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    Deutscher Bundestag 172. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 9833 A Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation 1972 (Drucksache VI/3080) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. August 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache VI/3156) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen (Drucksache VI/3157) — Erste Beratung —, mit Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Deutschland- und Außenpolitik (Drucksachen VI/2700, VI/2828) und mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen (Drucksache VI/ 1523) — Fortsetzung der Aussprache — Franke, Bundesminister 9833 D Dr. von Weizsäcker (CDU/CSU) . 9837 C Mattick (SPD) 9843 A Amrehn (CDU/CSU) 9849 B Dr. Achenbach (FDP) . . . . . . 9853 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 9859 B Heyen (SPD) . . . . . . . . . 9869 D Dr. Ehmke, Bundesminister . . . . 9885 C Windelen (CDU/CSU) . . . . . . 9897 A Genscher, Bundesminister . . . . 9905 D Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 9909 C Schmidt, Bundesminister . 9916 A, 9934 C Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär 9929 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . 9933 C Dr. Wörner (CDU/CSU) . . . . 9935 A Fragestunde (Drucksache VI/3165) Frage des Abg. Cramer (SPD) : Anspruch mongoloider Kinder auf Ausstellung von Schwerbeschädigtenausweisen Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 9872 B, C, D Cramer (SPD) . . . . . . . 9872 C, D Fragen des Abg. Vogt (CDU/CSU) : Vorlage des Vermögensbildungsberichts und des Sparförderungsberichts Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . 9872 D, 9873 A, B , C, D Vogt (CDU/CSU) . . . . . . 9873 B, C II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Fragen des Abg. Varelmann (CDU CSU) : Einschränkung der von den Landesversicherungsanstalten gewährten Leistungen für Zahnersatz Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9873 D, 9874 A, C, D, 9875A Varelmann (CDU/CSU) . . . 9874 B, C, D, 9875 A Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) : Anzeigenaktion der Bundesregierung über die Erweiterung der EWG Ahlers, Staatssekretär 9875 B, C, D, 9876 A, B Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 9875 C, D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident . . . . . . . . 9875 D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 9876 A Damm (CDU/CSU) 9876 B Fragen des Abg. Engholm (SPD) : Vorschriften über die Haarlänge der Beamten des Bundesgrenzschutzes — Zurverfügungstellung von Haarnetzen und Vorgehen gegen Beamte mit langen Haaren Genscher, Bundesminister 9876 C, D, 9877 A Engholm (SPD) 9876 D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 9877 A Fragen der Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) und Niegel (CDU/CDU) : Errichtung von Betreuungsstellen und Regionalsektionen der Kommunistischen Partei Italiens in der Bundesrepublik Genscher, Bundesminister . . . 9877 B, C, 9878 D, 9879 A, B, C , D, 9880 A, B , C, D, 9881 A Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 9878 D, 9879 A Niegel (CDU/CSU) 9879 B, C Brück (Köln) (CDU/CSU) . . . 9879 D Matthöfer (SPD) . . . . . . . 9879 D von Thadden (CDU/CSU) . . . 9880 A Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . 9880 B Dr. Miltner (CDU/CSU) . . . . 9880 C Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 9880 D Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . 9880 D Frage des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) : Angabe von Orden und Ehrenzeichen in Personalbogen des öffentlichen Dienstes Genscher, Bundesminister . . . 9881 B, C Büchner (Speyer) (SPD) . . . . 9881 B, C Frage des Abg. Offergeld (SPD) : Erkenntnisse über die Wirkungen von Naßkühltürmen auf Klima und Luft — Kühlsysteme der Kernkraftwerke Kaiseraugst und Leibstadt Genscher, Bundesminister . . . . 9881 D, 9882 A, B Offergeld (SPD) . . . . . . . . 9882 A Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 9882 B Frage des Abg. Schlee (CDU/CSU) : Verletzung der Gebietshoheit und des Asylrechts der Bundesrepublik am 2. Februar 1972 an der deutsch-tschechoslowakischen Grenze Genscher, Bundesminister . . . 9882 C, D, 9883 A Schlee (CDU/CSU) 9882 D Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 9883 A Fragen des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) : Zielsetzung des Umweltforums und in ihm vertretene Organisationen — Stand der Vorbereitungen Genscher, Bundesminister . , 9883 B, C, D, 9884 A Müller (Mülheim) (SPD) . . . 9883 B, C, D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 9883 D Fragen des Abg. Dr. Häfele (CDU/CSU) : Einführung von Bewirtschaftungszuschüssen in landwirtschaftlichen Problemgebieten Ertl, Bundesminister . . . . 9884 B, C, D Dr. Häfele (CDU/CSU) . . . . 9884 C, D Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Erklärung des Bundesministers Ertl in der Agrardebatte der Beratenden Versammlung des Europarates über Inflationsraten Ertl, Bundesminister . . . . 9885 A, B, C Höcherl (CDU/CSU) . . . . . 9885 B, C Nächste Sitzung 9935 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 III Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 9937 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Brauksiepe (CDU/ CSU) betr. Förderung der Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerks . . . . 9937 B Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. politische Extremisten im öffentlichen Dienst . . . . . . . 9937 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr Zahl der unbearbeiteten Anträge bei den Ausgleichsämtern 9937 D Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. einheitliches Urheberrecht für EDV-Programme 9938 A Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Zander (SPD) betr. Ermittlungsverfahren gegen Monika Berberich als Gegenstand der Tätigkeit der Organisation Amnesty International . . 9938 B Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. wiederholte Vernehmung von Kindern und Heranwachsenden in Strafverfahren wegen an ihnen begangener Sittlichkeitsdelikte . . . . 9938 C Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Kater (SPD) betr. Auswirkungen der Explosionen in den Anlagen der Niederländischen Gas-Union auf die Belieferung der Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik . . . . 9939 B Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Nachentrichtung von Beiträgen und Novellierung der Altershilfe für Landwirte 9939 D Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) betr. Interview des Bundesministers Ehmke bezüglich der Konzentrationsbewegung in der Presse . . . 9940 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9833 17 2. Sitzung Bonn, den 24. Februar 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9937 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Bals *** 25. 2. Bredl 4. 3. Dasch 3.3. Dr. Dittrich 25. 2. Draeger *** 25. 2. Freiherr von und zu Guttenberg 4. 3. Frau Dr. Henze 18. 3. Kahn-Ackermann *** 26. 2. Lautenschlager * 24. 2. Lenze (Attendorn) *** 25. 2. Lücker (München) * 24. 2. Mertes 25. 2. Pöhler *** 25. 2. Richarts 25. 2. Rinderspacher *** 25. 2. Schulte (Schwäbisch-Gmünd) 25. 2. Dr. Seume 25. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 22. