Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege von Guttenberg, ich möchte diese Frage nicht allzusehr vertiefen. Ich gestehe Ihnen zu, daß wir beide verschiedener Meinung sind.
Herr Kollege Barzel hat dann in seinen Ausführungen erklärt, mangelnde Vollständigkeit in Regierungserklärungen sei auch schon eine Vorleistung.
Dies eigentlich hat mich erst dazu gebracht, an Ihren
Vorleistungskatalog heranzugehen, Herr Barzel.
Wenn es richtig sein sollte, daß mangelnde Vollständigkeit grundsätzlich ein vorwerfbarer Fehler ist — es kann Situationen geben, in denen es ein vorwerfbarer Fehler ist; das kann man nicht ausschließen —, dann wäre ich dankbar, wenn im Verlauf der Debatte heute abend oder morgen ein Sprecher Ihrer Fraktion heraufgehen und hier für seine Fraktion erklären würde, daß die Bundestagsfraktion der CDU/CSU erstens das vom Ministerrat des nordatlantischen Bündnisses im letzten Dezember in Brüssel verabschiedete Papier über die gemeinsame Verteidigung in den 70er Jahren und zweitens das dort verabschiedete Papier über die außenpolitische Situation in allen seinen Teilen voll billigt.
Sie haben in Ihrer Rede nur eine einzige Passage genannt. Sie haben sich auf d i e Berlin-Passage bezogen. Übringens sind es zwei Berlin-Passagen, aber das ist nicht so wichtig. Sie haben gesagt, diese Passage werde von der CDU/CSU unterstützt. Das ist gut.
— Gut, Herr Barzel, das ist in Ordnung. Aber nicht ganz gut war, daß Sie gemeint haben, diese Berlin-Passage sei eine Unterstreichung durch unsere Partner, als ob das die Bündnispartner hineingeschrieben hätten, etwa gegen unsere zögernde Tendenz oder so etwas.
— Dann sind wir uns einig. Sie akzeptieren, daß es die Meinung der Partner u n d die Meinung unserer Regierung ist.
Darüber hinaus: wir stehen nicht allein zu den beiden Berlin-Passagen, wir stehen zu dem ganzen Dokument einschließlich des Satzes, daß die Allianz als Ganzes es begrüßt, daß die Bundesrepublik diese beiden Verträge eingeleitet und unterschrieben hat,
einschließlich dessen, was dort über Berlin gesagt wird, einschließlich dessen, was dort gesagt wird über viele andere bedeutende Probleme, wie SALT, wie Sicherheitskonferenz.
- Ja, sicher, Herr Barzel. Wenn Sie bereit sind, das genau so zu tragen, wie die Bundesregierung es trägt und wie die beiden Regierungsfraktionen es tragen, wie ich annehme, dann ist die Sache viel einfacher, als Sie es sich in Parteitagsreden machen. Dann ist nämlich die gemeinsame Basis dieses Hauses in Wirklichkeit viel breiter, als Herr Strauß sein Publikum glauben machen möchte.
Ich kann nur sagen, wenn Sie diese NATO-Entschließung, die von Berlin bis zu allen Problemen, die die westlichen Partner gemeinsam angehen, einen gemeinsam erarbeiteten Schatz von Gedanken und Aussagen formuliert hat, akzeptieren können — wir haben sie akzeptiert; denn Herr Scheel und ich haben ja in Brüssel darüber abgestimmt und haben unsere
Bundesminister Schmidt
Hand dafür erhoben, als im Bündnis darüber entschieden wurde —, wenn Sie das unterschreiben j können, dann tun Sie es bitte und fragen Sie sich anschließend in aller Ruhe, wo denn nun die Differenzen über den „Ausverkauf der Nation" wirklich noch sind. Fragen Sie sich das!
Ich hatte an den die militärische Seite dieser Konferenz vorbereitenden Teilen gearbeitet, Vorkonferenzen in verschiedenen Orten der Welt, in Ottawa, in Rom, in Europa. Herr Scheel hat den diplomatischen Teil, den rein politischen Teil, wenn ich so sagen darf, für unser Land vorbereitet. Das Eindruckvollste für mich war, als nun die Verteidigungsminister, einige Finanzminister und die Außenminister zusammensaßen und als das, was Sie so brennend bewegt — und mit Recht brennend bewegt —, Berlin, unsere Ostverträge und die Gesamtheit unserer Ostpolitik, daß alles, was diese Punkte betrifft, in dem NATO-Rats-Kommuniqué, ehe es beschlossen und im einzelnen redigiert wurde, von einem Außenminister zugleich für die amerikanische Regierung, für die französische Regierung, für die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und für die englische Regierung vorgetragen worden ist, nämlich durch Douglas Home. Ich muß Ihnen sagen, das war eindrucksvoll, daß hier die vier größten Länder des Westens von vornherein in all diesen Fragen eine 'gemeinsame Position Punkt für Punkt auf den Tisch dieses Kollegiums legten. Es wurde dann allerdings in der einen oder anderen Einzelheit, in Details noch redigiert — wie das immer ist, wenn andere auch noch Vorstellungen haben —, hier und da ein bißchen geändert. Das Ganze war eindrucksvoll. Vielleicht ist es ganz gut, wenn Sie sich das einmal von jemanden erzählen lassen, der dabei war, und nicht bloß glauben, daß jemand, der inzwischen die Siebzig überschritten hat und sich irgendwo auch noch einmal zur Politik meldet — bei allem Respekt für manche, die in den letzten Wochen in ausländischen Hauptstädten zu unserer Politik gesprochen haben — —
— Ich will nicht in die Kontroverse zwischen Ihnen und Bundeskanzler Brandt eingreifen. Ich finde nur, daß das kein Argument gegen meinen Appell an Sie, Herr Barzel, ist.
Ich habe Ihre vier Punkte studiert, von denen Sie soeben sprachen.