Rede:
ID0617202500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 49
    1. wir: 4
    2. der: 3
    3. für: 2
    4. sind: 2
    5. —: 2
    6. daß: 2
    7. noch: 2
    8. den: 2
    9. Redner: 2
    10. Meine: 1
    11. Damen: 1
    12. und: 1
    13. Herren,: 1
    14. bei: 1
    15. Zeiteinteilung: 1
    16. die: 1
    17. heutige: 1
    18. Debatte: 1
    19. —\n: 1
    20. Darf: 1
    21. ich: 1
    22. bitten,: 1
    23. jetzt: 1
    24. in: 1
    25. Ruhe: 1
    26. letzten: 1
    27. Vormittagsrunde: 1
    28. anhören,: 1
    29. lediglich: 1
    30. zehn: 1
    31. Minuten: 1
    32. beantragt: 1
    33. sind.: 1
    34. Wir: 1
    35. davon: 1
    36. ausgegangen,: 1
    37. diesen: 1
    38. hören,: 1
    39. damit: 1
    40. zu: 1
    41. einem: 1
    42. gewissen: 1
    43. Abschluß: 1
    44. kommen.Das: 1
    45. Wort: 1
    46. hat: 1
    47. Herr: 1
    48. Abgeordnete: 1
    49. Heyen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 172. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 9833 A Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation 1972 (Drucksache VI/3080) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. August 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache VI/3156) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen (Drucksache VI/3157) — Erste Beratung —, mit Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Deutschland- und Außenpolitik (Drucksachen VI/2700, VI/2828) und mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen (Drucksache VI/ 1523) — Fortsetzung der Aussprache — Franke, Bundesminister 9833 D Dr. von Weizsäcker (CDU/CSU) . 9837 C Mattick (SPD) 9843 A Amrehn (CDU/CSU) 9849 B Dr. Achenbach (FDP) . . . . . . 9853 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 9859 B Heyen (SPD) . . . . . . . . . 9869 D Dr. Ehmke, Bundesminister . . . . 9885 C Windelen (CDU/CSU) . . . . . . 9897 A Genscher, Bundesminister . . . . 9905 D Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 9909 C Schmidt, Bundesminister . 9916 A, 9934 C Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär 9929 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . 9933 C Dr. Wörner (CDU/CSU) . . . . 9935 A Fragestunde (Drucksache VI/3165) Frage des Abg. Cramer (SPD) : Anspruch mongoloider Kinder auf Ausstellung von Schwerbeschädigtenausweisen Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 9872 B, C, D Cramer (SPD) . . . . . . . 9872 C, D Fragen des Abg. Vogt (CDU/CSU) : Vorlage des Vermögensbildungsberichts und des Sparförderungsberichts Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . 9872 D, 9873 A, B , C, D Vogt (CDU/CSU) . . . . . . 9873 B, C II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Fragen des Abg. Varelmann (CDU CSU) : Einschränkung der von den Landesversicherungsanstalten gewährten Leistungen für Zahnersatz Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9873 D, 9874 A, C, D, 9875A Varelmann (CDU/CSU) . . . 9874 B, C, D, 9875 A Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) : Anzeigenaktion der Bundesregierung über die Erweiterung der EWG Ahlers, Staatssekretär 9875 B, C, D, 9876 A, B Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 9875 C, D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident . . . . . . . . 9875 D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 9876 A Damm (CDU/CSU) 9876 B Fragen des Abg. Engholm (SPD) : Vorschriften über die Haarlänge der Beamten des Bundesgrenzschutzes — Zurverfügungstellung von Haarnetzen und Vorgehen gegen Beamte mit langen Haaren Genscher, Bundesminister 9876 C, D, 9877 A Engholm (SPD) 9876 D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 9877 A Fragen der Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) und Niegel (CDU/CDU) : Errichtung von Betreuungsstellen und Regionalsektionen der Kommunistischen Partei Italiens in der Bundesrepublik Genscher, Bundesminister . . . 9877 B, C, 9878 D, 9879 A, B, C , D, 9880 A, B , C, D, 9881 A Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 9878 D, 9879 A Niegel (CDU/CSU) 9879 B, C Brück (Köln) (CDU/CSU) . . . 9879 D Matthöfer (SPD) . . . . . . . 9879 D von Thadden (CDU/CSU) . . . 9880 A Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . 9880 B Dr. Miltner (CDU/CSU) . . . . 9880 C Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 9880 D Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . 9880 D Frage des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) : Angabe von Orden und Ehrenzeichen in Personalbogen des öffentlichen Dienstes Genscher, Bundesminister . . . 9881 B, C Büchner (Speyer) (SPD) . . . . 9881 B, C Frage des Abg. Offergeld (SPD) : Erkenntnisse über die Wirkungen von Naßkühltürmen auf Klima und Luft — Kühlsysteme der Kernkraftwerke Kaiseraugst und Leibstadt Genscher, Bundesminister . . . . 9881 D, 9882 A, B Offergeld (SPD) . . . . . . . . 9882 A Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 9882 B Frage des Abg. Schlee (CDU/CSU) : Verletzung der Gebietshoheit und des Asylrechts der Bundesrepublik am 2. Februar 1972 an der deutsch-tschechoslowakischen Grenze Genscher, Bundesminister . . . 9882 C, D, 9883 A Schlee (CDU/CSU) 9882 D Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 9883 A Fragen des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) : Zielsetzung des Umweltforums und in ihm vertretene Organisationen — Stand der Vorbereitungen Genscher, Bundesminister . , 9883 B, C, D, 9884 A Müller (Mülheim) (SPD) . . . 9883 B, C, D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 9883 D Fragen des Abg. Dr. Häfele (CDU/CSU) : Einführung von Bewirtschaftungszuschüssen in landwirtschaftlichen Problemgebieten Ertl, Bundesminister . . . . 9884 B, C, D Dr. Häfele (CDU/CSU) . . . . 9884 C, D Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Erklärung des Bundesministers Ertl in der Agrardebatte der Beratenden Versammlung des Europarates über Inflationsraten Ertl, Bundesminister . . . . 9885 A, B, C Höcherl (CDU/CSU) . . . . . 9885 B, C Nächste Sitzung 9935 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 III Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 9937 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Brauksiepe (CDU/ CSU) betr. Förderung der Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerks . . . . 9937 B Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. politische Extremisten im öffentlichen Dienst . . . . . . . 9937 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr Zahl der unbearbeiteten Anträge bei den Ausgleichsämtern 9937 D Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. einheitliches Urheberrecht für EDV-Programme 9938 A Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Zander (SPD) betr. Ermittlungsverfahren gegen Monika Berberich als Gegenstand der Tätigkeit der Organisation Amnesty International . . 9938 B Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. wiederholte Vernehmung von Kindern und Heranwachsenden in Strafverfahren wegen an ihnen begangener Sittlichkeitsdelikte . . . . 9938 C Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Kater (SPD) betr. Auswirkungen der Explosionen in den Anlagen der Niederländischen Gas-Union auf die Belieferung der Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik . . . . 9939 B Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Nachentrichtung von Beiträgen und Novellierung der Altershilfe für Landwirte 9939 D Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) betr. Interview des Bundesministers Ehmke bezüglich der Konzentrationsbewegung in der Presse . . . 9940 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9833 17 2. Sitzung Bonn, den 24. Februar 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9937 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Bals *** 25. 2. Bredl 4. 3. Dasch 3.3. Dr. Dittrich 25. 2. Draeger *** 25. 2. Freiherr von und zu Guttenberg 4. 3. Frau Dr. Henze 18. 3. Kahn-Ackermann *** 26. 2. Lautenschlager * 24. 2. Lenze (Attendorn) *** 25. 2. Lücker (München) * 24. 2. Mertes 25. 2. Pöhler *** 25. 2. Richarts 25. 2. Rinderspacher *** 25. 2. Schulte (Schwäbisch-Gmünd) 25. 2. Dr. Seume 25. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 22. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Brauksiepe (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Fragen A 4 und 5) : Hält die Bundesregierung - in Anbetracht der Tatsache, daß in deutschen Jugendherbergen im Jahre 1971 eine Gesamtzahl von fast 9 Millionen Übernachtungen erreicht wurde, darunter etwa eine Million Übernachtungen junger Ausländer - die Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerks für eine vorrangig zu fördernde Aufgabe der Jugendarbeit, insbesondere im Hinblick auf die vielfältige und nachhaltige Gelegenheit internationaler Begegnungen? Ist sie bereit und sieht sie eine Möglichkeit, den Bundesjugendplan dahin gehend zu überprüfen und die Arbeit des Jugendherbergwerks wirksamer als bisher finanziell zu unterstützen? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Arbeit des Deutschen Jugendherbergwerkes eine besonders förderungswürdige Aufgabe der Jugendarbeit darstellt. Dies wird durch die Tatsache belegt, daß die Förderung sowohl des Baues von Jugendherbergen als auch der Jugendarbeit in den Jugendherbergen in den vergangenen Jahren beträchtlich verstärkt worden ist. Die Bundesregierung ist bereit, das Deutsche Jugendherbergwerk bei dem Ausbau des Jugendherbergnetzes weiterhin nachhaltig zu unterstützen. Dafür wurden bisher alljährlich 2,8 Mio DM zur Verfügung gestellt, wozu Ländermittel in zumindest gleicher Höhe kamen. Bereits im vergangenen Haushaltsjahr konnten im Rahmen des Zonenrandförderungsgesetzes dem Deutschen Jugendherbergwerk Anlagen zum Stenographischen Bericht zusätzliche Mittel in erheblichem Ausmaß (ca. 2,5 Mio DM) zur Verfügung gestellt werden. Diese zusätzliche Förderung wird 1972 fortgesetzt und findet auch in der Finanzplanung Berücksichtigung. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 43) : In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung der durch Bundesinnenminister Genscher wiederholt erteilten Absage an politische Extremisten im öffentlichen Dienst Rechnung zu tragen? Der Bundeskanzler und die Regierungschefs der Länder haben bei ihrer Konferenz in Bonn am 28. Januar 1972 eine gemeinsame Erklärung darüber abgegeben, welche Maßnahmen nach dem geltenden Recht zu treffen sind. Nach den dort formulierten Grundsätzen werden die Bundesbehörden verfahren. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesminister Genscher vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 49) : Hat die Bundesregierung einen Überblick über die Zahl der unbearbeiteten Anträge bei den Ausgleichsämtern, insbesondere auch über Altersstruktur der wartenden Antragsteller? Von den 7 103 372 Anträgen auf Feststellung von Vertreibungsschäden, Kriegsschäden und Ostschäden nach dem Feststellungsgesetz waren Ende 1971 308 234 Anträge (= 4,31 v. H.) noch nicht abschließend bearbeitet. Im Zuerkennungsverfahren waren 69 174 Fälle (= 1,3 v. H.) noch nicht abgeschlossen. Von den 4 255 301 zuerkannten Ansprüchen auf Hauptentschädigung waren 161 587 (= 3,9 v. H.) noch nicht erfüllt. In 597 961 Fällen konnten die zuerkannten Hauptentschädigungsansprüche nicht oder nur teilweise erfüllt werden, weil die Erfüllung wegen noch laufender Kriegsschadenrente oder aus sonstigen gesetzlichen Gründen gesperrt ist. Ein höherer Bearbeitungsrückstand ergibt sich bei den Anträgen auf Feststellung von Vermögensschäden in Mitteldeutschland und im Gebiet von Berlin (Ost) nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz (BFG) vom 22. Mai 1965. Hier sind bis zum 31. Dezember 1971 insgesamt 384 079 Feststellungsanträge eingereicht worden, von denen bis dahin 264 434 Anträge (= 69,1 v. H.) noch in Bearbeitung waren. 9938 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 Von den 81 637 im Feststellungsverfahren positiv erledigten Anträgen sind 25 777 Fälle (= 31 v. H.) im Zuerkennungsverfahren noch unerledigt. Von den zuerkannten Ansprüchen auf Hauptentschädigung waren 35 156 voll erfüllt. 20 481 Ansprüche konnten nicht oder nur teilweise erfüllt werden, weil wegen der Gewährung laufender Beihilfe oder aus sonstigen gesetzlichen Gründen eine Auszahlung nicht möglich war. Einen Überblick über die Altersstruktur der wartenden Antragsteller hat die Bundesregierung nicht. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 50) : Wie beurteilt die Bundesregierung ein einheitliches Urheberrecht für EDV-Programme, und was hat sie in dieser Hinsicht bisher unternommen? Die Frage des Schutzes der EDV-Programme wird zur Zeit von der Weltorganisation für geistiges Eigentum im Auftrage der Vereinten Nationen untersucht. Dabei wird insbesondere auch geprüft, ob für EDV-Programme ein Schutz durch das Urheberrecht, durch Patente oder Gebrauchsmuster oder aufgrund der Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb ausreichend und angemessen ist oder ob es zweckmäßig erscheint, ein neues Schutzrecht für EDV-Programme zu schaffen. Die Bundesregierung hält es für angebracht, zunächst das Ergebnis dieser Untersuchung abzuwarten, da angesichts der internationalen Bedeutung des Problems des Schutzes der EDV-Programme eine Rechtsangleichung sehr erwünscht ist. Sofortige Maßnahmen auf nationaler Ebene sind nach Auffassung der Bundesregierung nicht erforderlich. EDV-Programme genießen, soweit sie persönliche geistige Schöpfungen sind, den Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Im übrigen greift ergänzend der Schutz des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ein, wenn EDV-Programme von Dritten in unlauterer Weise ausgenutzt werden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Zander (SPD) (Drucksache VI/3165 Frage A 53) : Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus der Tatsache zu ziehen, daß die zur Hilfe für politische Häftlinge gegründete Organisation Amnesty International den Fall Monika Berberich aufgreifen will? Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, aufgrund der Tatsache, daß Amnesty International das Ermittlungsverfahren gegen Monika Berberich zum Gegenstand seiner Tätigkeit gemacht hat, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist schon deswegen nicht erforderlich, weil die Bundesanwaltschaft am 18. Februar 1972 den Generalsekretär von Amnesty International auf dessen Wunsch ausführlich über den bisherigen Verlauf des Verfahrens informiert und dabei insbesondere auch die Gründe für die Dauer der Untersuchungshaft erörtert hat. Der Generalsekretär von Amnesty-International hat aufgrund dieser Informationen am gleichen Tage in Karlsruhe auf einer Pressekonferenz im Namen seiner Organisation erklärt, daß Beanstandungen gegen die bisherige Behandlung des Verfahrens nicht zu erheben seien. Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft das Verfahren an die Strafverfolgungsbehörden Berlin abgegeben. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache V1/3165 Frage A 55) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß Kinder und Heranwachsende schweren psychischen Belastungen ausgesetzt sind, wenn sie in dem Strafverfahren wegen eines an ihnen begangenen Sittlichkeitsdeliktes mehrmals als Zeugen vernommen werden, und ist sie bereit, durch eine Gesetzesinitiative sicherzustellen, daß von weiteren Zeugeneinvernahmen bei späteren Beweisaufnahmen dann abzusehen ist, wenn bereits eine gerichtlich protokollierte Aussage vorliegt? Ich darf mir vorweg den Hinweis erlauben, daß das von Ihnen angeschnittene Problem bereits Gegenstand von Erörterungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform ist. Anläßlich der Beratungen über das 4. Strafrechtsreformgesetz hat der Sonderausschuß hierzu eine an den Bundesminister der Justiz gerichtete Entschließung gefaßt und den Bundesminister der Justiz gebeten, zu dem in der Entschließung enthaltenen Fragenkatalog Stellung zu nehmen. Mein Haus hat über die Landesjustizverwaltungen die gerichtliche und staatsanwaltliche Praxis zu diesen Fragen gehört und entsprechende gesetzliche Regelungen ausländischer Staaten überprüft. Das Ergebnis der Auswertung des umfangreichen Materials wird in diesen Tagen dem Sonderausschuß zugeleitet werden. Aufgrund des meinem Hause vorliegenden Materials wird davon auszugehen sein, daß unter Psychologen und bei der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis weitgehend Übereinstimmung darüber besteht, daß Kinder und Heranwachsende psychischen Belastungen ausgesetzt sein können, wenn sie in dem nachfolgenden Strafverfahren wegen eines an ihnen begangenen Sittlichkeitsdelikts als Zeugen vernommen werden. Dabei birgt insbesondere die wiederholte Vernehmung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen die Gefahr eines schädigenden Einflusses in sich. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 9939 Um diese Gefahr auszuschließen, wäre an sich eine Regelung erstrebenswert, die im Prinzip nur eine richterliche Vernehmung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen zuläßt und als Regelfall die Verlesung dieser Vernehmungsniederschrift in der Hauptverhandlung vorsieht. Eine entsprechende Regelung erscheint allerdings nicht unproblematisch. Sie wird von der gerichtlichen Praxis einhellig abgelehnt. Eine entsprechende gesetzliche Bestimmung würde einen tiefgreifenden Eingriff in die Struktur des Strafprozesses bedeuten, da damit der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme durchbrochen würde. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zählt aber zu den wichtigsten Prinzipien unseres Strafverfahrensrechts. Er gewährleistet, daß das erkennende Gericht von den zur Rekonstruierung des Sachverhalts benutzten Beweismitteln in unmittelbar eigener sinnlicher Wahrnehmung Kenntnis erlangt. Dies ist gerade von besonderer Bedeutung in Strafverfahren wegen Sittlichkeitsdelikten, in denen kindliche oder jugendliche Opfer oft als einzige Zeugen, zumindest aber als Hauptbelastungszeugen auftreten. Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß dem berechtigten Wunsch nach besonderem Schutz kindlicher und jugendlicher Zeugen vor schädlichen Nebenwirkungen des Strafverfahrens die rechtsstaatliche gegründete Forderung nach unbeschränkter Verteidigung des Angeklagten gegenübersteht. Diese Antinomie dürfte nicht ohne eine schwer zu vertretende Beschränkung des Rechts der Verteidigung aufgelöst werden können. Die Bundesregierung wird jedoch im Rahmen der bereits in Angriff genommenen Reform des Strafverfahrensrechts mit Vorrang auf eine gesetzliche Regelung hinwirken, die der besonderen psychischen Situation des kindlichen und jugendlichen Opfers von Sittlichkeitsdelikten im anschließenden Strafverfahren gerecht wird. Welcher gesetzgeberischen Lösung angesichts der hier nur kurz aufgezeigten Schwierigkeiten der Vorzug zu geben ist, bedarf noch weiterer eingehender Überlegungen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Rohwedder vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache VI/3165 Fragen A 58 und 59) : Welche Auswirkungen hatten nach Auffassung der Bundesregierung die Folgen der Sprengstoffexplosionen in den Kompressoranlagen der Niederländischen Gasunion in Ravenstein und Ommen auf die Belieferung der Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland? Was hat die Bundesregierung getan bzw. was gedenkt sie zu veranlassen, um Vorsorge für den Fall des Entstehens von in den Niederlanden verursachten Versorgungsschwierigkeiten für die Abnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland zu treffen? Die Sprengstoffexplosionen in den Kompressoranlagen der Niederländischen Gas-Union hatten auf die Belieferung der Letztabnehmer von Erdgas in der Bundesrepublik keine nennenswerten Auswirkungen. Lediglich solche Abnehmer haben Liefereinschränkungen hinnehmen müssen, bei denen Lieferunterbrechungen vertraglich zulässig sind. Die Bundesregierung betrachtet gerade die niederländischen Erdgasvorkommen als eine sehr sichere Energiequelle für den deutschen Energiemarkt. Sie wird in dieser Auffassung dadurch noch bestärkt, daß die niederländische Regierung unverzüglich Sicherheitsmaßnahmen beschlossen hat, um auch außergewöhnliche Vorkommnisse wie Sprengstoffanschläge für die Zukunft zu verhindern. Wirksamster Schutz auch gegen solche Versorgungsstörungen ist im übrigen nach Auffassung der Bundesregierung eine Politik der Diversifikation der Bezugsquellen sowie der weitere Ausbau des Erdgas-Verbundsystems, das wechselseitige Aushilfen der Verbundpartner, auch über die Staatsgrenzen hinweg, ermöglicht. Die Versorgungssicherheit der Verbundpartner wird um so größer, je mehr Erdgasquellen und Erdgasspeicher in dieses System eingebunden werden. Die Bundesregierung ermutigt alle Bemühungen, die auf die Erschließung neuer Lieferquellen, auf die Anlage von Erdgasspeichern und auf den Ausbau eines umfassenden europäischen Erdgas-Verbundsystems gerichtet sind. Dies ist ein Weg, auf dem die deutsche Gaswirtschaft schon ein gutes Stück vorangekommen ist. Für den Fall gleichwohl eintretender Versorgungsstörungen liegen schließlich bei den einzelnen Ferngasgesellschaften bis ins einzelne ausgearbeitete Abschaltpläne vor, um nach Maßgabe der geringsten Beeinträchtigung die Auswirkungen einer solchen Störung in möglichst engen Grenzen zu halten. Dabei wird der Versorgung der Kommunen und damit der privaten Haushalte sowie der Belieferung der Abnehmer, die nicht auf andere Energiearten ausweichen können, Vorrang eingeräumt. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Fragen A 89 und 90) : Wird die Bundesregierung Landwirten, die sich bei der Einführung der Altershilfe für die Landwirtschaft von den Beitragszahlungen befreien ließen, eine Nachversicherungsmoglichkeit einräumen? Wie groß ist der oben angesprochene Personenkreis? Bei der vorgesehenen Novellierung der Altershilfe für Landwirte wird die Bundesregierung auch die Möglichkeiten für einen Verzicht auf die Befreiung von der Beitragspflicht und die damit verbundene Frage der Nachentrichtung von Beiträgen prüfen. Dabei ist jedoch eine differenzierte Betrachtung erforderlich, da es sich um unterschiedliche Befreiungstatbestände mit entsprechend unterschiedlichen Motivationen handelt. Und zwar sind diejenigen Personen, die sich bei Einführung der Altershilfe für Landwirte im Jahre 9940 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Februar 1972 1957 auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages haben befreien lassen, von jenen Personen zu unterscheiden, die wegen einer anderweitigen gesetzlichen Versicherung oder Versorgung befreit worden sind. Im ersten Fall ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen, unter denen der Entschluß zur Befreiung seinerzeit gefaßt worden ist, nicht so verändert sind, daß eine Korrektur der damaligen Entscheidung ermöglicht werden sollte. Im zweiten Fall haben die Versicherungs- und Versorgungsansprüche an der allgemeinen Fortentwicklung teilgenommen, so daß er sich in einem anderen Licht darstellt. Soweit es die Zahlen angeht, möchte ich folgendes anmerken: Nach der Quartalstatistik der landwirtschaftlichen Alterskassen (Stichtag 31. Dezember 1971), die vom Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen herausgegeben wird, beträgt die Zahl der beitragsbefreiten Landwirte insgesamt 60 422. Die Zahl derjenigen, die auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages befreit worden sind, dürfte bei 2 500 liegen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Ehmke vom 24. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 117) : Entsprechen die Auffassungen, die Bundesminister Ehmke in einem Interview mit dem Bonner „General-Anzeiger" vom 7. Januar 1972 — auch nachgedruckt im Bulletin vom 8. Januar 1972 — zu den Problemen der Massenmedien darlegte, den in den zuständigen Bundesministerien entwickelten Vorstellungen, und teilt die Bundesregierung insbesondere die Behauptungen des Bundesministers "Hinsichtlich der Pressekonzentration -muß man sich klarmachen, daß ein Teil des Konzentrationsvorgangs allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen notwendig ist und daß die Zusammenlegung oft zu einem besseren Niveau der Zeitungen führt. Man muß auch lokale Zeitungsmonopole durch den Ausbau regionaler Rundfunk- und Fernsehsender auszugleichen suchen. Dennoch ist der Gedanke einer als öffentlich-rechtliche Körperschaft organisierten Zeitung ein interessantes theoretisches Modell, wenn wir nämlich unterstellen, daß es am Ende des Konzentrationsprozesses nur noch eine Zeitung mit einer absoluten Monopolstellung geben könnte. Wir sollten es aber auf keinen Fall zu einer solchen Situation kommen lassen, in der die Frage verneint werden muß, ob Zeitungen überhaupt noch auf privater Basis gemacht werden dürfen."? In dem von Ihnen zitierten Interview habe ich ausgeführt, daß ein Teil der Konzentrationsbewegung in der Presse auf betriebswirtschaftliche Zwänge zurückzuführen ist. Es handelt sich hierbei um eine Feststellung, die schon im Schlußbericht der Pressekommission vom 22. Mai 1968 dargelegt ist. Ein gewisses Maß von Konzentration kann aber durchaus dem Informationsinteresse des Bürgers dienen, soweit nämlich leistungsschwache und überalterte Pressebetriebe durch leistungsstarke und rationell arbeitende Betriebe ersetzt werden, die eine zuverlässigere und vielseitigere Information bieten können. Hiervon ausgehend habe ich weiter die Auffassung vertreten, daß der Pressekonzentration dann entgegengewirkt werden muß, wenn eine ausreichende Meinungsvielfalt in der Presse nicht mehr gewährleistet ist. Diese Auffassung deckt sich nicht nur mit der der Bundesregierung; ich gehe sogar davon aus, daß auch Sie ihr zustimmen. Falls es einmal dazu kommen sollte, daß die Vielfalt der Presse aufgrund der wirtschaftlichen Konzentration Meinungsmonopolen weichen müßte, dann stünde als Ausweg zur Erhaltung der Meinungsvielfalt das Denkmodell einer als öffentlich-rechtlichen Körperschaft organisierten Zeitung zur Debatte. Diese Frage, die mir in jenem Interview gestellt wurde, ist heute nicht akut, und ich hoffe, daß sie nie akut wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Werner Marx


