften dafür einzusetzen, daß die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Emissionen von luftverunreinigenden Gasen aus Dieselmotoren von Kraftfahrzeugen auf der Grundlage geeigneter Grenzwerte in Kraft gesetzt werden, um für den Bereich der EWG Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern und für die Bevölkerung, besonders in Ballungsgebieten und Großstädten, durch große Konzentrationen von Abgasen Gesundheitsschäden zu verhindern? 10922 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat am 30. Dezember 1971 dem Rat einen Vorschlag für eine Richtlinie über Maßnahmen gegen die Emission von luftverunreinigenden Gasen aus Dieselmotoren von Kraftfahrzeugen vorgelegt. Der Wortlaut wurde im Amtsblatt der EG Nr. C 26 vom 15. März 1972 veröffentlicht. Vorausgesetzt, daß Bundestag und Bundesrat, denen der Wortlaut am 5. Mai 1972 zugeleitet wurde, sich nicht ablehnend äußern, wird die Bundesrepublik dem Vorschlag zustimmen. Er setzt strengere Maßstäbe als z. B. die z. Z. in den USA geltenden Bestimmungen. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Pieser (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 32 und 33) : Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherige Tätigkeit des „Privaten Bevorschussungsbüros für gezahlte Straßenbenutzungsgebühren" in Berlin, das über 14 Jahre hinweg die Auszahlung der Erstattungsbeträge an die Unternehmer gegen geringe Gebühren durchgeführt und damit der öffentlichen Hand erhebliche Aufwendungen erspart und so wesentlich zur Erleichterung der Abwicklung des lebenswichtigen Güterfernverkehrs von und nach Berlin beigetragen hat? Ist der Bundesregierung bekannt, daß dieses Unternehmen mit 26 Angestellten durch die vorzeitige Inkraftsetzung des Artikels 18 des Transitabkommens unerwartet seine Existenzgrundlage verloren hat, und ist die Bundesregierung bereit, in diesem Fall aus politischen, sozialen und moralischen Gründen, unabhängig von der Rechtslage, dafür einzutreten, daß möglichst schnell ein angemessener Härteausgleich gewährt wird? Die Straßenbenutzungsgebühren wurden von der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr seit dem 2. Mai 1955 zuerst als Darlehn, vom 1. Februar 1959 als Betriebsbeihilfe gezahlt bzw. erstattet. Schwierigkeiten in der Abwicklung dieser Aufgabe hat es auch in der Zeit nicht gegeben, in der ein „Privates Bevorschussungsbüro" nicht bestand. Die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr war zu jeder Zeit, sowohl in personeller als auch in organisatorischer Hinsicht in der Lage, die Auszahlungen zügig abzuwickeln. Eines „Privaten Bevorschussungsbüros" hätte es dazu nicht bedurft. Der Bundesregierung ist bekannt, daß durch die vorzeitige Inkraftsetzung des Artikels 18 des Transitabkommens die Grundlage für das „Private Bevorschussungsbüro" entfallen ist. Sie sieht sich allerdings nicht in der Lage, „aus politischen, sozialen und moralischen Gründen" einen Härteausgleich zu gewähren. Für die Firmengründung und die Tätigkeit des „Privaten Bevorschussungsbüros" waren öffentliche Interessen nicht maßgebend. Auch ohne die Gründung dieses Büros, das ausschließlich auf eigenem Risiko gearbeitet hat, wären Verzögerungen in der Erstattung der Straßenbenutzungsgebühren nicht eingetreten. Ein Anspruch könnte nur dann anerkannt werden, wenn eine Rechtsgrundlage dafür vorhanden wäre; hieran fehlt es aber. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hanz (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen A 34 und 35) : Welche Gründe haben die Deutsche Bundespost veranlaßt, die Telefonortsnetze Diez, Hahnstätten, Holzappel, Katzenelnbogen, Nenterhausen und Wallmerod, die seit dem 1. Juli 1971 aus dem Fernmeldeamt Koblenz in das von Gießen umgegliedert worden sind, auch künftig aus dem Amtlichen Fernsprechbuch 15 (Rheinland-Pfalz Nord-Ost) in das Amtliche Fernsprechbuch 36 (Hessen-Süd) zu übernehmen? Ist die Bundesregierung bereit, angesichts der verwaltungsmäßigen Zugehörigkeit der genannten Ortsnetze zum Land Rheinland-Pfalz sowie ihrer weitaus überwiegenden wirtschaftlichen Orientierung innerhalb der Landesgrenzen, die bisher geltende und bewährte Regelung beizubehalten? Durch die ständig wachsende Zahl neuer Fernsprechteilnehmer werden die Amtlichen Fernsprechbücher immer umfangreicher. In den letzten Jahren mußten deshalb wiederholt die Geltungsbereiche verschiedener Amtlicher Fernsprechbücher neu aufgeteilt werden, weil Bücher mit einem Umfang von mehr als 1800 Seiten nicht mehr rationell gebunden werden können. Die von Ihnen genannten Ortsnetze gehören zum Knotenvermittlungsstellen-Bereich Limburg. Sie wurden in das Amtliche Fernsprechbuch 36 Hessen-Süd übernommen, weil auf diese Weise alle Teilnehmer des Knotenvermittlungsstellen-Bereichs Limburg in einem Amtlichen Fernsprechbuch zusammengefaßt werden können. Dabei muß noch erwähnt werden, daß die Knotenvermittlungsstellen-Bereiche bei Einführung des Selbstwählferndienstes nicht willkürlich, sondern nach dem Verkehrsfluß der Gesprächsabwicklung gebildet worden sind. Bei der Neuabgrenzung von Geltungsbereichen der Amtlichen Fernsprechbücher kann nicht immer auf die Übereinstimmung mit den Landesgrenzen Rücksicht genommen werden. Die Deutsche Bundespost muß vor allem bestrebt sein, die Geltungsbereiche der Amtlichen Fernsprechbücher mit den fernmeldetechnischen Bereichsgrenzen, die aufgrund der Verkehrsstruktur zustande gekommen sind, in Dekkung zu bringen. Aus vorstehenden Gründen kann von der nunmehr bestehenden Abgrenzung nicht wieder abgegangen werden. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dichgans (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 1) : Was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun, daß die Gemeinden in Gebieten, die unzweifelhaft späterhin zu den unter Baubeschränkung stehenden Fluglärmzonen 1 und 2 gehören werden, jetzt vorweg Bauerlaubnisse in großer Zahl erteilen, unter Berufung darauf, daß diese Lärmzonen wegen des Fehlens der gesetzlichen Vorschriften noch nicht fixiert seien? Ihre Frage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Städtebau und Wohnungs- Deutscher Bundestag 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10923 wesen wie folgt: Die Durchführung des Bundesbaugesetzes obliegt den Ländern bzw. den Gemeinden. Der Bund hat deshalb im allgemeinen keinen Einfluß auf die Aufstellung von Bauleitplänen und auf die Entscheidung über Bauanträge in bauplanerischer Hinsicht. Das Bundesbaugesetz ermöglicht es den zuständigen Landesbehörden, die Aufstellung von Bauleitplänen und die Erteilung von Baugenehmigungen in Gebieten, die von den Lärmschutzbereichen nach den Vorschriften des Gesetzes gegen Fluglärm erfaßt werden, zu verhindern. In Grenzfällen werden die Landesbehörden leichter entscheiden können, wenn die Lärmschutzbereiche nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm durch Verordnung festgesetzt sind. In mehreren Antworten auf mündliche Anfragen habe ich bereits dargelegt, daß den Arbeiten zur Vorbereitung der Festsetzung von Lärmschutzbereichen Vorrang eingeräumt wird. Das für die Berechnung der Lärmschutzzonen notwendige Datenerfassungssystem ist inzwischen von der Göttinger Expertengruppe erarbeitet und am 25. April 1972 zwischen den beteiligten Bundesressorts, den für den Immissionsschutz zuständigen obersten Landesbehörden und den obersten Luftfahrtbehörden der Länder abschließend beraten worden. Der Bundesminister für Verkehr hat die Einholung der zur Festsetzung der Lärmschutzbereiche relevanten Daten für die zivilen Flughäfen übernommen. Die Bundesregierung ist darum bemüht, die Verordnung baldmöglichst in Kraft treten zu lassen. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage B 2): Aus welchen Gründen sieht die Bundesregierung die Tatsache, daß Beamte ohne Rücksicht auf Einkommensgrenzen die Kosten für den Anstaltsaufenthalt eines Angehörigen voll bezahlt bekommen und zusätzlich noch die Steuerpauschale gemäß § 33 EStG in Anspruch nehmen können, während Nichtbeamte insoweit anders behandelt werden, als gerechtfertigt an? Die Vorschrift über die Anstaltsunterbringung ist mit Wirkung vom 1. Oktober 1965 in die Beihilfevorschriften eingefügt worden. Anlaß hierfür war das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Oktober 1965 — VIII C 63.63. In dem Urteil stellte das Gericht fest, die Beihilfevorschriften in der bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung wären dadurch, daß sie die Gewährung einer Beihilfe zu den Kosten der dauernden Unterbringung körperlich oder geistig unheilbarer Kranker in Siechen-, Heil- und Pflegeanstalten nicht vorsähen, der Fürsorge- und Alimentationspflicht nicht gerecht geworden. Der Dienstherr sei verpflichtet, seinen Beamten und deren Familien einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stelle der Dienstherr mit den laufenden Bezügen einen Durchschnittssatz der zu erwartenden Aufwendungen zur Verfügung. Sofern darüber hinaus Aufwendungen entstehen, so wie hier in den Fällen einer dauernden Anstaltsunterbringung, sei eine zusätzliche Hilfe des Dienstherrn notwendig. Die Aufwendungen werden keineswegs voll bezahlt. Zunächst sehen die Beihilfevorschriften nach dem Familienstand gestaffelte Anrechnungsbeträge vor, die monatlich 80 DM bis 120 DM, bei Alleinstehenden 60 v. H. bzw. 80 v. H. der gesamten Dienst- oder Versorgungsbezüge betragen. Sodann sind die über diesen Selbstbehalt hinausgehenden Aufwendungen nur bis zum niedrigsten Satz der für die Unterbringung in Betracht kommenden öffentlichen Krankenanstalt am Ort der Unterbringung beihilfefähig. Zu den dann verbleibenden Aufwendungen wird wiederum eine nach dem Familienstand gestaffelte Beihilfe in Höhe von 60 bis 80 v. H. gezahlt. Die Erfahrung hat gezeigt, daß diese einschränkende Regelung in zahlreichen Fällen eine erhebliche Dauerbelastung zur Folge hat. Damit ist Ihre Annahme, daß neben voller Erstattung durch den Dienstherrn noch die Inanspruchnahme des Kinderfreibetrages nach § 32 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes möglich ist, nicht begründet. Diese Beihilfevorschrift ist im übrigen nicht, wie Sie meinen, Herr Kollege, auf Beamte beschränkt, sondern findet auch auf Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst Anwendung. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 3) : Beabsichtigt die Bundesregierung, im Rahmen der Steuerreform für die Ausbildung hauswirtschaftlicher Lehrlinge Steuererleichterungen vorzusehen? Nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) über die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen (§§ 33, 33 a Abs. 3 EStG) wird die Beschäftigung einer Hausgehilfin unter den dort genannten Voraussetzungen in der Weise begünstigt, daß die Aufwendungen hierfür bis zu 1 200 DM im Kalenderjahr vom Einkommen abgezogen werden. Hausgehilfin in diesem Sinne ist auch ein hauswirtschaftlicher Lehrling; besondere Vorkenntnisse im Haushalt sind nicht erforderlich, damit eine Hausangestellte als Hausgehilfin im Sinne des § 33 a Abs. 3 EStG anerkannt werden kann. Ihre Frage zielt darauf ab, Aufwendungen für die Beschäftigung eines hauswirtschaftlichen Lehrlings über die bezeichneten Vorschriften hinaus allgemein zum Abzug zuzulassen. Eine solche Regelung würde jedoch mit dem Grundsatz des § 12 Ziff. i EStG, wonach Lebenshaltungskosten bei der Ermittlung des Einkommens nicht abgesetzt werden können, im Widerspruch stehen. Denn es kann nicht 10924 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 übersehen werden, daß der Lehrling Arbeitsleistungen erbringt, die die Hausfrau entlasten und ausschließlich den privaten Lebensbereich betreffen. Aufwendungen können aber — soweit in diesem Zusammenhang von Interesse — nur nach Maßgabe der Vorschriften über die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen, d. h. nicht allgemein, sondern nur unter den besonderen Voraussetzungen dieses Rechtsinstituts berücksichtigt werden. Hieran muß auch künftig festgehalten werden, zumal jede Ausnahmeregelung auf diesem Gebiet weitere, nicht absehbare Berufungsfälle zur Folge hätte. Ich kann deshalb eine Änderung der einkommensteuerlichen Vorschriften auch im Rahmen der Steuerreform nicht befürworten. Dabei verkenne ich nicht die Bedeutung, die der Ausbildung hauswirtschaftlicher Lehrlinge zukommt. Ich halte jedoch das Einkommensteuergesetz seiner Natur nach nicht für geeignet, um als Instrument zur Heranbildung von Nachwuchskräften für bestimmte Dienstleistungsberufe ausgebaut zu werden. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 10. Mai 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen B 4 und 5) : In welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung, die früheren Einwohner der DDR zu entschädigen, die in der DDR enteignet wurden und deren Bankkonten gesperrt worden sind? Ist beabsichtigt, die Entschädigungsforderungen dieser Bürger mti den Zahlungen zu verrechnen, die im Rahmen der vertraglichen Abmachungen mit der DDR an die DDR von der Bundesregierung geleistet werden? Vermögensschäden im Gebiet der DDR werden nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz in der Fassung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1897), geändert durch das 23. Änderungsgesetz zum Lastenausgleichsgesetz vom 23. Dezember 1970 (BGBl. I S. 1870), festgestellt und als Zonenschäden nach den Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes in der Fassung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1909), zuletzt geändert durch das 24. Änderungsgesetz zum Lastenausgleichsgesetz vom 22. Februar 1972 (BGBl. I S. 189), wie die Vertreibungsschäden und die Schäden der einheimischen Kriegssachgeschädigten durch eine Hauptentschädigung abgegolten. Zu Ihrer Frage B 5 teile ich Ihnen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen folgendes mit: Eine Verrechnung der Leistungen an geschädigte frühere Bewohner der DDR mit den vertraglich vereinbarten Zahlungen an die DDR ist nicht möglich, weil sie das Gegenteil dessen bewirken müßte, was die Bundesregierung mit den Zahlungen an die DDR anstrebt und schon erreicht hat. Ich darf dies für die beiden Komplexe der Postzahlungen und der Gebührenpauschalierung im Berlin-Verkehr näher erläutern: Die Leistungen an die DDR auf dem Gebiet des Postwesens dienen zum einen zum Ausgleich nachweisbarer Mehrleistungen der Deutschen Post der DDR infolge des größeren Umfangs der Postsendungen aus der Bundesrepublik Deutschland in die DDR. Zum anderen konnten dadurch bedeutende Verbesserungen auf dem Gebiet des Post- und Fernmeldewesens erreicht werden, vor allem die Wiederaufnahme des Telefonverkehrs in Berlin nach einer Unterbrechung von etwa 20 Jahren. Daneben darf ich die wesentliche Vermehrung der Telefonverbindungen zwischen Westdeutschland und der DDR erwähnen, die zu einer spürbaren Reduzierung der früher erheblichen Wartezeiten geführt hat. Außerdem wurde auch die Zahl der Telegramm- und Telexleitungen beträchtlich erhöht. Die Pauschalabgeltung der Gebühren im Berlin-Verkehr seit 1. Januar 1972 hat die bisherige individuelle Gebührenerhebung abgelöst und damit den Verkehr nach und von Berlin bedeutend erleichtert und beschleunigt. Einer Verrechnung stünden damit nicht nur rechtliche Hindernisse entgegen; sie würde auch die erreichten Verbesserungen gefährden. Unabhängig davon muß eine Lösung des Problems der Konten früherer Bewohner der DDR gesucht werden. Dies wird nur durch Vereinbarungen mit der DDR möglich sein. Die Bundesregierung ist nach wie vor bemüht, Verhandlungen hierüber aufzunehmen. Anlage 29 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Strohmayr (SPD) (Drucksache VI/3424 Frage B 6) : Ist die Bundesregierung bereit, die im Wohnungsgemeinnützig keitsgesetz liegende Diskrepanz zu beseitigen, nach dem be Erwerb von Grundstücken für den sozialen Wohnungsbau Grund erwerbsteuerfreiheit besteht, während beim Grunderwerb zurr Bau von Altenheimen, Altenpflegeheimen und Altenwohnungen von den freien Wohlfahrtsverbänden Grunderwerbsteuer erhoben wird? Ich darf zunächst bemerken, daß sich die Grunderwerbsteuerfreiheit beim Grunderwerb zur Errichtung von Alten- und Pflegeheimen durch Wohlfahrtsverbände nicht nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, sondern nach landesrechtlichen Grunderwerbsteuervorschriften in Verbindung mil der Gemeinnützigkeitsverordnung richtet. Diese Vorschriften stimmen in den verschiedenen Bundesländern nicht ganz überein. In der Regel wird jedoch der Grunderwerb zum Bau von Alten- und Pflegeheimen von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn die Heime in besonderem Maße bedürftigen oder minderbemittelten Personen dienen. Diese Regelung gilt auch für Bayern. Insofern dürfte Ihrem Anliegen schon Rechnung getragen sein. Ob darüber hinaus für die Fälle der Alten- und Pflegeheime Grunderwerbbsteuerbefreiungen gewährt werden können wenn die o. a. Voraussetzungen nicht vorliegen wird erst im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuerreform entschieden werden können. