Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich die Einzelbegründung unserer verschiedenen Abänderungsanträge vornehme, möchte ich drei grundsätzliche Bemerkungen vorausschicken.
Erstens. Unsere Anträge wollen und können bei den angesprochenen Maßnahmen auf keinen Fall als Ersatz für eine absolut unzureichende Erzeugerpreispolitik aufgefaßt und betrachtet werden.
Zweitens. Unsere Anträge haben das Ziel, sowohl in ihrer sozialen wie in ihrer investiven Forderung, das im letzten Jahr zuungunsten der Landwirtschaft noch größer gewordene Gefälle wenigstens etwas zu verbessern.
Drittens. Wir offerieren eine solide Deckung für unsere Anträge, und insofern sollte es der Koalition leichtgemacht sein, unser Vorhaben zu unterstützen, zumal der Herr Bundeskanzler am vergangenen Mittwoch hier von dieser gleichen Stelle aus ausdrücklich forderte, den Bauern draußen nichts anderes zu versprechen als das, was man halten könne. Hier kann gehalten werden.
Nunmehr zu unserem Antrag im einzelnen. Zu Kap. 10 02 Tit. 656 51 beantragen wir, die Zuschüsse zur Förderung der landwirtschaftlichen Altershilfe um 120 Millionen DM zu erhöhen. Damit soll erreicht werden, daß das landwirtschaftliche Altersgeld ab 1. Juli 1971 auf monatlich 240 bzw. 160 DM für Witwer und Witwen erhöht werden kann. Ich glaube, es gibt in diesem Haus wohl niemanden, der die dringende Notwendigkeit dieser Verbesserung der landwirtschaftlichen Alterssicherung bestreiten würde. Der Bundeshaushalt 1971 trägt der erforderlichen Anpassung der landwirtschaftlichen Alterssicherung an die allgemeine Entwicklung aber in keiner Weise Rechnung.
Diese Anpassung scheint uns um so mehr erforderlich und dringend geworden zu sein, als infolge der Lohn- und Gehaltssteigerungen in allen anderen Wirtschaftsbereichen entsprechende Angleichungen der Renten erfolgt sind. Wir sind der Auffassung, daß die Altenteiler der Landwirtschaft nicht von diesen notwendigen Anpassungen und Verbesserungen des Jahres 1971 ausgeschlossen werden dürfen. Wir wissen uns hier in guter Gesellschaft mit dem Herrn Bundesernährungsminister Ertl, der erst vor kurzem in Brüssel wörtlich festgelegt hat: „Die Grenzen der sozialen Zumutbarkeit sind erreicht, wenn nicht gar überschritten."
Ich darf zum anderen den Kollegen Gallus an den Beschluß der FDP-Agrarier erinnern. Unter Ihrem Vorsitz, Herr Kollege Gallus, haben Ihre Parteifreunde kürzlich ausdrücklich auch eine Erhöhung der landwirtschaftlichen Altershilfe beschlossen.
Zweitens darf ich eine zusammenfassende Begründung für unsere folgenden Aufstockungsanträge auf Umdruck 125 unter I zu Kap. 10 02 geben. Ziffer 2: Tit. 88212 — Flurbereinigungsmittel , Ziffer 3: Tit. 882 14 — Mittel zur Förderung des Wirtschaftswegebaus —, Ziffer 4: Tit. 893 11 Förderung der ländlichen Siedlung —, Ziffer 5: Tit. 882 15 — wasserwirtschaftliche und kulturbautechnische Maßnahmen —, Ziffer 6: Tit. 882 22 — Küstenschutz — und Ziffer 8: Tit. 882 20 — Zuweisungen von zusätzlich 10 Millionen DM für die von Natur benachteiligten Gebiete —.
Es handelt sich hier um längst eingeführte und vielfach bewährte Förderungsmaßnahmen im nationalen Bereich. Die allgemeine Kostenentwicklung hat es mit sich gebracht, daß in diesem Bereich trotz zum Teil verbesserter Haushaltsansätze im Jahre 1971 das alte Bauvolumen bei weitem nicht erreicht werden wird. Die seit 1969 eingetretenen Baukostensteigerungen beliefen sich — darüber wurde heute schon diskutiert — im zurückliegenden Jahr auf über 20 %. Im Jahre 1971 wird die Steigerungsrate voraussichtlich 30 % betragen. Das hat zur Folge, daß im Jahre 1971 in der Landwirtschaft rund 30 %
Röhner
weniger an Bauvolumen ausgeführt werden kann als im Vergleichsjahr 1969. Es steht außer Zweifel, daß der Erfolg langjähriger Entwicklungen und damit der notwendige Anpassungsprozeß in der deutschen Landwirtschaft in diesem Bereich überhaupt in Frage gestellt würde, wenn diese Aufstockungen nicht vorgenommen werden könnten.
