Rede:
ID0618228300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Gestatten: 1
    2. Sie: 1
    3. eine: 1
    4. Zwischenfrage: 1
    5. des: 1
    6. Abgeordneten: 1
    7. Dr.: 1
    8. Marx?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 182. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Artzinger und Scheu . . . . 10589 A Verzicht des Abg. Blank auf die Mitgliedschaft und Eintritt des Abg. Löher (Dortmund) 10589 B Eintritt des Abg. Schlichting-von Rönn in den Bundestag . . . . . . . . . . 10589 B Abg. Helms scheidet aus der Fraktion der FDP aus . . . . . . . . . . . . 10589 B Wahl des Abg. Wende als stellvertretendes Mitglied für den Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt 10589 B Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 10589 C Amtliche Mitteilungen 10589 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1972 (Haushaltsgesetz 1972) (Drucksachen V1/2650, zu VI/2650, Nachtrag zu VI/2650); Berichte des Haushaltsausschusses — Zweite Beratung — Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksache VI/3350) . . . 10590 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksache VI/3351) Franke (Osnabrück) (CDU/CSU) . . 10590 C Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 10591 C Dichgans (CDU/CSU) . . . . . . 10592 C Jung (FDP) . . . . . . . . . 10594 C Dr. Althammer (CDU/CSU) 10594 D, 10597 C Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 10596 D Kirst (FDP) . . . . . . . . . 10593 B Dr. Ehmke, Bundesminister . . . 10598 B Ertl, Bundesminister 10598 B Spitzmüller (FDP) 10599 A Stücklen (CDU/CSU) 10599 C Wehner (SPD) 10600 A Leicht (CDU/CSU) . . . ... . 10600 D Dorn (FDP) 10601 B Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) . 10601 D Dr. Sperling (SPD) 10602 D II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksache VI/3352) 10603 B Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksache VI/3353) Katzer (CDU/CSU) . . . . . . . 10603 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . . 10609 D Kirst (FDP) . . . . . . . . . 10618 B Baron von Wrangel (CDU/CSU) . . 10624 A Brandt, Bundeskanzler . . . . . 10639 D Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . 10652 A Scheel, Bundesminister 10662 A Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . 10670 B Arendt, Bundesminister 10673 B Strauß (CDU/CSU) . . . . . . 106e A Dr. Schiller, Bundesminister . . 10688 D Fragestunde (Drucksachen VI/3377, VI/3378) Fragen des Abg. Reddemann (CDU/CSU): Verstöße gegen die Geheimhaltungsvorschriften im Auswärtigen Amt Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär 10626 B, C, D, 10627 A, B, C, D, 10628 A, C, D Reddemann (CDU/CSU) . . . . 10626 C, D, 10627 B, C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 10626 D, 10628 A Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 10627 A Dr.-Ing. Bach (CDU/CSU) . • . . 10627 D Freiherr Ostman von der Leye (SPD) 10628 A Frau Renger (SPD) 10628 B Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 10628 C Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) 10628 D Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Auswirkung der Ostverträge auf das Zonenrandgebiet, insbesondere das östliche Oberfranken Herold, Parlamentarischer Staatssekretär 10629 A, C, D, 10630 A, B, C Niegel (CDU/CSU) 10629 B, D Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 10629 D Reddemann (CDU/CSU) 10630 A Sieglerschmidt (SPD) 10630 C Frage des Abg. Dr. Wittmann (München) .(CDU/CSU) : Einsatz von Hubschraubern der Bundeswehr für Sanitätszwecke Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 10630 D, 10631 A Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 10631 A Frage des Abg. Freiherr Ostman von der Leye (SPD) : Beschäftigung von Angehörigen der NPD und ihrer Jugend- und Studentenorganisationen sowie von Mitgliedern anderer rechtsradikaler Organisationen im öffentlichen Dienst Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . .10631 B, C, D Freiherr Ostman von der Leye (SPD) 10631 C Hansen (SPD) . . . . . . . . . 10631 D Frage des Abg. Walkhoff (SPD) : Störung der Olympischen Spiele durch militante neonazistische europäische Gruppen Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 10632 A Walkhoff (SPD) 10632 A Frage des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) : Versalzung der Werra und der Weser durch Abwässer des Kalibergbaues Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 10632 B Frage des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) Verhandlungen mit der DDR über Schutzmaßnahmen im Kalibergbau Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 10632 C, D Müller (Mülheim) (SPD) 10632 D Frage des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) : Beurteilung des vom Deutschen Städtetag vorgelegten „Negativkatalogs der zivilen Verteidigung" Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 10633 A, B, C Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 10633 B Müller (Mülheim) (SPD) 10633 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 III Frage des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Ablehnungsquote im Feststellungsverfahren auf Grund des 21. Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 10634 A, B Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 10634 B Frage des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Grundbetrag nach § 4 des 21. Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 10634 B, D Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 10634 C Frage des Abg. Dasch (CDU/CSU) : Verbesserung der Wettbewerbsfähig- keit der Aluminiumindustrie Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 10634 D, 10635 A, B Dasch (CDU/CSU) . . . . .10635 A, B Fragen des Abg. Wolfram (SPD) : Anzeige der Landesvereinigung der industriellen Arbeitgeberverbände Nordrhein-Westfalen e. V. betr. Auswirkungen der Steuerreform Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär . 10635 B, C, D 10636 A, B Wolfram (SPD) 10635 D, 10636 A Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . . 10636 A Fragen des Abg. Schmidt (Braunschweig) (SPD) : Mißbräuchliche Anwendung des Blindenprivilegs bei der Berechnung der Mehrwertsteuer durch Tankstellenunternehmer Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär 10636 B, D Schmidt (Braunschweig) (SPD) . 10636 C, D Fragen des Abg. Biehle (CDU/CSU) und des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Stellungnahme von Präsident Mansholt zu den Agrarpreisen Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 10637 A, B , C, D, 10638 A, B, C, 10639 A Biehle (CDU/CSU) . . . . . 10637 A, B, C, 10638 A, B Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 10637 D, 10638 B, D, 10639 A Fragen des Abg. Dr. Kempfler (CDU/CSU) : Industriehoiz aus Bauernwäldern Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 10639 B, C Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . . 10639 B nächste Sitzung 10690 A Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 10691 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Sicherung des Rechts auf Gegendarstellung in Presseorganen . . 10691 A Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) (FDP) betr. Gefährdung des Grundwassers sowie der Flüsse und Seen durch phosphathaltige Waschmittel 10691 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Metzger (SPD) betr Vortragsdienst über die Olympischen Spiele 10692 A Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Grenzschutzstandorte in Ostbayern, insbesondere in der nördlichen Oberpfalz . 10692 C Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die. Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. Gesetzentwurf zur Neuordnung der Besoldung für Hochschullehrer und Fachhochschullehrer . . . . 10692 C Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Sicherung bzw. Neuschaffung von Arbeitsplätzen . . . . . . 10692 D Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Gewandt (CDU/CSU) betr. Verminderung der Auswirkungen der Rückzahlung des Konjunkturzuschlages . 10693 A IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage der Abg. Frau von Bothmer (SPD) betr. Förderung deutscher Investitionen in Namibia, Angola, Mozambique und Südrhodesien 10693 B Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Stichtag der Neuregelung der Brennrechte 10693 C Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) betr. Aufwendungen der Wirtschaft für Forschung und Entwicklung 10693 D Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Leicht (CDU/CSU) betr. finanzielle Aufwendungen für die Verwirklichung der Gesamtschule und Gesamthochschule 10694 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 10589 182 Sitzung Bonn, den 26. April 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 178. Sitzung, Seite II, rechte Spalte: Vor den Worten „Sammelübersicht 36" ist einzufügen: Entwurf eines Fünfzehnten Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen (Fünfzehntes Rentenanpassungsgesetz) (Bundesrat) (Drucksache VI/3214) 181. Sitzung, Seite 10551 C: Zwischen den Worten „Art. Satz 2" ist einzufügen: 2 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 10691 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Breidbach 29. 4. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 29. 4. Freiherr von und zu Guttenberg 5. 5. Lemp 26. 4. Lücker( München) 26. 4. Pöhler*** 26. 4. *Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats *** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage A 2) : Was gedenkt die Bundesregierung zu einer besseren Sicherung des Gegendarstellungsrechts zu unternehmen, nachdem in zunehmendem Maße Presseorgane Gegendarstellungen dadurch zu unterlaufen suchen, indem sie Gegendarstellungen aus formalen Gründen ablehnen und Teile der Gegendarstellungen in eigene Berichte einarbeiten? Die Vorschriften über das Gegendarstellungsrecht, die die einzelnen Landespressegesetze enthalten, werden allgemein als ausreichend angesehen. Vorteile gegenüber entsprechenden Regelungen in anderen Rechtskreisen bestehen insbesondere wegen der schnellen Durchsetzbarkeit des Gegendarstellungsrechts auch im Wege einer einstweiligen Verfügung. Der Abdruck der Gegendarstellung darf nur verweigert werden, wenn kein berechtigtes Interesse der betroffenen Person an der Veröffentlichung besteht, wenn die Gegendarstellung ihrem Umfang nach nicht angemessen ist oder wenn sie strafbaren Inhalts ist. Eine Vermengung einer Gegendarstellung mit eigenen Berichten des jeweiligen Presseorgans wird von der Rechtsprechung als unzulässig angesehen. Die Gegendarstellung darf auch nicht in der Form eines Leserbriefes abgedruckt werden. Nach dem z. Z. geltenden Landespresserecht ist es nicht unzulässig, mit der Gegendarstellung eine Stellungnahme der Redaktion zu veröffentlichen. Nach dem Entwurf des Bundespresserechtsrahmengesetzes, der in meinem Hause vorbereitet wird, soll dies in Zukunft untersagt werden. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatsekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (FDP) (Drucksache VI/3377 Fragen A 5 und 6) : Hat die Bundesregierung Unterlagen darüber, wieweit durch den sehr hohen Phosphatgehalt der insbesondere in den Haushalten verwendeten Waschmittel die Gefährdung sowohl des Grundwassers als auch der Flüsse und Seen in den letzten Jahren angestiegen ist? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, im Rahmen des Umweltschutzes darauf hinzuwirken, daß der Phosphatgehalt hei Waschmitteln in Zukunft auf 50 % des bisherigen Phosphatgehalts abgesenkt wird? Zu Frage 5: Im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen beantworte ich die Frage wie folgt: Der Bundesregierung liegen keine genauen zahlenmäßigen Unterlagen über die anteilige Belastung der Gewässer durch Waschmittelphosphate vor. Mit diesen Fragen befassen sich jedoch mehrere Sachverständigengremien, deren Arbeitsergebnisse der Bundesregierung vorliegen. Danach ergibt sich folgendes Bild: Bei der Beurteilung der von Phosphaten herrührenden Überdüngung von Gewässern und ihrer nachteiligen Folgen durch übermäßiges Wachstum von Algen wird oft übersehen, daß diese Schwierigkeiten überwiegend nur in stehenden Gewässern, aber kaum in fließenden Gewässern auftreten. In Flüssen und Bächen kommmt es zu keiner Phosphatanreicherung, auf die die Überdüngung in den Seen und Talsperren zurückzuführen ist. Grundwasser kann dabei außer acht gelassen werden, da Abwasser nicht in nennenswerten Mengen in das Grundwasser gelangt und Algen sich unter Lichtabschluß nicht entwickeln. Die in die Seen gelangenden Phosphate entstammen zu rund zwei Dritteln aus dem Abwasser und zu einem Drittel aus landwirtschaftlichen Anbauflächen. Dort werden die in Form von mineralischen Düngern aufgebrachten Phosphate durch Niederschläge teilweise wieder ausgewaschen. Die im Abwasser enthaltenen Phosphate entstammen je etwa zur Hälfte aus Waschmitteln und menschlichen Fäkalien. Die Ursachen der steigenden Gefährdung von Seen sind in erster Linie auf das Anwachsen der Besiedlung zurückzuführen. Allein in den deutschen Kreisen des Bodensees wuchs die Bevölkerung in den letzten 20 Jahren um nahezu 40 % an. Dazu kommt die hohe Zahl der Erholungsuchenden, die sich jeweils in den Sommermonaten in der Umgebung von Seen aufhalten. Nicht zuletzt ist auch der Waschmittelverbrauch, vor allem mit dem Einzug der Haushaltswaschmaschine, angestiegen, was zu einer weiteren Überdüngung geführt hat. Soweit es noch erforderlich ist, diese Fragen durch Forschungsarbeiten und Untersuchungen von Sach- 10692 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 verständigen zu klären, wird die Bundesregierung das Notwendige veranlassen. Zu Frage 6: Die Bundesregierung wird prüfen, ob und wie weit phosphatarme Waschmittel eingesetzt werden können. Einen wirksameren Schutz bietet jedoch der Bau von Ringkanalisationen und speziellen Abwasserkläranlagen, durch die im Abwasser insgesamt enthaltenen Phosphate, gleich welcher Herkunft, wirksam zurückgehalten werden können. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Metzger (SPD) (Drucksache VI/3377 Fragen A 7 und 8) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Maßnahmen des Olympischen Organisationskomitees in München, zur Einsparung von 100 000 DM den Vortragsdienst über die Olympischen Spiele einzustellen, obwohl nach einer Mitteilung des Olympia-Werbechefs Otto Haas in der vergangenen Woche allein 200 Vortragswünsche von der Bundeswehr vorlagen? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß im Hinblick auf die Brutto-Gesamtkosten der Olympischen Spiele von 1972 Millionen DM und im Hinblick auf die Öffentlichkeitsarbeit die Maßnahmen des Olympischen Komitees wenig überzeugend und rückgängig zu machen ist, zumal bei den Sportvereinen in der Bundesrepublik Deutschland und im Bereich der Bundeswehr ein besonders großes Interesse an sachgerechter Information über die Olympischen Spiele 1972 besteht? Zur Klärung des Sachverhalts, der Gegenstand Ihrer Anfrage ist, hat sich mein Haus an das Organisationskomitee in München gewandt. Nach Auskunft des Komitees entspricht es dem Ablauf des Zeit- und Organisationsplans, daß sich nunmehr — also weniger als 130 Tage vor dem Beginn der Olympischen Spiele — die Arbeit der Abteilung Werbung auf die Aufgaben konzentriert, die unmittelbar der Durchführung der Spiele dienen. Hierzu gehört u. a. die Herstellung der offiziellen Führer, der Tage- und Wochenprogramme sowie der Besucherinformationen. Der Vortragsdienst, auf den sich Ihre Anfrage bezieht, soll umorganisiert werden. Das Organisationskomitee hat die Deutsche Olympische Gesellschaft und den Deutschen Sportbund gebeten, die weiteren Vorträge zu übernehmen. Die Deutsche Olympische Gesellschaft hat bereits zugesagt. Das Organisationskomitee wird auch weiterhin seinen Beitrag leisten, indem es alle Unterlagen — Material für Referate, Filme, DiaGeräte und Publikationen — kostenlos zur Verfügung stellt. Im übrigen teile ich Ihre Auffassung voll und ganz, daß die Information der Öffentlichkeit und aller interessierten Stellen gerade jetzt nicht erlahmen darf. Der Fachausschuß für Öffentlichkeitsarbeit des Organisationskomitees wird in Kürze erneut tagen. Der Vertreter der Bundesregierung in diesem Ausschuß hat bereits beantragt, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 13) : Bis wann kann mit der Schließung der Lücke von Grenzschutzstandorten in Ostbayern, im besonderen in der nördlichen Oberpfalz, gerechnet werden? In Ostbayern sind Einheiten des BGS in den Standorten Bayreuth, Nabburg, Schwandorf und Deggendorf stationiert. Zur Verstärkung der Sicherung der Grenze wurde aus dem Grenzschutzstandort Nabburg zusätzlich ein ständig besetzter Stützpunkt in Seedorf eingerichtet. Die von mir für 1973 angestrebte Verstärkung des Bundesgrenzschutzes führt nicht zur Stationierung weiterer Einheiten im gesamten Grenzgebiet der Bundesrepublik Deutschland und damit auch nicht an der Grenze zur CSSR. Die Frage der Auswahl neuer Standorte in der nördlichen Oberpfalz stellt sich daher im Augenblick nicht. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 14) : Bis zu welchem Zeitpunkt beabsichtigt die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Besoldung für Hochschullehrer und Fachhochschullehrer vorzulegen? Der anstehenden Neuordnung der Besoldung im Hochschulbereich, die auch die Fachhochschullehrer einbeziehen wird, muß die Personalstruktur zugrunde liegen, die das Hochschulrahmengesetz vorsehen wird. Daher hängt der Zeitpunkt, zu dem dem Deutschen Bundestag der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Besoldung im Hochschulbereich vorgelegt werden kann, von der Verabschiedung des Hochschulrahmengesetzes ab. Vorarbeiten für das diesem nachfolgende Besoldungsgesetz sind in enger Zusammenarbeit mit den Ländern im Gange. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 25. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage A 17) : Über welche regionalpolitischen und arbeitsmarktpolitischen Steuerungsinstrumente verfügt die Bundesregierung, um in Gebieten mit plötzlich auftretender Arbeitslosigkeit außerhalb der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" Arbeitsplätze zu sichern bzw. neu zu schaffen? Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 10693 Wenn in einem Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" eine schwerwiegende und nachhaltige Arbeitslosigkeit eintritt oder einzutreten droht, kann ein solches Gebiet in die Gemeinschaftsaufgabe aufgenommen werden. Die Bundesregierung würde einen entsprechenden Antrag des betroffenen Landes im Planungsausschuß für regionale Wirtschaftsstruktur, der über die Frage der Abgrenzung der Fördergebiete zu entscheiden hat, unterstützen. Darüber hinaus könnte der Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit auf Grund eines dringenden Bedürfnisses auch außerhalb der Gemeinschaftsaufgabe im Rahmen der verfügbaren Mittel aus der Rücklage zinsgünstige Darlehen zur Förderung von Investitionen zur Verfügung stellen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Offergeld vom 26. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gewandt (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 19) : Ist die Bundesregierung bereit, die preissteigernden Auswirkungen der Rückzahlung des Konjunkturzuschlags zur Einkommen- und Lohnsteuer dadurch zu vermindern, daß sie durch eine Änderung des 624-DM-Gesetzes neben der geltenden Sparförderung eine zusätzliche Sparzulage dann gewährt, wenn der zurückgezahlte Konjunkturzuschlag sofort vermögenswirksam angelegt wird? Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, durch eine Änderung und Ausweitung der Prämiengesetze und des 624-DM-Gesetzes zusätzliche finanzielle Anreize für die Sparkapitalbildung aus dem Konjunkturzuschlag zu schaffen. Sie hält eine solche Maßnahme schon aus dem Grunde für nicht angebracht, weil sie die in der Anfrage zum Ausdruck kommende Befürchtung, die Rückzahlung des Konjunkturzuschlages Mitte dieses Jahres werde preissteigende Auswirkungen haben, nicht teilt. Auf Grund des gegenwärtigen Bildes der Konjunkturlage und der absehbaren Entwicklungstendenzen erwartet die Bundesregierung vielmehr, daß die Rückzahlung der bei der Deutschen Bundesbank stillgelegten Mittel auf einen noch nicht voll entwickelten Konjunkturaufschwung trifft und deshalb keine konjunkturell negative Wirkungen haben wird. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Offergeld vom 26. April 1972 auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau von Bothmer (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage A 24) : Trifft es zu (siehe Süddeutsche Zeitung vom 23. März 1972), daß deutsche Investitionen in Gebieten wie Namibia, Angola, Mozambique und Südrhodesien durch das EntwicklungshilfeSteuergesetz gefördert werden? Ich beantworte Ihre Frage mit „Ja", möchte aber folgendes hinzufügen: Die Geltungsdauer des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes endet am 31. Dezember 1972. Es ist geplant, das Gesetz ab 1. Januar 1973 in neuer Form fortzuführen. Bei der Novellierung des Gesetzes ist vorgesehen, der Ihnen sicherlich bekannten Resolution der Vereinten Nationen vom 24. Dezember 1972 Rechnung zu tragen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Offergeld vom 26. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 25) : Ist es richtig, daß durch das Vorziehen des Stichtags der betriebsfähigen Herrichtung von Brennereien für die Brennrechtsveranlagung 1972/1973 eine Lex Niedersachsen geschaffen wird, das heißt, die Neuerrichtung von über dreißig Brennereien in Niedersachsen bei einer gleichzeitigen Benachteiligung der Landwirtschaft in anderen Bundesländern legalisiert werden soll? Zur Fragestunde am 23./25. 2. 1972 haben Sie zum gleichen Thema eine schriftliche Anfrage annähernd gleichen Inhalts gestellt. Herr Hermsdorf hatte sie Ihnen mit Schreiben vom 23. Februar 1972 beantwortet. Neue Gesichtspunkte haben sich in der Zwischenzeit nicht ergeben, so daß ich der Antwort meines Kollegen Hermsdorf nichts hinzufügen kann. Zur Verdeutlichung möchte ich aber noch einmal folgendes unterstreichen: Es trifft zu, daß der Stichtag der Neuregelung der Brennrechte vorgezogen werden soll. Es ist denkbar, daß sich — wie bei jeder anderen Stichtagsregelung auch — in einzelnen Fällen Härten ergeben können. Für eine Milderung dieser möglichen Härtefälle kann die Kontingentsregelung, über die Sie Herr Hermsdorf in seinem Schreiben seiner Zeit informiert hatte, ggfs. in Betracht kommen, sofern der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Einzelfall ein besonderes agrarwirtschaftliches Bedürfnis anerkennt. Wie Sie sicherlich wissen, hat der Agrar-ausschuß des Bundesrates einem Antrag Bayerns zugestimmt, dieses Kontingent von ursprünglich 15 000 hl Weingeist auf 30 000 hl Weingeist zu erhöhen. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 14. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Ab- 10694 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 geordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache VI/3313 Fragen B 15 und 16) : Gedenkt die Bundesregierung, eine gesetzliche Grundlage für eine amtliche Statistik der Forschungs- und Entwicklungsausgaben der deutschen Wirtschaft, ähnlich wie in den USA, Japan und Frankreich, zu schaffen? Welchen Aussagewert haben die vom Stifterverband der deutschen Wissenschaft durchgeführten Erhebungen über die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der deutschen Wirtschaft, und in welchem Umfang sind diese Angaben repräsentativ und statistisch gesichert? Die Bundesregierung hält eine aussagekräftige Statistik der Aufwendungen der Wirtschaft für Forschung und Entwicklung für unerläßlich. Z. Z. liegen aber noch nicht einmal für den öffentlichen Bereich ausreichende FuE-Statistiken vor. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß eine Statistik der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten alle Sektoren der Volkswirtschaft umfassen und außer den Finanziellen Mitteln auch das in Forschung und Entwicklung tätige Personal einschließen müßte. Überlegungen und Erfahrungen bei der Erstellung von FuE-Daten haben gezeigt, daß sich bei der Erfassung und Aufbereitung erhebliche Schwierigkeiten ergeben. Wie durch die Erfahrungen anderer Staaten und bei den Erörterungen in internationalen Organisationen bestätigt worden ist, sind insbesondere die Definitions- und Zuordnungsfragen schwierig, Sobald hierüber in Zusammenarbeit mit inländischen Partnern und internationalen Organisationen hinreichende Klarheit erreicht worden ist, wird die Bundesregierung prüfen, ob und in welcher Form und bis zu welchem Detaillierungsgrad eine Statistik der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auch für den Bereich der Wirtschaft möglich gemacht werden sollte. Die vom Archivdienst für Wissenschaftsstatistik im Stifterverband für die deutsche Wissenschaft alle zwei Jahre durchgeführten Erhebungen sind eine wertvolle Grundlage für die Bewertung der Eigenleistungen der Wirtschaft auf dem Gebiet von Forschung und technischer Entwicklung. Da die Beteiligung an diesen Erhebungen freiwillig ist und nicht alle Unternehmen erfaßt, kann es sich allerdings nur um Ergebnisse handeln, deren Repräsentationsgrad in den einzelnen Wirtschaftszweigen unterschiedlich ist. Ein Vergleich der Ergebnisse der einzelnen Jahre ist, wie in den Veröffentlichungen ausdrücklich erwähnt wird, wegen der unterschiedlichen Zusammensetzung der Berichtseinheiten, insbesondere für den Vergleich von Teilergebnissen, nur mit Einschränkungen möglich. Die Erhebungen orientieren sich in ihrer Gliederung an dem von den OECD-Mitgliedstaaten erstellten Frascati-Handbuch über die Methoden zur Feststellung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Ein großer Teil der OECD-Länder bedient sich derselben Nomenklatur, so daß die Ergebnisse international verwendbar sind. Der Bundesbericht Forschung IV (Drucksache VI/3251) stützt sich in seiner quantitativen Darstellung der Eigenleistungen der Wirtschaft im wesentlichen auf die Ergebnisse der Erhebungen des Stifterverbandes. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. von Dohnanyi vom 21. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache VI/3313 Frage B 71) : Welche finanziellen Aufwendungen — personell wie investitionsmäßig — werden beim Bund bzw. bei den Ländern entstehen, wenn die von Bundesminister von Dohnanyi mehrfach in der Öffentlichkeit angekündigte Gesamtschule und Gesamthochschule verwirklicht werden, und inwieweit sind im geltenden Finanzplan des Bundes Mittel für diese Vorhaben (einschließlich der noch geplanten Modellversuche) vorgesehen? Die Frage nach den finanziellen Aufwendungen für die Verwirklichung der Gesamtschule und der Gesamthochschule läßt sich nicht beantworten, wenn sie nicht in den größeren Zusammenhang der notwendigen pädagogischen und organisatorischen Reformen des Bildungswesens gestellt wird. 1. Zur Gesamtschule: Im Zwischenbericht zum Bildungsgesamtplan haben sich Bund und alle Länder in bezug auf das 5. bis 10. Schuljahr (Sekundarstufe I) gemeinsam zu folgenden Zielen bekannt, die dem Abbau der bestehenden Chancenungleichheit im heutigen Schulwesen dienen: — Sicherung einer allgemeinen wissenschaftsorientierten Grundbildung für alle — Vermeidung vorzeitiger Festlegung auf bestimmte Bildungsgänge — Berücksichtigung der Neigung und der Befähigung des einzelnen durch eine zunehmende Wahl- und Leistungsdifferenzierung unter Beibehaltung eines verpflichtenden Kernbereichs gemeinsamer Inhalte. Die Bundesregierung und die von der SPD regierten Länder nehmen diese Zielvorstellungen sehr ernst und ziehen deshalb die notwendige Konsequenz: Sie wollen das überkommene ,,Drei-KlassenSchulsystem", bestehend aus Hauptschule, Realschule und Gymnasium, langfristig ersetzen durch die Gesamtschule. Diese wird alle Schüler zwischen 10 und 15 Jahren unter einem Dach zusammenfassen und die notwendigen Differenzierungen nicht mehr — wie faktisch heute noch überwiegend — nach der sozialen Herkunft sondern nach Neigung und Leistung vorsehen. Dies entspricht der internationalen Entwicklung wie auch dem deutlichen Mehrheitswillen der Bürger unseres Landes. Die von der CDU/CSU geführten Länder wollen die notwendige Konsequenz aus den gemeinsamen Zielvorstellungen noch nicht ziehen, sondern meinen eventuell auch mit Anpassungsmaßnahmen im Rahmen des traditionellen dreigliedrigen Schulsystems auskommen zu können. Wird mit solchen Maßnahmen Ernst gemacht, werden also im Interesse einer Verminderung der Chancenungleichheit insbesondere auch Maßnahmen ergriffen, um die bisherige Benachteiligung der Schüler an Haupt- und Realschulen abzubauen, so müssen sich die Kosten des Bildungswesens erhöhen. Dabei werden insbesondere die notwendigen Ver- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1972 10695 besserungen der Ausstattung der Haupt- und Realschulen ins Gewicht fallen. Die hierzu im „Zwischenbericht" quantifizierten Zielvorstellungen wurden aber vom Bund und allen Ländern in der BundLänder-Kommission für Bildungsplanung einstimmig verabschiedet. Entscheidend höhere, als die so entstehenden Mehrkosten, bringt auch die Gesamtschule nicht mit sich. Gewisse rationalisierende Wirkungen (gemeinsame Einrichtungen wie Bibliothek, Turnhalle, Sportplatz, Sprachlabor etc.) sind von der Gesamtschule zu erwarten. Nach diesem Vergleich — und ein anderer wäre der CDU/CSU gegenüber nicht fair — läßt sich also feststellen, daß die Gesamtschule nicht teurer ist als das im Sinne der CDU/CSU verbesserte herkömmliche System. Bedenkt man die zahlreichen Fehlinvestitionen, die in den letzten Jahren in einigen Ländern für neue Schulen an Standorten gemacht wurden, die heute nicht mehr aufrechterhalten werden sollen, ergeben sich weitere finanzpolitische Argumente für die Gesamtschulentscheidung heute. Wie Sie wissen, ist der Bund nach der geltenden Verfassungsordnung nicht in der Lage, sich umfassend an der Finanzierung des Schulwesens zu beteiligen. Er hat die Möglichkeit, auf der Grundlage des Artikels 91 b GG gemeinsam mit den Ländern entsprechende Modellversuche zu fördern. Die Förderung richtet sich dabei nach Bewertungsgrundsätzen, die im Rahmen der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung zwischen allen Beteiligten abgestimmt werden. Für die Förderung von Modellversuchen aus Bundesmitteln stehen die Titel 31 02/652 10 und 31 02/ 88210 (Förderung von Versuchs- und Modelleinrichtungen und -programmen im Bereich des Bildungswesens — laufende Kosten und Investitionen) zur Verfügung. Ein Schwerpunkt der Förderung aus diesen Titeln ist die Gesamtschule. In der Haushalts- und Finanzplanung der Bundesregierung sind für diese Titel insgesamt vorgesehen: 1972 75,7 Millionen DM 1973 131,8 Millionen DM 1974 183,7 Millionen DM 1975 255,7 Millionen DM Die Angaben für die Jahre 1973 bis 1975 sind der Finanzplanung 1972 bis 1975 aus dem letzten Jahr entnommen. 2. Zur Gesamthochschule: Die Errichtung von Gesamthochschulen, für die die Bundesregierung und alle Länderregierungen sich ausgesprochen haben, ist ein wesentlicher Teil der angestrebten Neuordnung des Hochschulbereiches, bei der ein durchlässiges System von abgestuften, aufeinander bezogenen Studiengängen und Studienabschlüssen geschaffen werden soll. Die finanziellen Aufwendungen für Gesamthochschulen werden sich voraussichtlich — nach allem, was wir heute wissen (Vergleichsrechnungen, in denen die Kosten der verschiedenen herkömmlichen Hochschulen den Kosten künftiger Gesamthochschulen gegenübergestellt werden, liegen noch nicht vor) — in dem Rahmen halten, der sich auch für die herkömmlichen Hochschularten nach Durchführung der erforderlichen Reformmaßnahmen (insbesondere im Bereich des Studiums, aber auch etwa bei Lehrkörperstruktur und Hochschulverwaltung) ergeben würde. Im Ersten Rahmenplan für den Hochschulbau 1972 bis 1975, der von Bund und Ländern einstimmig am 19. Juli 1971 beschlossen worden ist, werden deshalb einheitliche Flächen- und Kostenrichtwerte zugrunde gelegt. Auch in der Haushalts- und Finanzplanung des Bundes wird dementsprechend nicht nach Gesamthochschulen und anderen Hochschulen differenziert. Insgesamt sieht die Planung für die Förderung des Ausbaus und Neubaus von Hochschulen folgende Beträge vor (jeweils Bundesanteil an den Gesamtkosten) : 1972 1,6 Milliarden DM 1973 1,8 Milliarden DM 1974 2,0 Milliarden DM 1975 2,0 Milliarden DM Für die Förderung von Gesamthochschulmodellversuchen sind die erforderlichen Mittel nicht gesondert ausgewiesen. Der Haushaltsansatz bei Kap. 31 02 Titel 652 10 und 882 10 steht auch für Modellversuche im Hochschulbereich zur Verfügung.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Walter Arendt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Unter Produktivvermögen versteht man nur haftendes Kapital. Wehe dem Arbeitnehmer, der seine Ersparnisse im Herbst 1969 im Vertrauen auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung in haftendem Kapital angelegt hätte!