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Brauksiepe (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Fragen A 4 und 5) : Hält die Bundesregierung - in Anbetracht der Tatsache, daß in deutschen Jugendherbergen im Jahre 1971 eine Gesamtzahl von fast 9 Millionen Übernachtungen erreicht wurde, darunter etwa eine Million Übernachtungen junger Ausländer - die Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerks für eine vorrangig zu fördernde Aufgabe der Jugendarbeit, insbesondere im Hinblick auf die vielfältige und nachhaltige Gelegenheit internationaler Begegnungen? Ist sie bereit und sieht sie eine Möglichkeit, den Bundesjugendplan dahin gehend zu überprüfen und die Arbeit des Jugendherbergwerks wirksamer als bisher finanziell zu unterstützen? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerkes eine besonders förderungswürdige Aufgabe der Jugendarbeit darstellt. Dies wird durch die Tatsache belegt, daß die Förderung sowohl des Baues von Jugendherbergen als auch der Jugendarbeit in den Jugendherbergen in den vergangenen Jahren beträchtlich verstärkt worden ist. Die Bundesregierung ist bereit, das Deutsche Jugendherbergwerk bei dem Ausbau des Jugendherbergnetzes weiterhin nachhaltig zu unterstützen. Dafür wurden bisher alljährlich 2,8 Mio DM zur Verfügung gestellt, wozu Ländermittel in zumindest gleicher Höhe kamen. Bereits im vergangenen Haushaltsjahr konnten im Rahmen des Zonenrandförderungsgesetzes dem Deutschen Jugendherbergwerk Anlagen zum Stenographischen Bericht zusätzliche Mittel in erheblichem Ausmaß (ca. 2,5 Mio DM) zur Verfügung gestellt werden. Diese zusätzliche Förderung wird 1972 fortgesetzt und findet auch in der Finanzplanung Berücksichtigung. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 43) : In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung der durch Bundesinnenminister Genscher wiederholt erteilten Absage an politische Extremisten im öffentlichen Dienst Rechnung zu tragen? Der Bundeskanzler und die Regierungschefs der Länder haben bei ihrer Konferenz in Bonn am 28. Januar 1972 eine gemeinsame Erklärung darüber abgegeben, welche Maßnahmen nach dem geltenden Recht zu treffen sind. Nach den dort formulierten Grundsätzen werden die Bundesbehörden verfahren. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesminister Genscher vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 49) : Hat die Bundesregierung einen Überblick über die Zahl der unbearbeiteten Anträge bei den Ausgleichsämtern, insbesondere auch über Altersstruktur der wartenden Antragsteller? Von den 7 103 372 Anträgen auf Feststellung von Vertreibungsschäden, Kriegsschäden und Ostschäden nach dem Feststellungsgesetz waren Ende 1971 308 234 Anträge (= 4,31 v. H.) noch nicht abschließend bearbeitet. Im Zuerkennungsverfahren waren 69 174 Fälle (= 1,3 v. H.) noch nicht abgeschlossen. Von den 4 255 301 zuerkannten Ansprüchen auf Hauptentschädigung waren 161 587 (= 3,9 v. H.) noch nicht erfüllt. In 597 961 Fällen konnten die zuerkannten Hauptentschädigungsansprüche nicht oder nur teilweise erfüllt werden, weil die Erfüllung wegen noch laufender Kriegsschadenrente oder aus sonstigen gesetzlichen Gründen gesperrt ist. Ein höherer Bearbeitungsrückstand ergibt sich bei den Anträgen auf Feststellung von Vermögensschäden in Mitteldeutschland und im Gebiet von Berlin (Ost) nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz (BFG) vom 22. Mai 1965. Hier sind bis zum 31. Dezember 1971 insgesamt 384 079 Feststellungsanträge eingereicht worden, von denen bis dahin 264 434 Anträge (= 69,1 v. H.) noch in Bearbeitung waren. 9938 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Von den 81 637 im Feststellungsverfahren positiv erledigten Anträgen sind 25 777 Fälle (= 31 v. H.) im Zuerkennungsverfahren noch unerledigt. Von den zuerkannten Ansprüchen auf Hauptentschädigung waren 35 156 voll erfüllt. 20 481 Ansprüche konnten nicht oder nur teilweise erfüllt werden, weil wegen der Gewährung laufender Beihilfe oder aus sonstigen gesetzlichen Gründen eine Auszahlung nicht möglich war. Einen Überblick über die Altersstruktur der wartenden Antragsteller hat die Bundesregierung nicht. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 50) : Wie beurteilt die Bundesregierung ein einheitliches Urheberrecht für EDV-Programme, und was hat sie in dieser Hinsicht bisher unternommen? Die Frage des Schutzes der EDV-Programme wird zur Zeit von der Weltorganisation für geistiges Eigentum im Auftrage der Vereinten Nationen untersucht. Dabei wird insbesondere auch geprüft, ob für EDV-Programme ein Schutz durch das Urheberrecht, durch Patente oder Gebrauchsmuster oder aufgrund der Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb ausreichend und angemessen ist oder ob es zweckmäßig erscheint, ein neues Schutzrecht für EDV-Programme zu schaffen. Die Bundesregierung hält es für angebracht, zunächst das Ergebnis dieser Untersuchung abzuwarten, da angesichts der internationalen Bedeutung des Problems des Schutzes der EDV-Programme eine Rechtsangleichung sehr erwünscht ist. Sofortige Maßnahmen auf nationaler Ebene sind nach Auffassung der Bundesregierung nicht erforderlich. EDV-Programme genießen, soweit sie persönliche geistige Schöpfungen sind, den Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Im übrigen greift ergänzend der Schutz des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ein, wenn EDV-Programme von Dritten in unlauterer Weise ausgenutzt werden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Zander (SPD) (Drucksache VI/3165 Frage A 53) : Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus der Tatsache zu ziehen, daß die zur Hilfe für politische Häftlinge gegründete Organisation Amnesty International den Fall Monika Berberich aufgreifen will? Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, aufgrund der Tatsache, daß Amnesty International das Ermittlungsverfahren gegen Monika Berberich zum Gegenstand seiner Tätigkeit gemacht hat, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist schon deswegen nicht erforderlich, weil die Bundesanwaltschaft am 18. Februar 1972 den Generalsekretär von Amnesty International auf dessen Wunsch ausführlich über den bisherigen Verlauf des Verfahrens informiert und dabei insbesondere auch die Gründe für die Dauer der Untersuchungshaft erörtert hat. Der Generalsekretär von Amnesty-International hat aufgrund dieser Informationen am gleichen Tage in Karlsruhe auf einer Pressekonferenz im Namen seiner Organisation erklärt, daß Beanstandungen gegen die bisherige Behandlung des Verfahrens nicht zu erheben seien. Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft das Verfahren an die Strafverfolgungsbehörden Berlin abgegeben. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache V1/3165 Frage A 55) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß Kinder und Heranwachsende schweren psychischen Belastungen ausgesetzt sind, wenn sie in dem Strafverfahren wegen eines an ihnen begangenen Sittlichkeitsdeliktes mehrmals als Zeugen vernommen werden, und ist sie bereit, durch eine Gesetzesinitiative sicherzustellen, daß von weiteren Zeugeneinvernahmen bei späteren Beweisaufnahmen dann abzusehen ist, wenn bereits eine gerichtlich protokollierte Aussage vorliegt? Ich darf mir vorweg den Hinweis erlauben, daß das von Ihnen angeschnittene Problem bereits Gegenstand von Erörterungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform ist. Anläßlich der Beratungen über das 4. Strafrechtsreformgesetz hat der Sonderausschuß hierzu eine an den Bundesminister der Justiz gerichtete Entschließung gefaßt und den Bundesminister der Justiz gebeten, zu dem in der Entschließung enthaltenen Fragenkatalog Stellung zu nehmen. Mein Haus hat über die Landesjustizverwaltungen die gerichtliche und staatsanwaltliche Praxis zu diesen Fragen gehört und entsprechende gesetzliche Regelungen ausländischer Staaten überprüft. Das Ergebnis der Auswertung des umfangreichen Materials wird in diesen Tagen dem Sonderausschuß zugeleitet werden. Aufgrund des meinem Hause vorliegenden Materials wird davon auszugehen sein, daß unter Psychologen und bei der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis weitgehend Übereinstimmung darüber besteht, daß Kinder und Heranwachsende psychischen Belastungen ausgesetzt sein können, wenn sie in dem nachfolgenden Strafverfahren wegen eines an ihnen begangenen Sittlichkeitsdelikts als Zeugen vernommen werden. Dabei birgt insbesondere die wiederholte Vernehmung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen die Gefahr eines schädigenden Einflusses in sich. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9939 Um diese Gefahr auszuschließen, wäre an sich eine Regelung erstrebenswert, die im Prinzip nur eine richterliche Vernehmung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen zuläßt und als Regelfall die Verlesung dieser Vernehmungsniederschrift in der Hauptverhandlung vorsieht. Eine entsprechende Regelung erscheint allerdings nicht unproblematisch. Sie wird von der gerichtlichen Praxis einhellig abgelehnt. Eine entsprechende gesetzliche Bestimmung würde einen tiefgreifenden Eingriff in die Struktur des Strafprozesses bedeuten, da damit der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme durchbrochen würde. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zählt aber zu den wichtigsten Prinzipien unseres Strafverfahrensrechts. Er gewährleistet, daß das erkennende Gericht von den zur Rekonstruierung des Sachverhalts benutzten Beweismitteln in unmittelbar eigener sinnlicher Wahrnehmung Kenntnis erlangt. Dies ist gerade von besonderer Bedeutung in Strafverfahren wegen Sittlichkeitsdelikten, in denen kindliche oder jugendliche Opfer oft als einzige Zeugen, zumindest aber als Hauptbelastungszeugen auftreten. Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß dem berechtigten Wunsch nach besonderem Schutz kindlicher und jugendlicher Zeugen vor schädlichen Nebenwirkungen des Strafverfahrens die rechtsstaatliche gegründete Forderung nach unbeschränkter Verteidigung des Angeklagten gegenübersteht. Diese Antinomie dürfte nicht ohne eine schwer zu vertretende Beschränkung des Rechts der Verteidigung aufgelöst werden können. Die Bundesregierung wird jedoch im Rahmen der bereits in Angriff genommenen Reform des Strafverfahrensrechts mit Vorrang auf eine gesetzliche Regelung hinwirken, die der besonderen psychischen Situation des kindlichen und jugendlichen Opfers von Sittlichkeitsdelikten im anschließenden Strafverfahren gerecht wird. Welcher gesetzgeberischen Lösung angesichts der hier nur kurz aufgezeigten Schwierigkeiten der Vorzug zu geben ist, bedarf noch weiterer eingehender Überlegungen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Rohwedder vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache VI/3165 Fragen A 58 und 59) : Welche Auswirkungen hatten nach Auffassung der Bundesregierung die Folgen der Sprengstoffexplosionen in den Kompressoranlagen der Niederländischen Gasunion in Ravenstein und Ommen auf die Belieferung der Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland? Was hat die Bundesregierung getan bzw. was gedenkt sie zu veranlassen, um Vorsorge für den Fall des Entstehens von in den Niederlanden verursachten Versorgungsschwierigkeiten für die Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland zu treffen? Die Sprengstoffexplosionen in den Kompressoranlagen der Niederländischen Gas-Union hatten auf die Belieferung der Letztabnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik keine nennenswerten Auswirkungen. Lediglich solche Abnehmer haben Liefereinschränkungen hinnehmen müssen, bei denen Lieferunterbrechungen vertraglich zulässig sind. Die Bundesregierung betrachtet gerade die niederländischen Erdgasvorkommen als eine sehr sichere Energiequelle für den deutschen Energiemarkt. Sie wird in dieser Auffassung dadurch noch bestärkt, daß die niederländische Regierung unverzüglich Sicherheitsmaßnahmen beschlossen hat, um auch außergewöhnliche Vorkommnisse wie Sprengstoffanschläge für die Zukunft zu verhindern. Wirksamster Schutz auch gegen solche Versorgungsstörungen ist im übrigen nach Auffassung der Bundesregierung eine Politik der Diversifikation der Bezugsquellen sowie der weitere Ausbau des Erdgas-Verbundsystems, das wechselseitige Aushilfen der Verbundpartner, auch über die Staatsgrenzen hinweg, ermöglicht. Die Versorgungssicherheit der Verbundpartner wird um so größer, je mehr Erdgasquellen und Erdgasspeicher in dieses System eingebunden werden. Die Bundesregierung ermutigt alle Bemühungen, die auf die Erschließung neuer Lieferquellen, auf die Anlage von Erdgasspeichern und auf den Ausbau eines umfassenden europäischen Erdgas-Verbundsystems gerichtet sind. Dies ist ein Weg, auf dem die deutsche Gaswirtschaft schon ein gutes Stück vorangekommen ist. Für den Fall gleichwohl eintretender Versorgungsstörungen liegen schließlich bei den einzelnen Ferngasgesellschaften bis ins einzelne ausgearbeitete Abschaltpläne vor, um nach Maßgabe der geringsten Beeinträchtigung die Auswirkungen einer solchen Störung in möglichst engen Grenzen zu halten. Dabei wird der Versorgung der Kommunen und damit der privaten Haushalte sowie der Belieferung der Abnehmer, die nicht auf andere Energiearten ausweichen können, Vorrang eingeräumt. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Fragen A 89 und 90) : Wird die Bundesregierung Landwirten, die sich bei der Einführung der Altershilfe für die Landwirtschaft von den Beitragszahlungen befreien ließen, eine Nachversicherungsmoglichkeit einräumen? Wie groß ist der oben angesprochene Personenkreis? Bei der vorgesehenen Novellierung der Altershilfe für Landwirte wird die Bundesregierung auch die Möglichkeiten für einen Verzicht auf die Befreiung von der Beitragspflicht und die damit verbundene Frage der Nachentrichtung von Beiträgen prüfen. Dabei ist jedoch eine differenzierte Betrachtung erforderlich, da es sich um unterschiedliche Befreiungstatbestände mit entsprechend unterschiedlichen Motivationen handelt. Und zwar sind diejenigen Personen, die sich bei Einführung der Altershilfe für Landwirte im Jahre 9940 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 1957 auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages haben befreien lassen, von jenen Personen zu unterscheiden, die wegen einer anderweitigen gesetzlichen Versicherung oder Versorgung befreit worden sind. Im ersten Fall ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen, unter denen der Entschluß zur Befreiung seinerzeit gefaßt worden ist, nicht so verändert sind, daß eine Korrektur der damaligen Entscheidung ermöglicht werden sollte. Im zweiten Fall haben die Versicherungs- und Versorgungsansprüche an der allgemeinen Fortentwicklung teilgenommen, so