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ID0612100700

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    Deutscher Bundestag 121. Sitzung Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1971 Inhalt: Glückwunsch zum Geburstag des Abg. Dr. Freiwald 6979 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 6979 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 6979 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. Schiller, Bundesminister 6979 D, 7013 C Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 6984 C Junghans (SPD) . . . . . . . . 6991 C Mertes (FDP) . . . . . . . . 6995 D Brandt, Bundeskanzler 6999 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 7004 D Dr. Erhard (CDU/CSU) . . . . . 7011 C Kienbaum (FDP) . . . . . . . . 7014 D Dr. Apel (SPD) 7016 C Strauß (CDU/CSU) 7018 A Dr. Arndt (Berlin) (SPD) 7027 B Dr. von Bismarck (CDU/CSU) . . 7031 D Dorn (FDP) 7033 D Leicht (CDU/CSU) 7037 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 7039 A Kirst (FDP) . 7039 B Nächste Sitzung 7040 D Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 7041 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1971 6979 121. Sitzung Bonn, den 11. Mai 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 15. 5. Dr. Aigner * 11. 5. Alber ** 15. 5. Amrehn ** 15. 5. Bals ** 15. 5. Bauer (Würzburg) ** 15. 5. Behrendt * 11. 5. Dr. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld ** 15. 5. Frau von Bothmer 14. 5. Dasch 15. 5. Frau Dr. Diemer-Nicolaus ** 15. 5. Dr. Dittrich * 14. 5. Draeger ** 15. 5. Dr. Enders ** 15. 5. Fellermaier 21. 5. Fritsch ** 15. 5. Dr. Früh 11.5. Dr. Fuchs 14. 5. Dr. Furler ** 15. 5. Geldner 31. 5. Freiherr von und zu Guttenberg 15. 5. Dr. Hallstein 13. 5. Frau Herklotz ** 15. 5. Dr. Hermesdorf (Schleiden) ** 15. 5. Hösl ** 15. 5. Horstmeier 11.5. Jung 11.5. Dr. Jungmann 14. 5. Kahn-Ackermann ** 15. 5. Dr. Kempfler ** 15. 5. Dr. Kiesinger 11.5. Frau Klee** 15. 5. Dr. Klepsch ** 15. 5. Dr. Kley 15. 5. Dr. Kliesing (Honnef) ** 15. 5. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Koch * 14. 5. Lemmrich ** 15. 5. Lenze (Attendorn) ** 15. 5. Liehr 11.5. Dr. Löhr * 15. 5. Maucher 26. 6. Meister * 12. 5. Memmel * 14. 5. Müller (Aachen-Land) * 14. 5. Dr. Müller (München) ** 15. 5. Pöhler ** 15. 5. Porzner 11.5. Dr. Reinhard 14. 5. Frau Renger 15. 5. Richter ** 15. 5. Riedel (Frankfurt) * 14. 5. Dr. Rinderspacher ** 15. 5. Rollmann 18. 5. Roser ** 15. 5. Dr. Schmid (Frankfurt) ** 15. 5. Dr. Schmidt (Gellersen) 14. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 15. 5. Dr. Schmücker ** 15. 5. Dr. Schulz (Berlin) ** 15. 5. Schwabe * 11.5. Dr. Siemer 14. 5. Simon 14. 5. Stein (Honrath) 15. 5. Frau Dr. Walz ** 15. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 15. 5. Wienand ** 15. 5. Dr. Zimmermann 11. 5. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Müller-Hermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, jetzt nicht. — Das allerdings wäre vielleicht die befreiende Tat, von der Herr Schiller gesprochen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das Gemeinschaftsgutachten hat die Bundesregierung vor die Alternative gestellt — ich zitiere —,
    oh sie dem Auftrag des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes Vorrecht einräumen oder ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Partnerländern erfüllen will.
    Ein verantwortlicher Politiker durfte sich nie vor diese Alternative stellen lassen.

    (Abg. Dr. Luda: Sehr gut!)

    Zumindest mußte doch der Herr Bundeswirtschaftsminister nach der EWG-Konferenz in Hamburg wissen, daß gemeinsame Paritätsänderungen derzeit nicht erreichbar sind. Schließlich hat doch die Bundesregierung vor wenigen Wochen Absprachen über die Bildung einer Wirtschafts- und Währungsunion mit unseren Partnern getroffen, in denen sie sich zur Verengung der Bandbreiten durch Gemeinschaftsinterventionen verpflichtet hat. Man mag darüber streiten, ob es gut und zweckmäßig ist, wenn eine Regierung das Vertrauen im eigenen Land verspielt; daß jetzt aber die Bundesregierung das Vertrauen zur Bundesrepublik Deutschland innerhalb und außerhalb der EWG aufs Spiel setzt, ist für uns alle eine ganz ernste Angelegenheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ohne jetzt zu dramatisieren, müssen wir doch wohl mil einer anhaltenden Vertrauenskrise der Gemeinschaft rechnen,

    (Zuruf von der SPD: Das ist nicht wahr! Abg. Dr. Apel: Das reden Sie uns nur ein!)

    die sowohl die Weiterentwicklung der Gemeinschaft als auch die Beitrittsverhandlungen zweifellos erschweren wird.