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Haftendes Kapital sind in der normalen Anlageform Beteiligungen, sei es in der Form von Aktien, sei es in der Form von Investmentfonds, sei es in der Form von GmbH-Beteiligungen. Wer damals gerade in gutem Glauben an Ihre Versprechungen von Stabilität und Wachstum seine Ersparnisse in haftendem Kapital angelegt hätte, der wäre neben der allgemeinen inflationären Entwicklung, die ihn um einen Teil seiner Ersparnisse gebracht hätte, noch um erhebliche weitere Teile seiner sauer erworbenen Ersparnisse gebracht worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Kursstand, wie er im Jahre 1969 beim Wechsel
    der Regierung vorhanden gewesen ist, ist noch lange



    Strauß
    nicht wieder erreicht. Wer sich also damals Produktivvermögen verschafft hätte, der wäre von den Folgen der Politik dieser Bundesregierung doppelt und dreifach geschädigt worden. — Aber was gehört nicht zu dem Produktivvermögen? Zum Produktivvermögen gehört nicht der ganze land- und forstwirtschaftliche Besitz. Dazu gehört nicht der ganze private Grundbesitz. Dazu gehört nicht der ganze private Hausbesitz. Dazu gehören nicht die Lebensversicherungsansprüche. Dazu gehören selbstverständlich auch nicht die Rentenversicherungsansprüche, die man nicht mit Lebensversicherungsansprüchen gleichsetzen kann, weil sie eine etwas andere Natur haben. Dazu gehören nicht die ganzen Sparkonten. Dazu gehören nicht die ganzen festverzinslichen Wertpapiere. Herr Kollege Arendt, Sie sollten sich das wirklich einmal genau überlegen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er ist doch nicht da! — Abg. Haase [Kassel] : Schiller soll es ihm erklären!)