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10925 Anlage 30 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 8. Mai 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hussing (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen B 7 und 8) : Mit welcher Zuwanderungsquote britischer Gastarbeiter in die Bundesrepublik Deutschland rechnet die Bundesregierung in den nächsten Jahren? Mit welcher beruflichen Zusammensetzung rechnet die Bundesregierung bei den britischen Gastarbeitern? Die Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten britischen Arbeitnehmer hat sich von Ende Januar 1970 bis Ende Januar 1972 von 12 349 auf 18 137 erhöht. Mit einem weiteren Anstieg ist zu rechnen, insbesondere wenn am 1. Januar 1973 die Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der erweiterten Gemeinschaft in Kraft treten. Zuverlässige Aussagen über die künftigen Zuwachsraten lassen sich zur Zeit nicht machen. Schätzungen nichtamtlicher Stellen, von denen unterschiedliche Zahlenangaben vorliegen, können deshalb auch nur mit Vorbehalt bewertet werden. Zu Ihrer 2. Frage möchte ich anmerken: Von den Ende Januar 1972 in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten britischen Arbeitnehmern waren 11 288 Männer und 6 849 Frauen. Die männlichen Arbeitnehmer waren hauptsächlich in der Eisen- und Metallindustrie, im Bereich des Handels, im Geld- und Versicherungswesen sowie im verarbeitenden Gewerbe beschäftigt. Schwerpunkt der Beschäftigung weiblicher Arbeitnehmer war der Dienstleistungsbereich. Hinsichtlich der beruflichen Zusammensetzung liegen keine Statistiken vor. Die Nachfrage nach britischen Arbeitnehmern ist vornehmlich auf Fachkräfte gerichtet. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 9) : Nachdem die Bundesregierung auf meine Frage, welche Planungen bei der Bundesregierung in bezug auf die endgültige Verwendung der Kaserne Broitzem (Standort Braunschweig) bestünden, im Jahre 1969 antwortete, daß die endgültige Verwendung im Rahmen der neuen Heeresplanung überprüft werde, frage ich, ob damit zu rechnen ist, daß die von der Panzergrenadierbrigade 2 dem Bundesministerium unterbreitete Vorstellung, daß die Nutzung der Kaserne auf Grund der Maßnahmen des Weißbuchs auf infrastrukturellem Gebiet im Standort Braunschweig erfolgen soll, realisiert wird? Ihre Frage nach der zukünftigen Nutzung der Kaserne Broitzem im Standort Braunschweig beantworte ich wie folgt: Die Kaserne Broitzem ist nach wie vor in der Stationierungsplanung des Heeres für die Unterbringung von Truppen des Feldheeres vorgesehen. Es ist beabsichtigt, die Kaserne auszubauen, um hierdurch — die Unterbringung der Soldaten im Standort Braunschweig entsprechend den Forderungen des Weißbuches zu verbessern, und — Stationierungsprobleme im Großraum Hannover, die sich als Folgen der neuen Heeresstruktur und im Zusammenhang mit der Umstellung auf die 15monatige Wehrdienstzeit sowie der Erweiterung der HOS I ergeben haben, zu lösen. Die Infrastrukturuntersuchungen- und -planungen sind eingeleitet. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Rock (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen B 10 und 11) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, die 5-t-Klassen im EGT aufzuheben, und daß mit dieser Maßnahme die Betriebe der am Rande der EWG liegenden Gebiete besonders hart getroffen werden? Ist die Bundesregierung bereit, unter Berücksichtigung dieser Tatsache die sich kostenverteuernden Maßnahmen von der Landmaschinenindustrie fernzuhalten und damit gleichzeitig einen Beitrag dazu zu leisten, daß zusätzliche Kostensteigerungen von der Landwirtschaft ferngehalten und die zwangsläufig damit verbundenen Schwierigkeiten für Betriebe und Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet vermieden werden? Der Bundesregierung waren die Pläne der Deutschen Bundesbahn, die 5-t-Klasse im Eisenbahngütertarif gänzlich aufzuheben, bekannt. Nach den neuesten Beratungen hierüber ist jedoch nur mit einem wesentlich gemilderten Antrag zu rechnen. Ich kann aber zu der Frage der Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Betriebe der am Rande der EWG liegenden Gebiete, auf die Landmaschinenindustrie und damit auf die Landwirtschaft im Augenblick leider noch keine konkrete Antwort geben. Anlage 33 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Fragen B 12 und 13) : Hält das Bundesministerium für Verkehr an seiner Absicht fest, im Zuge der A 76 im Bereich Hermeskeil sowohl eine Anschlußstelle an die B 407 (Schurkopf) als auch einen Anschluß an die L 147 zu errichten? Für welchen Zeitpunkt kann mit dem Bau der beiden Anschlußstellen gerechnet werden? Zu Frage 12 Im Zuge der Bundesautobahn-Neubaustrecke Trier—Pirmasens—Karlsruhe (A 76) sind im Bereich Hermeskeil Anschlußstellen an der B 407 (Hermeskeil-Nord) und an der L 147 (Hermeskeil-West) vorgesehen. 10926 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 Zu Frage 13 Die Anschlußstelle an der B 407 wird mit dem südlich anschließenden Streckenabschnitt voraussichtlich im Jahre 1975 für den Verkehr freigegeben werden. Der Bau der Anschlußstelle an der L 147 wird vorerst zurückgestellt, da Hermeskeil zunächst über die Anschlußstellen an der B 407 und an der B 327 (Nonnenweiler) ausreichend an die A 76 angebunden werden wird. Beim Bau der Bundesautobahn werden jedoch die für einen späteren Bau der Anschlußstelle an der L 147 erforderlichen Voraussetzungen geschaffen. Anlage 34 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (FDP) (Drucksache VI/3424 Frage B 14) : Welche Konsequenzen bezüglich des rascheren Ausbaus der Autobahn Ulm—Füssen gedenkt die Bundesregierung aus dem Ergebnis der Besprechung zwischen dem Tiroler Landeshauptmann Wallnöfer und dem Mailänder Regionalpräsidenten Bassetti zu ziehen, in der gemeinsam der Autobahn Ulm—FüssenReschenpaß—Mailand die erste Priorität bezüglich einer auszubauenden Nord-Süd-Verbindung vor dem Alemania-Projekt (Venedig—München) und dem Splügen-Vorhaben eingeräumt wird? Das Ergebnis der genannten Besprechung ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die Autobahn Ulm—Füssen-Fernpaß—Reschenpaß- Mailand ist auf deutscher Seite von Ulm über Memmingen und Kempten bis nach Oy in die 1. Dringlichkeit des Bedarfsplanes eingestuft worden. Die kurze Teilstrecke von Oy bis zum Grenzübergang bei Füssen hat die 3. Dringlichkeit erhalten. Der Termin zum Bau der Teilstrecke Kempten—Füssen wird mit der anschließenden österreichischen Strecke Grenzübergang Füssen—Fernpaß—Reschenpaß abgestimmt. Hierzu finden regelmäßige Kontakte zwischen den Fachbeamten beider Länder statt. Die Bundesregierung ist bei der Aufstellung des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen nicht von einer Autobahnverbindung München—Kufstein—Bruneck—Venedig ausgegangen. Eine solche Verbindung würde im übrigen auf österreichischem Gebiet von der Bundesautobahn München—Kufstein—Innsbruck abzweigen und läge daher in der Zuständigkeit der Republik Österreich und der Republik Italien. Auch das Splügen-Projekt (Schweiz) liegt nicht in der Zuständigkeit der Bundesrepublik. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 15) : Bis wann ist mit der Fertigstellung der Ortsumgehung der B 12 in Haag (Oberbayern) zu rechnen, nachdem der Baubeginn schon um mehrere Jahre verzögert wurde? Die Verlegung der B 12 bei Haag/Oberbayern sollte gegen Ende des 1. Fünfjahresplanes (1971 bis 1975) begonnen werden. Ob dies jedoch möglich ist, läßt sich z. Z. bei dem begrenzten Finanzvolumen für die Bundesfernstraßen und den hohen Kosten des Projektes (rd. 9,3 Millionen DM) noch nicht endgültig übersehen. Anlage 36 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 16) : Sind die Planungen für den Neubau der Bahnhofsgebäude in Mühldorf (Oberbayern) und in Burghausen (Oberbayern) bereits abgeschlossen, und bis wann ist mit dem Beginn der Bauarbeiten zu rechnen? Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilte, sind die Planungen für den Neubau der Bahnhofsgebäude in Mühldorf (Obb.) und Burghausen (Obb.) noch nicht endgültig abgeschlossen; die Bundesbahndirektion München ist aber angewiesen, die überarbeiteten Pläne bis spätestens Mitte nächsten Jahres der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn vorzulegen. Nach der Investitionsplanung der Deutschen Bundesbahn ist vorgesehen, in Burghausen im Jahre 1974 und in Mühldorf im Jahre 1975 mit den Bauarbeiten zu beginnen. Anlage 37 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 17) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die durch Zusammenlegung von Zustellpostämtern in Großstädten, z. B. in München, insbesondere für die berufstätigen Postkunden entstehenden Belastungen zu vermeiden, die durch die größeren Entfernungen, z. B. bei der Abholung von Sendungen, entstehen? Aus betriebsorganisatorischen und wirtschaftlichen Gründen zentralisiert die Deutsche Bundespost den Zustelldienst in den Großstädten. Diese langfristig angelegte Rationalisierungsmaßnahme führt grundsätzlich nicht zu einer Benachteiligung der Postkunden. Die Zustellung wird weiterhin innerhalb der vorgegebenen Zeit ausgeführt, Verschiebungen in der Gangordnung für die einzelnen Zustellbezirke gleichen sich aus. Wenn der Empfänger selbst nicht angetroffen wird, erleichtern die recht weitgehenden Vorschriften über die Ersatzzustellung und die Postvollmacht die Aushändigung auch der nachzuweisenden Sendungen. Bei sehr ausgedehnten Zustellbereichen ist darüber hinaus zur Vermeidung unangemessener Härten die Möglichkeit vorgesehen, daß Briefsendungen, für die dem abwesenden Empfänger nur eine Benachrichtigung hinterlassen werden kann, bei Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10927 einem nähergelegenen Postamt ohne Zustelldienst abgeholt werden dürfen. Im Paketdienst kann der Empfänger nach einem erfolglosen Zustellversuch auf der Benachrichtigungskarte vermerken, an welchem Tage ihm die Sendung nochmals zugeführt werden soll. Der Postkunde braucht also das Paketzustellamt gar nicht aufzusuchen, um in den Besitz einer Sendung zu kommen. Dieses Verfahren hat sich in der Praxis gut bewährt. Nach den bisherigen Erfahrungen können die vorgenannten Regelungen, die auch die besonderen Belange der Berufstätigen gebührend berücksichtigen, als ausreichend angesehen werden. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 10. Mai 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3424 Frage B 18) : Ist die Bundesregierung bereit, gemäß einem Vorschlag der französischen Regierung für die EWG ein Bildungszentrum zu schaffen, um nicht nur zu einer Zusammenarbeit der Universitäten und aller Institutionen des Bildungswesens zu kommen, sondern auch um den Wissensstoff zu fixieren, der für die Erreichung und Anerkennung von Staatsprüfungen, Diplomen und Berechtigungsnachweisen für erforderlich gehalten wird? Der Rat und die Konferenz der Bildungsminister der Europäischen Gemeinschaft haben in ihrer ersten Sitzung am 16. November 1971 festgestellt, daß über die in den Gemeinschaftsverträgen vorgesehenen Aktivitäten hinaus eine erweiterte Zusammenarbeit im Bildungswesen geschaffen werden muß. Eine Sachverständigengruppe wurde beauftragt, den französischen Vorschlag zur Schaffung eines Europäischen Entwicklungszentrums für das Bildungswesen zu prüfen und gegebenenfalls Vorschläge hinsichtlich anderer Mittel zur Verwirklichung einer aktiven Zusammenarbeit im Bildungswesen vorzulegen. Diese Gruppe prüft gegenwärtig entsprechend ihrem Mandat und anhand der französischen Vorschläge, welche Aufgaben einem solchen Zentrum übertragen werden könnten. Dabei wird sie zugleich prüfen, ob zur Erfüllung solcher im einzelnen noch zu präzisierender Aufgaben überhaupt eine neue Einrichtung im Rahmen der Gemeinschaft 'geschaffen werden muß oder inwieweit auf die Hilfe und die Erfahrung bestehender nationaler oder internationaler Gremien zurückgegriffen werden kann. Die Bundesregierung hat mehrfach ihre Bereit" schaft bekundet, diese Fragen konstruktiv zu prüfen. Ich darf insoweit vor allem auch auf die Antwort der Bundesregierung vom 23. Dezember 1971 (Drucksache VI/2990) auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Europäische Kultur- und Bildungspolitik Bezug nehmen. Die Aufgaben der bildungspolitischen Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften müssen in den Verhandlungen mit unseren Partnern noch im einzelnen konkretisiert werden. Es erscheint jedoch sicher, daß die Fragen der Mobilität, zu denen auch der Problembereich ,der gegenseitigen Anerkennung von Prüfungen, Diplomen und Berechtigungsnachweisen gehört, mit an erster Stelle ,des Interesses stehen werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dieter Haack


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Ihnen vorliegenden Schriftlichen Bericht des Auswärtigen Ausschusses über den Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen möchte ich im Namen der Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses mündlich ergänzen.
    Die Beratungen im Auswärtigen Ausschuß über den Vertrag zwischen der Bunderepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen standen im größeren Zusammenhang mit den Beratungen über den Moskauer Vertrag. Der Auswärtige Ausschuß ging davon aus, daß beide Verträge Teile eines Gesamtkonzeptes sind, das die Normalisierung unserer Beziehungen zu Osteuropa erreichen und einen Beitrag der Bundesrepublik Deutschland für die notwendige Entspannung in Europa leisten will. Dabei verkannte der Auswärtige Ausschuß nicht, daß dem Warschauer Vertrag eine besondere politisch-moralische Bedeutung für die Aussöhnung zweier Nachbarvölker zukommt, deren Beziehungen durch die schrecklichen Ereignisse des Zweiten Weltkrieges und die nationalsozialistische Gewaltherrschaft — über die historischen Hypotheken der letzten Jahrhunderte hinaus — besonders belastet waren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die in dem schriftlichen Minderheitsbericht angesprochenen Probleme Gewaltverzicht, Friedensvertragsvorbehalt, Selbstbestimmung, Zeitpunkt der Verhandlungen und Fragen der Individualrechte spielten selbstverständlich in den Beratungen des Ausschusses eine zentrale Rolle. Dabei zeigten sich die unterschiedlichen Auffassungen zwischen der Regierungskoalition und der Opposition. Zum Gewaltverzicht als solchem, wie er in Art. II des Vertrages verankert ist, gab es selbstverständlich keine unterschiedlichen Auffassungen. Der Gewaltverzicht bestimmt die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland seit ihrem Bestehen, seit 1949. Entscheidend ist aber, daß ein reiner Gewaltverzichtsvertrag keine Voraussetzung für eine Normalisierung unserer Beziehungen zur Volksrepublik Polen sein kann. Ohne eine klare, unmißverständliche und glaubwürdige Aussage und Feststellung der Bundesrepublik Deutschland zur Oder-Neiße-Grenze war und ist ein Vertrag mit Polen nicht erreichbar.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)




    Dr. Haack
    Dabei muß die Entwicklung der letzten 25 Jahre berücksichtigt werden. In dieser Zeit sind die früheren deutschen Ostgebiete in das polnische Staatswesen völlig integriert worden. Die Frage der Westgrenze ist für den polnischen Staat eine Existenzfrage. Diese Grenze wird vom östlichen Bündnissystem garantiert. Diese Grenze wird von allen Staaten der Welt als endgültig angesehen. Nur wenn die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland diesen Sachverhalt zur Kenntnis nimmt, ist ein deutsch-polnischer Ausgleich möglich.