    (Abg. Dr. Apel: Das möchten Sie gern!)

    Manche in der Sache unausweichlichen Schwierigkeiten werden möglicherweise nun uns Deutschen angelastet.

    (Abg. Hirsch: Das ist unverantwortliches Wunschdenken! — Abg. Dr. Apel: Ganz genau!)

    Sowohl innerhalb der Bundesregierung als auch vor allem bei der Bundesbank, aber auch in Kreisen der Wirtschaft und der Gewerkschaften, hat es bekanntlich Überlegungen gegeben, ob man zur Abwehr einer durch Spekulation verursachten Notsituation nicht auch mit anderen Maßnahmen als der Freigabe der Wechselkurse hätte zu Rande kommen können. Hätte man beispielsweise von vornherein die Anwendung des § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes ins Auge gefaßt, wozu man sich jetzt ohnehin durchgerungen hat, hätte man wahrscheinlich Zeit gewonnen, um eine einheitliche Meinung innerhalb der EWG zur Stabilitätspolitik und zur Spekulationsabwehr zu finden und möglicherweise auch mit den Vereinigten Staaten zu einer abgestimmten Aktion zu kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Und was wäre mit der Marktwirtschaft?)

    Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat bei verschiedenen Gelegenheiten erklärt, sie lege Wert darauf, daß bei außenwirtschaftlichen Maßnahmen die europäische Integration und die Folgewirkungen
    vornehmlich für die deutsche Landwirtschaft berücksichtigt und vorher gemeinsame Lösungen gefunden werden müßten.

    (Abg. Dr. Barzel: Vorher!)

    Jetzt mag die Theoretiker oder die Historiker die Frage beschäftigen, ob man mit einer weniger orthodoxen Methodik der Spekulationswelle vielleicht wirksamer hätte entgegentreten können, und zwar ohne die EWG-Krise heraufzubeschwören.
    Herr Minister Schiller, bestimmt wollen auch wir nicht ein Europa des Dirigismus. Wir wollen aber auch nicht, daß durch Orthodoxie der europäische Zusammenschluß in Gefahr gebracht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben Ihnen bei den Verhandlungen über die Wirtschafts- und Währungsunion den Rücken gestärkt. Aber in der jetzigen Politik der falschen Alternativen können Sie auf unsere Unterstützung nicht rechnen! Die Tatsache, daß die Regierung sich gestern doch zur Anwendung des § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes entschlossen hat, beweist ja auch, wie abwegig hier ein Theorienstreit gewesen ist.

    (Zuruf des Abg. Dr. Barzel.)

    Die Entscheidung der Bundesregierung im außenwirtschaftlichen Bereich ist für unsere Fraktion zunächst einmal ein Datum — allerdings ein Datum mit vielen offenen Fragen. Uns erschüttert einmal die Leichtfertigkeit, mit der man sich über die Gefah-



    Dr. Müller-Hermann
    ren für die politische Zukunft der EWG hinweggesetzt hat. Ich möchte auch den Eindruck vermieden wissen, Herr Minister, daß in Brüssel etwa ein echter Kompromiß zustande gekommen ist. Es ist eine Tolerierung der deutschen Absichten gewesen und nicht mehr.

    (Abg. Dr. Luda: Unter gleichzeitigem Tadel!)

    Nun wird offenbar das Brüsseler Verhandlungsergebnis von den Partnern völlig unterschiedlich ausgelegt. Der Bundeswirtschaftsminister hat sich für eine unbefristete Freigabe der Wechselkurse ausgesprochen, der Kanzler hat am selben Tage über die Fernsehanstalten davon gesprochen, die Bundesregierung sollte den Wechselkurs für einige Zeit freigeben. Der französische Finanzminister wiederum hat deutlich gemacht, daß die deutsche Aktion bestenfalls für wenige Wochen toleriert werden könne.
    Im Punkt 3 der Brüsseler Verlautbarungen wird der 1. Juli 1971 als Zeitpunkt genannt, bis zu dem der Ministerrat Maßnahmen zu ergreifen hat, um übermäßige Kapitalzuflüsse zu entmutigen und ihre Auswirkungen auf die innere monetäre Situation zu neutralisieren. Im Punkt 1 der Brüsseler Erklärungen wird von der Entschlossenheit der Mitgliedstaaten gesprochen, ihre Paritäten beizubehalten.
    Jetzt steht die Frage im Raum, was die Bundesregierung letztlich mit der Freigabe der Wechselkurse erreichen will und was in Brüssel tatsächlich vereinbart wurde.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Der Bundeskanzler hat doch der Öffentlichkeit klarzumachen versucht, daß mit der Aktion auf außenwirtschaftlichem Gebiet ein Stabilitätseffekt erreicht werden sollte.

    (Abg. Leicht: Sehr gut!)

    Das kann doch nur heißen, daß, wenn der Effekt von Bestand sein soll, eine Veränderung der DM-Parität angestrebt wird.

    (Abg. Leicht: Sehr gut!)