    Ja, ich hoffe, daß es ihm jemand ausrichtet.
    Die Statistik von Professor Krelle und die Nachfolgestatistik sind auf der Statistik der Vermögensteuer aufgebaut. In der Statistik der Vermögensteuer sind diejenigen Werte des Produktivvermögens — auch Aktien und Investmentanteile — überhaupt nicht erfaßt, die unterhalb der Freigrenzen liegen. Sehen Sie sich einmal die Freigrenzen an, die auch heute noch in der Vermögensteuer vorhanden sind. Wir gehen von einer normalen Familie mit Vater, Mutter und einigen Kindern aus. Die Freigrenzen für eine normale Familie betragen schon 50 000, 60 000, 70 000, 80 000 DM. Das Produktivvermögen in dieser Größenordnung — Aktien, Investmentfonds, GmbH-Anteile oder was auch immer — erscheint überhaupt nicht in der Statistik.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Das heißt, daß die meisten Aktiensparer, die Sparer der breitgestreuten Aktien in dieser Statistik überhaupt nicht erscheinen. Darum sollte ein Bundesminister auch wenn er sich in seinem Leben mit dieser Frage im einzelnen nicht besonders befaßt hat —endlich aufhören, eine solche Behauptung zu verbreiten und damit einer allgemeinen Irreführung Vorschub zu leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.) So viel zu diesem Thema.

