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ID0612105300

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    Deutscher Bundestag 121. Sitzung Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1971 Inhalt: Glückwunsch zum Geburstag des Abg. Dr. Freiwald 6979 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 6979 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 6979 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. Schiller, Bundesminister 6979 D, 7013 C Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 6984 C Junghans (SPD) . . . . . . . . 6991 C Mertes (FDP) . . . . . . . . 6995 D Brandt, Bundeskanzler 6999 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 7004 D Dr. Erhard (CDU/CSU) . . . . . 7011 C Kienbaum (FDP) . . . . . . . . 7014 D Dr. Apel (SPD) 7016 C Strauß (CDU/CSU) 7018 A Dr. Arndt (Berlin) (SPD) 7027 B Dr. von Bismarck (CDU/CSU) . . 7031 D Dorn (FDP) 7033 D Leicht (CDU/CSU) 7037 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 7039 A Kirst (FDP) . 7039 B Nächste Sitzung 7040 D Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 7041 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1971 6979 121. Sitzung Bonn, den 11. Mai 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 15. 5. Dr. Aigner * 11. 5. Alber ** 15. 5. Amrehn ** 15. 5. Bals ** 15. 5. Bauer (Würzburg) ** 15. 5. Behrendt * 11. 5. Dr. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld ** 15. 5. Frau von Bothmer 14. 5. Dasch 15. 5. Frau Dr. Diemer-Nicolaus ** 15. 5. Dr. Dittrich * 14. 5. Draeger ** 15. 5. Dr. Enders ** 15. 5. Fellermaier 21. 5. Fritsch ** 15. 5. Dr. Früh 11.5. Dr. Fuchs 14. 5. Dr. Furler ** 15. 5. Geldner 31. 5. Freiherr von und zu Guttenberg 15. 5. Dr. Hallstein 13. 5. Frau Herklotz ** 15. 5. Dr. Hermesdorf (Schleiden) ** 15. 5. Hösl ** 15. 5. Horstmeier 11.5. Jung 11.5. Dr. Jungmann 14. 5. Kahn-Ackermann ** 15. 5. Dr. Kempfler ** 15. 5. Dr. Kiesinger 11.5. Frau Klee** 15. 5. Dr. Klepsch ** 15. 5. Dr. Kley 15. 5. Dr. Kliesing (Honnef) ** 15. 5. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Koch * 14. 5. Lemmrich ** 15. 5. Lenze (Attendorn) ** 15. 5. Liehr 11.5. Dr. Löhr * 15. 5. Maucher 26. 6. Meister * 12. 5. Memmel * 14. 5. Müller (Aachen-Land) * 14. 5. Dr. Müller (München) ** 15. 5. Pöhler ** 15. 5. Porzner 11.5. Dr. Reinhard 14. 5. Frau Renger 15. 5. Richter ** 15. 5. Riedel (Frankfurt) * 14. 5. Dr. Rinderspacher ** 15. 5. Rollmann 18. 5. Roser ** 15. 5. Dr. Schmid (Frankfurt) ** 15. 5. Dr. Schmidt (Gellersen) 14. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 15. 5. Dr. Schmücker ** 15. 5. Dr. Schulz (Berlin) ** 15. 5. Schwabe * 11.5. Dr. Siemer 14. 5. Simon 14. 5. Stein (Honrath) 15. 5. Frau Dr. Walz ** 15. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 15. 5. Wienand ** 15. 5. Dr. Zimmermann 11. 5. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates
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    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege Apel, auch in der Hinsicht unterscheidet uns nichts, daß das Fehlen eines politischen Überbaus eine gemeinsame Konjunkturpolitik verhindert. Ich bin auch der Meinung, daß die Freigabe der Wechselkurse durch alle Sechs einen Sinn hätte, allerdings — insofern möchte ich die Ausführungen von Herrn Erhard ergänzen nur unter der Voraussetzung, daß dann auch alle eine gleiche Konjunkturpolitik betreiben, was so lange Utopie bleibt, als keine zentralen Instrumente zur Erzielung und Durchführung dieser Konjunkturpolitik vorhanden sind. Bis dahin müssen wir mit festen Wechselkursen auskommen. Wir können nicht im Alleingang andere nachziehen, uns darauf berufend, daß es mehrere gewesen seien, aber dann eine einheitliche Beschlußfassung in der EWG ,durch Beharrung auf unserem Standpunkt verhindern. Das ist doch die Problematik, bei der sich eben leider alles im Kreise dreht.
    Lassen Sie mich nun noch zu einigen weiteren Überlegungen einige Bemerkungen machen. Wir waren ja heute alle vielleicht nicht überrascht, aber befriedigt, daß der Bundeskanzler das Thema „Stabilität" in diesem Frühjahr mit einer besonderen Dringlichkeitsnote ausgestattet hat. Es wäre gut gewesen, wenn er dem Thema der Stabilität schon damals bei seiner Regierungserklärung und in den darauffolgenden neun Monaten die gleiche Präferenz und die gleiche Priorität gewidmet hätte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Apel meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    Herr Kollege Apel, es hat keinen Sinn, daß wir in einen Dialog eintreten. Ich habe zwei Fragen beantwortet.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Ich bin gern bereit zu antworten, aber dann nicht zu Lasten meiner Redezeit.


