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    Deutscher Bundestag 171. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 23. Februar 1972 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag der Abg. Frau Schanzenbach, Dr. Schellenberg und Frau Brauksiepe . . . . . . . . 9737 A, B Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 9737 B Wahl des Abg. Wende als stellvertretendes Mitglied des Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost 9737 B Erweiterung der Überweisung eines Gesetzentwurfs 9737 C Amtliche Mitteilungen . . . . . . . 9737 C Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation 1972 (Drucksache V1/3080) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. August 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Drucksache V1/3156) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen (Drucksache VI/3157) — Erste Beratung —, mit Große Anfrage der CDU/CSU betr. Deutschland- und Außenpolitik — Drucksachen VI/2700, VI/2828 — und mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen — Drucksache VI/1523 — Brandt, Bundeskanzler . 9739 D, 9791 B, 9814 C Scheel, Bundesminister 9742 D Dr. Barzel (CDU/CSU) . 9752 C, 9796 C, 9814C, 9815B Wehner (SPD) 9764 B Dr. h. c. Kiesinger (CDU/CSU) . 9784 B Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . 9798 A Mischnick (FDP) . . . . . . . 9799 B Stücklen (CDU/CSU) 9804 B Dr. Ehmke, Bundesminister . . . 9814 D Borm (FDP) . . . . . . . . 9815 C Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU/CSU) 9820 B Fragestunde (Drucksache V1/3165) Frage des Abg. Dr. Böhme (CDU/CSU) : Immobilienfonds der Landeszentralbank Nordrhein-Westfalen Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär 9771 B, C, D Dr. Böhme (CDU/CSU) . . . 9771 B, C II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Februar 1972 Frage des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) : Verfahren und Methoden zur Preiserhebung Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 9771 D, 9772 B, C Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 9772 B, C Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) : Miete eines bundeseigenen Hauses in Köln durch Bundesminister Schiller Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 9772 C, D, 9773 A Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 9772 C, D Hauser (Bad Godesberg) (CDU/CSU) 9773 A Frage des Abg. Dr. Fuchs (CDU/CSU) : Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur in den ostbayerischen Landkreisen Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 9773 B, C, D Dr. Fuchs (CDU/CSU) . . . . . 9773 C, D Fragen des Abg. Kiechle (CDU/CSU): Beseitigung der zehnjährigen Grundsteuerfreiheit der Zweitwohnungen Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 9774 A, C, D Kiechle (CDU/CSU) 9774 C Frage des Abg. Dichgans (CDU/CSU) : Anerkennung von Ausgaben für den Erwerb von Kunstwerken als steuerlich abzugsfähige Spenden Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 9774 D, 9775 A, B Dichgans (CDU/CSU) 9775 A, B Frage des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) : Freigabe des Militärhospitals der französischen Garnison in Tübingen Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 9775 C, D, 9776 A Pfeifer (CDU/CSU) 9775 D Maucher (CDU/CSU) 9776 A Frau Funcke, Vizepräsident . . . 9776 B Fragen des Abg. Härzschel (CDU/CSU) : Situation der Rentner in Alters- und Pflegeheimen Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9776 C, D, 9777 A, B Härzschel (CDU/CSU) . 9776 C, D, 9777 B Fragen des Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU/CSU) : Finanzierung der Krankenhausversorgung bis 1975 Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . 9777 C, D, 9778 B, C, D, 9779 A Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein (CDU/CSU) . 9778 A, B, C Dr. Fuchs (CDU/CSU) 9778 D Frage des Abg. Rollmann (CDU/CSU) : Studie über den Einfluß von Gewalttätigkeit und Brutalität im Fernsehen auf Straßenspiele der Kinder Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 9779 A, B, C Rollmann (CDU/CSU) 9779 B Hansen (SPD) 9779 C Frage des Abg. Baier (CDU/CSU) : Erhöhung der finanziellen Leistungen für das Deutsch-Französische Jugendwerk Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . 9779 C, D, 9780 A, B, C Baier (CDU/CSU) . . . 9779 D, 9780 A Rollmann (CDU/CSU) 9780 B Dr. Fuchs (CDU/CSU) 9780 C Fragen des Abg. Reddemann (CDU/CSU) : Zeugnisverweigerungsrecht der Redakteure Dr. Bayerl, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9780 D, 9781 A, B, C Reddemann (CDU/CSU) . . . . 9781 B, C Frage des Abg. Walkhoff (SPD) : Umgehung des Verbots der Aufhebung von Mietverhältnissen durch Abbruch der Mietwohnungen und Neubau von Eigentumswohnungen Dr. Bayerl, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 9781 D, 9782 A Walkhoff (SPD) . . . . . . . . 9782 A Frage der Abg. Frau Lauterbach (SPD) : Inanspruchnahme der Krebsvorsorgeuntersuchung der Krankenkassen — Erfahrungen hinsichtlich ausreichender Fachärzte und Laboreinrichtungen Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 9782 B, D, 9783 A Frau Lauterbach (SPD) . 9782 C, 9783 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Februar 1972 III Fragen des Abg. Maucher (CDU/CSU) : Rehabilitationszentrum für erwachsene Hirngeschädigte Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9783 B, C, D, 9784 A Maucher (CDU/CSU) . 9783 C, D, 9784 A Frage des Abg. Frau Lauterbach (SPD) : Prämienzahlungen für nicht benutzte Krankenscheine Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 9784 A Nächste Sitzung 9826 A Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 9827 A Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz über die weitere Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und des Bundesfernstraßenbaus (Verkehrsfinanzgesetz 1971) . . . . . . . . 9827 B Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Breidbach (CDU/CSU) betr. Lage der westdeutschen Alluminiumindustrie 9827 D Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Becker (Mönchengladbach) (CDU/CSU) betr. Abschluß eines Abkommens über den Welthandel mit Textilien 9828 C Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage der Abg. Frau Funcke (FDP) betr. Steuerfreiheit für Fehlgeldentschädigung von Omnibusfahrern im Liniendienst . . 9828 D Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Ahrens (SPD) betr. beispielgebende Wirkung des Gesetzes über die verbilligte Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von bundeseigenen Grundstücken auf Bundesländer und Gemeinden . . . . . . . . . 9829 B Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Krockert (SPD) betr. Verwendung von thailändischem Tiefentorf und Island-Moos bei der Herstellung von Tabakerzeugnissen . . . . . . . . 9829 B Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Schlaga (SPD) betr. Erfassung der von Selbstdrehern hergestellten Zigaretten im Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes . . . . . . . . . 9829 D Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Sperling (SPD) betr. steuerliche Begünstigung der Zigaretten, Zigarren und Rauchtabake, die aus anderen Stoffen als Tabak bestehen . . . 9829 D Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Löffler (SPD) betr. Erhöhung des von den Mineralölfirmen dem Tankstellengewerbe gewährten Bonus 9830 A Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Dr. Orth (SPD) betr. unterschiedliche Handhabung des Mehrwertsteuerzuschlags für landwirtschaftliche Veredlungserzeugnisse . . . 9830 C Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Peiter (SPD) betr. Benachteiligung der pflichtversicherten Handwerker und der freiwillig Versicherten in der ehemaligen französischen Zone durch § 32 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes . . . 9831 A Anlage 13 Zusätzliche Schriftliche Antwort auf die Frage des Abg. Dr. Götz (CDU/CSU) betr. Pensionierung von Beamten auf Lebenszeit mit dem vollendeten 62. Lebensjahr und Höhe der Pensionslast 9831 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Februar 1972 9737 171. Sitzung Bonn, den 23. Februar 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Bals *** 25. 2. Bredl 4. 