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Looft, ich glaube, daß das, was Sie in Ihrer Frage ausdrücken, mit Ja beantwortet werden kann. Das hat auch gestern schon hier in der Diskussion eine Rolle gespielt. Es ist auch ganz schlüssig. Wenn ich z. B. sage

    (Zuruf von der SPD)

    — ich gebe jetzt Antwort auf eine Frage —, daß diese Regierung und jede andere Bundesregierung hinsichtlich einer Feststellung der Oder-Neiße-Linie als polnischer Westgrenze gebunden seien und daß dies erst verändert wird, wenn wir einen gesamtdeutschen Souverän haben, dann möchte ich denjenigen Polen sehen, der daraus für sich noch das Politische vernünftig, gerecht ableitet, er solle dafür sorgen, daß es diesen gesamtdeutschen Souverän gibt.

    (Abg. Looft meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage.)

    — Verzeihung, ich würde gern weitermachen, da die Zeit eilt.
    Meine Damen und Herren, ich benutze die Gelegenheit gern, mich zu wiederholen, und ich hoffe sehr, daß das in Ihrem Gedächtnis bleibt. Ich sprach von dem Bahr-Papier und ich sage: aus dem Gromyko-Papier wurde das Bahr-Papier, aus dem Bahr-Papier wurde der deutsch-sowjetische Vertrag und die Absichtserklärungen. Dieser Vertrag trägt also die Handschrift der anderen Seite. Bis in den Wortlaut, bis in die einzelnen Halbsätze hinein finden wir — von Ihnen, Herr Bundeskanzler, und von Ihnen, Herr Außenminister, paraphiert — viele jener Forderungen, die seit den Gipfelkonferenzen der kommunistischen Parteichefs in Bukarest 1966, in Karlsbad April 1967 und dann -- nach der heimtückischen Okkupation der CSSR — im Frühjahr 1969 in Budapest als Forderungen an die Bundesrepublik Deutschland formuliert worden sind. Die Bundesregierung, jedenfalls in ihr diejenigen, die den Text kannten, hatten damals, als diese Erklärungen im Ostblock vorgetragen wurden, gesagt, dies sei alles nicht akzeptabel. Jetzt ist es akzeptiert, und die gleichen Leute nennen es einen Erfolg.
    Ich muß auch sagen — ich wende mich wieder an den Bundeskanzler —, daß mit enormen Steuergeldern viele hundert Tonnen Papier bedruckt worden sind, um dem deutschen Volk die Erfolge von Moskau zu verkaufen. Aber die Schönschreiber der Bundesregierung haben an der harten Wahrheit vor-beigeschrieben. Ihr und Ihrer Abgesandten „großer Erfolg" bestand nämlich darin, die geforderten politischen Gebühren der anderen Seite Stück um Stück zahlen zu müssen. Dafür trägt die Bundesregierung die alleinige Verantwortung.
    Natürlich haben wir immer wieder gehört, daß die Regierung sagt, der Vertrag sei ausgewogen, beide Seiten hätten gegeben. Aber diese Regierung hat bei sehr vielem Wortgeklingel immer unpräzise auf die Frage geantwortet, was die Sowjets nun eigentlich an substantiellen Leistungen in dem deutsch-sowjetischen Vertrag erbracht hätten. Ich sage Ihnen: Ich stelle diese Frage hier erneut, und wir hoffen, daß die Regierung antwortet, aber nicht