Rede von Dr. Hans Apel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Strauß, es soll auch wirklich die letzte Frage sein. Können Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß Sie bei der Aufwertung der D-Mark hier entschieden dagegen gesprochen haben und düstere Bilder einer Krise an die Wand gemalt haben und daß Sie es waren, der von Anfang an mit Ihrer Fraktion zusammen jede gemeinsame Konjunkturpolitik verhindert und hintertrieben hat?

(Widerspruch bei der CDU/CSU.)


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    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich glaube, Sie sollten doch Ihre Gedächtnislöcher etwas füllen; denn sonst laufen Sie immer wieder Gefahr, sich, ich darf sagen: beinahe zu blamieren, Herr Kollege Apel.

    (Abg. Dr. Apel: Sie waren doch gegen die Aufwertung!)

    — Es ist eine völlig falsche Darstellung, daß wir
    währungspolitische Maßnahmen schlechthin abgelehnt hätten und daß wir die Beibehaltung der früheren Paritäten für ein nicht anzutastendes Tabu erklärt hätten. Wir haben nur zwei Dinge gesagt, und das wiederhole ich hier: erstens, daß Währungspolitik kein Ersatz für Konjunkturpolitik und kein Instrument der Konjunkturpolitik ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben doch schon vor sechs Monaten wieder höhere Zahlungsbilanzüberschüsse gehabt, als wir damals hatten, und die Bundesregierung hat vor sechs Monaten erklärt, an Aufwertung sei nicht zu denken. Jetzt ist sie in ihren geheiligten Auffassungen offensichtlich wieder etwas wankend geworden. Aber darüber wird noch zu reden sein.
    Wir haben zweitens erklärt, daß der Druck nicht dauernd auf die D-Mark abgewälzt werden darf. Wenn man nämlich das Beispiel dafür gibt, daß man sich der Spekulation beugt, dann wird man sie immer wieder bei jeder sich bietenden Gelegenheit und mit dem leisesten Windhauch ins Land holen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich hätte einer allgemeinen Reorientierung der Währungsparitäten genauso wie meine gesamte Fraktion und der damalige Bundeskanzler nicht widersprochen, nur dem deutschen Alleingang, der schlecht vorbereitet war, der nicht ausgehandelt war und der dann auf dem Agrarsektor, was Sie hoffentlich nicht bestreiten werden, erhebliche Störungen und Verärgerungen und in einer gewissen Bevölkerungsschicht erhebliche Nachteile, die bis jetzt in keiner Weise voll augeglichen worden sind, hervorgerufen hat; und jetzt fangen wir schon wieder mit dem gleichen an, hier Verwirrungen, Unsicherheit und Nachteile zu schaffen, und sprechen von einem vollen Ausgleich, ohne daß der Ausgleich wegen der früheren Maßnahme bis jetzt auch nur einigermaßen zufriedenstellend gewährleistet worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich möchte nicht, Herr Kollege Apel, die Schlacht des Jahres 1969 jetzt noch einmal schlagen. Aber es ist doch auch kein Zweifel, daß Sie im Jahre 1969 blind auf die allein seligmachende Wirkung der Aufwertung vertrauten. Ich denke an die damaligen Heeresberichte und Siegesmeldungen, die von offiziellen Hauptquartieren ausgegangen sind, und an das, was dann in Wirklichkeit gekommen ist. Man bezeichnete die Aufwertung gewissermaßen als den Startschuß für die wiedererlangte wirtschaftspolitische Bewegungsfreiheit und sah damit das Problem der Stabilität und der Inflationsbekämpfung als erledigt an. Die Aufwertung damals man mag so oder so zu ihr stehen; meine Einstellung ist bekannt — war ein Schlag ins Wasser, weil man nicht mit ihr — was leider nicht geschehen ist — begleitende Maßnahmen zur Dämpfung der hausgemachten Inflation verbunden hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Da sind wir beim springenden Punkt, Herr Kollege Apel. Warum sind damals diese begleitenden Maßnahmen nicht mit der Aufwertung verbunden worden? Warum? Das ist der Kern der Probleme. Begleitende Maßnahmen hätten damals bedeutet: eine restriktive Haushaltspolitik für den Rest des Jahres 1969, sie hätten bedeutet eine restriktive Haushaltspolitik für das Jahr 1970, sie hätten be-