3. Breidbach 23. 2. Dasch 3. 3. Frau Dr. Diemer-Nicolaus *** 26. 2. Dr. Dittrich 25. 2. Draeger *** 25. 2. Freiherr von und zu Guttenberg 4. 3. Frau Dr. Henze 18. 3. Kahn-Ackermann *** 26. 2. Kriedemann * 23. 2. Lautenschlager * 24. 2. Lenze (Attendorn) *** 25. 2. Lücker (München) * 24. 2. Memmel * 25. 2. Mertes 25. 2. Müller (Remscheid) 25. 2. Pöhler *** 25. 2. Richarts 25. 2. Rinderspacher *** 25. 2. Dr. Schober 23. 2. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 25. 2. Dr. Seume 25. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Bonn, 9. Februar 1972 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Der Bundesrat hat in seiner 376. Sitzung am 9. Februar 1972 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 26. Januar 1972 verabschiedeten Gesetz über die weitere Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und des Bundesfernstraßenbaus (Verkehrsfinanzgesetz 1971) gemäß Artikel 84 Abs. 1, 104 a Abs. 4 und 105 Abs. 3 des Grundgesetzes zuzustimmen. Außerdem hat der Bundesrat die aus der Anlage ersichtliche Entschließung angenommen. Heinz Kühn Anlagen zum Stenographischen Bericht Bonn, den 9. Februar 1972 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Vorstehende Abschrift wird auf Ihr Schreiben vom 28. Januar 1972 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Heinz Kühn Anlage zum Schreiben des Präsidenten des Bundesrates vom 9. Februar 1972 an den Bundeskanzler Entschließung zum Gesetz über die weitere Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und des Bundesfernstraßenbaus (Verkehrsfinanzgesetz 1971) Der Bundesrat stellt mit Bedauern fest, daß durch nationale Maßnahmen von EWG-Mitgliedstaaten den deutschen Seehäfen Wettbewerbsnachteile erwachsen, und vermag kein Verständnis dafür aufzubringen, daß durch das vorliegende Gesetz die Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der deutschen Seehäfen noch weiter verschärft werden. Der Bundesrat nimmt Bezug darauf, daß der zuständige Bundesminister für Verkehr den deutschen Seehäfen nationale Maßnahmen zum Ausgleich der Wettbewerbsverzerrungen in Aussicht gestellt hat, wenn die wettbewerbsnachteiligen Maßnahmen der in Frage kommenden EWG-Mitgliedstaaten nicht abgebaut werden. Unter Bezug hierauf bittet der Bundesrat die Bundesregierung, 1. im Rahmen der EWG mit Nachdruck darauf hinzuwirken, daß eine Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen im Bereich des Verkehrswesens herbeigeführt wird, 2. im Zuge dieser Bemühungen alle Möglichkeiten auszunutzen, um durch nationale Maßnahmen schwere Schäden von der deutschen Verkehrswirtschaft abzuwenden. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Breidbach (CDU/CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 60 und 61): Wie beurteilt die Bundesregierung die Lage der westdeutschen Aluminiumindustrie? Welche Prognose für den Aluminiumverbrauch pro Einwohner kann für die nächsten Jahre abgegeben werden? 9828 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Februar 1972 Die westdeutsche Aluminiumindustrie befindet sich gegenwärtig in einer recht ernsten Lage, die in erster Linie aus einer internationalen Überproduktion und einem entsprechenden Preisverfall resultiert. Auch in der Bundesrepublik sind in den letzten Jahren wegen der Verfügbarkeit billigeren Kernkraftstroms und im Vertrauen auf einen weiteren kräftigen Nachfrageanstieg neue Aluminiumkapazitäten entstanden. Die Hüttenproduktion stieg dadurch im abgelaufenen Jahr um 38 %auf 427 000 t, von denen ein Teil unabsetzbar blieb. Bei den Aluminiumlegierungen belief sich der Produktionsanstieg auf 6 % Da auch in der westlichen Welt insgesamt die Aluminiumnachfrage — wie schon 1970 — unter der Weltproduktion blieb, fielen im internationalen Handel die Preise unter die Gestehungskosten der meisten Produzenten, so daß gegenwärtig wenigstens die deutsche Produktion ein Verlustgeschäft geworden ist. Trotz des Kampfes um die Marktanteile sind 87 000 t im Frühjahr 1971 fertiggestellte Kapazitäten nicht in Betrieb genommen worden. Im Januar d. J. wurden weitere 33 000 t Kapazitäten älterer Werke abgeschaltet. Ungeachtet der großen gegenwärtigen Schwierigkeiten sieht die Bundesregierung — wie auch die Aluminiumwirtschaft — die Aluminiumindustrie mittel- bis langfristig als ausgesprochene Wachstumsindustrie an. Das temporäre Überangebot sollte, wofür international auf breiter Front plädiert wird, durch geringere Kapazitätsausnutzungen überwunden werden können. Verbauchsprognosen für einzelne Jahre unterliegen großen Fehlermöglichkeiten, wie aus folgender Übersicht über die letzten Jahre hervorgeht: Aluminiumverbrauch je Kopf in der Bundesrepublik Deutschland in kg 1965 8,9 1966 9,4 1967 9,0 1968 11,4 1969 13,5 1970 13,5 1971 13,6 Auf einen 50%igen Anstieg zwischen 1967 und 1969 folgte eine über zwei Jahre gehende Stagnation. Bislang ist der Aluminiumverbrauch mittelfristig doppelt so stark gestiegen wie das Sozialprodukt. Das mag für die nächsten 5 bis 6 Jahre, gestützt durch Überlegungen über den Verbrauch in einzelnen Fachrichtungen, noch zutreffen. Danach ist eine leichte Abflachung denkbar. Man kann deshalb bis 1976 mit einem Verbrauchsanstieg je Kopf von 7,5 bis 8 % in der Bundesrepublik Deutschland rechnen. Für das Endjahr ergäbe das einen Verbrauch in der Bundesrepublik Deutschland von 1,2 Millionen t, je Kopf von 18,0 kg. Die USA hatten 1969 einen je Kopf-Verbrauch von 22,4 und 1970 von 20,9 kg. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 23. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Becker (Mönchengladbach) (CDU/ CSU) (Drucksache VI/3165 Frage A 62) : Ist die Bundesregierung bereit, das Petitum des Verbandes der Europäischen Bekleidungsindustrie an das Generalsekretariat des GATT über den baldigen Abschluß eines Abkommens über den Welthandel mit Textilien zu unterstützen? Für Baumwolltextilien besteht bekanntlich bereits eine multilaterale Vereinbarung im Rahmen des GATT (Weltbaumwoliwarenabkommen). Was den Abschluß eines dem Weltbaumwollwarenabkommens analogen Abkommens für Non-Cotton-Textil- und Bekleidungserzeugnisse anbetrifft, wie es bereits 1969 von den USA vorgeschlagen wurde, so hat die Bundesrepublik — ebenso wie auch andere Länder — hiergegen Bedenken geäußert, weil sie in einer derart umfassenden Handelsbeschränkung ein gefährliches Präjudiz auch für andere Sektoren befürchtet, das schließlich zu einer Bedrohung des gesamten freien Welthandels führen könnte. In jedem Falle sollte daher nach Auffassung der Bundesregierung vor einer weltweiten Regelung für Non-Cotton-Textil- und Bekleidungserzeugnisse zunächst eine genaue Durchleuchtung der Handels- und wirtschaftspolitischen Situation dieses Sektors erfolgen. Die Bundesregierung hat sich deshalb vor längerer Zeit im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft, die für derartige handelspolitische Arrangements zuständig wäre, für die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beim GATT ausgesprochen, welche die bestehenden Probleme untersuchen soll. Die EG hat ihre Bereitschaft hierzu schon anläßlich der Zusammenkunft der Vertreter der wichtigsten Welthandelsländer im Sommer 1970 und erneut im Frühjahr 1971 in Genf zum Ausdruck gebracht. Wegen des Widerstandes oder mangelnden Interesses anderer Welthandelsländer ist diese Arbeitsgruppe jedoch bisher nicht eingesetzt worden. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 23. Februar 1972 auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Funcke (FDP) (Drucksache VI/3165 Frage A 65) : Ist die Bundesregierung bereit, den Omnibusfahrern im Liniendienst, die neben dem Führen des Fahrzeugs den Kassendienst versehen und für die unter Berücksichtigung des Fahrgastandrangs, der Verkehrsbehinderung beim Halten und der Verpflichtung, den Fahrplan einzuhalten, die Gefahr von Kassenfehlbeträgen besonders groß ist, auch wenn der Gesamtumsatz beim Kassieren von Kleinbeträgen relativ gering ist, im gleichen Umfang Steuerfreiheit für Fehlgeldentschädigung zu gewähren wie den Arbeitnehmern, die der Regelung von Abschnitt 2 Abs. 2 Buchstabe a der Lohnsteuerriditlinien unterliegen? Ich beantworte Ihre mündliche Anfrage mit „nein". Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Februar 1972 9829 Der Bargeldumsatz der Omnibusfahrer im Liniendienst ist — verglichen mit anderem Kassendienst — normalerweise so gering, daß trotz des von Ihnen erwähnten größeren Verlustrisikos Steuerfreiheit für eine höhere Fehlgeldentschädigung nicht gerechtfertigt erscheint. Im übrigen hätte die Bundesregierung auch Bedenken, als Kriterium für die Höhe der steuerfreien Fehlgeldentschädigung neben dem Umfang des Bargeldumsatzes auch risikoerhöhende Umstände in Betracht zu ziehen. Hierfür ließen sich nur schwer allgemeingültige Abgrenzungsmerkmale finden. Das Problem besteht ja nicht nur bei Omnibusfahrern, sondern auch in anderen Berufen, wie z. B. bei Kassiererinnen in Lebensmittelgeschäften. Selbst bei Omnibusfahrern müßte man vielleicht unterscheiden zwischen Stadtverkehr und ruhigem Überlandverkehr. Ich möchte aber noch darauf hinweisen, daß Kassenverluste, die die Fehlgeldentschädigung übersteigen, als Werbungskosten geltend gemacht werden können, so daß den Busfahrern trotz der Begrenzung der steuerfreien Fehlgeldentschädigung auf 10 DM monatlich vielfach keine steuerlichen Nachteile entstehen. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretär Hermsdorf vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Ahrens (SPD) (Drucksache VI/3165 Fragen A 66 und 67) : Hat sich die Hoffnung der Bundesregierung auf eine beispielgebende Wirkung des Gesetzes über die verbilligte Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von bundeseigenen Grundstücken auf die Bundesländer und Gemeinden erfüllt? In welchen Bundesländern sind entsprechende Gesetze erlassen worden oder in Vorbereitung? Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat die Bundesregierung zu einem Bericht über die von Ihnen gestellten Fragen aufgefordert. Die dazu notwendigen Stellungnahmen der Bundesländer und Gemeinden habe ich zum 1. März d. J. erbeten. Bislang hat sich nur ein Teil der angeschriebenen Stellen geäußert. Eine Beantwortung Ihrer Fragen ist daher zur Zeit noch nicht möglich. Sobald mir alle Stellungnahmen vorliegen, werde ich den Bericht an den Haushaltsausschuß erstatten und Ihnen eine Durchschrift des Berichts übersenden. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 23. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Krockert (SPD) (Drucksache 171/3165 Frage A 68) : Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die noch nicht bekannten, möglicherweise gesundheitsgefährdenden Wirkungen derjenigen Tabakwaren (im Sinne des § 2 Abs. 6 des Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes in Drucksache VI/3048), wie zum Beispiel des unter Sachkundigen bekannten thailändischen Tiefentorfs oder des Island-Mooses, zu erforschen und bekanntzumachen, und hält es die Bundesregierung nicht für angebracht, diejenigen Tabakwaren, die nicht aus Tabak bestehen (§ 2 Abs. 6 des o. a. Entwurfs), steuerlich stärker zu belasten, um auf diese Weise der weiteren Verbreitung dieser möglicherweise die gesundheitsgefährdende Wirkung des Nikotins übertreffenden Stoffe vorzubeugen? Thailändischer Tiefentorf und Island-Moos werden in der Bundesrepublik bei der Herstellung von Tabakerzeugnissen nicht verwendet. Es gibt auch keinen Grund zu der Annahme, daß die deutsche Tabakindustrie künftig Torf und Moos verarbeiten wird. Die Bundesregierung sieht daher keinen Anlaß, Forschungen über etwaige schädliche Wirkungen dieser Stoffe anzustellen. Die Frage, ob zum Rauchen bestimmte Erzeugnisse, die nicht aus Tabak bestehen, steuerlich stärker belastet werden sollen, hat sich bisher nicht gestellt, weil es solche Erzeugnisse zur Zeit auf dem deutschen Markt nicht gibt. Die Bestimmung des § 2 Abs. 6 ist bereits vor einiger Zeit in das Tabaksteuergesetz aufgenommen worden, um Substitutionsprodukte, wie z. B. Zigaretten mit synthetischem Inhalt — an entsprechenden Versuchen wird im Ausland gearbeitet — ggf. ebenso besteuern zu können wie die ersetzten Naturprodukte. Für eine Erhöhung ides Steuersatzes für Substitutionsprodukte sieht die Bundesregierung unter den gegebenen Umständen z. Z. keinen Anlaß. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 23. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schlaga (SPD) (Drucksache VI/3165 Frage A 69) : Ist die Bundesregierung bereit, auch solche Zigaretten als Zigaretten im Sinne des Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache VI/3048; dort § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 3) zu erfassen, die von sogenannten „Selbstdrehern" unter Mißachtung der im § 2 Abs. 1 Nr. 2 geforderten Parallelität der Naht der Tabakfolie zur Längsachse des nicht aus Feinschnitt bestehenden Tabakstrangs hergestellt wurden, auch wenn sie ansonsten die Auflagen nach Stück gewicht und Hüllenmaterial beachten? Die in der Frage angeführten Bestimmungen des Tabaksteuergesetzes haben mit dem sog. Selbstdrehen von Zigaretten nichts zu tun. Sie dienen der begrifflichen Abgrenzung der Zigarette von der Zigarre. Im übrigen brauchen selbstgedrehte Zigaretten nicht versteuert zu werden, weil sie aus versteuertem Feinschnitt und versteuerten Zigarettenhüllen bestehen. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 23. Februar 1972 auf die Mündliche Frage des 9830 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Februar 1972 Abgeordneten Dr. Sperling (SPD) (Drucksache VI/3165 Frage A 70) : Halt es die Bundesregierung — ins Sinne der durch das Bundesministerium für Familie, Jugend und Gesundheit angeregten und geführten Kampagne gegen das durch Nikotin und andere Stoffe gesundheitsgefährdende Rauchen von Tabakwaren und insbesondere von Zigaretten — nicht für sinnvoll, eine steuerliche Bevorzugung derjenigen Zigaretten, Zigarren und Rauchtabake im Sinne der Definition des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache VI/2899 in der Fassung der Beschlüsse des Finanzausschusses in Drucksache VI/3048; dort § 2 Abs. 1 bis 5) zu erwägen, soweit diese entsprechend § 2 Abs. 6 des gleichen Entwurfs ganz aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, und ist die Bundesregierung bereit, den Abgeordneten des Bundestages eine Zusammenstellung derjenigen Tabakwaren zukommen zu lassen, die nicht aus Tabak bestehen (§ 2 Abs. 6 des Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes in Drucksache VI/3048)? Der Forschung ist es bis heute nicht gelungen, einen Ersatzstoff für Tabak zu finden, der nicht schädlich ist. Es gibt daher keinen Anlaß, die Frage einer steuerlichen Bevorzugung solcher Erzeugnisse zu prüfen. Zigaretten, Zigarren und Rauchtabak aus anderen Stoffen als Tabak sind zur Zeit nicht auf dem deutschen Markt. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache VI/3165 Fragen A 71 und 72) : Glaubt die Bundesregierung, daß das von den Mineralölfirmen an das Tankstellengewerbe gerichtete Angebot, nach dem sich der Bonus pro Liter lediglich um 0,2 Pf bei Normalbenzin und um 0,8 Pf bei Super erhöhen soll, den steigenden Kosten im Tankstellengewerbe gerecht wird? Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, während der z. Z. laufenden Verhandlungen über Konditionsverbesserungen auf die Mineralölfirmen dahin gehend einzuwirken, daß diese dem Tankstellengewerbe einen Bonus gewähren, der die selbständige wirtschaftliche Basis dieses Gewerbes sichert? Die Bundesregierung verfügt über keine repräsentativen Unterlagen, die eine Beurteilung der Kostensituation des Tankstellengewerbes und der Angemessenheit der Provisionsvorschläge der Mineralölgesellschaften zuließen. Bei der Wertung der gegenwärtig zwischen den Mineralölgesellschaften und den Tankstellenverbänden geführten Verhandlungen glaubt die Bundesregierung, angesichts der wechselseitigen Interessenverflechtung beider Wirtschaftsgruppen davon ausgehen zu können, daß ein für beide Seiten befriedigendes Ergebnis ausgehandelt werden kann. Dabei müssen sich zwangsläufig die Mineralölgesellschaften von dem Interesse leiten lassen, ein funktions- und leistungsfähiges Tankstellengewerbe für den Absatz ihrer Produkte zur Verfügung zu haben. Die nachhaltigen Anstrengungen in dieser Richtung kommen unter anderem darin zum Ausdruck, daß der durchschnittliche Kraftstoffabsatz je Tankstelle von 33 500 Litern im Jahre 1970 auf rd. 42 500 Liter zu Anfang des Jahres 1972 gestiegen ist. Damit sind auch die Provisionseinkommen der Tankstelleninhaber gestiegen. Der darin deutlich werdende Rationalisierungseffekt ist nicht zuletzt durch eine Konzentrierung des Absatzes auf modernere und leistungsfähigere Anlagen erreicht worden. Nach Auffassung der Bundesregierung können in der in der Bundesrepublik bestehenden Wirtschaftsordnung die unterschiedlichen Interessen von Mineralölgesellschaften und Tankstellengewerbe am ehesten und am besten durch unmittelbare Verhandlungen zwischen beiden Wirtschaftsgruppen ausgeglichen werden, wie das auch in der Vergangenheit der Fall war. Das schließt nicht die Bereitschaft der Bundesregierung zu vermittelnden Gesprächen aus. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die wiederholten Gespräche im BMWF, durch die in der Vergangenheit das Zustandekommen einvernehmlicher Regelungen zwischen beiden Wirtschaftsgruppen gefördert worden ist. Bei diesen Gesprächen hat sich das BMWF davon leiten lassen, — die Rationalisierungsbemühungen beider Parteien zu unterstützen, — die sozialen Anliegen des Tankstellengewerbes gewahrt zu sehen, — die Interessen der Verbraucher an einer preisgünstigen Versorgung zur Geltung zu bringen. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Orth (SPD) (Drucksache VI/3165 Fragen A 73 und 74): Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Mehrwertsteuerzuschlag für landwirtschaftliche Veredlungserzeugnisse unterschiedlich gehandhabt wird, indem einmal der Bruttoerlös von allen Kosten bereinigt wird und dann erst der Mehrwertsteuerzuschlag erfolgt, während ein anderes Mal die Mehrwertsteuer dem Bruttoerlös zugeschlagen wird und dann erst die Kosten abgezogen werden? Sieht es die Bundesregierung nicht für erforderlich an, daß, uni Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, hier nach einheitlichen Regelungen verfahren werden müßte? Der Bundesregierung .ist bekannt, daß die Verrechnung von Aufwendungen, deren Erstattung der Abnehmer landwirtschaftlicher Erzeugnisse vom Lieferer verlangen kann, unterschiedlich gehandhabt wird. Diese Unterschiede sind jedoch sachlich gerechtfertigt. Sind die Aufwendungen durch Zahlungen entstanden, die der Abnehmer für eigene Rechnung — d. h. auf Grund eigener Verpflichtung — an Dritte geleistet hat, so mindert die Erstattung das Entgelt für die Lieferung. Die Verrechnung kann daher vor Berechnung der Umsatzsteuer vorgenommen werden. Bei nachträglicher Erstattung muß der Erstattungsbetrag in eine Minderung des Entgelts und eine anteilige Minderung der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer aufgeteilt werden. Dagegen gehören Zahlungen, die der Abnehmer für Rechnung des Lieferers leistet — durch die er also den Lieferer von einer Verpflichtung gegenüber Dritten befreit — zum Entgelt für die Lieferung. Die Erstattung derartiger Zahlungen ist nur durch Verrechnung mit dem Preis der Lieferung, d. h. nur nach Berechnung der Umsatzsteuer zulässig. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Februar 1972 9831 Die Bundesregierung hält es für erforderlich, daß nach den eben dargelegten Grundsätzen verfahren wird. Soweit ihr bekanntgeworden ist, daß sachlich nicht gerechtfertigte, sondern auf uneinheitlicher Rechtsanwendung beruhende Unterschiede gemacht worden sind, hat sie bereits im Einvernehmen mit den Obersten Finanzbehörden der Länder für eine einheitliche Regelung gesorgt, wie z. B. bei den Beiträgen zum Absatzfonds oder der Produktionsabgabe Zucker. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 23. Februar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache VI/ 3165 Fragen 82 und 83) : Ist die Bundesregierung bereit, nunmehr die Gesetzeslücke zu schließen, die dadurch entstanden ist, daß in § 32 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes 1957 für die pflichtversicherten Handwerker und freiwillig Versicherten in der damaligen französischen Zone die gleichen Werteinheiten festgelegt wurden wie für die Versicherten in der ehemaligen englischen und amerikanischen Zone, obwohl der oben genannte Personenkreis im Markenverfahren in der Zeit vom 1. Juni 1946 bis 31. Oktober 1949 auf Grund der Verordnung Nr. 38 des Oberbefehlshabers der französischen Besatzungszone erheblich höhere Beiträge geleistet hat? Ist der Bundesregierung bekannt, daß von dieser Benachteiligung etwa 25 000 Personen aus der damaligen französischen Zone betroffen sind? Der von Ihnen genannte Sachverhalt geht auf die geltende Rentenformel zurück. Danach werden der Rentenberechnung die versicherten Bruttoarbeitsentgelte oder Bruttoarbeitseinkommen zugrunde gelegt, und zwar gleichermaßen in der Pflichtversicherung wie auch in der freiwilligen Weiterversicherung. Hierbei werden die versicherten Bruttoarbeitsentgelte und Bruttoarbeitseinkommen für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik einheitlich bewertet. Diese grundlegende Regelung wirkt sich nicht allein auf den von Ihnen angesprochenen Personenkreis aus. Beispielsweise war der Beitragssatz in der Vergangenheit sowohl im zeitlichen Ablauf als auch teilweise in den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten unterschiedlich hoch. Auch diese Sachverhalte bleiben bei der Berechnung der durch die geltende Rentenformel begründeten lohnbezogenen Rente unberücksichtigt. Zu Ihrer zweiten Frage darf ich noch ergänzend mitteilen, daß genaue Zahlen unserem Hause nicht vorliegen. Der Beitragssatz galt seinerzeit nicht nur für die pflichtversicherten Handwerker und für die freiwillig Versicherten, sondern für alle Versicherten. Anlage 13 Zusätzliche Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 16. Februar 1972 auf die Frage des Abgeordneten Dr. Götz (CDU/ CSU) *) Im Schlußabsatz meiner schriftlichen Antwort auf ihre Fragen habe ich zugesagt, daß ich mich bemühen werde, Zahlen für die Bereiche zu ermitteln, in denen statistisch aufgeschlüsselte Unterlagen vorhanden sind. Nach meinen Feststellungen sind solche Zahlenangaben zu einem Teil für die Bereiche Deutsche Bundesbahn und Deutsche Bundespost vorhanden. Der anliegenden Übersicht**) ist zu entnehmen, wieviel Beamte innerhalb der vorgenannten Bereiche in den Kalenderjahren 1962 bis 1971 nach Vollendung des 62. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt worden sind und welche Erhöhung der Versorgungslasten sich dadurch in den entsprechenden Kalenderjahren ergibt. Ergänzend bemerke ich, daß im Bereich der Deutschen Bundesbahn nach einer im Jahre 1967 durchgeführten Repräsentativerhebung rund 55 v. H. der auf eigenen Antrag nach § 42 Abs. 3 BBG in den Ruhestand versetzten Beamten nicht mehr dienstfähig gewesen sind. Im Bereich der Deutschen Bundespost sind in den Jahren 1962, 1968, 1969 und 1971 keine statistischen Erhebungen angestellt worden. Außerdem konnte die Erhöhung der Versorgungslasten mangels Unterlagen nur geschätzt werden. Insbesondere ist dabei nicht berücksichtigt worden, daß ein großer Teil der nach § 42 Abs. 3 BBG in den Ruhestand versetzten Beamten bereits dauernd dienstunfähig war. Nach einer 1968 angestellten Erhebung betrug im Jahre 1967 der Anteil der nicht mehr dienstfähigen Beamten an der Gesamtzahl der nach § 42 Abs. 3 BBG in den Ruhestand versetzten Beamten nur etwa 60 bis 70 v. H. *) Siehe 154. Sitzung Seite 8903 A **) Übersicht über Ruhestandsversetzungen nach § 42 Abs. 3 BBG Bereich der Bereich der Deutschen Deutschen Bundesbahn Bundespost Jahr Zahl der Versorgungsaufwand im Zahl der Versorgungsaufwand im Ruhestandsversetzungen Jahr der Ruhestands- Jahr der Ruhestandsversetzung versetzungen Ruhestandsversetzung in Millionen i in Millionen DM DM 1962 529 3,11 1) — - 1963 532 3,44 1 356 7,4 1964 623 4,14 1 316 7,5 1965 593 4,35 1 263 7,7 1966 472 3,79 1 065 6,8 1967 413 3,35 1 060 7,1 1968 353 3,16 1) — — 1969 454 4,18 1) — - 1970 518 5,38 1 053 10,4 1971 645 10,21 1) — — 1) Es sind keine statistische Erhebungen erstellt worden.
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    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kiesinger, für die Beurteilung der Ostverträge — und darum geht es heute —

