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    Deutscher Bundestag 172. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 9833 A Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation 1972 (Drucksache VI/3080) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. August 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache VI/3156) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen (Drucksache VI/3157) — Erste Beratung —, mit Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Deutschland- und Außenpolitik (Drucksachen VI/2700, VI/2828) und mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen (Drucksache VI/ 1523) — Fortsetzung der Aussprache — Franke, Bundesminister 9833 D Dr. von Weizsäcker (CDU/CSU) . 9837 C Mattick (SPD) 9843 A Amrehn (CDU/CSU) 9849 B Dr. Achenbach (FDP) . . . . . . 9853 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 9859 B Heyen (SPD) . . . . . . . . . 9869 D Dr. Ehmke, Bundesminister . . . . 9885 C Windelen (CDU/CSU) . . . . . . 9897 A Genscher, Bundesminister . . . . 9905 D Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 9909 C Schmidt, Bundesminister . 9916 A, 9934 C Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär 9929 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . 9933 C Dr. Wörner (CDU/CSU) . . . . 9935 A Fragestunde (Drucksache VI/3165) Frage des Abg. Cramer (SPD) : Anspruch mongoloider Kinder auf Ausstellung von Schwerbeschädigtenausweisen Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 9872 B, C, D Cramer (SPD) . . . . . . . 9872 C, D Fragen des Abg. Vogt (CDU/CSU) : Vorlage des Vermögensbildungsberichts und des Sparförderungsberichts Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . 9872 D, 9873 A, B , C, D Vogt (CDU/CSU) . . . . . . 9873 B, C II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Fragen des Abg. Varelmann (CDU CSU) : Einschränkung der von den Landesversicherungsanstalten gewährten Leistungen für Zahnersatz Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9873 D, 9874 A, C, D, 9875A Varelmann (CDU/CSU) . . . 9874 B, C, D, 9875 A Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) : Anzeigenaktion der Bundesregierung über die Erweiterung der EWG Ahlers, Staatssekretär 9875 B, C, D, 9876 A, B Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 9875 C, D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident . . . . . . . . 9875 D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 9876 A Damm (CDU/CSU) 9876 B Fragen des Abg. Engholm (SPD) : Vorschriften über die Haarlänge der Beamten des Bundesgrenzschutzes — Zurverfügungstellung von Haarnetzen und Vorgehen gegen Beamte mit langen Haaren Genscher, Bundesminister 9876 C, D, 9877 A Engholm (SPD) 9876 D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 9877 A Fragen der Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) und Niegel (CDU/CDU) : Errichtung von Betreuungsstellen und Regionalsektionen der Kommunistischen Partei Italiens in der Bundesrepublik Genscher, Bundesminister . . . 9877 B, C, 9878 D, 9879 A, B, C , D, 9880 A, B , C, D, 9881 A Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 9878 D, 9879 A Niegel (CDU/CSU) 9879 B, C Brück (Köln) (CDU/CSU) . . . 9879 D Matthöfer (SPD) . . . . . . . 9879 D von Thadden (CDU/CSU) . . . 9880 A Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . 9880 B Dr. Miltner (CDU/CSU) . . . . 9880 C Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 9880 D Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . 9880 D Frage des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) : Angabe von Orden und Ehrenzeichen in Personalbogen des öffentlichen Dienstes Genscher, Bundesminister . . . 9881 B, C Büchner (Speyer) (SPD) . . . . 9881 B, C Frage des Abg. Offergeld (SPD) : Erkenntnisse über die Wirkungen von Naßkühltürmen auf Klima und Luft — Kühlsysteme der Kernkraftwerke Kaiseraugst und Leibstadt Genscher, Bundesminister . . . . 9881 D, 9882 A, B Offergeld (SPD) . . . . . . . . 9882 A Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 9882 B Frage des Abg. Schlee (CDU/CSU) : Verletzung der Gebietshoheit und des Asylrechts der Bundesrepublik am 2. Februar 1972 an der deutsch-tschechoslowakischen Grenze Genscher, Bundesminister . . . 9882 C, D, 9883 A Schlee (CDU/CSU) 9882 D Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 9883 A Fragen des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) : Zielsetzung des Umweltforums und in ihm vertretene Organisationen — Stand der Vorbereitungen Genscher, Bundesminister . , 9883 B, C, D, 9884 A Müller (Mülheim) (SPD) . . . 9883 B, C, D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 9883 D Fragen des Abg. Dr. Häfele (CDU/CSU) : Einführung von Bewirtschaftungszuschüssen in landwirtschaftlichen Problemgebieten Ertl, Bundesminister . . . . 9884 B, C, D Dr. Häfele (CDU/CSU) . . . . 9884 C, D Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Erklärung des Bundesministers Ertl in der Agrardebatte der Beratenden Versammlung des Europarates über Inflationsraten Ertl, Bundesminister . . . . 9885 A, B, C Höcherl (CDU/CSU) . . . . . 9885 B, C Nächste Sitzung 9935 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 III Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 9937 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Brauksiepe (CDU/ CSU) betr. Förderung der Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerks . . . . 9937 B Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. politische Extremisten im öffentlichen Dienst . . . . . . . 9937 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr Zahl der unbearbeiteten Anträge bei den Ausgleichsämtern 9937 D Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. einheitliches Urheberrecht für EDV-Programme 9938 A Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Zander (SPD) betr. Ermittlungsverfahren gegen Monika Berberich als Gegenstand der Tätigkeit der Organisation Amnesty International . . 9938 B Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. wiederholte Vernehmung von Kindern und Heranwachsenden in Strafverfahren wegen an ihnen begangener Sittlichkeitsdelikte . . . . 9938 C Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Kater (SPD) betr. Auswirkungen der Explosionen in den Anlagen der Niederländischen Gas-Union auf die Belieferung der Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik . . . . 9939 B Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Nachentrichtung von Beiträgen und Novellierung der Altershilfe für Landwirte 9939 D Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) betr. Interview des Bundesministers Ehmke bezüglich der Konzentrationsbewegung in der Presse . . . 9940 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9833 17 2. Sitzung Bonn, den 24. Februar 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9937 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Bals *** 25. 2. Bredl 4. 3. Dasch 3.3. Dr. Dittrich 25. 2. Draeger *** 25. 2. Freiherr von und zu Guttenberg 4. 3. Frau Dr. Henze 18. 3. Kahn-Ackermann *** 26. 2. Lautenschlager * 24. 2. Lenze (Attendorn) *** 25. 2. Lücker (München) * 24. 2. Mertes 25. 2. Pöhler *** 25. 2. Richarts 25. 2. Rinderspacher *** 25. 2. Schulte (Schwäbisch-Gmünd) 25. 2. Dr. Seume 25. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 22. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Brauksiepe (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Fragen A 4 und 5) : Hält die Bundesregierung - in Anbetracht der Tatsache, daß in deutschen Jugendherbergen im Jahre 1971 eine Gesamtzahl von fast 9 Millionen Übernachtungen erreicht wurde, darunter etwa eine Million Übernachtungen junger Ausländer - die Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerks für eine vorrangig zu fördernde Aufgabe der Jugendarbeit, insbesondere im Hinblick auf die vielfältige und nachhaltige Gelegenheit internationaler Begegnungen? Ist sie bereit und sieht sie eine Möglichkeit, den Bundesjugendplan dahin gehend zu überprüfen und die Arbeit des Jugendherbergwerks wirksamer als bisher finanziell zu unterstützen? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerkes eine besonders förderungswürdige Aufgabe der Jugendarbeit darstellt. Dies wird durch die Tatsache belegt, daß die Förderung sowohl des Baues von Jugendherbergen als auch der Jugendarbeit in den Jugendherbergen in den vergangenen Jahren beträchtlich verstärkt worden ist. Die Bundesregierung ist bereit, das Deutsche Jugendherbergwerk bei dem Ausbau des Jugendherbergnetzes weiterhin nachhaltig zu unterstützen. Dafür wurden bisher alljährlich 2,8 Mio DM zur Verfügung gestellt, wozu Ländermittel in zumindest gleicher Höhe kamen. Bereits im vergangenen Haushaltsjahr konnten im Rahmen des Zonenrandförderungsgesetzes dem Deutschen Jugendherbergwerk Anlagen zum Stenographischen Bericht zusätzliche Mittel in erheblichem Ausmaß (ca. 2,5 Mio DM) zur Verfügung gestellt werden. Diese zusätzliche Förderung wird 1972 fortgesetzt und findet auch in der Finanzplanung Berücksichtigung. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 43) : In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung der durch Bundesinnenminister Genscher wiederholt erteilten Absage an politische Extremisten im öffentlichen Dienst Rechnung zu tragen? Der Bundeskanzler und die Regierungschefs der Länder haben bei ihrer Konferenz in Bonn am 28. Januar 1972 eine gemeinsame Erklärung darüber abgegeben, welche Maßnahmen nach dem geltenden Recht zu treffen sind. Nach den dort formulierten Grundsätzen werden die Bundesbehörden verfahren. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesminister Genscher vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 49) : Hat die Bundesregierung einen Überblick über die Zahl der unbearbeiteten Anträge bei den Ausgleichsämtern, insbesondere auch über Altersstruktur der wartenden Antragsteller? Von den 7 103 372 Anträgen auf Feststellung von Vertreibungsschäden, Kriegsschäden und Ostschäden nach dem Feststellungsgesetz waren Ende 1971 308 234 Anträge (= 4,31 v. H.) noch nicht abschließend bearbeitet. Im Zuerkennungsverfahren waren 69 174 Fälle (= 1,3 v. H.) noch nicht abgeschlossen. Von den 4 255 301 zuerkannten Ansprüchen auf Hauptentschädigung waren 161 587 (= 3,9 v. H.) noch nicht erfüllt. In 597 961 Fällen konnten die zuerkannten Hauptentschädigungsansprüche nicht oder nur teilweise erfüllt werden, weil die Erfüllung wegen noch laufender Kriegsschadenrente oder aus sonstigen gesetzlichen Gründen gesperrt ist. Ein höherer Bearbeitungsrückstand ergibt sich bei den Anträgen auf Feststellung von Vermögensschäden in Mitteldeutschland und im Gebiet von Berlin (Ost) nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz (BFG) vom 22. Mai 1965. Hier sind bis zum 31. Dezember 1971 insgesamt 384 079 Feststellungsanträge eingereicht worden, von denen bis dahin 264 434 Anträge (= 69,1 v. H.) noch in Bearbeitung waren. 9938 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Von den 81 637 im Feststellungsverfahren positiv erledigten Anträgen sind 25 777 Fälle (= 31 v. H.) im Zuerkennungsverfahren noch unerledigt. Von den zuerkannten Ansprüchen auf Hauptentschädigung waren 35 156 voll erfüllt. 20 481 Ansprüche konnten nicht oder nur teilweise erfüllt werden, weil wegen der Gewährung laufender Beihilfe oder aus sonstigen gesetzlichen Gründen eine Auszahlung nicht möglich war. Einen Überblick über die Altersstruktur der wartenden Antragsteller hat die Bundesregierung nicht. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 50) : Wie beurteilt die Bundesregierung ein einheitliches Urheberrecht für EDV-Programme, und was hat sie in dieser Hinsicht bisher unternommen? Die Frage des Schutzes der EDV-Programme wird zur Zeit von der Weltorganisation für geistiges Eigentum im Auftrage der Vereinten Nationen untersucht. Dabei wird insbesondere auch geprüft, ob für EDV-Programme ein Schutz durch das Urheberrecht, durch Patente oder Gebrauchsmuster oder aufgrund der Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb ausreichend und angemessen ist oder ob es zweckmäßig erscheint, ein neues Schutzrecht für EDV-Programme zu schaffen. Die Bundesregierung hält es für angebracht, zunächst das Ergebnis dieser Untersuchung abzuwarten, da angesichts der internationalen Bedeutung des Problems des Schutzes der EDV-Programme eine Rechtsangleichung sehr erwünscht ist. Sofortige Maßnahmen auf nationaler Ebene sind nach Auffassung der Bundesregierung nicht erforderlich. EDV-Programme genießen, soweit sie persönliche geistige Schöpfungen sind, den Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Im übrigen greift ergänzend der Schutz des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ein, wenn EDV-Programme von Dritten in unlauterer Weise ausgenutzt werden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Zander (SPD) (Drucksache VI/3165 Frage A 53) : Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus der Tatsache zu ziehen, daß die zur Hilfe für politische Häftlinge gegründete Organisation Amnesty International den Fall Monika Berberich aufgreifen will? Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, aufgrund der Tatsache, daß Amnesty International das Ermittlungsverfahren gegen Monika Berberich zum Gegenstand seiner Tätigkeit gemacht hat, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist schon deswegen nicht erforderlich, weil die Bundesanwaltschaft am 18. Februar 1972 den Generalsekretär von Amnesty International auf dessen Wunsch ausführlich über den bisherigen Verlauf des Verfahrens informiert und dabei insbesondere auch die Gründe für die Dauer der Untersuchungshaft erörtert hat. Der Generalsekretär von Amnesty-International hat aufgrund dieser Informationen am gleichen Tage in Karlsruhe auf einer Pressekonferenz im Namen seiner Organisation erklärt, daß Beanstandungen gegen die bisherige Behandlung des Verfahrens nicht zu erheben seien. Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft das Verfahren an die Strafverfolgungsbehörden Berlin abgegeben. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache V1/3165 Frage A 55) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß Kinder und Heranwachsende schweren psychischen Belastungen ausgesetzt sind, wenn sie in dem Strafverfahren wegen eines an ihnen begangenen Sittlichkeitsdeliktes mehrmals als Zeugen vernommen werden, und ist sie bereit, durch eine Gesetzesinitiative sicherzustellen, daß von weiteren Zeugeneinvernahmen bei späteren Beweisaufnahmen dann abzusehen ist, wenn bereits eine gerichtlich protokollierte Aussage vorliegt? Ich darf mir vorweg den Hinweis erlauben, daß das von Ihnen angeschnittene Problem bereits Gegenstand von Erörterungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform ist. Anläßlich der Beratungen über das 4. Strafrechtsreformgesetz hat der Sonderausschuß hierzu eine an den Bundesminister der Justiz gerichtete Entschließung gefaßt und den Bundesminister der Justiz gebeten, zu dem in der Entschließung enthaltenen Fragenkatalog Stellung zu nehmen. Mein Haus hat über die Landesjustizverwaltungen die gerichtliche und staatsanwaltliche Praxis zu diesen Fragen gehört und entsprechende gesetzliche Regelungen ausländischer Staaten überprüft. Das Ergebnis der Auswertung des umfangreichen Materials wird in diesen Tagen dem Sonderausschuß zugeleitet werden. Aufgrund des meinem Hause vorliegenden Materials wird davon auszugehen sein, daß unter Psychologen und bei der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis weitgehend Übereinstimmung darüber besteht, daß Kinder und Heranwachsende psychischen Belastungen ausgesetzt sein können, wenn sie in dem nachfolgenden Strafverfahren wegen eines an ihnen begangenen Sittlichkeitsdelikts als Zeugen vernommen werden. Dabei birgt insbesondere die wiederholte Vernehmung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen die Gefahr eines schädigenden Einflusses in sich. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9939 Um diese Gefahr auszuschließen, wäre an sich eine Regelung erstrebenswert, die im Prinzip nur eine richterliche Vernehmung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen zuläßt und als Regelfall die Verlesung dieser Vernehmungsniederschrift in der Hauptverhandlung vorsieht. Eine entsprechende Regelung erscheint allerdings nicht unproblematisch. Sie wird von der gerichtlichen Praxis einhellig abgelehnt. Eine entsprechende gesetzliche Bestimmung würde einen tiefgreifenden Eingriff in die Struktur des Strafprozesses bedeuten, da damit der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme durchbrochen würde. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zählt aber zu den wichtigsten Prinzipien unseres Strafverfahrensrechts. Er gewährleistet, daß das erkennende Gericht von den zur Rekonstruierung des Sachverhalts benutzten Beweismitteln in unmittelbar eigener sinnlicher Wahrnehmung Kenntnis erlangt. Dies ist gerade von besonderer Bedeutung in Strafverfahren wegen Sittlichkeitsdelikten, in denen kindliche oder jugendliche Opfer oft als einzige Zeugen, zumindest aber als Hauptbelastungszeugen auftreten. Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß dem berechtigten Wunsch nach besonderem Schutz kindlicher und jugendlicher Zeugen vor schädlichen Nebenwirkungen des Strafverfahrens die rechtsstaatliche gegründete Forderung nach unbeschränkter Verteidigung des Angeklagten gegenübersteht. Diese Antinomie dürfte nicht ohne eine schwer zu vertretende Beschränkung des Rechts der Verteidigung aufgelöst werden können. Die Bundesregierung wird jedoch im Rahmen der bereits in Angriff genommenen Reform des Strafverfahrensrechts mit Vorrang auf eine gesetzliche Regelung hinwirken, die der besonderen psychischen Situation des kindlichen und jugendlichen Opfers von Sittlichkeitsdelikten im anschließenden Strafverfahren gerecht wird. Welcher gesetzgeberischen Lösung angesichts der hier nur kurz aufgezeigten Schwierigkeiten der Vorzug zu geben ist, bedarf noch weiterer eingehender Überlegungen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Rohwedder vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache VI/3165 Fragen A 58 und 59) : Welche Auswirkungen hatten nach Auffassung der Bundesregierung die Folgen der Sprengstoffexplosionen in den Kompressoranlagen der Niederländischen Gasunion in Ravenstein und Ommen auf die Belieferung der Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland? Was hat die Bundesregierung getan bzw. was gedenkt sie zu veranlassen, um Vorsorge für den Fall des Entstehens von in den Niederlanden verursachten Versorgungsschwierigkeiten für die Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland zu treffen? Die Sprengstoffexplosionen in den Kompressoranlagen der Niederländischen Gas-Union hatten auf die Belieferung der Letztabnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik keine nennenswerten Auswirkungen. Lediglich solche Abnehmer haben Liefereinschränkungen hinnehmen müssen, bei denen Lieferunterbrechungen vertraglich zulässig sind. Die Bundesregierung betrachtet gerade die niederländischen Erdgasvorkommen als eine sehr sichere Energiequelle für den deutschen Energiemarkt. Sie wird in dieser Auffassung dadurch noch bestärkt, daß die niederländische Regierung unverzüglich Sicherheitsmaßnahmen