Rede:
ID0612104000

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Metadaten
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    Vokabeln: 8
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 121. Sitzung Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1971 Inhalt: Glückwunsch zum Geburstag des Abg. Dr. Freiwald 6979 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 6979 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 6979 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. Schiller, Bundesminister 6979 D, 7013 C Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 6984 C Junghans (SPD) . . . . . . . . 6991 C Mertes (FDP) . . . . . . . . 6995 D Brandt, Bundeskanzler 6999 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 7004 D Dr. Erhard (CDU/CSU) . . . . . 7011 C Kienbaum (FDP) . . . . . . . . 7014 D Dr. Apel (SPD) 7016 C Strauß (CDU/CSU) 7018 A Dr. Arndt (Berlin) (SPD) 7027 B Dr. von Bismarck (CDU/CSU) . . 7031 D Dorn (FDP) 7033 D Leicht (CDU/CSU) 7037 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 7039 A Kirst (FDP) . 7039 B Nächste Sitzung 7040 D Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 7041 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1971 6979 121. Sitzung Bonn, den 11. Mai 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 15. 5. Dr. Aigner * 11. 5. Alber ** 15. 5. Amrehn ** 15. 5. Bals ** 15. 5. Bauer (Würzburg) ** 15. 5. Behrendt * 11. 5. Dr. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld ** 15. 5. Frau von Bothmer 14. 5. Dasch 15. 5. Frau Dr. Diemer-Nicolaus ** 15. 5. Dr. Dittrich * 14. 5. Draeger ** 15. 5. Dr. Enders ** 15. 5. Fellermaier 21. 5. Fritsch ** 15. 5. Dr. Früh 11.5. Dr. Fuchs 14. 5. Dr. Furler ** 15. 5. Geldner 31. 5. Freiherr von und zu Guttenberg 15. 5. Dr. Hallstein 13. 5. Frau Herklotz ** 15. 5. Dr. Hermesdorf (Schleiden) ** 15. 5. Hösl ** 15. 5. Horstmeier 11.5. Jung 11.5. Dr. Jungmann 14. 5. Kahn-Ackermann ** 15. 5. Dr. Kempfler ** 15. 5. Dr. Kiesinger 11.5. Frau Klee** 15. 5. Dr. Klepsch ** 15. 5. Dr. Kley 15. 5. Dr. Kliesing (Honnef) ** 15. 5. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Koch * 14. 5. Lemmrich ** 15. 5. Lenze (Attendorn) ** 15. 5. Liehr 11.5. Dr. Löhr * 15. 5. Maucher 26. 6. Meister * 12. 5. Memmel * 14. 5. Müller (Aachen-Land) * 14. 5. Dr. Müller (München) ** 15. 5. Pöhler ** 15. 5. Porzner 11.5. Dr. Reinhard 14. 5. Frau Renger 15. 5. Richter ** 15. 5. Riedel (Frankfurt) * 14. 5. Dr. Rinderspacher ** 15. 5. Rollmann 18. 5. Roser ** 15. 5. Dr. Schmid (Frankfurt) ** 15. 5. Dr. Schmidt (Gellersen) 14. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 15. 5. Dr. Schmücker ** 15. 5. Dr. Schulz (Berlin) ** 15. 5. Schwabe * 11.5. Dr. Siemer 14. 5. Simon 14. 5. Stein (Honrath) 15. 5. Frau Dr. Walz ** 15. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 15. 5. Wienand ** 15. 5. Dr. Zimmermann 11. 5. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates
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    Rede von Gerhard Kienbaum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Nein, das weiß ich nicht nur nicht, sondern es entspricht nicht nicht den Tatsachen. Die Dollarschwemme hat ganz andere Gründe. Aber ich komme darauf gleich noch zurück.
    Ich darf noch einmal auf die Äußerungen von Herrn Professor Erhard zurückkommen. Er hat die erwähnte Feststellung gemacht, aber er hat ein den Vorstellungen von Herrn Professor Burgbacher diametral entgegengesetztes Bekenntnis abgegeben: Er ist gegen Dirigismus.
    Ich darf zu der besseren Regierungsarbeit zurückkommen. Sie verlangt Konzeptionen, allerdings der jeweiligen Tageslage angepaßt. Herr Dr. Barzel, Sie haben selber festgestellt, die Wiederherstellung der Stabilität gehe uns alle an, nicht nur uns hier, sondern alle beteiligten Gruppen draußen.

