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    Deutscher Bundestag 172. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 9833 A Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation 1972 (Drucksache VI/3080) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. August 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache VI/3156) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen (Drucksache VI/3157) — Erste Beratung —, mit Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Deutschland- und Außenpolitik (Drucksachen VI/2700, VI/2828) und mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen (Drucksache VI/ 1523) — Fortsetzung der Aussprache — Franke, Bundesminister 9833 D Dr. von Weizsäcker (CDU/CSU) . 9837 C Mattick (SPD) 9843 A Amrehn (CDU/CSU) 9849 B Dr. Achenbach (FDP) . . . . . . 9853 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 9859 B Heyen (SPD) . . . . . . . . . 9869 D Dr. Ehmke, Bundesminister . . . . 9885 C Windelen (CDU/CSU) . . . . . . 9897 A Genscher, Bundesminister . . . . 9905 D Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 9909 C Schmidt, Bundesminister . 9916 A, 9934 C Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär 9929 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . 9933 C Dr. Wörner (CDU/CSU) . . . . 9935 A Fragestunde (Drucksache VI/3165) Frage des Abg. Cramer (SPD) : Anspruch mongoloider Kinder auf Ausstellung von Schwerbeschädigtenausweisen Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 9872 B, C, D Cramer (SPD) . . . . . . . 9872 C, D Fragen des Abg. Vogt (CDU/CSU) : Vorlage des Vermögensbildungsberichts und des Sparförderungsberichts Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . 9872 D, 9873 A, B , C, D Vogt (CDU/CSU) . . . . . . 9873 B, C II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Fragen des Abg. Varelmann (CDU CSU) : Einschränkung der von den Landesversicherungsanstalten gewährten Leistungen für Zahnersatz Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9873 D, 9874 A, C, D, 9875A Varelmann (CDU/CSU) . . . 9874 B, C, D, 9875 A Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) : Anzeigenaktion der Bundesregierung über die Erweiterung der EWG Ahlers, Staatssekretär 9875 B, C, D, 9876 A, B Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 9875 C, D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident . . . . . . . . 9875 D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 9876 A Damm (CDU/CSU) 9876 B Fragen des Abg. Engholm (SPD) : Vorschriften über die Haarlänge der Beamten des Bundesgrenzschutzes — Zurverfügungstellung von Haarnetzen und Vorgehen gegen Beamte mit langen Haaren Genscher, Bundesminister 9876 C, D, 9877 A Engholm (SPD) 9876 D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 9877 A Fragen der Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) und Niegel (CDU/CDU) : Errichtung von Betreuungsstellen und Regionalsektionen der Kommunistischen Partei Italiens in der Bundesrepublik Genscher, Bundesminister . . . 9877 B, C, 9878 D, 9879 A, B, C , D, 9880 A, B , C, D, 9881 A Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 9878 D, 9879 A Niegel (CDU/CSU) 9879 B, C Brück (Köln) (CDU/CSU) . . . 9879 D Matthöfer (SPD) . . . . . . . 9879 D von Thadden (CDU/CSU) . . . 9880 A Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . 9880 B Dr. Miltner (CDU/CSU) . . . . 9880 C Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 9880 D Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . 9880 D Frage des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) : Angabe von Orden und Ehrenzeichen in Personalbogen des öffentlichen Dienstes Genscher, Bundesminister . . . 9881 B, C Büchner (Speyer) (SPD) . . . . 9881 B, C Frage des Abg. Offergeld (SPD) : Erkenntnisse über die Wirkungen von Naßkühltürmen auf Klima und Luft — Kühlsysteme der Kernkraftwerke Kaiseraugst und Leibstadt Genscher, Bundesminister . . . . 9881 D, 9882 A, B Offergeld (SPD) . . . . . . . . 9882 A Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 9882 B Frage des Abg. Schlee (CDU/CSU) : Verletzung der Gebietshoheit und des Asylrechts der Bundesrepublik am 2. Februar 1972 an der deutsch-tschechoslowakischen Grenze Genscher, Bundesminister . . . 9882 C, D, 9883 A Schlee (CDU/CSU) 9882 D Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 9883 A Fragen des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) : Zielsetzung des Umweltforums und in ihm vertretene Organisationen — Stand der Vorbereitungen Genscher, Bundesminister . , 9883 B, C, D, 9884 A Müller (Mülheim) (SPD) . . . 9883 B, C, D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 9883 D Fragen des Abg. Dr. Häfele (CDU/CSU) : Einführung von Bewirtschaftungszuschüssen in landwirtschaftlichen Problemgebieten Ertl, Bundesminister . . . . 9884 B, C, D Dr. Häfele (CDU/CSU) . . . . 9884 C, D Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Erklärung des Bundesministers Ertl in der Agrardebatte der Beratenden Versammlung des Europarates über Inflationsraten Ertl, Bundesminister . . . . 9885 A, B, C Höcherl (CDU/CSU) . . . . . 9885 B, C Nächste Sitzung 9935 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 III Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 9937 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Brauksiepe (CDU/ CSU) betr. Förderung der Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerks . . . . 9937 B Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. politische Extremisten im öffentlichen Dienst . . . . . . . 9937 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr Zahl der unbearbeiteten Anträge bei den Ausgleichsämtern 9937 D Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. einheitliches Urheberrecht für EDV-Programme 9938 A Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Zander (SPD) betr. Ermittlungsverfahren gegen Monika Berberich als Gegenstand der Tätigkeit der Organisation Amnesty International . . 9938 B Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. wiederholte Vernehmung von Kindern und Heranwachsenden in Strafverfahren wegen an ihnen begangener Sittlichkeitsdelikte . . . . 9938 C Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Kater (SPD) betr. Auswirkungen der Explosionen in den Anlagen der Niederländischen Gas-Union auf die Belieferung der Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik . . . . 9939 B Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Nachentrichtung von Beiträgen und Novellierung der Altershilfe für Landwirte 9939 D Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) betr. Interview des Bundesministers Ehmke bezüglich der Konzentrationsbewegung in der Presse . . . 9940 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9833 17 2. Sitzung Bonn, den 24. Februar 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9937 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Bals *** 25. 2. Bredl 4. 3. Dasch 3.3. Dr. Dittrich 25. 2. Draeger *** 25. 2. Freiherr von und zu Guttenberg 4. 3. Frau Dr. Henze 18. 3. Kahn-Ackermann *** 26. 2. Lautenschlager * 24. 2. Lenze (Attendorn) *** 25. 2. Lücker (München) * 24. 2. Mertes 25. 2. Pöhler *** 25. 2. Richarts 25. 2. Rinderspacher *** 25. 2. Schulte (Schwäbisch-Gmünd) 25. 2. Dr. Seume 25. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 22. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Brauksiepe (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Fragen A 4 und 5) : Hält die Bundesregierung - in Anbetracht der Tatsache, daß in deutschen Jugendherbergen im Jahre 1971 eine Gesamtzahl von fast 9 Millionen Übernachtungen erreicht wurde, darunter etwa eine Million Übernachtungen junger Ausländer - die Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerks für eine vorrangig zu fördernde Aufgabe der Jugendarbeit, insbesondere im Hinblick auf die vielfältige und nachhaltige Gelegenheit internationaler Begegnungen? Ist sie bereit und sieht sie eine Möglichkeit, den Bundesjugendplan dahin gehend zu überprüfen und die Arbeit des Jugendherbergwerks wirksamer als bisher finanziell zu unterstützen? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerkes eine besonders förderungswürdige Aufgabe der Jugendarbeit darstellt. Dies wird durch die Tatsache belegt, daß die Förderung sowohl des Baues von Jugendherbergen als auch der Jugendarbeit in den Jugendherbergen in den vergangenen Jahren beträchtlich verstärkt worden ist. Die Bundesregierung ist bereit, das Deutsche Jugendherbergwerk bei dem Ausbau des Jugendherbergnetzes weiterhin nachhaltig zu unterstützen. Dafür wurden bisher alljährlich 2,8 Mio DM zur Verfügung gestellt, wozu Ländermittel in zumindest gleicher Höhe kamen. Bereits im vergangenen Haushaltsjahr konnten im Rahmen des Zonenrandförderungsgesetzes dem Deutschen Jugendherbergwerk Anlagen zum Stenographischen Bericht zusätzliche Mittel in erheblichem Ausmaß (ca. 2,5 Mio DM) zur Verfügung gestellt werden. Diese zusätzliche Förderung wird 1972 fortgesetzt und findet auch in der Finanzplanung Berücksichtigung. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 43) : In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung der durch Bundesinnenminister Genscher wiederholt erteilten Absage an politische Extremisten im öffentlichen Dienst Rechnung zu tragen? Der Bundeskanzler und die Regierungschefs der Länder haben bei ihrer Konferenz in Bonn am 28. Januar 1972 eine gemeinsame Erklärung darüber abgegeben, welche Maßnahmen nach dem geltenden Recht zu treffen sind. Nach den dort formulierten Grundsätzen werden die Bundesbehörden verfahren. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesminister Genscher vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 49) : Hat die Bundesregierung einen Überblick über die Zahl der unbearbeiteten Anträge bei den Ausgleichsämtern, insbesondere auch über Altersstruktur der wartenden Antragsteller? Von den 7 103 372 Anträgen auf Feststellung von Vertreibungsschäden, Kriegsschäden und Ostschäden nach dem Feststellungsgesetz waren Ende 1971 308 234 Anträge (= 4,31 v. H.) noch nicht abschließend bearbeitet. Im Zuerkennungsverfahren waren 69 174 Fälle (= 1,3 v. H.) noch nicht abgeschlossen. Von den 4 255 301 zuerkannten Ansprüchen auf Hauptentschädigung waren 161 587 (= 3,9 v. H.) noch nicht erfüllt. In 597 961 Fällen konnten die zuerkannten Hauptentschädigungsansprüche nicht oder nur teilweise erfüllt werden, weil die Erfüllung wegen noch laufender Kriegsschadenrente oder aus sonstigen gesetzlichen Gründen gesperrt ist. Ein höherer Bearbeitungsrückstand ergibt sich bei den Anträgen auf Feststellung von Vermögensschäden in Mitteldeutschland und im Gebiet von Berlin (Ost) nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz (BFG) vom 22. Mai 1965. Hier sind bis zum 31. Dezember 1971 insgesamt 384 079 Feststellungsanträge eingereicht worden, von denen bis dahin 264 434 Anträge (= 69,1 v. H.) noch in Bearbeitung waren. 9938 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Von den 81 637 im Feststellungsverfahren positiv erledigten Anträgen sind 25 777 Fälle (= 31 v. H.) im Zuerkennungsverfahren noch unerledigt. Von den zuerkannten Ansprüchen auf Hauptentschädigung waren 35 156 voll erfüllt. 20 481 Ansprüche konnten nicht oder nur teilweise erfüllt werden, weil wegen der Gewährung laufender Beihilfe oder aus sonstigen gesetzlichen Gründen eine Auszahlung nicht möglich war. Einen Überblick über die Altersstruktur der wartenden Antragsteller hat die Bundesregierung nicht. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 50) : Wie beurteilt die Bundesregierung ein einheitliches Urheberrecht für EDV-Programme, und was hat sie in dieser Hinsicht bisher unternommen? Die Frage des Schutzes der EDV-Programme wird zur Zeit von der Weltorganisation für geistiges Eigentum im Auftrage der Vereinten Nationen untersucht. Dabei wird insbesondere auch geprüft, ob für EDV-Programme ein Schutz durch das Urheberrecht, durch Patente oder Gebrauchsmuster oder aufgrund der Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb ausreichend und angemessen ist oder ob es zweckmäßig erscheint, ein neues Schutzrecht für EDV-Programme zu schaffen. Die Bundesregierung hält es für angebracht, zunächst das Ergebnis dieser Untersuchung abzuwarten, da angesichts der internationalen Bedeutung des Problems des Schutzes der EDV-Programme eine Rechtsangleichung sehr erwünscht ist. Sofortige Maßnahmen auf nationaler Ebene sind nach Auffassung der Bundesregierung nicht erforderlich. EDV-Programme genießen, soweit sie persönliche geistige Schöpfungen sind, den Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Im übrigen greift ergänzend der Schutz des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ein, wenn EDV-Programme von Dritten in unlauterer Weise ausgenutzt werden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Zander (SPD) (Drucksache VI/3165 Frage A 53) : Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus der Tatsache zu ziehen, daß die zur Hilfe für politische Häftlinge gegründete Organisation Amnesty International den Fall Monika Berberich aufgreifen will? Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, aufgrund der Tatsache, daß Amnesty International das Ermittlungsverfahren gegen Monika Berberich zum Gegenstand seiner Tätigkeit gemacht hat, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist schon deswegen nicht erforderlich, weil die Bundesanwaltschaft am 18. Februar 1972 den Generalsekretär von Amnesty International auf dessen Wunsch ausführlich über den bisherigen Verlauf des Verfahrens informiert und dabei insbesondere auch die Gründe für die Dauer der Untersuchungshaft erörtert hat. Der Generalsekretär von Amnesty-International hat aufgrund dieser Informationen am gleichen Tage in Karlsruhe auf einer Pressekonferenz im Namen seiner Organisation erklärt, daß Beanstandungen gegen die bisherige Behandlung des Verfahrens nicht zu erheben seien. Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft das Verfahren an die Strafverfolgungsbehörden Berlin abgegeben. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache V1/3165 Frage A 55) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß Kinder und Heranwachsende schweren psychischen Belastungen ausgesetzt sind, wenn sie in dem Strafverfahren wegen eines an ihnen begangenen Sittlichkeitsdeliktes mehrmals als Zeugen vernommen werden, und ist sie bereit, durch eine Gesetzesinitiative sicherzustellen, daß von weiteren Zeugeneinvernahmen bei späteren Beweisaufnahmen dann abzusehen ist, wenn bereits eine gerichtlich protokollierte Aussage vorliegt? Ich darf mir vorweg den Hinweis erlauben, daß das von Ihnen angeschnittene Problem bereits Gegenstand von Erörterungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform ist. Anläßlich der Beratungen über das 4. Strafrechtsreformgesetz hat der Sonderausschuß hierzu eine an den Bundesminister der Justiz gerichtete Entschließung gefaßt und den Bundesminister der Justiz gebeten, zu dem in der Entschließung enthaltenen Fragenkatalog Stellung zu nehmen. Mein Haus hat über die Landesjustizverwaltungen die gerichtliche und staatsanwaltliche Praxis zu diesen Fragen gehört und entsprechende gesetzliche Regelungen ausländischer Staaten überprüft. Das Ergebnis der Auswertung des umfangreichen Materials wird in diesen Tagen dem Sonderausschuß zugeleitet werden. Aufgrund des meinem Hause vorliegenden Materials wird davon auszugehen sein, daß unter Psychologen und bei der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis weitgehend Übereinstimmung darüber besteht, daß Kinder und Heranwachsende psychischen Belastungen ausgesetzt sein können, wenn sie in dem nachfolgenden Strafverfahren wegen eines an ihnen begangenen Sittlichkeitsdelikts als Zeugen vernommen werden. Dabei birgt insbesondere die wiederholte Vernehmung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen die Gefahr eines schädigenden Einflusses in sich. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9939 Um diese Gefahr auszuschließen, wäre an sich eine Regelung erstrebenswert, die im Prinzip nur eine richterliche Vernehmung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen zuläßt und als Regelfall die Verlesung dieser Vernehmungsniederschrift in der Hauptverhandlung vorsieht. Eine entsprechende Regelung erscheint allerdings nicht unproblematisch. Sie wird von der gerichtlichen Praxis einhellig abgelehnt. Eine entsprechende gesetzliche Bestimmung würde einen tiefgreifenden Eingriff in die Struktur des Strafprozesses bedeuten, da damit der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme durchbrochen würde. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zählt aber zu den wichtigsten Prinzipien unseres Strafverfahrensrechts. Er gewährleistet, daß das erkennende Gericht von den zur Rekonstruierung des Sachverhalts benutzten Beweismitteln in unmittelbar eigener sinnlicher Wahrnehmung Kenntnis erlangt. Dies ist gerade von besonderer Bedeutung in Strafverfahren wegen Sittlichkeitsdelikten, in denen kindliche oder jugendliche Opfer oft als einzige Zeugen, zumindest aber als Hauptbelastungszeugen auftreten. Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß dem berechtigten Wunsch nach besonderem Schutz kindlicher und jugendlicher Zeugen vor schädlichen Nebenwirkungen des Strafverfahrens die rechtsstaatliche gegründete Forderung nach unbeschränkter Verteidigung des Angeklagten gegenübersteht. Diese Antinomie dürfte nicht ohne eine schwer zu vertretende Beschränkung des Rechts der Verteidigung aufgelöst werden können. Die Bundesregierung wird jedoch im Rahmen der bereits in Angriff genommenen Reform des Strafverfahrensrechts mit Vorrang auf eine gesetzliche Regelung hinwirken, die der besonderen psychischen Situation des kindlichen und jugendlichen Opfers von Sittlichkeitsdelikten im anschließenden Strafverfahren gerecht wird. Welcher gesetzgeberischen Lösung angesichts der hier nur kurz aufgezeigten Schwierigkeiten der Vorzug zu geben ist, bedarf noch weiterer eingehender Überlegungen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Rohwedder vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache VI/3165 Fragen A 58 und 59) : Welche Auswirkungen hatten nach Auffassung der Bundesregierung die Folgen der Sprengstoffexplosionen in den Kompressoranlagen der Niederländischen Gasunion in Ravenstein und Ommen auf die Belieferung der Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland? Was hat die Bundesregierung getan bzw. was gedenkt sie zu veranlassen, um Vorsorge für den Fall des Entstehens von in den Niederlanden verursachten Versorgungsschwierigkeiten für die Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland zu treffen? Die Sprengstoffexplosionen in den Kompressoranlagen der Niederländischen Gas-Union hatten auf die Belieferung der Letztabnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik keine nennenswerten Auswirkungen. Lediglich solche Abnehmer haben Liefereinschränkungen hinnehmen müssen, bei denen Lieferunterbrechungen vertraglich zulässig sind. Die Bundesregierung betrachtet gerade die niederländischen Erdgasvorkommen als eine sehr sichere Energiequelle für den deutschen Energiemarkt. Sie wird in dieser Auffassung dadurch noch bestärkt, daß die niederländische Regierung unverzüglich Sicherheitsmaßnahmen beschlossen hat, um auch außergewöhnliche Vorkommnisse wie Sprengstoffanschläge für die Zukunft zu verhindern. Wirksamster Schutz auch gegen solche Versorgungsstörungen ist im übrigen nach Auffassung der Bundesregierung eine Politik der Diversifikation der Bezugsquellen sowie der weitere Ausbau des Erdgas-Verbundsystems, das wechselseitige Aushilfen der Verbundpartner, auch über die Staatsgrenzen hinweg, ermöglicht. Die Versorgungssicherheit der Verbundpartner wird um so größer, je mehr Erdgasquellen und Erdgasspeicher in dieses System eingebunden werden. Die Bundesregierung ermutigt alle Bemühungen, die auf die Erschließung neuer Lieferquellen, auf die Anlage von Erdgasspeichern und auf den Ausbau eines umfassenden europäischen Erdgas-Verbundsystems gerichtet sind. Dies ist ein Weg, auf dem die deutsche Gaswirtschaft schon ein gutes Stück vorangekommen ist. Für den Fall gleichwohl eintretender Versorgungsstörungen liegen schließlich bei den einzelnen Ferngasgesellschaften bis ins einzelne ausgearbeitete Abschaltpläne vor, um nach Maßgabe der geringsten Beeinträchtigung die Auswirkungen einer solchen Störung in möglichst engen Grenzen zu halten. Dabei wird der Versorgung der Kommunen und damit der privaten Haushalte sowie der Belieferung der Abnehmer, die nicht auf andere Energiearten ausweichen können, Vorrang eingeräumt. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Fragen A 89 und 90) : Wird die Bundesregierung Landwirten, die sich bei der Einführung der Altershilfe für die Landwirtschaft von den Beitragszahlungen befreien ließen, eine Nachversicherungsmoglichkeit einräumen? Wie groß ist der oben angesprochene Personenkreis? Bei der vorgesehenen Novellierung der Altershilfe für Landwirte wird die Bundesregierung auch die Möglichkeiten für einen Verzicht auf die Befreiung von der Beitragspflicht und die damit verbundene Frage der Nachentrichtung von Beiträgen prüfen. Dabei ist jedoch eine differenzierte Betrachtung erforderlich, da es sich um unterschiedliche Befreiungstatbestände mit entsprechend unterschiedlichen Motivationen handelt. Und zwar sind diejenigen Personen, die sich bei Einführung der Altershilfe für Landwirte im Jahre 9940 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 1957 auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages haben befreien lassen, von jenen Personen zu unterscheiden, die wegen einer anderweitigen gesetzlichen Versicherung oder Versorgung befreit worden sind. Im ersten Fall ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen, unter denen der Entschluß zur Befreiung seinerzeit gefaßt worden ist, nicht so verändert sind, daß eine Korrektur der damaligen Entscheidung ermöglicht werden sollte. Im zweiten Fall haben die Versicherungs- und Versorgungsansprüche an der allgemeinen Fortentwicklung teilgenommen, so daß er sich in einem anderen Licht darstellt. Soweit es die Zahlen angeht, möchte ich folgendes anmerken: Nach der Quartalstatistik der landwirtschaftlichen Alterskassen (Stichtag 31. Dezember 1971), die vom Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen herausgegeben wird, beträgt die Zahl der beitragsbefreiten Landwirte insgesamt 60 422. Die Zahl derjenigen, die auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages befreit worden sind, dürfte bei 2 500 liegen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Ehmke vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 117) : Entsprechen die Auffassungen, die Bundesminister Ehmke in einem Interview mit dem Bonner „General-Anzeiger" vom 7. Januar 1972 — auch nachgedruckt im Bulletin vom 8. Januar 1972 — zu den Problemen der Massenmedien darlegte, den in den zuständigen Bundesministerien entwickelten Vorstellungen, und teilt die Bundesregierung insbesondere die Behauptungen des Bundesministers "Hinsichtlich der Pressekonzentration -muß man sich klarmachen, daß ein Teil des Konzentrationsvorgangs allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen notwendig ist und daß die Zusammenlegung oft zu einem besseren Niveau der Zeitungen führt. Man muß auch lokale Zeitungsmonopole durch den Ausbau regionaler Rundfunk- und Fernsehsender auszugleichen suchen. Dennoch ist der Gedanke einer als öffentlich-rechtliche Körperschaft organisierten Zeitung ein interessantes theoretisches Modell, wenn wir nämlich unterstellen, daß es am Ende des Konzentrationsprozesses nur noch eine Zeitung mit einer absoluten Monopolstellung geben könnte. Wir sollten es aber auf keinen Fall zu einer solchen Situation kommen lassen, in der die Frage verneint werden muß, ob Zeitungen überhaupt noch auf privater Basis gemacht werden dürfen."? In dem von Ihnen zitierten Interview habe ich ausgeführt, daß ein Teil der Konzentrationsbewegung in der Presse auf betriebswirtschaftliche Zwänge zurückzuführen ist. Es handelt sich hierbei um eine Feststellung, die schon im Schlußbericht der Pressekommission vom 22. Mai 1968 dargelegt ist. Ein gewisses Maß von Konzentration kann aber durchaus dem Informationsinteresse des Bürgers dienen, soweit nämlich leistungsschwache und überalterte Pressebetriebe durch leistungsstarke und rationell arbeitende Betriebe ersetzt werden, die eine zuverlässigere und vielseitigere Information bieten können. Hiervon ausgehend habe ich weiter die Auffassung vertreten, daß der Pressekonzentration dann entgegengewirkt werden muß, wenn eine ausreichende Meinungsvielfalt in der Presse nicht mehr gewährleistet ist. Diese Auffassung deckt sich nicht nur mit der der Bundesregierung; ich gehe sogar davon aus, daß auch Sie ihr zustimmen. Falls es einmal dazu kommen sollte, daß die Vielfalt der Presse aufgrund der wirtschaftlichen Konzentration Meinungsmonopolen weichen müßte, dann stünde als Ausweg zur Erhaltung der Meinungsvielfalt das Denkmodell einer als öffentlich-rechtlichen Körperschaft organisierten Zeitung zur Debatte. Diese Frage, die mir in jenem Interview gestellt wurde, ist heute nicht akut, und ich hoffe, daß sie nie akut wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Liselotte Funcke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Leicht?


