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    Deutscher Bundestag 177. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Draeger 10225 A Austritt des Abg. Dr. Hupka aus der Fraktion der SPD und Eintritt in die Fraktion der CDU/CSU 10225 A Austritt des Abg. Dr. Seume aus der SPD 10225 B Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 10225 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 10226 A Eidesleistung des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft . . . . . . . 10226 B Begrüßung einer Delegation der französischen Nationalversammlung unter Führung des ersten Vizepräsidenten La Combe 10234 B Jahresgutachten 1971 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache VI/2847) in Verbindung mit Jahreswirtschaftsbericht 1972 der Bundesregierung (Drucksache VI/3078) Dr. Schiller, Bundesminister 10226 C, 10283 A Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 10234 C Junghans (SPD) . . . . . . . . 10242 A Mertes (FDP) . . . . . . . . . 10246 C Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 10250 D Brandt, Bundeskanzler . . . . . 10276 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 10279 C Dr. Luda (CDU/CSU) 10289 A Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . 10293 D Kirst (FDP) 10298 D Dr. Sprung (CDU/CSU) . . . . 10305 A Fragestunde (Drucksache VI/3243) Frage des Abg. Baier (CDU/CSU) : Bundesmittel zur Förderung von Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten in Altwohngebäuden Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 10261 D, 10262 B, C Baier (CDU/CSU) . . . . . . . 10262 B Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 10262 C II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 Frage des Abg. Dr, Slotta (SPD) : Ermäßigung der Arbeitszeit von Beamtinnen Genscher, Bundesminister . . . 10263 A, B Dr. Slotta (SPD) . . . . . . . . 10263 B Frage des Abg. Geldner (FDP) : Einstufung von graduierten Ingenieuren Genscher, Bundesminister . . 10263 B, C, D Geldner (FDP) 10263 C Baier (CDU/CSU) . . . . . . 10263 D Fragen des Abg. Baeuchle (SPD) : Zahl und Aufklärung von Banküberfällen Genscher, Bundesminister . . . 10263 D, 10264 C, D Baeuchle (SPD) 10264 C Dr. Slotta (SPD) . . . . . . . 10264 C Pensky (SPD) 10264 D Frage des Abg. Dr. Arnold (CDU/CSU) : Versorgung der Familien von im Dienst getöteten oder dienstunfähig gewordenen Polizeibeamten Genscher, Bundesminister . . 10265 A, C, D Dr. Arnold (CDU/CSU) . . . . . 10265 C Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 10265 C Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . . 10265 D Frage des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) : Internationale Vereinbarungen zur Angleichung der Rechtsvorschriften über die Herstellung, den Handel, den Erwerb und das Führen von Waffen Genscher, Bundesminister . . . . 10265 D, 10266 B, C, D Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 10266 B, C Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . 10266 C Sieglerschmidt (SPD) 10266 D Pensky (SPD) 10266 D Frage des Abg. Ziegler (CDU/CSU) : Äußerungen eines Mitglieds der Bundesvorstands der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten in der SPD Genscher, Bundesminister . . . 10267 A, B Ziegler (CDU/CSU) 10267 B Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) : Gesetzentwürfe betr. die Höherstufung der Eingangsämter und Umwandlung der Unterhaltszuschüsse für Beamtenanwärter in Anwärterbezüge Genscher, Bundesminister . . . 10267 C, D Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . . 10267 D Frage des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Förderung der Errichtung von Eisschnellauf-Kunsteisbahnen Genscher, Bundesminister . . . . 10268 A Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) : Äußerung des stellvertretenden Vorsitzenden Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten in der SPD betr. Durchsetzung des „Bonner Staatsapparats" mit ehemaligen Nationalsozialisten Genscher, Bundesminister . . 10268 B, C, D Ott (CDU/CSU) . . . . . . . . 10268 C Hansen (SPD) . . . . . . . . . 10268 D Frage des Abg. von Bockelberg (CDU/CSU) : Anhörung freiberuflicher Verbände durch das Bundesministerium für Justiz Dr. Erkel, Staatssekretär . . . . 10269 A, B von Bockelberg (CDU/CSU) . . . 10269 A Pohlmann (CDU/CSU) 10269 B Becker (Pirmasens) (CDU/CSU) . 10269 B Frage des Abg. von Bockelberg (CDU/CSU) : Entwurf eines Partnerschaftsgesetzes Dr. Erkel, Staatssekretär 10269 B, C, 10270 A von Bockelberg (CDU/CSU) . . . . 10269 D Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . . 10270 A Frage des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Genitalkorrigierende Operationen bei Transsexuellen und Transvestiten Dr. Erkel, Staatssekretär . . . . 10270 B, D Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . 10270 C, D Frage des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Namensänderungen bei Transsexuellen und Transvestiten Dr. Erkel, Staatssekretär . 10270 D, 10271 B Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . . 10271 B Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 10271 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 III Fragen des Abg. Maucher (CDU/CSU) : Ermittlung des Einkommens aus Hausbesitz bei der Ausgleichsrente für Schwerbeschädigte und Kriegerwitwen Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 10271 C, 10272 A, B, C Maucher (CDU/CSU) . 10271 D, 10272 A, B Fragen des Abg. Horstmeier (CDU/CSU) : Nachentrichtung von Beiträgen an die Rentenversicherung durch Landwirte Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 10272 C, 10273 A, B Horstmeier (CDU/CSU) . ,10272 D, 10273 A Frage des Abg. Dr. Gleissner (CDU/CSU) : Sicherheit der Beförderung durch Charterflugzeuge Haar, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 10273 C, D, 10274 A Dr. Gleissner (CDU/CSU) 10273 C Dr. Jobst (CDU/CSU) 10273 D Fragen der Abg. Frau Lauterbach (SPD) : Unfallgefahr durch zu hohe Trittbretter an den Personenwagen der Bundesbahn Haar, Parlamentarischer Staatssekretär 10274 B, C, D Frau Lauterbach (SPD) . . . 10274 C, D Frage des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Zahl der bei der Bundesbahn leerstehenden Waggons Haar, Parlamentarischer Staatssekretär . . 10274 D, 10275 B, C, D Dr. Jobst (CDU/CSU) 10275 A, B Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 10275 C Nächste Sitzung 10309 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 10311 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Firmenzusammenarbeit bei multinationalen Raumfahrtprojekten und betr. Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA auf dem Gebiet der Raumfahrt 10311 C Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Dr. h. c. Bechert (SPD) betr. Lagerung radioaktiver Abfälle in Bohrlöchern von Bergwerken . . . . 10311 D Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/ CSU) betr. Leistungsprinzip an den Hochschulen 10312 B Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Picard (CDU/CSU) betr. Vergabe öffentlicher Gelder an nicht legitimierte Studentenverbände 10312 C Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Baier (CDU/CSU) betr Bekämpfung des Radikalismus an den Hochschulen 10312 C Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) betr. Rechtsschutz zur Sicherung einer gedeihlichen Entwicklung des Hochschulwesens 10312 D Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Vogt (CDU/CSU) betr. öffentliche Mittel für den Verband Deutscher Studentenschaften 10313 A Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Jenninger (CDU/CSU) betr. Finanzkontrolle der Studentenschaften an den Hochschulen . . . . . . . 10313 B Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Sperling (SPD) betr. Grundlagenforschung im Bereich der supraleitenden Magnete bei Großbeschleunigern 10313 C Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Konrad betr. Förderung der Meeresforschung . . . . . . . . 10314 A Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr. Übertragung der freien Marktwirtschaft auf Entwicklungsländer . . . . . . . 10314 D IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Werner (CDU/CSU) betr Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt 10315 A Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schmude (SPD) betr. Vorträge von Mitgliedern des Bundestages vor Einheiten der Bundeswehr über ihre Absichten für den nächsten Bundestagswahlkampf . . . . . . . . . . 10315 B Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Jung (FDP) betr. Ausnahmegenehmigungen für die Beförderung von Weichobst auf Autobahnen im Lastkraftwagen 10315 D 177. Sitzung Bonn, den 15. März 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach* 18. 3. Adams * 18. 3. Dr. Ahrens ** 18. 3. Dr. Aigner * 18. 3. Dr. Artzinger * 18. 3. Behrendt * 18. 3. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 15. 3. Borm * 18. 3. Dr. Burgbacher * 18. 3. Dasch 18. 3. Dr. Dittrich * 18. 3. Faller * 18. 3. Fellermaier * 18. 3. Flämig * 17. 3. Dr. Furler * 17. 3. Gerlach (Emsland) * 17. 3. Freiherr von und zu Guttenberg 18. 3. Frau Dr. Henze 15. 4. Hösl ** 17. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 18. 3. Jung ** 17. 3. Dr. Jungmann 15. 3. Dr. h. c. Kiesinger 18. 3. Klinker * 18. 3. Dr. Koch * 18. 3. Kriedemann * 18. 3. Lange * 18. 3. Lautenschlager * 18. 3. Lenze (Attendorn) ** 17. 3. Liedtke 17. 3. Dr. Dr. h. c. Löhr * 18. 3. Lücker (München) * 18. 3. Meister * 17. 3. Memmel * 18. 3. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 17. 3. Müller (Aachen-Land) * 18. 3. Frau Dr. Orth * 18. 3. Dr. Reischl * 18. 3. Richarts * 18. 3. Riedel (Frankfurt) * 18. 3. Dr. Rinderspacher 18. 3. Roser * 16. 3. Säckl 15. 3. Dr. Schmid (Frankfurt) 16. 3. Dr. h. c. Schmücker ** 17. 3. Schwabe * 18. 3. Dr. Schwörer * 18. 3. Seefeld* 17. 3. Springorum * 18. 3. Dr. Starke (Franken) * 18. 3. Werner * 18. 3. Wolf 18. 3. Wolfram * 17. 3. Wuwer 17. 3. Zander 17. 3. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3196 Fragen A 72 und 73) : Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß im Hinblick auf die Langfristigkeit von großen multinationalen Raumfahrtprojekten, die zehn oder fünfzehn Jahre laufen, die dabei zusammenarbeitenden Firmen zur Erzielung einer größeren Wirtschaftlichkeit und eines umfassenderen know-how die bisherige Form der lockeren Zusammenarbeit von Fall zu Fall in festere Bindungen gesellschaftsreditlicher Art umwandeln sollten, und gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls entsprechende Schritte einzuleiten? Welche Absichten hat die Bundesregierung in bezug auf die künftige Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA auf dein Gebiet der Raumfahrt, und welche konkreten Angebote der amerikanischen Regierung zur Beteiligung der Europäer am Raumfahrtprogramm liegen vor? Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß angesichts der langfristigen multinationalen Raumfahrtprojekte enge Zusammenarbeit der beteiligten Firmen notwendig ist, um zu einer größeren Wirtschaftlichkeit und einem effektiveren Management bei der Projektdurchführung zu kommen. Ob und in welcher Form dies erfolgen soll, kann nicht generell, sondern nur konkret bei den einzelnen Projekten beurteilt werden. Hierbei sind z. B. die Zahl der beteiligten Firmen, die Größe und Dauer des Projekts, die Konkurrenz- und die Marktsituation zu berücksichtigen. Die Bundesregierung ist am Zustandekommen einer europäisch-amerikanischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Raumfahrt interessiert. Angebote für eine europäisch-amerikanische Kooperation liegen u. a. insbesondere beim Apollo-Nachfolgeprogramm vor. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Bechert (SPD) (Drucksache VI/3196 Fragen A 74 und 75) : Trifft es zu, daß Atommüll im Bergwerk Asse II bei Wolfenbüttel in nicht begehbaren engen Bohrlöchern gelagert wird oder gelagert werden soll? Welche Maßnahmen sind vorgesehen, falls in solche Bohrlöcher Wasser eindringt, um das Eindringen festzustellen und Grundwasserkontamination durch radioaktive Stoffe zu verhindern? Im Salzbergwerk Asse II werden bisher und in den nächsten 4 Jahren keinerlei radioaktive Abfälle in nicht begehbaren Bohrlöchern gelagert. Erstmals im Jahre 1976 sollen versuchsweise hochaktive Abfälle in nicht begehbaren engen Bohrlöchern eingelagert werden. Die entsprechenden Behälter befinden sich dabei in engstem Kontakt mit dem umgebenden Salzgestein. Diese Art der Lagerung ist erforderlich, damit die beim radioaktiven Zerfall dieser Abfälle freiwerdende Wärme vom Salz sicher 10312 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 abgeleitet wird und auf eine künstliche Kühlung verzichtet werden kann. Das Eindringen von Wasser in das Salzbergwerk kann, wie wissenschaftliche Untersuchungen ergeben haben, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist ein Eindringen von Wasser in die Bohrlöcher nicht möglich, weil nach Einbringen der Edelstahlbehälter mit den zu Glas verarbeiteten hochaktiven Abfällen in die Bohrlöcher das Bohrloch 5 Meter hoch bis zu seiner Oberkante mit Salz gefüllt wird. Dieses Salz wird durch die Zerfallswärme der Abfälle plastisch und schließt die Edelstahlbehälter nach allen Seiten völlig dicht ein. In dem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossenen Fall des Eindringens von Wasser in den Raum über den Bohrlöchern würde sich innerhalb einiger Tage eine annähernd gesättigte Salzlösung bilden. Von dem in den Bohrlöchern über den Edelstahlbehältern befindlichen Salz würde nur der oberste Teil gelöst werden. Anschließend würde sich ein Gleichgewichtszustand zwischen gesättigter Salzlösung und Salz einstellen. Ein weiteres Eindringen von Wasser in die Bohrlöcher kann daher ausgeschlossen werden. Eine zusätzliche besondere Überwachung der Bohrlöcher auf eindringendes Wasser über die allgemeine Überwachung des Bergwerks hinaus hätte deshalb keinen Sinn. Eine Kontamination des Grundwassers in der Umgebung des Salzbergwerks durch radioaktive Stoffe ist ebenfalls ausgeschlossen. Umfangreiche hydrologische Untersuchungen. vor Beginn der Einlagerung radioaktiver Abfälle haben ergeben, daß zwischen dem Salzgestein und dem Grundwasser keinerlei Verbindung besteht. Selbst bei einem — äußerst unwahrscheinlichen — starken Wassereinbruch in das Bergwerk würde die sich bildende gesättigte Salzlösung in der Schachtanlage eingeschlossen bleiben, eventuell vorhandene Hohlräume und Spalten abdichten und infolgedessen nicht in die Umgebung und damit auch nicht in das Grundwasser gelangen können. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) (CDU/ CSU) (Drucksache VI/3196 Frage A 78) : Bekennt sich die Bundesregierung noch zum herkömmlichen Leistungsprinzip an den Hochschulen? Die Aufgaben der Gesellschaft sind ohne einen sozialen Leistungswillen der Bürger nicht zu bewältigen. Dieser soziale Leistungswille ist deswegen auch bei Hochschullehrern und Studenten erforderlich. Für den Hochschulbereich hat die — von der Bundesregierung wiederholt geäußerte — Auffassung z. B. in den §§ 2 bis 4, 7 Graduiertenförderungsgesetz, § 9 Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie in § 37 Abs. 1 und 2 Entwurf Hochschulrahmengesetz Niederschlag gefunden. Die Bundesregierung bekennt sich also in diesem Sinne zum Leistungsprinzip. Ob das allerdings immer den „herkömmlichen" Leistungsbegriff deckt, muß wohl bezweifelt werden. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Picard (CDU/CSU (Drucksache VI/3196 Frage A 80) : Sind der Bundesregierung in letzter Zeit Fälle bekanntgeworden, in denen öffentliche Gelder an nicht legitimierte Studentenverbände vergeben worden sind? Derartige Fälle sind der Bundesregierung nicht bekanntgeworden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Baier (CDU/CSU (Drucksache VI/3196 Frage A 81): Gedenkt die Bundesregierung den linksextremen Radikalismus an den Hochschulen zu tolerieren? Die Bundesregierung bekämpft linksextremen und rechtsextremen Radikalismus. Bereits in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 wurde darauf hingewiesen. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage ,des Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) (Drucksache VI/3196 Frage A 82) : Ist die Bundesregierung der Meinung, daß der bestehende Rechtsschutz für die Sicherung einer gedeihlichen Entwicklung des Hochschulwesens ausreichend ist? Die Bundesregierung ist der Meinung, daß alle Hochschulmitglieder und die Hochschule selbst vor Rechtsbrüchen, Gewalt und Obstruktion geschützt werden müssen. In vielen Fällen bieten die für alle Staatsbürger geltenden Rechtsnormen eine ausreichende Möglichkeit, Rechtsverstößen zu begegnen, wenn von ihnen Gebrauch gemacht wird. Es ist darüber hinaus die Frage, ob im Falle korporationsrechtlicher Pflichtverletzungen besondere Maßnahmen erforderlich sind. Die gedeihliche Entwicklung des Hochschulwesens ist aber nicht in erster Linie eine Frage eines besonderen Rechtsschutzes. Die Zukunft unserer Hochschulen hängt vor allem davon ab, ob es gelingt, die notwendige Steigerung ihrer wissenschaftlichen und pädagogischen Leistungsfähigkeit mit der Mitwirkung aller Beteiligten an ihrer Willensbildung zu Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 10313 verbinden. Dies hängt entscheidend von der Bereitschaft aller Mitglieder der Hochschule zu konstruktivem Zusammenwirken ab. Dabei müssen die Reformer gegen Obstruktion und Gewalt geschützt werden. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Vogt (CDU/CSU) (Drucksache VI/3196 Fragen A 83 und 84) : Gedenkt die Bundesregierung, den Verband Deutscher Studentenschaften auch nach den Beschlüssen seiner letzten Mitgliederversammlung weiterhin mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen? Was hat die Bundesregierung in der Vergangenheit (seit 1969) unternommen, um die Verwendung der an den Verband Deutscher Studentenschaften geleisteten Zuschüsse aus Bundesmitteln sowie Abgaben aus Pflichtbeiträgen zu überprüfen? Die Bundesregierung hat den Verband Deutscher Studentenschaften auf Grund des Kabinettsbeschlusses vorn 26. März 1969 bereits seit diesem Zeitpunkt nicht mehr gefördert. Auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom 26. März 1969 erhält der Verband Deutscher Studentenschaften seit dem Jahr 1969 keine Zuschüsse mehr aus Bundesmitteln. Der Verband Deutscher Studentenschaften ist ein nicht rechtsfähiger Verein. Die Bundesregierung hat keine rechtliche Möglichkeit, die Verwendung von Beiträgen der Studentenschaften, die Mitglieder dieses Vereins sind, zu überprüfen. Das gilt auch dann, wenn die Beiträge aus Pflichtbeiträgen stammen, die Studenten an ihre Studentenschaften zahlen müssen. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3196 Frage A 85) : Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um eine Finanzkontrolle der Studentenschaften an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland zu veranlassen, wie es dem Beiträgegesetz vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235), der Bundeshaushaltsordnung und dem geltenden Hochschulrecht entspricht, um damit sicherzustellen, daß nicht mit öffentlichen Geldern rechts- und verfassungswidrige Aktionen finanziert werden? Erforderliche Finanzkontrollen der Studentenschaften an den Hochschulen zu veranlassen, ist Aufgabe der Aufsichtsbehörden der Länder. Im übrigen erhalten die Studentenschaften auch keine Zuschüsse des Bundes. Soweit sie Zuschüsse von Ländern erhalten, obliegt diesen die Prüfung. Ich darf im übrigen darauf hinweisen, daß das von Ihnen genannte Beiträge-Gesetz vom 24. März 1934 (RGBl I, S. 235) am 1. Januar 1970 als Bundesrecht gemäß § 119 Abs. 2 Ziffer 2 der Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl I, S. 1284) außer Kraft getreten ist. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Sperling (SPD) (Drucksache VI/3196 Fragen A 86 und 87) : Reicht der Stand der Grundlagenforschung im Bereich der Supraleitung, insbesondere der supraleitenden Werkstoffe aus, um den Bau eines Großbeschleunigers mit supraleitenden Magneten bereits jetzt in Angriff zu nehmen? Ist es richtig, daß sich im Kernforschungszentrum Karlsruhe hei der Verwirklichung eines auf Supraleitung aufbauenden Beschleunigerprojekts herausgestellt hat, daß die daran Beteiligten sich nachträglich in den Stand der Grundlagenforschung dieses Bereichs einarbeiten mußten? Der Gedanke, supraleitende Magnete bei Kreisbeschleunigern zur Teilchenführung zu verwenden, ist in den letzten Jahren in zunehmendem Maße aufgegriffen worden. Bei dem neu konzipierten Großbeschleuniger von CERN würde durch die Verwendung supraleitender — statt konventioneller — Ringmagnete die Möglichkeit bestehen, anstelle einer Protonenendenergie von 300 GeV den Wert von etwa 1000 GeV zu erreichen. Zu beachtlichen Erfolgen hat inzwischen die Entwicklung von supraleitenden Gleichstrom-Magneten geführt, mit denen man konstante Magnetfelder — wie sie etwa bei Blasenkammern benötigt werden erzeugt. Demgegenüber steht die Entwicklung supra-leitender Wechselstrom-Magnete, die für die zeitlich veränderlichen Magnetfelder in Kreisbeschleunigern benötigt werden, noch in den Anfängen. Im Kernforschungszentrum Karlsruhe arbeitet das Institut für Experimentelle Kernphysik (IEKP) in enger Abstimmung mit französischen und englischen Gruppen seit etwa 3 Jahren an der Entwicklung supraleitender Wechselstrom-Magnete. Bisher ist es jedoch noch in keinem Land gelungen, einen serienreifen Prototyp fertigzustellen. Erst wenn dies geschehen ist, kann der Bau von Beschleunigern oder die Umrüstung bestehender Beschleuniger mit Hilfe der Supraleitungstechnik in Angriff genommen werden. Im Kernforschungszentrum Karlsruhe wird seit einigen Jahren der Prototyp eines supraleitenden Protonen-Linear-Beschleunigers entwickelt. Das Projekt entstand aus den Vorarbeiten über einen konventionellen Protonen-Linearbeschleuniger. Die beteiligten Mitarbeiter mußten sich in der Anfangsphase des Projekts — wie dies bei fast allen neuen Projekten notwendig ist — in die Supraleitungs-Technologie einarbeiten. Hierzu gehörte auch die umfassende Kenntnis der wissenschaftlichen Grundlagen. Der Erfolg technischer Entwicklungen setzt im übrigen keineswegs immer voraus, daß alle Fragen der theoretischen Deutung vorher voll beherrscht und verstanden werden. So arbeiten noch in vielen Ländern Forschungsgruppen über das Phänomen der Kernspaltung, die seit vielen Jahren wirtschaftlich mit großem Erfolg genutzt wird. 10314 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 Das Karlsruher Institut besitzt heute einen inter- national anerkannten Ruf, was auch durch die zahlreichen Besuche ausländischer, vor allem amerikanischer Gäste bestätigt wird. Es gibt derzeit keine internationale Fachtagung über die Entwicklung supraleitender Beschleuniger ohne Karlsruher Beteiligung und Beiträge. Die Karlsruher Arbeiten zur Supraleitungs-Technik sind ein gutes Beispiel für die Aufnahme neuer Entwicklungsarbeiten in den Kernforschungszentren. Die Umsetzung von Wissenschaftlern in andere Projekte setzt hierbei auch ausreichende Möglichkeiten für das Einarbeiten in die neuen Fachgebiete voraus. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 3. März 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Konrad (SPD) (Drucksache VI/3196 Fragen A 88 und 21): Teilt die Bundesregierung die auf einer Tagung des „Gesprächskreises Meerestechnik" beim Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vertretene Ansicht, daß die Meeresforschung durch mangelhafte Förderung und Zielsetzung sowie Zersplitteiung der Kompetenzen und Maßnahmen behindert sei? Welche Planungen liegen vor, und welche Maßnahmen sind getroffen, um die westdeutsche Industrie über die Absichten der Bundesregierung ausreichend zu unterrichten und die Zusammenarbeit mit der Industrie laufend zu verbessern? Die Bundesregierung ist nicht der Meinung, daß von einer mangelhaften Förderung der Meeresforschung die Rede sein kann seit die Aufwendungen des Bundes in den Jahren 1969 bis 1971 von 45 auf rd. 75 Millionen DM zeitlich stiegen (1966 bis 1968 insgesamt: 91,5 Millionen DM). Für 1972 sind nach den Haushaltsansätzen Bundesmittel in Höhe von rd. 108 Millionen DM veranschlagt. Die Förderung von Meeresforschung und Meerestechnik wird sich in Anbetracht ihrer Bedeutung für Wirtschaft, Ernährung, Seeverkehr und Küstenschutz sowie angesichts der Notwendigkeit einer Verhütung und Bekämpfung der Meeresverschmutzung auch zukünftig stärker entwickeln müssen. Die Zielsetzung ist erstmals im Jahre 1969 im Gesamtprogramm für die Meeresforschung in der BRD formuliert worden; inzwischen wurde das Programm überarbeitet, weil auch die Bundesregierung mit der Klarheit bisheriger Zielsetzungen nicht zufrieden war. Mit der Veröffentlichung eines neuen Programms ist Mitte dieses Jahres zu rechnen. Die verschiedenen Kompetenzen sind zum Teil durch die Vielfalt der naturwissenschaftlichen Disziplinen der Meeresforschung bedingt, die von der Geophysik, Geologie über die Physik, Chemie und Biologie bis zur Meteorologie reichen, und die daher auch im Anwendungsbereich zu verschiedenen Zuständigkeiten des Bundes und der Länder führen. Eine Zersplitterung der Maßnahmen soll trotz der verschiedenen Zuständigkeiten durch eine gute Zusammenarbeit in der Deutschen Kommission für Ozeanographie (DKfO), dem IMA für Meeresforschung und anderen Fachgremien vermieden werden. Es sind Überlegungen im Gange, die Koordinierung noch wirksamer zu gestalten. Die intensivste Unterrichtung und Zusammenarbeit mit der westdeutschen meerestechnischen Industrie erfolgt über die Wirtschaftsvereinigung industrielle Meerestechnik e. V. (WIM), auf dem Wege über Ausschreibungen und im direkten Verkehr mit den einzelnen Unternehmen. Darüber hinaus ist die Industrie im Rohstoffausschuß der DKfO vertreten. Zur Fortsetzung von Vorhaben zum Aufsuchen mineralischer Rohstoffe im Ausland hat der BMWF für das Jahr 1972 Haushaltsmittel in Höhe von 9 Millionen DM vorgesehen. Ausgehend von der bisherigen Tätigkeit der rohstoffbezogenen Meeresforschung wird sich die Bundesregierung bemühen, die Bestrebungen zur Intensivierung der künftigen Nutzung mariner Rohstofflagerstätten auch aus Mitteln und nach den Richtlinien des Rohstoffprogramms zu unterstützen (vgl. Jahreswirtschaftsbericht 1972 in Drucksache VI/3078 vom 28. Januar 1972 und Bundesanzeiger Nr. 210 vom 10. November 1970). Die Bundesregierung geht dabei davon aus, daß sich die einschlägige Industrie an der Verwirklichung dieser Ziele interessiert beteiligen wird. Im übrigen verweise ich auf meine Antworten auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur Förderung der Meeresforschung und Meerestechnik (Drucksache VI/2450 vom 13. Juli 1971), auf die Großen Anfragen zur Technologiepolitik (Drucksache VI/2789 vom 3. November 1971) und auf zwei Fragen des Abg. Dr. Hubrig (Protokoll der 164. Sitzung vom 21. Januar 1972, S. 9484/5). Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesminister Dr. Eppler vom 15. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/3243 Frage A 3) : Teilt die Bundesregierung die von einem Referatsleiter des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit öffentlich vertretene Auffassung, die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland sei eine „sogenannte freie Marktwirtschaft", die zu ungerechter Vermögensverteilung geführt habe und auf keinen Fall auf die Entwicklungsländer übertragen werden dürfe, und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls in ihrer Entwicklungspolitik daraus zu ziehen? Die Bundesregierung ist nicht berechtigt, ihren Beamten vorzuschreiben, wie sie die Vermögensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland zu beurteilen haben. Es entspricht der entwicklungspolitischen Konzeption der Bundesregierung (siehe Seite 11 des Kabinettbeschlusses vom 11. Februar 1971) daß sie nicht beabsichtigt, Entwicklungsländern ihre eigenen Vorstellungen von Gesellschaft und Wirtschaft aufzudrängen. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1972 10315 Anlage 13 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Frau Freyh vom 15. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3243 Frage A 4) : Hält die Bundesregierung es für angemessen, daß die deutschen Entwicklungshilfeleistungen aus öffentlichen Mitteln für 1970 im Vergleich mit den Partnerstaaten der Europäischen Gemeinschaft einschließlich Englands, Dänemarks und Norwegens mit 0,32 % des Bruttosozialproduktes an vorletzter Stelle stehen, und wie stimmt das überein mit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers und anderen Erklärungen der Bundesregierung? Der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am BSP im Jahre 1970 lag mit 0,32 % des BSP geringfügig unter dem Durchschnitt der DAC-Staaten von 0,34 % des BSP. Für den Rückgang dieses Anteils gegenüber dem Vorjahr waren, wie die Bundesregierung bereits bei Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU am 28. April 1971 ausgeführt hatte, vor allem zwei Gründe maßgebend: einmal die außergewöhnliche Steigerung des Bruttosozialprodukts und zum anderen der schleppende Abfluß der Kapitalhilfemittel. Die Höhe der abfließenden Mittel ist bekanntlich nicht zuletzt vom Volumen der niedrigeren Zusagen in den vorangegangenen Jahren abhängig. Dennoch lag der Anteil der öffentlichen Hilfe 1970 bei fünf DAC-Ländern niedriger als der Anteil der BRD. Nur bei drei der in der Frage aufgeführten Länder lag der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe wesentlich über dem Anteil der BRD; bei diesen drei Ländern handelt es sich um Länder, bei denen der Umfang und die Richtung der öffentlichen Hifle auch heute noch durch ihre besonderen Überseebeziehungen bestimmt werden. Auch wenn endgültige Zahlen für 1971 noch nicht vorliegen, dürften die öffentlichen Leistungen der BRD ziemlich genau den DAC-Durchschnitt erreichen. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 15. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmude (SPD) (Drucksache VI/3243 Frage A 59) : Ist die Bundesregierung bereit, allen Mitgliedern des Bundestages die Möglichkeit zu eröffnen, vor Einheiten der Bundeswehr bei offiziellen Besuchen ihre Absichten für den nächsten Bundestagswahlkampf darzulegen? Die Bundesregierung hat es schon immer begrüßt, wenn die Mitglieder des Bundestages die Gelegenheit wahrnehmen, Einheiten der Bundeswehr Besuche abzustatten. Diese Kontakte zwischen Bundestagsabgeordneten und der Truppe sowie auch die Kontakte zwischen Landtagsabgeordneten sowie Mitgliedern der Kreis- und Gemeindeparlamente mit den Soldaten dienen zum besseren Verständnis der jeweiligen Probleme. Die Bundesregierung wünscht, daß solche Kontakte auch weiterhin gepflegt werden. Die Bundesregierung würde es indessen jedoch nicht begrüßen, wenn die Bundeswehr in den Bundestagswahlkampf oder in einen Landtagswahlkampf hineingezogen würde. Aus diesem Grunde ist durch einen Erlaß des Generalinspekteurs der Bundeswehr aus dem Jahre 1961 angeordnet worden, daß Besuche von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bei der Truppe möglichst für die Zeit nach der Wahl vereinbart werden sollen. Ich darf nochmals wiederholen, dieser Erlaß stammt bereits aus dem Jahre 1961. Die Bundesregierung geht davon aus, daß sich diese im Erlaß festgelegte Regelung bewährt hat. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 15. März 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Jung (FDP) (Drucksache VI/3243 Frage A 74) : Wird die Bundesregierung bei dem im Rahmen der neuen Ferienreiseverordnung 1972 vorgesehenen Wochenendfahrverbot für schwere LKW auf Bundesautobahnen und -fernstraßen eine Ausnahmegenehmigung für Weichobsttransporte in Fahrtrichtung Süd-Nord erteilen, um so negative Auswirkungen auf die süddeutschen Weichobstmärkte (z. B. Warenstau während der Kirschenernte am Samstag und Sonntag) zu vermeiden? Die Ferienreise-Verordnung 1972 wird versuchsweise in diesem Jahr — vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrates — die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für die Beförderung von Weichobst auf Autobahnen in Lastkraftwagen ohne Anhänger an Sonntagen nach 14 Uhr vorsehen, wenn dies dringend geboten ist, um die rechtzeitige Ankunft in dem Bedarfsgebiet sicherzustellen. Für die in das Lkw-Fahrverbot einbezogenen Bundesstraßen ist die Erteilung von Ausnahmen wie in den Vorjahren vorgesehen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Junghans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe soeben bei der Rede von Herrn Müller-Hermann von meinem Mitarbeiter Herrn Müller-Hermanns Rede vom vorigen Jahr bekommen; und ich habe bei jedem Stichwort nachgelesen, was er im vorigen Jahr gesagt hat. Ich muß hier leider bekennen, Herr Müller-Hermann: viel Neues war nicht in Ihrer Rede erkennbar. Sie haben fast wörtlich Passagen unter den Stichworten Vollbeschäftigung, Verunsicherung usw. wiederholt. Sie haben nichts hinzugefügt. Nur eine Ausnahme möchte ich hier anmerken. Es ist die einzige Ausnahme, das einzig Neue, was Sie in Ihrer Rede gebracht haben. Sie plädierten 1971 für die Rückzahlung des Konjunkturzuschlags und wollten uns verdächtigen, dies nicht zu tun. Jetzt tut es die Regierung, jetzt paßt es Ihnen auch wieder nicht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die Opposition tut hier so — und das ist komisch —, als würden Regierung und Koalitionsfraktionen heute im Bundestag vorgeführt. Davon kann keine Rede sein. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich möchte daran erinnern: daß das Parlament heute den Jahreswirtschaftsbericht verantwortlich debattieren kann, ist ein Verdienst meiner Freunde Karl Schiller, Alex Möller und meiner Fraktion, die Ihnen durch die Initiative des Stabilitäts- und Wachstums-Gesetzes diese Möglichkeit überhaupt erst gegeben haben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Für Sie war doch bis vor kurzem Rechenhaftigkeit und Vorausschau in der Konjunkturpolitik noch des Teufels. Noch heute erleben wir immer wieder, daß Sie angesichts schwieriger Situationen in Panik verfallen — Herr Müller-Hermann, das haben Sie soeben wieder vorgeführt —, anstatt konjunkturpolitische Lösungsmöglichkeiten in diesem Hause anzubieten. Meine Damen und Herren, lassen Sie sich gesagt sein: Panikmache ist das Gegenteil von politischer Verantwortung.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ob das nun gewollt ist oder ob es Ihnen an verantwortlichem Sachverstand mangelt, kann man dahingestellt sein lassen. Wahrscheinlich trifft beides zu. Denn wie sonst sollte man es sich erklären, daß Sie sich wirtschaftspolitischen Sachverstand — so wie Sie ihn verstehen — aus der Provinz ausleihen müssen? Was uns von dort entgegenschallt, hat manchmal, mit Verlaub zu sagen, etwas „Ostfriesisches" an sich. Ich bin gern bereit, das Wort „Ost", wenn es Ihnen nicht paßt, in diesem Zusammenhang zu streichen.
    Nun zur Sache. Das Bild der Konjunkturlandschaft in der Bundesrepublik kann sich heute national und international sehen lassen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dies wurde erreicht, ohne daß wir den marktwirtschaftlichen Kurs verließen. Im westlichen Ausland drohten Protektionismus und Dirigismus fröhliche Urstände zu feiern. Auch in der Bundesrepublik riet mancher, nicht zuletzt aus den Reihen der Opposition, Herr Strauß, zu solchen fatalen Mitteln. Die Bundesregierung hat sich nicht beirren lassen. Sie ging den vernünftigen Weg der marktwirtschaftlichen Ordnung, und sie ging ihn — das möchte ich unterstreichen — erfolgreich.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Apel: Kartellgesetz!)