    Deshalb ist selbstverständlich der deutsch-polnische Vertrag mehr als ein Gewaltverzichtsvertrag. Durch 'die klare Grenzfeststellung der Bundesrepublik in Art. I des Vertrages wird der Weg frei gemacht für eine 'dauerhafte Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen und für eine Aussöhnung der beiden Nachbarvölker, der der gleiche historische Rang zukommen wird wie der Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich in den fünfziger Jahren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Grenzfeststellung in Art. I ist die logische Konsequenz aus der lange in der Bundesrepublik — jedenfalls in der Mehrheit 'der Bevölkerung — bestehenden Auffassung, wie sie schon in der Regierungserklärung der Großen Koalition vom 13. September 1966 zum Ausdruck kam. Dort hieß es:
    In weiten Schichten des deutschen Volkes besteht der lebhafte Wunsch nach einer Aussöhnung mit Polen, dessen leidvolle Geschichte wir nicht vergessen haben und 'dessen Verlangen, endlich in einem Staatsgebiet mit gesicherten Grenzen zu leben, wir im Blick auf das gegenwärtige Schicksal unseres eigenen geteilten Volkes besser als in früheren Zeiten begreifen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, wenn Worte noch einen Sinn haben sollen, wenn Politik nicht zur unverbindlichen Formulierungskunst degradiert werden soll, wenn wir in der Bundesrepublik glaubwürdig sein wollen, dann kann dieser Satz in der Regierungserklärung ides früheren Bundeskanzlers Kiesinger nur bedeuten, daß wir zwischen der Grenze an der Oder-Neiße und den übrigen Problemen unseres geteilten Volkes unterscheiden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien — Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Ja, aber nicht so wie Sie!)

    Hier liegt das zentrale Problem unserer gegenwärtigen ost- und deutschlandpolitischen Diskussion, wie sie auch im Auswärtigen Ausschuß bei der Beratung der beiden uns vorliegenden Verträge geführt worden ist.
    Für den Ausschuß — jedenfalls für die Mehrheit des Ausschusses — sind die Sicherung der engen Bindung Westberlins an die Bundesrepublik, die Überwindung der Gräben zwischen den beiden Staaten in Deutschland und damit die Wahrung der Einheit der Nation sowie die Aufrechterhaltung des unverzichtbaren Selbstbestimmungsrechts für das deutsche Volk die entscheidenden Orientierungspunkte für die Ostpolitik, soweit es um die unmittelbare Lage in Deutschland geht. Solange diese Zielsetzungen nicht von jedem Ballast befreit sind, solange der Begriff des Offenhaltens der deutschen Frage nicht auf diese Orientierungspunkte beschränkt wird, so lange ist nicht nur der Weg zu einer Verständigung mit Osteuropa verbaut, sondern auch jede Verbesserung der Lage im geteilten Deutschland unmöglich.
    ,(Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Entgegen der Meinung der Minderheit des Ausschusses, wie sie auch im Schriftlichen Bericht zum Ausdruck kommt, muß durch den deutsch-polnischen Vertrag gerade nicht befürchtet werden, daß die deutsche Frage in der Substanz berührt ist. Im Gegenteil: wenn überhaupt einmal über Selbstbestimmungsrecht der Deutschen gesprochen werden soll, wenn vorher die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR normalisiert werden sollen, dann nur bei einer Grenzgarantie der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Polen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Grenzfeststellung und die Grenzgarantie in Art. I des Vertrages im Zusammenhang mit den Bestimmungen des Potsdamer Abkommens und dem Deutschland-Vertrag zwischen der Bundesrepublik und den drei Westmächten, auf den in Art. IV des Vertrages verwiesen wird, war ein Schwerpunkt in den Beratungen des Auswärtigen Ausschusses. Der Auswärtige Ausschuß stimmt der Bundesregierung zu, daß auch der Warschauer Vertrag keinen Friedensvertrag ersetzen kann oder vorwegnimmt. Die Bundesrepublik Deutschland kann nur für sich sprechen. Sie verpflichtet sich, vom Tage des Wirksamwerdens dieses Vertrages an die früheren deutschen Ostgebiete als polnische Staatsgebiete zu betrachten.
    Der Friedensvertragsvorbehalt für Deutschland als Ganzes ist aber dennoch für die deutsche Politik eine wesentliche Position. Denn hier geht es um die Rechte und Verpflichtungen der vier Siegermächte für Deutschland als Ganzes. Der Friedensvertragsvorbehalt für Deutschland als Ganzes und die endgültige Grenzfeststellung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Polen sind daher keine Widersprüche, sondern — im Gegenteil — die beiden Voraussetzungen für eine befriedigende Regelung des deutschen Problems im Rahmen eines europäischen Entspannungsprozesses.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Grenzfeststellung gegenüber Polen macht unsere uneingeschränkte Entspannungs- und Verständigungsbereitschaft gegenüber Osteuropa deutlich — ohne Hintertüren und ohne Ausflüchte. Die Aufrechterhaltung des Friedensvertragsvorbehalts besagt, daß über die Teilung Deutschlands in der jetzigen Form nicht endgültig entschieden ist, sondern unser Beitrag zur Entspannung in Europa dazu führen soll, daß die Voraussetzungen für eine Verständigung der beiden getrennten Teile Deutschlands in einer europäischen Friedensregelung geschaffen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)




    Dr. Haack
    Die deutsche Frage, die in Wirklichkeit eine Frage des Zusammenlebens der Deutschen ohne Einengung auf eine bestimmte staatsrechtliche Form ist, wird durch diesen Vertrag endgültig vom Odium angeblich angestrebter Gebiets- oder Grenzänderungsansprüche befreit.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Politik der Bundesregierung, wie sie im Warschauer Vertrag zum Ausdruck kommt, ist mit unseren westlichen Verbündeten in allen Einzelheiten abgestimmt. Die Übereinstimmung des Warschauer Vertrages mit dem Deutschland-Vertrag wird durch den Notenwechsel der Bundesregierung mit den drei Westmächten vom 19. November 1970 nach Paraphierung des deutsch-polnischen Vertrages bestätigt. Die Westmächte bestätigen ausdrücklich, daß der Vertrag ihre Rechte und Verantwortlichkeiten nicht berührt.
    Die Bedenken der Opposition, wie sie auch im schriftlichen Minderheitenbericht festgehalten sind, daß sich die Westmächte aus ihren Verpflichtungen aus Art. 7 des Deutschland-Vertrages entlassen fühlen könnten, treffen nicht zu. Die Forderung nach Überwindung der Teilung Deutschlands wird vom deutsch-polnischen Vertrag nicht berührt. Die westlichen Verbündeten haben sich im Deutschland-Vertrag nicht zur Wiederherstellung Deutschlands in den Grenzen von 1937 verpflichtet. Sie haben lediglich vor fast 20 Jahren den formellen Friedensvertragsvorbehalt der Bundesrepublik Deutschland gegenüber bestätigt. Meine Damen und Herren, jedermann weiß — Herr Kollege von Weizsäcker hat das in seinem Beitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 18. April 1972 wörtlich so gesagt —, „daß für alle und nicht zuletzt für unsere Verbündeten die Oder-Neiße-Grenze eine längst endgültig geregelte Frage ist".
    Wenn auch der formelle Friedensvertragsvorbehalt aufrechterhalten und wegen der ungelösten Frage betreffend Deutschland als Ganzes gewahrt werden muß, so darf er eine Politik der Verständigung und Aussöhnung gegenüber Polen nicht blockieren und verhindern. Schon im Jahre 1965 hat die Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland gerade darauf verwiesen, wenn sie feststellt:
    Das formale Argument, daß nur eine künftige gesamtdeutsche Regierung zu so weittragenden Entscheidungen befugt sei, kann es nicht länger rechtfertigen, auch die Klärung der hier auf dem Spiel stehenden Grundsatzfragen auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Das deutsche Volk muß auf die notwendigen Schritte vorbereitet werden, damit eine Regierung sich ermächtigt fühlen kann, zu handeln, wenn es not tut.
    Die Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses ist mit der Bundesregierung der Auffassung, daß sich — um mit den Worten der Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland zu sprechen — die Regierung ermächtigt fühlen konnte zu handeln, weil es not tat. Im Gegensatz zur Minderheit ist der Ausschuß der Auffassung, daß der Zeitpunkt für
    Verhandlungen mit der polnischen Regierung Ende 1969 längst gekommen, ja überfällig war.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Mit den Verhandlungen und dem Vertragsabschluß leistete die Bundesregierung einen entscheidenden Beitrag zur Verständigung zwischen West und Ost in Europa. Nach Ratifizierung des Warschauer Vertrages ist unter anderem die Vorbereitungsphase der geplanten Konferenz für europäische Sicherheit und Zusammenarbeit von einer Problematik befreit, die wir Deutschen in der Bundesrepublik selbst lösen müssen, wenn wir unsere Interessen in den europäischen Entspannungsprozeß einbringen und nicht in Isolierung geraten wollen.