    Unser Bundestagskollege Arndt hat das sehr deutlich gesagt, als er erklärte, am Ende dieser Aktion müsse oder werde eine aufgewertete D-Mark stehen. Folgt man dem Trend anderer Länder, vor allem 'Osterreichs, dann spricht ja auch sehr viel Wahrscheinlichkeit dafür.

    (len erhofften Antispekulationseffekt? Diese Fragen stehen im Raum, und wir bitten die Regierung, dazu auch etwas zu sagen. Die Bundesregierung hat sich unseres Erachtens in eine Zwickmühle begehen. Die Alternative, die im Gemeinschaftsgutachten angedeutet ist, droht jetzt in einem ganz anderen Sinne Wirklichkeit zu werden. Entweder wird trotz aller weltbewegenden Unruhe, die durch die Schritte der Regierung ausgelöst ist, der erwartete Stabilitätseffekt in Frage gestellt, oder aber die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere der Agrarmarkt, wird aufs schwerste erschüttert. Kehren wir zur alten Parität zurück, dann ist binnenwirtschaftlich außer Spesen nichts gewesen. Kommt die alte Parität nicht zustande, steht die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft vor einer Zerreißprobe. Wir hatten die Bundesregierung mit gutem Grund gebeten, die heutige Regierungserklärung und die darauf folgende Debatte erst morgen stattfinden zu lassen, weil wir wissen wollten, was aus den Brüsseler Gesprächen über einen Grenzausgleich herauskommt. Die deutsche Landwirtschaft, meine Damen und Herren — das wissen wir alle, und ich hoffe. wir respektieren das auch bei unseren praktischen Entscheidungen —, hat die Aufwertung des Jahres 1969 noch nicht verkraftet. Wir werden daher unter allen Umständen für einen vollen, unbefristeten Grenzausgleich für die deutsche Landwirtschaft eintreten. Niemand im Lande und außerhalb unseres Landes darf übersehen, daß schwere innenpolitische Auseinandersetzungen zu erwarten sind, wenn die deutschen Landwirte sich wiederum in ihrer Sorge bestätigt fühlen müssen, zum Prügelknaben der Wirtschaftspolitik zu werden. Das binnenwirtschaftliche Programm der Bundesregierung kann in seinem Wert kaum besser charakterisiert werden als durch die Schnelligkeit, mit der es über den Kabinettstisch gejagt wurde. Wir behalten uns eine Prüfung der von der Regierung vorgelegten Zahlen vor. Derzeit ist es wichtig, festzuhalten, daß es sich hier um Globalziffern handelt und alles offengeblieben ist, wo und zu welchem Zeitpunkt Einsparungen bei den verschiedenen Ressorts vorgenommen werden. Die bombastischen Zahlen, mit denen man derzeit vor der Öffentlichkeit Eindruck zu machen sucht, müssen daraufhin geprüft werden, wieweit verschiedene Positionen doppelt oder sogar dreifach berechnet worden sind. Schließlich hängt ja die Steuerung dieses ganzen sogenannten binnenwirtschaftlichen Programms weitgehend davon ab, welche konjunkturellen Folgen sich aus dem außenwirtschaftlichen Teil der Aktion ergeben. Die im binnenwirtschaftlichen Programm vorgesehenen Aussagen oder abgegebenen Absichtserklärungen können daher meines Erachtens eine wirkliche Aussagekraft nicht beanspruchen. Die Bundesregierung hat sich mit ihrer Aktion auf eine gefährliche Gratwanderung begeben. Der Übergang von einer Politik des Schlendrians zu einer Politik des Hasardspiels droht uns jetzt neben den politischen Konsequenzen, die wir sehen müssen, zusätzliche wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen, ohne daß der Inflation tatsächlich Einhalt geboten wird. Ich will mich jetzt nicht in Prognosen ergehen. Aber ich warne die Regierung auch ihrerseits vor jeder neuen Euphorie. Diese BundesregieDeutscher Bundestag — (i. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1971 6991 Dr. Müller-Hermann rung hat vom ersten Tage ihres Bestehens an dazu geneigt, der deutschen Öffentlichkeit immer wieder Wunschträume fur Realitäten anzubieten und maßlose Versprechungen zu machen. Sie mußte im Laufe der Zeit immer wieder ihre Pflöcke zurückstecken. Soll ich hier vielleicht verlesen – ich will es schon der Zeit halber nicht tun —, was der Bundeswirtschaftsminister Schiller noch am 2. Februar vor einer Debatte über den Jahreswirtschaftsbericht an Prognosen für 1971 von sich gegeben hat? Auf meinen Hinweis, es gebe Anhaltspunkte dafür, daß der Preisauftrieb die 4 %-Grenze erreichen werde, haben Sie, sehr verehrter Herr Schiller, an Ihrer Prognose von 3 % Preissteigerung festgehalten und hinzugefügt, Sie hielten es kaum für möglich, daß es, wie Sie so schön sagten, „noch eine Art Subkultur" gebe, die außer den weisen Prognosen des Ministers mit Prognosen von 4 % aufwarten könne. Oder soll ich daran erinnern, meine Damen und Herren, mit welchen Gefälligkeiten nach allen Seiten der Herr Bundeskanzler mit der Abgabe seiner Regierungserklärung in die politische Arena eingestiegen ist und mit welchem wahrhaft kindlichen Gemüt die Bundesregierung der Öffentlichkeit vorzugaukeln versucht hat, sie könnte alle ihre inneren Reformen ohne Rücksicht auf Geldwert und Konjunktur verwirklichen? Die Bundesregierung wird jetzt mit Recht in der Öffentlichkeit auf Zweifel stoßen. Wir, die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, werden sie und ihr Programm daran messen, inwieweit es tatsächlich Stabilität, Vollbeschäftigung und reales Wirtschaftswachstum zu sichern in der Lage ist. (Abg. Wehner: Das ist ein guter Vorsatz, Herr Müller-Hermann!)