beschlossen hat, um auch außergewöhnliche Vorkommnisse wie Sprengstoffanschläge für die Zukunft zu verhindern. Wirksamster Schutz auch gegen solche Versorgungsstörungen ist im übrigen nach Auffassung der Bundesregierung eine Politik der Diversifikation der Bezugsquellen sowie der weitere Ausbau des Erdgas-Verbundsystems, das wechselseitige Aushilfen der Verbundpartner, auch über die Staatsgrenzen hinweg, ermöglicht. Die Versorgungssicherheit der Verbundpartner wird um so größer, je mehr Erdgasquellen und Erdgasspeicher in dieses System eingebunden werden. Die Bundesregierung ermutigt alle Bemühungen, die auf die Erschließung neuer Lieferquellen, auf die Anlage von Erdgasspeichern und auf den Ausbau eines umfassenden europäischen Erdgas-Verbundsystems gerichtet sind. Dies ist ein Weg, auf dem die deutsche Gaswirtschaft schon ein gutes Stück vorangekommen ist. Für den Fall gleichwohl eintretender Versorgungsstörungen liegen schließlich bei den einzelnen Ferngasgesellschaften bis ins einzelne ausgearbeitete Abschaltpläne vor, um nach Maßgabe der geringsten Beeinträchtigung die Auswirkungen einer solchen Störung in möglichst engen Grenzen zu halten. Dabei wird der Versorgung der Kommunen und damit der privaten Haushalte sowie der Belieferung der Abnehmer, die nicht auf andere Energiearten ausweichen können, Vorrang eingeräumt. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Fragen A 89 und 90) : Wird die Bundesregierung Landwirten, die sich bei der Einführung der Altershilfe für die Landwirtschaft von den Beitragszahlungen befreien ließen, eine Nachversicherungsmoglichkeit einräumen? Wie groß ist der oben angesprochene Personenkreis? Bei der vorgesehenen Novellierung der Altershilfe für Landwirte wird die Bundesregierung auch die Möglichkeiten für einen Verzicht auf die Befreiung von der Beitragspflicht und die damit verbundene Frage der Nachentrichtung von Beiträgen prüfen. Dabei ist jedoch eine differenzierte Betrachtung erforderlich, da es sich um unterschiedliche Befreiungstatbestände mit entsprechend unterschiedlichen Motivationen handelt. Und zwar sind diejenigen Personen, die sich bei Einführung der Altershilfe für Landwirte im Jahre 9940 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 1957 auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages haben befreien lassen, von jenen Personen zu unterscheiden, die wegen einer anderweitigen gesetzlichen Versicherung oder Versorgung befreit worden sind. Im ersten Fall ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen, unter denen der Entschluß zur Befreiung seinerzeit gefaßt worden ist, nicht so verändert sind, daß eine Korrektur der damaligen Entscheidung ermöglicht werden sollte. Im zweiten Fall haben die Versicherungs- und Versorgungsansprüche an der allgemeinen Fortentwicklung teilgenommen, so daß er sich in einem anderen Licht darstellt. Soweit es die Zahlen angeht, möchte ich folgendes anmerken: Nach der Quartalstatistik der landwirtschaftlichen Alterskassen (Stichtag 31. Dezember 1971), die vom Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen herausgegeben wird, beträgt die Zahl der beitragsbefreiten Landwirte insgesamt 60 422. Die Zahl derjenigen, die auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages befreit worden sind, dürfte bei 2 500 liegen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Ehmke vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 117) : Entsprechen die Auffassungen, die Bundesminister Ehmke in einem Interview mit dem Bonner „General-Anzeiger" vom 7. Januar 1972 — auch nachgedruckt im Bulletin vom 8. Januar 1972 — zu den Problemen der Massenmedien darlegte, den in den zuständigen Bundesministerien entwickelten Vorstellungen, und teilt die Bundesregierung insbesondere die Behauptungen des Bundesministers "Hinsichtlich der Pressekonzentration -muß man sich klarmachen, daß ein Teil des Konzentrationsvorgangs allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen notwendig ist und daß die Zusammenlegung oft zu einem besseren Niveau der Zeitungen führt. Man muß auch lokale Zeitungsmonopole durch den Ausbau regionaler Rundfunk- und Fernsehsender auszugleichen suchen. Dennoch ist der Gedanke einer als öffentlich-rechtliche Körperschaft organisierten Zeitung ein interessantes theoretisches Modell, wenn wir nämlich unterstellen, daß es am Ende des Konzentrationsprozesses nur noch eine Zeitung mit einer absoluten Monopolstellung geben könnte. Wir sollten es aber auf keinen Fall zu einer solchen Situation kommen lassen, in der die Frage verneint werden muß, ob Zeitungen überhaupt noch auf privater Basis gemacht werden dürfen."? In dem von Ihnen zitierten Interview habe ich ausgeführt, daß ein Teil der Konzentrationsbewegung in der Presse auf betriebswirtschaftliche Zwänge zurückzuführen ist. Es handelt sich hierbei um eine Feststellung, die schon im Schlußbericht der Pressekommission vom 22. Mai 1968 dargelegt ist. Ein gewisses Maß von Konzentration kann aber durchaus dem Informationsinteresse des Bürgers dienen, soweit nämlich leistungsschwache und überalterte Pressebetriebe durch leistungsstarke und rationell arbeitende Betriebe ersetzt werden, die eine zuverlässigere und vielseitigere Information bieten können. Hiervon ausgehend habe ich weiter die Auffassung vertreten, daß der Pressekonzentration dann entgegengewirkt werden muß, wenn eine ausreichende Meinungsvielfalt in der Presse nicht mehr gewährleistet ist. Diese Auffassung deckt sich nicht nur mit der der Bundesregierung; ich gehe sogar davon aus, daß auch Sie ihr zustimmen. Falls es einmal dazu kommen sollte, daß die Vielfalt der Presse aufgrund der wirtschaftlichen Konzentration Meinungsmonopolen weichen müßte, dann stünde als Ausweg zur Erhaltung der Meinungsvielfalt das Denkmodell einer als öffentlich-rechtlichen Körperschaft organisierten Zeitung zur Debatte. Diese Frage, die mir in jenem Interview gestellt wurde, ist heute nicht akut, und ich hoffe, daß sie nie akut wird.
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    Rede von Dr. Horst Ehmke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Gradl, ich bestätige Ihnen das. Wir sind uns doppelt einig. Weder die Regierung noch die Opposition meint, daß mit dieser Formulierung hingenommen werden soll, was dort geschieht, daß es im Sinne von Billigung anerkannt werden soll. Aber wir sind uns beide einig: wir wollen dort keine Hoheitsrechte in Anspruch nehmen.

