Rede von
Dr.
Burkhard
Ritz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Rücksicht auf die ja wohl spätestens Mitte März stattfindende Grüne Debatte möchte ich es mir ersparen, jetzt, was vielleicht gut und notwendig wäre, im Detail auf viele der Aussagen einzugehen, die der Herr Minister, aber auch die Sprecher der Koalition gemacht haben. Ich möchte nur auf wenige Tatbestände aufmerksam machen, die heute eine Rolle gespielt haben.
Ich möchte zunächst — ich sage das sehr ruhig, ruhiger, als ich innerlich eigentlich dabei bin — Herrn Bülow bitten, einen bösen Satz aus seiner Rede zurückzunehmen, nämlich den Satz, der sich auf meinen Kollegen Klinker bezog und der da hieß: . . der jetzt" — nämlich der Kollege Klinker — „nach den Methoden der El-Fatah die Bauern aufruft . . ." Ich halte es für unerträglich, daß ein solcher Satz in diesem Hause fällt,
ohne daß dem widersprochen und er zurückgenommen wird.
Meine Damen und Herren, wir sind uns natürlich darüber im klaren — das hat Herr von Bülow gesagt, das hat der Herr Minister gesagt, und das haben die anderen Sprecher gesagt —, daß Agrarpolitik nicht nur aus Preispolitik besteht, sondern daß selbstverständlich die Strukturpolitik, die Sozialpolitik, die Marktpolitik und die Marktstruktur-
Deutscher Bundestag 6. Wahlperiode — 99. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 9. Februar 1971 5613
Dr. Ritz
politik entscheidende Elemente der Agrarpolitik sind, Elemente, an denen wir arbeiten und auf die wir auch einzugehen haben. Aber, meine Damen und Herren, es kann doch keinen Zweifel darüber geben, daß nun einmal in dieser Situation etwas anderes im Vordergrund steht.
Verehrter Herr Minister Ertl, wir sprechen nicht über das Wirtschaftsjahr 1969/70, sondern wir sprechen über die Entwicklung, die sich seit Herbst vergangenen Jahres vollzieht, eine Entwicklung, die nicht aus einzelnen Indizes besteht, sondern die sichtbar macht, daß es hier eine bestimmte Tendenz gibt. Es kann keinerlei Zweifel geben — wir werden es in den nächsten Tagen genauer wissen —, daß die Zahlen von Januar noch schlechter sind als die von Dezember. Hier ist also eine Tendenz sichtbar, die dazu geführt hat, daß zur Zeit die Frage der Preispolitik eine entscheidende Rolle spielt, eben weil die augenblickliche Situation deutlich macht, daß die Probleme mit Strukturpolitik allein nicht zu bewältigen sind, wie bisher viele auch in diesem Hause meinten, wie vor allem auch viele sozialdemokratische Kollegen meinten.
Meine Damen und Herren, wir haben gehört, daß die sowohl von der Fläche als auch vom Kapital her gesehen bestausgestatteten Domänen im Lande Niedersachsen in die roten Zahlen kommen. Aus diesem Landwirtschaftsministerium, dem ein Mann Ihrer Couleur vorsteht, hören wir von diesen roten Zahlen, und wir wissen, daß leistungsfähige, große Betriebe in Schleswig-Holstein in die roten Zahlen geraten. Das alles zeigt doch, daß Strukturpolitik allein nicht mehr ausreicht, sondern preispolitische Maßnahmen eine entscheidende Rolle spielen.
Meine Damen und Herren, nun kennen auch wir die Ursachen. Natürlich sind es auch zyklische Entwicklungen. Nur muß man sehen, daß diese zyklischen Entwicklungen gegenwärtig dadurch verstärkt werden, daß infolge der Aufwertung etwa die Niederländer heute stärkeren Druck auf unseren Markt ausüben, ja, daß sie Exporte, die bisher nach Italien gingen, in die Bundesrepublik umleiten, weil es hier eben leichter ist, auf dem Markt Fuß zu fassen.