    (Beifall bei der CDU CSU.)


    (Beifall bei der CDU/CSU.)


    (Beifall bei der CDU/CSU.)


    (Lachen und Zurufe bei der CDU/CSU.)


    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    — Sehr geehrter Herr Wehner, wenn der „Spiegel" — ich zitiere ihn nochmals — richtig berichtet, hat bei der Kabinettssitzung am vergangenen Freitag Herr Verteidigungsminister Schmidt nach einer Kabinettsdiskussion den Antrag gestellt, der Kanzler solle doch jetzt eine Weisung an die deutsche Delegation erteilen und einmal von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen.

    (Abg. Wehner: Haben Sie außer dem „Spiegel" noch etwas?)

    Nun, meine Damen und Herren, es wäre gut gewesen, wenn sich der Herr Bundeskanzler früher ein Herz gefaßt und sich früher um die Stabilitätspolitik gekümmert hätte.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dann hätten Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und in der Koalition, viel Schaden vom deutschen Volk abwenden können,

    (Abg. Dr. Luda: Sehr richtig!)

    Schaden, den unsere Wirtschaft insgesamt zu verkraften hat und der die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft am härtesten trifft,

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Schaden, meine Damen und Herren, der nicht zuletzt darin besteht, daß die deutschen Steuerzahler mit Sicherheit einige Milliarden D-Mark Spekulationsgewinne zu zahlen haben werden.

    (Abg. Haase [Kassel] : Zum zweitenmal!)

    Eine rechtzeitige, umfassende und kraftvolle Stabilitätspolitik der Bundesregierung hätte die jetzige Roßkur überflüssig gemacht, hätte uns und Europa viel Sorgen und Probleme erspart.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Junghans. Für ihn hat seine Fraktion, die Fraktion der SPD, eine Redezeit von 30 Minuten beantragt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Junghans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben soeben eine Rede zu dem vom Bundeswirtschaftsminister vorgetragenen Stabilitätsprogramm gehört, wie sie zu befürchten war.

    (Abg. Wehner: Aber zu erwarten! — Abg. Rasner: Richtig, Herr Wehner!)

    Sie deckt sich auch mit der Erklärung Ihres Fraktionsvorsitzenden, Herrn Barzel, daß sich die CDU/ CSU-Fraktion außerstande sieht, ihre Zustimmung zu den Beschlüssen der Bundesregierung zur Stabilisierung von Preisen und Konjunktur zu geben. Und warum? Weil z. B. die Regierung — so sagte Herr Müller-Hermann hier — die Opposition angeblich nicht genügend informiert habe.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Das habe ich nicht gesagt!)

    Soweit ich unterrichtet bin, ist Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Barzel, und sind nach bestimmten Usancen auch Sie selber in den letzten Tagen fünfmal über die Lage und die geplanten Maßnahmen informiert worden.

    (Abg. van Delden: Das ist etwas anderes als konsultiert!)

    Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, können Sie mir einen ähnlichen Fall unter einem CDU-Bundeskanzler einmal nachweisen?

    (Abg. Barzel: Ja! Da ist die Opposition im Kabinett beteiligt worden!)

    Und nun hat Herr Müller-Hermann hier eben erklärt: Über die von der Bundesregierung vorgesehenen Maßnahmen ist die Bundestagsfraktion der CDU/CSU zwar informiert worden, es hat jedoch nicht ein einziges Konsultationsgespräch stattgefunden. —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und das stimmt!)

    Aber, meine Damen und Herren, warum waren das
    denn wohl keine Konsultationsgespräche, wie Sie

    Junghans
    hier so fein zu nur Informationsgesprächen zu unterscheiden belieben? Ich kenne Sie doch, Herr MüllerHermann und Herr Barzel.
    Wer hätte Sie denn eigentlich daran gehindert, aus Informationsgesprächen Konsultationsgespräche zu machen?

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ich will Ihnen die Antwort sagen: Weil Sie keine Vorschläge zu machen hatten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ja, meine Damen und Herren, Sie hatten und haben in Sachen Stabilitätspolitik nichts zu bieten, und das seit Jahren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Haase [Kassel] : Sie sind pleite auf der ganzen Linie! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU: Glauben Sie das selbst? — Das hat schon mal ein anderer abgelesen!)

    Die CDU/CSU kann sich nicht dazu aufraffen, die Bundesregierung bei ihren Stabilitätsmaßnahmen zu unterstützen. Wie im Juli 1970 -- ich erinnere einmal daran -- versagt sie sich auch diesmal der gemeinsamen Verantwortung für die deutsche Wirtschaft und die Arbeitnehmer.