    Dr. Marx (Kaiserslautern)

    wie im Bundesrat, wo Sie, Herr Außenminister, die einzelnen, ganz hochgeschraubten, extremen sowjetischen Forderungen genannt haben. Es ist nicht Politik, damit zufrieden zu sein, daß ein anderer seine hochgeschraubten Forderungen ein wenig mäßigt, und sich dann vor den Bundestag zu stellen und zu sagen: Seht her, das ist unser Erfolg!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es gibt trotz der hilflosen Gebärde — vielleicht kann ich Ihnen aufhelfen, Herr Außenminister — eine Fülle von Widersprüchen, die Sie produziert haben. So sagt z. B. der Bundeskanzler, er betreibe eine Politik der Kontinuität. Herr Schröder hat gestern aber im einzelnen gesagt, was dazu auszuführen notwendig war. Aber Sie selbst verwenden doch gern die Formel von der Sackgasse. Was denn nun? Einigen Sie sich doch in der Regierung! Kontinuität oder Sackgasse? Das müssen Sie sagen, wenn Sie über uns urteilen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Einerseits haben Ihre Propagandisten die Formel erfunden — ich sage: die Primitivformel —: 20 Jahre nichts getan! Andererseits urteilen Sie damit eine Politik ab, von der Sie heute sagen, sie sei die Basis Ihrer eigenen Ostpolitik.
    Einerseits verkünden Sie urbi et orbi, es gebe keinen Dissens, d. h. keinen Widerspruch, keine entgegengesetzte Auslegung in den wichtigsten Vertragsbestimmungen. Andererseits warnen Sie die Opposition, sie solle sich unter keinen Umständen die sowjetische oder polnische Interpretation zu eigen machen, weil das gegen die nationalen Belange verstoße. Also was denn? Gibt es den Dissens oder nicht?

    (Abg. Stücklen: So ist es!)

    Einerseits werden diejenigen als übelwollend verleumdet und diffamiert, die nach subtiler Lektüre der amtlichen sowjetischen Zeitungen fürchten, die Grenzfragen seien nicht mehr offen. Andererseits sagen Sie, Herr Außenminister — und zwar dann, Herr Kollege Scheel, wenn Sie so farbig die „großen Erfolge" Ihrer Westpolitik schildern —, im Westen gehe es nur deshalb voran, weil man keine ungelösten Grenzprobleme mehr habe. Ja, was denn nun? Gibt es jetzt noch offene Grenzen, oder sind das gelöste Grenzprobleme? Auch darauf erwarten wir eine Antwort.
    Einerseits verwenden Sie das bezeichnende Argument, es sei vor allem der Viermächtevorbehalt, der es uns unmöglich mache, die DDR völkerrechtlich anzuerkennen. Andererseits erklärt diese Regierung, sie erkenne trotz des Viermächtevorbehalts die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens an. Auch hier wieder die Frage: was gilt eigentlich, was sind eigentlich die Prinzipien nach denen Sie diese Politik machen?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Man muß dem Bundeskanzler und denjenigen, die dafür Verantwortung tragen, sagen, daß sie die deutsche Politik auf die Schaukel gesetzt haben. Sie haben, Herr Bundeskanzler, nicht Adenauer, nicht Erhard, nicht Kiesinger fortgesetzt oder weiterentwickelt, sondern der Herr Bundeskanzler ist eher bei frühen eigenen politischen Einsichten und Bekundungen, die hier vorliegen, geblieben. Ich sage: eine gewisse politische, nicht besonders durchformte Ideologie, die aus Willy Brandts Artikeln und Büchern der 30er, ja sogar noch der 40er Jahre, spricht, kehrt heute wieder in seine Gedanken ein. Wer sich mit den voluminösen Büchern und Sammlungen beschäftigt, die in den letzten Monaten mit enormen Einsätzen staatlicher Gelder erschienen sind — wir hören gerade, daß ein neuer großer Geldeinsatz von weit über 1 Million DM dafür geleistet werden soll —, findet dort Gedanken, Interviews und Reden des Bundeskanzlers zusammengestellt. Lesen Sie das einmal nach, meine Damen und Herren! Es gibt da manch Erstaunliches, und Sie werden auch auf kaum Faßbares stoßen. Da gibt es z. B. Zitate, die gibt es gar nicht mehr. Dann gibt es andere, die lasen sich früher anders. Ich muß schon sagen, der spätere Historiker, nämlich diejenigen, die nach der Maxime des Leopold von Ranke, handeln, zu „erzählen, wie es gewesen ist", werden mit dem, was der Bundeskanzler wirklich in verschiedenen Zeiten gesagt hat und was er wirklich gemeint hat, ihre liebe Not haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie müssen jedenfalls die strenge Methode klassischer Quellenkritik anwenden. Ich sage das als einen Beitrag aus der Geschichtswissenschaft, da der Bundeskanzler uns gestern einen unvergeßlichen Beitrag aus der Disziplin der Germanistik hier vorgetragen hat.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, vielleicht wird mancher sagen, daß Opportunismus den Politiker auszeichne oder Wetterwendischkeit oder ganz einfach Schlauheit. Ich meinerseits wehre mich dagegen.

    (Abg. Matthöfer: Einige Herren haben ihre Argumente seit 1936 nicht geändert!)

    — Herr Matthöfer, vielleicht gilt das für Sie! Ich bin nicht entschieden; denken Sie darüber nach! Für mich und für viele auf allen Seiten dieses Hauses ist Politik nicht fingerfertige Anpassung an die Macht, nicht taktische Routine und nicht behendes Managertum.

    (Zuruf des Abg. Matthöfer.)

    Den wirklichen Politiker und den Staatsmann

    (Abg. Dr. Eppler: Das sind Sie!)

    zeichnet aus, Herr Eppler, die Fähigkeit, konsequent und in seinen Aussagen verläßlich zu sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Bundeskanzler hat einmal in einem Fernsehinterview erklärt — ich zitiere „Falls ich zum Bundeskanzler gewählt werden sollte, wird es auf dem Gebiete der Außenpolitik zu keinen grundsätzlichen Änderungen kommen." Zwei Jahre ist Willy Brandt Bundeskanzler, und wie sehr hat sich entgegen dieser Aussage die Szenerie der Außenpolitik gewandelt.

    (Abg. Dr. Apel Aber nur zu unserem Vorteil!)




    Dr. Marx (Kaiserslautern)

    Manches, Herr Apel, auf das Sie heute stolz sind, haben Sie früher verabscheut. Manches, was Sie heute unterschreiben und uns, der Fraktion der CDU/CSU zu akzeptieren zumuten,

    (Abg. Dr. Apel: Was Sie uns unterstellen, Herr Marx!)

    haben Sie selbst vor wenigen Jahren noch als verwerflich bezeichnet.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Apel: Eine Aneinanderreihung von Unterstellungen!)

    Meine Damen und Herren, ich erinnere aus der unerhörten Vielzahl von Zitaten, die es gibt, daran, daß der Bundeskanzler einmal in West-Berlin am 23. März 1962 auf die Frage einer Schülerin sagte: „Herr Gomulka hat im vergangenen Herbst der Errichtung der Mauer zugestimmt. Warum sollten wir ihm als Quittung dafür den Verzicht auf Ostdeutschland anbieten?" Der Bundeskanzler und Sie alle haben sich doch viele Jahre hindurch mit guten Gründen geweigert, auf die politischen Vorstellungen der Sowjets einzugehen. Als es hier um die Grundfragen ging, waren wir doch alle einig. Heute aber kommen Sie und sagen: Dies alles war eine sterile Politik. Sie weisen mit den Fingern auf uns und möchten gerne, daß Ihre eigenen Darlegungen von damals unter den Tisch fallen, daß nicht darüber geredet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, das ist genauso wie bei denjenigen, die nach der Bundestagswahl den Eindruck erwecken, sie hätten vor den Bundestagswahlen immer schon das gleiche gesagt, was sie jetzt sagen, und sie hätten damals der Bevölkerung angekündigt, was sie jetzt tun.
    Die Sozialdemokraten und wir — es ist gestern schon einmal zitiert worden haben am 26. September 1968 hier in diesem Saale in einer Erklärung formuliert:
    Die Anerkennung des anderen Teils Deutschlands als ... zweiter souveräner Staat deutscher Nation kommt nicht in Betracht.
    Der Bundeskanzler selbst hat — vor welch lange zurückliegender Zeit, könnte man jetzt sagen, nämlich Anfang der 60er Jahre — gesagt -- wörtlich —:
    Wir müssen uns davor hüten, in der Bundesrepublik in Gedanken die Zweistaatentheorie zu
    vollziehen, die uns die Sowjets einreden wollen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Nach der Wahl stellt der gleiche Bundeskanzler in seiner ersten Regierungserklärung — man muß auch hinzufügen: ohne Konsultierung der Verbündeten -- fest, es gebe zwei Staaten auf deutschem Boden. Im Kasseler Gespräch mit Willi Stoph ist das, was man die Souveränität der DDR nennt, bestätigt worden. Ebenso hat Egon Bahr dies in den ominösen Absichtserklärungen getan, und jeder, der den Moskauer Vertrag liest und darüber spricht, sollte natürlich --- das gilt auch für Herrn Achenbach — die Absichtserklärungen, die interessanterweise jetzt nicht mit vorgelegt worden sind, lesen.
    Dasselbe geschah noch einmal auf der Krim, wo man durch die Art und Weise der Einladung und durch die Befolgung der Einladung, in der Ortswahl und im Kommuniqué mit Leonid Breschnew deutlich machte, wie sehr sich dieses Land bereits im Sog sowjetischer Politik befindet.

    (Zuruf des Abg. Dr. Apel.)