Rede von Albert Leicht
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sind Sie meiner Meinung, daß es im Hinblick darauf, daß die deutsche Öffentlichkeit draußen an den Fernsehapparaten sitzt, ganz gut wäre, wenn die linke Seite dieses Hauses, da man sich draußen dauernd mit Ihnen auseinandersetzt und Sie beschimpft, sich wenigstens einmal die Argumente anhören würde?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Die Bevölkerung kann aus dem Verhalten der Regierungsparteien in diesem Hause den Grad der Ernsthaftigkeit und des Verantwortungsbewußtseins ablesen, mit dem die Reden eines Sprechers der Opposition hier behandelt werden.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese Ostpolitik hat für die Menschen nichts erbracht, nichts für die Landsleute hinter Mauer und Stacheldraht, nichts als Enttäuschungen für die Völker Osteuropas, nicht die erhofften Erleichterungen für die aussiedlungswilligen Deutschen in Polen.
    Und wie steht es mit den 40 000 Anträgen von Menschen in der Sowjetunion, die auf Übersiedlung nach Deutschland warten? Wie steht es mit den 250 Härtefällen, die Sie, Herr Bundesaußenminister, dem sowjetischen Außenminister Gromyko persönlich vorgetragen haben? Die Menschen müssen zählen bei der Ostpolitik, wenn sie so motiviert wird, wie es hier geschieht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber wo bleiben die Menschen bei Verträgen, wenn der größere und stärkere Vertragspartner als Geschäftsgundlage die Anerkennung der BreschnewDoktrin durch den Kleineren und Schwächeren zur Voraussetzung macht?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte auch denjenigen, die gerne in emotionalen Kategorien denken