    Strauß
    deutet erhebliche Einschränkungen in der mittelfristigen Finanzplanung. Ferner hätten flankierende Maßnahmen bedeutet, bereits zum 1. Oktober oder spätestens zum 1. Januar, notfalls wegen der Rückzahlungsverpflichtung unter Änderung des Stabilitätsgesetzes, den zehnprozentigen Konjunkturzuschlag einzuführen. Sie haben heute gesagt: Sie haben es ja im Juli 1970 abgelehnt. Natürlich haben wir im Juli es zwar nicht abgelehnt, aber uns durch Stimmenthaltung nicht an der Verantwortung beteiligt.

    (Lachen bei der SPD.)

    Wenn nämlich einmal die Schwungmasse des Inflationsmotors in voller Bewegung ist, dann bedarf es wesentlich größerer Einwirkungen und einschneidenderer Maßnahmen, um sie wieder zu verlangsamen und zum Stillstand zu bringen, als es im Jahre 1969 um die Jahreswende auf 1970 bedurft hätte, als man mit relativ harmlosen und weniger fühlbaren Maßnahmen hätte vorgehen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber Sie konnten das ja gar nicht tun — lassen Sie mich das offen sagen —, weil Sie auf die vergangenen 20 Jahre hingewiesen haben, auf all die schrecklichen Versäumnisse, all die schrecklichen Fehler und was damals an Infrastruktur verpaßt worden sei, was an Reformen sozusagen verschlafen worden sei. Da haben Sie das Bild des modernen Deutschland, des Goldenen Zeitalters, der anbrechenden Zukunft, der neuen Zeitrechnung hingemalt, auf allen Gebieten mehr Geld, für individuellen Sozialkonsum mehr Geld, für kollektiven Sozialkonsum, für Gemeinschaftsinvestitionen mehr Geld. Sie konnten doch nicht gleichzeitig der Aufwertung durch flankierende Maßnahmen einen Sinn geben, weil Sie damit ja Ihre gesamten Ankündigungen — modernes Deutschland, neues Zeitalter, Reformen — von vornherein hätten unterlassen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dann wäre der ganze Spuk überhaupt nicht entstanden. Der Luftballon ist sowieso geplatzt, aber Sie haben ihn eine ganze Zeit prächtig und farbenschillernd spazieren getragen, um damit die deutsche Öffentlichkeit mit großen Zukunftshoffnungen zu erfüllen. Die Brötchen, die heute der Herr Bundeskanzler gebacken hat, die waren schon viel bescheidener als die Riesenwecken, die er damals in Aussicht gestellt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich brauche Sie wohl nicht mehr an das makabre Spiel zu erinnern, das in den gleichen Zusammenhang gehört, mit Steuersenkung und Steuererhöhung. Ich bin ja dem Sinn nach der Brunnenvergiftung bezichtigt worden, als ich damals sagte — sinngemäß sagte —: Die Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrags wird noch lange Zeit nicht möglich sein. Jetzt wird sie ja kombiniert werden mit Maßnahmen, wo die linke Hand gibt und die rechte wieder nimmt oder umgekehrt, eher sagen wir: wo die rechte Hand gibt und die linke nimmt; das ist vielleicht der bessere Vergleich in dem Zusammenhang.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die beabsichtigte Erhöhung des Einkommensteuertarifes, habe ich damals gesagt, macht sowieso den Wegfall der Ergänzungsabgabe überflüssig. Ihr Wegfall wird ja jetzt nur formell erfolgen, aber die Ergänzungsabgabe wird in den Gesamttarif eingebaut werden. Es steht doch heute nach Ihren Plänen, über die ich mich jetzt gar nicht äußern will, fest, daß nicht nur die 54,9 % vorgesehen sind, die wir jetzt als Spitzensatz haben, sondern Sie haben Pläne bis 56% und 58 %. Sie brauchen ja bloß an das zu denken, was Ihre Kommission nicht veröffentlicht hat in diesen Tagen, weil sie jetzt noch nicht die Katze aus dem Sack lassen will. Aber damals, als wir das sagten, sind wir der Brunnenvergiftung bezichtigt worden.

