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    Deutscher Bundestag 177. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Draeger 10225 A Austritt des Abg. Dr. Hupka aus der Fraktion der SPD und Eintritt in die Fraktion der CDU/CSU 10225 A Austritt des Abg. Dr. Seume aus der SPD 10225 B Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 10225 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 10226 A Eidesleistung des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft . . . . . . . 10226 B Begrüßung einer Delegation der französischen Nationalversammlung unter Führung des ersten Vizepräsidenten La Combe 10234 B Jahresgutachten 1971 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache VI/2847) in Verbindung mit Jahreswirtschaftsbericht 1972 der Bundesregierung (Drucksache VI/3078) Dr. Schiller, Bundesminister 10226 C, 10283 A Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 10234 C Junghans (SPD) . . . . . . . . 10242 A Mertes (FDP) . . . . . . . . . 10246 C Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 10250 D Brandt, Bundeskanzler . . . . . 10276 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 10279 C Dr. Luda (CDU/CSU) 10289 A Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . 10293 D Kirst (FDP) 10298 D Dr. Sprung (CDU/CSU) . . . . 10305 A Fragestunde (Drucksache VI/3243) Frage des Abg. Baier (CDU/CSU) : Bundesmittel zur Förderung von Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten in Altwohngebäuden Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 10261 D, 10262 B, C Baier (CDU/CSU) . . . . . . . 10262 B Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 10262 C II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 Frage des Abg. Dr, Slotta (SPD) : Ermäßigung der Arbeitszeit von Beamtinnen Genscher, Bundesminister . . . 10263 A, B Dr. Slotta (SPD) . . . . . . . . 10263 B Frage des Abg. Geldner (FDP) : Einstufung von graduierten Ingenieuren Genscher, Bundesminister . . 10263 B, C, D Geldner (FDP) 10263 C Baier (CDU/CSU) . . . . . . 10263 D Fragen des Abg. Baeuchle (SPD) : Zahl und Aufklärung von Banküberfällen Genscher, Bundesminister . . . 10263 D, 10264 C, D Baeuchle (SPD) 10264 C Dr. Slotta (SPD) . . . . . . . 10264 C Pensky (SPD) 10264 D Frage des Abg. Dr. Arnold (CDU/CSU) : Versorgung der Familien von im Dienst getöteten oder dienstunfähig gewordenen Polizeibeamten Genscher, Bundesminister . . 10265 A, C, D Dr. Arnold (CDU/CSU) . . . . . 10265 C Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 10265 C Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . . 10265 D Frage des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) : Internationale Vereinbarungen zur Angleichung der Rechtsvorschriften über die Herstellung, den Handel, den Erwerb und das Führen von Waffen Genscher, Bundesminister . . . . 10265 D, 10266 B, C, D Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 10266 B, C Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . 10266 C Sieglerschmidt (SPD) 10266 D Pensky (SPD) 10266 D Frage des Abg. Ziegler (CDU/CSU) : Äußerungen eines Mitglieds der Bundesvorstands der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten in der SPD Genscher, Bundesminister . . . 10267 A, B Ziegler (CDU/CSU) 10267 B Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) : Gesetzentwürfe betr. die Höherstufung der Eingangsämter und Umwandlung der Unterhaltszuschüsse für Beamtenanwärter in Anwärterbezüge Genscher, Bundesminister . . . 10267 C, D Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . . 10267 D Frage des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Förderung der Errichtung von Eisschnellauf-Kunsteisbahnen Genscher, Bundesminister . . . . 10268 A Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) : Äußerung des stellvertretenden Vorsitzenden Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten in der SPD betr. Durchsetzung des „Bonner Staatsapparats" mit ehemaligen Nationalsozialisten Genscher, Bundesminister . . 10268 B, C, D Ott (CDU/CSU) . . . . . . . . 10268 C Hansen (SPD) . . . . . . . . . 10268 D Frage des Abg. von Bockelberg (CDU/CSU) : Anhörung freiberuflicher Verbände durch das Bundesministerium für Justiz Dr. Erkel, Staatssekretär . . . . 10269 A, B von Bockelberg (CDU/CSU) . . . 10269 A Pohlmann (CDU/CSU) 10269 B Becker (Pirmasens) (CDU/CSU) . 10269 B Frage des Abg. von Bockelberg (CDU/CSU) : Entwurf eines Partnerschaftsgesetzes Dr. Erkel, Staatssekretär 10269 B, C, 10270 A von Bockelberg (CDU/CSU) . . . . 10269 D Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . . 10270 A Frage des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Genitalkorrigierende Operationen bei Transsexuellen und Transvestiten Dr. Erkel, Staatssekretär . . . . 10270 B, D Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . 10270 C, D Frage des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Namensänderungen bei Transsexuellen und Transvestiten Dr. Erkel, Staatssekretär . 10270 D, 10271 B Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . . 10271 B Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 10271 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 III Fragen des Abg. Maucher (CDU/CSU) : Ermittlung des Einkommens aus Hausbesitz bei der Ausgleichsrente für Schwerbeschädigte und Kriegerwitwen Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 10271 C, 10272 A, B, C Maucher (CDU/CSU) . 10271 D, 10272 A, B Fragen des Abg. Horstmeier (CDU/CSU) : Nachentrichtung von Beiträgen an die Rentenversicherung durch Landwirte Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 10272 C, 10273 A, B Horstmeier (CDU/CSU) . ,10272 D, 10273 A Frage des Abg. Dr. Gleissner (CDU/CSU) : Sicherheit der Beförderung durch Charterflugzeuge Haar, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 10273 C, D, 10274 A Dr. Gleissner (CDU/CSU) 10273 C Dr. Jobst (CDU/CSU) 10273 D Fragen der Abg. Frau Lauterbach (SPD) : Unfallgefahr durch zu hohe Trittbretter an den Personenwagen der Bundesbahn Haar, Parlamentarischer Staatssekretär 10274 B, C, D Frau Lauterbach (SPD) . . . 10274 C, D Frage des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Zahl der bei der Bundesbahn leerstehenden Waggons Haar, Parlamentarischer Staatssekretär . . 10274 D, 10275 B, C, D Dr. Jobst (CDU/CSU) 10275 A, B Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 10275 C Nächste Sitzung 10309 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 10311 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Firmenzusammenarbeit bei multinationalen Raumfahrtprojekten und betr. Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA auf dem Gebiet der Raumfahrt 10311 C Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Dr. h. c. Bechert (SPD) betr. Lagerung radioaktiver Abfälle in Bohrlöchern von Bergwerken . . . . 10311 D Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/ CSU) betr. Leistungsprinzip an den Hochschulen 10312 B Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Picard (CDU/CSU) betr. Vergabe öffentlicher Gelder an nicht legitimierte Studentenverbände 10312 C Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Baier (CDU/CSU) betr Bekämpfung des Radikalismus an den Hochschulen 10312 C Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) betr. Rechtsschutz zur Sicherung einer gedeihlichen Entwicklung des Hochschulwesens 10312 D Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Vogt (CDU/CSU) betr. öffentliche Mittel für den Verband Deutscher Studentenschaften 10313 A Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Jenninger (CDU/CSU) betr. Finanzkontrolle der Studentenschaften an den Hochschulen . . . . . . . 10313 B Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Sperling (SPD) betr. Grundlagenforschung im Bereich der supraleitenden Magnete bei Großbeschleunigern 10313 C Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Konrad betr. Förderung der Meeresforschung . . . . . . . . 10314 A Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr. Übertragung der freien Marktwirtschaft auf Entwicklungsländer . . . . . . . 10314 D IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Werner (CDU/CSU) betr Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt 10315 A Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schmude (SPD) betr. Vorträge von Mitgliedern des Bundestages vor Einheiten der Bundeswehr über ihre Absichten für den nächsten Bundestagswahlkampf . . . . . . . . . . 10315 B Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Jung (FDP) betr. Ausnahmegenehmigungen für die Beförderung von Weichobst auf Autobahnen im Lastkraftwagen 10315 D 177. Sitzung Bonn, den 15. März 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach* 18. 3. Adams * 18. 3. Dr. Ahrens ** 18. 3. Dr. Aigner * 18. 3. Dr. Artzinger * 18. 3. Behrendt * 18. 3. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 15. 3. Borm * 18. 3. Dr. Burgbacher * 18. 3. Dasch 18. 3. Dr. Dittrich * 18. 3. Faller * 18. 3. Fellermaier * 18. 3. Flämig * 17. 3. Dr. Furler * 17. 3. Gerlach (Emsland) * 17. 3. Freiherr von und zu Guttenberg 18. 3. Frau Dr. Henze 15. 4. Hösl ** 17. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 18. 3. Jung ** 17. 3. Dr. Jungmann 15. 3. Dr. h. c. Kiesinger 18. 3. Klinker * 18. 3. Dr. Koch * 18. 3. Kriedemann * 18. 3. Lange * 18. 3. Lautenschlager * 18. 3. Lenze (Attendorn) ** 17. 3. Liedtke 17. 3. Dr. Dr. h. c. Löhr * 18. 3. Lücker (München) * 18. 3. Meister * 17. 3. Memmel * 18. 3. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 17. 3. Müller (Aachen-Land) * 18. 3. Frau Dr. Orth * 18. 3. Dr. Reischl * 18. 3. Richarts * 18. 3. Riedel (Frankfurt) * 18. 3. Dr. Rinderspacher 18. 3. Roser * 16. 3. Säckl 15. 3. Dr. Schmid (Frankfurt) 16. 3. Dr. h. c. Schmücker ** 17. 3. Schwabe * 18. 3. Dr. Schwörer * 18. 3. Seefeld* 17. 3. Springorum * 18. 3. Dr. Starke (Franken) * 18. 3. Werner * 18. 3. Wolf 18. 3. Wolfram * 17. 3. Wuwer 17. 3. Zander 17. 3. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3196 Fragen A 72 und 73) : Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß im Hinblick auf die Langfristigkeit von großen multinationalen Raumfahrtprojekten, die zehn oder fünfzehn Jahre laufen, die dabei zusammenarbeitenden Firmen zur Erzielung einer größeren Wirtschaftlichkeit und eines umfassenderen know-how die bisherige Form der lockeren Zusammenarbeit von Fall zu Fall in festere Bindungen gesellschaftsreditlicher Art umwandeln sollten, und gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls entsprechende Schritte einzuleiten? Welche Absichten hat die Bundesregierung in bezug auf die künftige Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA auf dein Gebiet der Raumfahrt, und welche konkreten Angebote der amerikanischen Regierung zur Beteiligung der Europäer am Raumfahrtprogramm liegen vor? Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß angesichts der langfristigen multinationalen Raumfahrtprojekte enge Zusammenarbeit der beteiligten Firmen notwendig ist, um zu einer größeren Wirtschaftlichkeit und einem effektiveren Management bei der Projektdurchführung zu kommen. Ob und in welcher Form dies erfolgen soll, kann nicht generell, sondern nur konkret bei den einzelnen Projekten beurteilt werden. Hierbei sind z. B. die Zahl der beteiligten Firmen, die Größe und Dauer des Projekts, die Konkurrenz- und die Marktsituation zu berücksichtigen. Die Bundesregierung ist am Zustandekommen einer europäisch-amerikanischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Raumfahrt interessiert. Angebote für eine europäisch-amerikanische Kooperation liegen u. a. insbesondere beim Apollo-Nachfolgeprogramm vor. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Bechert (SPD) (Drucksache VI/3196 Fragen A 74 und 75) : Trifft es zu, daß Atommüll im Bergwerk Asse II bei Wolfenbüttel in nicht begehbaren engen Bohrlöchern gelagert wird oder gelagert werden soll? Welche Maßnahmen sind vorgesehen, falls in solche Bohrlöcher Wasser eindringt, um das Eindringen festzustellen und Grundwasserkontamination durch radioaktive Stoffe zu verhindern? Im Salzbergwerk Asse II werden bisher und in den nächsten 4 Jahren keinerlei radioaktive Abfälle in nicht begehbaren Bohrlöchern gelagert. Erstmals im Jahre 1976 sollen versuchsweise hochaktive Abfälle in nicht begehbaren engen Bohrlöchern eingelagert werden. Die entsprechenden Behälter befinden sich dabei in engstem Kontakt mit dem umgebenden Salzgestein. Diese Art der Lagerung ist erforderlich, damit die beim radioaktiven Zerfall dieser Abfälle freiwerdende Wärme vom Salz sicher 10312 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 abgeleitet wird und auf eine künstliche Kühlung verzichtet werden kann. Das Eindringen von Wasser in das Salzbergwerk kann, wie wissenschaftliche Untersuchungen ergeben haben, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist ein Eindringen von Wasser in die Bohrlöcher nicht möglich, weil nach Einbringen der Edelstahlbehälter mit den zu Glas verarbeiteten hochaktiven Abfällen in die Bohrlöcher das Bohrloch 5 Meter hoch bis zu seiner Oberkante mit Salz gefüllt wird. Dieses Salz wird durch die Zerfallswärme der Abfälle plastisch und schließt die Edelstahlbehälter nach allen Seiten völlig dicht ein. In dem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossenen Fall des Eindringens von Wasser in den Raum über den Bohrlöchern würde sich innerhalb einiger Tage eine annähernd gesättigte Salzlösung bilden. Von dem in den Bohrlöchern über den Edelstahlbehältern befindlichen Salz würde nur der oberste Teil gelöst werden. Anschließend würde sich ein Gleichgewichtszustand zwischen gesättigter Salzlösung und Salz einstellen. Ein weiteres Eindringen von Wasser in die Bohrlöcher kann daher ausgeschlossen werden. Eine zusätzliche besondere Überwachung der Bohrlöcher auf eindringendes Wasser über die allgemeine Überwachung des Bergwerks hinaus hätte deshalb keinen Sinn. Eine Kontamination des Grundwassers in der Umgebung des Salzbergwerks durch radioaktive Stoffe ist ebenfalls ausgeschlossen. Umfangreiche hydrologische Untersuchungen. vor Beginn der Einlagerung radioaktiver Abfälle haben ergeben, daß zwischen dem Salzgestein und dem Grundwasser keinerlei Verbindung besteht. Selbst bei einem — äußerst unwahrscheinlichen — starken Wassereinbruch in das Bergwerk würde die sich bildende gesättigte Salzlösung in der Schachtanlage eingeschlossen bleiben, eventuell vorhandene Hohlräume und Spalten abdichten und infolgedessen nicht in die Umgebung und damit auch nicht in das Grundwasser gelangen können. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) (CDU/ CSU) (Drucksache VI/3196 Frage A 78) : Bekennt sich die Bundesregierung noch zum herkömmlichen Leistungsprinzip an den Hochschulen? Die Aufgaben der Gesellschaft sind ohne einen sozialen Leistungswillen der Bürger nicht zu bewältigen. Dieser soziale Leistungswille ist deswegen auch bei Hochschullehrern und Studenten erforderlich. Für den Hochschulbereich hat die — von der Bundesregierung wiederholt geäußerte — Auffassung z. B. in den §§ 2 bis 4, 7 Graduiertenförderungsgesetz, § 9 Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie in § 37 Abs. 1 und 2 Entwurf Hochschulrahmengesetz Niederschlag gefunden. Die Bundesregierung bekennt sich also in diesem Sinne zum Leistungsprinzip. Ob das allerdings immer den „herkömmlichen" Leistungsbegriff deckt, muß wohl bezweifelt werden. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Picard (CDU/CSU (Drucksache VI/3196 Frage A 80) : Sind der Bundesregierung in letzter Zeit Fälle bekanntgeworden, in denen öffentliche Gelder an nicht legitimierte Studentenverbände vergeben worden sind? Derartige Fälle sind der Bundesregierung nicht bekanntgeworden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Baier (CDU/CSU (Drucksache VI/3196 Frage A 81): Gedenkt die Bundesregierung den linksextremen Radikalismus an den Hochschulen zu tolerieren? Die Bundesregierung bekämpft linksextremen und rechtsextremen Radikalismus. Bereits in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 wurde darauf hingewiesen. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage ,des Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) (Drucksache VI/3196 Frage A 82) : Ist die Bundesregierung der Meinung, daß der bestehende Rechtsschutz für die Sicherung einer gedeihlichen Entwicklung des Hochschulwesens ausreichend ist? Die Bundesregierung ist der Meinung, daß alle Hochschulmitglieder und die Hochschule selbst vor Rechtsbrüchen, Gewalt und Obstruktion geschützt werden müssen. In vielen Fällen bieten die für alle Staatsbürger geltenden Rechtsnormen eine ausreichende Möglichkeit, Rechtsverstößen zu begegnen, wenn von ihnen Gebrauch gemacht wird. Es ist darüber hinaus die Frage, ob im Falle korporationsrechtlicher Pflichtverletzungen besondere Maßnahmen erforderlich sind. Die gedeihliche Entwicklung des Hochschulwesens ist aber nicht in erster Linie eine Frage eines besonderen Rechtsschutzes. Die Zukunft unserer Hochschulen hängt vor allem davon ab, ob es gelingt, die notwendige Steigerung ihrer wissenschaftlichen und pädagogischen Leistungsfähigkeit mit der Mitwirkung aller Beteiligten an ihrer Willensbildung zu Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 10313 verbinden. Dies hängt entscheidend von der Bereitschaft aller Mitglieder der Hochschule zu konstruktivem Zusammenwirken ab. Dabei müssen die Reformer gegen Obstruktion und Gewalt geschützt werden. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Vogt (CDU/CSU) (Drucksache VI/3196 Fragen A 83 und 84) : Gedenkt die Bundesregierung, den Verband Deutscher Studentenschaften auch nach den Beschlüssen seiner letzten Mitgliederversammlung weiterhin mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen? Was hat die Bundesregierung in der Vergangenheit (seit 1969) unternommen, um die Verwendung der an den Verband Deutscher Studentenschaften geleisteten Zuschüsse aus Bundesmitteln sowie Abgaben aus Pflichtbeiträgen zu überprüfen? Die Bundesregierung hat den Verband Deutscher Studentenschaften auf Grund des Kabinettsbeschlusses vorn 26. März 1969 bereits seit diesem Zeitpunkt nicht mehr gefördert. Auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom 26. März 1969 erhält der Verband Deutscher Studentenschaften seit dem Jahr 1969 keine Zuschüsse mehr aus Bundesmitteln. Der Verband Deutscher Studentenschaften ist ein nicht rechtsfähiger Verein. Die Bundesregierung hat keine rechtliche Möglichkeit, die Verwendung von Beiträgen der Studentenschaften, die Mitglieder dieses Vereins sind, zu überprüfen. Das gilt auch dann, wenn die Beiträge aus Pflichtbeiträgen stammen, die Studenten an ihre Studentenschaften zahlen müssen. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3196 Frage A 85) : Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um eine Finanzkontrolle der Studentenschaften an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland zu veranlassen, wie es dem Beiträgegesetz vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235), der Bundeshaushaltsordnung und dem geltenden Hochschulrecht entspricht, um damit sicherzustellen, daß nicht mit öffentlichen Geldern rechts- und verfassungswidrige Aktionen finanziert werden? Erforderliche Finanzkontrollen der Studentenschaften an den Hochschulen zu veranlassen, ist Aufgabe der Aufsichtsbehörden der Länder. Im übrigen erhalten die Studentenschaften auch keine Zuschüsse des Bundes. Soweit sie Zuschüsse von Ländern erhalten, obliegt diesen die Prüfung. Ich darf im übrigen darauf hinweisen, daß das von Ihnen genannte Beiträge-Gesetz vom 24. März 1934 (RGBl I, S. 235) am 1. Januar 1970 als Bundesrecht gemäß § 119 Abs. 2 Ziffer 2 der Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl I, S. 1284) außer Kraft getreten ist. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Sperling (SPD) (Drucksache VI/3196 Fragen A 86 und 87) : Reicht der Stand der Grundlagenforschung im Bereich der Supraleitung, insbesondere der supraleitenden Werkstoffe aus, um den Bau eines Großbeschleunigers mit supraleitenden Magneten bereits jetzt in Angriff zu nehmen? Ist es richtig, daß sich im Kernforschungszentrum Karlsruhe hei der Verwirklichung eines auf Supraleitung aufbauenden Beschleunigerprojekts herausgestellt hat, daß die daran Beteiligten sich nachträglich in den Stand der Grundlagenforschung dieses Bereichs einarbeiten mußten? Der Gedanke, supraleitende Magnete bei Kreisbeschleunigern zur Teilchenführung zu verwenden, ist in den letzten Jahren in zunehmendem Maße aufgegriffen worden. Bei dem neu konzipierten Großbeschleuniger von CERN würde durch die Verwendung supraleitender — statt konventioneller — Ringmagnete die Möglichkeit bestehen, anstelle einer Protonenendenergie von 300 GeV den Wert von etwa 1000 GeV zu erreichen. Zu beachtlichen Erfolgen hat inzwischen die Entwicklung von supraleitenden Gleichstrom-Magneten geführt, mit denen man konstante Magnetfelder — wie sie etwa bei Blasenkammern benötigt werden erzeugt. Demgegenüber steht die Entwicklung supra-leitender Wechselstrom-Magnete, die für die zeitlich veränderlichen Magnetfelder in Kreisbeschleunigern benötigt werden, noch in den Anfängen. Im Kernforschungszentrum Karlsruhe arbeitet das Institut für Experimentelle Kernphysik (IEKP) in enger Abstimmung mit französischen und englischen Gruppen seit etwa 3 Jahren an der Entwicklung supraleitender Wechselstrom-Magnete. Bisher ist es jedoch noch in keinem Land gelungen, einen serienreifen Prototyp fertigzustellen. Erst wenn dies geschehen ist, kann der Bau von Beschleunigern oder die Umrüstung bestehender Beschleuniger mit Hilfe der Supraleitungstechnik in Angriff genommen werden. Im Kernforschungszentrum Karlsruhe wird seit einigen Jahren der Prototyp eines supraleitenden Protonen-Linear-Beschleunigers entwickelt. Das Projekt entstand aus den Vorarbeiten über einen konventionellen Protonen-Linearbeschleuniger. Die beteiligten Mitarbeiter mußten sich in der Anfangsphase des Projekts — wie dies bei fast allen neuen Projekten notwendig ist — in die Supraleitungs-Technologie einarbeiten. Hierzu gehörte auch die umfassende Kenntnis der wissenschaftlichen Grundlagen. Der Erfolg technischer Entwicklungen setzt im übrigen keineswegs immer voraus, daß alle Fragen der theoretischen Deutung vorher voll beherrscht und verstanden werden. So arbeiten noch in vielen Ländern Forschungsgruppen über das Phänomen der Kernspaltung, die seit vielen Jahren wirtschaftlich mit großem Erfolg genutzt wird. 10314 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 Das Karlsruher Institut besitzt heute einen inter- national anerkannten Ruf, was auch durch die zahlreichen Besuche ausländischer, vor allem amerikanischer Gäste bestätigt wird. Es gibt derzeit keine internationale Fachtagung über die Entwicklung supraleitender Beschleuniger ohne Karlsruher Beteiligung und Beiträge. Die Karlsruher Arbeiten zur Supraleitungs-Technik sind ein gutes Beispiel für die Aufnahme neuer Entwicklungsarbeiten in den Kernforschungszentren. Die Umsetzung von Wissenschaftlern in andere Projekte setzt hierbei auch ausreichende Möglichkeiten für das Einarbeiten in die neuen Fachgebiete voraus. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Konrad (SPD) (Drucksache VI/3196 Fragen A 88 und 21): Teilt die Bundesregierung die auf einer Tagung des „Gesprächskreises Meerestechnik" beim Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vertretene Ansicht, daß die Meeresforschung durch mangelhafte Förderung und Zielsetzung sowie Zersplitteiung der Kompetenzen und Maßnahmen behindert sei? Welche Planungen liegen vor, und welche Maßnahmen sind getroffen, um die westdeutsche Industrie über die Absichten der Bundesregierung ausreichend zu unterrichten und die Zusammenarbeit mit der Industrie laufend zu verbessern? Die Bundesregierung ist nicht der Meinung, daß von einer mangelhaften Förderung der Meeresforschung die Rede sein kann seit die Aufwendungen des Bundes in den Jahren 1969 bis 1971 von 45 auf rd. 75 Millionen DM zeitlich stiegen (1966 bis 1968 insgesamt: 91,5 Millionen DM). Für 1972 sind nach den Haushaltsansätzen Bundesmittel in Höhe von rd. 108 Millionen DM veranschlagt. Die Förderung von Meeresforschung und Meerestechnik wird sich in Anbetracht ihrer Bedeutung für Wirtschaft, Ernährung, Seeverkehr und Küstenschutz sowie angesichts der Notwendigkeit einer Verhütung und Bekämpfung der Meeresverschmutzung auch zukünftig stärker entwickeln müssen. Die Zielsetzung ist erstmals im Jahre 1969 im Gesamtprogramm für die Meeresforschung in der BRD formuliert worden; inzwischen wurde das Programm überarbeitet, weil auch die Bundesregierung mit der Klarheit bisheriger Zielsetzungen nicht zufrieden war. Mit der Veröffentlichung eines neuen Programms ist Mitte dieses Jahres zu rechnen. Die verschiedenen Kompetenzen sind zum Teil durch die Vielfalt der naturwissenschaftlichen Disziplinen der Meeresforschung bedingt, die von der Geophysik, Geologie über die Physik, Chemie und Biologie bis zur Meteorologie reichen, und die daher auch im Anwendungsbereich zu verschiedenen Zuständigkeiten des Bundes und der Länder führen. Eine Zersplitterung der Maßnahmen soll trotz der verschiedenen Zuständigkeiten durch eine gute Zusammenarbeit in der Deutschen Kommission für Ozeanographie (DKfO), dem IMA für Meeresforschung und anderen Fachgremien vermieden werden. Es sind Überlegungen im Gange, die Koordinierung noch wirksamer zu gestalten. Die intensivste Unterrichtung und Zusammenarbeit mit der westdeutschen meerestechnischen Industrie erfolgt über die Wirtschaftsvereinigung industrielle Meerestechnik e. V. (WIM), auf dem Wege über Ausschreibungen und im direkten Verkehr mit den einzelnen Unternehmen. Darüber hinaus ist die Industrie im Rohstoffausschuß der DKfO vertreten. Zur Fortsetzung von Vorhaben zum Aufsuchen mineralischer Rohstoffe im Ausland hat der BMWF für das Jahr 1972 Haushaltsmittel in Höhe von 9 Millionen DM vorgesehen. Ausgehend von der bisherigen Tätigkeit der rohstoffbezogenen Meeresforschung wird sich die Bundesregierung bemühen, die Bestrebungen zur Intensivierung der künftigen Nutzung mariner Rohstofflagerstätten auch aus Mitteln und nach den Richtlinien des Rohstoffprogramms zu unterstützen (vgl. Jahreswirtschaftsbericht 1972 in Drucksache VI/3078 vom 28. Januar 1972 und Bundesanzeiger Nr. 210 vom 10. November 1970). Die Bundesregierung geht dabei davon aus, daß sich die einschlägige Industrie an der Verwirklichung dieser Ziele interessiert beteiligen wird. Im übrigen verweise ich auf meine Antworten auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur Förderung der Meeresforschung und Meerestechnik (Drucksache VI/2450 vom 13. Juli 1971), auf die Großen Anfragen zur Technologiepolitik (Drucksache VI/2789 vom 3. November 1971) und auf zwei Fragen des Abg. Dr. Hubrig (Protokoll der 164. Sitzung vom 21. Januar 1972, S. 9484/5). Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesminister Dr. Eppler vom 15. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/3243 Frage A 3) : Teilt die Bundesregierung die von einem Referatsleiter des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit öffentlich vertretene Auffassung, die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland sei eine „sogenannte freie Marktwirtschaft", die zu ungerechter Vermögensverteilung geführt habe und auf keinen Fall auf die Entwicklungsländer übertragen werden dürfe, und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls in ihrer Entwicklungspolitik daraus zu ziehen? Die Bundesregierung ist nicht berechtigt, ihren Beamten vorzuschreiben, wie sie die Vermögensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland zu beurteilen haben. Es entspricht der entwicklungspolitischen Konzeption der Bundesregierung (siehe Seite 11 des Kabinettbeschlusses vom 11. Februar 1971) daß sie nicht beabsichtigt, Entwicklungsländern ihre eigenen Vorstellungen von Gesellschaft und Wirtschaft aufzudrängen. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 10315 Anlage 13 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Frau Freyh vom 15. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3243 Frage A 4) : Hält die Bundesregierung es für angemessen, daß die deutschen Entwicklungshilfeleistungen aus öffentlichen Mitteln für 1970 im Vergleich mit den Partnerstaaten der Europäischen Gemeinschaft einschließlich Englands, Dänemarks und Norwegens mit 0,32 % des Bruttosozialproduktes an vorletzter Stelle stehen, und wie stimmt das überein mit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers und anderen Erklärungen der Bundesregierung? Der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am BSP im Jahre 1970 lag mit 0,32 % des BSP geringfügig unter dem Durchschnitt der DAC-Staaten von 0,34 % des BSP. Für den Rückgang dieses Anteils gegenüber dem Vorjahr waren, wie die Bundesregierung bereits bei Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU am 28. April 1971 ausgeführt hatte, vor allem zwei Gründe maßgebend: einmal die außergewöhnliche Steigerung des Bruttosozialprodukts und zum anderen der schleppende Abfluß der Kapitalhilfemittel. Die Höhe der abfließenden Mittel ist bekanntlich nicht zuletzt vom Volumen der niedrigeren Zusagen in den vorangegangenen Jahren abhängig. Dennoch lag der Anteil der öffentlichen Hilfe 1970 bei fünf DAC-Ländern niedriger als der Anteil der BRD. Nur bei drei der in der Frage aufgeführten Länder lag der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe wesentlich über dem Anteil der BRD; bei diesen drei Ländern handelt es sich um Länder, bei denen der Umfang und die Richtung der öffentlichen Hifle auch heute noch durch ihre besonderen Überseebeziehungen bestimmt werden. Auch wenn endgültige Zahlen für 1971 noch nicht vorliegen, dürften die öffentlichen Leistungen der BRD ziemlich genau den DAC-Durchschnitt erreichen. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 15. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmude (SPD) (Drucksache VI/3243 Frage A 59) : Ist die Bundesregierung bereit, allen Mitgliedern des Bundestages die Möglichkeit zu eröffnen, vor Einheiten der Bundeswehr bei offiziellen Besuchen ihre Absichten für den nächsten Bundestagswahlkampf darzulegen? Die Bundesregierung hat es schon immer begrüßt, wenn die Mitglieder des Bundestages die Gelegenheit wahrnehmen, Einheiten der Bundeswehr Besuche abzustatten. Diese Kontakte zwischen Bundestagsabgeordneten und der Truppe sowie auch die Kontakte zwischen Landtagsabgeordneten sowie Mitgliedern der Kreis- und Gemeindeparlamente mit den Soldaten dienen zum besseren Verständnis der jeweiligen Probleme. Die Bundesregierung wünscht, daß solche Kontakte auch weiterhin gepflegt werden. Die Bundesregierung würde es indessen jedoch nicht begrüßen, wenn die Bundeswehr in den Bundestagswahlkampf oder in einen Landtagswahlkampf hineingezogen würde. Aus diesem Grunde ist durch einen Erlaß des Generalinspekteurs der Bundeswehr aus dem Jahre 1961 angeordnet worden, daß Besuche von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bei der Truppe möglichst für die Zeit nach der Wahl vereinbart werden sollen. Ich darf nochmals wiederholen, dieser Erlaß stammt bereits aus dem Jahre 1961. Die Bundesregierung geht davon aus, daß sich diese im Erlaß festgelegte Regelung bewährt hat. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 15. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Jung (FDP) (Drucksache VI/3243 Frage A 74) : Wird die Bundesregierung bei dem im Rahmen der neuen Ferienreiseverordnung 1972 vorgesehenen Wochenendfahrverbot für schwere LKW auf Bundesautobahnen und -fernstraßen eine Ausnahmegenehmigung für Weichobsttransporte in Fahrtrichtung Süd-Nord erteilen, um so negative Auswirkungen auf die süddeutschen Weichobstmärkte (z. B. Warenstau während der Kirschenernte am Samstag und Sonntag) zu vermeiden? Die Ferienreise-Verordnung 1972 wird versuchsweise in diesem Jahr — vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrates — die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für die Beförderung von Weichobst auf Autobahnen in Lastkraftwagen ohne Anhänger an Sonntagen nach 14 Uhr vorsehen, wenn dies dringend geboten ist, um die rechtzeitige Ankunft in dem Bedarfsgebiet sicherzustellen. Für die in das Lkw-Fahrverbot einbezogenen Bundesstraßen ist die Erteilung von Ausnahmen wie in den Vorjahren vorgesehen.
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    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie in allen wirtschaftspolitischen Debatten der letzten Jahre, so hat die Opposition auch heute wieder die Lage dieses Landes und die Zukunft in schwarzen Farben gemalt. Neue Argumente waren nicht oder kaum zu hören, erst recht keine Alternative zur Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.