    Ich füge hinzu, daß sich da sehr deutlich dargestellt hat, Herr Apel, wie sehr diese Ostpolitik zu einem Instrument der sowjetischen Westpolitik geworden ist.

    (Beifall hei der CDU/CSU.)

    Herr Bundesaußenminister, vor der Bundestagswahl exakt — —

    (Zuruf des Bundesministers Scheel.)

    Der Bundesaußenminister zuckt mit den Schultern. Ich komme auf das Schulterzucken noch zurück.

    (Abg. Dr. Apel: Das sind üble Unterstellungen!)

    Im übrigen kenne ich eigentlich nicht Zwischenrufe von der Regierungsbank, normalerweise erfolgt es aus dem Plenum des Bundestages.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber bitte, Herr Bundesaußenminister, antworten Sie doch! Ich sage: Vor der Bundestagswahl
    am 7. Februar 1969 — haben Sie in der Zeitschrift „publik" erklärt — ich zitiere —:
    Wir haben mit Polen -- das zeigt schon ein
    Blick auf die Landkarte — gar keine Grenze ...

    (Bundesminister Scheel: So ist es!)

    Wir können naturgemäß mit Polen nicht über eine Grenze reden, ... — —
    Sie haben doch eben gesagt: So ist es! Warum sagen Sie jetzt nicht: So ist es!?

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Bundesministers Scheel.)

    Ich zitiere weiter:
    ... die die DDR — und nicht die Bundesrepublik — mit Polen hat.
    Sie fügten hinzu:
    Über die Oder-Neiße-Linie kann nur dann geredet werden, wenn Friedensverhandlungen anstehen .. .

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.) An einer späteren Stelle sagen Sie:

    Es wäre höchst unlogisch, ... — —
    Ich gebe zu, Sie haben einmal einen Zwischenruf gemacht, wo Sie sagten, die Politik sei unlogisch! Sie sagten:
    Es wäre höchst unlogisch, wenn jemand, der den Alleinvertretungsanspruch ablehnt, schon vorher über eine Grenze sprechen würde.

    (Bundesminister Scheel: Das ist richtig! — Lachen bei der CDU/CSU.)




    Dr. Marx (Kaiserslautern)

    Nach der Wahl haben Sie — sowohl gestern im
    Bundestag als auch vor einigen Tagen im Bundesrat
    — erklärt — ich zitiere —:
    Für die Vertragsparteien reichte jedoch die Übereinstimmung über die im Vertrag niedergelegte Feststellung, daß nämlich die Oder-Neiße-Linie die polnische Westgrenze bildet, aus.
    Sie haben hinzugefügt, was ich vorhin schon einmal andeutete, daß dies jede künftige Bundesregierung bindet.

    (Bundesminister Scheel: Ja!)

    Der Herr Bundeskanzler hat vor der Bundestagswahl, und zwar in seinem Buch „Koexistenz — Zwang zum Wagnis", gesagt — auch hier zitiere ich

    (Zuruf des Bundesministers Scheel.) Es ist unsinnig ...,

    — sagt der Bundeskanzler —
    ausgerechnet von der Bundesrepublik zu erwarten, daß sie die Oder-Neiße-Linie anerkennen soll ...

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Bundesminister Scheel: Ja natürlich!)

    Das würde doch bedeuten, daß sie die Grenze zwischen anderen Staaten anerkennen soll, also etwa wie die Grenze zwischen Österreich und Italien oder die zwischen Norwegen und Schweden ...
    Nach der Bundestagswahl hat der Bundeskanzler im deutsch-sowjetischen Vertrag — ich sage: als dem übergeordneten, dem bevorrechtigten, dem völkerrechtlich verbindlichen Vertrag — die Festellung getroffen, daß die Oder-Neiße-Linie die Westgrenze der Volksrepublik Polen bildet. Er hat dann gesagt, daß alle Grenzen in Europa — hier hatte er sich gerade noch dagegen gewehrt, die Grenzen anderer Leute anzuerkennen — heute und künftig unverletzlich, unerschütterlich seien.

    (Bundesminster Scheel: Ja und? — Abg. Dr. Eppler: Sind Sie anderer Meinung?)

    Diesen Vertrag legen Sie uns, meine Damen und Herren, heute vor. Sie verlangen von uns eine Zustimmung. Wir aber erinnern Sie an den Satz eines Mannes — ich spreche jetzt zu den Kollegen der SPD —, dessen Bild in Ihrem Fraktionszimmer hängt. Kurt Schumacher hat am 9. Oktober 1951 in Hamburg erklärt — ich zitiere —:
    Die Anerkennung
    — es kann sein, daß das einigen nicht paßt; ich merke es, ich höre es; trotzdem zitiere ich ihn —
    der Oder-Neiße-Linie wird nicht vorgenommen werden.
    Und Kurt Schumacher fügte hinzu und ich würde
    hoffen, daß es seinen Freunden in den Ohren klingt —:
    Jedes demokratisch gewählte Parlament wird eine solche Zumutung mit erdrückender Mehrheit ablehnen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Kollegen von der SPD, Sie haben im Jahre 1968, sozusagen zum Auftakt des Wahlkampfes, Ihre „sozialdemokratischen Perspektiven" formuliert. Dort sagten Sie:
    Wir wissen uns verpflichtet, für die Selbstbestimmung der Deutschen in der DDR einzutreten.
    Nach der Bundestagwahl wird in den von beiden Seiten paraphierten deutsch-sowjetischen Absichtserklärungen folgenschwer festgestellt, daß die Beziehungen — ich zitiere —
    zwischen beiden Staaten Deutschlands ... auf der Grundlage der vollen Gleichberechtigung, der Nichtdiskriminierung, der Achtung der Unabhängigkeit und der Selbständigkeit zu gestalten
    seien. Warum, so frage ich, hat der Bundeskanzler dieses Landes nach den Wahlen eine andere Politik betrieben, als er es vor den Wahlen mit seinen Freunden der Bevölkerung dieses Landes versprochen hat?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wer hat sich geändert? Was hat sich verändert? Die sowjetische Politik? Das Politbüro der SED? Oder hat sich der Bundeskanzler geändert?

    (Zuruf von der SPD: Die Zeiten!)

    Meine Damen und Herren, wie können Sie, so frage ich mich, für eine Politik, die gegen Ihre eigenen Erklärungen gemacht worden ist, die Sie gegen uns und ohne uns gemacht haben, von uns Zustimmung verlangen?
    Und was, so fragen wir, ist eigentlich mit dem Gewaltverzicht mitten in Deutschland und in Berlin? Egon Bahr hat erklärt, daß in Moskau über Berlin nicht verhandelt werden konnte. Der Bundesaußenminister sagte auf Seite 10 der uns gestern zugeleiteten Rede:
    Außerdem ist auch Berlin in den Gewaltverzicht durch die Verpflichtung beider Partner einbezogen, sich in Fragen, die die Sicherheit in Europa berühren, der Drohung mit Gewalt oder der Anwendung von Gewalt zu enthalten.
    Also, Egon Bahr hat gesagt: In Moskau konnte über Berlin nicht verhandelt werden; Gewaltverzicht für Berlin hätte daher in einem eigenen Vertrag zwischen den Vier Mächten ausgehandelt werden müssen. Und dies sei geschehen.
    Nehmen wir aber einmal das Viermächteabkommen zur Hand und prüfen dort in Abschnitt I 2 nach! Dort steht wörtlich — ich zitiere —:
    Unter Berücksichtigung ihrer Verpflichtungen nach der Charta der Vereinten Nationen stimmen die vier Regierungen darin überein, daß in diesem Gebiet keine Anwendung oder Androhung von Gewalt erfolgt odere daß Streitig-



    Dr. Marx (Kaiserslautern)

    keiten ausschließlich mit. friedlichen Mitteln beizulegen sind.
    Ich gebe zu, wir, die CDU/CSU, glaubten damals für einen Augenblick, es sei tatsächlich gelungen, Schießbefehl und Minenfelder in Berlin wegzuräumen. Aber wir wurden dann schmerzlich — Herr Gromyko sagt, es sei schmerzlich —, w i r wurden schmerzlich eines Schlechtern belehrt, nämlich, daß dies nicht bedeutet Gewaltverzicht in Berlin, sondern daß dies bedeutet, die vier vertragschließenden Parteien hätten untereinander und für sich auf Gewaltanwendung in Berlin verzichtet. Und es heißt dort nicht: Berlin, es heißt: in dem betreffenden Gebiet.
    Das alles, meine Damen und Herren, bedeutet, wenn man die Augen vor den wirklichen Proportionen all der vielen Vereinbarungen, Verträge, Abkommen, Abreden und Nebenabreden nicht verschließen will,

    (Abg. Sieglerschmidt: Sie verschließen die Augen vor der Wirklichkeit!)