    (Abg. Dr. Tamblé: Mit Katzen muß man vorsichtig sein! — Heiterkeit bei der SPD.)

    — Ja, das stimmt.

    (Fortgesetzte Heiterkeit bei der SPD.)

    Steuersenkung und Steuererhöhung! Sie haben damals Steuersenkung versprochen auch als einen Teil der Reformen. Hernach fiel es Herrn Ahlers sehr schwer, zu erklären, daß die versprochenen Steuersenkungen — Arbeitnehmerfreibetragsverdoppelung, Wegfall der Ergänzungsabgabe — nicht Teil des Reformprogramms seien und daß ihre Unterlassung auch kein Brechen eines gegebenen Wortes sei.

    (Anhaltende Heiterkeit bei der SPD.)

    — Ich könnte Ihnen noch einiges zu Ihrer Bemerkung sagen, Herr Kollege, aber das überlassen Sie mir bei passender Gelegenheit.
    Aber damit kommen Sie um die Tatsache nicht herum, daß Sie in der Regierungserklärung dem Volke Steuersenkungen in Höhe von 2 Milliarden Mark, in Kraft tretend ab 1. Januar 1970, versprochen haben und damit den allgemeinen Taumel der Ausgabenfreudigkeit im öffentlichen Sektor wie im privaten Sektor begünstigt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Haben Sie nicht uns, die CDU/CSU, damals im Finanzausschuß mit einer Stimme Mehrheit niedergestimmt, als wenige Tage vor den drei Landtagswahlen Herr Pohle für die Fraktion der CDU/CSU den Antrag stellte,

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    dieses Steueränderungsgesetz 1970, wie es hieß, bis auf weiteres zurückzustellen, weil es aus konjunkturpolitischen Gründen nicht zu verantworten sei? Sie haben bis zum Tage der Landtagswahlen in der Öffentlichkeit den Eindruck aufrechterhalten, daß am 1. Juli die Steuersenkung kommt. Sie haben in der Woche nach der Landtagswahl hier den Antrage gestellt, — Herr Schiller ist es gewesen für die Bundesregierung —, dieses Gesetz von der Tagesordnung abzusetzen, weil es konjunkturpolitisch nicht zu verantworten sei. Das ist der eigentliche Grund, warum Sie im Herbst 1969 nicht das Notwendige tun konnten. Sie haben es entweder nicht gesehen oder Sie haben es gesehen und wollten es nicht zugeben, weil damit der ganze



    Strauß
    Schaum des Reformprogramms wiederum frühzeitig in sich zusammengebrochen wäre. Das ist doch die Wirklichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Heute haben wir vernommen, daß die Devisenzuflüsse nicht durch die Hochzinsen verschuldet, sondern der einmaligen wirtschaftlichen Lage unseres Landes zuzuschreiben seien. Der Bundesregierung könne wahrlich nicht die Verantwortung für die jetzige Währungskrise, wie sie etwas übertrieben genannt werde, aufgebürdet werden. Die früheren Redner der CDU/CSU haben Ursache und Wirkung heute bereits dargestellt. Ich lasse einmal völlig offen, wie die Gutachten zustande gekommen sind. Jedenfalls gab es hier ein ganz schönes Zusammenwirken von bestimmten Faktoren. Wenn die Bundesregierung Wert darauf gelegt hätte, eine durch die Gutachten geförderte, allmählich lawinenartig anschwellende Spekulationsstimmung zu verhindern,