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Um die Politik!)

    ist es entscheidend, daß sie und die ihnen zugrunde liegende Außenpolitik sich im Einklang mit der weltpolitischen Entwicklung befinden. Das ist das entscheidende Kriterium, um das es hier geht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das Bemühen um Entspannung besteht in dem Versuch, die Ursachen der Spannungen zu vermindern und den Ausbruch neuer Konflikte zu verhindern. Dies geschieht — das haben wir uns nicht ausgedacht, sondern das ist eine Überzeugung, wie sie
    in der atlantischen Gemeinschaft noch in den Jahren entwickelt worden ist, in denen ich Ihr Außenminister war, Herr Kollege Kiesinger—, indem man die Zusammenarbeit zwischen einander wesensverschiedenen Gesellschaftssystemen und sich feindlich gegenüberstehenden Blöcken trotz allem organisiert und versucht, durch Abmachungen über Rüstungsbegrenzungen den Frieden sicherer zu machen.

    (Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Das haben wir auch gemacht!)

    Selbstverständlich stehen dem weiterhin starke Spannungen und Spannungsursachen entgegen. Wir sind noch lange nicht aus den Gefahrenzonen heraus. Auch deshalb brauchen wir die solide Verankerung im Atlantischen Bündnis, und dies gehört ja wohl nach dem bisher Erörterten zu dem im wesentlichen nicht Umstrittenen, so wie, wenn ich es recht verstehe, zu dem nicht Umstrittenen gehört, daß wir hier miteinander Frieden wollen, daß wir die freiheitlich-demokratische Ordnung unseres Grundgesetzes wollen, daß wir den Anspruch auf deutsche Einheit nicht untergehen lassen wollen und daß wir Europa in seinen beiden Dimensionen, West-West und West-Ost, wollen. Das ist das, was man insoweit abhaken kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Stücklen.)