    (Abg. Leicht: Das hat er sehr stark unterstrichen!)

    Das wird auch so sein, wenn Sie die Verantwortung tragen sollten.

    (Abg. Windelen: Das war immer so, Herr Kollege!)

    Deshalb lassen Sie mich klarstellen, daß die Wiederherstellung der Stabilität Erwartungsverzichte erfordert.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr gut!)

    — Sehr gut, ja. Ich will aber gleich zu Ihrer Überraschung sagen, welche auch: z. B. den Verzicht auf eine schnelle Änderung des Systems von Bretton Woods.

    (Abg. Dr. Barzel: Das wissen wir!)

    Sie wissen sehr gut, daß dieser Wunsch bzw. diese Forderung nicht von heute auf morgen verwirklicht werden kann, daß also die derzeit amtierende und Verantwortung tragende Regierung mit diesem System ihre Maßnahmen treffen muß.

    (Abg. Dr. Barzel: Aber sie kann das Gespräch darüber eröffnen!)

    Sie wissen auch, daß kein Teilbereich ausgenommen werden kann, kein Sektor im Binnenmarkt, keine Exportbranche und kein öffentlicher Aufgabenbereich.
    Die Exportaufträge z. B. — das sollte deutlich gemacht werden — werden durch die Freigabe der Wechselkurse nicht gefährdet, Herr Dr. Müller-Hermann. Sie werden nicht gefährdet, es sei denn, sie sind zuvor bereits durch interne Kostenexplosionen in Gefahr gebracht worden.
    Lassen Sie mich folgendes feststellen. Zahllose Firmen — das ist in der Abendveranstaltung des Wirtschaftsausschusses durch die Antwort des Bundesbankpräsidenten deutlich geworden — haben sowohl bei der freiwilligen Steigerung von Vergütungen als auch beim Hereinholen von Eurodollars leichtfertig gehandelt. Sie werden — das sollte hier klar gesagt werden — auf Konsolidierung in ihrem eigenen Firmenbereich umschalten müssen.
    Keine Regierung kann Garantien für bestimmte Geschäfts- oder Berufstätigkeiten und erst recht keine Garantien für wirtschaftliche Ergebnisse geben, weder im Binnenmarkt noch im Export. In dieser Beziehung haben wir in Nordrhein-Westfalen einige bittere Erfahrungen sammeln dürfen. Hier in diesem hohen Hause stand die Garantie des Kohleabsatzes von 140 Millionen Tonnen zur Debatte, und die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, an der beteiligt zu sein ich die Ehre ,hatte, hat expressis verbis festgestellt: Wir können und wollen keine Garantie geben.
    Deshalb darf ich Sie dringend darum bitten, aus dieser Diskussion über die Maßnahme der Bundesregierung keine neuen Erwartungen zu erwecken oder eventuell Tabus ungeschoren zu lassen.

    (Abg. Rösing: Das hat kein Mensch getan!)

    — Es gab in dieser Richtung deutliche Anmerkungen.

    (Abg. van Delden: Nennen Sie doch mal eine!)

    Eine Regierung kann keine Garantien geben, schon gar nicht, wenn die Ergebnisse durch eine vorangegangene riskante Entscheidung oder durch eine Serie von Entscheidungen belastet werden.
    Unsere Entscheidungen aber müssen von den verfügbaren und belegbaren Fakten und zusätzlich von unserer eigenen Bewertung der sichtbar werdenden Trends ausgehen. In bezug auf die belegbaren Fakten lassen Sie mich auf die Mitte des ver-