    — Das kommt alles noch!
    In Washington wurde in langen und zähen Verhandlungen eine Neuordnung der Wechselkurse erreicht. Damit war dem aufkommenden Protektionismus ein Riegel vorgeschoben. Mit der Bereinigung der bedrohlichen Welthandelstage wurden für die deutschen Unternehmen wieder klare Daten und Fakten gesetzt, die langfristig Gültigkeit besitzen.
    Bei den deutsch-französischen Konsultationen zwischen Staatspräsident Pompidou und Bundeskanzler Brandt am 11. und 12. Februar dieses Jahres konnte in Paris Übereinstimmung für die parallele Entwicklung der Wirtschafts- und der Währungspolitik in der Europäischen Gemeinschaft gefunden werden. Mit diesem Beschluß — man kann ihn wirklich nicht hoch genug einschätzen — wurde die Tür zu einer gemeinsamen europäischen Konjunktur-, Geld- und Währungspolitik aufgestoßen. Daraus ergaben und ergeben sich neue Impulse für die Integration der Gemeinschaft.
    Diese Übereinstimmung von Pompidou und Brandt hat zu der Übereinkunft von Brüssel geführt. Die Tagung der europäischen Wirtschafts- und Finanzminister in der vergangenen Woche hat Ergebnisse von großer Tragweite gebracht. Ich nenne nur: 1. die Gründung eines Lenkungsausschusses beim Ministerrat der Gemeinschaft mit der Aufgabe, das wirtschafts- und finanzpolitische Vorgehen zu synchronisieren, 2. die feste Regelbindung für Interventionen in der Gemeinschaftswährung. Dies, zusammen mit der Verengung der Bandbreiten der Wechselkurse