    daß ein tatsächlicher, für uns abstrakter Gewaltverzicht fixiert wird, in den die Erfüllung der sowjetischen Forderungen eingekleidet ist, daß aber der konkrete, uns, Herr Metzger, unmittelbar betreffende Gewaltverzicht, nämlich der hier mitten in Deutschland, nicht erreicht worden ist. Ich sage Ihnen: Gewaltverzicht trotz Gewaltanwendung in unserem eigenen Lande, das ist unerträglich.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, man kann sagen: wir haben Gewaltverzicht mit der Sowjetunion. Ich muß sagen, jeder weiß, daß, wenn an der Zonengrenze oder an der Sektorengrenze geschossen wird, dies nicht ohne Duldung und Billigung der Sowjetunion geschieht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich wiederhole, was Herr Barzel gestern sagte: Wer sich dieses Vertragswerk ansieht, kommt zu dem Ergebnis: die sowjetischen Interessen sind geregelt, die deutschen sind im Nebel der Erwartungen und Hoffnungen untergetaucht, — die deutschen, Herr Kollege Franke, soweit man dieses Wort so noch anwenden kann.
    In unserer Großen Anfrage, meine Damen und Herren, haben wir auf die sehr ernste Situation aufmerksam gemacht, die sich aus dem ganz unterschiedlichen Verständnis der Verträge in Moskau und in Bonn ergibt. Die Bundesregierung hat zunächst abgestritten, daß es einen Dissens, einen Widerspruch gebe. In der Antwort auf unsere Große Anfrage sagt sie — ich zitiere —:
    Über die Auslegung der Verträge . . . besteht zwischen den Vertragspartnern kein Dissens, der die Bundesregierung veranlassen könnte, in erneute Verhandlungen . . . einzutreten.
    Was soll dieser Satz? Entweder kein Dissens, dann ist das objektiv falsch; oder es ist — wenn ich nicht „Irreführung" sagen will, so deshalb, weil sich die Antwort auf die Große Anfrage im Ton wohltuend von früheren Antworten, die die Regierung gegeben hat, abhebt. — eine Zweideutigkeit, Herr Bundesaußenminister. Sie sagen, wenn man den Satz genau liest: Es könnte sein, daß es einen Dissens gibt; aber der ist nicht so, daß wir noch einmal neu. verhandeln. — Darum geht es eigentlich und ging es gestern in der Frage von Herrn Schröder, als er das Thema der Zeitwahl und der Verhandlungsmethode ansprach. Sie haben eine Methode gewählt, die der anderen Seite die Möglichkeit bietet, mit Händereiben zu sagen: Türen zu! Mit uns, mit dieser Regierung darüber jetzt nicht mehr. Das ist das eigentlich Schlimme, das ist das eigentlich schwerwiegende Versäumnis, das ist diese schlecht angelegte und durchgeführte Diplomatie.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, es wird an vielen Stellen gesagt: „kein Dissens" ; an anderen wird gesagt, es sei doch „alles völlig klar". Der Bundesaußenminister sagt im Bundesrat — und er tut es in der Form des Ausrufes —: Wo steht denn das? Insoweit erkenne ich durchaus die Verwandtschaft zwischen Herrn Außenminister Scheel und Herrn Achenbach. Er guckt nur auf einen sehr positivistisch und sehr oberflächlich verstandenen Text des Vertrages. Es wird aber dann an anderen Stellen auch eingeräumt, es könne ja auch Mehrdeutigkeit in entscheidenden Begriffen geben, und dann wird gesagt: Na gut, die Kommunisten haben es eben so an sich, daß sie bei vielen Dingen das Gegenteil verstehen. Entscheidend sei, daß die Anwendung der Begriffe auf der eigenen Seite „gut abgesichert" sei.
    Diese Beruhigung ist oberflächlich. Herr Bundesaußenminister, sie wird der Tatsache nicht gerecht, daß die sowjetische Seite über jenes Übermaß an Macht verfügt, das sie, wann immer sie will, wann immer sie es im Kalkül ihrer Politik haben will,

    (Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Sehr gut!)

    ihrer Interpretation Nachdruck verschafft, das sie in die Lage versetzt, sie durchzusetzen.
    Es ist für mich mehr als fraglich, ob unsere Bündnispartner ihre Verpflichtungen auch auf Verträge ausdehnen, die sie nicht unterzeichnet und deren gefährliche Mehrdeutigkeit sie nicht zu vertreten haben. — Das ist meine im Ton der Sorge und der Befürchtung vorgetragene Antwort, Herr Bundesaußenminister, auf Ihre Mitteilung, dies alles müsse nur eben „gut abgesichert" sein.
    Wir fragen danach, wie die Sowjetunion die Verträge versteht und wie die Sowjetunion sie auslegen will. Wir fragen nicht deshalb — auch dies ist eine Antwort, Herr Kollege Achenbach —, weil wir die Vorstellungen der Sowjetunion übernehmen möchten; dies ganz gewiß nicht. Aber die Fraktion der CDU/CSU empfindet es als ihre erstrangige Pflicht, als ihre politische Pflicht, sich darum zu kümmern, was der Verhandlungs- und Vertragspartner sagt, welches besondere Interesse eigentlich die große Sowjetmacht an diesem Vertrag hat und wie sie ihn in ihre ideologische und imperialistische Politik einordnet.
    Mir scheint oft — und das ist an diesem Tage noch einmal deutlicher geworden —, daß wir in der CDU/



    Dr. Marx (Kaiserslautern)

    CSU die Politik der Sowjetunion ernster nehmen als die Regierung. Wir hören nämlich genau zu, was die Verantwortlichen in Moskau sagen, weil wir wissen — —

    (Lachen bei den Regierungsparteien — Zuruf des Abg. Mattick)

    — Herr Mattick, Sie haben vielleicht die Rede von Herrn Brosio vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik gehört, in der er an ein Gespräch mit Herrn Togliatti erinnerte, bevor er Botschafter in Moskau wurde.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Mattick.)

    Und er hat gesagt: Herr Togliatti hat mir damals erklärt: Hören Sie und lesen Sie immer genau, was die kommunistischen Genossen in Moskau sagen, denn wir Kommunisten sagen offen und klar unsere Meinung. — Deshalb habe ich das hier eingeführt.
    Meine Damen und Herren, wir sind nicht bereit, einen Vertrag zu unterschreiben und zugleich mit nervös suchenden Fingern danach zu suchen, wie man ihn umgehen könne. Dieser Vertrag ist wie jeder Vertrag für uns eine sehr ernste Sache. Deshalb möchten wir vorher wissen, was er enthält, möchten vorher die Verpflichtungen der Regierung kennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir legen großen Wert darauf, Verträge, ihren Inhalt, ihre Begleitumstände und ihre Konsequenzen genau zu verstehen, und deshalb -- nicht weil wir, wie Sie, Herr Außenminister, im Bundesrat gesagt
    haben, monoman Fragen stellen wollten —, weil wir dies wissen wollen und weil Sie auf die meisten Fragen bisher keine wirkliche Antwort gegeben haben, sind wir so hartnäckig mit unseren Fragen.
    Dabei ist es — und das ist vorhin auch angeklungen — eine der wichtigsten und vordringlichsten Fragen: Handelt es sich um einen Modus vivendi, also um eine Abmachung auf eine überschaubare Zeit, um eine vorläufige Regelung, oder handelt es sich um etwas Endgültiges? In zahllosen Erklärungen haben die amtlichen Organe der kommunistischen Parteien des Ostblocks festgestellt, jetzt sei der Schlußstrich gezogen, die Sache sei endgültig. Der Bundeskanzler selbst hat das Bild von dem Blatt gebraucht, das im Buch der Geschichte neu aufgeschlagen worden sei. Und doch haben er und sein Außenminister erklärt, alle wichtigen Fragen seien weiterhin offen, z. B. die Festlegung der Ostgrenze — denn dies sei ja nur eine Beschreibung — oder die Wiedervereinigung.
    Der Bundeskanzler hat gesagt, er habe in Moskau das Selbstbestimmungsrecht gefordert und die völkerrechtliche Anerkennung der DDR verweigert; Moskau wisse das alles und habe es akzeptiert. Aber dann frage ich: warum steht von all dem in diesen Verträgen kein einziges Wort?

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es wäre gut, meine Damen und Herren, wenn auf diese entscheidenden Fragen vor dem Deutschen Bundestag klar und nicht doppelbödig geantwortet würde. Es wäre gut, wenn der Herr Bundeskanzler
    bei dieser Debatte vor diesem Hause erklärte, daß durch diesen Vertrag die Demarkationslinie nicht als Grenze mitten durch Deutschland völkerrechtlich bindend akzeptiert worden ist, wenn er erklärte, daß er das Recht auf Selbstbestimmung auch für die 17 Millionen drüben zu fordern nicht aufhören wird, daß er nicht bereit ist, die Hand für die Aufnahme der totalitären DDR in die UN zu leihen, wenn in diesem Staate DDR nicht die Menschenrechte hergestellt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Und es wäre gut, wenn der Bundeskanzler hier erklärte, daß die von den Sowjets so sehr geschätzten Rechtstitel für uns nicht ein juristischer Schnickschnack sind,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

    wenn er endlich begreifen würde, daß Rechtstitel ein wichtiger Teil politischer und moralischer Macht sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es wäre gut, wenn hier erklärt würde, daß das Grundgesetz uns alle verbindlich auffordert, stellvertretend für alle Deutschen zu handeln, daß dieses Grundgesetz uns verpflichtet, die Menschen drüben — ich bediene mich nicht meiner Vokabel, sondern der Worte derer, die ich jetzt anspreche — nicht „abzuschreiben", und daß sie nicht der sogenannten Souveränität jener Leute überantwortet werden, die der Bundeskanzler selbst vor nicht allzu langer Zeit — ich zitiere — „Kerkermeister unseres Volkes" und „blutbesudelte Schergen" genannt hat.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Wenn der Bundeskanzler dies alles sagt und wenn er es so meint und seine Politik darauf aufbaut, kann er mithelfen — es ist doch so —, die tiefe Kluft, die diese seine Politik in diesem Hause und draußen im Volke aufgerissen hat — Herr Wehner, ich bediene mich eines Wortes von Ihnen —, wieder zuzuschütten.
    Herr Bundeskanzler und Herr Bundesaußenminister, Sie müssen hier und heute oder morgen

    (Zuruf von der FDP)

    — ja, es ist schon nötig —, um aus den tausend gegensätzlichen Deutungen heraus die Problematik zu klären, sagen, was eigentlich mit dem „Brief zur deutschen Einheit" ist. Dieser Brief, dem die Bundesregierung in ihrer Argumentation eine zentrale oder prinzipielle Bedeutung zumißt, wurde nach der Unterzeichnung in Moskau vom Außenminister an seinen sowjetischen Kollegen, Herrn Gromyko, gerichtet. Es ist ein einseitiger Brief. Die Sowjets weigerten sich, seinen im Vergleich zu dem, was man hier zitiert hat, nämlich den Adenauer-Brief, ohnehin dünnen Inhalt in den Vertrag aufzunehmen.
    Ich darf mich noch einmal der Großen Anfrage zuwenden, Herr Bundesaußenminister. Da haben Sie auf unsere Frage 1 und 1 a eine Antwort gegeben. Ich nehme an, es ist eine Summe von Druckfehlern. Ich kann nicht annehmen, daß Sie dies absichtlich so gemacht haben, denn Sie sagen in dieser Antwort:



    Dr. Marx (Kaiserslautern)

    Der sowjetischen Regierung ist die Auffassung der Bundesregierung bekannt, daß das deutsche Volk ein unveräußerliches Recht auf Selbstbestimmung besitzt ...
    Von diesem Recht steht im Briefe nichts.