    Jetzt möchte ich noch einige Bemerkungen im Zusammenhang mit dem heute gestellten Thema, nämlich der Würdigung des Haushalts, im Rahmen der Gesamtpolitik dieser Bundesregierung, machen. Natürlich steht diese Debatte heute im Schatten des konstruktiven Mißtrauensvotums. Natürlich beweisen heute Verhalten und Argumente der Regierungsparteien, daß hier ein Stück Demontage an Verfassung und parlamentarischer Demokratie versucht werden soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es geht aber nun einmal um den Haushalt 1972, und
    es geht auch — davon habe ich heute gar nichts ge-
    hört — um die Finanzplanung von 1973 bis 1975.
    Über diese Finanzplanung hat man sich heute sehr verschämt ausgeschwiegen. Herr Kollege Schiller

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — ich habe ihn gerade noch erreicht; ich weiß gar nicht, warum sie schon alle im Aufbruch sind —,

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben mir damals, als ich in der Pressekonferenz, die Herr Dr. Barzel, Herr Narjes und ich hier gehalten haben — ich glaube, es war am 10. März dieses Jahres —, auf die Verschuldung des Bundes im Zusammenhang mit der Finanzlage des Bundes hinwies, in einer Verlautbarung Ihres Hauses entgegengehalten: Panikmache, Verunsicherung des Staatsbürgers und Diskriminierung der Regierung. Das waren die drei Ausdrücke, die ich aus Ihren Ausführungen von damals in Erinnerung behalten habe. Herr Barzel hat heute bereits darauf hingewiesen: In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" von heute, die ja gerade wegen ihrer ostpolitischen Haltung eine starke Unterstützung der Bundesregierung auf dem anderen Sektor der Politik darstellt, können Sie folgendes lesen. Es heißt dort:
    Es kann heute keinen Zweifel mehr geben: die Finanzpolitik des Bundes treibt dem Kollaps zu. Die Bundesregierung war bisher bemüht, diesen Tatbestand zu verharmlosen und zu verschleiern. Doch Schönfärberei hilft nun nicht mehr. Die Etatdebatte dieser Woche muß den Kurswechsel in der Finanzpolitik signalisieren, . . .
    Vorher heißt es dort:
    Wenn Brandt am Donnerstag stürzen sollte, so nicht nur wegen der Ostpolitik, sondern wegen der trostlosen Verfassung der Staatsfinanzen und der Aussicht auf einen neuen, noch stärkeren inflationären Schub, den die SPD/FDP-Koalition allein zu verantworten hätte

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und der mit Sicherheit das Ende der Reformpolitik brächte.
    Ich kann nur feststellen, daß sich Herr Kannengießer in der FAZ von heute wesentlich schärfer und kritischer ausgedrückt hat als ich in meiner Pressekonferenz vom 10. März. Wollen Sie nun auch behaupten, daß dieser Wirtschaftsjournalist Panikmache betreibt, Verunsicherung des Staatsbürgers und Diskriminierung der Regierung? Oder glauben Sie, Sie müßten ihm ein Colloquium privatissime et gratis geben, um seinem zurückgebliebenen Bildungsstand durch eine Nachhilfe dieser Art etwas auf die Sprünge zu helfen?
    Natürlich ist der Haushalt 1972 ein Schicksalsbuch der Nation. Er ist auch, Herr Kollege Schiller — daran sind Sie nicht unschuldig —, ein Schicksalsbuch der Bundesregierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Herr Bundeskanzler hat heute lange gesprochen. Aber das ist sein gutes Recht.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr lange! Zu lange! — Abg. Urbaniak: Sehr lange und sehr gut!)




    Strauß
    — Mit „lange" sind wir uns einig; mit „gut" sind unsere Qualitätsmaßstäbe sehr verschieden, Herr Kollege! Denn es wäre besser gewesen, er hätte kürzer gesprochen und hätte prägnant, präzis zu den Problemen gesprochen, die wir im Zusammenhang mit dem Haushalt in unseren Reden früher und heute aufgeworfen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Hier müßte ich eigentlich den Bundeskanzler fragen, was er getan hat, um sich dieses Maß an Unkenntnis auf diesem Gebiet zu verschaffen und zu erhalten.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU. Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] : Grobe Ungehörigkeit!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muß dem Herrn Bundeskanzler hier, gerade weil er im Laufe der Jahre seiner Regierungstätigkeit, wie es seine Pflicht ist, eine Reihe von falschen Aussagen gemacht hat, entgegenhalten, daß er ein schlechter Verwalter des Hauses der deutschen Finanzen gewesen ist. Als damals Herr Schiller im Frühjahr dieses Jahres aus verschiedenen Gründen in Bedrängnis geriet, hat er zur Abwehr der Kritik intra muros et extra muros gesagt, von nun an werde er sich stärker um die Fragen der Wirtschaft und der Finanzen kümmern.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Ich habe nicht den Eindruck, Herr Schiller, daß das
    eingetreten ist, denn sonst müßte ich mein Urteil
    ) noch zu seinen Ungunsten revidieren, wenn er es wirklich getan hätte.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Financial Times dieser Woche schreibt auch mit Recht:
    Falls der Bundeskanzler scheitert, wird sich die Welt verändert haben, es würde aber kein Ende der Welt bedeuten.
    Damit stimme ich völlig überein. Wir lassen auch keinen Zweifel an unserer Entschlossenheit, daß w i r jedenfalls dem Verfall unserer Finanzen, der Zerrüttung der staatlichen Ordnung und der schrittweisen Auflösung unseres Gesellschaftssystems ein Ende setzen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn uns in diesen letzten Stunden eine Reihe von Flugblättern mit Aufrufen zu Massendemonstrationen, Protestkundgebungen gegen das Mißtrauensvotum der Fraktion der CDU/CSU zuflattern, dann handelt es sich hier um merkwürdige Bündnisse.

    (Vorsitz : Präsident von Hassel.)

    Sie kennen doch den Begriff — sie (zur Regierungsbank gewandt)

    sind alle weg! —

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU) der societas leonina.


    (Erneute Heiterkeit bei der CDU/CSU.) Ich lese hier, daß der Marxistische Studentenbund Spartakus aufruft, die DGB-Demonstration von heute abend, 20 Uhr, Beethovenhalle, zu besuchen. Es heißt dort: „Stoppt Strauß, Barzel und Springer!", „Für die Ratifizierung der Verträge von Moskau und Warschau", „Für die Verteidigung der demokratischen Rechte und Freiheiten", „Verhindert den Sturz der Regierung Brandt und Scheel!" Ich könnte noch weiteres dazu verlesen, z. B. die Aufrufe des SHB: „Kampf der CDU/CSU-Machtergreifung", „Heute abend, 20 Uhr, Beethovenhalle", „Verträge ratifizieren!", „Kampf dem Sturz der SPD/FDP-Regierung", „Gemeinsam gegen die Rechtskräfte in Hochschulen und Gesellschaft", „Stoppt Strauß und Barzel!", „Friedensmarsch nach Bonn". Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sprache ist uns nicht neu!


    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nur waren wir in der Vergangenheit gewohnt, daß die andere große Partei dieses Hauses, auch wenn wir uns mit ihr nicht in ein und demselben Koalitionslager befunden haben, gleichgültig, wie wir uns gegenübergestanden haben, einen ganz scharfen Trennungsstrich von diesen Kräften gezogen hat. Diesen Trennungsstrich vermissen wir heute in weiten Bereichen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Jetzt marschieren die Betriebe!)

    Nicht neu ist für uns die Mobilisierung außerparlamentarischer Kräfte.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen].)

    -- Aber Herr Kollege Schäfer, hier handelt es sich nicht um die Redewendung, die Sie heute gebraucht haben, daß man hier sieht, was Männer und Frauen draußen denken, daß man hier sieht, wo Männer und Frauen draußen stehen. Wer fragt denn, daß diejenigen, die marschieren, die Mehrheit in unserem Volke darstellen!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Haben wir denn nicht auch erlebt, daß in unseren Kundgebungen der Beifall am stärksten war, wenn wir sagten: diese Regierung in Bonn muß weg.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wer kann hier für sich in Anspruch nehmen, durch solche „spontan" organisierten Aufmärsche von Organisationen etwa politische Mehrheiten in diesem Lande vortäuschen oder erzwingen zu wollen? Hier heißt es: Widerstehet den Anfängen! Wenn das einmal beginnt, ist die Straße zur Volksfrontbewegung bereits beschritten und das Ende sichtbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, in das gleiche Horn stoßen die Aufrufe der Jungsozialisten,

    (Zurufe und Lachen bei der SPD)

    die Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes über Teilstreiks, Warnstreiks, angekündigte Arbeitsniederlegungen usw. Wer diese Verfassung ernst nimmt, der nimmt auch die Bestimmungen ernst, daß



    Strauß
    jeder gewählte Abgeordnete nur seinem Gewissen verpflichtet ist und in seiner Freiheit, danach zu handeln, nicht eingeschränkt werden darf.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Denn genau das meinen wir. Das ist ein Anschlag auf die parlamentarische Demokratie.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!)