    (Abg. Haase [Kassel]: Ihre Pleite, nicht die gemeinsamen Maßnahmen!)

    Dabei hat sie in den vergangenen Wochen von der Bundesregierung lauthals die Verabschiedung eines Stabilitätsprogramms gefordert.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Na also! Eben! Und?)

    Nun, da dieses Programm auch vor Ihnen auf dem Tisch liegt, tun Sie wieder das Einfachste, wie das bei Ihnen so üblich ist; mit Ausflüchten und fadenscheinigen Argumenten versuchen Sie, um eine Zustimmung herumzukommen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Apel: Sehr richtig! Ohne Alternativen zu haben!)

    Die CDU/CSU solle sich in dieser Frage vor billigem Opportunismus hüten; das hat Ihnen vor wenigen Tagen ein prominentes Mitglied Ihrer Fraktion empfohlen. Ich kann hier nur feststellen: die CDU/CSU-Fraktion hat sich nicht gehütet. Es hat doch wenig Sinn, erst ein Handeln zu fordern — Sie sagen zwar auch nicht wie, aber immerhin haben Sie gesagt, wir sollten handeln —, und dann, wenn etwas getan wird, nein zu sagen und selbst eine Antwort schuldig zu bleiben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie sollten sich darüber im klaren sein, daß Sie der deutschen Bevölkerung diese Antwort schuldig sind. Aber wie ich den Ablauf dieser Debatte aus vielen Erfahrungen der letzten Monate kenne und wohl richtig einschätze, werden Sie auch diese Antwort schuldig bleiben. Trotzdem muß ich Sie noch einmal auffordern: Legen Sie Ihr Alternativprogramm zur Bekämpfung der Preissteigerung hier auf den Tisch.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Sie sollen uns jetzt ohne Ausflüchte sagen, was Sie unter außenwirtschaftlicher Absicherung verstehen, Herr Müller-Hermann. Es hat keinen Sinn, hier nur über außenwirtschaftliche Absicherung zu reden. Plädieren Sie für eine Aufwertung, wollen Sie die Einführung der Devisenzwangswirtschaft?
    Herr Professor Erhard, ist das nicht krasser Dirigismus, mit dem über Nacht alles verspielt würde, wie ein weiteres prominentes Mitglied es ausdrückte? Ich finde es beinahe grotesk, daß in einer solchen Situation ausgerechnet eine Partei, die nicht müde wurde, der SPD planwirtschaftliche Neigungen zum Dirigismus vorzuhalten, solche Vorstellungen überhaupt nur erwägt und — jetzt sage ich auch das andere — aus lauter Opportunismus erwägt, solche Maßnahmen zu treffen.

    (Abg. Leicht: Wissen Sie nicht, daß die Regierung das selber tut?)

    Die andere Alternative ist, Sie wollen überhaupt nichts zur außenwirtschaftlichen Absicherung tun.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Apel: Sehr richtig! Sie wollen gar nichts tun, nur im trüben fischen wollen die Kameraden!)

    Dann muß ich Ihnen allerdings entgegenhalten, daß Sie durch Nichtstun die Tatsache von Devisenzuflüssen nicht aus der Welt schaffen können.

    (Abg. Haase [Kassel] : Die haben Sie doch selbst durch Ihre Hochzinspolitik ins Land geholt!)

    — Dazu sage ich Ihnen gleich etwas, Herr Haase. Da hat der Bundeskanzler beschlossen: ab übermorgen kommen Dollar ins Land; so denkt sich Herr Haase die Geschichte.

    (Zuruf des Abg. Haase [Kassel]. — Fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Herr Haase, Sie hätten besser etwas anderes als Volkswirtschaft studieren sollen, etwas, wovon Sie was verstehen. Sie können hier doch nicht solchen Quatsch erzählen. Das können Sie doch noch nicht einmal im Kindergarten erzählen, daß die Bundesregierung für die Devisenzuflüsse verantwortlich wäre. Wem wollen Sie denn das erzählen?

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, auch zur binnenwirtschaftlichen Seite des Konjunkturprogramms vermissen wir Ihre Alternativen. Ich frage Sie direkt: Wollen Sie die Anwendung des § 26 Stabilitätsgesetz, also Steuererhöhungen zur Abschöpfung der Kaufkraft? Das müssen Sie hier und heute sagen. Oder wollen Sie bei den öffentlichen Ausgaben noch stärker bremsen, als das die Bundesregierung jetzt schon tun will.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir wollen Sie ablösen!)

    Wir erwarten von Ihnen Antworten, damit diese Debatte einmal so geführt werden kann, wie es
    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 1 i. Mai 171 6993
    Junghans
    dem Ernst der Sache entspricht, nämlich auf sachlicher Grundlage.

    (Abg. Gewandt: Fragen Sie mal an! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Darauf warten wir!)

    Meine Damen und Herren, die Beschlüsse, die die Bundesregierung am Wochenende gefaßt hat, sind nach unserer Auffassung ein entscheidender Schritt auf dem Wege zur Wiedergewinnung der Stabilität. Wir begrüßen die Entschlossenheit, mit der die Bundesregierung wieder einmal gehandelt hat.