    Der Auswärtige Ausschuß ging davon aus, daß Moskauer und Warschauer Vertrag zwar Teile eines Gesamtkonzepts sind, der Warschauer Vertrag darüber hinaus aber eine eigenständige Bedeutung hat. Das gilt nicht nur für die Grenzfeststellung, die in Art. I des Warschauer Vertrages einen anderen Gehalt als in Art. 3 des Moskauer Vertrages hat, in dem auf die europäischen Grenzen im Zusammenhang mit dem konkretisierten Gewaltverzicht verwiesen wird.
    Die eigenständige Bedeutung dieses Vertrages kommt in der Präambel und in der gegenseitigen Bereitschaft und Verpflichtung der Vertragspartner zur Normalisierung der Beziehungen zum Ausdruck. Die Präambel zeigt, wie die Vertragspartner an die notwendige Verständigung herangehen wollen: orientiert an den Ereignissen der Vergangenheit, ausgehend von den heute bestehenden Realitäten in Mitteleuropa und mit dem Blick auf die Zukunft; keine Aufrechnung von Schuld aus der Vergangenheit, keine unversöhnlichen Vorurteile, sondern die Bereitschaft, an einer neuen und friedlichen Entwicklung in Europa mitzubauen! Nur so ist ein Neubeginn möglich.
    Die Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Staaten, wie sie in Art. III des Vertrages niedergelegt ist, umfaßt die wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen. Hierbei ist ein großer Nachholbedarf zu befriedigen. Hier liegen große Möglichkeiten für die Zukunft.
    Besonders bedeutsam aber werden die Kontakte der Menschen, vor allem zwischen der jungen Generation in beiden Ländern, sein. Der Berichterstatter stellte bei einem Besuch in Polen fest, daß die Kenntnisse über die Verhältnisse in der Bundesrepublik gerade bei der jungen Generation in Polen verbessert werden können; dasselbe gilt ebenso umgekehrt. Die Bereitschaft zum Gespräch und zum gegenseitigen Verstehen ist da. Sie muß nur nutzbar gemacht werden.
    Schon unmittelbar nach der Unterzeichnung des uns vorliegenden Vertrags wurden die Kontakte zwischen den Menschen in beiden Ländern verbessert. Das zeigt sich vor allem beim Reiseverkehr.
    Zu der Normalisierung der Beziehungen werden die bereits begonnenen Bemühungen beider Staaten beitragen, gemeinsam die Schulbücher zu prüfen und bei der Darstellung der deutsch-polnischen Beziehungen in der Vergangenheit auf Objektivität und historische Wahrheit zu achten.



    Dr. Haack
    Der Ausschuß ging bei seinen Beratungen ebenso wie die Bundesregierung davon aus, daß mit dem Vertrag auch die humanitären Probleme gelöst werden können. Die Information der polnischen Regierung, die zwar nicht Gegenstand des Ratifizierungsverfahrens ist, aber in engem Zusammenhang mit dem Vertragswerk steht, wird nicht nur die Familienzusammenführung verbessern und beschleunigen, Verwandtenbesuche zwischen beiden Ländern erleichtern, sondern erstmals auch Personen unbestreitbarer deutscher Volkszugehörigkeit, die keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu Personen in der Bundesrepublik haben, die Ausreise ermöglichen. Schon vor der Ratifizierung des Vertrags hat sich die polnische Regierung an die in der Information gegebenen Zusicherungen gehalten. 25 243 Deutsche konnten 1971 aus Polen in die Bundesrepublik übersiedeln, andere auch in die DDR.
    Sicherlich hat es — das soll nicht geleugnet werden — da und dort Schwierigkeiten gegeben. Die Ausreise vieler Tausende von Menschen, die dort noch in einem Arbeitsprozeß stehen, stellt die polnische Regierung vor nicht geringe Schwierigkeiten. Der Auswärtige Ausschuß geht in seiner Mehrheit davon aus, daß Polen die in der Information enthaltenen Zusicherungen erfüllen wird.
    Meine Damen und Herren, die Beratungen des Auswärtigen Ausschusses umfaßten selbstverständlich auch die durch den deutsch-polnischen Vertrag aufgeworfenen ausschließlichen Rechtsfragen, die im mitberatenden. Rechtsausschuß ausführlich erörtert worden sind. Ich darf Sie hier auf den Bericht des Rechtsausschusses verweisen, möchte aber in diesem mündlichen Bericht in Übereinstimmung mit dem Ergebnis des Rechtsausschusses drei Feststellungen festhalten.
    1. Der Warschauer Vertrag legitimiert nicht nachträglich die Vertreibung Deutscher aus ihrer Heimat.
    2. Der Vertrag hat keinen Einfluß auf die Staatsangehörigkeit Deutscher.
    3. Durch diesen Vertrag werden Rechte, die Personen nach dem Grundgesetz oder anderen Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland zustehen, nicht berührt.

    (Abg. Vogel: Das war die Auffassung der Mehrheit!)

    Abschließend möchte ich die politische Wertung dieses Vertrags durch die Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses so zusammenfassen: Dieser Vertrag ist Teil der Ostpolitik der Bundesregierung, mit der die Bundesrepublik Deutschland ihre Beziehungen zu den Ländern Osteuropas normalisieren und somit ihren Beitrag für eine Entspannung in Europa leisten will. Diese Politik ist mit unseren westlichen Verbündeten abgestimmt und entspricht den politischen Grundsätzen, wie sie seit 1967 vom NATO-Bündnis verfolgt werden. Die Sicherheitspolitik wird durch eine konsequente Politik der europäischen Entspannung ergänzt.
    Mit dieser Politik, wie sie in diesem Vertrag zum Ausdruck kommt, reiht sich die Bundesrepublik Deutschland in den beginnenden europäischen Entspannungsprozeß ein und kann dadurch die zentralen Anliegen einer realistischen Deutschlandpolitik — Sicherung der Bindung West-Berlins an den Bund und geregeltes Nebeneinander und Miteinander beider Staaten in Deutschland — in diesen politischen Prozeß einbauen. Das Viermächteabkommen über Berlin und der Verkehrsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR beweisen dies.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Warschauer Vertrag hat eine besondere politisch-moralische Bedeutung. Er legt den Grundstein für die Aussöhnung zweier Nachbarvölker, die unter den Schrecken der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des zweiten Weltkrieges besonders zu leiden hatten. Der Vertrag rechnet nicht die Schuld der Vergangenheit auf, sondern er weist in die Zukunft. Durch den Vertrag wird die Geschichte der letzten Jahrhunderte nicht geleugnet, sondern aus der leidvollen Vergangenheit werden endlich Lehren für die Zukunft gezogen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Damit bekommt dieser Vertrag auch eine unmittelbare und zentrale Bedeutung für das Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesrepublik wird gerade durch diesen Vertrag ein glaubwürdiger Partner einer ernstgemeinten Friedens-und Verständigungspolitik. Das Vertrauenskapital und der Handlungsspielraum, den dieser Vertrag im Kontext mit der ganzen Ostpolitik geschaffen hat, dürfen nicht verspielt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses empfiehlt diesem Hohen Hause daher die Annahme des Vertragsgesetzes.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Das Wort als Berichterstatter hat der Herr Abgeordnete Dr. Bach.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Bach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, als Berichterstatter zu dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen zunächst eine technische Bemerkung zu machen. Durch den Aufbau des Schriftlichen Berichtes des Auswärtigen Ausschusses könnte der Eindruck entstehen, als ob die unter den Kapiteln I und II getroffenen Feststellungen über den Vertrag die allgemeine Auffassung des Ausschusses gewesen seien. Ich möchte feststellen, daß in den Kapiteln I und II die Auffassung der Regierungsparteien und in Kapitel III die differierenden Ansichten der CDU/CSU wiedergegeben werden.