    Junghans
    zwischen den Mitgliedstaaten, erreicht zu haben ist eine beachtliche Leistung aller Beteiligten.
    Was die Bundesregierung an Integrationswillen und Bereitschaft zur europäischen Zusammenarbeit eingebracht hat, verdient unser aller Dank und Anerkennung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, es ist die Hoffnung, wie ich annehme, des ganzen Hauses, daß die geplante Gipfelkonferenz der Zehn im Herbst dieses Jahres ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu Europa sein wird. Die innere Verknüpfung der Zehn wird dabei ebenso wie die Außenbeziehungen der erweiterten Gemeinschaft festzulegen sein.
    Die Koalitionsfraktionen haben in ihrem Entschließungsantrag zur Europapolitik vom 24. Februar dieses Jahres ihre Einstellung dazu klar umrissen. Einiges scheint in der Europapolitik schon alltäglich geworden zu sein und hinterläßt in der Öffentlichkeit keinen besonderen Eindruck mehr. Ich meine z. B. die erstmalige Vorlage eines Jahresberichts über die Wirtschaftslage in der Gemeinschaft. Die Bundesregierung hat den Ihnen vorliegenden Jahreswirtschaftsbericht bereits darauf abgestimmt. Auch dies sollten wir würdigen.
    Gestützt auf diese Fortschritte hat binnenwirtschaftlich die Stabilitätspolitik der Bundesregierung mehr und mehr zu greifen begonnen. Wir haben uns nie die Stagflationstheorie der Opposition zu eigen gemacht.