    Kürzlich wurde behauptet — insoweit kommt Ihr Zuruf passend, Herr Kollege Stücklen —, ich hätte mit Generalsekretär Breschnew über die Wiederherstellung der deutschen Einheit um den Preis der Neutralisierung Deutschlands verhandelt. Dies ist eine zugleich dreiste und lächerliche Erfindung. Diejenigen, die sie ungeprüft verbreitet haben, mußten wissen, daß sie sich an einer Propagandaaktion beteiligen. Ein ungeteiltes und im Sinne des Grundgesetzes demokratisch regiertes Deutschland außerhalb der Militärblöcke hätte eine der wesentlichsten Spannungsursachen gar nicht erst entstehen lassen. Das ist wahr. Wir haben aber seit langem die Lage akzeptiert, wie sie sich aus der Nachkriegsentwicklung ergab und wie sie durch die Westverträge und für die DDR durch deren Ostverträge festgeschrieben wurde. Aus der Nachkriegsentwicklung folgt — dies ist für viele von uns keine neue Erkenntnis —, daß es Fortschritte im Sinne der deutschen Einheit nur in dem Maße geben kann, in dem sich die allgemeinen Ost-WestBeziehungen grundlegend verbessern.
    Ich fürchte, Herr Kollege Barzel hat Wunschvorstellungen, wenn er meint, man könne schon jetzt einen mehrjährigen Ablauf der Verbesserung der Freizügigkeit vereinbaren und ihn zur Vorbedingung für die Ratifizierung der Verträge machen. Die Lage erfordert meiner festen Überzeugung nach genau das umgekehrte Verfahren.

    (Beifall bei der SPD.)

    Zuerst müssen die Verträge in Kraft treten,

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    und dann besteht die Chance, daß Zug um Zug,
    Stufe um Stufe die künstlichen Schranken in Europa



    Bundeskanzler Brandt
    und in Deutschland niedriger gesetzt werden können. Wir stützen uns dabei — ich habe es heute morgen zu Beginn dieser Sitzung gesagt — auf die Realität der fortdauernden Einheit der deutschen Nation. Meine Damen und Herren, es gilt darauf zu achten, daß Deutschland von der Weltpolitik Nutzen hat und nicht unter ihre Räder kommt. Darum handelt es sich.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Mir wird vorgehalten — so erst kürzlich, ich glaube, in der vergangenen Woche, von dem Kollegen Strauß —, ich hätte 1962 gesagt, man könne einem Volk zwar die Teilung auferlegen, aber nicht verlangen, daß sie von diesem akzeptiert und unterschrieben werde. Bei dieser Meinung bin ich geblieben.

    (Abg. Strauß: Also nein zu dem Vertrag!)