    (Abg. Dr. Luda: Das sind Sprüche!)

    Was die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage angeht, so mögen unter den Fachleuten in einigen Nuancen Auffassungsunterschiede bestehen; in einem Punkt aber stimmen die um Objektivität bemühten Beobachter und offenbar auch die Kollegen, die hier heute vormittag gesprochen haben, überein, nämlich darin, daß die von vielen befürchteten Rezession nicht stattfinden wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dies ist keineswegs selbstverständlich. Vor wenigen Monaten konnten wir es landauf, landab noch anders hören, nicht nur von der Opposition, sondern auch von manchen Herren der Wirtschaft, die sagten, daß sie nicht länger schweigen wollten oder könnten. Wer Erinnerungslücken aufzufüllen hat, braucht im übrigen nur nachzulesen, was Herr Kollege Strauß in der Haushaltsdebatte am 20. Oktober vergangenen Jahres — das ist ja noch nicht so viele Monate her — gesagt hat. Der Kollege Schiller hat dies heute vormittag schon zitiert.
    Nun, wir haben immer betont, daß Rezession und Arbeitslosigkeit nicht, so wie Herr Strauß in jener Rede vom 20. Oktober meinte, für diese Bundesregierung wirtschaftspolitische Alternativen seien. Heute können wir wohl sagen: wir haben uns daran gehalten und sind, manchen Schwierigkeiten zum Trotz, nicht ohne Erfolg geblieben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben eine konsequente Politik der Konjunkturdämpfung betrieben, aber wir haben die Vollbeschäftigung nicht aufs Spiel gesetzt. Die Arbeitslosenquote liegt — „saisonbereinigt", wie die Statistiker sagen — bei knapp 1 %. Damit und nicht nur damit unterscheiden wir uns beträchtlich von vielen anderen Ländern, die vor den gleichen oder schwierigeren wirtschaftlichen Problemen stehen. Ich will hier absichtlich noch einmal die Vergleichszahlen zu dem einen Prozent bei uns nennen: Vereinigte Staaten 5,7 %, Großbritannien 4 %, Italien 3,2 % und Belgien 3 %.
    In einem bemerkenswerten Gegensatz zu dem Bild der Wirtschaftslage, das die Kollegen Müller-Hermann und Strauß hier heute vormittag gezeichnet haben, stehen auch die Ergebnisse der Unternehmerbefragungen. Sie zeigen, daß sich die Stimmung der Wirtschaft in den letzten Monaten deutlich gebessert hat. Die Statistik der Auftragseingänge und einige andere Anhaltspunkte deuten darauf hin, daß es sich dabei nicht nur um subjektive Gefühle handelt. Die genaue Analyse der Zahlen mag den Experten überlassen bleiben. Aber aus vielen Informationen und Gesprächen der
    letzten Zeit, nicht zuletzt mit urteilsfähigen Männern der Wirtschaft, habe ich doch den Eindruck gewonnen, daß wir, was die konjunkturelle Entwicklung angeht, zuversichtlich sein können. Dies ist auch die Auffassung der Deutschen Bundesbank, wie Sie deren heute veröffentlichtem neuestem Monatsbericht entnehmen können. Ich fühle mich in meiner zuversichtlichen Beurteilung nicht zuletzt durch die Tatsache bestärkt, daß die deutschen Gewerkschaften — Herr Kollege Junghans hat heute vormittag schon darauf hingewiesen — auf die veränderten wirtschaftlichen Daten mit einem so hohen Maß an Verantwortungsbewußtsein reagiert haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Auch dies ist ja keineswegs selbstverständlich, wenn wir uns einmal umsehen, womit man es auf diesem Gebiet in manchen anderen Ländern zu tun hat. Ich weiß auch, daß es für Gewerkschaftsführer keineswegs immer leicht ist, gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen Rechnung zu tragen. Dafür, daß dies bei uns weithin geschieht, möchte ich ausdrücklich Dank sagen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Als Ergebnis einer in jüngster Zeit alles in allem maßvollen Lohnentwicklung hat der Kostenauftrieb in der Industrie spürbar nachgelassen. In dieses Bild paßt es, daß die industriellen Erzeugerpreise seit Monaten praktisch stabil sind, die Einfuhrpreise sogar zurückgegangen sind und auch die Zinsbelastung gesunken ist. Dies alles sind gute Voraussetzungen für eine Wiederbelebung der Investitionstätigkeit und für die Vermeidung dessen, was die Opposition als Gefahr der „Stagflation" bezeichnet hat.
    Ich weiß natürlich, es gibt aus der Wirtschaft auch andere Stimmen. Ein prominenter Sprecher der Industrie hat vor einiger Zeit gesagt, die Lage sei in den letzten 40 Jahren noch nie so ernst gewesen. Ich glaubte zunächst, es habe sich um einen Versprecher gehandelt, aber nachdem diese Erklärung verschiedentlich wiederholt worden ist, muß ich annehmen, daß sie ernst gemeint war. Nun, wenn ich richtig rechne, schrieben wir vor 40 Jahren das Jahr 1932. Es ist doch wohl absurd, um kein härteres Wort zu gebrauchen, die heutige Lage mit der Weltwirtschaftskrise von 1932 und mit dem, was ihr folgte, auch nur in einen Zusammenhang zu bringen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich verkenne dabei nicht, daß es in unserer Wirtschaft strukturelle und regionale Schwierigkeiten gibt, aber sie sind überwindbar. Was mir wirklich Sorge bereitet — nicht nur Ihnen, verehrte Kollegen von der Opposition, sondern uns in der Regierung genauso —, ist die Entwicklung der Verbraucherpreise. Man kann jedoch nicht so tun, als ob dies ein spezielles deutsches Problem wäre; das ist nicht sachlich und deshalb auch nicht redlich. In praktisch allen Industrieländern kämpfen heute Regierungen und Notenbanken gegen die schleichende Geldentwertung. Selbst ein so stabilitätsbewußtes Land