daß er sich in einem anderen Licht darstellt. Soweit es die Zahlen angeht, möchte ich folgendes anmerken: Nach der Quartalstatistik der landwirtschaftlichen Alterskassen (Stichtag 31. Dezember 1971), die vom Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen herausgegeben wird, beträgt die Zahl der beitragsbefreiten Landwirte insgesamt 60 422. Die Zahl derjenigen, die auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages befreit worden sind, dürfte bei 2 500 liegen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Ehmke vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 117) : Entsprechen die Auffassungen, die Bundesminister Ehmke in einem Interview mit dem Bonner „General-Anzeiger" vom 7. Januar 1972 — auch nachgedruckt im Bulletin vom 8. Januar 1972 — zu den Problemen der Massenmedien darlegte, den in den zuständigen Bundesministerien entwickelten Vorstellungen, und teilt die Bundesregierung insbesondere die Behauptungen des Bundesministers "Hinsichtlich der Pressekonzentration -muß man sich klarmachen, daß ein Teil des Konzentrationsvorgangs allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen notwendig ist und daß die Zusammenlegung oft zu einem besseren Niveau der Zeitungen führt. Man muß auch lokale Zeitungsmonopole durch den Ausbau regionaler Rundfunk- und Fernsehsender auszugleichen suchen. Dennoch ist der Gedanke einer als öffentlich-rechtliche Körperschaft organisierten Zeitung ein interessantes theoretisches Modell, wenn wir nämlich unterstellen, daß es am Ende des Konzentrationsprozesses nur noch eine Zeitung mit einer absoluten Monopolstellung geben könnte. Wir sollten es aber auf keinen Fall zu einer solchen Situation kommen lassen, in der die Frage verneint werden muß, ob Zeitungen überhaupt noch auf privater Basis gemacht werden dürfen."? In dem von Ihnen zitierten Interview habe ich ausgeführt, daß ein Teil der Konzentrationsbewegung in der Presse auf betriebswirtschaftliche Zwänge zurückzuführen ist. Es handelt sich hierbei um eine Feststellung, die schon im Schlußbericht der Pressekommission vom 22. Mai 1968 dargelegt ist. Ein gewisses Maß von Konzentration kann aber durchaus dem Informationsinteresse des Bürgers dienen, soweit nämlich leistungsschwache und überalterte Pressebetriebe durch leistungsstarke und rationell arbeitende Betriebe ersetzt werden, die eine zuverlässigere und vielseitigere Information bieten können. Hiervon ausgehend habe ich weiter die Auffassung vertreten, daß der Pressekonzentration dann entgegengewirkt werden muß, wenn eine ausreichende Meinungsvielfalt in der Presse nicht mehr gewährleistet ist. Diese Auffassung deckt sich nicht nur mit der der Bundesregierung; ich gehe sogar davon aus, daß auch Sie ihr zustimmen. Falls es einmal dazu kommen sollte, daß die Vielfalt der Presse aufgrund der wirtschaftlichen Konzentration Meinungsmonopolen weichen müßte, dann stünde als Ausweg zur Erhaltung der Meinungsvielfalt das Denkmodell einer als öffentlich-rechtlichen Körperschaft organisierten Zeitung zur Debatte. Diese Frage, die mir in jenem Interview gestellt wurde, ist heute nicht akut, und ich hoffe, daß sie nie akut wird.
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    Es gibt dazu nur Vermutungen. Ich würde zwei Vermutungen für zulässig halten.
    Erstens könnte ich mir denken, daß sich die Sowjetunion zu dem Zeitpunkt noch nicht völlige Klarheit über die Details ihrer Interessen bei MBFR verschafft hatte. Das würde dann noch kommen. Es wäre also ein vorübergehender Zustand.
    Zweitens würde mir die Vermutung zulässig erscheinen, daß die Sowjetunion, z. B. mit Rücksicht auf Frankreich, aber auch mit Rücksicht auf eigene Verbündete, Wert darauf legte, nicht den Eindruck von Verhandlungen zuzulassen, die zwischen Pakt und Pakt geführt würden.
    Das sind beides denkbare Erklärungen. Im übrigen kann ich hier nicht Auskünfte für die sowjetische Regierung geben, Herr Kliesing. Im Zusammenhang mit MBFR würde ich ganz gerne die persönliche Bemerkung machen dürfen für diejenigen, die schon 1959 hier in diesem Bundestag saßen, daß ich ganz stolz bin auf die Fortschritte, die wir darin erreicht haben.
    In Verbindung damit muß man auf die Frage eingehen, ob Bemühungen um Rüstungsbegrenzung, ob unsere Vertragspolitik mit dem Osten einseitige, voreilige Truppenabzüge des Westens, vor allem
    der USA, verursacht bzw. ob sie politische Kräfte geweckt hätten, die sich vor allen Dingen im amerikanischen Senat für eine einseitige Verminderung des amerikanischen Engagements hier in Europa stark machen.
    Ich denke, wir alle hier und innerhalb dies Bündnisses stimmen darin überein, daß unsere Entspannungspolitik unsere Sicherheitspolitik ergänzen, nicht aber unseren Verteidigungsbeitrag ersetzen kann oder soll. Nur für den Herrn Ministerpräsidenten Filbinger, dessen Bundesratsrede ich gestern gelesen habe, weise ich darauf hin, daß es lange, bevor deutsch-sowjetische Verhandlungen in Betracht gezogen wurden, lange vorher jenen Trend gegeben hat, der seit der Mitte der fünfziger Jahre mit dem Namen des Senators Mansfield verbunden ist. Wir haben es immer wieder mit entsprechenden Resolutionen im amerikanischen Kongreß zu tun gehabt. Tatsache ist, daß keine amerikanische Regierung darauf eingegangen ist. Herr Filbinger soll sich ein bißchen besser in der Außenpolitik umsehen, ehe er darüber spricht. Die jüngste außenpolitische Botschaft Präsident Nixons an den amerikanischen Kongreß hat dies abermals überzeugend bestätigt. Auch in der gemeinsamen deutsch-amerikanischen Erklärung nach der Begegnung zwischen Präsident Nixon und Bundeskanzler Brandt in diesem Winter in Key Biscayne hieß es wörtlich ich darf zitieren —:
    Der Präsident wiederholte, daß die amerikanischen Verpflichtungen in Europa unverändert weiter gelten und daß insbesondere keine Verminderung der amerikanischen Truppenstärke in Europa erfolgen wird.
    Wenn Präsident Nixon heute erneut zusichern kann, daß die amerikanischen Truppen in Europa nicht einseitig abgebaut werden, sondern nur im Rahmen beiderseitiger Verringerung, dann wird deutlich, daß unsere Bereitschaft zum Realismus, daß die Verträge von Warschau und Moskau und die Bemühung um beiderseitige, ausgewogene Truppenverringerung keineswegs einseitige amerikanische Verringerungen verursachen, wie Ministerpräsident Filbinger vor ein paar Tagen im Bundesrat und andeutungsweise auch Herr Kollege Schröder gestern abend hier gemeint haben. Vielmehr hat diese unsere Politik die Entscheidung bewirkt, daß das schon mehr als 25 Jahre — das ist eine sehr lange Zeit — andauernde amerikanische Engagement erst dann verändert werden soll, wenn Gewißheit der Gegenseitigkeit besteht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Natürlich wären meine Ausführungen über die Entwicklung und Wandlung im Bündnis unvollständig, wenn ich nicht auch auf sehr bedeutende qualitative Veränderungen hier in Westeuropa hinwiese. Ich kann aber auf den Ausbau und die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften nicht eingehen. Klar ist jedoch, daß die politische Konsolidierung Europas sicherheitspolitisch sehr bedeutsam werden kann. Das gilt um so mehr, als die Herausbildung einer westeuropäischen Verteidigungsidentität in der Eurogroup immer sichtbarer wird, in der sich die europäischen NATO-Mitglieder — freilich mit der