    (Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört!)

    Da sagen Sie, daß dieser Vertrag nicht in Widerspruch zum politischen Ziel steht. Dies ist in der Tat ein gravierender Unterschied.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Sieglerschmidt.)

    Im übrigen oder notabene, Herr Sieglerschmidt, an der Behandlung dieses Briefes durch die Sowjets kann man sehen, was eine konsequente sowjetische Politik ist, durch die Moskau seine eigenen Interessen schützt und die unseren, ich würde sagen, in etwas Unverbindliches verweist.
    In den Zeitungen hat es gestern Mitteilungen gegeben, wozu ich gerne etwas wüßte: Ist es wahr, Herr Bundesaußenminister, daß der sowjetische Außenminister bei Ihren Gesprächen, als Sie auf das Thema der deutschen Selbstbestimmung zu sprechen kamen, gesagt hat, jetzt höre er mal weg?

    (Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört! — Zuruf des Abg. Mattick.)

    — Das war nicht die Bild-Zeitung. Es könnte aber durch eine klare Erklärung des Bundesaußenministers deutlich gemacht werden, ob dies so war und, wenn es so war, wie er darauf geantwortet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, was diesen Brief anlangt, so wünscht die Fraktion der CDU/CSU, Herr Bundesaußenminister, daß Sie auf folgende Fragen klare Antworten geben, weil das für uns alles noch sehr unklar ist:
    1. Hat die Sowjetunion in der Sache — ich sage: in der Sache, weil wir den Verbalismus, der hier getrieben wird, langsam satt haben — das Recht aller Deutschen auf Selbstbestimmung anerkannt? Wenn ja, wo und durch wen?
    2. Wir möchten wissen, ob sie den Brief zur deutschen Einheit und Selbstbestimmung angenommen oder ob sie ihn nur empfangen hat.
    3. Wir möchten wissen: Wer hat seinen Empfang bestätigt? Da gibt es verschiedene Versionen. War dies der Chef des Archivs im sowjetischen Auswärtigen Amt oder wer anders? Und warum eigentlich, Herr Bundesaußenminister — Sie haben diesen Brief, wie Sie gestern diesem Hause vorgelesen haben, an den Außenminister der UdSSR addressiert — hat nicht der Adressat des Briefes den Brief beantwortet?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Inhalt dieses Briefes, Selbstbestimmung für alle Deutschen, ist uns wichtig genug, daß der sowjetische Außenminister zumindest bestätigt, er habe ihn zur Kenntnis genommen und ihm nicht widersprochen.

    (Abg. Stücklen: Warum nicht im Vertrag?)

    Diese Frage ist die nächste, Herr Kollege Stücklen. -- Wenn es so war, wie Sie gestern und in den Tagen vorher gesagt haben, warum war es so schwer, ihn in den Vertrag aufzunehmen, und wie lautete die Argumentation Ihres sowjetischen Partners, die die Aufnahme in den Vertrag verhinderte?
    Wir möchten auch gern wissen: Ist dieser Brief — Sie legen ihn uns hier als Teil des Vertragswerkes vor — eigentlich in der Sowjetunion veröffentlicht worden? Herr Bundesaußenminister, war, als die sowjetische Regierung das Vertragswerk vor wenigen Tagen dem Präsidium des Obersten Sowjets zur Ratifikation zugeleitet hat, dieser Brief zur deutschen Einheit mit dabei? Bitte sagen Sie uns „ja" oder „nein".

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Falls er — ich sage das vorbeugend nicht dabei-
    gewesen sein sollte, schiebe ich sofort die Frage nach: Warum haben Sie dann nicht dagegen protestiert?

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Strauß: Ist er jetzt bereit, es zu verlangen, wenn es nicht so ist?)

    Was in aller Welt will diese Bundesregierung mit einem Brief, den die eine Seite als Vertragswerk versteht, die andere nicht, von dem die Bundesregierung sagt, er sei sehr wichtig, von dem sowjetische Diplomaten einer Reihe von Kollegen in diesem Hause — auch mir gesagt haben, sie kennten ihn gar nicht; im sowjetischen Außenamt gingen täglich Tausende von Briefen ein, man könne nicht jeden lesen.

    (Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Das ist solide Außenpolitik! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)

    Meine Damen und Herren, wie eigentlich will man — hier paßt das Wort — zu einer solchen Art von Manipulation schweigen? Die Bundesregierung sagt, es gebe keinen Dissens. Ich sage Ihnen: der entscheidende Dissens liegt offenbar schon in der Frage, was eigentlich zum Vertragswerk gehört, was in Moskau und was in Bonn zur Ratifikation vorgelegt werden soll. Sie werden doch zugeben — und ich bitte Sie zuzustimmen, Herr Außenminister —: Dies ist unerträglich für jeden frei gewählten Abgeordneten, der hier seine Pflicht zu erfüllen hat.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, ich wäre dankbar, wenn der Bundeskanzler bei Gelegenheit — wenn es geht, noch in dieser Debatte — erklärte,

    (Abg. Franke [Osnabrück]:: Und dieser Debatte beiwohnen würde!)

    was der folgende Satz auf Seite 2 seiner gestrigen Darlegungen bedeutet — ich zitiere —:
    Das in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegte Recht auf Selbstbestimmung muß im geschichtlichen Prozeß auch den Deutschen zustehen.



    Dr. Marx (Kaiserslautern)

    Ich frage: Was glaubt eigentlich der Bundeskanzler dieses Landes diesem Bundestag und der Bevölkerung in einem solchen unerhörten Satz zumuten zu können?

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Freunde, das Selbstbestimmungsrecht steht uns nicht im Laufe eines geschichtlichen Prozesses zu, sondern es steht jedem von uns zu, auch denen, die jetzt drüben in der DDR zuhören.

    (Anhaltender lebhafter Beifall und Bravo-Rufe bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD: Wie haben Sie es denn durchgesetzt! — Großmäulerei! — Abg. Mattick: Damals habt ihr uns in Berlin hängenlassen! — Weitere Zurufe von der SPD und Gegenrufe von der CDU/CSU. — Große Unruhe.)

    Meine Damen und Herren, es gibt noch eine weitere Frage, die zu stellen mich niemand hindern kann: Was bedeuten eigentlich die Absichtserklärungen, d. h. die Punkte 5 bis 10 des Bahr-Papiers? Die Bundesregierung sagt, sie seien nicht Teil des Vertragswerkes. Ich habe hier die Broschüre des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Unter „I. Das Vertragswerk" steht dort „Bahr-Papier". Frage an die Regierung: Ist das Bahr-Papier nun ein Teil des Vertragswerkes, ja oder nein?

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Mattick.)

    — Herr Mattick, Sie haben Ihre Redezeit bereits I konsumiert.
    Herr Bundesaußenminister, ich möchte wissen, ob diese Absichtserklärungen für Sie die „vereinbarte Grundlage des künftigen politischen Handelns" und ob sie auf Treu und Glauben zu betrachten sind und, wenn ja, was dies dann in Ihrer Darlegung bedeutet. Uns ist das alles nicht klar. Niemals ist klar gesagt worden, wie man diese Absichtserklärungen anwendet. Wir möchten daher die Bundesregierung bitten, uns — wenn es für sie klar ist — die zusätzliche Antwort zu geben, wie die Sowjetunion diese Absichtserklärungen, die ja beide Seiten gegenseitig ausgetauscht haben und in denen ja auch für das Schicksal unseres Landes entscheidende Festlegungen getroffen worden sind, eigentlich versteht. Also: Gibt es in dieser Frage, Herr Bundesaußenminister, auch einen Dissens oder gibt es Übereinstimmung? Wenn ja, wie sieht das aus?
    Der Herr Bundeskanzler hat in früheren Jahren — es ist jetzt zehn Jahre her — in einem sehr beeindruckenden Aufsatz die Stoßrichtung der sowjetischen Politik gekennzeichnet. Er sagte, sie richte sich gegen Deutschland.

    (Abg. Dr. Barzel: Aha!)

    Und der Bundeskanzler fügte dann hinzu — ich zitiere den jetzigen Bundeskanzler —:
    ... die Sowjetunion hat den groß angelegten Versuch begonnen, die Nachkriegsphase zu beenden, den heutigen Zustand völkerrechtlich zu zementieren und in aller Form ein neues Blatt der Geschichte aufzuschlagen, in dem zwei gewissermaßen souveräne Staaten auf deutschem Boden ihre anerkannte Existenz beginnen. ...
    Der Bundeskanzler fährt fort:
    Die Forderung nach Wiedervereinigung wird zum Revanchismus erklärt werden. Und wir werden, wenn wir unsere Landsleute nicht verraten wollen, jedenfalls Revisionisten sein müssen.
    Der Bundeskanzler fährt fort:
    Ich sage es in allem Ernst: das Schicksal der Demokratie in Deutschland hängt davon ab, daß die Demokraten in dieser Situation nicht versagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Nach diesen, wie ich glaube, sehr ernsten Worten hat der Bundeskanzler hinzugefügt — —

    (Zurufe des Abg. Mattick.)

