Rede von
Josef
Ertl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Gallus, Sie sprechen die reine Wahrheit, im Gegensatz zu den Sprechern der Opposition.
Ich werde das sogar an Hand von Zahlen belegen, meine Herren von der Opposition. Ich gebe Ihnen viel Material; das ist ja meine Aufgabe. Ich habe Gott sei Dank viel Material.
— Ja, Herr Rawe, passen Sie gut auf, das ist gut für Ihre Allgemeinbildung.
Schweinezyklus und Indexzahlen für Schweinepreise sind sehr wesentlich. Es gibt im Augenblick drei wesentliche Faktoren — ich nehme an, daß das in der Opposition nicht bestritten wird —; der augenblickliche Verfall der Schweinepreise und der Preise bei Obst und Gemüse und die außerordentlichen Rückgänge bei Kartoffelpreisen sind die drei Hauptpunkte. Bei Schweinepreisen hatten wir z. B. 1963/64 einen Index von 110 im Vergleich zu einem Index von 100 1961/62. 1964/65 war der Index 99,6; wir hatten ein zyklisches Tal. Herr Kollege Struve, ich nehme an, daß wir uns darüber einig sind. 1967/68 hatten wir wiederum ein Tal mit einem Index von 93,8, während er im Jahr vorher 112,9 war. Im Wahljahr waren wir wieder bei 100,8. Das ist immer Ihr Glück gewesen; hoffentlich ist es diesmal unser Glück. Ich wünsche mir, daß mir der Zyklus genausoviel Freude macht, denn dann habe ich wahrscheinlich bei der Wahl ein leichteres Dasein als im Augenblick. Das gebe ich gern zu; Sie haben bisher mit dem Schweinezyklus immer Glück gehabt.
Das sind die Zahlen, und das sind die Fakten, ohne daß ich hier den Versuch machen möchte, die Problematik der Landwirtschaft zu bagatellisieren oder gar die Schwierigkeiten zu verharmlosen. Aber das läßt sich nur gemeinsam lösen — meine Damen und Herren von der Opposition, da appelliere ich an Sie —, wenn wir uns mit offenen und klaren Argumenten begegnen und nicht versuchen, das zu einer permanenten Hysterie zu mißbrauchen. Das muß ich hier einmal sagen.
In dem Zusammenhang ein weiterer Punkt. Ich will auf das Thema Aufwertung nicht eingehen. Wir haben uns darüber oft und lange unterhalten. Allerdings müssen der Herr Müller-Hermann und der Herr Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Herr Barzel, einmal klar bekanntgeben, wie es in diesen Fragen in Europa steht. Man kann dieser Regierung, wenn sie oder der Landwirtschaftsminister in Brüssel hart auftritt, nicht den Vorwurf machen, sie sei gar nicht europäisch gesinnt, sie gehe möglicherweise sehr auf nationalen Kurs zurück, und gleichzeitig fordern, einen nationalen Weg einzuschlagen.
Da muß man klar Farbe bekennen. Sie dürfen nicht in Europadebatten anders sprechen als in Agrardebatten. Das geht nicht.
Sie müssen sich das klar überlegen und müssen dann hier klar sagen, ob Sie von dem bisherigen System weg wollen, das übrigens nicht wir erfunden haben. — Herr Müller-Hermann, bevor Sie zu Ihrer Frage kommen, darf ich Ihnen noch einen Satz geben; dann können Sie vielleicht noch präziser fragen. Aus Ihren Reihen kommt das Konzept: wir das Industriegeschäft, die anderen das Agrargeschäft. Das ist das Argument Ihrer Seite gewesen. Davor haben andere Leute lange gewarnt. Da können Sie heute nicht so leichtfertig hergehen und sagen, nun soll das ruhig alles in die Luft gehen, wir werden das mitverantworten. Sie müßten einmal klar sagen, daß Sie das mitverantworten. Sie können in Europa nicht anders reden als hier in diesem Hause, und Sie können vor Bauern nicht anders reden als vor der übrigen Bevölkerung.