    Ich weise es auch heute als unzumutbar zurück, nachträglich die Zustimmung zur Teilung Deutschlands zu geben. Dies wäre ein Verstoß gegen unsere Würde, gegen unsere Geschichte, gegen unsere Interessen. Niemand kann das von uns verlangen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber die Hinnahme eines gegebenen Zustandes in dem Willen, ihn zu verbessern, ist etwas entscheidend anderes, Herr Kollege Kiesinger, als eine Tatenlosigkeit, die lediglich von beschwörenden Erklärungen begleitet wird.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Ostverträge sind der Ausdruck unseres Beitrags zur Entspannungspolitik. Sie sind aber auch noch etwas anderes. Sie sind, zusammen mit dem Berlin-Abkommen, der Ausgangspunkt für eine zeitgemäße Deutschlandpolitik. Diese Politik kann nicht ohne Verträge und Abkommen mit der DDR gemacht werden. Daran führte heute kein Weg vorbei, und es hat überhaupt keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Niemand will das! Wer will denn das?)

    Wir haben — damit komme ich einen Augenblick auf einen Teil der Äußerungen von heute vormittag zurück — eindeutige und unwiderlegbare Zeugnisse dafür, daß sowohl unsere Hauptverbündeten als auch die meisten anderen Regierungen in aller Welt unsere Politik unterstützen. Ich kann der Opposition zuliebe die Lage nicht anders darstellen, als sie ist. Das Nein der Opposition zu den Ostverträgen wird unseren Interessen schon deshalb nicht gerecht, weil es den Interessen des atlantischen Bündnisses und der westeuropäischen Gemeinschaft widerspricht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU: Wo steht denn das? — Abg. von Thadden: Erfindung!)

    Seit langem ist klar, daß die innere Bindung der NATO auf ihrer doppelten Zielsetzung beruht, der Fähigkeit zur gemeinsamen Verteidigung und der gemeinsamen Bereitschaft zur Entspannung. Nur
    diese doppelte Zielsetzung ermöglicht das gemeinsame Handeln.
    Daß die westeuropäische Einigung parallel zu dem, was man unsere Ostpolitik nennt, Fortschritte gemacht hat, ist hier schon dargelegt worden. Ich weiß, manche Herren von der Opposition, ob sie es nun zugeben oder nicht, wären glücklich gewesen, wenn zu ihrer Regierungszeit die Erweiterung und die Vertiefung der Europäsischen Gemeinschaft vorangekommen wären.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Nebenbei, Herr Kollege Kiesinger, Sie sind einem ernsten Mißverständnis erlegen, was den Zusammenhang zwischen den Verträgen und einer Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa angeht. Der Zusammenhang mit der multilateralen Vorbereitung einer solchen Konferenz ist durch die Allianz in bezug auf die Berlin-Vereinbarung hergestellt worden. Daran hat sich nichts geändert, und das ist der Grund, warum dieses Thema von der Dezember-Tagung in Brüssel auf die Tagesordnung der Mai-Tagung Ende Mai in Bonn verschoben worden ist. Einen Zusammenhang zwischen unserem Vertrag mit der Sowjetunion und einer solchen Konferenz haben wir aus guten Gründen nicht hergestellt, und keiner unserer Verbündeten hat uns hierzu geraten.
    Herr Barzel hat — vor dieser Debatte noch etwas stärker als jetzt in der Debatte — als eine Art Voraussetzung für die Zustimmung zu den Verträgen der Erwartung Ausdruck gegeben, daß die Sowjetunion die EWG anerkenne. Herr Kiesinger sagte: Es muß nicht im strengen Sinne „anerkennen" heißen, aber: sie solle ihre feindselige Haltung aufgeben.

    (Zustimmung des Abg. Dr. h. c. Kiesinger.)

    Nun, die EWG bedarf in der Tat einer solchen Anerkennung nicht, denn sie ist eine Realität. Sie hat uns auch nicht gebeten, im europäischen Rahmen Kinderkrankheiten der deutschen Anerkennungspolitik nachzuvollziehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Zur Sache selbst kann ich hier sagen, meine Damen und Herren — und ich weiß, wovon ich spreche —: die Sowjetunion hat Sinn für Realitäten, und die EWG ist eine Realität. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich sage hier voraus:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Prophet!)

    Moskau wird, was dieses Gebiet angeht, bei dem wir jetzt sind, nicht so lange mit der Einsicht in die wirkliche Lage brauchen wie manche hierzulande oder auch in diesem Hause.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wer sich mit den Verträgen im übrigen ernsthaft befaßt, der sieht, daß sie nur einen wirklichen Verzicht enthalten, und das ist der Verzicht auf Gewalt. Wer hier logisch argumentieren wollte, der müßte hinzufügen, daß der Verzicht des Stärkeren noch schwerer wiegt als der des Schwächeren. Traumver-
    Deutscher Bundestag 6. Wahlperiode — 171. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. Februar 1972 9793
    Bundeskanzler Brandt
    träge gibt es nicht, oder nur in einer eingebildeten Welt. Insgesamt beinhalten diese Verträge ein ausgewogenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)

    An erster Stelle steht hier die Berlin-Regelung. Herr Barzel hat uns heute morgen vorgeworfen — und Herr Kiesinger hat daran angeknüpft und sinngemäß dasselbe gesagt —, die Politik dieser Bundesregierung führe nicht zu mehr Freiheit, sondern zu mehr Abhängigkeit.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Ich sage dazu: diese Bundesregierung betreibt eine Politik der Vernunft und des Ausgleichs der Interessen. Der Außenminister hat bereits im Bundesrat dargestellt — es lohnt sich, dies nachzulesen —, auf welche Forderungen die Sowjetunion uns, der Bundesrepublik Deutschland gegenüber, verzichtet hat, um zu dem Vertrag zu kommen. Das Ergebnis der Verhandlungen mit Moskau war in der Tat eine Verständigung über einen beiderseitig akzeptablen Text. Der Vorwurf der Abhängigkeit ist leichtfertig. Begibt sich etwa der Präsident der Vereinigten Staaten in Abhängigkeit, wenn er über die Begrenzung strategischer Rüstungen verhandelt oder wenn er in Peking Verhandlungen führt?

    (Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Das ist ganz etwas anderes!)

    Hat der Vertrag zwischen Frankreich und der Sowjetunion etwa eine Abhängigkeit Frankreichs begründet?

    (Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Frankreich hat auf nichts verzichtet!)