    (Abg. Ott: Ihr habt sie praktiziert!)

    — Warten Sie doch ab! — Wir haben vielmehr die gegenwärtige Konjunkturphase stets als Auslaufphase einer Wachstumsperiode begriffen, an die sich eine neue Wachstumsperiode anschließen muß und wird. Danach haben wir unsere Aktionen bemessen, und danach werden wir unsere Aktionen bemessen. Das Auslaufen dieser Wachstumsperiode vollzieht sich dadurch — anders als bei ihren Vorgängerinnen — in geordneter Verfassung. Daß wir dabei den richtigen Weg beschreiten, wird uns von allen objektiven Konjunkturbeobachtern bestätigt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das hat auch die letzte Tagung des Deutschen Industrie- und Handelstages bewiesen. Für diese Politik spricht auch, daß in der Wirtschaft wieder ein gemäßigter Optimismus an Boden gewonnen hat.
    Die Regierung Brandt/Scheel hat bewiesen und beweist es immer wieder, daß Konjunkturberuhigung möglich ist, ohne daß ,es zu einer Rezession kommt und ohne daß die Arbeitsplätze gefährdet werden.

    (Abg. Ott: Dafür Inflation!)

    Meine Damen und Herren, die Rezession findet in diesem Lande unter dieser Regierung nicht statt.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Ott: Dafür aber Inflation!)

    Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,
    haben noch um die Jahreswende das düstere Bild
    der Stagflation an die Wand gemalt. Das entsprach
    zwar Ihrem Wunschdenken; Sie hätten gern gesehen, daß die Wirtschaftslage sich so entwickelt, um diese Entwicklung dann der Bundesregierung anlasten zu können. Aber das entsprach und entspricht nicht der Wirklichkeit.
    Die Fakten sehen doch so aus: Die Währungsbeschlüsse haben den Zufluß von Liquidität eingedämmt. Bardepot und Zinspolitik sichern dies ab. Die Aufwertung der D-Mark hat eine wesentliche Kostenentlastung der im hohen Maße importabhängigen deutschen Wirtschaft im Gefolge. Die industriellen Erzeugerpreise und die Großhandelspreise zeigen, daß der Preisantrieb bereits vor der Jahreswende 1971/72 seinen Höhepunkt überschritten hat. Die Beruhigung der Verbraucherpreise folgt bereits, wenn auch — das ist zuzugeben — zögernd. Die Tarifabkommen haben sich der veränderten Konjunkturlage angepaßt. Die in den Tarifverträgen vereinbarten Lohnerhöhungen wurden binnen Jahresfrist halbiert, gleichzeitig steigt die Arbeitsproduktivität wieder an.
    Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen Blick zurück. In ihrer Sitzung am 4. Juni kamen die Teilnehmer der Konzertierten Aktion überein, darauf hinzuwirken, daß alle Beteiligten sich nicht an den Preis- und Einkommenserwartungen des Booms orientieren, sondern an den Notwendigkeiten einer Phase der gesamtwirtschaftlichen Konsolidierung. An dieser Absichtserklärung müssen wir die Beteiligten messen. Die Bundesregierung hat mit ihrer Stabilitätspolitik die gesamtwirtschaftlichen Akzente gesetzt. Die Gewerkschaften haben sich ihrem erklärten Willen gemäß verhalten. Die Unternehmer haben begonnen, dies auch zu tun. Meine Damen und Herren, die besonnene Politik der deutschen Gewerkschaften in den letzten Jahren verdient unser aller Anerkennung.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sollten sich im nächsten Jahr auch die Preisraten, wie das bei den Löhnen der Fall war, halbieren — das hoffe ich —, dann stehe ich nicht an, dieses gleiche Lob den deutschen Unternehmern zu zollen.

    (Beifall bei der SPD.)