    Die Mitglieder des Ausschusses haben sich ihre Aufgabe, zu einer sachlichen und fundierten Auffassung über die zur Ratifizierung anstehenden Verträge zu kommen, nicht einfach gemacht. In einer



    Dr.-Ing. Bach
    viertägigen Generaldebatte wurde die Gesamtheit der deutschen Ostpolitik im Zusammenhang mit den beiden Verträgen erörtert. Zwei Tage galten einer eingehenden Behandlung des Warschauer Vertrages. Während der Debatte zeigte sich sehr bald, daß eine übereinstimmende Beurteilung des Warschauer Vertrages nicht zu erreichen war. Die beiden Berichterstatter einigten sich darauf, getrennte Voten, also ein Mehrheitsvotum und ein Minderheitsvotum, abzugeben.
    Erlauben Sie mir, zusätzlich zum Schriftlichen Bericht nur zwei wichtige Gesichtspunkte zu verdeutlichen, von denen sich die CDU/CSU-Minderheit des Ausschusses bei der Beurteilung der Verträge leiten ließ. Der Warschauer Vertrag ist ein Teil der Vertragspolitik der Bundesregierung mit dem Osten. Auch nach Ansicht der Bundesregierung muß diese Vertragspolitik als einheitliches Ganzes angesehen werden. Bei der Beurteilung des Warschauer Vertrages muß daher von denselben grundsätzlichen Kriterien ausgegangen werden, die auch für den Moskauer Vertrag gelten. Beide Verträge, so sagt die Bundesregierung, sollen der Normalisierung der Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu ihren östlichen Nachbarn dienen. Sie sollen einen Modus vivendi darstellen, dessen Kern der Gewaltverzicht sei.
    Mit Genehmigung des Präsidenten möchte ich hier eine Begriffsbestimmung über den Modus vivendi aus dem Wörterbuch des Völkerrechts, von Strupp-
    Schlochauer, Bd. 2, einführen. Es heißt hier:
    Unter Modus vivendi versteht man eine verbindliche Abmachung, durch die sich zwei Staaten oder auch Staat und Kirche auf eine notwendig gewordene Regelung in einem vorläufigen Kompromiß einigen. In diesem Sinne verwendet die Diplomatensprache den Begriff seit dem 19. Jahrhundert, vor allem in den Vereinigten Staaten, für einstweilige, zeitlich begrenzte Abkommen, die später durch einen förmlichen, völkerrechtlichen Vertrag ersetzt werden sollen . . . Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist sein vorläufiger Charakter . . . Ein Modus vivendi wird in der Regel durch Austausch von Noten oder Briefwechsel der Beteiligten vereinbart. Am häufigsten findet sich diese Bezeichnung für vorläufige Handelsvereinbarungen, für die Beilegung von Streitigkeiten und bei der Gewährung diplomatischer Immunitäten an internationale Beamte.
    Seit dem zweiten Weltkrieg wird der Begriff des Modus vivendi durch den Ausdruck friedliche Koexistenz auf das Verhältnis von Staaten mit unterschiedlichen oder gegensätzlichen politischen oder sozialökonomischen Systemen ausgedehnt. Damit verliert allerdings der überkommene Begriff das Merkmal rechtlicher Verbindlichkeit und wird zur politischen Ausgleichsformel in einer Welt, die zwischen Krieg und Frieden steht. Friedliche Koexistenz bedeutet hierbei nach westlicher Auffassung die endgültige Duldung des kommunistischen Systems, um überhaupt zum Frieden zu kommen, nach östlicher Ansicht die vorläufige Duldung des kapitalistischen Systems, bis der Kommunismus mit friedlichen Mitteln endgültig gesiegt hat,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Selbst das stimmt nicht!)

    und in der asiatisch-afrikanischen Staatengruppe im Hinblick auf den Gegensatz der großen Machtblöcke und ihrer Herrschaftsansprüche alter und neuer Art die Achtung der territorialen Integrität, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten und Gleichheit der Staaten.
    Ich finde, wir sollten uns diesen Begriff des Modus vivendi immer vor Augen halten, wenn wir über das reden, was in diesen Verträgen steht.
    Nach Ansicht der Bundesregierung bezieht sich dieser Modus vivendi, den wir in den Verträgen haben, auf eine Zwischenperiode, in der die für die endgültige Regelung der Deutschlandfrage notwendigen Rechtsgrundlagen aufrechterhalten bleiben. Voraussetzung für den Modus vivendi, so sagt die Bundesregierung selbst, ist die Beschreibung des Status quo. Es sei selbstverständlich gewesen, daß die Verhandlungspartner bei der Definition des Status quo klar wissen wollten, von welchem Status quo bei den Vertragsabschlüssen ausgegangen worden ist. Daher habe die Bundesregierung den Vertragspartnern zugebilligt, den Gewaltverzichtsgedanken auf die Grenzen in Europa zu konkretisieren.
    Die Sowjetunion hat in ihrer Nachkriegspolitik immer darauf bestanden, daß die Bundesregierung die Lage so, wie sie sich nach 1945 entwickelt habe, anerkennen müsse. In ihrem Notenwechsel mit der Bundesregierung in den Jahren 1967/68 hat die Sowjetunion auf ein Angebot der damaligen Bundesregierung auf Abschluß eines Gewaltverzichtsabkommens erklärt, daß ein solches Abkommen nur dann abgeschlossen werden könne, wenn die Bundesrepublik die Unverletzlichkeit und Unveränderlichkeit der in Europa bestehenden Grenzen einschließlich der Oder/Neiße-Linie sowie die Grenze der DDR und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik mit der Bundesrepublik Deutschland anerkenne. In ihrer Note vom 15. Juli 1968 heißt es:
    Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland schlägt im Grunde genommen einen Austausch von Gewaltverzichtserklärungen vor, nach denen sie wie bisher Gebietsforderungen an Nachbarstaaten erheben könnte. Derartige Dinge sind jedoch unvereinbar. Nur Menschen, die sich der jüngsten Geschichte nicht erinnern, können auf eine derartige betrügerische Vereinbarung eingehen. Wenn die Regierung der Bundesrepublik Deutschland immer noch auf eine Veränderung des Standpunktes der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Länder in der Frage der europäischen Grenzen hofft, so macht sie einen groben und gefährlichen Fehler. Die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges sind unveränderlich, und die Frage der Grenzen in Europa ist endgültig und unwiderruflich entschieden.
    Dieser sowjetischen Haltung hat die Bundesregierung Rechnung getragen, als sie erklärte, ein reiner Gewaltverzicht sei immer daran gescheitert, daß sich
    Deutscher Bundestag 6. Wahlperiode — 186. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Mai 1972 10887
    Dr.-Ing. Bach
    die Bundesrepublik nicht bereit erklärte, über die Grenzen Polens mit Polen zu verhandeln und in den Verhandlungen mit der UdSSR die staatliche Qualität der DDR in ihre Überlegungen einzubeziehen. Diese oben erwähnten Elemente hätten es zweifellos erst ermöglicht, daß es überhaupt zu Verträgen gekommen sei; sonst hätte es diese sicherlich nicht geben können.
    Daß die Sowjetunion aber auch nach der Unterschriftsleistung zum Moskauer Vertrag keinen Anlaß sieht, von ihrer grundsätzlichen Haltung abzugehen, geht aus einer Antwort des sowjetischen Außenministers Gromyko auf eine Frage des Abgeordneten Arbusow in der Ratifizierungsdebatte der außenpolitischen Ausschüsse des Unions- und des Nationalitätensowjets am 12. April 1972 hervor. Diese Stelle ist bereits zitiert worden, aber ich darf sie wiederholen. Gromyko sagte:
    Ein Vertrag, dessen Inhalt nur auf die Verpflichtung der Partner hinausliefe, auf die Anwendung oder Androhung von Gewalt zu verzichten, wäre für die Sowjetunion in einer Situation, wo die Unverletzlichkeit der in Europa bestehenden Grenzen von der Bundesrepublik Deutschland weiterhin in Zweifel gestellt würde, einfach sinnlos. Die Normalisierung der Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Ländern ist nur durch die Anerkennung und Respektierung der europäischen Realitäten durch die Bundesrepublik möglich.
    Die Besonderheit des Modus vivendi, den die Bundesregierung im Warschauer Vertrag festgelegt hat, liegt darin, daß sie in Art. I eine Grenzfestsetzung trifft, die sie selbst für jetzt und in Zukunft als verbindlich für die Bundesrepublik Deutschland erklärt. Nach ihrer Ansicht sind die bisherigen deutschen Gebiete unter polnischer Verwaltung für die Dauer der Existenz der Bundesrepublik Deutschland vom Tage der Ratifizierung an Gebiete des polnischen Staates und werden als solche respektiert werden. Hier sieht man also, daß das keine Übergangslösung ist.