    (Abg. Dr. Hauser [Sasbach] : Sehr richtig!)

    hätte sie erklären müssen: Das ist eine interessante Meinung, aber die Bundesregierung denkt nicht daran, auf währungspolitischem Gebiet aufzuwerten oder eine Freigabe der Wechselkurse einzuführen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wenn die Bundesregierung diese Gutachten jedoch selber als einen „nützlichen Beitrag zur Meinungsbildung" bezeichnet und wenn — Herr Kollege Apel, Sie haben es doch heute und wahrscheinlich auch in der Fraktion selber gehört oder haben es gelesen — der Bundeskanzler den nationalen Alleingang der Bundesrepublik sozusagen als Opfergang im Interesse der übrigen Europäer verkündet, darf man sich nicht wundern, wenn nach dem Grundsatz „Geld ist scheu wie das Reh" Gelder angezogen werden, wieder abfließen und die Spekulation ins Land geholt wird. Das können Sie doch nicht bestreiten.
    Da Sie von Europa gesprochen haben, lassen Sie mich in dem Zusammenhang dazu noch ein paar Bemerkungen machen. Wir werden sehen, wie die endgültige französische Haltung sein wird. Es ist ein unguter Zustand, wenn man immer wieder, sogar durch offizielle Papiere, nämlich durch den „Nachrichtenspiegel" des Bundespresse- und Informationsamtes, von Stunde zu Stunde andere Situationsberichte bekommt. Es heißt hier — der Bericht stammt von gestern —:
    Frankreich hat am Montag überraschend seine Mitarbeit beim Aufbau der Wirtschafts- und Währungsunion aufgekündigt, bis alle EWG-Länder wieder zu festen Wechselkursen zurückgekehrt sind. Wirtschafts- und Finanzminister Giscard d'Estaing teilte diese scharfe Reaktion auf die Wechselkursfreigabe von D-Mark und Gulden auf einer EWG-Ministerkonferenz in Brüssel mit.
    Dann heißt es weiter:
    Durch die französische Entscheidung ist praktisch die weitere Vorbereitung der Währungsunion blockiert. Die Sitzung der EWG-Wirtschafts- und Finanzminister, die Mitte Juni im Rahmen der neuen Union die Konsultationen über die Konjunkturlage in der Gemeinschaft aufnehmen sollten, dürfte ausfallen, da sie nicht vorbereitet werden kann. Die EWG-Partner Frankreichs nahmen diese Erklärung mit großem Befremden auf. Bundesminister Scheel
    — so heißt es in diesem Papier —
    sagte in seiner Stellungnahme: „Ich messe dieser Erklärung keine besondere politische Bedeutung bei."
    Wenn man die Franzosen veranlassen will, ihren Erklärungen eine besondere politische Bedeutung beizumessen, braucht man ihnen nur zu versichern, daß ihre Erklärungen unbedeutend seien und nicht weiter ernst genommen werden sollten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die französische Presseagentur AFP schreibt:
    In Pariser Finanzkreisen betrachtet man die Erklärung des französischen Finanzministers als eine Stellungnahme, die alle Zweideutigkeiten beseitigen soll. Wenn die EWG-Länder diese Union wünschen, dann sollen sie sie auch verwirklichen. Die Angelegenheit ist indessen zu ernst, um in Expertenausschüssen so zu tun „als ob", während von einer Union doch nicht die Rede sein kann, wenn die Währungen der EWG-Länder frei pendeln.
    So AFP vom 10. Mai dieses Jahres.
    Interessant ist auch ein Blick in die britische Presse. Dort heißt es z. B., die Haltung der Bundesregierung bei der Brüsseler Konferenz in bezug auf die Freigabe der Wechselkurse sei ein Geschenk für die britische Zahlungsbilanz, „a bonusday for Britain". In einem anderen englischen Organ heißt es, das Ergebnis von Brüssel sei gewesen „agreement to disagree". Schon wesentlich gefährlicher ist eine weitere britische Wertung, in der es heißt, Frankreich sei infolge der Haltung der Bundesregierung der Unterlegene dieser Konferenz gewesen. Wir wissen, daß solche Erklärungen oder solche Publikationen geeignet sind, langfristige Verstimmungen auszulösen, für die uns eines Tages wieder die Rechnungen präsentiert werden. Weiter heißt es, die Bundesregierung habe Gemeinschaftsrealismus gegenüber dem Gemeinschaftsdogmatismus anderer Länder bewiesen.
    Der „Guardian" schreibt, die westeuropäische Wirtschaftsgemeinschaft stünde vor der Frage: Integration oder Auseinanderbrechen. Der „Telegraph" meint, die Verwirrung sei noch verstärkt worden.