    Kienbaum
    gangenen Jahres zurückgreifen. Belegbares Faktum ist danach, daß seit Anfang 1970 mehr als 40 Milliarden DM neues Geld allein aus der Steigerung der Vergütungen in unseren wirtschaftlichen Kreislauf hineingebracht wurden. Belegbares Faktum ist ferner, daß zusätzlich 30 Milliarden DM als neue Liquidität und damit Kaufkraft aus dem Eurodollar-markt kamen.
    Auf Grund der Meldungen der letzten Tage ist auch belegbares Faktum, daß sich das bislang vermerkte Nachlassen der Exportnachfrage umkehrt — offenbar eine Folge des Konjunkturaufschwungs in den USA. Schließlich ist ein Faktum, daß am Montag die Schweiz und Österreich aufgewertet haben. Von dieser Aufwertung ergeben sich erneut veränderte Wirkungen auf unsere Nachfrage in Deutschland.
    Angesichts dieser nur wenigen aufgezeigten Fakten erscheint mir nach wie vor unklar, was die Opposition eigentlich an der Regierungsentscheidung — nicht an dem langen Gang der vorangegangenen Diskussion — zu bekritteln hat. Die zwei Maßnahmenpakete können Sie entweder bejahen oder ablehnen. Beim zweiten Paket können Sie vielleicht noch kritische Anmerkungen über die Größenordnungen machen; das wird bei der Vorlage der mittelfristigen Finanzplanung und des Haushalts 1972 ohnehin erfolgen können.
    Ich kann — ich muß es wiederholen — daher leider nicht erkennen, was in bezug auf die heutige Tageslage von Ihnen an besseren Vorschlägen und damit an Nachweis einer möglichen besseren Regierungstätigkeit zu erwarten ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Einen Vorschlag hat Herr Dr. Barzel deutlicher als früher angesprochen. Er unterstützt das Bemühen um eine Überzeugung der Tarifpartner in der Bundesrepublik, daß der Verteilungskampf zurückgeschraubt werden muß. Er läßt erkennen, daß er außerdem die Ausgaben der öffentlichen Haushalte abgebremst sehen möchte; mir ist nicht ganz klargeworden, ob als Startmaßnahme für eine dann folgende Kette weiterer Schritte und ein Nachziehen beispielsweise der Tarifpartner. Es ist mir auch nicht ganz klargeworden, welchen Umfang dieses Bremsen haben soll. Aber das werden wir mit Sicherheit ja bei der Diskussion über den Haushalt hören.
    Leider ist mir aus Ihren Ausführungen überhaupt nicht klargeworden, ob Sie die außenwirtschaftliche Absicherung gutheißen oder nicht. Oder wollten Sie die Frage aufwerfen — von Behauptung will ich gar nicht reden —, ob CDU-Vertreter in Brüssel in der Ministerratssitzung mehr erreicht hätten? Das zu beweisen wird niemand in der Lage sein.

    (Abg. van Delden: Dann wäre es gar nicht erst so weit gekommen!)

    Herr Dr. Barzel wünscht neuerlich Analyse und Aufwertung und darauf aufbauend Therapie. Ihr Zeichen mit der Balance soll offenbar darauf hinweisen, daß Sie bereit sind, die jeweiligen Tagesfakten in Ihre Bewertung einzubeziehen. Dann allerdings dürfen wir wohl erwarten, daß davon auch wirklich ausgegangen wird — die Tageslage
    läßt sich quantifizieren — und daß dann außer verbalen auch konkrete Vorschläge vorgelegt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Apel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Analyse, Herr Kollege Dr. Barzel, sind wir zweifelsohne gar nicht so weit auseinander. Deswegen hat die Bundesregierung ja auch gehandelt. In der Tat war die Situation schwierig, und sie wurde schwieriger. Deswegen kam es darauf an, konjunkturell durchzugreifen, obwohl es wehtut. Wenn Sie allerdings meinen — sowohl Sie, Herr Dr. Barzel, als auch Herr Müller-Hermann —, diese Bundesregierung sei mitverantwortlich dafür, daß wir in die Währungsschwierigkeiten hineingelaufen seien,

    (Abg. Dr. Barzel: Zu einem Teil!)

    dann müssen wir uns daran erinnern, daß am 31. März 1971 Herr Müller-Hermann hier im Hause gefragt hat — ich zitiere —, ob der Herr Bundesernährungsminister in seinem Hinterkopf schon Überlegungen im Hinblick auf eine mögliche neue Aufwertung habe. Daraufhin hat Herr Mertes dazwischengerufen: „Unverantwortlich!" Herr Dr. Klepsch dagegen fand das eine hochintelligente Bemerkung.

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien. — Abg. Ollesch: Das sind die Könner hier im Hause!)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, man muß das in die Betrachtungen mit einbeziehen. Mehr ist dazu eigentlich gar nicht zu sagen.
    Lassen Sie mich eine Bemerkung zu Herrn Professor Erhard machen, und zwar zu seiner Berechnung der Verluste der Sparer. Dazu muß man zweierlei sagen. Erstens hat es gerade in dieser letzten Phase sehr hohe Zinsen gegeben. Dies wurde von der Opposition ja auch angeprangert. Die Hochzinspolitik hat sich natürlich auch zugunsten der Sparer ausgewirkt.