    Gleichzeitig weist die Bundesregierung aber auf die Viermächteverantwortung für ganz Deutschland hin. Grenzfestlegungen gehörten zu den Vorbehaltsrechten der Alliierten; die Bundesregierung könne nur für die Bundesrepublik sprechen und nicht für ganz Deutschland; die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens gelte daher auch nur für die Dauer der Existenz der Bundesrepublik Deutschland, nicht für einen gesamtdeutschen Souverän. Damit sei die deutsche Frage in der Substanz offengehalten. Ihrer Argumentationskette fügt die Bundesregierung dann ihre Überzeugung hinzu, daß für die zukünftige Regelung der deutschen Frage die politischen Gewichte in der Welt so verteilt seien, daß eine Regelung naturgemäß nur dann zustande kommen könne, wenn ihr alle Beteiligten zustimmten, vor allem aber auch Polen.
    Was bedeuten diese Aussagen? Die Bundesregierung hat die Bundesrepublik hinsichtlich der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens festgelegt. Sie hat folgerichtig den Warschauer Vertrag als mehr als ein konkretes Gewaltverzichtsabkommen bezeichnet und ihm in bezug auf die Grenzen eine höhere Qualität zugebilligt als dem Moskauer Vertrag. Sie scheint bewußt das Risiko eingegangen zu sein, daß dieser Vertrag von ihren Vertragspartnern als völkerrechtlich bindender Gebietsabtretungs-
    und Grenzvertrag angesehen werden kann. Der Rechtsvorbehalt bezieht sich allein auf die Rechte der Alliierten.
    Durch eine Verknüpfung mit dem Deutschland-Vertrag wird versucht, auch einen Vorbehalt zugunsten eines späteren gesamtdeutschen Souveräns festzulegen. Ob dieser Versuch aber gelungen ist, muß sehr bezweifelt werden. Der formale Rechtsvorbehalt wird noch weiter dadurch ausgehöhlt, daß Tatsachen geschaffen werden, an denen der gesamtdeutsche Souverän später überhaupt nicht vorbeigehen kann. Es muß fraglich erscheinen, ob dieser überhaupt fähig sein wird, seine Rechte jemals zum Tragen zu bringen. Die von der Bundesregierung gewählte rechtliche Konstruktion erscheint allenfalls dem Wort nach grundgesetzkonform. Sie scheint aber nicht der Forderung zu genügen, daß die deutsche Frage auch nach Abschluß des Ratifizierungsverfahrens in der Substanz offengehalten wird.
    Ich muß sagen, daß ich etwas überrascht war über das, was mein Kollege Haack hier ausgeführt hat, der klar zu erkennen gegeben hat, daß diese Grenze endgültig sei. Ich glaube, man kann der Bundesregierung nur anraten, hier einmal ganz klar festzustellen, wo noch Konformität mit unserem Grundgesetz besteht oder wo sie nicht mehr besteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Auffassung der 'Sowjetunion zur Grenzfrage nach der Ratifizierung der Verträge hat der sowjetische Außenminister Gromyko ebenfalls in der Ratifizierungsdebatte im sowjetischen Parlament angeschnitten. Auf eine Frage des Deputierten T. R. Caragisjan sagte er:
    Die Frage der Grenzen ist durch Krieg und die Nachkriegsentwicklung in Europa entschieden worden. Sie werden anerkannt, man trägt ihnen Rechnung, und von ihrer Existenz gehen europäische und nicht nur europäische Mächte aus. Die Unerschütterlichkeit der Westgrenze der sozialistischen Staatengemeinschaft wird durch die ganze Macht der UdSSR und der mit ihr verbündeten Bruderstaaten garantiert.
    Das zweite wichtige Problem, das sich im Zusammenhang mit den beiden Ostverträgen stellt, ist die Frage, ob nicht das Recht des ganzen deutschen Volkes auf Selbstbestimmung und Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands beeinträchtigt wird. Diese beiden Rechte gehören eng zusammen. Der Herr Bundesaußenminister selbst hat am 6. März 1971 erklärt: „Wenn ich schon über Wiedervereinigungspolitik spreche, dann eben so, wie wir sie uns vorstellen, nämlich Wiederherstellung der Einheit der Nation durch das deutsche Volk durch freie Selbstbestimmung." An diesen Worten, meine ich, sollte man diese Regierung messen.



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    Auch bei dieser Frage stellten die CDU/CSU-Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses fest, daß die Bundesregierung der sowjetischen Forderung nach dem Ausgehen von der realen Lage nachgekommen ist. In ihrer Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 hat sie festgestellt, daß sie in ihrer Politik, von der Existenz zweier deutscher Staaten auf deutschem Boden ausgehe. In Artikel 3 des Moskauer Vertrages vom 12. August 1970 verpflichtet sie sich, „die territoriale Integrität aller Staaten in Europa", also auch der DDR, „in ihren heutigen Grenzen uneingeschränkt zu achten" und „heute und künftig die Grenzen aller Staaten in Europa ... wie sie am Tage der Unterzeichnung dieses Vertrages verlaufen" als unverletztlich zu betrachten, „einschließlich der Oder-Neiße-Linie, die die Westgrenze der Volksrepublik Polen bildet, und der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik".
    Im Warschauer Vertrag vom 7. Dezember 1970 schließlich erkennt die Bundesregierung nicht nur „die Unverletztlichkeit der Grenzen und die Achtung der territorialen Integrität" an, sondern auch die „Souveränität aller Staaten in Europa in ihren gegenwärtigen Grenzen" einschließlich der DDR.
    Nachdem die Bundesregierung also zunächst von der Staatlichkeit, dann von der Souveränität der DDR gesprochen hat, gerät sie nun auch noch in Gefahr, auf die östliche These von den zwei Staatsvölkern auf deutschem Boden eingehen zu müssen. Sollte sie sich diese Auffassung endgültig zu eigen machen, wird die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht mehr ein Ausfluß der Ausübung des freien Selbstbestimmungsrechts des ganzen deutschen Volkes sein, sondern sie wird zu einem Problem der Staatenzusammenführung, der territorialen Zusammenführung von zwei deutschen Staaten auf deutschem Boden. Ich glaube, wir wissen aus der Staatenpraxis alle, daß Staaten oder Territorien auch ohne Ausübung des Selbstbestimmungsrechts zusammengeführt werden können. Anders ausgedrückt: die deutsche Frage darf, wenn sie in der Substanz offengehalten werden soll, kein reines Territorialprinzip werden. Sie muß durch Ausübung des unverzichtbaren Rechts des deutschen Volkes auf Selbstbestimmung gelöst werden. Das Dach der gemeinsamen Nation, das sich heute noch über Deutschland als Ganzes wölbt, darf durch faktische Anerkennung zweier deutscher Staaten oder gar Staatsvölker unter keinen Umständen zerstört werden. Zwar hat es die Bundesregierung bisher vermieden, eine völkerrechtliche Anerkennung der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik herbeizuführen, aber sie hat durch ihre Verträge in ihren Aussagen über Staatlichkeit, Souveränität und Grenzen der DDR so viele Fakten geschaffen, daß sie sich kaum auf die Dauer dem Druck entziehen kann, auch diesen letzten Schritt zu tun. Damit wäre dann in der Tat die Wiedervereinigung Deutschlands zu einem reinen Territorialproblem degradiert und die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des ganzen Volkes höchstlich in Frage gestellt.
    Ich habe hier, Herr Präsident, meine Damen und Herren, im Hinblick auf die kurze Zeit, die mir zur
    Verfügung steht, nur zwei Kriterien für die Beurteilung sowohl des Warschauer als auch des Moskauer Vertrages durch die CDU/CSU-Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses schildern können. Es gibt noch eine Reihe anderer schwerwiegender Bedenken gegen diese Verträge, aber ich möchte festhalten, die Ausschußmitglieder der CDU/CSU geben ihrer Befürchtung Ausdruck, daß die Substanz des Vertrages mit der Volksrepublik Polen mehr ein Gebietsabtretungs- und Grenzvertrag als ein Gewaltverzichtsabkommen ist. Sie sind der Meinung, daß mit der Ratifizierung des Polen-Vertrages die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts durch das ganze Volk und damit die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands zumindest gefährdet wird. Der Vertrag scheint nicht geeignet, einen wirklichen Ausgleich und eine echte Entspannung zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk herbeizuführen, wie es mit der Polen-Erklärung der CDU/CSU-Fraktion vom 4. Dezember 1970 angestrebt wurde. Die CDU/ CSU-Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses haben daher dem Deutschen Bundestag vorgeschlagen, dem vorliegenden Gesetzentwurf zu dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen seine Zustimmung zu verweigern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)