    Bundesminister Schmidt
    Ausnahme Frankeichs — einstweilen ein Forum geschaffen haben, in dem sie ihre Verteidigungspolitik im Rahmen des Bündnisses miteinander abstimmen und koordinieren. So kam es zum Verstärkungsprogramm, und so kam es Ende dieses Jahre zu einem Euro-Weißbuch. Hier bleibt auch noch einiges zu tun, gewiß. Aber man kann nicht übersehen, daß es gelungen ist, im Rahmen von Verteidigung und Entspannung in Westeuropa etwas zu entwickeln, was seit dem Scheitern der EVG-Verträge niemand sonst fertiggebracht hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe so ausführlich über die Wandlung im Bündnis sprechen mögen, weil ich jetzt gern auf den entscheidenden sicherheitspolitischen Aspekt der beiden Verträge kommen will. Die Verträge haben dem zentralen Problem der europäischen Sicherheit, nämlich der deutschen Frage, eine neue Qualität gegeben. Sie haben es ermöglicht, eine die Abwesenheit von Drohung und Gewalt garantierende Regelung für den gefährlichsten Krisenherd der letzten 25 Jahre zu finden, für Berlin.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Mein Freund Kurt Mattick hat heute morgen sehr überzeugend dargetan, was das bedeutet. Ich will es hier nur von der sicherheitspolitischen Seite beleuchten. Die Blockade Berlins am Ende der vierziger Jahre, die Berlin-Krise von 1958 bis 1962 mit dem Bau der Mauer, mit der Ratlosigkeit der damaligen Bonner Bundesregierung und ihrem Aufruf, Ruhe sei die richtige Antwort, mit dem Aufmarsch amerikanischer Streitkräfte über den Atlantik herüber nach Deutschland, die zahlreichen Zwischenfälle auf den Zugangswegen zu Lande und in der Luft, die Panzerkonfrontation an der Sektorengrenze im Oktober 1961, alles dies wird nicht wiederkommen,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    alles dies wird nicht wiederkehren.
    Ich will mir nicht die Zeitbestimmung des französischen Botschafters in Bonn zu eigen machen, der gesagt hat: 20 Jahre lang wird davon nichts wiederkehren, vielleicht wird es länger sein. Jedenfalls: in der Zukunft, die wir überblicken können, können wir sicher sein, daß es nicht wiederkehrt, wenn dieses Haus den Vertrag ratifiziert, der der Sache zugrunde liegt.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Unter dem Aspekt der Sicherheit auf dem ganzen Erdball ist die Befriedung des Krisenherds zwischen den beiden Supermächten, die Befriedung Berlins durch das Viermächteabkommen des an erster Stelle zu nennende Ergebnis unserer Ostpolitik.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn Sie, Herr Kollege Schröder, gestern gemeint haben, die CDU hätte dieses Verhandlungsergebnis schon längst haben können,