    In jüngster Zeit schießen sich die Feuerwerker der Opposition auch auf den Bundeshaushalt als Quelle des Geldwertschwundes ein. Ich will darauf nicht näher eingehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    Wir haben ja keine Haushaltsdebatte — warten Sie ab —, sondern eine Aussprache über den Jahreswirtschaftsbericht. Deshalb nur zwei Bemerkungen zum Haushalt. Erstens: Ich leugne nicht die Bedeutung ,der öffentlichen Haushalte für die Konjunktur. Aber es ist einfach falsch — und das muß ich zurückweisen —, wenn Sie das Haushaltsgebaren des Bundes für die Preis- und Kostenentwicklung in diesem Lande verantwortlich machen wollen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. Abg. Dr. Jenninger: Haben Sie nicht das Sachverständigengutachten gelesen?)




    Junghans
    Zweitens: Wir wünschen, daß der Bundeshaushalt auch im Jahre 1972 konjunkturstützend vollzogen wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Wie denn?)

    — Warten Sie die zweite und dritte Lesung ab. Wir haben jedenfalls keine rezessiven Gelüste wie Sie im Jahre 1966, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD. — Erneute Zurufe von der CDU/CSU.)

    Und nun lassen Sie mich noch einige Worte zum Verhältnis der Sozialdemokraten zur Marktwirtschaft sagen. Diese Bundesregierung hat immer marktwirtschaftlich gehandelt.

    (Abg. Erhard: Wie?)

    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat die Bundesregierung in jeder Phase, auch in dieser schwierigen Phase des letzten Jahres, in diesem Kurs bestärkt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist doch geradezu grotesk, wenn diese Bundesregierung, meine Fraktion und meine Partei diffamiert werden, sie steuerten wirtschafts-, finanz- und gesellschaftspolitisch einen Kurs der Kollektivierung, der Verstaatlichung, der Staatsallmacht oder wie immer Sie es nennen.

    (Abg. Dr. Jenninger: Wer will denn das System ändern?)

    Sie versuchen immer wieder, Herr Müller-Hermann — Sie haben es soeben auch wieder versucht, aber dieser Versuch ist untauglich —, die Sozialdemokraten außenpolitisch wie gesellschaftspolitisch in die Nähe der Kommunisten zu rücken. Das versuchen Sie immer wieder. Damit zeigen Sie aber auch — das möchte ich Ihnen zurückgeben welch verzweifelte Methoden Sie anwenden müssen, um Ihre eigene brüchig gewordene Position und Ihre Fehlanzeigen für realistische Alternativen zu überdecken.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, die Gesellschaften Westeuropas befinden sich im Aufbruch. Ich denke an die sozialen Erschütterungen in Frankreich, in Großbritannien, in Italien. Unsere soziale Ordnung hat sich demgegenüber bisher als stabil erwiesen. Wer jedoch glaubt, diese gesellschaftliche Stabilität sei gottgegeben, der irrt. Hinzu kommt, daß wir an der Nahtstelle zu den kommunistischen Ländern Mittel- und Osteuropas liegen und unsere demokratische Ordnung gegenüber dem kommunistischen Machtbereich darstellen und ausbauen müssen. Die Bundesrepublik kann sich in dieser Situation ständige soziale und politische Konflikte nicht leisten. Sie zu verhindern, ist unsere Aufgabe. Deshalb gehen auch die sozialen und liberalen Kräfte in diesem Lande zusammen.
    Ich möchte — um einen Zwischenruf von vorhin aufzugreifen — an dieser Stelle auch ein Wort über die Jugend sagen. Die nachwachsende Generation denkt radikaler als wir. Das ist in ganz Westeuropa, in der ganzen westlichen West so. In der Bundesrepublik gehen diese jungen Leute in diejenigen Parteien, die noch geistig lebendig sind. Die Aufgabe, die politisch engagierte Jugend mit Staat und Gesellschaft zu versöhnen, fällt im wesentlichen Sozialdemokraten und Freien Demokraten zu.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir setzen uns mit der Jugend in unseren Reihen auseinander, und wir sind dieser Auseinandersetzung gewachsen. Wir sind es, die die soziale Unrast der Jugend auffangen und in Bahnen lenken. Und wenn es in diesem Lande eine Partei gibt, die die Stärke und die geistige Kraft besitzt, anarchistische und linksradikale Strömungen zu überwinden, dann sind es die Sozialdemokraten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie sollten nicht immer mit dem Hinweis ,auf Jungsozialisten reagieren, wenn wir uns zur Marktwirtschaft bekennen. Damit machen Sie es sich zu einfach; das ist falsch. Im Gegensatz zur CDU/CSU begreifen wir Sozialdemokraten Marktwirtschaft nicht als Privileg einer Gruppe. Wir stehen für eine Marktwirtschaft der Unternehmer u n d der Arbeitnehmer ein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU.)

    Mit unserer Politik haben wir die Verfassung der Marktwirtschaft gefestigt und dafür gesorgt, daß sich alle auf diese freie Wirtschaftsordnung berufen können. An dieser Politik halten wir auch in Zukunft fest.
    Dem widersprechen auch nicht die Beschlüsse des Steuerreform-Parteitages der SPD, den Herr Müller-Hermann hier anzusprechen beliebte. Die Beunruhigung, die davon ausging, ist ja bereits vor dem Parteitag in der Öffentlichkeit geschürt worden, und sie wurde nachträglich mit polemischer Verzerrung der Ergebnisse weiter gefüttert. Hätte die CDU nicht zwanzig Jahre lang eine unausgewogene, opportunistische Steuerpolitik gemacht, dann wäre dieser Parteitag sicherlich nicht nötig gewesen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dieser Steuerparteitag — dazu mögen Sie stehen, wie Sie wollen hat die steuerpolitischen Fehlentwicklungen schonungslos aufgedeckt. Und wenn Sie sich der Mühe unterzogen hätten, die Beschlüsse wirklich zu überprüfen und zu analysieren, hätten Sie festgestellt, daß hier ein zeitgemäßes und ausgewogenes Reformprogramm beschlossen worden ist. Ich kann das beurteilen; ich war nämlich selbst Delegierter auf diesem Parteitag.
    Nehmen wir an, die Beschlüsse des Parteitages brächten bei ihrer Durchführung gegenüber dem geltenden Recht im Jahre 1974 ein Steuermehraufkommen von 9,3 Milliarden DM. Bei einem geschätzten Bruttosozialprodukt in Höhe von 925 Milliarden DM ist das 1%. Dieses eine Prozent Sozialprodukt mehr für Bund, Länder und Gemeinden ist angesichts der großen öffentlichen Investitionsaufgaben sicherlich angemessen.
    Das hat mit ruinöser Besteuerung der Gewinne nichts zu tun. Ich sage ganz offen: für uns Sozial-



    Junghans
    demokraten sind Gewinne nichts Böses. Gewinne sind Investitionen von morgen. Diese Auffassung vertreten auch die Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten großer Unternehmen. Wenn schon, wie Sie behaupten, Gefahr für ,die Marktwirtschaft und das freie Unternehmertum droht, müssen Sie in eine ganz andere Richtung blicken. Es gibt in der deutschen Volkswirtschaft Entwicklungen, die die Markt-wirtschafts aushöhlen und letzten Endes zu Fall bringen könnten.

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    Diese Regierung hat deshalb zur Stärkung des Wettbewerbs eine Kartellrechtsnovelle vorgelegt, die zur Zeit im Wirtschaftsausschuß beraten wird. Der Gesetzentwurf sieht neben anderen wichtigen Vorschriften drei Regelungen von zentraler Bedeutung vor:
    1. eine Fusionskontrolle für Zusammenschlüsse, an denen Großunternehmen beteiligt sind,
    2. eine wirksamere Gestaltung der Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen und
    3. Kooperationserleichterungen für kleinere und mittlere Unternehmen mit dem Ziel, deren Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
    Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen bieten damit ein vernünftiges und notwendiges Konzept zur Sicherung der Marktwirtschaft an.
    Eine von einer Arbeitsgruppe der CDU/CSU-Fraktion ausgearbeitete Kartellrechtsnovelle, die ebenfalls u. a. eine Fusionskontrolle vorsah, ist, so hört man, Herr Kollege Strauß, am Einspruch des Wirtschaftssprechers der Opposition gescheitert. Ich stelle fest: in der CDU/CSU-Fraktion findet sich also keine Mehrheit für ein verbessertes Wettbewerbsrecht.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Apel: Genauso ist es!)

    Für die CDU/CSU-Fraktion ist das marktwirtschaftliche Gesetz, nach dem sie angetreten ist, im wahrsten Sinne des Wortes nur noch eine lästige Erinnerung.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Die Opposition muß sich dann sagen lassen, was unlängst Ernst Günter Vetter in der „Frankfurter Allgemeinen" gewissen Verbänden ins Stammbuch schrieb:
    Verbände, die den Wettbewerb schwächen oder seine Vervollkommnung verhindern, gleichzeitig aber ihr Bild gegenüber der Umwelt aufpolieren wollen, verhalten sich wie Leute, die mit Dieselöl einen Spiegel blank putzen möchten.
    Die Koalitionsfraktionen werden diese Kartellrechtsnovelle im Deutschen Bundestag verabschieden, auch gegen die Stimmen der CDU/CSU.
    Lassen Sie mich zum Schluß noch einige Bemerkungen zu Ihrem politischen Selbstverständnis machen. Führende Herren Ihrer Fraktion ziehen durch die Lande und malen schwarz in schwarz das Bild einer Staatskrise. Ich habe hier eine Auswahl Ihrer
    Äußerungen. Ich kann auch die Rede von Herrn Müller-Hermann von heute und vom letzten Jahr hinzufügen. Da ist die Rede von „Trümmern", die diese Regierung hinterläßt", von „Jahren der Mißwirtschaft, die durch Verschleierungspraktiken der Regierung noch nicht an den Tag kamen". Da werden breite Schichten der Bevölkerung bejammert, die angeblich für die Mißerfolge dieser Regierung zahlen müssen.

    (Abg. Härzschel: Stimmt doch!)

    Da wird der Bundeskanzler aufgefordert, Klarheit über langfristige gesellschaftspolitische Zielsetzungen dieser Koalition zu schaffen.

    (Abg. Müller-Hermann: Stimmt auch heute noch!)

    Herr Dr. Barzel

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Sehr richtig! Das geht noch weiter!)

    bietet uns sogar einen Stabilitätspakt an, was immer er auch darunter verstehen mag. — Das sind doch elles nur verbale Kraftakte, weiter nichts.

    (Beifall bei der SPD.)

    Mit Phrasen versuchen Sie über Ihre eigene Ideen- und Konzeptionslosigkeit in der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik hinwegzutäuschen. Sie paralysieren sich heute selber.

    (Beifall bei der SPD. — Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. Rösing: Das glaubt Ihnen doch kein Mensch mehr!)

    Aber eins, meine Damen und Herren von der Opposition, können Sie mit diesen Phrasen nicht kaschieren: Immer dann, wenn es darum ging, im Bundestag ein Stück Fortschritt für die Menschen in diesem Lande auf den Weg zu bringen, sagten Sie nein.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der SPD: So ist es! — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Sie haben nein gesagt zum verbesserten Mieterschutz,

    (Abg. Ott: Haben Sie geschlafen? — Abg. Rösing: Nein zu den höheren Mieten!)