    (Lachen bei der SPD)

    — ich kann laut und temperamentvoll reden, aber ich denke sehr, sehr kühl —,

    (erneutes Lachen)

    die Bitte ans Herz legen, zu verstehen, daß man bei einer Würdigung des zeitlichen Ablaufes der deutschen Ostpolitik die Vergangenheit und die Gegenwart miteinbeziehen muß, ohne daß moralische Identifizierungen zwischen den Verhandlungspartnern auf deutscher Seite damals und auf deutscher Seite heute damit gemeint sind. Wenn wir das nicht mehr können, können wir nicht mehr historisch diskutieren und uns historisch auseinandersetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich meine damit zwei Ereignisse in der Vorgeschichte des zweiten Weltkrieges. Churchill sagte am 28. Februar 1938 im Unterhaus in einer Grundsatzdebatte auf die Frage, wie ein demokratischer Staat gegenüber einer totalitären Macht Politik machen soll:
    Die Regierung hat eine neue Politik eingeleitet. Die alte Politik beruhte auf dem Bemühen, in Europa die Herrschaft des Rechtes aufzurichten, um so den Frieden zu begründen. Die neue Politik lebt aus der Hoffnung, durch weitgehende Zugeständnisse zur Entspannung und so zum Frieden zu gelangen.
    Das war im Februar 1938, vor dem Münchener Abkommen.
    Der Bundeskanzler hat mit Befriedigung darauf hingewiesen, daß der Abbau des Feindbildes gegenüber der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist. Ich muß ihm leider 'entgegenhalten: das ist eine halbe Wahrheit. Gerade in den letzten Tagen sind wieder heftige Presseangriffe aus den Moskauer Lautsprechern gegen die Deutschen in der Bundesrepublik zu vernehmen, so in der „Komsomlskaja Prawda" vom 20. Februar. Ohne Zweifel hat sich die Art der Angriffe geändert und ist im allgemeinen der Ton etwas gedämpfter. Die Bundesregierung, heißt es, sei zwar auf dem rechten Wege, schreite aber nicht schnell genug voran. — Früher war Rainer Barzel