    (Abg. Wehner: Ja, natürlich!)

    so weiß jede Regierung innerhalb des nordatlantischen Bündnisses, daß dies — um es sehr milde auszudrücken — ein Irrtum ist.

    (Abg. Wienand: Das ist aber wirklich sehr milde! — Weitere Zurufe von der SPD: Sehr richtig! — Sehr gut!)

    Herr Schröder kann nicht im Ernst leugnen wollen, daß er als Außenminister schon sehr stolz gewesen wäre, wenn er Bruchteile des jetzigen Berlin-Abkommens hätte erreichen können.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich erinnere mich sehr genau, was der Kanzler der Großen Koalition endgültig im Tauschwege dafür hinzugeben bereit war, daß ein einziges Mal Passierscheine sollten ausgegeben werden.

    (Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Nicht endgültig! Niemals! Das ist ganz falsch!)

    — Herr Kiesinger, ich bin gewiß niemand, der wissentlich die Unwahrheit sagt.

    (Zuruf von der Mitte: Aber leichtfertig! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Nicht endgültig, einmal! — Einmal!)

    — Wie bitte?

    (Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Einmal!)

    — Nein, nein, verehrter Herr Kollege Kiesinger, Sie haben damals gesagt, die Wahl des Bundespräsidenten könne reihum in sämtlichen deutschen Landeshauptstädten durchgeführt werden, und dann würde sie nach 50 Jahren wieder nach Berlin kommen. Ich kann mich genau erinnern.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der Regierungsparteien. — Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Falsch! Einfach nicht wahr!)

    — Ich kritisiere das ja nicht.

    (Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Aber es ist auch nicht wahr! — Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    — Herr Kiesinger, es ist wahr.

    (Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Nein, es ist nicht wahr!)

    — Doch, es ist wahr! Und das im Tausch für einmal Passierscheine! Ich kritisiere das ja nicht, ich hebe es nur hervor, um Ihnen zu zeigen, wie ungerecht Sie sind, wenn Sie das ganze Paket des jetzigen Berlin-Abkommens heute so kleinschreiben.

    (Starker Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rawe: Das ist einfach die Unwahrheit! — Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Na, das wird sich ja zeigen!)

    — Herr Kiesinger wird sich sicherlich bemühen, zu zeigen, daß ich die Unwahrheit sprach. Ich bin ganz gewiß, daß das — —

    (Abg. Rawe: Das war eindeutig falsch, und das wissen Sie!)

    — Ich war ja dabei, lieber Freund, Sie aber nicht.

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)




    Bundesminister Schmidt
    Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie dem Kreßbronner Kränzchen nicht angehört.

    (Abg. Dr. Barzel: Aber ich kann nicht bestätigen, was Sie hier behaupten! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Ich will heute abend nicht polemisieren. (Erneute Zurufe von der CDU/CSU.) — Ich will nicht polemisieren!
    Ich möchte als zweites Ergebnis feststellen, daß das Bündnis zwischen den Vereinigten Staaten und Westeuropa heute, 1972, fester ist als zuvor und insbesondere sehr viel fester als im Frühjahr und im Sommer und im Herbst 1966, ehe wir anfingen, diese Politik mit zu beeinflussen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Drittens. Es haben sich in Europa stabile Elemente der Integration herausgebildet.
    Viertens. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Handlungspielraum gewonnen, der für unsere eigenen Interessen notwendig ist und dessen Ausnutzung dem ganzen Bündnis nützt. Die Gewinnung dieses Handlungsspielraums war nur möglich, weil die ganze internationale Politik — oder, wie Herr Kiesinger es nannte, der Prozeß der Entspannung zwischen Ost und West in Bewegung geraten war und weil wir den uns angemessenen Platz darin eingenommen haben.
    Fünftens. Das Engagement der Vereinigten Staaten in Europa bedeutet nicht mehr länger nur die Fortdauer und Erfüllung der durch Kriegseintritt und -ausgang übernommenen Pflichten, sondern dieses Engagement wird heute durch das Ziel der Herstellung einer stabilen europäischen Friedensordnung motiviert.
    Sechstens. Das Gleichgewicht der in Europa wirksamen, auf Europa von außen wirkenden Kräfte ist durch die Verträge um das Element des vereinbarten Gewaltverzichts stabiler geworden, wobei für uns gewiß der Gewaltverzicht der Sowjetunion unendlich gewichtiger ist als der Gewaltverzicht, den wir ausgesprochen haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Siebentens. Die deutsche Frage ist in dem Maße einer Lösung nähergekommen, wie durch die geschlossenen und durch die noch zu schließenden Verträge Unsicherheit in Europa vermindert wird.
    Herr Dr. Schröder hat gestern gesagt, eine Nichtratifizierung der Verträge sei keineswegs ein Desaster, sondern lediglich ein Desaster für die Bundesregierung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist richtig!)

    Ich gehe davon aus, bin überzeugt, daß die Verträge mit der verfassungsrechtlich gebotenen Mehrheit dieses Hauses ratifiziert werden. Trotzdem bedarf Ihre Behauptung, Herr Kollege Schröder, des Gegenbeweises, damit sich niemand über das Risiko
    der von Ihnen verfolgten Politik des Liegenlassens täuschen kann.
    Die Folgen würden sein: Einbuße des gewonnenen Handlungspielraums der Bundesrepublik und Verlust der Chance für eine Vertragspolitik in Richtung Osten auf sehr lange Zeit, sodann eine Krise im Bündnis und in Westeuropa mit Auswirkung auf die politische Funktionstüchtigkeit des Bündnisses, Auswirkungen auf die Beziehungen besonders zu den Vereinigten Staaten von Amerika, für die unsere Verträge und für die insbesondere auch das Berlin-Abkommen wichtige Elemente ihrer eigenen außenpolitischen Strategie sind. Ich glaube, das hat Herr Dr. Barzel in Washington auch gespürt, denn als er zurückkam, sagte er nur, er hätte Gott sei Dank keine Pression empfunden, die Verträge ratifizieren zu sollen. Im übrigen hat er sehr gut verstanden, daß die Leute im Weißen Haus sehr wohl dafür sind, daß Deutschland die Verträge ratifiziert.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Man muß in solchem Falle eintretende Belastungen natürlich vor allem auch vor dem Hintergrund der Schutzmachtfunktionen der drei Westmächte für Berlin sehen, man muß die Einbuße sehen, die wir an Glaubwürdigkeit als Bündnispartner erleiden würden, möglicherweise mit Konsequenzen für die beginnende engere politische Zusammenarbeit in der EWG, und man muß sehen, daß es eine Torpedierung des gemeinsamen Grundsatzes der Allianz wäre, Verteidigung und Entspannung zugleich zu betreiben. Die Folge wäre auch eine tiefe Vertrauenskrise im Verhältnis zur Sowjetunion, die doch in diese Verträge sehr viel Prestige und auch sehr deutliche Positionsopfer hineingesteckt hat,