    Man spricht von der Beteiligung des Volkes an der politischen Diskussion. Ich glaube, wir haben in vielen Wahlversammlungen die Stimme der Mehrheit unseres Volkes erlebt. Und die Mehrheit hat auch in Baden-Württemberg klar und eindeutig gesprochen. Wir warnen vor einem Spiel mit dem Feuer. Wir warnen vor Aktionen mit Volksfronttendenz. Sie wissen ganz genau, daß es die internationale und auch die nationale Strategie der kommunistischen Bewegung ist — ich sage von vornherein: bisher verbal abgelehnt —, Kooperation mit der SPD anzubieten. Es hat aber keinen Sinn, wenn die Parteivorstände sich distanzieren und unten auf der Straße die Verbrüderung stattfindet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Hier kann ich aus eigener und nicht immer angenehmer Erfahrung sprechen. In wie vielen Kundgebungen und Versammlungen habe ich es in diesem Jahr und im letzten Jahr erlebt, daß sich hier eine Aktionsgemeinschaft zwischen Jungsozialisten, SDAJ, der Kommunistenjugend und anderen ähnlichen Organisationen gebildet hat, die sich zu einer Korporation zusammengefunden haben, um unsere Versammlungen zu stören und zu sprengen und den normalen Ablauf einer demokratischen Veranstaltung unmöglich zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Stellen Sie das ab! Dann werden Sie auch wieder
    mehr Gemeinsamkeit in diesem Hause herstellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Haushaltsdebatte ist ja auch ein Vergleich zwischen Theorie und Wirklichkeit, zwischen Wahrheit und Dichtung, zwischen Wahn und Wirklichkeit. Dafür einige Beispiele. Es heißt in der Regierungserklärung — ich sage es, weil der Herr Bundeskanzler heute von der Erfüllung seines Programms gesprochen hat —:
    Diese Regierung redet niemandem nach dem Munde. Sie fordert viel, nicht nur von anderen, sondern auch von sich selbst. Wir haben so wenig Bedarf an blinder Zustimmung, wie unser Volk Bedarf hat an gespreizter Würde und hoheitsvoller Distanz. Wir suchen keine Verbündeten. Wir brauchen Menschen, die kritisch mitdenken, mitentscheiden und mitverantworten. Das Selbstbewußtsein dieser Regierung wird sich als Toleranz zu erkennen geben. Sie wird daher auch jene Solidarität zu schätzen wissen, die sich in Kritik äußert. Wir sind keine Erwählten, wir sind Gewählte.
    In Wirklichkeit hat diese Regierung allen nach dem
    Munde geredet, und zwar über geraume Zeit hin-
    weg. Sie hat einfach zuviel versprochen und scheitert jetzt an der Unvereinbarkeit von Versprechungen, Erwartungen und Erfüllungsmöglichkeiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich darf davon ausgehen, daß wir heute fünf Ziele der Volkswirtschaft hinsichtlich ihrer gleichgewichtigen Auslastung vor Augen haben sollen. Es handelt sich einmal um hohen Beschäftigungsstand, Preisstabilität, angemessenes Wachstum, ausgeglichene Zahlungsbilanz — das sind vier und zum anderen würde ich hinzufügen: funktionierende Ordnung der Marktwirtschaft. Ich weiß auch, warum ich das sage.
    Die Vollbeschäftigung hat diese Bundesregierung übernommen, sie war nie in Gefahr. Der Bundeskanzler wies immer wieder darauf hin, es sei ein Trost, daß die Vollbeschäftigung von dieser Regierung erreicht worden sei, daß die Vollbeschäftigung von ihr garantiert sei. Die Vollbeschäftigung war die Folge des in der Großen Koalition unternommenen Bündels gemeinsamer Maßnahmen. Sie war Ende 1967/Anfang 1968 wiederhergestellt. Sie stand nie in Gefahr. Wenn daher die Bundesregierung auf die Vollbeschäftigung verweist, schmückt sie sich mit einer Feder, die sie sich nicht an ihren Hut stecken darf, höchstens an den Hut der Großen Koalition von damals mit ihren gemeinsamen Bemühungen. Aber hat nicht der Bundeskanzler immer falsche Alternativen geboten, Herr Kollege Schiller? Hat er nicht immer gesagt: Die Opposition ruft nach Stabilität und beschwört damit Arbeitslosigkeit herauf? Hat er nicht den Eindruck erweckt, als ob man das bißchen Inflation in Kauf nehmen müßte, um die Vollbeschäftigung zu garantieren? Und hat er damit nicht zwar die Vollbeschäftigung erhalten, aber zwei Ziele total verloren? Das eine ist das Ziel der Preisstabilität, und das andere ist das Ziel eines angemessenen Wachstums.
    Man soll jetzt endlich aufhören, immer nach Schuldigen zu suchen: bei den Preiserhöhungen die Unternehmer und bei der Inflation das böse Ausland, das die Inflation zu uns exportiert hat. Herr Kollege Schiller, Sie haben bei der Aussprache, die wir über den Jahreswirtschaftsbericht hatten, auch davon gesprochen, daß die Unternehmer jetzt endlich Disziplin bei den Preisen zeigen sollen. Ich bin sehr damit einverstanden. Aber dann sagen Sie das Ihrem Kollegen Leber, der der größte Unternehmer in der Bundesrepublik ist! Warum erhöhen Bahn und Post dauernd ihre Tarife? Warum wird denn hier der kleine Mann als wehrloser Kunde stärker geschröpft, als er von jedem Privatunternehmer geschröpft werden kann?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Leber, doch nicht deshalb, weil Sie ein Wucherer sind, sondern deshalb, weil Sie ebenfalls mit Bahn und mit Post an den Folgen der von dieser Regierung verschuldeten Inflation nicht ohne Reaktion in Gestalt von Preiserhöhungen vorbeigehen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir erleben doch täglich Inserate mit MillionenAusgaben, in denen die Erhöhungen der Gebühren



    Strauß
    und Tarife begründet werden. Sie werden damit begründet, daß die wesentlich gestiegenen Personalkosten aufgefangen werden müssen, und damit, daß Bahn und Post leistungsfähig bleiben müssen, und wer leistungsfähig bleiben will, muß investieren. Was die Bundesregierung für ihre Staatsunternehmen mit Recht, sage ich, in Anspruch nimmt, gilt aber auch für jeden Privatunternehmer. Er muß genauso seine Personalkosten auffangen, und er muß genauso investieren, um die Leistungsfähigkeit seines Betriebes und die Sicherheit der Arbeitsplätze zu erhalten.

    (Abg. Ollesch: Eine ganz neue Erkenntnis!)

    — Das scheint eine ganz neue Erkenntnis zu sein, Herr Kollege Ollesch. Denn sonst hätte nicht der Bundeskanzler bei der Eröffnung des Wahlkampfes in Rheinland-Pfalz und hier wiederholt davon gesprochen, daß da, wo die Preise gemacht werden, bei den Unternehmern, die CDU/CSU näher daran säße, und damit den Eindruck erweckt, als ob die Unternehmer an der Preiserhöhung in Form eines Komplotts mit der CDU schuldig wären.
    Wir haben auch die Bielefelder Äußerungen nicht ganz vergessen. Wir sind bereit, nicht mehr auf sie zurückzukommen. Im Laufe der Vergangenheit ist schon ein ganzes Arsenal von klassenkämpferischen Ausdrücken gefallen. Wir wollen sie nicht wieder erwähnen. Aber wenn Sie uns dazu herausfordern, bin ich sehr gerne bereit, es zu tun.
    Die Vollbeschäftigung ist übernommen worden und war nie in Gefahr. Das angemessene Wachstum ist verloren. Die ausgeglichene Zahlungsbilanz ist
    labil geworden, und die funktionierende Marktwirtschaft ist heute gefährdet. Die Bundesregierung fordert von sich gar nicht die Einhaltung ihrer eigenen Versprechungen, sie fordert von der Öffentlichkeit die Bereitschaft, diese Versprechungen zu vergessen und dafür an neue zu glauben.

    (Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Keine Regierung hat — so intolerant wie diese — Kritik als Majestätsbeleidigung aufgefaßt,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    als Panikmache, als Verunsicherung der Öffentlichkeit, als Diffamierung der Bundesregierung. Die Regierung war immer auf der Suche nach Schuldigen: Unternehmer treiben die Preise hoch, Ausland importiert die Inflation, Kritiker sind Schreibtischtäter, denen das Maul gestopft werden muß. Keine Regierung hat jemals den Staatsapparat für eigene Zwecke verschiedener Art so ausgebeutet wie diese Regierung,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    von der aus Steuergeldern bezahlten Inseratenflut bis zum Einsatz der Luftwaffe.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Die Regierung benimmt sich nicht wie die Gewählten. Ihre Mitglieder benehmen sich wie Gesalbte und Geweihte in unserer Volksgemeinschaft.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Man sollte ihnen nur mit Ehrfurcht, mit Bewunderung und Unfehlbarkeitsglauben sich schaudernd nahen. Wehe dem, der Kritik übt!
    In der Regierungserklärung heißt es: Wir wollen mehr Demokratie wagen, wir werden unsere Arbeitskreise öffnen und dem kritischen Bedürfnis nach Information Genüge tun.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Protokolle!)