    Strauß
    ein Offizier, der in der Nazi-Wehrmacht gedient hat. Heute heißt es erfreulicherweise von Walter Scheel, er sei Flieger in der Wehrmacht gewesen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Das neue Deutschlandbild ist ohne Zweifel von dem Wunsch geprägt, die Bundesrepublik von einem früheren außenpolitischen Widerpart zu einem potentiellen Freund und Helfer umzufunktionieren. Gleichzeitig wird die Gesellschaft in ihrer Struktur angegriffen und in zwei Lager geteilt, in die guten und in die schlechten Deutschen. Die guten Deutschen sind die geschätzten Helfer ihrer politischen Strategie; andere sagten auch, die nützlichen Idioten. Die schlechten Deutschen sind die Gegner der Verträge, die angeblich nicht die Realitäten wahrnehmen und sie zur Leitlinie ihrer politischen Einstellung machen lassen wollen.
    Es hat keinen Sinn, die Dinge in diesem Hause zu beschönigen. Darum muß ich folgendes sagen — ich würde gern das Gegenteil sagen, weil ich dem Gegenteil über 20 Jahre als Parlamentarier und Minister in diesem Hause gedient habe: leider hat die Bundesregierung durch den Bruch der Gemeinsamkeit den Politstrategen im Kreml geholfen, die Spaltung der demokratischen Parteien in der Bundesrepublik einzuleiten.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Breschnew hat auf dem 24. Parteitag in Moskau als Folge dieser Verträge eine Polarisierung der politischen Kräfte in der Bundesrepublik angekündigt; Einheit und Macht im eigenen Bereich und Spaltung im Lager des Vertragspartners. Das ist eine in sich logische und geschlossene Politik: Unterdrückung zu Hause, Entspannung gegen Besitzstandsanerkennung, Spaltung der nicht kommunistischen Welt, besonders im eigenen Vorfeld. Ich behaupte nicht, daß die Bundesregierung das gewollt hat, wie ich ausdrücklich sage. Dafür halte ich sie für zu klug. Aber falsche Lagebeurteilung, Ungeduld, selbstgesetzter Erfolgszwang, euphorische Chancenbeurteilung haben sie zu einem Gehilfen dieser Spaltungspolitik werden lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Golo Mann meinte, Brandt betreibe eine realistische Politik wie Bismarck. Er hat dann das Kompliment, weil es ihm zu gefährlich und unheimlich erschien, wieder etwas abgeschwächt.
    Aber ich glaube, in einem Punkt dürfen wir hier auch Bismarck wieder einmal strapazieren, mit einem berühmt gewordenen Wort:
    Wir müssen uns in dem europäischen Kartenspiel die Hinterhand wahren und dürfen uns durch keine Ungeduld, keine Gefälligkeit auf Kosten des Landes, keine Eitelkeit oder befreundete Provokation vor der Zeit aus dem abwartenden Stadium in das handelnde drängen lassen.
    Wenn doch Brandt insoweit wenigstens Bismarck geworden wäre!

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Hegel behauptete in seinen Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, die geschichtliche Erfahrung lehre, daß Völker und Regierungen niemals aus der Geschichte gelernt und nach Lehren, die aus derselben zu ziehen wären, gehandelt hätten. Die Bundesregierung scheint sich sehr zu bemühen, Hegels abfällige, pessimistische Beurteilung zu rechtfertigen. Die vorliegenden Verträge sind nämlich nicht eine Bewältigung der Vergangenheit, sondern eher eine Flucht vor ihren Lehren. Eine noch so idealistische Begründung, mit Ermahnungen und Beschwörungen wiederholt, rechtfertigt bei denen, die politisch zu urteilen und zu handeln haben, nicht die aus den Verträgen hervorleuchtende Geschichtsfremdheit. Hier ist kein Kompromiß erreicht, aber der Versuch unternommen worden, sich das Wohlwollen der anderen Seite durch Konzessionen zu erkaufen in der Hoffnung, daß guter Wille mit gutem Willen belohnt werden würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese Verhandlungsmaxime war richtig gegenüber dem Westen, weil sich dort Partner mit gleichem moralischem Violinschlüssel, obwohl ehemalige Kriegsgegner, gegenübersaßen. Diese Verhandlungsmaxime ist falsch gegenüber Diktaturen, vor allen Dingen Diktaturen mit expansiver Ideologie.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Architekten der Verträge sagen: diese Verträge werden den Frieden sicherer machen. Glaubhaft ist die Absicht der Befürworter. Auch hier bezweifle ich keine Sekunde ihre Absicht und habe das unzählige Male auch in der Öffentlichkeit gesagt. Glaubhaft ist sogar die Beteuerung der Vertragspartner auf der anderen Seite, daß sie den militärischen Frieden wollen.
    George Ball hat vor einigen Tagen in Zürich eine bemerkenswerte Rede gehalten, die Winston-Churchill-Gedenkrede. Er hat Dinge gesagt, die von uns keiner sagen könnte, die auch in diesem Hause nicht gesagt werden könnten, ohne daß der eine oder andere sich beleidigt und entrüstet gegen diese Äußerungen zur Wehr setzen würde. Er sagte, die sowjetische Führung wolle nicht in brutaler militärischer Machtentfaltung nach Westeuropa losmarschieren, um nicht Amerika herauszufordern, langsame Infiltration und psychologische Umgarnung des Gegners heiße vielmehr im Moment ihre Devise.
    Ist denn diese Behauptung nicht durch gewisse Vorgänge im Innern unseres Landes, die man nicht verharmlosen sollte, täglich gerechtfertigt?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Was ist Friedenspolitik in unserer Zeit? — Lassen Sie es mich in vier Punkten sagen:
    Erstens Erhaltung und Stärkung des atlantischen Bündnisses,
    zweitens politische und militärische Einheit der Westeuropäer auf der Grundlage freiwilligen Zusammenschlusses,
    drittens Gewaltverzicht gegenüber dem Osten, aber nicht politische Besitzstandsgarantie,



    Strauß
    viertens Bereitschaft zur Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem, wissenschaftlichem und technischem Gebiet.
    Das ist Friedenspolitik in unserer Zeit, und alle vier Punkte gehören zusammen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Probleme des Friedens sind heute nicht anders, als sie je in der Geschichte waren. Nur die Folgen eines Scheiterns der Friedenspolitik sind heute schrecklicher, als sie jemals in der Geschichte hätten sein können.
    Zwei Beispiele aus der von uns erlebten Zeitgeschichte: Heute steht die Forderung nach Ungültigkeitserklärung des Münchner Abkommens ex tune auf der Liste der sowjetischen Bedingungen für dauerhafte Entspannung. Altere Zeitgenossen können sich erinnern, jüngere können es nachlesen: Seinerzeit herrschte nach der Unterzeichnung des Münchener Abkommens große Freude und gewaltiger Jubel; denn nun ist der Friede für lange Zeit gesichert,