    (Lachen und Zuruf von der CDU/CSU: Wieder einmal?!)

    — Ja, wie im Herbst 1969, als die Aufwertung der D-Mark beschlossen worden ist, und wie im Juli 1970, als ein binnenwirtschaftliches Konjunkturprogramm in Kraft gesetzt worden ist, hat die Bundesregierung auch diesmal konsequent das Stabilitätsgesetz angewendet, wie die Lage es erfordert. Entsprechend dem § 4 des Stabilitätsgesetzes hat sie zur außenwirtschaftlichen Absicherung für vorübergehend den Wechselkurs der Deutschen Mark freigegeben.
    Dieses sage ich jetzt mit allem Ernst, meine Damen und Herren: Wir erwarten allerdings von der Bundesbank, daß sie entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung, die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen, Interventionen im Zeitraum der Wechselkursfreigabe — man nennt das ja neudeutsch „floating" — nur im Einvernehmen mit der Bundesregierung vornimmt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Außerdem hat die Bundesregierung den § 6 des Stabilitätsgesetzes angewendet, der den antizyklischen Haushaltsvollzug vorsieht und den Finanzminister ermächtigt, Verwaltungsausgaben und investive Ausgaben des Bundes, die über 60 bzw. 70 % der Haushaltsansätze für 1971 hinausgehen, von seiner Einwilligung abhängig zu machen.

    (Abg. Leicht: Warum haben Sie das vor zehn Wochen noch abgelehnt?)

    Im Bundeshaushalt sollen auf diese Weise Minderausgaben um 1 Milliarde DM erreicht werden — ungeachtet der Verpflichtungsermächtigung.

    (Abg. Dr. Barzel: Vor zehn Wochen wurde das noch abgelehnt!)

    Die Bundesregierung hat ferner gemäß §§ 15 und 7 des Stabilitätsgesetzes beschlossen, daß der Bund die zusätzlichen Steuereinnahmen bis zu einer Hohe von 1 Milliarde DM und die Länder bis zu einer Höhe von 700 Millionen DM den Konjunkturausgleichsrücklagen zuführen. Außerdem werden gemäß §§ 19 und 20 des Stabilitätsgesetzes die Kreditaufnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden für 1971 begrenzt.
    Ich möchte für meine Fraktion hier erklären, daß wir dieses Konjunkturprogramm für ausgewogen halten.

    (Beifall bei der SPD.)


    (gegenwärtigen Situation, die durch Unsicherheit über die weitere Konjunkturentwicklung gekennzeichnet ist. Mit dem außenwirtschaftlichen Teil ist eine Maßnahme getroffen worden, die die spekulativen Devisenzuflüsse eindämmt und auch nach innen die Preisund Lohnerwartungen dämpft. Wir schaffen damit die Voraussetzungen dafür, daß die Bundesbank wieder stabilitätsorientierte Geldpolitik treiben kann. Durch den binnenwirtschaftlichen Teil des Programms werden für die gesellschaftlichen Gruppen neue und deutlich sichtbare Daten gesetzt. Dieses Stabilitätsprogramm ist eine gute Sache. Es wird uns unserem Ziel ein Stück näherbringen. Ich möchte aber davor warnen, hiervon eine sofortige Wiederherstellung der Preisstabilität zu erwarten. Preisstabilität — und ich habe das von diesem Platz aus häufiger betont — kann nicht von heute auf morgen wiedererlangt werden. (Abg. Gewandt: Die der Regierung auch nicht!)

    Die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen schaffen aber die Voraussetzungen dafür, daß wir wenn alle gesellschaftlichen Gruppen in der Bundesrepublik dieses Ziel gemeinsam verfolgen im Laufe dieses Jahres einen Umschwung in der Entwicklung einleiten.
    Eines aber möchte ich noch deutlich machen: So wichtig für uns die Wiedergewinnung der Preisstabilität ist — ein Spiel mit der Vollbeschäftigung gibt es für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hierbei nicht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die beschlossenen Maßnahmen sind so dosiert, daß eine Gefahr für die Vollbeschäftigung daraus nicht entstehen kann.
    Wenn Sie, Herr Müller-Hermann, — und Herr Barzel hat es ja auch schon gemacht — glauben, hier wieder eine alte Verunsicherungstaktik anwenden und die Gefährdung der Arbeitsplätze an die Wand malen zu müssen, dann weiß die deutsche Bevölkerung hoffentlich, was sie davon zu halten hat. Nach dem Aufwertungsbeschluß 1969 — ich habe es hier oft genug zitiert, ich will es Ihnen aber immer wieder vorhalten — haben Sie sich hier bemüht, Kassandra zu spielen, und haben prophezeit, daß die deutsche Wirtschaft wie Sie sich ausdrückten — mit dem Klotz einer überzogenen Aufwertung am Bein nicht lebensfähig sein würde. So ähnlich argumentieren Sie heute wieder bei der Freigabe des Wechselkurses. Die Entwicklung ist damals über Sie hinweggegangen, und jeder weiß, daß sie auch heute über Sie hinweggehen wird.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß ohne die Aufwertung 1969 die Preissteigerungen in der Bundesrepublik um ein paar Prozent höher gelegen hätten.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Um 2 bis 3 %! Das haben Ihnen Fachleute gesagt,
    das hat Ihnen Herr Blessing gesagt, das haben Ihnen
    alle gesagt. Wir lägen heute bis 6 bis 7 % und



    Junghans
    nicht 1 % unter dein internationalen Durchschnitt, wenn wir damals diese Sache nicht gemacht hatten. Die deutsche Bevölkerung täte also gut daran, auf diese falschen Propheten aus Ihren Reihen nicht mehr zu hören.

