Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ihm am 10. Juli 1970 überwiesene Vorlage hat der federführende Finanzausschuß noch am gleichen Tage abschließend beraten. Die mitberatenden Ausschüsse, Wirtschaftsausschuß und Haushaltsausschuß, haben die Vorlage ebenfalls noch am 10. Juli 1970 behandelt. Sie haben der Vorlage der Koalitionsfraktionen mehrheitlich unverändert zugestimmt. Der Finanzausschuß dagegen hat einige Änderungen, wie sich aus Drucksache VI/ 1029 ergibt, beschlossen, die noch erläutert werden.
In Anbetracht der Tatsache, daß die grundsätzlichen Fragen in der Plenarsitzung, in der die erste Lesung erfolgte, behandelt worden waren, verzichtete der Finanzausschuß auf die sonst übliche allgemeine Aussprache. Er trat in die Einzelberatung ein und erörterte zunächst den Antrag der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, den der Berichterstatter namens der Mitglieder der CDU/CSU-Bundestags-
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fraktion im Ausschuß begründete. Der Antrag strebte zweierlei an. Erstens sollte der rückzahlbare Konjunkturzuschlag verzinslich gemacht werden. Zweitens wurde begehrt, den Rückzahlungstermin auf den 30. Juni 1972 vorzulegen.
Der Aufruf dieses Antrags löste eine grundsätzliche Debatte über den Charakter des Konjunkturzuschlags und die Gesetzgebungskompetenz aus. Das Ergebnis dieser Debatte läßt sich in Kürze wie folgt zusammenfassen.
Erstens. Der Konjunkturzuschlag ist keine Steuer im Sinne des Art. 106 des Grundgesetzes und des § 1 der Reichsabgabenordnung.
Zweitens. Die Bezugsgröße für seine Bemessung sind die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer.
Drittens. Er ist etwas Ähnliches wie eine Zwangsanleihe, aber doch keine solche.
Viertens. Er hat keinen enteignungsähnlichen Charakter.
Fünftens. Er ist vielmehr ein Rechtsinstitut besonderer Art.
Sechstens. Seiner Rechtsnatur nach gehört er zu den Maßnahmen, für die der Bundesgesetzgeber im Rahmen des Währungswesens eine Kompetenz besitzt.
Siebtens. Die Rechtsgrundlage bildet daher nicht Art. 105, sondern Art. 74 des Grundgesetzes.
Ökonomisch gesehen ist der Konjunkturzuschlag eine Art Steuervorauszahlung. Um als Steuervorauszahlung klassifiziert zu werden, fehlt es jedoch an zwei Voraussetzungen: a) Die Zahlung erfolgt innerhalb zweier Veranlagungsjahre. b) Eine Steuervorauszahlung setzt eine vermutliche Steuerschuld in Höhe der Vorauszahlung voraus. Davon geht der Konjunkturzuschlag nicht aus.
Meine Damen und Herren, eine scherzhafte Bemerkung: Wie breit die Spanne der Diskussion war, ergibt sich daraus, daß einer der Kollegen den Konjunkturzuschlag als eine Mißgeburt bezeichnete, ein anderer als eine säkulare Maßnahme.
Die Erörterung der Einführung einer Verzinsung, wie sie der CDU/CSU-Antrag begehrte, stieß auf Ablehnung sowohl bei den Regierungsvertretern als auch bei den Koalitionsfraktionen. Der Konjunkturzuschlag wird sozusagen auf Konten der Länder bei der Deutschen Bundesbank stillgelegt. Er stellt also kein arbeitendes Geld dar und bringt daher keine Zinsen. Ein ähnliches Institut seien die von den Geschäftsbanken unterhaltenen Mindestreserven bei der Bundesbank. Auch diese müßten zinslos eingelegt werden.
Ökonomisch spreche gegen eine Verzinsung die Tatsache, daß der Kaufkraftentziehungseffekt noch geringer werde, wenn Zinsen gegeben würden. Da der Sparzinssatz zum Teil noch geringer sei als der von den Antragstellern vorgeschlagene Jahreszinssatz von 6 %, lohne es sich, wenn eine Verzinsung stattfinde, Sparguthaben zur Entrichtung des Konjunkturzuschlags zu verwenden.
Die Antragsteller hielten dem u. a. entgegen, daß der vorübergehende Kaufkraftentzug honoriert werden sollte, um wenigstens solche Verluste auszugleichen, die durch die Kaufkraftverringerung für die Dauer der Festlegung entstehen würden. Schließlich wurde die Verzinsung auch gefordert, um den Konjunkturzuschlag als solchen rechtlich unangreifbar zu machen. Hierbei wurde auf das sogenannte Investitionshilfegesetzurteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen.