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    in Deutschland, in Italien, bei den Diktatoren und bei den Völkern, aber auch in Frankreich und in England.
    Daladier erwartete, bei Rückkehr in Paris ausgepfiffen und niedergeschlagen zu werden. Er wurde von einer jubelnden Menge empfangen und sagte: „Ich komme aus Deutschland, wo die Verhandlungen selbstverständlich schwierig waren; ich kehre mit der tiefen Überzeugung heim, daß das unterzeichnete Abkommen unumgänglich nötig war, um den Frieden in Europa aufrechtzuerhalten."
    Léon Blum schrieb damals Léon Blum —!: „Man kann wieder an seine Arbeit gehen, man kann wieder ruhig schlafen, man kann die Schönheit der herbstlichen Sonne genießen."
    Chamberlain brachte das Münchener Abkommen vor das Unterhaus mit dem Antrag auf Billigung. Er stand noch unter dem Eindruck des riesigen Jubels einer unübersehbaren Masse auf dem Londoner Flughafen. Das Unterhaus billigte das Abkommen mit 369 gegen 150 Stimmen. Die Labour Party stimmte damals, im Herbst 1938, geschlossen gegen das Abkommen, obwohl ihr Vorsitzender, Lansbury, zwei Jahre vorher als überzeugter Pazifist nach Rückkehr von Hitler ihn als Mann der ehrlichen Friedensüberzeugung öffentlich herausgestellt hatte.
    Erschütternd ist die Rede Churchills, heute noch nachzulesen, in deren Mittelpunkt eine Wertung stand: gewogen und zu leicht befunden. Das ist die Wertung, die ich diesen Verträgen und ihren Architekten als politische Aussage hier ebenfalls zuschreibe.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Frage ist: Hat München den Frieden gebracht, wie sich die begeisterten Zeitgenossen damals erhofften, oder hat München den Krieg näher gebracht? Die geschichtliche Wahrheit gilt auch für den Besiegten. Wir wissen, daß ein verschuldeter und verlorener Krieg bezahlt werden muß. Wir haben
    einen großen Teil bezahlt. Aber das Recht auf
    Selbstbestimmung der Nation und Freiheit der Men-
    schen ist und darf nie ein Teil des Kaufpreises sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich muß hier noch eine andere Frage stellen, die gerade den vorher aufgezeigten Unterschied hinsichtlich der Wertung klarmachen soll. Bei uns hat die deutsche Politik im Jahre 1945 einen moralischen Neubau vollzogen, der sich, ohne von der Tradition der deutschen Geschichte, von der wir uns im Guten und im Schlechten nicht einfach davondrücken können, abzufallen, nach grundlegend neuen Zielpunkten orientiert hat: Schluß mit dem Denken in nationalistischen Hegemonievorstellungen, eine Absage an die Ersatzreligion des Nationalismus, die Anprangerung des Nationalismus als des Totengräbers der europäischen Freiheit und unseres Selbstbestimmungsrechtes, die Bereitschaft zum Souveränitätsverzicht und die Entschlossenheit zum Eintritt in eine europäische Staatengemeinschaft unter Überwindung des nationalstaatlichen Prinzips, — damit sind wir hier in diesem Hause angetreten. Ich sehe hier meinen Freund Kurt Georg Kiesinger, ich sehe auch Sie, Herbert Wehner, und ich sehe noch manche aus der ersten Stunde, die noch hier sitzen. Das war der Neubau der deutschen Politik, gleichgültig in welchem Lager wir damals zu diesem Neubau angetreten sind.
    Warum stelle ich diese Frage? Man wird sagen: Das bestreitet doch niemand. Man wird den Sinn der Frage ermessen, wenn ich eine zweite Frage stelle: Hat derselbe Neubau auch bei unserem Verhandlungspartner nach dem zweiten Weltkrieg stattgefunden? Wir haben unsere hegemoniale, imperialistische Tradition endgültig begraben. In der Sowjetunion sind ungebrochene Machtpolitik und ungeschmälerte Machttradition auch heute noch verbindliche Maximen ihrer Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich habe vom zweiten Beispiel in unserer Zeit gesprochen, und mich hat das damals tief erschüttert. Der Hitler-Stalin-Pakt wurde mit der Formulierung eingeleitet:
    Die deutsche Reichsregierung und die Regierung der UdSSR, beide geleitet von dem Wunsch, die Sache des Friedens zwischen Deutschland und der UdSSR zu festigen, und ausgehend von den grundlegenden Bestimmungen des Neutralitätsvertrages, der im April 1926 zwischen Deutschland und der Sowjetunion geschlossen wurde, sind zu nachstehenden Vereinbarungen gelangt ..
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war nicht allein die Torheit Hitlers oder die Schurkerei Stalins; es war ein geschichtlicher Ablauf mit verhängnisvoller Verkettung von Ursache und Wirkung, die wieder neue Ursachen und mit den neuen Ursachen wieder neue Wirkungen geschaffen haben.
    Wir stehen heute in der zweiten und dritten Lesung der vorliegenden Verträge vor einer historischen Entscheidung. Wenn man sich die Konsequenz der Zusammenhänge frei von Gefühlserregungen,



    Strauß
    frei von Hoffnungen, frei von optimistischen Überlegungen oder pessimistischem Zwangsdenken vor Augen hält, dann überkommen einen beklemmende Erinnerungen.
    Heute heißt der Hitler-Stalin-Pakt der „Teufelspakt". Damals sagte man „genialer Schachzug des Führers" auf der einen Seite, „Meisterstück Stalins" auf der anderen Seite. In Wirklichkeit handelte es sich nicht um einen Nichtangriffsvertrag, sondern um einen Vertrag zur Teilung Polens

    (Zurufe von der CDU/CSU: Jawohl!)

    und zur Aufteilung des Gebietes zwischen Rußland und Deutschland in Interessensphären mit der beiderseits vorhandenen Absicht, dort das Selbstbestimmungsrecht der Nationen und die Freiheit der Menschen zu unterdrücken.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das ist in unserer Lebenszeit, in der noch frischen Vergangenheit abgeschlossen worden, und darum die Frage: Hat sich die sowjetrussische Politik heute so von Stalin abgewandt, wie sich die Politik der Bundesrepublik von Hitler abgewandt hat? Diese Frage muß man auch heute noch stellen dürfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist beklemmend, wenn man die Zeugnisse der damaligen Zeit noch einmal nachliest, wie ich es in Vorbereitung dieser Debatte tun mußte, wenn man liest, daß Stalin am 25. Oktober die Weigerung der Westmächte, Frieden zu schließen, scharf angegriffen hat, indem er sagte, sie seien die eigentlichen Aggressoren, und das nicht erst jetzt; schon der Kriegsausbruch gehe auf ihr Konto, denn Hitler habe ja den Frieden gewollt. Das Telegramm Stalins an Hitler lautete: „Unsere Freundschaft ist mit Blut besiegelt". Der „Erfolgsbericht" Molotows am 31. Oktober 1939 war gerechtfertigt: um 196 000 Quadratkilometer und 13 Millionen Menschen war die Sowjetunion gewachsen; 737 Tote und 1862 Verwundete wurden angegeben. Die Grenze zwischen Stalins und Hitlers Machtbereich in Polen entspricht auch noch dem heutigen Grenzverlauf.
    Der Historiker Fabry hat in seinem Buch „Die Sowjetunion und das Dritte Reich" Hitlers Rassenwahn und Amoralität angeprangert, und dann
    schreibt er etwas, was ich lieber wörtlich zitiere:
    Über dem gerät allerdings in Vergessenheit, daß Stalin während des Zweiten Weltkrieges vor Hitlers Überfall eine Aggressionspolitik getrieben hat, die der Hitlers nicht nachstand. Die Neigung, darüber hinwegzusehen, wächst in dem gleichen Maße, in dem die Bundesregierung sich aufrichtig darum bemüht, mit der Sowjetunion und den anderen Völkern im Osten zu einem Ausgleich zu kommen, der die Gegensätze zugunsten einer Zusammenarbeit beseitigen soll. So verständlich es auch ist, daß man kein Interesse daran haben kann, die Außenpolitik der Sowjetunion allzu kritisch zu durchleuchten: nichts wäre für eine echte Aussöhnung zwischen den Völkern gefährlicher als eine Geschichtsbetrachtung, die aus Gründen
    der Opportunität den Schleier des Vergessens über eine ganze Ara bolschewistischer Expansionspolitik zu breiten wünscht

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    oder, schlimmer noch, die Ereignisse selbst zu verfälschen sucht. Erst wenn die Wurzeln der Konflikte klargelegt sind, kann die politische Arbeit beginnen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich brauche die lange Liste der brutalen Aktionen in der Fortsetzung dieser Machttradition nach dem Zweiten Weltkrieg hier im einzelnen nicht vorzutragen. Aber sind diese Ereignisse schon so unbedeutend, schon so nebensächlich, schon so lächerlich geworden, daß sie mit der Gleichgültigkeit und Uninteressiertheit behandelt werden können, wie wir sie heute weitgehend auch in diesem Hohen Hause antreffen?