    (Abg. Windelen: Da hat sich einiges geändert, Herr Kollege!)

    Zweitens hat Herr Professor Erhard in seiner Zeit selber sehr hohe Preissteigerungsraten gehabt. Und man muß wenigstens dann vorsichtig sein, wenn man selber einmal im Glashaus gesessen hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Eine weitere Bemerkung. Herr Dr. Barzel, auch wenn Sie bei Herrn Kienbaum nicht wahrhaben wollten, Sie haben in Ihrer Rede, deren Wortlaut mir natürlich nicht vorliegt, den Eindruck erweckt. als sei die Vollbeschäftigung in unserem Lande doch in Gefahr. Wir sagen Ihnen: die Vollbeschäftigung ist nicht in Gefahr. Wir haben ein Alternativprogramm vorliegen, das wir notfalls antizyklisch einsetzen können. Insofern müssen wir das, was Sie hier gesagt haben, in der Tat auf das Konto „Panikmache" buchen.

    (Beifall bei der SPD.)




    Dr. Apel
    Herr Kollege Barzel, wir bleiben bei der Überzeugung, daß wir in der Bundesrepublik in einer beneidenswerten Lage sind.

    (Abg. Schäfer [Tübingen): Sehr richtig!)

    Es sind nämlich nicht die Zinsen gewesen, die die
    vielen Dollars hereingelockt haben, sondern es war
    die einmalige wirtschaftliche Lage dieses Landes.
    Sie haben nun wieder auf die Preissteigerungsrate nach dem Index des Sozialprodukts hingewiesen. Dazu kann ich nur wiederholen, was ich in der letzten Woche gesagt habe: die Einführung in die Volkswirtschaftslehre nachlesen! Dort kann man erfahren, daß dieser Index nicht viel über Preissteigerungsraten aussagt. Dafür muß man andere Indizes verwenden.

    (Abg. Leicht: Sehr schwach, Herr Volkswirtschaftsstudent!)

    Einige Bemerkungen zu dem Programm von Herrn Dr. Barzel. Meine Damen und Herren. Man konnte vor einigen Wochen in der Zeitung lesen, daß in Südafrika ein wundersames Ereignis eingetreten war. Ein Regenmacher hatte sich auf eine Lichtung gestellt und zelebriert, und siehe da: es fing an zu regnen! Dieser Regenmacher war ein ganz schlauer Mann: er hatte nämlich vorher hinter die Bäume geschaut und gesehen, was da an Wolken aufkam. So kommt mir Ihr Fünf-Punkte-Programm vor. Sie haben hinter die Bäume geschaut, Sie haben gesehen, was die Bundesregierung anbietet, und schlagen das als eigenes Programm vor. Sie sind der Regenmacher in der Konjunkturpolitik der Bundesrepublik! Mein Kompliment!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Denn, lieber Herr Kollege Barzel, die fünf Punkte, die Sie hier vorgetragen haben, sind ja in etwa die fünf Punkte der Bundesregierung mit der einen Ausnahme, daß der Herr Bundeskanzler zu Recht darauf hingewiesen hat, daß die mittelfristige Finanzplanung im Herbst dran ist und wir dann auch das von Ihnen geforderte seriöse Programm der inneren 'Reformen für den Rest der Legislaturperiode vorlegen werden.

    (Abg. Leicht: Der Bundeskanzler hat etwas anderes gesagt!)