    (Abg. Kiep: Wie können Sie dann diese Frage stellen? — Abg. Dr. Barzel: Diese Interpretation kann ich nicht bestätigen!)

    — Gut, Herr Kollege Barzel, dann wäre ich dankbar, wenn Sie nachher sagten, was Sie meinen. — Wenn das so ist, Herr Kollege Barzel, dann gibt es für uns keinen Zugriff auf den einzelnen Menschen drüben, und die beste Berufung und bestgemeinte Berufung auf Menschenrechte muß eine leere Geste bleiben. Wenn es so ist, daß wir drüben keine Hoheitsrechte in Anspruch nehmen — ausüben können wir sie sowieso nicht —, dann heißt, etwas für die Menschen drüben zu tun - nicht die Menschen an sich, die konkreten Menschen, die dort heute leben, so wie wir im Berlin-Vertrag etwas für die heutigen Berliner getan haben —, mit der DDR zu reden und zu verhandeln trotz ihrer von uns allen abgelehnten Gesellschaftsordnung, und zwar auch über den Schießbefehl.
    Herr Kollege von Weizsäcker und Herr Kollege Marx, wir sollten diese Frage, daß wir in der bitte-



    Bundesminister Dr. Ehmke
    ren Situation sind, auf dem eigenen Boden unseres Volkes mit einem solchen System um mehr Menschlichkeit ringen zu müssen, doch nicht dauernd mit der Unterstellung belasten: Wer jetzt verhandelt, verhält sich im Grunde in irgendeiner politischen Nähe zu diesem Regime. Gestern klang es an. Richard Stücklen — —