    Bundeskanzler Brandt
    wie die Schweiz hat zur Zeit höhere Preissteigerungsraten als die Bundesrepublik Deutschland.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt nicht!)

    Das sei nicht gesagt, um irgendwie von der Aufgabe abzulenken, die wir selbst zu erfüllen haben. Aber man muß die Dinge in den richtigen Zusammenhang setzen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Bundesregierung hat nun zweimal versucht, sich von dem weltweiten Trend, mit dem wir es zu tun haben, abzuhängen: durch die Aufwertung 1969 und durch die Freigabe der Wechselkurse im Mai vergangenen Jahres. Herr Kollege Strauß und seine Freunde haben diese Entscheidungen bitter bekämpft. Für meine Begriffe wurde ihr Bekenntnis zur Preisstabilität zum Lippenbekenntnis, als es darum ging, dafür unter schwierigen äußeren Bedingungen wirklich etwas zu tun.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Dr. Müller-Hermann.)

    Herr Kollege Strauß, wenn ich es recht in Erinnerung habe, haben Sie sich damals für die — wie ich meine: noch nicht einmal langfristig richtig gesehenen — Interessen einiger Industriezweige eingesetzt, während sich die Bundesregierung am Interesse der Konsumenten, der Arbeitnehmer und der vielen mittelständischen Unternehmen orientiert hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Widerspruch bei der CDU/CSU.)

    Das muß hier auch einmal deutlich festgehalten werden.
    Unsere zweimaligen Versuche, die D-Mark aus dem weltweiten Strudel der Geldentwertung herauszuhalten, sind keineswegs erfolglos geblieben. Im internationalen Vergleich ist die D-Mark heute nicht weniger, sondern mehr wert als vor drei Jahren.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dies spüren nicht nur die Millionen Reisenden, die ihren Urlaub im Ausland verbringen, sondern dies spüren — wenn auch natürlich für meine Begriffe noch nicht deutlich genug — ebenfalls die Verbraucher, die ausländische Waren billiger oder weniger stark verteuert kaufen, und dies spürt natürlich auch die Industrie, die auf den Auslandsmärkten billiger einkaufen kann und für die es leichter geworden ist, im Ausland zu investieren.
    Dennoch — ich sage es noch einmal — bleibt der Kampf um mehr Preisstabilität weiterhin ein vorrangiges Ziel der Bundesregierung. Alle öffentlichen Hände — nicht nur der Bund, auch Länder und Gemeinden — müssen dieses Ziel bei ihrer Ausgabenpolitik berücksichtigen. Zurückhaltung möchte ich deshalb auch Ländern und Gemeinden dringend ans Herz legen. Ich weiß genau, wo vor allem die Kommunen der Schuh drückt. Ich weiß genau, daß Länder und Gemeinden durch die großen Anstrengungen insbesondere für die Verbesserung des Bildungswesens und der inneren Sicherheit sowie für wichtige Infrastrukturvorhaben, aber vor allem auch durch die Entwicklung der Personalkosten teilweise vor schwierigen finanziellen Problemen stehen.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Teilweise? Alle!)

    Aber ich darf hier doch auch darauf hinweisen, daß Länder und Gemeinden durch die Erhöhung der Mineralölsteuer und die Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens in diesem Jahr — Herr Schiller nannte die Ziffer heute früh schon — fast 4 Milliarden DM an Mehreinnahmen erhalten. Es ist nicht unbillig, wenn wir darum bitten, dies bei der Kreditaufnahme zu berücksichtigen.
    Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang noch ein offenes Wort. Es unterliegt keinem Zweifel, daß es in den kommenden Jahren des Einsatzes größerer Mittel bedarf, wenn, wie es die Bürger erwarten, die „Lebensqualität" verbessert werden soll. Aber nicht jede neue Einrichtung muß notwendigerweise in diesem Jahr errichtet werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die vielen Reformen!)

    Auch wird man sagen müssen, daß Sparsamkeit und Rationalisierung des Personalaufwands nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch bei den öffentlichen Haushalten dringend erforderlich sind.

    (Beifall bei der SPD. — Zustimmung bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Jenninger: Sie müssen bei sich selbst anfangen.)

    Die Ansprüche an den Staat wachsen auf allen Ebenen. Seien wir ehrlich: die Opposition trägt mit ihren ausgabewirksamen Forderungen das ihre dazu bei.

    (Beifall bei der SPD. — Widerspruch bei der CDU/CSU.)

    Die zuständigen Beamten haben mir heute morgen aufgeschrieben, daß Ihre ausgabewirksamen Gesetzentwürfe und Anträge, meine Damen und Herren von der Opposition, von 1972 bis 1975 nicht weniger als 17 Milliarden kosten,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    von denen rund 11 Milliarden durch den geltenden Finanzplan nicht gedeckt sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Milchmädchenrechnung!)

    Die Bundesregierung und insbesondere ihr Finanzminister haben die permanente Aufgabe,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Zählen Sie mal auf!)

    das Wünschenswerte mit dem Möglichen in Übereinstimmung zu bringen. Das ist kein leichtes Geschäft. Denn viele Reformen auf vielen Gebieten sind in der Tat erforderlich.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Aber bisher haben wir es noch immer geschafft, Ausgaben und Einnahmen in Übereinstimmung zu halten.

    (Abg. Dr. Barzel: Das stimmt doch nicht! — Abg. Dr. Müller-Hermann: Wie kommt es denn zu dem Ergebnis?)




    Bundeskanzler Brandt
    Es ist deshalb völlig abwegig, wenn Herr Kollege Strauß und andere Sprecher der Opposition von „Zerrüttung der Staatsfinanzen" oder „Finanzchaos" sprechen. Ich kann auch die permanenten Aufforderungen nicht verstehen, „die Karten auf den Tisch zu legen". Was soll denn das heißen? Schließlich liegen der Bundeshaushalt und die mittelfristige Finanzplanung diesem Hohen Hause zur Beratung vor.

    (Abg. Dr. Jenninger: Sie stimmen nicht mehr!)