    Ich möchte jetzt nicht auf die großen Beispiele zu sprechen kommen, die uns heute schon bewegt haben. Ich möchte nur einmal auf ein paar kleinere im Rahmen der Bereiche des Haushaltes eingehen.
    Die seinerzeit von mir als Bundesfinanzminister eingeführte monatliche Berichterstattung über die Entwicklung der Bundesfinanzen ist seit Mai 1970 eingestellt worden, auf vierteljährlich umgestellt worden. Grund war, daß die Regierung im ersten Halbjahr 1970 versprochen hatte, die Ausgaben nicht über 4 % zu erhöhen. Als ruchbar wurde, daß dieses Versprechen nicht gehalten werden kann, hat sie die Statistik nicht mehr herausgegeben, damit man den Wortbruch nicht merkt.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Erster Fall!
    Dann: die seit 1965 — auch auf Verlangen der SPD — durchgeführte laufende Unterrichtung des Parlaments und der Öffentlichkeit über die Kosten aller eingebrachten Gesetzesanträge ist seit Juni 1970 auch still eingestellt worden. Grund war der Zwang zur Verschweigung der Tatsache, daß der Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung gesprengt worden ist, was man nicht öffentlich zugeben wollte. Konkret und präzis gefaßte parlamentarische Anfragen — und das ist eine gravierende Anklage der Opposition — werden teils nicht fristgemäß, teils unvollständig, ausweichend und in der Wirkung irreführend beantwortet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Finanzlage des Staates wird als Staatsgeheimnis behandelt. Es fehlt bloß noch, daß auch hier die Staatsanwaltschaft noch mobilisiert wird. Die Erklärung des Bundeskanzlers vom 15. März 1972 — bei unserer großen Aussprache, Herr Kollege Schiller —, daß die Zahlen der Finanzplanung 1973 bis 1975 bei Verabschiedung des Haushalts ergänzt würden, ist nicht eingehalten worden.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Wir vermissen die Einhaltung dieser Zusage. Wir verstehen jetzt zwar, warum. Aber dann heißt es: Karten auf den Tisch und Hosen runter, statt diesen Zustand weiterhin gelten zu lassen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Und zwar ist die Finanzplanung deshalb nicht fortgeschrieben worden — das wissen Sie so gut wie ich; aber es gehört zur Haushaltsdebatte —, weil die Zahlen des Basisjahres sich in gravierender Weise entgegen Ihrem Entwurf, den ich damals schon als Märchenbuch bezeichnet habe, verschoben haben. Wenn die Zahlen des Basisjahres falsch sind — Sie wissen genau, was ich meine: Mehrausgaben, Mindereinnahmen, Nebenherfinanzierungen in Gestalt



    Strauß
    von Schattenhaushalten, wesentliche Erhöhung der Verschuldung —, dann stimmt natürlich das ganze Gebäude nicht mehr, das auf diesem Fundament errichtet ist. Darum hätten wir von dieser Regierung erwartet, daß sie bei der zweiten und dritten Lesung des Haushaltes uns wenigstens ihre Ansätze für die fortgeschriebene Finanzplanung 1973 bis 1975 auf den Tisch legt, weil man dann nicht nur eine Momentaufnahme des Jahres 1972, sondern mit regierungsamtlichen Zahlen auch ein Gesamtbild der finanziellen Entwicklung bis 1975 in der Ansicht der Bundesregierung zur Verfügung gehabt hätte. — Ich hoffe nicht, daß das auch noch geheim ist.
    Die Regierung sagte: „Solidität wird die Richtschnur unserer Finanzpolitik sein"; ein wörtlicher Ausspruch des Herrn Bundeskanzlers. Ich habe schon im Oktober 1971 gesagt, daß die Zahlen des Haushalts 1972 sehr willkürlich, in den Ausgaben zu niedrig, in der Mehrverschuldung ebenfalls zu niedrig, also künstlich frisiert, kosmetisch korrigiert, angesetzt seien. Die Absicht, Herr Kollege Schiller, war damals, die inflationären Anstoßkräfte des Haushalts durch eine falsche Zuwachsrate zu verschleiern. — Ja, wenn es nicht Ihre Absicht war, dann war es Ignoranz; aber dazwischen haben Sie keine Wahl. Von Ihnen stammt doch der damals von mir erwähnte Begriff der „inflatorischen Lücke". Die inflatorische Lücke ist nach Ihrer eigenen Definition, die wir als Adepten Ihrer Weisheit damals mit ehrfürchtigem Schaudern hier entgegengenommen haben,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    die Differenz zwischen der Zunahme der Staatsausgaben und der Zunahme des realen Sozialprodukts. Wie Sie wissen, ist im Jahre 1970 das reale Sozialprodukt nur um 5,5 %, die Staatsausgaben aber zwischen 11 und 12 % gewachsen. Im Jahre 1971 ist das reale Sozialprodukt nurmehr um 2,8 %, die Staatsausgaben jedoch um 13 bis 14 % gestiegen. Im Jahre 1972 erhoffen Sie eine Steigerung des realen Sozialprodukts um 2 bis 3 %. Bis jetzt spricht nichts dafür, daß sie erreicht wird. Mit Sicherheit aber werden sich die Staatsausgaben in diesem Jahr um mindestens 11 %, wahrscheinlich um wesentlich mehr, erhöhen. Das ist die inflationäre Lücke, und ich war sehr überrascht, als der Herr Bundeskanzler heute in seinen Darlegungen nachweisen wollte, daß diese Steigerung der Staatsausgaben normal und selbstverständlich sei und daß damit der Begriff „Inflationsanreiz" überhaupt nicht verbunden werden könne. Entweder, Herr Kollege Schiller — ich sage es noch sehr humorvoll —, haben Sie ihm auch kein colloquium privatissime et gratis gegeben, entweder haben Sie ihn nicht rechtzeitig darüber aufgeklärt, was die inflatorische Lücke ist, oder Sie haben Ihre Definition von damals geändert. Hierzu würden wir gern einmal eine nähere Erklärung von Ihnen hören.
    Ich nehme mir noch einmal das Wort vor: „Solidität wird die Richtschnur unserer Finanzpolitik sein." Schon in den Jahren 1969/70 sind 1,9 Milliarden DM Ausgaben zum Teil vorgezogen, zum Teil nachträglich vorgebucht worden, um damit die Ausgaben 1969 künstlich zu erhöhen und die Zuwachsrate 1970 in der Statistik künstlich zu senken. Es geht aber bei diesen Ausgaben um die volkswirtschaftlich relevanten Auswirkungen und nicht um die Methode statistisch verschleierter Buchungen oder um ähnliche Dinge.
    Im Jahre 1971 sind Ausgabenkürzungen von 1 Milliarde DM verkündet worden. Wissen Sie, Herr Kollege Schiller, wie Sie diese Ausgabenkürzungen erwirtschaftet haben? Zu 800 Millionen DM auf den Gebieten, die jetzt überhaupt nicht mehr im Haushalt vermerkt sind, weil es sich nurmehr um Ausgaben für die EWG handelt, die eben jetzt nicht mehr im Haushalt geführt werden. Damit ist die Minderausgabe erwirtschaftet worden. Auch das ist wieder ein künstliches Frisieren des Haushalts.
    Im ersten Halbjahr 1970 hat man 4% Zuwachs versprochen, hat dann aber am Ende des ersten Halbjahres festgestellt, daß es 10 % Zuwachs waren. Herr Kollege Schiller, für den Entwurf 1972 haben Sie 8,4 % angeben. Jetzt sind Sie schon bei 11,4 %, weil Sie 2,7 Milliarden DM Mehrausgaben in der Zwischenzeit als unvermeidlich haben anerkennen müssen. Aber zu diesen 2,7 Milliarden DM Mehrausgaben kommen, wie Sie genau wissen, noch weitere 6,6 Milliarden DM hinzu. Der ominöse Posten von globalen Minderausgaben in Höhe von 1,2 Milliarden DM ist bis jetzt noch nicht auf die Ressorts aufgeteilt, weil sich sämtliche Ressorts mit Händen und Füßen weigern, ihre bereits inflationsgeschwächten Programme durch solche Einsparungen noch weiter zu demontieren. Ferner ist die 1 Milliarde DM Schatzbriefe für die Rentenversicherung dabei. Dazu gehören außerdem die Positionen für die Bundesbahn, für die Ruhrkohle und noch andere Positionen, die ich im einzelnen nicht aufführen kann. Diese 6,6 Milliarden DM, um die es sich hier handelt, die großenteils auf dem Wege der Nebenherfinanzierung bewältigt werden sollen, treiben die Ausgabensteigerungen des Jahres 1972 noch über die 11,5% hinaus. Dieser Haushalt ist nicht inflationsneutral, und er kann es nach allen Maßstäben der Wissenschaft und der Praxis auch nicht sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dem entspricht auch, Herr Kollege Schiller, die Schuldenaufnahme. Was haben Sie persönlich und in Verlautbarungen Ihres Hauses über die von mir und von der Fraktion der CDU/CSU aus meinem Mund gemachten Angaben über die Verschuldung des Bundes an heftigen Reaktionen von sich gegeben! Der Bund hat ursprünglich seine Schuldenaufnahme mit 4,7 Milliarden DM netto angegeben und muß sie jetzt auf 7,3 Milliarden DM erhöhen. Zu den 7,3 Milliarden DM kommt noch hinzu, was von den 6,16 Milliarden DM noch untergebracht werden muß. Das heißt: 7,3 bis 9,10 Milliarden DM allein der Bund.
    Herr Kollege Schiller, Sie haben den letzten Finanzbericht herausgegeben. In dem letzten Finanzbericht stimmen Bundesbank und Bundesregierung darin überein, daß im Jahre 1972 die Schuldenaufnahme von Gemeinden, Ländern und Bund nicht höher als 121/2 Milliarden DM sein sollte. Sie haben damals erklärt, der Bund begnüge sich mit 4,7 Milliarden, der Rest reiche für die Länder und die Gemeinden. Der Rest reicht aber jetzt, wenn der