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir sollten es damit nicht belasten. Richard Stücklen hat jedenfalls noch nicht erklärt, was der Vergleich mit der Emigration des Bundeskanzlers in der Nazizeit eigentlich sollte.

    (Abg. Stücklen: Lesen Sie es doch endlich mal nach!)

    Ich sage Ihnen eins, Herr von Weizsäcker: zu warten mit Verhandlungen und mit dem, was wir tun wollen unter dem Stichwort Freizügigkeit, in der Meinung: erst Änderung des Systems — Herr Marx ist da schon sehr viel weitergegangen, aber ich halte mich an Sie, Herr Kollege Barzel —, das hieße, die Pflicht zu verletzen, die wir den Menschen drüben gegenüber haben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Herr Kollege von Weizsäcker, Ihre — entschuldigen Sie — schneidige, sich realistisch gebende, in Wirklichkeit aber resignierte Durchhalteparole ist eine Parole auf Kosten der Menschen drüben.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Unglaublich! — Weiterer Widerspruch bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir für die Menschen drüben etwas tun wollen — — Das ist die bittere Erfahrung einer langjährigen und gescheiterten Politik, einer Politik, in der wir lange Strecken zusammen gegangen sind. Das heißt, nichts zu erreichen für die Menschen drüben. Herr Kollege Schröder, Sie haben gestern gesagt, diese Verträge hätten Sie jederzeit haben können — offenbar also einschließlich auch der Berlin-Vereinbarung —, Sie hätten sie aber gar nicht haben wollen. Das war makabrer, als Ihnen vielleicht bewußt gewesen ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine verehrten Herren von der Opposition, die Regierung muß sich natürlich der Frage stellen — darin haben Sie völlig recht; wir tun das auch —: Wenn das so ist, die Meinung der Bundesregierung einmal unterstellt, sind dann die Verträge, die ihr unterzeichnet habt und zur Ratifizierung bringt, wirklich ein Weg, in der Frage der Freizügigkeit der Menschen im geteilten Deutschland weiterzukommen? Natürlich müssen wir diese Frage beantworten. Ich sage Ihnen: es ist der einzige Weg, den ich sehe. Auf Ihre sogenannten Alternativen komme ich noch. Ich sage noch einmal auch in dieser Beziehung: man sollte den Erfolg, den wir in Berlin erreicht haben, nicht bagatellisieren. Ich halte es übrigens politisch auch für falsch, die Geste, die, aus welchen Gründen immer, die DDR mit dem Vorziehen der Besuchsregelung gemacht hat, von uns
    aus herunterzuspielen. Wir sollten über alles froh sein, was wir für die Menschen im geteilten Deutschland erreichen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Kollege Barzel hat nämlich völlig recht: die Frage der deutschen Einheit ist ein langer historischer Prozeß, den keiner von uns heute übersieht.

    (Abg. Dr. Barzel: Der geht weiter!)

    — Er geht weiter und geht auch von uns weiter.

    (Abg. Dr. Barzel: Der Satz geht weiter!)

    — Gut, das habe ich schon gesagt. Akzeptiert! — Mir kommt es auf das Wort „Prozeß" an. Wir sind uns einig, die Frage der deutsche Einheit ist nicht ein Geschäft oder gar ein Tagesgeschäft, das man morgen abschließen könnte. Darum kann man nur schrittweise vorgehen, wie wir es tun, wenn man für die Menschen drüben etwas erreichen will.
    Die Frage, die bleibt, Herr Kollege Barzel, ist dann die Frage der Reihenfolge. Wir sagen: jetzt erst die Verträge, dann weitere Schritte mit der DDR. Sie sind der Meinung, wie Sie es schon bei Berlin in bezug auf die Unterschrift waren: jetzt erst noch weitere Verhandlungen mit der DDR und dann erst die Ratifizierung der Verträge. Ich möchte einmal wissen, Herr Kollege Barzel, worauf Sie eigentlich Ihre Meinung gründen, die Ablehnung des Moskauer und des Warschauer Vertrages, in deren Gesamtkontext die erste Einigung der Großmächte über Berlin und unsere Berlin-Vereinbarung mit der DDR möglich geworden sind, würde weiterhelfen, die Chancen, weiterzukommen, würden verbessert, wenn man diese Verträge nicht ratifizierte. Herr Kollege Barzel, gerade wenn die DDR so stur ist, wie Sie meinen und wie sie zum großen Teil ist — wir sehen es ja —, dann dürfen wir doch von unserer Seite auf keinen Fall eine Politik treiben, in der wir die Regierung in Ost-Berlin zum Herrn der Entscheidung über den Vertrag von Moskau und den Vertrag von Warschau machen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Im übrigen, Herr Kollege Barzel, haben wir beide — auch persönlich — in der Frage der Reihenfolge schon eine Erfahrung. Ich entsinne mich an ein sehr langes und sachliches Gespräch über die Frage: Soll die Bundesregierung den Moskauer Vertrag unterschreiben, oder soll sie erst versuchen, eine Berlin-Regelung zu bekommen, und erst dann unterschreiben? Unsere Meinung war die: wir kommen gar nicht zu einer Berlin-Regelung, wenn wir nicht unterschreiben. Ihre Meinung war anders. Wir haben recht behalten, wobei es uns freut — auch Sie freut es sicher —, daß wir die Berlin-Regelung erreicht haben. Das heißt nicht, daß wir auch diesmal recht behalten müssen. Aber ich bin der Meinung, auch hier sehen wir die Reihenfolge richtig.
    In allen drei zusätzlichen Punkten, Herr Kollege Barzel, die — ich sage es noch einmal — nicht die für unsere Menschen draußen zentrale Frage des territorialen Status quo berühren, ist Ihr Nein nicht begründet.