    Sie haben nein gesagt zum neuen Betriebsverfassungsgesetz, Sie haben nein gesagt zur Sanierung und Modernisierung unserer Städte, Sie haben nein gesagt zu einem zeitgemäßen Demonstrationsrecht, Sie haben nein gesagt zu einer Dynamisierung der Kriegsopferrenten,
    Zurufe von der CDU/CSU: Wo denn? — Da
    haben wir zugestimmt!)
    Sie haben nein gesagt zur verbesserten Ausbildungsförderung, Sie haben nein gesagt zum verstärkten Ausbau der Bundesfernstraßen, und Sie haben nicht zuletzt zweieinhalb Jahre nein gesagt zur Stabilitätspolitik dieser Bundesregierung.

    (Beifall bei der SPD. — Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Jenninger: Wir haben nein gesagt zu den exorbitanten Preisen!)




    Junghans
    — Sie haben doch die Haushaltspläne abgelehnt. Sie haben sich ins Abseits gestellt mit dem Konjunkturzuschlag.
    Abg. Dr. Wulff: Zu welcher Sache sprechen
    Sie eigentlich?)
    Das ist die Bilanz des Neinsagens.

    (Erneute Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wir, die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen, haben aufgezeigt, wohin der Weg dieses Staates führen soll. Sie haben uns wegen der von uns angestrebten und durchgeführten Reformen als „Sozialisten" verteufeln wollen. Das ist Ihre Art der politischen Auseinandersetzung. Dennoch werden wir Sie immer wieder zur Stellungnahme herausfordern. Wir werden von Ihnen wissen wollen, wie Sie zu Stabilität, Vollbeschäftigung und Wachstum, zu gesellschaftlichem Fortschritt und sozialer Gerechtigkeit stehen — hier, heute und in der Zukunft.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren in der CDU/CSU, ich wiederhole: Wollen Sie die Stärkung des Wettbewerbs durch ein verbessertes Kartellgesetz, ja oder nein? Wollen Sie die skandalösen Auswirkungen der Steuerflucht bekämpfen, ja oder nein? Wollen Sie wirklich die Finanzlage von Bund, Ländern und Gemeinden auch durch diesen Beitrag des Steuerfluchtgesetzes verbessern, ja oder nein? Wollen Sie eine gerechtere Grund-, Gewerbe-, Erbschafts- und Vermögenssteuer, ja oder nein?

    (Abg. Härzschel: Wollen Sie abtreten, ja oder nein?)

    Wollen Sie die Mehrwertsteuer mit allen ihren unsozialen Folgen auf 17 % erhöhen, Herr Kollege Strauß, ja oder nein? Wäre das Ihr Beitrag zur Stabilität mit eingeschlossenen 41/2% Preiserhöhungen in dieser Sache, ja oder nein? Wollen Sie mit uns die flexible Altersgrenze und die Rentenreform verwirklichen, ja oder nein? Wollen Sie den Verbraucherschutz durch die Lebensmittelrechtsreform verstärken, ja oder nein?

    (Abg. Frau Kalinke: Ja! — Lachen bei der SPD.)

    Wollen Sie endlich einmal eine solide — —

    (Abg. Rösing: Wo sprechen Sie, in Stuttgart oder hier in Bonn?)

    — Ich spreche nicht in Stuttgart, ich spreche hier in Bonn, das ist wohl klar.

    (Abg. Ott: Bringen Sie Ihre Steuerreform mal raus! — Abg. Mick: Wollen Sie Junghans' Rede hören, ja oder nein? Nein! — Lachen bei der CDU/CSU. — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wollen Sie die Aufwertung, ja oder nein?)

    — Ich dachte, Sie wollten etwas über — —

    (Fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU. — Glocke des Präsidenten.)

    Meine Damen und Herren von der Opposition, wollen Sie eine solide Haushaltspolitik unterstützen

    (lebhafte Zurufe von der CDU/CSU: Ja!)

    und Ihre Anträge, die Mehrausgaben und Mindereinnahmen in Milliardenhöhe vorsehen, zurückziehen in diesem Hause?

    (Beifall bei der SPD.)

    Das Patentrezept Ihres Fraktionsvorsitzenden
    — „Liegenlassen", „so nicht" und „jetzt nicht" — ist letztlich für unsere Gesellschaft nicht hilfreich.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Ott: Wollen Sie eine neue Bundesregierung? Ja! — Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    — Herr Kollege Ott, Sie sollten sich mal selbst eine Weile liegenlassen, damit Sie ausgeschlafen ins Plenum kommen und nicht so nervös und hektisch sind.

    (Beifall bei der SPD. — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, hier in diesem Hause müssen und werden Entscheidungen gefällt werden, und da wird uns auch das Nein der Opposition weder irritieren noch stören.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mertes.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Werner Mertes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Wir haben in den letzten Wochen und praktisch bis zum heutigen Tage erlebt, wie in der Diskussion über konjunkturpolitische Prognosen ein Stimmungswandel eingetreten ist, der durch einige der jüngsten Konjunkturtests und durch andere Beiträge wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute ausgelöst wurde. Manche Auguren — das wissen Sie alle —, ,die noch zum Jahreswechsel nur dunkle Wolken am Konjunkturhimmel ausgemacht haben, sind nunmehr zum Teil auf einen optimistischen Kurs umgeschwenkt, und sie sehen schon wesentlich mehr als nur den bekannten zarten Silberstreifen am Horizont. Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf den jüngsten und damit aktuellen Bericht der Deutschen Bundesbank hinweisen.
    Selbstverständlich ist es so, wie es früher immer war und wie es auch gar nicht anders sein kann, daß die Entwicklung von Branche zu Branche und innerhalb der einzelnen Branchen große Unterschiede aufweist. Der Gesamttrend macht für mich aber nicht deutlich, woher der Kollege Müller-Hermann die Überzeugung nimmt, heute dennoch unbedingt schwarz in schwarz malen zu müssen, es sei denn, verehrter Herr Kollege Müller-Hermann, daß Sie eine besondere Sympathie für diese schwarze Farbe haben, wenn man unterstellen will, daß es sich dabei überhaupt um eine Farbe handelt.
    Ich meine, der fast abrupte Wandel sollte für uns eine Warnung sein. Wir sollten vermeiden, in der konjunkturellen Diskussion unbedacht und in maßloser Übertreibung zu argumentieren, weil wir damit die Wirtschaft belasten. Mit Emotionen, mit Ängsten, mit unmotivierten Befürchtungen oder sogar systematischer Verunsicherung kommen wir in



    Mertes
    keinem Bereich der Politik weiter, am wenigsten in dem Bereich der Wirtschafts- und Konjunkturpolitik. Vielmehr ist Nüchternheit geboten, d. h. konkret, alle neuen Daten und Fakten müssen ständig neu in die Überlegungen eingebaut werden. Zweifellos ist das Verharren auf einer einmal bezogenen Linie in der Konjunktureinschätzung keine Tugend. Wir sollten uns andererseits aber auch davor hüben, noch nicht als gesichert anzusehende Tendenzen als absolute und unverrückbare Wahrheiten mißzuverstehen.
    Meine Kolleginnen und Kollegen! Genauso, wie nach der Meinung der Freien Demokraten die Aussage von Konjunkturberichten mit Nüchternheit und Distanz zu betrachten ist, sollten wir nüchtern und mit der notwendigen Distanz das prüfen, was die Jahresprojektion der Bundesregierung beinhaltet. Sie stellt, basierend auf der Einschätzung einer gegebenen, zeitpunktbezogenen Konjunkturlage und auf der Einschätzung der Möglichkeiten staatlicher Konjunkturpolitik, ein Urteil über die künftige Wirtschaftslage dar. Ändern sich nun aber im Zeitverlauf bestimmte Daten in anderer als vorausgesehener Weise, so hat dies selbstverständlich Auswirkungen auf die projektierten Größen. Die Projektionen erheben also nach unserer Meinung nicht, wie immer fälschlicherweise behauptet wird, den Anspruch der absoluten Sicherheit oder gar der Unfehlbarkeit. Sie wollen nicht mehr, als die Voraussetzungen für rationale Entscheidungen in der Wirtschaftspolitik verbessern; und sie wollen nicht diese Entscheidungen selbst überflüssig machen, die vom Staat, von den Unternehmern und von den
    Gewerkschaften in voller Verantwortung getroffen werden müssen.
    In der Beurteilung der von der Bundesregierung in der Jahresprojektion 1972 festgelegten Eckwerte stimmen wir Freien Demokraten mit den Aussagen überein, die im Jahreswirtschaftsbericht unter Nr. 46 niedergelegt sind und die ich wegen ihrer Bedeutung mit Ihrer Genehmigung auszugsweise zitieren möchte. Es heißt dort:
    Gemessen an den mittelfristigen Zielsetzungen sind die Werte der Jahresprojektion der Bundesregierung nicht befriedigend.... Diese Zielkombination bietet jedoch die Chance, die Wirtschaftsentwicklung schrittweise wieder zu verstetigen und den mittelfristigen Gleichgewichtspfad anzusteuern. Sie ist aber nicht allein mit staatlichen Maßnahmen zu verwirklichen. Der Zielkonflikt zwischen hohem Beschäftigungsstand und realem Wachstum einerseits sowie Preisstabilität andererseits ist nur dann aufzulösen, wenn die Kostensteigerungen — und hier insbesondere deren gewichtigster Teil, die Lohnkosten je Produkteinheit — auf das von der Bundesregierung projektierte Ausmaß reduziert werden. Anderenfalls muß mit einem stärkeren Konjunkturabschwung gerechnet werden. Gleichzeitig würde die Chance eines Einstiegs in Richtung auf mehr Preisniveaustabilität vertan. Sehr wahrscheinlich würden die Unternehmen bei weiter steigendem Kostendruck ihre Investitionen unerwünscht stark einschränken und letztlich in
    die Unterbeschäftigung ausweichen. Vollbeschäftigung wäre dann mit Mitteln der staatlichen Wirtschaftspolitik nicht mehr zu gewährleisten, wie auch die Erfahrungen anderer Staaten in ähnlichen Situationen gezeigt haben und zeigen.
    Soweit, meine Damen und Herren, das Zitat.
    Insbesondere möchte ich hier die Ausführungen zur Preisniveaustabilität unterstreichen. Die Bundesregierung weist mit Recht unter Nr. 4 des Jahreswirtschaftsberichts mit Nachdruck auf die Ansicht des Sachverständigenrates hin, daß der Staat im Hinblick auf die öffentlichen Haushalte neben seiner allgemeinen stabilitätspolitischen Verpflichtung ein unmittelbares Eigeninteresse an möglichst großer Preisniveaustabilität hat. Auch hier hat die Entwicklung deutlich gemacht, daß die Vorstellung, der Staat könne in einer Periode der Preissteigerungen seine Finanzen verbessern und er habe damit ein unmittelbares Eigeninteresse an einer solchen Entwicklung, in das Reich der Sage verwiesen werden muß.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Die Frage ist, ob überhaupt eine staatliche oder gesellschaftliche Instanz oder Gruppe an einer tendenziellen Preissteigerung ein Interesse haben kann. Die Antwort ist eindeutig: der Staat nicht, weil ihm die Kosten davonlaufen, die Wirtschaft nicht, weil ihr von einem gewissen Zeitpunkt an ebenfalls die Kosten davonlaufen und vorübergehende Vorteile sich sehr rasch ins Gegenteil verkehren, die Arbeitnehmer nicht, weil früher oder später ihre Arbeitsplätze gefährdet werden, die Konsumenten aus begreiflichen Gründen schon gar nicht und die vom Sachverständigenrat erwähnten Opfer des Verteilungskampfes, d. h. die schwächeren Gruppen der Bevölkerung, z. B. die Landwirte oder die Rentner, erst recht nicht. Und doch, meine Damen und Herren — das sollte uns zu denken geben —, scheint unsere Gesellschaft als Ganzes nicht stark genug zu sein, ihre Kräfte so zu koordinieren — das gilt auch für die politischen Parteien —, daß das gemeinsame, alle Interessen berücksichtigende Ziel der Preisstabilität erreicht werden kann. Ich treffe diese Feststellung ungeschminkt und ohne irgendeine Gefühlsduselei.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Deshalb ist sie auch richtig!)