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    und damit die Gefahr der Auslösung einer aktuellen Berlin-Krise. Ganz sicher träte auch die Konsequenz ein, daß die ausgehandelten Verbesserungen für die Menschen in Berlin in keiner Weise verwirklicht würden, ganz gewiß auch eine verminderte Bereitschaft ,der Westmächte, bei künftigen Arrangements mit der Sowjetunion auch eine Verbindung mit den Interessen der Bundesrepublik einzugehen. Ich will nicht sprechen von der psychologischen Krise, die man in Berlin auslösen würde, aber ich will doch sagen, daß eine Verwerfung dieser Verträge in diesem Haus zu schwerwiegenden Auswirkungen im Verhältnis zu unseren Nachbarn, zu einer Einbuße des von uns mühsam angesammelten Vertrauenskapitals,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    zu einer Stärkung aller Vertragsgegner in der DDR und in der Sowjetunion, zu einem Ende der Verhandlungen mit der DDR und schließlich zu einer Entmutigung aller auf die Verständigung hinarbeitenden Kräfte in Europa führen müßte.
    Dr. Schröder hat gesagt, deutsche Außen- und Sicherheitspolitik würde durch die Verträge schwieriger. Das möge seine Meinung bleiben. Ich denke aber, jeder Unbefangene kann einsehen, daß deutsche Außen- und Sicherheitspolitik durch die Ableh-



    Bundesminister Schmidt
    nung der Verträge, wie ich eben gezeigt habe, unendlich schwieriger würde.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) Aber die Verträge werden ja nicht abgelehnt.


    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bin ganz sicher, daß die Regierungskoalition allein für den deutsch-sowjetischen Vertrag ausreicht. Wir brauchen Ihre Mahnung nicht, daß wir uns unsere Mehrheit selbst suchen müssen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Allerdings wäre ich betroffen wenn ich das hin-
    zufügen darf —, wenn die CDU/CSU verkennen sollte, daß der deutsch-polnische Vertrag, der kaum sicherheitspolitische, nicht nur außenpolitische Aspekte hat, vielmehr einer moralischen Notwendigkeit entspringt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Kollege Schröder und die Opposition insgesamt haben die Hoffnung ins Feld geführt: Wenn man länger gewartet hätte, wären bessere Verträge möglich geworden. Niemand hat dargetan, wie das hätte gehen sollen. Dr. Schröder hat das Stichwort China genannt, es ist auch bei Herrn Strauß wieder vorgekommen, aber ein richtiger Kommentar war dazu nicht zu vernehmen. Wenn man das von der Opposition in Ausführlichkeit hätte kommentieren sollen, Herr Dr. Barzel, dann hätte die in den letzten Tagen von der Opposition öffentlich ausgesprochene Hoffnung auf eine bedeutende Zunahme des sowjetischen-chinesischen Konflikts hier ausgesprochen werden müssen. Das haben Sie vorsichtigerweise vermieden. Herr Strauß hat sogar so getan, als ob das -- —

    (Abg. Kiep: Wo ist denn das ausgesprochen worden?)

    --- Ja, ja, Sie haben es eben nicht ausgesprochen! Sie haben sehr versteckt und doch sehr deutlich argumentiert.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    Ich möchte dazu drei Sätze sagen. Niemand kann von einem den Frieden bedrohenden Konflikt zwischen den beiden kommunistischen Weltmächten einen Vorteil erwarten. Im Gegenteil!

    (Lebhafter, langanhaltender Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rawe: Genau das hat Strauß gesagt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Rösing: Wer hat denn so etwas behauptet? — Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Unterstellungen!)

    Im Gegenteil: Dieses Risiko für die ganze Welt wäre unabsehbar!

    (Abg. Lemmrich: Das wissen wir doch allein!)

    Zweiter Punkt: Wer der Sowjetunion sagt, er werde erst dann mit ihr verhandeln, wenn sie von dritter Seite unter stärkerem Druck stehe, verkennt die Wirkung solchen Verhaltens auf eine Weltmacht.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dritter Punkt: Wer meint, man müsse mit der Normalisierung in Richtung Osten noch ein paar Jahre warten, noch ein bißchen warten, bis die Gelegenheit günstiger sei — —

    (Abg. Lemmrich: Was ist denn eine Normalisierung? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Wo haben Sie das her? — Das sind doch die Pappkameraden!)

    — Lassen Sie mich den Satz zu Ende führen! Wer meint, man müsse noch ein paar Jahre warten — so habe ich Sie alle doch verstehen müssen

    (Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Dr. Apel: Genauso war es! „Liegenlassen", würde Herr Barzel sagen! — Abg. Wehner: Faulen lassen!)

    — Der Führer der Opposition hat gesagt, man solle die Verträge liegenlassen. Was bedeutet das denn anderes als Warten?

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich will Ihnen dazu drittens nur sagen: Je länger man wartete, desto tiefer würde für manche — für manche sogar um so selbstverständlicher — die Tatsache der Spaltung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Sehr wahr! — Abg. Dr. Wörner meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Bitte nicht, Herr Wörner!
    Nun muß ich doch noch einmal eine Fußnote machen zu der Bundesratsrede vom Herrn Ministerpräsidenten F i l b i n g e r. Herr Dr. Schröder hatte gerade rechtzeitig in seinem „Zeit"-Artikel vom 4. Februar den CDU-Ministerpräsidenten für die Bundesratssitzung am 9. Februar die vertretbaren Argumente der Opposition gegeben. Ministerpräsident Kohl ist bei der Wiedergabe ein bißchen weitergegangen als der Kollege Schröder. Aber Herr Ministerpräsident Filbinger hat Sie, Herr Kollege Schröder, offensichtlich nur teilweise verstanden.

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Ich denke dabei gar nicht an Herrn Filbingers erstaunliche Formulierung, die Sowjetubnion habe zu Lasten der NATO in letzter Zeit ihr Militärpotential erhöht, sondern ich denke an den in klarem Gegensatz zu Ihren Ausführungen von gestern abend, Herr Kollege Schröder — und im klaren Gegensatz auch, wie ich denke, zu Herrn Barzel — gesprochenen Satz — er steht im Protokoll des Bundesrats —: Die Alternative zur Ostpolitik der Bundesregierung bestehe nicht im Abwarten. Worin sie aber nun wirklich bestehen sollte, das hat naturgemäß der Ministerpräsident von Baden-Württemberg nicht zu sagen gewußt.

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)




    Bundesminister Schmidt
    Aber auch die Opposition insgesamt hat in diesen beiden Tagen eine Alternative zur Sache vollständig vermissen lassen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Kollege Strauß kann ja wohl seinen einseitigen Vertragsentwurf nicht ernst gemeint haben als Alternative.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Er müßte uns denn sagen, wann und mit wem er diesen Vertrag aushandeln wollte.
    Natürlich, Herr Strauß, sind die Verträge und das Berlin-Abkommen keine idealen Dokumente.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das kann man wohl sagen!)