    Bundesminister Dr. Ehmke
    Aber, Herr Kollege Barzel, ist es überhaupt ein Nein? Sie haben die Frage, was Sie zu den Verträgen sagen werden — ja oder nein oder gar nichts —, lange offengehalten. Sie haben gesagt — ich fand das auch richtig —: wir wollen erst einmal sehen und uns dann ein Bild machen. Sie haben dann gesagt: wir wollen einmal sehen, was in Berlin herauskommt. Als das kam, haben Sie andere Dinge nachgeschoben. Sie haben dann allerdings neulich gesagt — ich glaube, in einer Äußerung Ihres Präsidiums —, Sie würden gegen die Verträge stimmen, noch vor der Debatte offenbar, noch vor den Ausschußsitzungen und natürlich alle ganz geschlossen: nein. Nun ist es offenbar doch wieder offen. Denn wenn ich Sie recht verstanden habe, Herr Kollege Barzel, haben Sie gestern nicht nein gesagt, sondern Sie haben gesagt: so nicht und jetzt nicht.
    Da frage ich nun, Herr Kollege Barzel: Was ist die Alternative? Ich sehe als einziges, was hier ernsthaft als Alternative angeboten wird, die Ablehnung, das Nein. Nun sagen Herr Kollege Kiesinger und Herr Kollege Schröder: Regt euch nicht auf, das Leben geht auch dann weiter. Das ist richtig, meine Herren, aber die Frage ist: wie? Mit dem gleichen Stillstand wie gehabt, nur durch Durchhalteparolen veredelt, oder wie? Sie glauben doch nicht, daß Sie mit der Ablehnung dieser Verträge, die — ich sage es noch einmal — die Vorbedingung zur ersten Einigung der Großmächte in Mitteleuropa gewesen sind, den Schießbefehl wegbekommen oder den Menschen im anderen Teil Deutschlands helfen. Das glauben Sie doch nicht im Ernst!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Frage, vor der wir bei der Interpretation Ihrer Politik stehen, ist die: sagen Sie nur ,ein formales, mit Nebenpunkten begründetes Nein, um die Regierung die Verantwortung allein tragen zu lassen? Oder ist Ihr Nein getragen von der Hoffnung — ja, Herr Kollege Schröder, die CDU hat keineswegs nur, wie Sie meinten, Befürchtungen, sie hat auch Hoffnungen —, Sie würden nach einer Ablehnung dieser Verträge bessere Verträge aushandeln? Ich habe mich schon dazu geäußert, was ich von Ihrer Bemerkung halte, Sie hätten die gleichen Verträge haben können.
    Herr Kollege Schröder, ich sage Ihnen noch mehr. Früher einmal, z. B. 1952, hätten Sie vielleicht noch viel bessere Verträge haben können,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    als irgendeine deutsche Regierung sie heute bekommen kann. Aber damals hat es Ihre Regierung nicht einmal versucht. Seit dieser Zeit hat die von Ihnen geführte Regierung in der Deutschlandfrage zu unser aller Schmerz nichts, aber auch nichts bewegt; die Spaltung Deutschlands ist tiefer geworden. Ich weiß nicht, Herr Kollege Schröder, ob Sie diese Politik in Ihrem Sinne als solide ansehen; erfolgreich war diese Politik jedenfalls nicht, und den Menschen im anderen Teil Deutschlands hat sie ganz sicher auch nicht geholfen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das sage ich Ihnen hier ganz offen, Herr Kollege Barzel: an der Kontinuität dieser Erfolglosigkeit ist diese Bundesregierung nicht interessiert;

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    denn das hieße ja, sich zum Gefangenen der hirnrissigen Parole zu machen, deutsch sein heiße, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun. Ihre Hoffnung, nach einer Ablehnung der Verträge bessere Verträge aushandeln zu können, ist doch angesichts unserer geschichtlichen Erfahrung und der Beurteilung der heutigen politischen Situation eitel. Dagegen, Herr Kollege Schröder, zeigt unsere Politik erste Erfolge wie in Berlin. Vor zwei Jahren hat doch noch keiner geglaubt, daß man ein solches Berlin-Abkommen bekommen kann — seien wir doch ehrlich!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dagegen eröffnet unsere Politik wirklich Perspektiven.