    Das ist einfach ein Erfahrungswert, der nicht vom Tisch zu wischen ist.
    Nach Ansicht der Freien Demokraten sind also auf diesem Sektor weiterhin verstärkte Bemühungen aller Entscheidungsträger in unserer Wirtschaft notwendig, insbesondere wenn sich die Tendenz einiger neuer konjunktureller Daten im Trend in den nächsten Monaten fortsetzen sollte. Im Januar hat sich die monetäre Expansion, die sich schon in den letzten Monaten des Jahres 1971 wieder deutlich beschleunigt hatte, nahezu unvermindert fortgesetzt. Demgegenüber zeigte die Industrieproduktion bei teilweise allerdings erheblichen Zuwächsen des Auftragseingangs weiterhin einen leichten Abwärts-



    Mertes
    trend. Dies ist zweifellos eine Entwicklung, die nicht gerade zu überwältigendem Optimismus hinsichtlich der Preisentwicklung in den nächsten Monaten Anlaß geben kann, aber auch eine Entwicklung, die wir als Faktum, so scheint mir, in unsere politischen Überlegungen und Entscheidungen mit einbeziehen müssen.
    Insbesondere mahnt uns die Entwicklung der Geldmenge als Summe aus Bargeldumlauf und Sichteinlagen unter stabilitätspolitischen Gesichtspunkten wieder zu erhöhter Aufmerksamkeit. Während ihre Zuwachsrate, saisonbereinigt und auf Jahresrate umgerechnet, vor der Freigabe des D-Mark-Wechselkurses im Dreimonatsabschnitt — März bis Mai 1971 —21,4% betrug, sank sie in der Folgezeit, insbesondere durch Maßnahmen dieser Bundesregierung und dieses Parlaments, bis einschließlich September des vergangenen Jahres auf 4,7 % ab. Im letzten Quartal 1971 dagegen betrug die Zuwachsrate, umgerechnet auf die Jahresrate, schon wieder 12 %. Schon diese wenigen Zahlen in ihrem zeitlichen Bezug zueinander zeigen, wie sehr das monetäre Problem in unserer Wirtschaft durch unsere außenwirtschaftliche Verflechtung bestimmt wird. Die Abhängigkeit vom Ausland ist durch die Integration in der EWG, die weitergelaufen ist, und den Ausbau unserer Handelsbeziehungen mit anderen Ländern in den letzten Jahren so stark geworden, daß wir uns dem intern ationalen Preiszusammenhang nur sehr schwer entziehen können. Das zeigt auch ein Blick auf die durchschnittliche Steigerungsraten der Lebenshaltungskosten des letzten Jahres bei uns und unseren
    wichtigen Handelspartnern. Einige Zahlen in diesem Zusammenhang sind in der Debatte heute bereits genannt worden. Ich möchte nur feststellen, daß wir mit 5,2 % bedauerlicherweise im vorderen Mittelfeld der Stabilitätsskala liegen. Das kann man auch als einen Erfolg bezeichnen; es kommt dabei auf den Standpunkt an.
    Die in den letzten Wochen aufgetretenen Probleme werden sich abschließend erst dann lösen lassen, wenn — auch das spreche ich hier ungeschützt aus — die USA eine stärker zahlungsbilanzorientierte Geldpolitik betreiben, wenn ihr Zahlungsbilanzdefizit abgebaut wird und der Dollar zur Konvertibilität zurückkehren kann. Aber auch hier möchte ich sagen, daß das in naher Zukunft leider nicht zu erwarten ist. Auch das ist eine der nüchternen Realitäten. Aus diesem Grunde gilt es zu prüfen, wie wir uns von dem Dollarproblem unabhängiger machen können. Hier sind wir Freie Demokraten der Meinung, daß der in Brüssel eingeschlagene Weg der Verwirklichung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion der einzig denkbare ist und die einzige Alternative darstellt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, die Brüsseler Beschlüsse sind nach Meinung der Freien Demokraten insbesondere deshalb positiv zu bewerten, weil die geplante Integration nicht nur auf einem Bein steht, also nicht nur die Schaffung einer Währungsunion vorsieht, sondern weil auch der Grundsatz der Parallelität zwischen Wirtschafts- und Währungspolitik fest verankert worden ist. Schon mit Rücksicht auf
    die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des gemeinsamen Agrarmarktes haben wir Freien Demokraten immer wieder darauf hingewirkt, daß die Harmonisierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik in der EWG zur Voraussetzung einer Integration gemacht wird. Diese Notwendigkeit ist jetzt von allen Partnern voll anerkannt worden. Sie kommt in den Maßnahmen der Brüsseler Beschlüsse zum Ausdruck, die eine Verstärkung der Koordinierung der kurzfristigen Wirtschaftspolitik vorsehen. Wir begrüßen das.
    Es handelt sich dabei einmal um die Einsicht, daß wegen der Harmonisierung alle Partner ihr wirtschafts- und finanzpolitisches Instrumentarium vervollständigen und vereinheitlichen müssen. Die Kommission wird deshalb dem Rat sobald wie möglich den Vorschlag einer Richtlinie zur Förderung von Stabilität, Wachstum und Vollbeschäftigung in der Gemeinschaft unterbreiten. Ferner ist mit der Koordinierungsgruppe ein Organ geschaffen worden. das auf Grund seiner Zusammensetzung in der vorgesehenen Arbeitsweise die Möglichkeit hat, eine wirkliche Harmonisierung der gesamten Wirtschafts-und Finanzpolitik in der EWG herbeizuführen. Damit, meine Damen und Herren, kommen wir auch auf dem Sektor der Stabilitätspolitik einen ganz, ganz großen Schritt weiter.
    Auf dieser Grundlage war es unserer Ansicht nach in Brüssel möglich und angesichts der aktuellen Lage zweckmäßig, bei den währungspolitischen Vereinbarungen eben diesen Schritt nach vorn zu machen. Es wird jetzt die Aufgabe der Zentralbanken der erweiterten Europäischen Gemeinschaft sein, mit einem untereinander abgestimmten Verhalten auf der Basis des detailliert festgelegten Regelsystems Zug um Zug die währungspolitische Gleichschaltung gegenüber dem Dollar zu vollziehen. Dabei begeben wir uns — das sei nicht verschwiegen, meine Damen und Herren, das wissen Sie so gut wie ich — auf absolutes Neuland. In Brüssel ist deshalb richtigerweise von den Verhandlungspartnern be- schlossen worden, sich nicht auf einen festen Zeitplan für eine weitere Verringerung der Bandbreiten festzulegen; denn das Spiel mit acht Bällen, wie es Präsident Klasen genannt hat, erfordert auch bei guten Jongleuren einige Zeit der Übung.
    Wir Freien Demokraten sind der Ansicht, daß es mit dem Instrumentarium, das jetzt in Brüssel geschaffen worden ist, sowie mit dem Maßnahmekatalog, der bei uns zur Verfügung steht, möglich sein sollte, schrittweise mit marktkonformen Mitteln die internationalen Finanzströme zu regulieren. Auf Grund unseres wirtschaftlichen Gewichts in der EWG besteht ferner die Chance, die Gemeinschaft auf den Weg zu einem stabilitätsbewußten Wachstum zu führen, ein Ziel, dessen Durchsetzung bisher in der ganzen Welt mehr oder weniger als eine Illusion angesehen wurde. Der Schritt zur europäischen Wirtschafts- und Währungsunion allein wird uns allerdings noch nicht von der Notwendigkeit vermehrter interner Bemühungen um die Lösung des Stabilitätsproblems befreien; denn keine außenwirtschaftliche Absicherung — gleich, welcher Art allein kann eine innere Preisniveaustabilisierung garantieren.



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    Darüber hinaus muß, bezogen auf unsere gegenwärtige Lage, das berücksichtigt werden, was die Bundesbank im Dezember letzten Jahres, also vor der erneuten Spekulation gegen den Dollar, feststellt:
    Es wird — noch einer längeren Periode verminderten Geldvolumens bedürfen, um das in der Bundesrepublik zweifellos noch vorhandene monetäre Inflationspotential wirklich abzubauen.
    Wenn wir also Preisstabilität wollen, müssen wir auf eine straffere Geldpolitik ein stärkeres Gewicht legen. Hierbei sollte meines Erachtens eingehend geprüft werden, ob es nicht zweckmäßig ist, die Entwicklung der Geldmenge als monetären Indikator stärker in das Kalkül der Konjunkturpolitik einzubeziehen.
    Darüber hinaus sollten wir zu einer Verstetigung bei der Zuwachsrate der Geldmenge kommen und diese den realen Expansionsmöglichkeiten in etwa anpassen. Denn es muß, meine Damen und Herren, einmal ganz eindeutig festgestellt werden, daß ohne eine außergewöhnlich starke Ausdehnung der Geldmenge eine Verschlechterung des Geldwertes nicht denkbar ist und daß alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die die Wachstumsrate der Geldmenge nicht verringern, letztlich keinen durchschlagenden stabilitätspolitischen Effekt haben können.
    In diesem Zusammenhang darf ich kurz auf das Instrument des Konjunkturzuschlags eingehen, an dessen Wirksamkeit im Zusammenhang mit der Erörterung des Rückzahlungstermins vor einiger Zeit Zweifel aufgekommen sind. Es ist unbestritten, daß in dem Maße, in dem Mittel bei der Bundesbank stillgelegt worden sind, der Konjunkturzuschlag in den Jahren 1970/71 direkt restriktiv gewirkt hat.