    Darin findet man alle wichtigen Informationen für den Zeitpunkt, zu dem das eingebracht wurde, und dies wird, wie sich das gehört, bei der Verabschiedung des Haushalts 1972 ergänzt und kurz danach erneut bei der Aufstellung des neuen Haushalts, nämlich des 73ers, diesmal, wie wir hoffen, nicht erst am Schluß sondern schon zu Beginn der Sommerpause, also relativ rasch nach der Verabschiedung des 72er Haushalts in diesem Hohen Hause.
    Tatsache ist, daß sich das Steueraufkommen völlig normal entwickelt, was auch Herr Kollege Strauß heute vormittag zugeben mußte. Der Bund wird darüber hinaus in diesem Jahr einen größeren Teil seiner Ausgaben auf dem Kreditwege finanzieren, was, wie die Opposition genausogut weiß wie ich, nicht zuletzt mit der schon erwähnten Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens zusammenhängt. Die Bundesregierung kann dies guten Gewissens verantworten, zumal da sie die Kapitalmärkte in den vergangenen Jahren kaum in Anspruch genommen hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    — Die von der Opposition betriebene Stimmungsmache gehört ebenso in die Rubrik Verunsicherung wie ihre Schwarzmalerei über die wirtschaftliche Lage.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Bei der Beratung des Haushalts 1971 vor etwa einem Jahr hat die Opposition das gleiche Lied gesungen. Ich erinnere nur an den Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion vom 9. Februar 1971, in dem genau wie in ihrer heutigen Argumentation mit Zahlen sehr großzügig operiert wurde. Die Zahlen sahen — und jetzt sprechen wir nicht von Vermutungen, sondern von dem, was in den Büchern steht —, wie wir heute wissen, ganz anders aus, als sie damals im Februar vorausgesagt wurden. Ich will das durch ein paar Beispiele konkretisieren.
    Erstens. Die Ausgaben des Bundes blieben um gut 1 Milliarde DM unter dem Haushaltssoll. Die im Frühjahr geplante Minderausgabe von 1 Milliarde DM wurde damit voll erwirtschaftet.
    Zweitens. Zusammen mit den Steuermehreinnahmen — d. h. gegenüber dem Haushaltssoll ein Mehr von 1,7 Milliarden DM — wurde es möglich, die ursprünglich vorgesehene Nettokreditaufnahme von 3,7 Milliarden DM um 2,7 Milliarden DM auf rund 1 Milliarde DM zu vermindern.
    Drittens. Der Konjunkturausgleichsrücklage hat der Bund, wie beschlossen, im vergangenen Jahr 1971 eine Milliarde DM zugeführt ;davon eine halbe
    Milliarde DM bereits frühzeitig Ende des dritten Quartals.
    Viertens. Auch die Zielvorstellung, die Verpflichtungsermächtigungen um 2 bis 3 Milliarden DM nicht in Anspruch zu nehmen, konnte verwirklicht werden. Ich dachte, es war richtig, einmal die damaligen Vermutungen mit den inzwischen feststellbaren Zahlen zu vergleichen.
    Nun braucht man uns nicht darüber zu belehren, oder, wir brauchen einander nicht darüber zu belehren, daß die Preisentwicklung in der Tat einzelne Gruppen der Bevölkerung empfindlich trifft. Dies gilt vor allem für die Rentner, deren Einkommen als Folge des von uns gemeinsam geschaffenen Systems unserer Rentenversicherung erst mit einiger Verzögerung angepaßt werden. Aber ich bitte doch, auch hier die Tatsachen nicht völlig aus dem Auge zu verlieren. Tatsache ist, daß die Rentner in diesem Jahr eine Einkommenssteigerung um rund 10 % erwarten können. Denn zu der linearen Rentenanhebung hinzu kommt die Rückzahlung des Krankenkassenbeitrages, die dieses Hohe Haus vor kurzem auf Initiative der Koalitionsfraktionen beschlossen hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Auch im nächsten Jahr werden die Renten um fast 10 % steigen und im übernächsten Jahr voraussichtlich sogar um mehr als 11 %. Ich darf auch darauf verweisen, daß dank der von dieser Bundesregierung eingeführten Dynamisierung der Kriegsopferenten diese um duchschnittlich 30% und die Renten für Witwen sogar um 40 % höher liegen als vor dem Regierungswechsel 1969.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich will in diesem Zusammenhang jetzt nicht einen Überblick über die wichtigen Maßnahmen geben, die in den vergangenen zwei Jahren ergriffen wurden, um unser System der sozialen Sicherheit zu verbessen. Die von uns vorgeschlagene Reform der Rentenversicherung wird jedenfalls hinzukommen. Wir lassen uns, meine Damen und Herren von der Opposition, jedenfalls, Regierung und Koalition, in der Sorge um die sozial Schwächeren in diesem Lande von niemandem übertreffen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber ich wiederhole noch einmal: Wir müssen — —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bei der Preissteigerung auch nicht!)

    — Hören Sie doch bitte zu! Ich wiederhole ohne den Zwischenruf: Wir müssen und werden auch weiterhin alles uns Mögliche tun, um zu einem höheren Maß an Preisstabilität zu kommen. Aber es ist doch nicht seriös, wenn die Opposition landab, landauf so tut, als hinge dies allein von einer Bundesregierung in Bonn ab. Sie wissen genau, daß dies nicht seriös ist, so zu argumentieren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Stücklen: War das nicht immer so? — Abg. Dr. Barzel: Von wem hängt es denn ab?)

    Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht nur durch
    ihren Außenhandel und zahlreiche finanzielle Ver-



    Bundeskanzler Brandt
    flechtungen heute in einem hohen Maße in die Weltwirtschaft integriert,

    (Abg. Dr. Schwörer: War das früher nicht auch so?)

    auch unsere Preis- und Kostenentwicklung ist heute eher noch stärker auf Grund der zunehmenden westeuropäischen Integration nicht unabhängig von dem, was in anderen Ländern passiert. Dies müßte spätestens in der Dollarkrise des vorigen Jahres auch den Kollegen von der Opposition klargeworden sein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe durchaus den Eindruck, daß dies heute in
    der Bevölkerung besser verstanden wird als früher.
    Ohne eine Reform des internationalen Währungssystems und ohne eine deutliche Reduzierung des amerikanischen Zahlungsbilanzdefizits — das muß der Bundeskanzler hier einmal ganz offen aussprechen dürfen —, ich wiederhole also: ohne Reform des Weltwährungssystems und deutliche Reduzierung des amerikanischen Zahlungsbilanzdefizits,

    (Abg. Dr. Schwörer: Dazu hat Herr Schiller leider nichts gesagt!)

    das im vorigen Jahr nicht weniger als 30 Milliarden Dollar ausmachte, werden die weltweiten Inflationstendenzen nur schwer einzudämmen sein. Die Neufestsetzung der Wechselkursparitäten im Dezember war ein wichtiger Schritt auf diesem Wege. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihren Beitrag zur Lösung des Problems geleistet. Aber es wird sicher einige Zeit dauern, bis die Früchte dieser Neuordnung reifen. Ich bin überzeugt, daß es in den nächsten Jahren gelingen wird, auch zu einer grundlegenden Reform des internationalen Währungssystems zu kommen, nachdem die westliche Welt im Dezember in Washington demonstriert hat, daß sie auch heute noch zu solidarischem Handeln fähig ist, wenn auch meist leider erst in Krisensituationen.
    In der Zwischenzeit müssen wir uns der Dollarflut mit anderen Mitteln erwehren.

    (Abg. Dr. Schwörer: Mit welchen?)

    Mit der Einführung des Bardepots und der kürzlichen Diskontsenkung auf 3 % haben Bundesregierung und Bundesbank das zur Zeit Mögliche getan, um die Devisenzuflüsse in Grenzen zu halten.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    Weitergehende Kontrollen — ich habe erwartet, daß der Zuruf kommt — möchten und wollen wir vermeiden helfen, weil die Konvertibilität der D-Mark als ein wesentlicher Bestandteil unserer marktwirtschaftlichen Ordnung anzusehen ist. Dies sollte gerade von denen anerkannt werden, die sonst bei allen möglichen Gelegenheiten befürchten, die Marktwirtschaft könne in Gefahr geraten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Grund zu einer gewissen Zuversicht bieten hier vor allem die Fortschritte, die gerade in diesen letzten Wochen auf dem Wege zu einer europäischen Wirtschafts- und Währungsunion gemacht worden sind. Sie stellen, um den französischen Wirtschaftsminister Giscard d'Estaing zu zitieren, den „größten Fortschritt seit Den Haag" dar. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern haben wir künftig eine bessere Chance, die importierte Inflation abzuwehren und im europäischen Rahmen — nicht im Alleingang , gestützt auf das, was jetzt vereinbart werden konnte, eine besser aufeinander abgestimmte Wachstums- und Stabilitätspolitik zu betreiben.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Warum wohl nicht im vorigen Jahr?)

    Das sich entwickelnde „Europa der Zehn" und seine Entwicklung zur Wirtschafts- und Währungsunion werden uns neue Aufgaben stellen und uns gelegentlich auch nicht leichte Entscheidungen abverlangen. Aber es wird uns zugleich neue Chancen bieten. Dies sollten wir als wesentlichen positiven Faktor nicht übersehen, wenn wir heute die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes überdenken.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Barzel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst, Herr Bundeskanzler, eine Bitte an Sie zu richten. Sie haben hier von Ausgabeanträgen der Opposition in einer geradezu astronomischen Höhe gesprochen. Ich bitte Sie, Herr Bundeskanzler, uns diese Ausarbeitung — Sie haben gesagt, einige Beamte hätten sie Ihnen vorgelegt — zugänglich zu machen, damit wir genau wissen, worüber geredet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    — Meine Damen und Herren, können Sie nicht einmal einen Satz in Ruhe anhören?

    (Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Es ist sehr interessant, daß Sie das selber nicht wissen!)

    — Ich denke, Sie werden noch mehr hören. Jetzt kommt der zweite dazu; Sie kennen ihn genau, Herr Kollege Schäfer.

    (Weitere Zurufe von der SPD.)

    Sie haben hier am 2. Dezember 1969 — das hat in der Debatte heute morgen eine Rolle gespielt — angeboten, nicht nur die Steuersenkungen nicht vorzunehmen, sondern über alle ausgabewirksamen Anträge, über Ihre ebenso wie über unsere, eine Verständigung herbeizuführen. Daß es innerhalb des verfügbaren Finanzvolumens unterschiedliche Prioritäten gibt, hat z. B. die Abstimmung dieses Hauses über den Familienlastenausgleich dargetan. Sie werden ja wohl nicht mit der Opposition so weit umspringen wollen, daß Sie ihr gar noch verbieten möchten, wenigstens ihre eigenen Prioritäten zu setzen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    wenn Sie schon bereit sind, eine finanzwirksame Verständigung herbeizuführen.