    Sie sind ein Kompromiß. Man mag mit Recht an der einen oder anderen Stelle etwas mehr oder etwas anderes wünschen. Aber jedermann kann ganz sicher sein: In umgekehrter Weise empfindet Herr Honecker das mindestens ebenso.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Lemmrich: Deswegen begrüßt er das ja auch immer so!)

    Wir Deutsche müssen wissen: Wer den Frieden mit seinen Nachbarn will, der muß zum Kompromiß bereit sein.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Eine letzte Bemerkung zu Ihnen, verehrter Kollege Schröder. Ich denke, es ist dankenswert, daß Sie gestern die Bindung der Bundesregierung an die Verfassungsmäßigkeit der von ihr ausgehandelten Verträge ausdrücklich betont haben, nachdem aus anderer Himmelsrichtung auch schon ganz andere Töne hörbar geworden waren.
    Zum Abschluß möchte ich ein paar Worte über die vor uns liegende Zeit sagen. Niemand kann heute sagen, wie sich die Entspannungspolitik in allen ihren Einzelheiten demnächst weiterentwickelt. Entscheidend ist, daß wir Deutsche uns an den Voraussetzungen für eine realistische und mit Gelassenheit verfolgte Entspannungspolitik orientieren. Die erste Voraussetzung ist, daß unsere innere demokratische Ordnung in der Bundesrepublik festgefügt bleibt, damit wir als außenpolitischer Partner Gewicht behalten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Die zweite Voraussetzung ist, daß unsere Außenpolitik und unsere Sicherheitspolitik so wie bisher mit Washington, mit Paris, mit London, mit all unseren Verbündeten abgestimmt wird und abgestimmt bleibt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die dritte Voraussetzung ist, daß die Allianz weiterhin gemeinsam die Sicherheit Europas, die Sicherheit der Bundesrepublik, die Sicherheit West-Berlins gewährleistet und daß das Kräftegleichgewicht in Europa aufrechterhalten bleibt. Das gelingt nur, wenn wir auf unserer Seite dazu wie bisher den
    notwendigen Beitrag leisten. Entspannung macht Verteidigung und Soldaten nicht überflüssig, sondern sie setzt sie voraus.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In diesem Zusammenhang hat der Oppositionsführer bezweifelt, daß wir diese Notwendigkeit, von der ich eben sprach, überhaupt noch aussprächen. Herr Dr. Barzel, Sie haben unrecht. Ich brauche Sie z. B. nur auf das Weißbuch des Jahres 1931/72 „Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Entwicklung der Bundeswehr" hinzuweisen, in dem Sie — in zigtausendfacher Auflage — die folgenden Sätze finden:
    Es wäre töricht, Entspannung zu wollen und zugleich den militärischen Schutz der eigenen Existenz zu vernachlässigen. Darum ist das Gleichgewichtsprinzip auch künftig oberster Leitsatz der Sicherheitspolitik. Es bestimmt unsere Anstrengungen und die unserer Verbündeten, eine ausreichende eigene Stärke aufrechtzuerhalten, zumal die Sowjetunion und deren Verbündete ihren Militärapparat weiter vergrößern.
    Ich will Ihnen das restliche Zitat ersparen. Sie haben wirklich unrecht, wenn Sie den Eindruck verbreiten, diese Bundesregierung wisse nicht, daß ihre Ostpolitik das Fundament der gemeinsamen Sicherheit im Westen braucht.
    Was die nähere Zukunft angeht, so erscheint mir wichtig, daß Zusammenarbeit, daß mehr Zusammenarbeit in Europa nur möglich ist, wenn der Zusammenhang zwischen der erwünschten Zusammenarbeit und der Sicherheit ebenso wie mit dem gegenseitigen Vertrauen klar gesehen wird. Das Projekt einer Konferenz über die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa wird eine wichtige Rolle spielen. Eine Konferenz über die Sicherheit und die Zusammenarbeit ist sinnvoll, wenn auf ihr wirklich über das verhandelt wird, was der Name dieser Konferenz aussagt und anspricht. Das notwendige Vertrauen kann nur dann zustande kommen, wenn zwischen Ost und West eine einvernehmliche Verständigung über die Lage in Europa erreicht und gemeinsame Prinzipien verabredet und vereinbart werden, auf denen die europäische Sicherheit beruhen soll. Deshalb wird sich eine solche Konferenz, die durch das Inkrafttreten der Verträge und durch das Inkrafttreten des Viermächteabkommens möglich wird, auch mit den politischen Grundprinzipien von Truppenverminderungen beschäftigen müssen. Erst eine solche Verständigung wird es möglich machen, allgemeine politische Regeln für die Zusammenarbeit zwischen West- und Osteuropa zu entwickeln.
    Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Im Kern unserer Friedens- und damit unserer Sicherheitspolitik stehen das Streben nach Gleichgewicht und das Streben nach Beseitigung von Konflikt- und Krisenherden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich sage Ihnen, der deutsch-sowjetische Vertrag und auch der deutsch-polnische Vertrag verändern in keiner Weise die politische, die rechtliche, die militärische oder gar die wirtschaftspolitische Grund-



    Bundesminister Schmidt
    lage unserer Sicherheit. Aber diese Verträge beseitigen Unsicherheit und Verdächte, sie verringern die Gefahr von Krisen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Unruhe bei der CDU/CSU. — Wortmeldung des Abg. Dr. Barzel.)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Barzel?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Nein; danke, nein. — Das Viermächteabkommen über Berlin wird aus dem bisherigen Krisenherd Berlin einen sicheren Ort machen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ich bitte Sie, sich in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Washington davon zu überzeugen, was für eine Erleichterung das auch für unsere Bündnispartner ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Unsere Vertragspolitik ist organischer Bestandteil der sicherheitspolitischen Konzeption des gesamten westlichen Bündnisses. Die Verträge dienen unserer Sicherheit und der Sicherheit unserer Nachbarn; sie entspringen unserem festen Willen zu guter Nachbarschaft und zum Frieden. Ohne beide Verträge, ohne das Viermächteabkommen über Berlin, das als ihre erste und existentiell wichtige Frucht zur Debatte dazugehört, ohne dieses Vertragswerk werden die Interessen der Deutschen schweren Schaden nehmen. Mit diesen Verträgen — dieser Überzeugung ist mit uns die große Mehrheit unseres Volkes — dienen wir dem Frieden.

    (Lebhafter, langanhaltender Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Apel: Bravo! Bravo! — Wortmeldung des Abg. Dr. Barzel.)