    (Abg. Ott: Deshalb sind die Preise gestiegen!)

    Was die Rückzahlung betrifft, so ist zweifelsohne der ins Auge gefaßte und heute mitgeteilte Termin der denkbar günstigste, den es für diese Rückzahlung überhaupt geben kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Eine stärkere Berücksichtigung der Geldpolitik um zu dieser Frage noch einmal kurz zurückzukehren — heißt nun aber nicht, daß eine regelmechanistische Wirtschaftspolitik verfolgt werden sollte. Die Gründe, die hiergegen sprechen, sind ausführlich und einleuchtend in dem jüngst veröffentlichten Gutachten des wirtschaftswissenschaftlichen Beirats beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen niedergelegt worden. Notwendig ist es jedoch, die Geldmenge als Orientierungsmaßstab und als Entscheidungshilfe für den Einsatz der korrigierenden Maßnahmen verstärkt heranzuziehen. Diese Tendenz ist auch bei der Bundesbank ganz deutlich verstärkt worden.
    Aber nicht nur in der Ausrichtung, sondern ouch um Mitteleinsatz, sollte meines Erachtens bei der Geldpolitik eine Überprüfung in Richtung auf eine Aktivierung vorgenommen werden, und zwar im Bereich der Offenmarktpolitik durch eine Intensivierung der Geschäfte mit Nichtbanken und auf dem Kapitalmarkt sowie im Bereich der Staatsverschuldung durch Berücksichtigung der monetären Effekte, d. h. der Wirkungen, die sich aus einer Veränderung von Höhe und Struktur der Schuld auf Geldmenge und Zins ergeben. Als Konsequenz der hier skizzierten Richtung würde sich ein Effekt ergeben, den ein liberaler Wirtschaftspolitiker besonders hervorheben muß. Die Globalsteuerung würde zumindest teilweise von der Notwendigkeit der direkten Regulierung der Nachfragekomponenten am Markt befreit werden. Das wäre schon etwas. Statt der konjunkturpolitisch motivierten Schwankungen der Staatsausgaben könnte eine gleichmäßigere Entwicklung angestrebt werden. Eine solche Haushaltspolitik würde aber gleichzeitig für die Unternehmen besser kalkulierbar sein und ihren Freiheitsspielraum ganz beträchtlich erweitern.
    Eine ausgeglichene monetäre Entwicklung ist zwar eine notwendige, aber — das möchte ich hinzufügen — keine hinreichende Bedingung für eine gleichmäßige stabilitätsorientierte Wirtschaftsentwicklung. Sie muß sowohl im Bereich der gesellschaftlichen Gruppen durch Tarifvereinbarungen entsprechend ergänzt werden, die der Gesamtlage angemessen sind, als auch im Bereich der staatlichen Politik durch eine abgestimmte Haushalts-, Finanz- und Strukturpolitik, um die sich diese Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen von Beginn der Arbeit an ernsthaft und nicht ohne Erfolg bemüht haben.
    In unserer Wirtschaft sind in den letzten Jahren beträchtliche Strukturwandlungsprozesse ausgelöst worden. Sie haben ihre wesentliche Ursache in der Kosten-Preis-Entwicklung, die zu einer Veränderung der Wettbewerbssituation und zur Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit bestimmter Sektoren, national und international, geführt hat. Zum Teil sind auch unter diesem, ich möchte sagen, Quasi-Zollschutz unrealistischer Paritäten oder aus anderen Gründen Produktionskapazitäten aufgebaut worden, die bei einer normalen wirtschaftlichen Entwicklung nicht ausgenutzt werden können. Auch das, meine ich, sollten wir sehen.
    Das weitere Ausmaß dieses Prozesses wird davon abhängen, wie sich in Zukunft in den einzelnen Bereichen die Kosten-Ertragslage darstellen wird. Wir Freien Demokraten sind der Ansicht, daß diese Entwicklung unabhängig von der konjunkturellen Situation einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf, weil mit ihr Umschichtungen verbunden sind, die zur Freisetzung von Arbeitskräften in sektoralen und regionalen Bereichen führen können.
    Diese Gefährdung der Arbeitsplätze, die sich heute zum Teil erst abzeichnet, aber durchaus existent ist, kann nicht durch eine globale Vollbeschäftigungspolitik, also durch ein Mittel der Konjunktursteuerung, aus der Welt geschafft werden. Die Sicherung der Arbeitsplätze für die abhängig Beschäftigten ist vielmehr nur durch die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gewährleistet. Dies setzt aber eine konsequente und wirksame Strukturpolitik voraus, die in den betroffenen Wirtschaftszweigen zur Konsolidierung führen muß.



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    In einigen Branchen werden wir dabei nicht umhin können temporäre Anpassungshilfen zu gewähren. Diese sollten in der Regel aber nur in solchen Zweigen gezahlt werden, die, langfristig gesehen, ausreichende Wachstumsmöglichkeiten haben oder von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung sind. Solche vorübergehenden Hilfen sind nämlich nur sinnvoll, wenn zu erwarten ist, daß in wenigen Jahren die Phase der Marktkonsolidierung erreicht wird.
    Nach Ansicht meiner Fraktion muß eine wirksame Strukturpolitik neben den wichtigsten Aspekten, wie Raumordnung, Umweltschutz, Bildung und Ausbildung, Verkehrs- und Gesundheitswesen, vor allem die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Unternehmen berücksichtigen. Dabei kommt der Erhaltung der Investitionsfähigkeit eine ganz zentrale Bedeutung zu. Sie macht in unserem wirtschaftlichen System eine ausreichende Gewinnentwicklung erforderlich. Ohne die Bereitschaft ,der Unternehmen, zu investieren, würde der notwendige technische, betriebliche und organisatorische Fortschritt behindert, wenn nicht blockiert werden. Das heißt, die staatliche Wirtschaftspolitik muß sich bewußt an den fortschrittlichen Unternehmer wenden, der den technischen, ökonomischen und sozialen Erfordernissen unserer Zeit aufgeschlossen gegenübersteht und diese Entwicklung auch von sich aus vorantreibt.
    In einer dynamischen, auf Wettbewerb und auf optimale Ausnutzung der vorhandenen Mittel eingestellten Welt können wir uns die Konservierung überholter Produktionsmethoden einfach nicht mehr leisten. Strukturschwächen und Strukturkrisen sind bei der Ablaufdynamik der gegenwärtigen Strukturwandlungen unvermeidbar. Das wissen wir. Gefährlich und kostspielig aber wäre der Versuch, diesen Strukturwandel abbremsen zu wollen und der Gesamtentwicklung in der Wirtschaft und der Technik insbesondere retardierend in die Speichen zu greifen. Die Aufgabe staatlicher Wirtschaftspolitik ist es vielmehr, wie es meine Fraktion immer wieder gefordert hat, von einer Politik der Angebotsstärkung auszugehen, wenn wir erreichen wollen, daß die Wirtschaft langfristig all diejenigen Leistungen erbringt, die notwendig sind, die wachsenden Anforderungen des Staates und der Gesellschaft zu decken. Insbesondere muß die staatliche Förderung verstärkt Pilotprojekten dienen, d. h. Modellen, die der Erschließung neuer Wege dienen, zu einer besseren Ausnutzung der vorhandenen Reserven führen und deshalb für nachahmungswürdig gehalten werden.
    In diesem Zusammenhang richten wir erhöhtes Augenmerk auf die Förderung der kleinen und mittleren Betriebe der gewerblichen Wirtschaft. Dabei genügt es nach Auffassung der Freien Demokraten aber nicht, eine mehr oder weniger behelfsmäßige Schutzpolitik zu betreiben. Das Problem für die kleinen und mittleren Selbständigen ist die Bewältigung der Flut von Veränderungen, die ständig über uns hereinbricht. Das Motto muß also statt „Schutzpolitik" heißen „Befähigungspolitik" mit allen Konsequenzen, die sich aus diesem Begriff ergeben. In der Zielsetzung richtige Ansätze sind hierzu im Aktionsprogramm zur Leistungssteigerung kleinerer und
    mittlerer Unternehmen enthalten, das diese Bundesregierung verabschiedet hat. Sie müssen weiter ausgebaut werden.
    In dieser Hinsicht begrüßen wir Freien Demokraten, daß im Jahreswirtschaftsbericht in Ziffer 71 die Fortentwicklung der Grundsätze für kleine und mittlere Unternehmen sowie des Aktionsprogramms als wichtige Aufgabe der Bundesregierung in diesem Jahr bezeichnet wird. Im Bereich der Mittelstandspolitik ist darüber hinaus auf die Förderung von Kooperationen verstärktes Gewicht zu legen. Die im Wirtschaftssauschuß zur Beratung anstehende, von dieser Bundesregierung eingebrachte und begründete Kartellrechtsnovelle wird die gesetzlichen Möglichkeiten hierfür verbessern und zum Teil neu schaffen. Wir dürfen uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß im mittelständischen Bereich der Wirtschaft noch erhebliche psychologische Widerstände gegen Kooperationen zu überwinden sind, einesteils aus Unkenntnis hinsichtlich der Möglichkeiten, die Kooperationen bieten, andernteils aber auch deshalb, weil an dieses moderne wirtschaftspolitische Instrument Befürchtungen in bezug auf eine Einengung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit geknüpft werden, Befürchtungen, die in aller Regel jedoch unbegründet sind.
    Meine Damen und Herren, im ersten Teil meiner Ausführungen — insoweit schließt sich hier der Kreis — habe ich schon auf die Folgen der engen Außenhandelsverflechtungen unserer Wirtschaft hingewiesen. Einer zu einseitigen Exportorientierung und damit der mit dieser Kopflastigkeit verbundenen Krisenanfälligkeit bestimmter Teile der deutschen Wirtschaft muß auch von der strukturellen Seite der außenwirtschaftlichen Verflechtung entgegengewirkt werden. Als Mittel dazu bieten sich an: die Verstärkung des privaten Kapitalexports für Anlageinvestitionen im Ausland, die Unterstützung des Aus- und Aufbaus von Produktionsprozessen im Ausland, die in einem komplementären Verhältnis zum Industriepotential der Bundesrepublik stehen, die weitere Verstärkung der Außenhandelsbeziehungen, vor allem im Bereich der hochwertigen Wirtschaftsgüter. Diese Maßnahmen, in die auch kleine und mittlere Unternehmen verstärkt eingeschaltet werden sollten, verfolgen das Ziel, die Export-Import-Struktur gleichmäßiger zu gestalten.
    In weiten Teilen meiner Ausführungen habe ich mich mit dem Problem der Preisstabilität befaßt. Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend feststellen: Nur eine Politik äußerster Konsequenz vermag dieses Ziel zu sichern. Aber der damit verbundene Erfolg würde, so meine ich, alle Anstrengungen mehr als rechtfertigen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)