    Dr. Barzel
    Herr Bundeskanzler, Sie haben Ihr Unverständnis für unsere wiederholt erhobene Forderung „Karten auf den Tisch!" geäußert und darauf hingewiesen, daß dem Hause ein Haushalt und eine mittelfristige Finanzplanung vorlägen. Zu einer ehrlichen Rede des Kollegen Schiller hätte es aber heute morgen gehört, uns mitzuteilen, was alles an dem vorliegenden Haushalt nicht mehr stimmt, was in der mittelfristigen Finanzplanung grundlos ist, weil es überhaupt nicht mehr berechenbar ist, und dann hätten Sie vor allen Dingen die Fragen meiner Kollegen beantworten müssen, warum der Haushaltsausschuß vor dem 23. April zu einer Beratung dieses unsoliden und nicht ausgeglichenen Haushalts hier in diesem Hause nicht kommen soll. Das ist doch die wirkliche Lage.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Da der Kollege Schiller jetzt anwesend ist, möchte ich gern zum Thema der Verschuldung der öffentlichen Hand Bezug auf ein Gespräch nehmen, das wir in einer anderen Konstellation hatten, bevor Sie in den Jahren 1966/67 den ersten Eventualhaushalt starteten. Wir haben uns damals lange darüber unterhalten — wie ich finde, mit einem Erfolg für unsere Seite —, daß es bei der Frage der Verschuldung nicht nur wichtig ist, eine sicher aus konjunkturpolitischen, aber auch aus anderen Gründen sehr wichtige Obergrenze für Ausgaben im Auge zu behalten, und daß es noch mehr darauf ankommt, wofür man sich verschuldet. Das ist doch die Frage nach der Qualität Ihrer Finanzpolitik. Gehen Sie Schulden ein, um für morgen investive Mittel für die Modernität dieses Landes sicherstellen zu können, oder verschulden Sie sich, um notdürftig nominal einen Kassenausgleich, den es in Wirklichkeit nicht gibt, auf dem Papier herbeizuführen?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ist die Frage, und diese Frage wird hier zu beantworten sein.
    Der Bundeskanzler hat mit einigen Zahlen gearbeitet, die aus internationalen Vergleichen kommen. Er hat dabei die beiden heute morgen von uns vorgetragenen Fakten weder bestritten noch bestreiten können, nämlich einmal, daß wir jetzt die höchste Inflationsrate seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland haben, und zweitens die Tatsache, daß unser Wachstum in diesem Jahre bei Null ist. Diese beiden Zahlen haben Sie vergessen. Wenn Sie hier schon Indizes für die Steigerung der Verbraucherpreise oder der Lebenshaltungskosten vorlesen, sind wir natürlich gewappnet, im Laufe der Debatte den Zettelkasten zu öffnen und einmal zu erzählen, was sich früher bei Preissteigerungen von 2 und 21/2 % Herr Professor Erhard von der damaligen Opposition hat anhören müssen. Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, dann sagen, Sie seien auf diesem Gebiet nicht ohne Erfolg geblieben — so waren eben Ihre Worte —, und zugleich die Sorgen, die wir äußern, als Stimmungsmache — dies war auch Ihr Wort — abtun, möchte ich Sie eigentlich fragen: Wie halten Sie es mit Ihren eigenen Worten? Als wir früher einmal kurz vor 4 % Preissteigerung waren und wir dies rügten, waren Sie schon der Bundeskanzler. Das war vor dem 1. Mai 1970. Da haben Sie gesagt: Bei 4 % wird es ernst. Jetzt sind wir schon eine ganze Weile über 5 %, wir nehmen das ernst, und das nennen Sie, wenn wir das sagen, eine Stimmungsmache!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie haben sich eingangs auf die objektiven Fakten, wie Sie es nannten, gegründet. Ich möchte gerne mit Genehmigung des Herrn Präsidenten von den objektiven Fakten — —

    (Zurufe: Frau Präsidentin!)

    — Verzeihen Sie, das tut mir um so mehr leid, als es mir zum zweitenmal passiert.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Nein, ich werde mir jetzt angewöhnen, auf die Frau Präsidentin zu sehen. Das habe ich mir gerade vorgenommen.
    Zu den objektiven Fakten, Herr Bundeskanzler, die Sie hier verschweigen, die der Kollege Schiller hier verschwieg und die wir eigentlich als Antwort auf die Rede des Kollegen Strauß über die inflationäre Lücke erwartet hätten, gehört doch z. B. die Stellungnahme des Finanzplanungsrates und des Konjunkturrates vom 9. März 1972. Das ist doch sicher unbestreitbar, denn was hier steht, ist doch sicher mit Ihrer Zustimmung zustande gekommen. Ich möchte das mit Genehmigung der Frau Präsidentin in diese Debatte einführen. Es heißt also im Bulletin Nr. 37 vom 11. März 1972 auf Seite 600 — nicht Bulletin der Opposition, sondern dieser Regierung —:
    Die sich trotz der bereits beschlossenen Verbrauchsteuererhöhung (rund 4 Mrd. DM im ersten Jahr der vollen Wirksamkeit) bisher abzeichnende Neuverschuldung der Gesamtheit aller öffentlichen Haushalte entspricht weder den gegenwärtig erkennbaren konjunkturpolitischen Erfordernissen noch den längerfristigen finanzwirtschaftlichen Möglichkeiten.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Die Ausgabenpläne müssen überprüft und unter Berücksichtigung der weiteren konjunkturellen Entwicklung auf ein gesamtwirtschaftlich vertretbares Maß zurückgeführt werden.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Bund, Länder und Gemeinden tragen hier eine gemeinsame Verantwortung.
    Daher werden die Mitglieder der beiden Gremien gemeinsam Maßnahmen zur Stabilisierung der öffentlichen Finanzen von Bund, Ländern und Gemeinden vorbereiten. Gesetzgeberische Maßnahmen sind dabei ebensowenig ausgeschlossen wie eine spürbare Kürzung aller nicht auf gesetzlichen Verpflichtungen beruhenden Ausgaben bei allen öffentlichen Händen. Auf die weitere konjunkturelle Entwicklung muß bei allen diesen Überlegungen Rücksicht genommen werden.
    Ferner wurde eine erste Aussprache über die Grundannahmen für die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden im Jahre 1973 geführt.



    Dr. Barzel
    Die Mitglieder beider Gremien kamen überein, daß sich die öffentlichen Haushalte an der zu erwartenden Zunahme des Bruttosozialprodukts von etwa 8 Prozent orientieren sollen.
    Der Konjunkturrat und der Finanzplanungsrat behandelten des weiteren Fragen der Bildungsfinanzierung. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Für diese Gruppe stellten der Finanzplanungsrat und der Konjunkturrat fest, daß die Vorarbeiten für Prioritätsvorschläge im Rahmen von realistischen mittelfristigen Finanzplänen von Bund, Ländern und Gemeinden erfolgen müßten. Sie stellten weiter fest, daß sich diese mittelfristigen Vorschläge zur Bildungsfinanzierung im Rahmen einer vernünftigen, die Leistungsfähigkeit erhaltenden steuerlichen Belastung bewegen müßten. Sie müßten zugleich den Erfordernissen von Stabilität und Wachstum der Wirtschaft entsprechen.
    Soweit dieses Zitat, das ich hier vollständig einführen wollte.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, nach fast drei Jahren Regierung müssen Sie in Vorarbeiten für Prioritätsvorschläge über Bildungsfinanzierung eintreten. Dies ist eine der schrecklichsten Mitteilungen, die Ihre eigene Regierung der deutschen Öffentlichkeit hat machen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir halten fest, daß jetzt zum drittenmal dem Bundestag ein Jahreswirtschaftsbericht dieser Bundesregierung vorgelegt wird. Wir müssen zum drittenmal feststellen, daß sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert hat und daß zugleich die Ziele der Bundesregierung — sowohl was die Preisstabilität wie was das wirtschaftliche Wachstum anlangt; dies ist ja wohl beides unbestreitbar — bescheidener ausgefallen sind. Zum drittenmal entzieht sich die Bundesregierung der Aufgabe, hier ein realistisches Bild der wirtschaftlichen Lage zu geben. Sie schweigt über die finanzpolitische Wirklichkeit und geht weiterhin den Weg, die Schwierigkeiten der Gegenwart mit Hoffnungen auf eine bessere Zukunft zu überdecken.
    Wir sind, wie mein Kollege Müller-Hermann hier heute bisher unwidersprochen hat feststellen können, in der Situation, die der Bundeswirtschaftsminister im Jahre 1970 als die schlechteste aller möglichen Welten gekennzeichnet hat, in der Stagflation. Und es ist ganz klar, Herr Bundeskanzler, daß Sie heute ganz sicherlich nicht mehr den Inflationsdruck aus dem Ausland als ein Alibi für Ihre versagende Stabilitätspolitik anführen können.

    (Abg. Rösing: Sehr gut!)

    Wir erinnern Sie daran, daß vor der letzten Währungsmaßnahme der Bundesbankpräsident, auf den Sie sich heute beriefen, Herr Klasen, erklärte, wir hätten eine hausgemachte Inflation.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schiller!)