    — Sie sollten nicht den Versuch machen, zu stören, wenn ich vorlesen will, was der Bundeskanzler, Ihr Parteivorsitzender, früher gesagt hat; es sei denn, es ist Ihnen peinlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU.) Ich zitiere weiter. Er sagte:

    Bei dem heutigen Vorstoß der Sowjetunion geht es ... darum, daß dem deutschen Volk und damit einem Verbündeten des Westens moralisch das Kreuz gebrochen werden soll. Ein derartiges Teilungsdiktat

    (Abg. Dr. Eppler: Das war die BerlinKrise!)

    ist für Deutschland unannehmbar. Wir können und dürfen uns damit auch nicht abfinden.
    Der Bundeskanzler schließt diesen Teil, den ich vorlese:
    Man kann einem Volk,

    (Zuruf von der SPD: Herr Marx, wie lange wollen Sie noch zitieren?)

    wie wir es in den letzten Jahren erlebt haben, eine Teilung auferlegen, man kann es aber nicht auch dazu bringen, sie zu akzeptieren ...

    (Beifall bei der CDU/CSU.) Der Satz geht noch weiter. Er heißt dann:

    . . . sich mit ihr abzufinden und sie zu unterschreiben.
    Und dann heißt es:
    Das Ergebnis würde nicht dem Frieden dienen.

    (Hört! Hört! und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    So weit Willy Brandt.
    Am Ende — Herr Präsident, in zwei Minuten! — noch folgendes.

    (Zurufe von der SPD.)




    Dr. Marx (Kaiserslautern)

    Kaum jemand hat die heutige Politik, die uns als eine Friedenspolitik verkauft wird,

    (Zuruf von der SPD: Ist es auch!)

    klarer und eindeutiger als Hindernis für den Frieden bezeichnet und abgeurteilt als in den eben zitierten Sätzen der heutige Bundeskanzler selbst.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Niemand hat deutlicher und, ich sage auch, ergreifender und bewegender die politische und die moralische Szenerie beschrieben als einer der damals so beherzten, kühnen und tapferen Männer an der Spitze der Sozialdemokratischen Partei.

    (Zurufe, Pfui-Rufe und beginnende Unruhe bei der SPD.)

    Auch dieses Zitat werde ich Ihnen nicht ersparen. Es lautet:
    Immer gibt es die Menschen, die in einer kritischen Stunde anfangen, davon zu reden, man müsse sich mit den Realitäten, mit den Tatsachen, mit den Dingen und mit den Verhältnissen abfinden.

    (Anhaltende Unruhe bei der SPD.) Dieses Zitat geht weiter:

    Auch dafür haben wir Deutsche bittere Erfahrungen genug gesammelt. Mit den realen Verhältnissen fanden sich alle diejenigen ab, die 1933 sich dazu entschlossen, ihren Frieden mit Hitler zu machen. Immer wollte man Schlimmeres verhüten. Am Ende lag Deutschland in Trümmern. ... Auch heute kann Deutschland nur leben, wenn es lernt, für seine Freiheit, für sein Recht und für seine Selbstbehauptung zu kämpfen.
    Der dies sagte, war Ernt Reuter.

    (Bravo-Rufe und Beifall bei der CDU/CSU. -Zurufe von der SPD.)

    Er war früher Kommunist, dann Sozialdemokrat, Regierender Bürgermeister von Berlin; er war ein Demokrat, für den Wahrheit, Frieden und Freiheit über alles gingen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Wenn er tot ist, halten Sie ihn gut!)

    — Herr Kollege Wehner, auf diesen Zwischenruf —

    (Abg. Wehner: Ich bin nicht Ihr Kollege!)

    -- Das mag sein; das ist dann aber auch ein Stück meiner eigenen Entscheidung.

    (Abg. Wehner: Sehr gut!)

    Herr Wehner, wir haben Ernst Reuter damals zugestimmt.

    (Zurufe von der SPD.)

    Wir stimmen ihm heute zu.

    (Abg. Wehner: Seitdem er tot ist!)

    Für die CDU/CSU haben sich die Kategorien des Rechts und der Freiheit, der Wahrheit und des Friedens nicht verändert.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Erregte Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren, in allem Ernst:

    (Zurufe von der SPD: Aufhören!)

    bei dieser Debatte, die wir hier führen, wo es um die entscheidensten Fragen geht, sage ich noch einmal, daß sich die Kategorien des Rechts, der Freiheit, der Wahrheit und des Friedens für uns nicht verändert haben, daß wir an diesen Kategorien diese Verträge messen und daß sie vor diesen Kategorien und unserer politischen Verantwortung nicht bestehen können.

    (Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD. — Abg. Wehner: Sportpalast!)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, bei der Zeiteinteilung für die heutige Debatte sind wir — —

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU. —Abg. Wehner: Hier fehlt nur noch die Frage: Wollt ihr den totalen Krieg?! — Gegenrufe von der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Nur noch diese Frage, diese Sportpalast-Frage! — Glocke des Präsidenten.)

— Darf ich bitten, daß wir jetzt in Ruhe noch den letzten Redner der Vormittagsrunde anhören, für den lediglich zehn Minuten beantragt sind. Wir sind davon ausgegangen, daß wir noch diesen Redner hören, damit wir zu einem gewissen Abschluß kommen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Heyen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roelf Heyen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß wir auf diesen Marxismus Kaiserslauterner Prägung, der hier eben geboten wurde, eingehen sollten. Aber hier ist Ernst Reuter genannt worden, und da muß man sagen, daß Ernst Reuter zu seinen Lebzeiten bei Ihrer Regierung der CDU/CSU für Berlin betteln gehen mußte.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber sozialdemokratische Führer sind offenbar immer dann gut, wenn sie nicht mehr leben. Zu seinen Lebzeiten haben Sie Schumacher bekämpft, haben Sie seine Politik bekämpft, und zu Lebzeiten von Ernst Reuter haben Sie ihm und Berlin die größten Schwierigkeiten gemacht.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Wehner: Sehr wahr! — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Das müßten Sie, Herr Amrehn, am besten wissen,
    und auf Ihre Ausführungen will ich jetzt eingehen.
    Schon 1963, als wir die erste Passierscheinregelung unterschrieben haben, haben Sie gesagt: Dies ist ein falscher Schritt in die falsche Richtung, und dies ist der Anfang vom Ende West-Berlins. Das



    Heyen
    haben Sie heute in bezug auf das Viermächteabkommen von Berlin wiederholt. 1969, um auf die Passierscheinregelung zurückzukommen, war Kiesinger bereit, für eine solche Regelung die Bundesversammlung nicht in Berlin stattfinden zu lassen.

    (Abg. Fellermaier: Hört! Hört!)

    Das sind die Preise und das sind die Zeitpunkte, Herr Schröder. Sie wären bereit gewesen, sich die Bundespräsenz ohne ein Abkommen Stückchen für Stückchen „herausbrechen" zu lassen. Dies muß einmal ganz deutlich gesagt werden.

    (Abg. Dr. Barzel: Gar nicht wahr!)

    Herr Amrehn, bevor ich mich mit Ihren Thesen auseinandersetze, noch ein kurzes Wort zum Generalkonsulat. Während der Verhandlungen, während des schweren Ringens um Verbesserungen, die Sie heute wieder in Frage gestellt haben, hat Herr Lummer, Ihr jetziger Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus, Herrn Abrassimow einen Brief geschrieben, in dem er anbot, für die Schließung des Spandauer Gefängnisses — das war sein Preis — sowjetische Präsenz in West-Berlin zuzulassen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das ist das zweite Stück, das man — ohne Abkommen und ohne Sicherheit — für einen Gefangenen, für ein Gefängnis in Spandau preisgeben wollte. Dies zunächst einmal zum Generalkonsulat und zu den Passierscheinen.
    Ich habe in der Debatte den Eindruck gewonnen — das gilt sowohl für den Beitrag von Herrn Barzel als auch für die Beiträge von Herrn Schröder, Herrn Kiesinger und Herrn Amrehn —, daß die CDU die Stadt Berlin und ihr Schicksal immer nur so behandelt, wie es gerade in ihr parteipolitisches Konzept paßt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wohlrabe: Das ist doch kein Wahlkampf hier! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    Herr Barzel bestreitet den Zusammenhang zwischen dem Berlin-Abkommen und den Verträgen. Herr Schröder — dadurch kam erst eine gewisse Logik in seine Ausführungen — erwähnte Berlin überhaupt nicht.

    (Abg. Wehner: Sehr wahr! Nicht zum erstenmal!)

    — Ja, das kennen wir von Herrn Schröder — darauf komme ich noch zu sprechen — schon aus den 50er Jahren. Er war der dienstälteste Bundesminister. Wenn er nun befürchtet, daß Bundesschilder in Berlin abmontiert würden, sollten wir uns doch einmal daran erinnern, daß diese Bundesschilder der damaligen Regierung und ihrem Innenminister Stück für Stück abgerungen werden mußten. Das ist in den Akten nachzulesen.
    Herr Kiesinger sagt: Dies ist eine erfreuliche Sache, das Viermächteabkommen ist gut, und wir wollen auch nicht daran herummäkeln. Herr Amrehn aber stellt — damit ist er ein guter Bekannter geblieben — das Ganze wieder voll in Frage. Das ist, glaube ich, eine unredliche Politik. Es stünde der CDU/CSU besser an, wenn sie hier klar sagte: Das
    Viermächteabkommen ist ein großer Schritt nach vorn für Berlin und die Berliner.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)