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Das ist organisiert, Herr Strauß!)

    Wie ist die Rolle der Sowjetunion bei den jüngsten Vorgängen auf dem indischen Subkontinent gewesen, die Rolle im Nahostkonflikt? Und vielleicht kann sich der Herr Verteidigungsminister dazu äußern: Wie waren Anlage, Durchführung und Ergebnis der letzten Manöver in Jugoslawien? Welche Lage wurde hier zugrunde gelegt? Bestimmt nicht die Sicherung gegen eine Aggression oder Invasion von seiten der Bundeswehr.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Würdigung der vorliegenden Verträge ist besorgniserregend, aber sie ist nicht ausreichend, denn diese Verträge sind ein Baustein im Gebäude der sowjetischen Weststrategie, auch wenn das als neue deutsche Ostpolitik bei uns ausgelegt wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Die Unterschrift der Bundesrepublik Deutschland unter den Besitzstand ist nur Vorläufer. Das nächste Ziel ist die Europäische Sicherheitskonferenz, die von der Sowjetunion mit größtem Nachdruck betrieben, von ihrer staatlichen Propaganda wie von der gleichgeschalteten Propaganda der Verbündeten mit größter Lautstärke propagiert wird, eine Sicherheitskonferenz, für die auch unser Bundeskanzler Förderung und beschleunigte Durchführung sowohl in den Zusatzpapieren zum Vertrag wie beim Treffen in Oreanda zugesagt hat. Die Europäische Sicherheitskonferenz ist der nächste Schritt auf diesem Wege der sowjetischen Weststrategie. Das Ergebnis soll eine europäische Friedensordnung werden, Anerkennung des sowjetischen Besitzstandes durch alle Konferenzpartner nach dem Muster des Moskauer Vertrags, militärische und politisch-psychologische Totalkontrolle über den eigenen Machtbereich, Nutzung der wirtschaftlichen Möglichkeiten der einzelnen europäischen Partner, Verhinderung der westeuropäischen Einigung durch die trügerische Alernative: „Wollt ihr großeuropäische Zusammenarbeit oder westeuropäische Blockbildung?", politisch-psychologische Hilfestellung für den Abzug der amerikanischen Truppen und Rückenfreiheit



    Strauß
    für eine Konzentration gegenüber China bei gleichzeitiger Ausdehnung des eigenen Einflusses in Richtung Westen.
    Man sollte sich doch einmal die einzelnen Elemente und Ziele dieser Politik, die in sich logisch und geschlossen ist und in der die Ostverträge nur die Rolle eines Vorläusers oder Büchsenöffners für weitere Schritte spielen, in aller Offenheit bei uns klarmachen und erst danach das Urteil bilden, ob ein Ja oder Nein zu diesen Verträgen gerechtfertigt ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte aus Zeitmangel nicht auf das hier oft verwandte Argument zurückkommen, daß die Westmächte zustimmten. Erstens ist es zwischen verbündeten Regierungen nicht üblich, sich offen zu kritisieren, zweitens haben die Westmächte gar kein Interesse daran, sich zu beklagen, wenn ihnen die Deutschen Pflichten von den Schultern nehmen, die sie sich ursprünglich von den Deutschen haben aufladen lassen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und drittens gibt es eine vordergründige Zustimmung und dahinter eine Schwelle, und hinter der Schwelle beginnt die Sorge und die Kritik, nämlich dort, wo die Furcht beginnt, daß diese Ostpolitik eigenständig werden könnte. Die Bundesregierung hat nach ihren mißglückten Ansätzen siehe die Brandt-Reise nach Oreanda — alles getan, um diese aufkeimende Furcht wieder zu zerstreuen. Daß sie aber angesichts der europäischen Vorgeschichte, auch angesichts der Vorgeschichte dieses Jahrhunderts im Keime, latent immer vorhanden ist, wird wohl niemand bestreiten. So ist auch die Haltung unserer Bundesgenossen zur Sicherheitskonferenz sehr, sehr verschieden. Die Anmerikaner: ja, wenn die Europäer sie unbedingt wollen; die Briten: erst nach gründlicher Vorbereitung und lieber nicht so früh; und die Franzosen verbinden mit ihr auch ihre eigenen Vorstellungen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was uns in dieser Sicherheitskonferenz nicht unterlaufen darf — darum sagen wir es heute —, ist, daß die Europäer diese Gefahr zieht sicher herauf — zum Zwecke der Spaltung vor dieselbe Alternative gestellt werden, wie wir hier mit diesen Verträgen vor eine Alternative gestellt werden, daß Anhänger der Verträge als Freunde der Friedenpolitik und Gegner der Verträge als Gegner der Friedenspolitik diffamiert werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese Europäische Sicherheitskonferenz darf nicht zu der Alternative führen, daß man uns großeuropäische Zusammenarbeit als Friedenspolitik anbietet und demgegenüber westeuropäische Integration als friedensstörende Blockbildung, die Kriegsrisiko und Spannung von neuem hervorrufe und die Rückkehr in den kalten Krieg bedeute.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich sage das hier und rechtzeitig, weil die Architektur dieser Sicherheitskonferenz und die Architektur
    der europäischen Friedensordnung darauf hinaus-
    läuft, die westeuropäischen Einigungsbestrebungen rechtzeitig zu unterlaufen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne Zweifel können wir heute bereits aus einer Vielfalt politischer Äußerungen von maßgeblichen Staatsmännern, von offiziellen Propagandafunktionären und ihren Hilfsorganen diese Alternative vernehmen. Diese Alternative kommt auf uns zu. Gerade deshalb bedaure ich so sehr, daß der Herr Bundeskanzler auf die von seinem Vorgänger in diesem Hause hier mehrmals gestellte Frage nach der Priorität sich einer klaren Festlegung entzogen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich frage das auch deshalb, Herr Bundeskanzler, weil aus Ihrem Munde Äußerungen gekommen sind, die zu dieser Frage nicht nur Anlaß geben, die geradezu zu dieser Frage zwingen. Was verstehen Sie unter „Friedenspakt" oder „Friedensbund" in diesem Zusammenhang, wenn Sie davon sprechen, daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zu keiner neuen Blockbildung führen darf, sondern daß sie ein Ordnungselement in einem größeren europäischen Friedensbund oder Friedenspakt darstellen soll?

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Hier wollen wir wissen: Was ist mit diesem Friedensbund und mit diesem Friedenspakt gemeint? Denn die Politik der westeuropäischen Einigung und die von der Sowjetunion angestrebte Politik der paneuropäischen Zusammenarbeit, d. h. Erhaltung der westeuropäischen Kleinstaaterei, sind auf die Dauer der Zeit miteinander unvereinbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Eines Tages kommt die Stunde der Wahrheit!