    Weil dies so ist, verlangen wir Antwort auf die
    hausgemachten Themen, zuerst auf den Haushalt
    und auf die Finanzpolitik dieser Regierung bezogen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, beim internationalen Vergleich sind, dann können Sie nicht übersehen, daß wir mit den Verbraucherpreisen im letzten Vierteljahr 1971 aber dem Durchschnitt der Gemeinschaft der Sechs liegen. Das bietet insbesondere deshalb zu Besorgnissen Anlaß, weil wir in ,den Fragen des Wirtschaftswachstums das Schlußlicht der Sechsergemeinschaft geworden sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

    Und dies beides zugleich ist doch Anlaß zu ernster Sorge.
    Wenn dann die Regierung hier alles beschönigt und nicht einmal die finanzpolitischen Karten auf den Tisch legt, besteht doch Sorge über diesen konkreten Punkt hinaus. Denn ich stimme Müller-Hermann darin zu, daß dieses wirtschaftspolitische Nichthandeln, dieses Beschönigen einer wirtschaftspolitischen Lage, diese Darstellung einer Lage, die der Wirklichkeit nicht entspricht, bald staatspolitisch gefährlich ist, weil die Bürger eben am Wort einer Regierung zweifeln, und das kann allen Demokraten keineswegs egal sein, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber Wirtschaftspolitik ist ja keine Sache, die um ihrer selbst willen betrieben wird, sondern es kommt auf die Ergebnisse an, die man dabei bewerkstelligen kann. Wenn Sie sich die Ergebnisse ansehen, Herr Bundeskanzler, sollte Sie dies besorgt machen; da genügt nicht der Satz hier, daß Sie zu den sozial schwachen Schichten stehen. Wie ist es denn bei den Rentnern? Wir haben das niedrigste Rentenniveau, das wir seit der Reform im Jahre 1957 hatten. Wollen Sie bestreiten, daß insbesondere die kinderreichen Familien unter der Teuerung leiden? Wollen Sie bestreiten, daß die Landwirte — wir werden übermorgen darüber sprechen — im vergangenen Jahr eine drastische Verminderung ihres Realeinkommens hinnehmen mußten, oder wollen Sie gar bestreiten, daß Sparer und Bausparer erhebliche Substanzverluste haben und daß wir jetzt eine höhere Preissteigerung — Kollege Strauß hat dies heute morgen dargetan, ohne eine Antwort ,der Regierung zu erhalten — haben, als ,der Spareckzins beträgt? Dies ist kein Beitrag zur breiteren Vermögensbildung, sondern zum Gegenteil, das ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt, meine sehr verehrten Kollegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, wie ist Ihnen und Ihrer Regierung zumute, wenn Sie Ihre Regierungserklärung in die eine Hand nehmen und das Sachverständigengutachten in die andere, wo Sie feststellen müssen, daß nur mit immer mehr Geld immer weniger bewirkt werden kann, daß der Sachverständigenrat Ihnen ins Stammbuch schreibt, daß wir hier rückläufige Raten haben, daß es mit den öffentlichen Leistungen also nicht vorwärts-, sondern zurückgeht? Wir haben doch hier nicht mehr, sondern weniger. Die Investitionsraten sinken, und mit den Steuererhöhungen, die Sie vorgenommen haben, können Sie doch nur ,die Löcher notdürftig stopfen; damit können Sie keine zusätzlichen öffentlichen



    Dr. Barzel
    Aufgaben erfüllen oder gar Ausgaben vornehmen. Dies ist doch die Lage.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn Sie mit Recht — das ist ein Punkt, in dem wir in manchem übereinstimmen — hier in mancher Hinsicht von Stabilitätsbewußtsein sprachen und wenn Sie an das Nachlassen der Inflationsmentalität und an das Stabilitätsbewußtsein, insbesondere der Gewerkschaften, appellierten, wären Sie doch, Herr Bundeskanzler, hier nur dann wirklich glaubhaft, wenn Ihre eigene Rechnung stimmte. Aber die stimmt nicht; denn die Schätzung ist doch unwidersprochen, daß für 'Bund, Länder und Gemeinden zusammen allein in diesem Jahr 1972 30 Milliarden DM fehlen. Das ist doch unwidersprochen, und dazu muß eine Regierung sich doch äußern, wenn hier ein Jahreswirtschaftsbericht gar noch mit prognostischer Kraft vorgelegt wird.
    Ich sprach eben von den für uns alarmierenden Mitteilungen in 'dem Kommuniqué ,des Konjunktur- und des Finanzplanungsrates, und ich denke, niemand hat dieses Alarmzeichen überhört; denn dort ist ja von Haushaltssicherungsgesetzen und anderen Dingen die Rede. Nun haben Sie, Herr Bundeskanzler, vor einigen Tagen abermals aus konkretem Anlaß, den der Kollege Schiller besser kennt als wir alle, noch einmal angekündigt, sich selbst mehr um die anstehenden wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen zu kümmern. Diese Erklärung kannten wir schon. Wir haben genau dieselbe Erklärung bekommen— damit auch die ganze Öffentlichkeit—, als der Kollege Möller als Bundesminister der Finanzen zurücktrat. Was ist geschehen, seitdem Sie sich verstärkt um diese Fragen kümmern?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nichts!)

    Das Kommuniqué des Konjunktur- und des Finanzplanungsrates beweist, daß sich die Unordnung der öffentlichen Finanzen inzwischen krisenhaft zugespitzt hat. Wir sehen, daß von den Reformversprechen eines nach dem anderen wie ein Wechsel platzt, ob es sich nun um die Vermögensbildung, wo Sie nicht einmal einen Bericht zustande bekommen, ob es sich um die Bildungspolitik oder um die Steuerreform handelt.
    Wir sehen, meine Damen und Herren — das gehört dazu, Müller-Hermann hat das völlig zu Recht in eine wirtschaftspolitische Frage hineingebracht —, daß die Frage des politischen Radikalismus und der nicht immer genügenden Abgrenzung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in diesen Fragen natürlich von wirtschaftspolitischer Relevanz ist. Das produziert doch ebenso wie Ihre Steuerbeschlüsse Unsicherheit. Wenn Sie sagen, man müßte doch einmal die Grenze der Belastbarkeit ausprobieren, zitiere ich dazu den Professor Erhard: „Was würde man wohl machen, wenn ein Arzt mit seinem Patienten so umginge? Denn dann ist doch die Gefahr, daß man jenseits der Grenze der Belastbarkeit eines Tages sich einfindet, und die Folgen sind dann nicht mehr reparierbar."

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, ich begrüße allein das, was die Regierung auf dem europäischen Gebiet hier vorgetragen hat. Aber, Herr Bundeskanzler, wollen wir uns doch hier miteinander nicht ein Bild machen, das den Realitäten nicht entspricht. Das, was jetzt beschlossen ist, ist doch im Grunde die Rückkehr zu der Lage, die im vergangenen Jahre bestanden hat, bevor Sie sich zum währungspolitischen Alleingang entschlossen haben. Das ist doch die Situation.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun sollte man sich dessen, glaube ich, nicht allzu laut belobigen. Ich meine, an dieser Stelle ist der Hinweis notwendig, daß diese Wirtschafts- und Währungsunion, die wir immer gewollt und bejaht haben — das ist hier überhaupt keine Frage —, nur zu einem Erfolg führen wird und nur dann wirklich halten und nicht bei den nächsten Schwierigkeiten in einem Mitgliedsland wieder aufgehalten wird, wenn Sie gleichzeitig damit Stufen zur politischen Union des freien Europa gehen. Ich will hier die außenpolitischen Dinge nicht einführen. Das überlassen wir dem Kollegen Schiller. Jeder wird sich seinen Vers darauf zu machen haben, daß er von dieser Stelle aus die Unternehmer ermunterte, zugunsten dieser Ostpolitik Stellung zu nehmen. Das kommt in anderen Debatten, das gehört hier nicht dazu.
    Herr Bundeskanzler, wir fordern Sie also noch einmal auf, aus den dargetanen Gründen die Karten auf den Tisch zu legen, ein ungeschminktes Bild der öffentlichen Finanzlage zu geben, sich gestützt darauf um einen Stabilitätspakt der Sozialpartner zu bemühen und dann auf alle Gesetzesvorhaben und Pläne zu verzichten, die entweder nicht finanzierbar sind oder die Volkswirtschaft in einer Weise belasten, daß sie sie nicht tragen kann, oder die offenkundig den Trend der Systemsprengung in sich tragen. Wenn Sie das nicht schaffen, wird Unsicherheit bleiben und werden wir hier kein Stück weiter vorankommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, in einem Punkt hätte ich gern von Ihnen eine Aufklärung erhalten. Es war etwas merkwürdig, zu hören, daß für die Preise nicht allein die Regierung verantwortlich sei. Das haben wir früher anders gehört.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Nun, wollen wir uns damit nicht lange aufhalten. Aber, Herr Bundeskanzler, wenn wir in dem Punkt einig sind — ich bin sicher, daß der Kollege Arndt nachher eine rationale wirtschaftspolitische Rede hierzu halten wird —, können wir uns vielleicht darüber verständigen, daß auch der Bundeskanzler seinen Freunden draußen untersagt, für die Preissteigerung, solange er regiert, allein die Unternehmungen verantwortlich zu machen. Meine Damen und Herren, das kann schon deshalb nicht stimmen, weil sonst der Kollege Leber mit seinen dauernden Preissteigerungen eine ganz besonders unverantwortliche Politik, gerichtet gegen die eigene Koalition betreiben würde;

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Dr. Barzel
    denn er ist doch wohl, wenn ich es richtig sehe, der größte Unternehmer, den die Bundesrepublik Deutschland hat.
    Meine Damen und Herren, wenn ich diese Debatte über den Jahreswirtschaftsbericht höre, wenn ich sehe, wie man, falls irgendwo ein Strohhalm ist, ihn ergreift, aber sich scheut, uns allen wirklich reinen Wein einzuschenken, wenn ich sehe, was hier von Reformversprechen übriggeblieben ist, wenn früher beschlossene Reformen unter Ihren Händen zu Ruinen werden, dann sage ich: dies ist die traurigste ökonomische und soziale Bilanz, die je in diesem Hause vorgelegt worden ist. Diese Regierung ist nicht einmal imstande, zu bewahren, was sie übernommen hat.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)