    (Abg. Dr. Apel: Was soll denn das? Das können wir selbst lesen!)

    Aber interessant bei diesem Querschnitt der Meinungsbildung ist, was „Financial Times" schreibt: „Frankreich muß jetzt verstärkten Wert darauf legen, ein Gegengewicht gegen die Wirtschaftsmacht Deutschlands zu bekommen; deshalb steigt der Wert Großbritanniens als potentieller Partner



    Strauß
    Frankreichs in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft."

    (Abg. Dr. Apel: Das haben wir alle selbst gelesen, Herr Strauß!)

    - Anscheinend nicht alle Ihre Kollegen. Es ist ganz
    gut, wenn man sich auch einmal —

    (Abg. Dr. Apel: Schade um die schöne Zeit! Ich dachte, Sie würden einmal politisch etwas aussagen!)

    — Wenn das für Sie nicht Politik ist, dann haben wir verschiedene Auffassungen von Politik. Aber das kann ja sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU). — Abg. Dr. Apel:

    Zeitungen kann ich selber lesen!)
    In „Le Monde" wird von einem Vertragsbruch gesprochen: „In der Geschichte der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sollte die Nacht von Samstag auf Sonntag mit einem schwarzen Stein markiert werden."

    (Abg. Haehser: Was wird denn im „Bayernkurier" stehen?)

    — Das können Sie sich ungefähr ausrechnen, wenn Sie mir zugehört haben. Ich schicke Ihnen den Artikel dann zu.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir mit Frankreich die Wirtschafts- und Währungsunion schaffen wollen — ich bin der letzte, der für eine Kapitulation vor französischen Wünschen einträte , dann kann man das breite Stimmungsbild der französischen Presse, das ja meinungsbildend wirkt, nicht einfach als nicht zur Politik gehörig abqualifizieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich darf Ihnen eine ganz kurze Blütenlese aus Frankreich bieten. Der „L'Aurore" schreibt: Nach den Brüsseler Entscheidungen ist Europa blockiert. Die Deutschen haben es so gewollt." „Les Echos" schreibt: „Die Gemeinschaft dankt ab." „Paris Jour" schreibt: „Eine verschleierte Aufwertung der D-Mark; EWG in Frage gestellt." „La Nation" schreibt: „Ein schlechter Tag für Europa." Der „Combat" schreibt: „Europa in Fetzen."
    Wenn ich auch selbstverständlich einräume, daß solche Überschriften über den wirklichen Stand der Meinungsbildung hinausgehen, so bleiben diese Überschriften im öffentlichen Bewußtsein Frankreichs und in der Haltung der französischen Regierung nicht ohne Reaktion. Das steht doch außer jedem Zweifel. Darum glaube ich nicht, daß man sich dem naiven Optimismus hingeben kann: wir haben gewissermaßend bahnbrechend für die anderen gewirkt, die anderen haben das noch nicht eingesehen, wir haben stellvertretend für die Interessen Europas gehandelt, um Europa vor dem Schicksal einer Inflationsgemeinschaft zu bewahren, und die anderen werden sich eines Tages aus ihrer Häresie ebenfalls schon zu der reinen Lehre unserer Wahrheit durchringen. Das habe ich gemeint, als ich von
    dem Stil sprach: deutschen Wesen könne wieder
    die Welt genesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Aufhören!)

    — Es ist für Sie bezeichnend, wenn Sie sagen: aufhören. Das zeigt, welch ein schlechtes Gewissen und wie wenig demokratische Substanz Sie haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn das Wort „aufhören" haben wir schon immer dann gehört, nachdem mehr Demokratie, mehr Auseinandersetzung, mehr Argumentation, mehr Information, mehr Mitbestimmungsrecht versprochen worden ist. Auf der anderen Seite haben wir dann mehr Drohung, mehr Polemik und weniger an Argumentation gehört. Genauso ist es heute auch hier wieder.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe und Lachen bei der SPD.)