    (Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Und was für welche!)

    Ja, Sie haben recht, Herr Kollege Schröder, auch wir verbinden mit dieser Politik Hoffnung, bei aller Nüchternheit in der Abwägung der natürlichen auch mit dieser Politik verbundenen Risiken. Es ist doch gar nicht bestritten, daß es da auch Risiken gibt. Aber, Herr Kollege Schröder, eine Politik ohne Hoffnung wäre eine unmenschliche Politik, die nur entweder in Resignation oder in Zynismus enden könnte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir versuchen im Gestrüpp der Nachkriegszeit und einer gescheiterten Politik früherer Regierungen — so gut diese Politik auch gemeint war, das ist doch kein moralisches Urteil —, der politischen Vernunft in unserem Lande und in Europa einen Weg zu bahnen. Ihnen ist dieser Weg offenbar zu beschwerlich oder zu ungewiß. Sie wollen — Herr von Weizsäcker hat das heute geradezu klassisch formuliert: stillhalten, durchhalten, warten. Sagen Sie: warten, worauf eigentlich? Offenbar darauf, daß die Geschichte mehr Phantasie haben möge, als Sie gehabt haben, als Sie die Regierung geführt haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich will hier nicht sagen, was ich von dieser Politik des Wartens, solide und edel natürlich, halte, aber ich will Ihnen ein Wort unseres Dichters Emanuel Geibel zurufen, das er geradezu für Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, geschrieben haben könnte. Es heißt:
    Die Zeit zum Handeln jedesmal verpassen,
    nennt Ihr die Dinge sich entwickeln lassen!

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Und Geibel fährt fort:
    Was hat sich denn entwickelt, sagt mir an, was man zur rechten Stunde nicht getan?
    Meine Damen und Herren der Opposition, dies, das Richtige zur rechten Stunde tun, ist nicht nur eine Frage des Friedens in Europa und der Chance, die weitere Vertiefung der Spaltung Deutschlands zu verhindern und die Spaltung dann langsam ab-



    Bundesminister Dr. Ehmke
    zubauen, es ist auch eine Frage der Entscheidungsfähigkeit und damit der Glaubwürdigkeit unserer parlamentarischen Demokratie.

    (Oh-Rufe von der CDU/CSU.)

    Einer der intellektuellen Gegner der parlamentarischen Demokratie in Weimar, Carl Schmitt, hat einmal gesagt, die parlamentarische Demokratie sei die Regierungsform, die auf den Ruf „Christus oder Barabbas?" mit einem Vertagungsantrag antworte. Glücklicherweise haben wir hier nicht über die Frage Christus oder Barabbas zu entscheiden,

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    aber die Frage, über die wir zu entscheiden haben,
    wiegt schwer genug, und sie duldet keine Vertagung.
    Darum können wir auf die halb abwiegelnde, halb aufschiebende Parole des Herrn Kollegen Barzel „so nicht" und „jetzt nicht" nur antworten: so und jetzt!

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Windelen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Windelen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der Kollege Minister Ehmke hat damit begonnen, sich auf die gestrige Debatte, die Kontroverse zwischen den Kollegen Barzel und Ehmke, zu beziehen und einiges Klarstellende dazu zu sagen. Wir hätten es begrüßt und gewünscht, wenn er gleichzeitig einiges zu der Kontroverse zwischen dem Kollegen Dr. Marx und dem Kollegen Wehner von heute vormittag gesagt hätte. Ich meine, es nützt nichts, wenn wir hier von Zeit zu Zeit Lippenbekenntnisse ablegen, daß wir uns gegenseitig den guten Willen nicht bestreiten, aber das Gegenteil von dem hier praktizieren.
    Ich fürchte, daß einiges von dem, was heute vormittag hier gesagt wurde, untergegangen ist. Ich darf es deswegen in der Hoffnung, daß vielleicht doch noch ein klärendes Wort kommt, wiederholen.
    Der Kollege Dr. Marx hat am Ende seiner Rede auf ein Zitat von Ernst Reuter Bezug genommen und hat sich zu diesem Zitat bekannt. Darauf kam es, wie das unkorrigierte Protokoll verzeichnet, zu Tumulten, zu Zurufen „Aufhören"! usw. Der Kollege Marx hat dann seine Ausführungen zusammengefaßt, indem er sagte, die entscheidenden Fragen, um die es bei uns und bei ihm gehe, seien die Kategorien des Rechts, der Freiheit, der Wahrheit und des Friedens, die sich für uns nicht verändert haben, daß wir an diesen Kategorien die Verträge messen und daß sie vor diesen Kategorien unserer politischen Verantwortung nicht bestehen können. Darauf kam der Zuruf des Kollegen Wehner: „Sportpalast!" — „Anhaltender Beifall der CDU/ CSU", so verzeichnet es das Protokoll, und dann folgt der Zuruf des Abgeordneten Wehner: „Hier fehlt nur noch die Frage: Wollt Ihr den totalen Krieg?"

    (Zuruf von der SPD: Jawohl! Genau!)

    Meine Damen und Herren, das ist die Redlichkeit und Verantwortlichkeit, mit der hier von der Koalition diskutiert und argumentiert wird! Ich werde mich diesem Stil nicht anschließen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Dann müssen Sie anders reden als Herr Marx!)