Der Antrag wurde schließlich mit 16 gegen 16 Stimmen, d. h. bei Stimmengleichheit, gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Die Frage nach der Höhe des Zinsaufwandes wurde zwar gestellt, von den Regierungsvertretern aber nicht beantwortet.
Für die weitere Beratung hatte der Bundesminister der Finanzen einige Änderungswünsche, die vom Sprecher der SPD im Finanzausschuß zum Antrag erhoben wurden. Diese Änderungen dienen im wesentlichen der Klarheit und der Konkretisierung. Sie bezogen sich auf den § 1 Abs. 2 Nr. 1, auf den § 3 Abs. 2 und auf den § 3 Abs. 4 des Entwurfs. Der Ausschuß stimmte ihnen zu.
Im Rahmen des § 1 wurde auch die Frage einer Übergangsregelung angeschnitten, jedoch nicht vertieft.
Die Beratung des § 2 löste eine Debatte über Schwierigkeiten bei der Berechnung und bei mechanisierten Gehalts- und Lohnabrechnungen, insbesondere aber über den Inhalt der Bescheinigung über den entrichteten Konjunkturzuschlag aus. Letzteres führte zu einer unter allgemeiner Zustimmung beschlossenen Neufassung des § 2 Abs. 3, die eine Vereinfachung darstellt.
Der Vertreter des Bundesfinanzministeriums gab vor dem Ausschuß die Erklärung zu Protokoll, Schwierigkeiten bei der praktischen Durchführung würden im Erlaßwege behoben, wenn dies nach Anhörung der Verbände sich als notwendig erweisen sollte.
Zu § 3 Abs. 1 wurde eine Neufassung vorgeschlagen, die vorsieht, daß es, wenn der Konjunkturzuschlag bis zur vorgesehenen Frist nicht vorzeitig zur Rückzahlung freigegeben wird, bei Fristablauf keiner Rechtsverordnung mehr bedarf, sondern die Rückzahlung auf Grund des Gesetzes sozusagen automatisch erfolgt.
Der Antrag der CDU/CSU, den äußersten Rückzahlungstermin vom 31. März 1973 auf den 30. Juni 1972 vorzuverlegen, verfiel der Ablehnung mit 17 Nein-Stimmen bei 15 Ja-Stimmen.
Ein Antrag des Abgeordneten Ott, den Konjunkturzuschlag bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit sofort freizugeben, wurde mehrheitlich abgelehnt.
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Bei Erörterung des Abs. 2 des § 3 wurde klargestellt, daß die Fassung in Verbindung mit Abs. 1 ausreicht, um auch eine Teilfreigabe vor Ablauf der gesetzten Frist zu ermöglichen. Die Änderung des Abs. 2 stellt klar, daß die Forderung auf Rückzahlung sich gegen das Guthaben der Länder bei der Deutschen Bundesbank richtet. Dies ergibt sich im übrigen auch indirekt aus § 4, in dem bestimmt ist, daß die Vorschriften der Reichsabgabenordnung gelten.
Auf Satz 2 des Abs. 2 konnte verzichtet werden, da die allgemeinen Aufrechnungsvorschriften sowieso gelten.
Der Wunsch des Bundesfinanzministeriums, in § 4 Abs. 1 zu bestimmen, daß der Anspruch auf Rückzahlung des Konjunkturzuschlages, wenn er zu einem Betriebsvermögen gehört, mit seinem Nennwert auszuweisen ist, wurde nicht aufgegriffen. Mit dieser Ergänzung sollte eine Abzinsung am Bilanzstichtag, d. h. eine niedrigere Bewertung des Konjunkturzuschlages, ausgeschlossen werden.
Vor der Schlußabstimmung begründete der Berichterstatter für die CDU/CSU, warum sie der Vorlage nicht zustimmen könne, sich vielmehr der Stimme enthalten werde. Die Gründe hierfür brauchen nicht dargelegt zu werden, da sie sich aus der grundsätzlichen Einlassung des Sprechers der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs ergeben.
Der Finanzausschuß beschloß mit 17 Ja-Stimmen gegen 1 Nein-Stimme bei 14 Stimmenthaltungen, dem Hohen Hause die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung der Ausschußbeschlüsse Drucksache VI/ 1029 zu empfehlen.