    Strauß
    Bund mindestens 9 Milliarden DM in Anspruch nimmt, nicht mehr für die Länder und die Gemeinden, und Ihre Annahme, daß Länder und Gemeinden in diesem Jahr mit weniger Schuldenaufnahme auskämen, spricht nur für eines: für Ihre völlige Unkenntnis der Finanzlage der Länder und der Gemeinden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Gemeinden, Länder und Bund werden sich in diesem Jahr in der Größenordnung von 20 Milliarden DM plus x verschulden, und dazu kommen noch die Schuldenaufnahmen bei Bahn und Post. Das heißt, die öffentliche Hand einschließlich Bahn und Post wird sich in diesem Jahr — genau weiß noch niemand, wieviel — zwischen 25 und 28 Milliarden DM verschulden. Diese Verschuldung ist in der Geschichte der Bundesrepublik in Zeiten normaler Konjunktur noch nie dagewesen. Wir haben ja Vollbeschäftigung. Es bedurfte keiner besonderen Spritzen, um die Vollbeschäftigung wieder herzustellen, und es bedurfte keiner Spritze, um die Vollbeschäftigung durch erhöhte Staatsausgaben zu erhalten. Was hier an erhöhter Verschuldung sichtbar wird, das ist nichts anderes als der Unterschied zwischen Theorie und Wirklichkeit, als der Unterschied zwischen Dichtung und Wahrheit, als der Unterschied zwischen Versprechungen und Erwartungen auf der einen Seite und Erfüllbarkeit in der Finanzierung auf der anderen Seite.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Schiller, wissen Sie, warum ich die Fortschreibung der Finanzplanung gern gesehen hätte? Um nämlich einmal die Gesamtbeträge der Deckungslücken der öffentlichen Hand von 1972 bis 1975 durch eine regierungsamtliche Zahl zu erfahren. Sie haben nämlich in Ihrer Statistik in der ursprünglichen mehrjährigen Finanzplanung als Deckungslücke, die also kreditär zu finanzieren wäre, für Gemeinden, Länder und Bund für die Jahre 1972 bis 1975 — beide Jahre einschließlich — 52,7 Milliarden DM angegeben. Wenn man eine nur 10%ige Ausgabensteigerung der öffentlichen Hand zugrunde legt — das ist wesentlich weniger, als in den Jahren 1970, 1971 und 1972 angesetzt und Wirklichkeit war —, dann beträgt die Deckungslücke 118 Milliarden DM.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Mit jedem Prozent, um das diese Ausgabensteigerung noch überschritten wird — also 10 plus x Prozent —, erhöht sich der Ansatz von 118 Milliarden DM über die vier Jahre hinweg und für die drei Gebietskörperschaften zusammengenommen; ich wiederhole das noch einmal, damit es keinen Irrtum gibt.
    Darum stehen Sie vor der drastischen Notwendigkeit, entweder den Bund in einer Weise zu verschulden, daß die private Kreditaufnahme der Wirtschaft darunter leidet, oder die Steuern bereits im Jahr 1973 zu erhöhen. Vielleicht versuchen Sie noch, über die Runde der Bundestagswahlen zu kommen, um vor den Augen der Öffentlichkeit das volle Ausmaß der Finanztragödie noch zu verschleiern.
    Herr Kollege Schiller, diese Verschuldung von 118 Milliarden DM plus x für vier Jahre und die drei Gebietskörperschaften zusammengenommen ist doch ohne Zweifel ein Inflationsanreiz erster Ordnung. Wenn heute — ich glaube, es war der Herr Bundeskanzler, der es sagte — die Meinung vertreten wurde, das könne man ohne Rückwirkungen auf die Wirtschaft finanzieren, dann kann ich auch hier nur wieder die horrende Unkenntnis des Ablaufs der Ereignisse der letzten Wochen feststellen. Wir waren doch drauf und dran, Herr Kollege Schiller, zum 7%er zu kommen. Der 7%er ist doch aufgegeben worden. Der 7,5%er kann nicht mehr abgesetzt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)

    Wir nähern uns dem 8%er, und ob es beim 8%er bleibt, ist noch fraglich. Daß heißt, wir haben abermals ein Ansteigen des Zinsniveaus mit all den unangenehmen Folgen, die sich für die Preisentwicklung oder auch für die Stabilität unserer Zahlungsbilanz daraus ergeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Regierung hat erklärt: Binnenwirtschaftlich wird die Aufwertung die Preisentwicklung des Jahres 1970 dämpfen; ohne Aufwertung wäre eine weitere Zuspitzung der Konjunkturlage mit der Gefahr einer nachfolgenden Rezession kaum vermeidbar gewesen. Das heißt, unser Ziel lautet: Stabilisierung ohne Stagnation. — Was haben wir? Wir haben eine Preissteigerung bei den Lebenshaltungskosten 1969 von 2,7 %, 1970 von 3,8%, 1971 von 5,2% und zur Zeit von 5,4 %. Das heißt, wir haben Stagnation mit Inflation. Das ist die zweitschlechteste aller wirtschaftlichen Möglichkeiten. Die allerschlechteste wäre Stagnation und Inflation mit Arbeitslosigkeit. Aber die zweitschlechteste auch tatsächlich zu erreichen, ist der Bundesregierung gelungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Schiller, ich habe einmal in einem Rundfunkvortrag des Präsidenten Poullain folgendes gehört: der Wirtschaftsminister Schiller sei der beste, den die Bundesrepublik Deutschland je gehabt hätte.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Ein Märchen!)

    Das hat er im November 1969 gesagt. Am 18. April hat derselbe Mann — im übrigen auch Berater des Bundeskanzlers — erklärt: Ich erwarte bis 1974 eine sich steigende Inflationsintensität mit der Folge einer Gefährdung unseres ganzen politischen Ordnungssystems.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was sagst du jetzt?)

    Wenn allerdings der Kleine die Last trage und der Große den Nutzen habe, wenn diejenigen das Geschäft machten, die in die Sachwerte gegangen seien, während die anderen mit einem gerade die Inflationsrate deckenden Zins abgespeist würden, dann könne dies für eine Gemeinschaft über einen länge-



    Strauß
    ren Zeitraum hinweg nicht ohne systemverändernde Wirkung bleiben.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Ja, wenn das die Feststellung desselben Mannes ist, der vor 21/2 Jahren Herrn Schiller zum besten Wirtschaftsminister der Bundesrepublik emporgehoben hatte, wenn also dieser Mann heute dieses Urteil fällt, wen soll man denn dann verantwortlich machen? Da kann man doch in erster Linie nur diese Regierung verantwortlich machen, den Kanzler und seinen Doppelminister.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Haase [Kassel] — zur Regierungsbank weisend —: Legen Sie doch die Zeitung weg! Hier ist kein Lesesaal! Herr Präsident, die lesen Zeitung, die Beamten! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    Man soll auch einmal mit dem Spiel aufhören, zu behaupten, die Inflation sei importiert und wir seien ja noch nicht einmal an der Spitze der inflationierenden Länder. Herr Schiller, Sie haben doch wörtlich — und mit Recht — im Jahre 1970 erklärt, um die Unternehmer und auch die Arbeitnehmer zu einem maßvollen Verhalten zu veranlassen — das war die berühmte Seelenmassage —: Diese Inflation ist home-made, ist made in Germany. Ihr Parteifreund, der Bundesbankpräsident Klasen, hat gesagt: home-spun, ebenfalls made in Germany. Warum sagt man vor der Öffentlichkeit, um sich aus der Verantwortung zu stehlen, diese Inflation sei importiert, während man sich vor fachkundigem Kreise an die Brust klopft und sagt, diese Inflation ist home-made? Hier sollte die Bundesregierung doch einmal auf der einen wie auf der anderen Seite in der gleichen Sprache sprechen!


Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Marx?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Bitte sehr!