    (Lachen und Zurufe von der CDU CSU. — Abg. Dr. Müller-Hermann: Wen meinen Sie damit? — Weiterer Zuruf von der CDU CSU: Herr Schiller ist der falsche Prophet!)

    Wir wissen natürlich, daß es der Bundesregierung nicht leicht gefallen ist, die Entscheidung über diese Konjunkturmaßnahmen zu treffen. Dies gilt für die Freigabe des Wechselkurses, die von unseren europäischen Partnerländern Verständnis für unsere Lage verlangt hat. Dies gilt aber insbesondere auch für die binnenwirtschaftlichen Maßnahmen, die von uns wieder Opfer bei den öffentlichen Investitionen verlangen. Der weltweite Preisauftrieb und die Devisenspekulation, die ihre Ursache in der Dollarschwäche hat, haben der Bundesregierung aber keine andere Wahl gelassen, als hier und heute noch einmal ein deutliches Zeichen zu setzen. Um so mehr verdient die Entscheidung der Bundesregierung unseren Respekt. Ich möchte, hier für meine Fraktion erklären, daß wir die Bundesregierung bei der Durchführung dieses Stabilitätsprogramms voll unterstützen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich möchte bei dieser Gelegenheit aber auch nicht versäumen, namens meiner Fraktion dem Herrn Bundeswirtschaftsminister, aber — und ich sage aber — insbesondere auch dem Herrn Bundesaußenminister Scheel zu danken für die zähe und innerhalb des Möglichen erfolgreiche Verhandlungsführung in Brüssel.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU: Sie vergessen ja Herrn Möller!)

    Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang ein Wort an die Opposition! Ich halte es für unerträglich, daß Sprecher der CDU/CSU kurz vor und während der für uns entscheidenden Verhandlungen in Brüssel Erklärungen abgaben, die der Bundesregierung wahrheitswidrig die Schuld an den Ereignissen der letzten Monate anlasten wollten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt doch!)

    Sie haben damit der deutschen Verhandlungsposition schwer geschadet

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien)

    — ich sage das freimütig —, statt, wie es in anderen Ländern üblich ist und wie es der politische Stil auch in diesem Hause als selbstverständlich erfordern sollte, die Bundesrepublik bei internationalen Verhandlung unterstützen. Sie haben damit, meine Damen und Herren von der Opposition, dieselbe Methode des politischen Kampfes um jeden Preis angewendet, die wir in der Ostpolitik ja seit anderthalb Jahren von Ihnen kennen.
    Meine Damen und Herren, die Ereignisse der letzten Woche, der Dollarzustrom in die Bundesrepublik und die schwierigen Verhandlungen in Brüssel mit
    unseren EWG-Partnern, haben der Bevölkerung in unserem Lande deutlich gemacht, wo die Hauptursachen für die Preissteigerungen liegen, die wir seit einiger Zeit erleben.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Da bin ich aber gespannt!)

    Sie sind eben zum überwiegenden Teil nicht durch
    eine binnenwirtschaftliche Überbeanspruchung- -

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Dann hat Herr Schiller gelogen!)

    — Herr Müller-Herrmann, schauen Sie sich einmal die Kapazitätsauslastung der Industrie an.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Herr Schiller am 22. April!)

    Es kann von einer binnenwirtschaftlichen Überbeanspruchung des Produktionsapparates keine Rede mehr sein.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Also ist Schillers Aussage falsch!)

    Die Preissteigerungen sind also nicht mehr überwiegend hausgemacht, wie es die letzten Wochen gezeigt haben.

    (Zuruf des Abg. Haase [Kassel].)

    Wir stimmen in der Beurteilung mit den Sachverständigen und den Konjunkturinstituten überein: Es waren zum überwiegenden Teil Ursachen, deren Beseitigung nicht in der Macht der Bundesregierung liegt. Ich meine hiermit die Tatsache, daß wir seit einigen Jahren im westlichen Ausland eine Preissteigerungswelle erleben, die sich ständig verstärkt hat, und daß als Folge davon das Auslandsgeld immer stärker in die relativ preisstabile Bundesrepublik drängt.

    (Zuruf des Abg. Leicht.)