Als Drittes eine besondere Bemerkung zu I Ziffer 7 des Antrags auf Umdruck 125 . Bei diesem Tit. 682 01 wollen wir eine Erhöhung der Zuschüsse an den zentralen Fonds zur Absatzförderung in Höhe von 10 Millionen DM. Zur Begründung darf ich ganz kurz folgendes bemerken. Durch die schwierigen, langwierigen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Bemessungsgrundlage zum Fonds entstanden Zeitverzögerungen, und das beschwor die Situation herauf, daß die deutsche Landwirtschaft nunmehr — im Jahre 1971 — quasi zwei Jahresbeiträge auf einmal zu entrichten hat. Mit dieser Aufstockung wollen wir wenigstens einen Teil dieser Last mildern.
Viertens eine Bemerkung zu I Ziffer 9 des Antrags auf Umdruck 125 , nämlich zu Tit. 882 32! Hier handelt es sich um eine Verbesserung der Investitionsbeihilfen um 10 Millionen DM. Zur Begründung muß hier sicherlich nicht viel gesagt werden. Die starken Preissteigerungen insbesondere im Bereich der für das Wachstum der Einzelbetriebe notwendigen Investitionsgüter können bei der heutigen Ertragslage der Landwirtschaft einfach nicht verkraftet werden. Ich erinnere daran, daß bei all den unterschiedlichen Meinungen im Verlauf des öffentlichen Hearings im Ernährungsausschuß in einem Punkte alle Gutachter und Sachverständigen übereinstimmten. Sie waren nämlich der Meinung, daß bei der augenblicklichen Preis-Kosten-Situation, bei den augenblicklichen Steigerungsraten der Preise für Investitionsgüter nur mit Hilfe einer ganz erheblich verbesserten Förderung der Landwirtschaft dieser überhaupt weitere Investitionen zugemutet und von ihr verantwortet werden können. Die im Haushalt 1971 dafür vorgesehenen Mittel sind absolut unzureichend. Sie reichen für eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe nicht aus.
Die Ziffer 10 unter I unseres Änderungsantrags Umdruck 125 ist durch die vorausgegangene Abstimmung erledigt. Ich habe dazu keine weiteren Bemerkungen mehr zu machen.
Ich darf nunmehr aber ein. Wort zur Begründung des Deckungsvorschlags für unsere Anträge sagen. Was den haushaltstechnischen Teil betrifft, verweise ich auf die Ziffer 11 unseres Änderungsantrags Umdruck 125 und auf den Teil II unseres Antrags zu Kap. 10 03 — Marktordnung — und die dort ausgebrachte Begründung.
Ergänzend darf ich dazu folgendes feststellen. Zumindest die Mitglieder des Haushaltsausschusses
kennen die Zusammenhänge zwischen Kap. 60 06
überstaatliche Zusammenschlüsse — und Kap.
10 03 — Marktordnung —. Kap. 10 03 enthält national zu finanzierende und international zu finanzierende Ausgaben. Die national zu finanzierenden
Ausgaben werden von Änderungen des Kap. 60 06
nicht berührt. Anders ist es mit den international zu finanzierenden Ausgaben. Hier ergeben sich allerdings Rückwirkungen nicht aus einer Änderung des Saldos, sondern aus der Änderung der von Brüssel zu erwartenden Rückflüsse, die nach dem Bedarf berechnet sind. Insofern handelt es sich um zwangsläufige, EG-rechtlich begründete Ausgaben. Die Rückflüsse sind in Kap. 60 06 Tit. 686 11 als Minderausgaben in Höhe von Mittelzuweisungen ausgewiesen. Wenn dieser Ansatz in Kap. 60 06 richtig berechnet ist, müssen ihm die international zu finanzierenden Ansätze für neue Maßnahmen in Kap. 10 03 zahlenmäßig voll entsprechen. Wenn also der Minderausgabentitel geändert wird, müssen sich die korrespondierenden Ansätze in Kap. 10 03 entsprechend ändern.
Im Haushaltsentwurf 1971 sind nun diese Rückflüsse in Kap. 60 06 um 343,4 Millionen DM herabgesetzt. Ist diese Veranschlagung richtig — davon muß nach den Aussagen der Bundesregierung ausgegangen werden —, dann müßten die Ansätze in Kap. 10 03 entsprechend herabgesetzt werden. Die Bundesregierung hat dies aber nicht getan. Sie hat dies auch nicht vorgeschlagen. Infolgedessen ergibt sich zwingend, daß in Kap. 10 03 eine Verfügungsmasse von 343,4 Millionen DM zur Verfügung steht.
In Anbetracht der Reduzierung des Agrarhaushalts 1971 gegenüber 1970, aber auch in Anbetracht der heute vielfach aufgezeigten, unbestrittenen, äußerst schwierig gewordenen wirtschaftlichen Situation in unserer einheimischen Landwirtschaft ist es nach unserer Auffassung nicht mehr als recht und billig, diesen Betrag in voller Höhe für die oben genannten Zwecke sofort im Haushaltsjahr 1971 zur Verfügung zu stellen. Ich weise noch einmal darauf hin: das Geld dafür ist da, es ist im Haushalt enthalten.
Aus diesem Grunde bitte ich die Koalitionsfraktionen dringend, dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion ihre Zustimmung zu geben.
Ich stelle außerdem den Antrag auf namentliche Abstimmung.