    Lassen Sie mich abschließend einige Bemerkungen zu Europa machen. Herr Müller-Hermann hat hier eine völlig falsche Alternative in die Debatte eingeführt — aber es ist ja in der Politik üblich mit falschen Alternativen zu arbeiten — nämlich die Alternative, innere Stabilität in der Bundesrepublik oder Fortentwicklung der Gemeinschaft. Ich brauche eigentlich dazu sehr wenig zu sagen, nachdem der Herr Bundeskanzler die Zusammenhänge sehr deutlich gemacht hat. Einen Aspekt will ich ergänzen. Europäische Integration kann doch wohl nur erreicht werden, wenn die Bevölkerung in ihrer großen Mehrheit diese Integration mit trägt. Das war auch über Jahrzehnte der Fall. Aber wenn Sie jetzt einmal nach draußen in die Versammlung gehen, merken Sie eine wachsende Antistimmung gegen die europäische Integration, weil man das Gefühl hat,
    dies sei eine Inflationsgemeinschatt, und sie schade eigentlich mehr, als sie nütze. Ich glaube, es ist ganz wichtig, daß die Bundesregierung durch ihre Aktion klarmacht, daß wir diese Art von Europa nicht wollen, weil die Bürger sie nicht wollen. Wir müssen für alle Beteiligten sehr deutlich machen, daß ein Europa dieser Art nicht das Europa sein kann, das wir wollen: ein Europa der Gleichen und Starken, und das heißt ein Europa mit Stabilität und Wachstum.
    Eine zweite Bemerkung: Herr Müller-Hermann, es ist falsch, wenn Sie meinen, das, was in Brüssel beschlossen worden sei, sei nationale Rückkehr. Herr Professor Schiller hat darauf aufmerksam gemacht, daß unser nationaler Währungsbeschluß in den Ministerratsbeschluß eingebunden ist. Aber das ist nicht das Entscheidende. Wenn man sich diese vier Punkte genau ansieht, wird doch sehr deutlich — darüber haben wir ja auch debattiert —, daß wir durch diesen Beschluß in europäische Verbindlichkeiten eingebunden sind, z. B. bei der Agrarpolitik, aber auch bei anderen Punkten. Ich meine, durch diesen Beschluß sind, obwohl es sich vielleicht paradox anhört, erste Pflöcke auf dem Wege zur Wirtschafts- und Währungsunion eingeschlagen worden. Die nationale Autonomie in der Währungspolitik geht unwiderruflich ihrem Ende entgegen, und um so wichtiger ist es, daß durch diesen Schritt deutlich gemacht wird, daß es jetzt darauf ankommt, etwas an gemeinsamer Politik zu tun und mehr zu tun als das, was wir bisher getan haben. Denn bisher haben wir doch die Politik Brüsseler Krisenkonferenzen gehabt, die den echten Durchbruch nach vorn eigentlich immer haben vermissen lassen. Diese Auseinandersetzung hat eben deutlich gemacht, daß die technokratischen Brüsseler Meisterwerke immer weniger den Belastungen der Wirklichkeit standhalten, daß Wirtschaftspolitik nur ein Teil der Gesamtpolitik ist, daß eine gemeinsame Währungspolitik in eine politische Integration eingebunden werden muß.
    Herr Kollege Dr. Barzel, hier sind wir völlig mit Ihnen einer Meinung. Wir wollen die politische Union, aber, Herr Kollege Dr. Barzel, wir müssen Realisten sein und auch sehen, wie es nun in der politischen Landschaft in Zentral- und Westeuropa wirklich aussieht. Sie wissen ganz genau, daß dieser politische Zusammenschluß zur Zeit eben nicht zu haben ist, aber vielleicht durch diesen Schritt leichter wird.
    Eine letzte Bemerkung. Ich bin Ihnen dankbar, daß keiner von Ihnen versucht hat, die Verhandlungen über den britischen EWG-Beitritt, die heute in ihr letztes, entscheidendes Stadium getreten sind, mit den Währungsentscheidungen zu verbinden.

    (Abg. Dr. Barzel: Da habt ihr uns ein Messer hingehalten, aber wir sind nicht hineingelaufen!)

    Denn es wäre mißlich, wenn wir versuchen wollten, uns selbst den Schwarzen Peter zuzustecken. Die Verhandlungen über den britischen Beitritt sind durch die Entscheidungen des Ministerrats vom Sonntag nicht leichter, aber auch nicht schwerer



    Dr. Apel
    geworden. Die Probleme sind die gleichen geblieben. Vielleicht gibt es bei dem einen oder anderen Partner psychologische Anstöße, diesem Beitrittsbegehren doch jetzt positiver gegenüberzustehen. Das kann dann nur positiv vermerkt werden. Eines steht fest: Wir wollen diesen Beitritt ebensosehr, wie wir aus der europäischen Krisenpolitik heraus und in die politische Union hinein wollen.
    Lassen Sie mich abschließen. Dies wird sicherlich nicht die letzte konjunkturpolitische Debatte in diesen Monaten und in diesem Jahr sein. Es wäre gut, wenn die Opposition neben ihren Forderungen an die Bundesregierung, die sie angemeldet hat, auch ein eigenes Konzept hätte. Das Regenmacherkonzept ist immerhin besser als keines.

    (Beifall hei den Regierungsparteien.)