    Es ist doch offensichtlich, daß die Bundesrepublik als eine der größten Handelsnationen der Welt, die mit diesen Ländern wirtschaftlich eng verflochten ist, immer wieder vor der schwierigen Frage steht, wie sie sich dagegen abschirmt.
    Besonders die Ereignisse der letzten Wochen auf dem internationalen Geld- und Devisenmarkt haben aber auch deutlich gemacht, wie dringend notwendig eine Reform des internationalen Währungssystems ist. Wie es gegenwärtig aussieht, werden wir uns vorläufig damit abfinden müssen, in einer Welt zu leben, die es mit der Preisstabilität nicht so ernst meint wie wir. Das ist sicherlich bedauerlich, da in einer Welt, in der die Währungen frei konvertibel sind, immer auch der in Mitleidenschaft gezogen wird, der sein eigenes Haus in Ordnung hält.
    Eines sollte doch klar sein, das sollten auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU zum Kenntnis nehmen: daß die Dollars ausgerechnet in die Bundesrepublik geflossen sind, ist doch kein Zeichen dafür, daß die D-Mark eine besonders schlecht€ Währung ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Umgekehrt, es ist doch ein Zeichen dafür, daß die
    D-Mark im internationalen Vergleich als besonders



    Junghans
    harte Währung gilt. Wir haben doch keine D-MarkKrise, es gibt eine Dollar-Krise. Bei allen Komplikationen, die sich daraus ergeben könnten, sollten wir das nicht vergessen.
    Die Verhandlungen in Brüssel sollten unserer Bevölkerung aber auch klargemacht haben, daß die Bundesregierung in der Wirtschaftspolitik nicht mehr so selbständig handeln kann wie vor einigen Jahren. Wir befinden uns auf dem Weg zur europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, und die Bundesrepublik muß daher ihre außenwirtschaftlichen Entscheidungen mit ihren EWG-Partnerländern abstimmen. Wir bedauern, daß es nicht möglich war, mit den anderen Ländern zu einer gemeinsamen Stabilitätsaktion zu kommen. Dieses wäre zweifelsohne wer will das bestreiten? — die beste Lösung gewesen. Wir begrüßen jedoch, daß die Brüsseler Beschlüsse der Bundesrepublik den Spielraum gegeben haben, allein zu handeln, und daß sich auch noch andere angeschlossen haben. Wir stellen fest, daß die Bundesregierung diesen Handlungsspielraum im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft entschlossen ausgeschöpft hat.
    Lassen Sie mich hinzufügen — und darin unterstützen wir den Herrn Bundeswirtschaftsminister —, wir müssen unentwegt an der Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft arbeiten. Dies wird ein sehr schwieriges und langwieriges Geschäft. Das gilt insbesondere für die zu schaffende Wirtschafts- und Währungsunion. Es muß aber zugleich — auch darin unterstützen wir den Herrn Bundeswirtschaftsminister — Vorsorge getroffen werden, daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft nicht zu einer Inflationsgemeinschaft wird. Das liegt im deutschen Interesse.
    Meine Damen und Herren, wir haben nie einen Zweifel daran gelassen, daß wir die Entwicklung der Preise in der letzten Zeit für besorgniserregend halten. Es besteht aber kein Grund zur Panik. Die Bundesregierung hat gehandelt und damit neue Zeichen gesetzt.

    (Abg. Leicht: Was für Zeichen?)

    Jetzt ist jeder, der es mit seinen Erklärungen zur Preisstabilität ernst meint, in seiner Verantwortung angesprochen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das gilt für alle gesellschaftlichen Gruppen. Das gilt selbstverständlich auch für die Tarifvertragsparteien, die erkennen müssen, daß solche Spielräume für die Preis- und Lohnpolitik, wie es sie 1970 gegeben hat, nicht mehr der gegenwärtigen Konjunkturlage entsprechen. Wir begrüßen daher die Erklärung des Präsidenten der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, Herrn Otto A. Friedrich, daß die Arbeitgeber bereit sein müßten, durch äußerste solidarische Preisdisziplin einen Stabilitätsbeitrag zu leisten.

    (Abg. Dr. Barzel: Eine sehr gute Erklärung!)

    Wir begrüßen genauso die Erklärung des Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschchaftsbundes,
    Herrn Vetter, daß die Gewerkschaft ihre Antwort nicht schuldig bleiben würde.

    (Abg. Dr. Barzel: Auch sehr gut!)

    — Herr Barzel, daß jetzt jeder in seiner Verantwortung angesprochen wird, gilt aber auch für die Opposition.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Barzel: Ganz klar!)

    An Sie, . meine Damen und Herren von der Opposition, möchte ich daher den dringenden Appell richten, auch in Ihrer Politik das Interesse der Gesamtheit obenanzustellen und uns in unseren Anstrengungen zur Wiedergewinnung der Preisstabilität zu unterstützen.

    (Abg. Rasner: Das müßte seriös sein!)

    Es kann doch in dieser für uns alle wichtigen Frage nicht erstes Ziel der Opposition sein, der Bundesregierung so viel Schwierigkeiten wie möglich zu machen. Jetzt geht es doch darum, daß wir die Lage gemeinsam meistern. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie dienen der Sache nicht, wenn Sie wie im Juli — die Verantwortung einer Entscheidung scheuen und sich der Stimme enthalten. Sie dienen der Sache aber auch nicht, wenn Sie nur nein sagen und keine reale Alternative auf den Tisch legen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)