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es kommt die Stunde der Wahrheit, wo man sich für das eine oder für das andere entscheiden muß.
    In diesem Zusammenhang stellt sich die letzte Frage, die hier zunächst zu behandeln ist. Die Verträge entsprechen einer Politik, die von gestern stammt und aus der Lage und Sicht von vorgestern begründet wird; ich begründe auch, warum. Die Verträge entsprechen einer politischen Philosophie, die sich einerseits an das Machtzentrum Washington anlehnt, solange man glaubt, es nicht entbehren zu können, und andererseits auf das Machtzentrum Moskau starrt, dessen Besitzstand und dessen politische Zielsetzungen man als mehr oder minder legitim in das Kalkül einsetzt. Die Welt von heute ist nicht mehr bipolar. Sie ist bereits seit geraumer Zeit auf dem Wege zu einer multipolaren Konstellation, d. h. zu einem Machtfeld, das von mehreren Zentren bestimmt wird. Ich denke dabei nicht an die früheren Vorstellungen des einen oder anderen europäischen Landes, mit seiner mittelstaatlichen Dimension sich zwischen Washington und Moskau schieben zu können.
    Nun höre ich schon das, was Herrn Barzel vor und während seiner Rede höhnisch, hämisch entgegengeklungen ist. Ich sage es noch in der harmlosesten Form: Warum denn in die Ferne schweifen,



    Strauß
    wenn das Gute liegt so nah? Was hier als Erwiderung auf Herrn Barzels Vorschlag immer wieder gesagt worden ist, ist eine plumpe und naive Verzerrung unserer Vorstellungen auf diesem Gebiet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Niemand glaubt oder denkt daran, Moskau und China gegeneinander von Deutschland her ausspielen zu können, mit dem chinesischen Prügel den russischen Bären kompromißbereit zu machen, und — jetzt kommt das erste harte Wort bei dieser Rede — ähnlicher Blödsinn; anders kann ich das nicht bezeichnen, was man uns hier unterstellt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber es ist legitim, in den großen Epochen der geschichtlichen Abläufe und in den Weiten der großen geographischen Zusammenhänge zu denken. Keine Fernostpolitik als Ersatz für Ostpolitik oder als Ausrede für fehlende Ostpolitik, wohl aber Überlegungen, daß der große Nachbar an der anderen Grenze unseres großen Partners im Hinblick auf das gesamte Spiel der Kräfte auch in unserem Kalkül seinen Platz haben muß!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    In das Kalkül dieser multipolaren Konstellation ist nicht nur das große Dreieck „Washington, Moskau und Peking" einzusetzen. Auch der vierte Schwerpunkt ist einzusetzen, der als Folge der amerikanischen Annäherung an Peking auf den Plan gerufen worden ist: das ist Tokio und die große japanische Wirtschaftsmacht.
    Als fünftes steht zur Diskussion: Japan wird kommen, und Europa muß kommen. Das ist der fünfte Schwerpunkt in einer multipolaren Konstellation. Darauf muß jede deutsche Ostpolitik in ihrem Kalkül auch heute schon abgestellt sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit schließt sich der Ring dieser Überlegungen. Es ergibt sich mit einer geradezu plastischen Greifbar-keit, warum die Sowjetunion sich als nächstes Ziel in ihrer Westpolitik, in ihrer Weststrategie die Erhaltung der westeuropäischen Kleinstaaterei an ihrer Westgrenze unter dem Vorwand paneuropäischer Zusammenarbeit gesetzt hat. Ein großer Nachbar sind die USA, ein zweiter ist die Volksrepublik China. Tokio ordnet seine Politik neu. Aber an der Westflanke muß der bisherige Zustand der europäischen Kleinstaaterei bewahrt werden, damit bei gesicherter Rückendeckung die Konzentration der Aufmerksamkeit auf die Vorgänge an der Ostgrenze dieses Bereiches erfolgen kann. Es war George Ball, der sagte — ich sage es in seinen Worten , daß wir mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß diese Politik der Rückendeckung gegenüber dem Westen auch den Zweck verfolgt, die Voraussetzungen zu schaffen, um mit konventionellen Waffen die nuklearen Raketeneinrichtungen der Chinesen als potentielle Bedrohung auszuschalten. Hier stellt sich für uns — ich sage dies nicht in einer phantasievollen, weitschweifenden Betrachtungsweise — die Frage, ob diese Rückendeckung in Europa gewährt werden kann, damit anderswo
    eine aggressive Politik in den Bereich des Möglichen treten kann. Auch das ist in das Gesamtkalkül unserer Überlegungen einzubeziehen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme nun zum Schluß. Diese Verträge dienen nicht der Versöhnung mit den Völkern, sondern der Befriedigung der Wünsche ihrer Machthaber.
    Zweitens. Sie bieten keine humanitären Erleichterungen, sondern bringen zunächst eine Verschärfung der Unterdrückung.
    Drittens. Die Verträge dienen nicht der Entspannung, wenn man unter „Entspannung" die Beseitigung der Spannungsursachen versteht.
    Viertens. Die Verträge bedeuten eine Festigung des sowjetischen Besitzstandes.
    Fünftens. Diese Verträge sind auch eine Ermutigung für die Linksradikalen, die diese Politik seit 20 Jahren in unserem Lande gefordert haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sechstens. Diese Verträge stehen nicht für sich allein da. Sie sind Bausteine einer sowjetischen Weststrategie.
    Siebtens. Die europäische Friedensordnung sowjetischer Vorstellung steht in unauflöslichem Gegensatz zur Bildung einer westeuropäischen politischen Gemeinschaft.
    Achtens. Diese Verträge sollen nach der Vorstellung der Sowjets die Bundesrepublik Deutschland stärker in ihr Machtsystem und dessen Zielsetzungen einbinden.
    Neuntens. Diese Verträge sollen verhindern, daß sich die Entwicklung vom Dreieck zum Fünfeck in der Weltpolitik weiter vollzieht. Diese Verträge machen nicht den Frieden sicherer, sondern sie sichern den Sowjets die Rückenfreiheit in der globalen Konstellation, von der ich in der Kürze der Zeit nur kurz sprechen konnte.
    Nach diesen Kriterien ist das Ja oder Nein zu diesen Verträgen zu ermessen. Ich komme zu folgender Schlußfolgerung: Das Ja ist ein Übel, und das Nein bringt neue schwere Belastungen und Aufgaben mit sich. Wenn ich aber zwischen dem Ja und dem Nein zu wählen habe, entscheide ich mich für das Nein als das kleinere Übel. Die Bundesregierung hat uns und die deutsche Politik in diese Lage manövriert.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ein Ja zu diesen Verträgen bedeutet einen Bruchpunkt auf der Straße ins Unheil. Außenpolitische Fehler werden in dem Zeitpunkt, in dem sie begangen werden, nie erkannt. Sie werden oft erst nach Ablauf einer Generation oder eines halben Jahrhunderts rückwirkend als Bruchpunkt auf der Straße zum Unheil erkannt. Meine politischen Freunde und ich sind der Überzeugung, daß diese Verträge in der vorliegenden Fassung, die über den militärischen Gewaltverzicht und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit hinausgeht, einen Bruchpunkt in der



    Strauß
    deutschen Nachkriegsgeschichte bedeuten auf einer Straße, an deren Ende nur Unheil stehen kann.

    (Langanhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)