    Hier liegt eine Verwechselung mit den Verpflichtungen vor, die selbstverständlich beide Seiten auf Grund vertraglicher Beziehungen übernehmen. Wie gesagt: der Verzicht auf Gewalt und der Verzicht auf Interventionsrechte sind Verpflichtungen, welche die Sowjetunion uns gegenüber eingeht und die unsere Abhängigkeit — hier greife ich das Wort „Abhängigkeit" auf — von den Folgen des zweiten Weltkrieges vermindern und damit unseren politischen Handlungsspielraum vergrößern.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Berlin und was damit zusammenhängt, das ist die Grundlage für menschliche Erleichterungen auch zwischen den beiden Teilen Deutschlands. Wer will und wer darf das, was dort schon jetzt anläuft, geringschätzen oder abwerten?
    Es ist Kritik daran geübt worden, daß ich auf den inneren Zusammenhang zwischen dem Inkrafttreten der Verträge, besonders des Moskauer Vertrages, und dem Inkrafttreten der Berlin-Regelung verwiesen habe. Herr Kollege Kiesinger hat die Regierung in dieser Frage nicht kritisiert, sondern hat sie bei seinen sonst kritischen Bemerkungen dafür gelobt, daß sie an der sachlichen Verbindung mit Berlin festgehalten habe. Aber haben nicht führende Sprecher der Opposition, an ihrer Spitze der Kollege Schröder, uns attackiert, weil wir das Berlin-Abkommen nicht vor die Verhandlungen über die Verträge hätten setzen lassen, doch offenbar in der Befürchtung, daß es nach Unterzeichnung der Verträge keine Berlin-Vereinbarung der Vier Mächte geben würde? Die Kritiker haben sich geirrt. Wir haben den Zusammenhang des Ganzen immer vor Augen gehabt. Er besteht auch heute noch, und aus ihm folgt zwangsläufig, daß wir hier über das Ganze zu beraten und politisch zu entscheiden haben. Schon heute kann doch niemand bestreiten, daß sich beispielsweise in praktischen Bereichen und durch den Abbau von Vorurteilen gegenüber der Bundesrepublik bemerkenswerte Veränderungen abzuzeichnen beginnen. „Kleinigkeiten", „drittrangige Dinge", mag man sagen, aber es sind wichtige Dinge, gemessen an der Entwicklung der voraufgegangenen Jahre. Man hat unser Volk auf diesem Gebiet doch nicht verwöhnt in den Jahren, die zurückliegen, und diejenigen, die in Berlin und anderswo besonders betroffen sind, wissen es zu schätzen, wenn es auch nur begrenzt Offnungen, Entwicklungen nach vorn gibt.
    Unsere Leistung besteht in erster Linie darin, daß wir Selbstverständliches tun, daß wir nicht die Augen davor verschließen, wie der zweite Weltkrieg ausgegangen ist und was ihm voraufgegangen war,

    (Beifall bei den Regierungsparteien — Zurufe von der CDU/CSU)

    daß sich — ich sage dies unverblühmt, gerade weil wir zu so vielen sprechen — schmerzliche Grenzveränderungen vollzogen haben und daß wir das Entstehen zweier Staaten auf deutschem Boden nicht haben verhindern können.
    Herr Kollege Kiesinger hat eine früher schon zweimal gestellte Frage wieder aufgegriffen: die nach der Endgültigkeit der Erklärungen zur gegebenen Lage, zum Status quo. Meine Antwort ist diese: Anzuerkennen haben wir in der Tat, daß wir von den Realitäten ausgehen müssen, wie sie sind, wenn wir auf sie in unserem Sinne einwirken wollen. Auch der Schießbefehl verschwindet nicht dadurch, daß wir ihn anprangern,

    (Abg. Dr. Wörner: Auch nicht dadurch, daß wir das verschweigen!)

    sondern nur dadurch, daß wir eine neue Lage schaffen helfen, in der seine Anwendung entfallen kann.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Was die Einschätzung der sowjetischen Politik angeht: Ich kenne niemanden an verantwortlicher Stelle im westlichen Bündnis, der sich falsche Hoffnungen machen würde.

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Aber hier in dieser Regierung!)

    Wir alle wissen, wie schwer der Weg zur Entspannung ist und wie tief die Gegensätze in der Welt noch sind. Wir wissen auch, daß der Wind wieder umschlagen kann und daß neue Konflikte entstehen können. Ich bin gegen Schönfärberei,

    (Aha-Rufe bei der CDU/CSU)




    Bundeskanzler Brandt
    gegen das Verwischen und Vermischen von gegensätzlichen Überzeugungen und Positionen. Vor
    Euphorie kann nicht deutlich genug gewarnt werden,

    (Beifall bei der SPD und demonstrativer lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    heute wie vor einem Jahr und vor zwei Jahren. Aber die Annahme ist doch wirklich absurd, daß die Führer des westlichen Bündnisses, an ihrer Spitze der Präsident der Vereinigten Staaten, eine Politik betreiben und unterstützen würden, die zielbewußt eine Schwächung des westlichen Bündnisses bewirkte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Den Wunsch der Sowjetunion, ihre Machtposition zu festigen, kalkuliert der Westen selbstverständlich ein.

    (Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Durchaus nicht überall! — Abg. Wienand: Wo denn nicht, Herr Kiesinger?)

    Wenn der Westen insgesamt und unser Verhältnis zu ihm geschwächt würden, so würden die Verbündeten dies merken, und sie würden dies sagen, denn sie sind nicht dumm; sie sind jedenfalls nicht alle zusammen dümmer als die Opposition im Deutschen Bundestag.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Natürlich hat der Kollege Kiesinger recht, wenn er erklärt, die Sowjetunion müsse nicht nur als ein pragmatischer, sondern auch als ein ideologischer Faktor in dieser Welt gewertet werden. Aber es gibt mittlerweile eine Reihe von Anzeichen dafür — es gäbe sie auch, wenn Konrad Adenauer in seinen letzten Jahren nicht darauf hingewiesen hätte —, daß auch die Sowjetunion auf der Suche nach den Möglichkeiten einer friedlichen Zusammenarbeit ist, daß sie ihren Wettbewerbsnachteil in wirtschaftlicher und technologischer Hinsicht gegenüber dem Westen wettmachen möchte, daß sie den Frieden will und nicht den Krieg. Nur dann, wenn wir den vielfältigen Faktoren, die im Spiel sind, Rechnung tragen und wenn wir auf unsere eigenen Sicherheitsinteressen bedacht bleiben, können wir eine ausgewogene Ost-West-Politik betreiben.


Rede von Dr. Richard Jaeger
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Herr Bundeskanzler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Kiesinger?

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    Bitte sehr!